Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 14.08.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Der am 00.00.1962 geborene Kläger besitzt keine abgeschlossene Berufsausbildung. Zuletzt war er bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 13.09.2016 als Außendienstmitarbeiter im Lebensmittelvertrieb tätig.
Vom 15.03.2017 bis zum 05.04.2017 nahm der Kläger unter den Diagnosen Lumboischialgie rechts bei degenerativen Veränderungen, Koxarthrose beidseits und bekannte Osteoporose an einer stationären orthopädischen Rehabilitationsbehandlung teil. Es wurde ein positives Leistungsbild erstellt für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen oder Sitzen in Früh-, Tages- und Spätschicht ohne andauernde Körperzwangshaltungen oder Überkopfarbeiten arbeitstäglich sechs Stunden und mehr. Die Anpassung des Arbeitsplatzes werde empfohlen, da der Dienstwagen nach Angaben des Klägers zu klein sei. Grundsätzlich könne der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit wieder vollschichtig verrichten.
Am 16.01.2018 beantragte er eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger durch den Facharzt für Orthopädie Dr. O. begutachten. Dieser gelangte unter Berücksichtigung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 28.03.2017, mehrerer radiologischer Berichte aus dem Jahr 2017 und einer ambulanten Untersuchung vom 28.02.2018 in seinem Gutachten gleichen Datums zu der Auffassung, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei aufgrund der Verschleißleiden des Achsorgans insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) und beider Hüftgelenke nicht mehr leidensgerecht. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, überwiegend sitzend, zeitweise stehend oder gehend. Ein ausgeglichener Haltungswechsel sollte möglich sein. Ausgeschlossen seien Bücken, Knien und das Besteigen von Leitern. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28.03.2018 ab. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, der MDK habe bereits eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt. Nun werde zusätzlich eine Arthrose und ein noch abzuklärendes neurologisches Leiden vermutet.
Daraufhin holte die Beklagte Befundberichte des Facharztes für Orthopädie Dr. B. vom 17.09.2018 (Behandlung seit 2016, Verschlechterung durch Bandscheibenvorfall im Februar 2018, Besserung der Leistungsfähigkeit durch medizinische Rehabilitation möglich) und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie M. vom 18.09.2018 (einmalige Vorstellung am 20.07.2018, Diagnosen: Gangstörung, chronisches Schmerzsyndrom) sowie ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten von Dr. F. vom 04.02.2019 ein. Dieser stellte bei dem Kläger nach ambulanter Untersuchung einen Bandscheibenschaden mit Radikulopathie L5 rechts fest. Motorische Einschränkungen lägen nicht vor. Im Vordergrund stehe das Schmerzsyndrom. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht liege keine Erkrankung vor, die die Erwerbsfähigkeit beeinträchtige. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2019 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 22.05.2019 Klage erhoben und vorgetragen, er leide unter neurologisch-psychiatrischen, orthopädischen und allgemeinmedizinischen Krankheitsbildern. Seine letzte Tätigkeit könne er unstreitig nicht mehr ausüben. Ein leidensgerechter Arbeitsplatz sei nicht denkbar. Die gerichtlichen Sachverständigen hätten die fortgeschrittene Osteoporose im Bereich der LWS und der Hüftgelenke sowie eine Fußheberschwäche nicht ausreichend berücksichtigt. Zweifelsfrei könne er die bei seiner bisherigen Tätigkeit erforderlichen häufigen Fahrten mit längeren Verweildauern im Fahrzeug nicht mehr ausführen. So habe der Sachverständige Dr. O. festgestellt, dass er nur noch weniger als drei Stunden täglich in seinem bisherigen Beruf arbeiten könne.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2019 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 16.01.2018 zu bewilligen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass beim Kläger zwar keine Leistungsfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestehe, nach den Feststellungen im Verwaltungsverfahren jedoch keine quantitativen Leistungseinschränkungen für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestünden.
Das Sozialgericht (SG) hat einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. B. vom 10.10.2019 (letzte Behandlung 02.07.2018; leichte körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich möglich) eingeholt und weiter Beweis erhoben durch ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 15.04.2020 nebst eines Zusatzgutachtens des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie R. vom 30.03.2020. Dieser hat beim Kläger nach ambulanter Untersuchung vom 13.03.2020 eine chronische Lumboischilagie bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Hüftgelenksarthrose beidseits diagnostiziert. Auf dem Hintergrund der degenerativen Veränderungen bestehe eine chronifizierte Schmerzsymptomatik ohne aktuelle nervenwurzelbedingte Reiz- oder Ausfallsymptomatik. Ein Hinweis auf schwerwiegende psychosomatische Überlagerung der Beschwerdesymptomatik bestehe nicht. Die psychische und die sozial-kommunikative Ebene sei allenfalls leichtgradig beeinträchtigt. Dr. H. hat nach ambulanter Untersuchung vom 20.02.2020 eine Funktionsstörung der Wirbelsäule (chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom mit reaktiven Muskelverhärtungen, chronisch wiederkehrendes LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen ohne Nervenwurzel-Reizsymptomatik, bekannte Osteoporose), eine Funktionsstörung beider Hüftgelenke (mäßige Hüftarthrose, reizlose Narben nach Epiphysenlösung und Operation in der Jugendzeit) sowie eine Funktionsstörung beider Schultergelenke (passageres Impingement bei Rotatorentendopathie) festgestellt. Unter Beachtung dieser und der Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet könne der Kläger noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, gelegentlich bis 15 kg, überwiegend im Sitzen mit Gelegenheit zum Haltungswechsel vollschichtig verrichten. Ausgeschlossen seien Arbeiten mit häufigem Bücken, Knien, andauernden Zwangshaltungen, Besteigen von Leitern und Gerüsten, erheblichem Zeitdruck oder sonstigem erheblichen Stress, Wechselschicht und Nachtschicht. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht deutlich eingeschränkt. Eine quantitative Leistungseinschränkung bestehe nicht.
Den Gutachten folgend hat das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.08.2020 abgewiesen. Der Kläger sei noch in der Lage, einer Erwerbstätigkeit mindestens sechs Stunden pro Tag nachzugehen. Es sei weder erkennbar noch vom Kläger näher begründet, warum sich aus der von Dr. H. berücksichtigten Osteoporose eine zusätzliche Einschränkung des Leistungsvermögens, insbesondere des zumutbaren zeitlichen Arbeitsumfangs, ergeben solle. Eine Fußheberschwäche habe keiner der von der Beklagten oder dem Gericht beauftragten Sachverständigen festgestellt.
Gegen das am 15.09.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.10.2020 Berufung eingelegt. Bereits am 28.03.2017 sei der MDK von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ausgegangen. Seither habe sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert. Allein nach den Feststellungen von Dr. O. könne er nicht mehr in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich arbeiten. Hinzu kämen die neurologisch-psychiatrischen Beschwerden sowie die bisher nicht ausreichend berücksichtigte Osteoporose im LWS- und insbesondere Hüftbereich. Daher könne er auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr drei Stunden täglