1. Die gesetzliche Unfallversicherung erfasst Promotionsstudenten nur im Rahmen der Studierendenversicherung.
2. Aufgrund ihres Zuschnitts und ihrer Begrenzung auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule erfasst die Studierendenversicherung nicht alle promotionsbedingten Unfallrisiken, weil der Versicherungspflichttatbestand nicht am Doktoranden-, sondern am Studierendenstatus anknüpft.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. März 2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin bei einer selbstorganisierten Grubenerkundung als Promotionsstudentin oder Hochschulmitarbeiterin einen Arbeitsunfall erlitten hat.
2
Die Klägerin war immatrikulierte Promotionsstudentin, Stipendiatin und Institutsmitarbeiterin. Als solche betreute sie Bachelorarbeiten, leitete Studierende an und begleitete sie beim Einbringen von Markierstoffen (Tracern) in öffentlich zugängliche Höhlen. Das Thema ihrer geowissenschaftlichen Dissertation war die Dokumentation der Veränderungen in der Höhlenbildung durch menschlichen Einfluss; das Arbeitsgebiet lag im Südharz und im südlichen Kyffhäuser. Außerhalb dieses Gebiets stürzte sie am Sonntag, den 17.5.2015 im Zuge einer promotionsbezogenen Wasserprobenentnahme in einem aufgelassenen Alt-Bergwerk und zog sich eine Querschnittssymptomatik zu. Die Bergwerksbefahrung hatte sie selbstständig organisiert, wobei sie Markierstoffe und Probenbehälter der Hochschule nutzte. Dabei ließ sie sich durch erfahrene Bergsteiger begleiten, die sie auch über ihren Bergsteigerverein kannte. In dieser Gruppe war sie die einzige Universitätsangehörige. Dass sie einen Bergwerkschacht untersuchen wollte, wussten Fakultätsangehörige, ohne dass ihnen Zeit und Ort der Expedition bekannt waren.
3
Die Beklagte lehnte es ab, den Sturz als Versicherungsfall in der (Wie)Beschäftigtenversicherung bzw in der Unfallversicherung Studierender anzuerkennen (Bescheide vom 14.7.2015 und 17.10.2016; Widerspruchsbescheid vom 26.10.2016). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.9.2018); das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 11.3.2021): Die Klägerin sei weder als Beschäftigte noch als Wie-Beschäftigte verunglückt, weil sie die Grube nicht fremdbestimmt zu Forschungszwecken der Universität, sondern eigenwirtschaftlich und privatnützig zur Förderung ihres Promotionsvorhabens erkundet habe. Sie sei auch nicht als studierende Promovendin unfallversichert gewesen, weil das Befahren des Bergwerks nicht im organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule gestanden habe. An der fehlenden Organisationsgewalt der Universität ändere nichts, dass diese Materialien unterstützend zur Verfügung gestellt habe.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin neben einem Gehörsverstoß die Verletzung des § 2 Abs 1 Nr 1 und 8 Buchst c SGB VII. Das LSG habe es versäumt, die tragenden Rechtssätze aus dem Urteil des BSG vom 23.1.2018 zur Schülerunfallversicherung (B 2 U 8/16 R BSGE 125, 129 = SozR 42700 § 2 Nr 38) auf die Versicherung Studierender zu übertragen. Aus dem Urteil gehe hervor, dass auch bei vollständig eingeräumter organisatorischer Freiheit des Verletzten weit außerhalb des räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs und fernab jeglicher Aufsichtsmaßnahmen Unfallversicherungsschutz bestehen könne. Soweit das LSG bezweifele, ob das Tatbestandsmerkmal der "Aus- und Fortbildung" bei Forschungstätigkeiten Promovierender erfüllt sei, seien diese Zweifel unberechtigt, weil die Promotion Voraussetzung für eine Habilitation und damit Zugangsbedingung für den Beruf der Professorin sei. Unfallversicherungsschutz für Forschungsvorhaben könne die Klägerin als Promovendin aus dem Grundrecht auf Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit herleiten, wobei unerheblich sei, ob sie bei der Nutzung hochschuleigener Einrichtungen oder außerhalb der Hochschule bei selbst organisierten Exkursionen verunglücke.
5
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. März 2021 und des Sozialgerichts Halle vom 27. September 2018 sowie die Bescheide vom 14. Juli 2015 und vom 17. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Unfall vom 17. Mai 2015 als Arbeitsunfall festzustellen.
6
Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
II
7
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zu Recht hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Sie durfte beim Streit um die Feststellung eines Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs 1 SGB VII) zulässigerweise von der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage auf die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage übergehen (§ 168 Satz 1 SGG), weil es sich dabei um eine bloße Antragsänderung bei gleichbleibendem Klagegrund handelte, was gemäß § 99 Abs 3 Nr 2 SGG nicht als Klageänderung anzusehen ist (BSG Urteile vom 31.3.2022 B 2 U 13/20 R BSGE 134, 109 = SozR 4-2700 § 3 Nr 3, RdNr 11 und vom 19.6.2018 B 2 U 1/17 R SozR 42700 § 2 Nr 42 RdNr 8 mwN). Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 und 3 SGG) ist unbegründet, weil die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten in den Bescheiden vom 14.7.2015 und vom 17.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2016 (§ 95 SGG) rechtmäßig sind. Die Klägerin hat am 17.5.2015 keinen Arbeitsunfall erlitten.
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Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben und sie deshalb Versicherte sind. Die Verrichtung zur Zeit des Unfalls muss der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sein (innerer oder sachlicher Zusammenhang). Die Verrichtung muss zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis dem Unfallereignis geführt haben (Unfallkausalität) und das Unfallereignis muss dadurch einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht (haftungsbegründende Kausalität) haben (stRspr; vgl zuletzt BSG Urteile vom 30.3.2023 B 2 U 1/21 R SozR 4 <vorgesehen> = juris RdNr 15, vom 8.12.2022 B 2 U 19/20 R BSGE und SozR 4 <jeweils vorgesehen> = juris RdNr 13, vom 28.6.2022 B 2 U 20/20 R SozR 42700 § 2 Nr 59 RdNr 11 und vom 31.3.2022 B 2 U 5/20 R SozR 42700 § 8 Nr 79 RdNr 13). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn die Klägerin hat ihren Unfall (1.) nicht "infolge" einer versicherten Tätigkeit als Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen (2.) oder als Beschäftigte der Universität (3.) bzw als Wie-Beschäftigte (4.) erlitten. Schließlich scheidet auch eine Satzungsversicherung (§ 3 Abs 1 Nr 2 SGB VII) als Doktorandin sowohl nach § 34 Abs 1 Satz 1 Buchst e der Satzung der Beklagten in ihrer Ursprungsfassung vom 9.12.1997 (MBl LAS 1998, 365 ff) als auch gemäß § 51 Abs 1 Buchst b der Satzung der BG Rohstoffe und chemische Industrie (RCI) idF des 3. Nachtrags vom 14.10.2011 aus, sodass die insofern verbandszuständige BG RCI nicht beizuladen war (5.). Der gerügte Verfahrensmangel greift nicht durch (6.).
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1. Die Klägerin hat einen Unfall erlitten, als sie am 17.5.2015 in dem Alt-Bergwerk stürzte und sich dabei schwer verletzte.
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2. Die Begehung des Alt-Bergwerks als Verrichtung der Klägerin vor dem Unfallereignis ist ihrer versicherten Tätigkeit als Promotionsstudierende (dazu a) indes nicht zuzurechnen (dazu b).
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a) Als immatrikulierte Promotionsstudentin gehörte sie zu dem gemäß § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII kraft Gesetzes versicherten Personenkreis der Studierenden während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen (vgl Bereiter-Hahn/Mehrtens, GUV, Stand Mai 2023, § 2 SGB VII Anm 19.8; Bieresborn, juris PKSGB VII, 3. Aufl 2022, Stand 27.3.2023, § 2 RdNr 314.1; Hedermann in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 5. Aufl 2018, § 2 RdNr 78; Holtstraeter in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 7. Aufl 2021, § 2 SGB VII RdNr 27 schließt nur "exmatrikulierte Doktoranten" aus; Kruschinsky in Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII, Stand Mai 2023, § 2 RdNr 516; Leube, NZS 2007, 468, 471; Lilienfeld in Kasseler Kommentar, Stand März 2016, § 2 SGB VII RdNr 37; Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand März 2021, § 2 RdNr 108; Schlaeger in ders/Linder/Bruno, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2. Aufl 2020, § 6 RdNr 26; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl 2009, § 2 RdNr 65; Wietfeld in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.3.2023, § 2 SGB VII RdNr 104 schließt Doktoranden aus, die nicht oder nicht mehr immatrikuliert sind; aA Ricke, SGb 2006, 460, 463; vgl auch LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 30.6.2021 L 5 U 49/13 juris zum Unfallversicherungsschutz eines Doktoranden, der noch nicht in der Promovierenden-Datenbank registriert war).
12
Dabei ist für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung unerheblich, dass der 12. Senat des BSG die Versicherungspflicht von Promotionsstudenten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 Abs 1 Nr 9 SGB V, § 20 Abs 1 Nr 9 SGB XI) mit Urteil vom 7.6.2018 (B 12 KR 15/16 R BSGE 126, 52 = SozR 42500 § 5 Nr 28, RdNr 11 ff) verneint hat. Die dortigen Erwägungen zum Wortlaut, zur Gesetzeshistorie und zum systematischen Zusammenhang sind nicht auf das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung übertragbar. Denn § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII fordert anders als § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V und § 20 Abs 1 Nr 9 SGB XI keinen strikten berufsorientierten Ausbildungsbezug (dazu BSG Urteil vom 7.6.2018 B 12 KR 15/16 R BSGE 126, 52 = SozR 42500 § 5 Nr 28, RdNr 18). Dies folgt bereits daraus, dass der unfallrechtliche Versicherungspflichttatbestand ausdrücklich auch die "Fortbildung an Hochschulen" erfasst. Dabei richtet sich "Ausbildung" im Kern auf den Erwerb theoretischer Kenntnisse, praktischer Fähigkeiten und eines qualifizierenden Abschlusses, der den Weg in das Berufsleben eröffnet (vgl BSG Urteil vom 25.11.1986 11a RA 66/85 BSGE 61, 35, 36 = SozR 2200 § 1259 Nr 96; Roller, SGb 2000, 349, 351), ohne die spätere Berufsausübung als Ziel des Studiums vorauszusetzen (Leube, NZS 2007, 468, 469). Das Tatbestandsmerkmal der "Fortbildung" umschreibt die Weiterentwicklung und Vertiefung von Kenntnissen (Wissen) und Fertigkeiten (Können), worunter sich auch die Promotion fassen lässt (Leube, NZS 2007, 468, 469, 471). Für dieses im Ansatz weite Verständnis des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII spricht ferner, dass der Unfallversicherungsschutz nicht wie der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf einen Zeitraum begrenzt ist, in dem ein (Erst)Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern (§ 5 Abs 1 Nr 9 SGB V in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (§ 5 Abs 1 Nr 9 SGB V in der seit dem 1.1.1989 geltenden Fassung). Außerdem erzeugt der beitragsfreie Versicherungsschutz in der studentischen Unfallversicherung anders als der beitragsprivilegierte Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung keine ökonomischen Fehlanreize (im Sinne eines Moral Hazard). Die studentische Krankenversicherung, die durch das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) vom 24.6.1975 (BGBl I 1536) eingeführt wurde, stärkte einerseits den Krankenversicherungsschutz einkommensloser Studierender (BTDrucks 7/2993 S 8 zu Nr 1), führte aber andererseits überschießend zu Studienzeitverlängerungen, weil manche möglichst lange beitragsgünstig krankenversichert bleiben wollten. Deshalb hielt es der Gesetzgeber zur Missbrauchsabwehr für notwendig, die Krankenversicherung der Studenten zu begrenzen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen <GRG>, BRDrucks 200/88 = BTDrucks 11/2237, jeweils S 159 zu § 5), indem er mit dem GRG vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) vorrangig eine Höchstdauer der Fachstudienzeit und nachrangig ein Höchstalter als Auffangregelung einführte. Eine vergleichbare Situation besteht im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung indes nicht, weil der Versicherungsschutz für Studierende beitragsfrei ist (vgl § 185 SGB VII) und nur eingreift, wenn vor dem fraglichen Versicherungsfall eine unfallversicherte Tätigkeit verrichtet wurde. Denn die gesetzliche Unfallversicherung ist im Unterschied zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung keine status-, sondern eine tätigkeitsbezogene Personenversicherung, die Menschen nur bei bestimmten Tätigkeiten und nicht an sich versichert (BSG Urteil vom 31.3.2022 B 2 U 5/20 R SozR 42700 § 8 Nr 79 RdNr 20; P. Becker, BG 2011, 224, 228; Schlaeger, aaO, § 1 RdNr 1). Enthält der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII somit keine Begrenzung auf ein ausbildungs- bzw berufsorientiertes Erst-, Zweit-, Aufbau- oder Erweiterungsstudium mit vorgegebenen Inhalten, fortwährenden Leistungsnachweisen und -kontrollen sowie einem förmlichen Abschluss (zB Staatsexamen, Diplom, Bachelor/Master) und fehlen zugleich Missbrauchsrisiken sowie diesen entgegenwirkende Einschränkungen mit Blick auf Studiendauer und Lebensalter, so spricht dies für einen umfassenden Unfallversicherungsschutz, der immatrikulierte Langzeit- und Seniorenstudenten ebenso erfasst (dazu Schlaeger, aaO, § 6 RdNr 42, 77) wie eingeschriebene Promotionsstudierende, die nach Abschluss eines Hochschulstudiums ihre wissenschaftlichen Qualifikation mit der Promotion nachweisen und sich den Zugang zum Beruf des Hochschullehrers (vgl § 44 Nr 3 Hochschulrahmengesetz <HRG>) eröffnen möchten (Schlaeger, aaO, § 6 RdNr 42, 77). Den Tatbeständen des § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII ist gemeinsam, dass sie Personen in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung einbeziehen, weil sie sich im Erziehungs- und Bildungsbereich in einer staatlich verantworteten und institutionalisierten Vorstufe zu einer späteren Berufstätigkeit befinden (dazu BSG Urteil vom 19.6.2018 B 2 U 2/17 R SozR 42700 § 2 Nr 46 RdNr 26) und die Allgemeinheit mittelbar Nutzen aus der Bildung der nachkommenden Generation zieht (Karmanski, SozSich 2020, 351, 352). Dies schließt die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein, ohne deren Forschungstätigkeiten durch die enge Formulierung der "Aus- und Fortbildung an Hochschulen" auszuschließen. Forschende Doktoranden sind folglich auch dann Studierende iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB VII, wenn die Promotion erst nach dem erfolgreichen Abschluss eines Studiums erfolgt.
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Das Anfrageverfahren gemäß § 41 Abs 3 SGG wegen Divergenz war nicht einzuleiten, weil der erkennende Senat von der Entscheidung des 12. Senats (BSG Urteil vom 7.6.2018 B 12 KR 15/16 R BSGE 126, 52 = SozR 42500 § 5 Nr 28, RdNr 11 ff) nicht abweicht. Dies wäre nur der Fall, wenn sich zwei Rechtssätze auf zumindest gleich gelagerte Sachverhalte bezögen und dieselbe Rechtsfrage auf Basis derselben Rechtsvorschriften unterschiedlich beantworten würden (BSG Urteil vom 4.6.2002 B 2 U 11/01 R SozR 32700 § 8 Nr 10 S 44 sowie Beschlüsse vom 10.5.2017 B 10 EG 14/16 B juris RdNr 6 und vom 7.8.2013 B 5 R 222/13 B BeckRS 2013, 72460 RdNr 13; Roos in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 3. Aufl 2023, § 41 RdNr 12 ff). Das ist hier wie bereits dargestellt nicht der Fall.
14
b) Der somit grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Promotionsstudierende ist die konkrete Verrichtung der Klägerin vor dem Unfallereignis indes nicht zuzurechnen. Ob dieser innere bzw sachliche Zusammenhang zwischen der konkret-individuellen Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Person zur Zeit des Unfalls und der abstrakt-generell versicherten Tätigkeit besteht, muss wertend entschieden werden. Es ist daher zu untersuchen, ob die Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG Urteile vom 30.3.2023 B 2 U 3/21 R SozR 4 <vorgesehen> = juris RdNr 22, vom 28.6.2022 B 2 U 8/20 R SozR 42700 § 2 Nr 58 RdNr 13, vom 31.3.2022 B 2 U 5/20 R SozR 42700 § 8 Nr 79 RdNr 17, vom 4.7.2013 B 2 U 5/12 R SozR 42200 § 1150 Nr 2 RdNr 18, vom 12.4.2005 B 2 U 5/04 R SozR 42700 § 2 Nr 4 RdNr 5, vom 28.4.2004 B 2 U 26/03 R SozR 42700 § 8 Nr 5 RdNr 5, vom 6.5.2003 B 2 U 33/02 R juris RdNr 14 und vom 7.11.2000 B 2 U 39/99 R SozR 32700 § 8 Nr 3 S 15). Der Unfallversicherungsschutz Studierender ist seit seiner Einführung (zum 1.4.1971 durch das Gesetz über die Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18.3.1971, BGBl I 237) auf bildungs- bzw studienbezogene Tätigkeiten im organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule begrenzt (BSG Urteile vom 27.11.2018 B 2 U 15/17 R SozR 42700 § 2 Nr 49 RdNr 14, vom 4.12.2014 B 2 U 13/13 R SozR 42700 § 2 Nr 31 RdNr 12 und grundlegend vom 23.6.1977 8 RU 86/76 BSGE 44, 100, 102 = SozR 2200 § 539 Nr 36). Entstehungsgeschichtlich liegt das daran, dass dieser Personenkreis den Lernenden (jetzt: § 2 Abs 1 Nr 2 SGB VII) während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebs- und Lehrwerkstätten, (Berufs)Fachschulen und ähnlichen Einrichtungen, insbesondere Studierenden an Fachhochschulen, gleichgestellt werden sollte (vgl BTDrucks VI/1333 S 3 f), bei denen diese Grundsätze schon immer galten (Karmanski, SozSich 2020, 351, 354). Der erforderliche Bildungs- bzw Studienbezug liegt auch bei Forschungstätigkeiten vor, mit denen neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden (sollen), sodass der Unfallversicherungsschutz von Studierenden und Promovenden nicht auf die bloße Rezeption vorhandenen Wissens im Sinne eines engen Aus- und Fortbildungsbegriffs beschränkt ist. Andernfalls bestünden beträchtliche Schutzlücken und wegen der Unanwendbarkeit des § 106 Abs 1 SGB VII erhebliche Haftungsrisiken zwischen Hochschulangehörigen, obwohl sie anerkanntermaßen eine haftungsprivilegierte Gefahrengemeinschaft bilden (vgl dazu Karmanski in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Aufl 2023, Bd 3, § 106 SGB VII RdNr 1; s auch Leube, NZS 2007, 468, 470). Es wäre sonst in jedem Einzelfall zu prüfen und abzugrenzen, ob sich der Verletzte bei Bildungs- oder Forschungstätigkeiten verletzt hat, obwohl die Rechtssprache die Wendung "Forschung und Lehre" (vgl zB Art 5 Abs 3 GG, § 5 HRG) als ganzheitliches, komplementäres Begriffspaar entsprechend dem Verständnis deutscher Hochschultradition verwendet, das auf dem Prinzip der Einheit von Forschung und Lehre basiert, nach dem die wissenschaftlichen Hochschulen in Deutschland grundsätzlich organisiert sind (zum Ganzen vgl Schulz-Prießnitz, Einheit von Forschung und Lehre, 1981, S 20 ff). Dementsprechend können auch Forschungstätigkeiten unfallversichert sein, sofern sie dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule zuzuordnen sind.
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Ist somit für alle Studierenden einerseits ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang zur Hochschule erforderlich, kommt es andererseits ähnlich der objektivierten Handlungstendenz in der Beschäftigtenversicherung (§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII) zusätzlich auf den objektiven Aus- und Fortbildungsbezug der unfallbringenden Verrichtung im weiteren Sinne sowie darauf an, dass die eigene Tätigkeit subjektiv unmittelbare oder mittelbare Vorteile für das eigene (Promotions)Studium bringen soll (BSG Urteil vom 27.11.2018 B 2 U 15/17 R SozR 42700 § 2 Nr 49 RdNr 16). Dieser Bildungs-, Studien-, Forschungs- bzw Promotionsbezug lag bei der Erkundung des Alt-Bergwerks nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) sowohl objektiv als auch subjektiv nach den Vorstellungen der Klägerin vor.
16
Gleichwohl war die Befahrung des Bergwerks nicht versichert. Denn sie erfolgte außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule. Dieser Verantwortungsbereich erfordert im Regelfall einen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang der Verrichtung zur Hochschule oder ihren Einrichtungen; er wird grundsätzlich verlassen, sobald Einwirkungen auf die jeweilige Verrichtung durch (Unfallverhütungs)Maßnahmen nicht mehr gewährleistet sind (BSG Urteile vom 27.11.2018 B 2 U 15/17 R SozR 42700 § 2 Nr 49 RdNr 21, vom 4.12.2014 B 2 U 13/13 R SozR 42700 § 2 Nr 31 RdNr 23 und vom 18.4.2000 B 2 U 5/99 R SozR 32200 § 539 Nr 49 S 214). Ist der räumlich-zeitliche Zusammenhang (wie zB bei Exkursionen) weitgehend gelockert (s dazu bereits BTDrucks VI/1333 S 4 zu Buchst a) oder sind die Möglichkeiten zum Eingreifen und zur Durchsetzung wirksamer Unfallpräventionsmaßnahmen faktisch begrenzt, besteht gleichwohl Versicherungsschutz für Verrichtungen im sachlichen Zusammenhang mit der Aus- und Fortbildung an Hochschulen, solange die jeweiligen Tätigkeiten dem Organisationsbereich der Hochschule zuzurechnen sind (vgl zuletzt zur Schülerunfallversicherung BSG Urteile vom 28.6.2022 B 2 U 20/20 R SozR 42700 § 2 Nr 59 RdNr 17, vom 31.3.2022 B 2 U 5/20 R SozR 42700 § 8 Nr 79 RdNr 15 und vom 23.1.2018 B 2 U 8/16 R BSGE 125, 129 = SozR 42700 § 2 Nr 38, RdNr 14 mwN; zu § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst b RVO: BSG Urteil vom 26.11.2019 B 2 U 3/18 R SozR 42700 § 2 Nr 53 RdNr 20 mwN). Das ist stets, aber nur dann der Fall, wenn die Hochschule eine inhaltlich-organisatorische Mitverantwortung trägt. Diese besteht typischerweise aus verschiedenen Elementen, die im Rahmen einer Gesamtwertung unter Einbeziehung der zeitlich-räumlichen Zusammenhänge, der Organisation, der Leitung, des Teilnehmerkreises, der Ankündigung und der Kostentragung zu würdigen sind (Schlaeger, aaO, § 6 RdNr 50). Die Hochschule muss Gelegenheit haben, auf die zeitliche und/oder örtliche Durchführung bzw inhaltliche Ausgestaltung Einfluss zu nehmen, zB durch inhaltliche Vorgaben oder durch die Begleitung der Studierenden während einer Exkursion (Schlaeger, aaO). Entscheidend ist daher, wer die betreffende Veranstaltung plant, ankündigt und verantwortlich durchführt (vgl dazu BSG Urteile vom 4.12.1991 2 RU 79/90 NJW 1992, 1525 = juris RdNr 18 und vom 24.1.1990 2 RU 22/89 HVINFO 1990, 767 = juris RdNr 16), sie also objektiv (mit)gestaltet (Schlaeger, aaO). Der organisatorische Verantwortungsbereich ist auch dann noch gegeben, wenn die Hochschule zumindest organisatorische Mitverantwortung trägt, die Studierenden in der Ausgestaltung nicht völlig frei sind und sich die Tätigkeit der Hochschule nicht auf eine reine Unterstützungshandlung einer ansonsten in der Organisationshoheit der Studierenden liegenden Verrichtung beschränkt (BSG Urteile vom 27.11.2018 B 2 U 15/17 R SozR 42700 § 2 Nr 49 RdNr 21, vom 4.12.2014 B 2 U 13/13 R SozR 42700 § 2 Nr 31 RdNr 23 und B 2 U 10/13 R BSGE 118, 1 = SozR 42700 § 2 Nr 32, RdNr 26 sowie vom 30.6.1993 2 RU 43/92 BSGE 73, 5, 7 f = SozR 32200 § 539 Nr 26 S 92 f). Es bedarf folglich stets einer organisatorischen Mitverantwortung der Hochschule für die konkrete Maßnahme, die mehr verlangt, als einen äußeren Rahmen oder Anlass zu setzen (Schlaeger, aaO). Diese kann Einflussmöglichkeiten auf Zeit, Ort, Art oder Dauer der Tätigkeit umfassen. Dahinter steht die Überlegung, dass einer Hochschule keine unfallversicherungsrechtliche Verantwortung übertragen werden kann, wenn keine Möglichkeit besteht, eventuell drohenden Gefahren vorbeugend zu begegnen (BTDrucks 19/3665 S 2).
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In Anwendung dieses allgemeinen Maßstabs hat die Hochschule vorliegend nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für die Erkundung des Bergwerks keine organisatorische Mitverantwortung übernommen. Danach hat die Klägerin die Exkursion selbstständig und auf eigene Rechnung organisiert. Weder Vertretern der Hochschule noch Fakultätsangehörigen waren Zeit, Ort und Dauer der Expedition bekannt. In der von der Klägerin zusammengestellten Gruppe war sie die einzige Universitätsangehörige. Folglich waren der Hochschule von vornherein keine Einflussmöglichkeiten eröffnet. Nach den tatrichterlichen Feststellungen wäre die Fakultät auch außerstande gewesen, die Erforschung der Grube zu organisieren oder ein Höhlentauchen zu beaufsichtigen. In der Gesamtbewertung kann eine inhaltlich-organisatorische Mitwirkung der Hochschule daher nicht angenommen werden.
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Soweit sich die Klägerin auf das Senatsurteil vom 23.1.2018 (B 2 U 8/16 R BSGE 125, 129 = SozR 42700 § 2 Nr 38) beruft, das zur Schülerunfallversicherung ergangen ist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Sachverhalt, der dem herangezogenen Urteil zugrunde lag, ist dadurch gekennzeichnet, dass die dortige Lehrperson aus pädagogischen Gründen eine Gruppe minderjähriger Schüler für ein gemeinsames Tun ("Videodreh" außerhalb des Schulgeländes) zusammenstellte, und der Schulträger bereits durch die Gruppenbildung Mitverantwortung für die spätere Projektarbeit übernahm. Denn es gehörte zu dem besonderen pädagogischen Konzept der Schule, "die Schüler sich selbst organisieren zu lassen", … "was umgekehrt impliziert, dass die Schule alle Projektarbeiten verantwortlich mitträgt, die sie selbst durch eine Lehrkraft initiiert und deren Rahmen sie vorgibt" (aaO, RdNr 18). Dagegen hatte die Fakultät im Fall der Klägerin keine Gruppe von Hochschulangehörigen zur Befahrung des Alt-Bergwerks zusammengestellt, sodass bereits die Grundbedingungen fehlen, um Rechtssätze aus der herangezogenen Entscheidung, die im Kern die Abgrenzung zwischen elterlichem und schulischem Verantwortungsbereich für minderjährige Schüler klärt, auf die vorliegende Fallkonstellation erwachsener Promovenden zu übertragen. Soweit die Klägerin bei der Exkursion befugtermaßen Markierstoffe und Probenbehälter der Hochschule benutzte, handelte es sich dabei um bloße Hilfs- und Unterstützungsleistungen, die den sachlichen Zusammenhang allein nicht herstellen können. Dass Wissenschaft und Forschung nach Art 5 Abs 3 Satz 1 GG frei sind, gewährleistet die Wahrheitssuche ohne staatliche Einflussnahme (BVerfG Urteil vom 29.5.1973 1 BvR 424/71 ua BVerfGE 35, 79, 112 f), vermittelt aber keinen Anspruch auf die Schaffung und Bereitstellung von Unfallversicherungsschutz für Forschungsvorhaben jeder Art. Wegen des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums ergeben sich aus Art 5 Abs 3 Satz 1 GG keine konkreten Förderungspflichten (BVerfG Beschlüsse vom 29.11.1989 1 BvR 1402/87 ua BVerfGE 81, 108, 115 ff und vom 30.1.1986 1 BvR 1352/85 NJW 1986, 1243). Das Erfordernis der organisatorischen Mitverantwortung der Hochschule verhindert Abgrenzungsschwierigkeiten und einen unbegrenzten Versicherungsschutz für alles, was seine Grundlage im weitesten Sinne in der Hochschule findet, der Forschung förderlich sein kann oder der Aus- und Fortbildung Studierender im weitesten Sinne dient. Promovierende sind immer nur im Rahmen der Studierendenversicherung geschützt, die aufgrund ihres Zuschnitts und ihrer Begrenzung auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Hochschule nicht alle Unfallrisiken von Promovenden erfasst, sondern außerhalb dieses Schutzbereichs ggf eine private Absicherung erfordern. Denn der gesetzliche Unfallversicherungsschutz von Promotionsstudenten knüpft allein am Studierendenstatus und nicht am Doktorandenstatus an. Damit korrespondierend sind auch Lernende (§ 2 Abs 1 Nr 2 SGB VII) bei eigeninitiativ organisierten Bildungs- oder Forschungsvorhaben ebenfalls nicht versichert.
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3. Die Verrichtung der Klägerin vor dem Unfall kann auch ihrer versicherten Tätigkeit als beschäftigte Hochschulmitarbeiterin nicht zugerechnet werden. Für den Beschäftigtenbegriff iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gilt über § 1 Abs 1 Satz 1 SGB IV die Legaldefinition der Beschäftigung nach § 7 Abs 1 SGB IV (BSG Urteile vom 15.12.2020 B 2 U 4/20 R BSGE 131, 144 = SozR 42700 § 2 Nr 55, RdNr 10 und vom 6.9.2018 B 2 U 18/17 R SozR 42700 § 2 Nr 47 RdNr 11). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt nach ständiger Senatsrechtsprechung vor, wenn Verletzte zur Erfüllung eines von ihnen begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichten, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung dem Unternehmer und nicht ihnen selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf abzielende Willensrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine versicherte Tätigkeit im Rahmen der Beschäftigtenversicherung wird daher ausgeübt, wenn erstens die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder zweitens Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornehmen, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durften, es treffe sie eine solche Pflicht, oder drittens Verletzte unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausüben (zB BSG Urteile vom 30.3.2023 B 2 U 1/21 R SozR 4 <vorgesehen> = juris RdNr 21, vom 6.5.2021 B 2 U 15/19 R SozR 42700 § 8 Nr 77 RdNr 14, vom 6.10.2020 B 2 U 13/19 R SozR 42700 § 8 Nr 76 RdNr 16, vom 5.7.2016 B 2 U 19/14 R BSGE 121, 297 = SozR 42700 § 2 Nr 36, RdNr 12, vom 13.11.2012 B 2 U 27/11 R SozR 42700 § 8 Nr 45 RdNr 23 und grundlegend vom 15.5.2012 B 2 U 8/11 R BSGE 111, 37 = SozR 42700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff).
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Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin das Alt-Bergwerk nicht zu dem Zweck erkundet, dass die Ergebnisse dieses Forschungsunternehmens der Hochschule (als Unternehmerin) unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereichen. Vielmehr diente die Erforschung der Grube ihrem eigenen Unternehmen "Dissertation" (§ 121 Abs 1 SGB VII). Die Befahrung des Bergwerks gehörte nach den Feststellungen des LSG nicht zu ihren Aufgaben aus dem zugrunde liegenden Arbeitsverhältnis mit der Hochschule, und es existierten auf Grundlage dieser Feststellungen auch keine besonderen Umstände, die sie veranlasst haben könnten anzunehmen, sie sei arbeitsvertraglich dazu verpflichtet, die Schwerspatgrube mit einer von ihr zusammengestellten Gruppe zu erkunden. Schließlich fehlen auf Grundlage der Feststellungen des LSG Anhaltspunkte dafür, dass ein direktionsbefugter Mitarbeiter der Hochschule ihr die Weisung (§ 315 BGB; § 106 Gewerbeordnung) erteilt haben könnte, am Sonntag, den 17.5.2015 Wasserproben in dem Alt-Bergwerk zu entnehmen.
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4. Die Klägerin war auch nicht als Wie-Beschäftigte im Sinne des § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII versichert, als sie die Schwerspatgrube zur Wasserprobenentnahme befuhr. Voraussetzung einer WieBeschäftigung ist, dass eine einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Verrichtung von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (zuletzt BSG Urteile vom 31.3.2022 B 2 U 13/20 R - BSGE 134, 109 = SozR 42700 § 3 Nr 3, RdNr 26, vom 16.3.2021 B 2 U 3/19 R juris RdNr 17, vom 15.12.2020 B 2 U 4/20 R BSGE 131, 144 = SozR 42700 § 2 Nr 55, RdNr 22, vom 26.11.2019 B 2 U 24/17 R SozR 42700 § 2 Nr 52 RdNr 22, vom 20.8.2019 B 2 U 1/18 R BSGE 129, 44 = SozR 42700 § 2 Nr 51, RdNr 16, vom 20.3.2018 B 2 U 16/16 R SozR 41300 § 105 Nr 6 RdNr 20 und vom 27.10.2009 B 2 U 26/08 R juris RdNr 25). Diese Voraussetzungen erfüllte die Verrichtung der Klägerin nicht. Denn diese diente nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) allein dem eigenen Unternehmen "Dissertation" und keinem fremden Unternehmen, etwa den Forschungsvorhaben der Doktorväter und -mütter der Klägerin, der Drittmittelakquise der geowissenschaftlichen Fakultät, den Spenderinteressen ihres Stipendiengebers oder der Unterhaltung des stillgelegten Alt-Bergwerks. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die geplante Wasserprobenentnahme dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der besagten Personen oder Einrichtungen entsprochen haben könnte, sind auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht vorhanden.
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5. Schließlich scheidet auch eine Aufenthaltsversicherung gemäß § 3 Abs 1 Nr 2 SGB VII für Doktoranden aus, und zwar sowohl nach § 34 Abs 1 Satz 1 Buchst e der Satzung der Beklagten (dazu a) als auch gemäß § 51 Abs 1 Buchst b der Satzung der BG RCI idF des 3. Nachtrags vom 14.10.2011 (dazu b).
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a) Nach § 34 Abs 1 Satz 1 Buchst e der Satzung der Beklagten in ihrer Ursprungsfassung vom 9.12.1997 (MBl LSA 1998, 365 ff, zuletzt idF der 14. Änderung vom 14.12.2021, MBl LSA 2022, 40) sind Personen, die nicht bei einem der in § 3 Abs 1 Nr 1 bis 3 der Satzung genannten Unternehmen beschäftigt sind, sich aber als Doktoranden auf der Unternehmensstätte im Auftrag oder mit Zustimmung des Unternehmers aufhalten, gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten versichert, soweit sie nicht schon nach anderen Vorschriften (§ 3 Abs 1 Nr 2 SGB VII) versichert sind. Die Klägerin hat sich hier im Unfallzeitpunkt indes nicht auf dem Gelände der Universität aufgehalten, an der sie Doktorandin war.
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b) Gemäß § 51 Abs 1 Buchst b der Satzung der BG RCI idF des 3. Nachtrags vom 13.1.2012 (zuletzt idF der 14. Änderung vom 28.11.2022) sind Personen, die nicht im Unternehmen beschäftigt sind, aber als Doktoranden bzw Doktorandinnen die Stätte des Unternehmens im Auftrag oder mit Zustimmung des Unternehmers bzw der Unternehmerin betreten, während ihres Aufenthalts auf der Stätte des Unternehmens gegen die ihnen hierbei zustoßenden Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten beitragsfrei versichert, soweit sie nicht schon nach anderen Vorschriften versichert sind. Dass sich die Klägerin auf der Unternehmensstätte des (Alt)Bergwerks im Auftrag oder mit Zustimmung des (ggf bergrechtlich verantwortlichen) Unternehmers bzw der Unternehmerin aufgehalten hat, ist weder tatrichterlich festgestellt noch sonst erkennbar. Folglich scheidet eine Versicherung kraft Satzung ebenfalls aus, sodass eine notwendige Beiladung (§ 75 Abs 2 Alt 2 SGG) der BG RCI als potentiell leistungspflichtiger Versicherungsträger von vornherein nicht in Betracht kam.
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6. Soweit die Klägerin mit ihrer Revisionsbegründung die unterlassene Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht als Gehörsverletzung rügt, hat sich diese Rüge mit dem Senatsbeschluss vom 10.8.2021 über die Zulassung der Revision (B 2 U 50/21 B) erledigt, sodass weitere Ausführungen entbehrlich sind (§ 170 Abs 3 Satz 1 SGG).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.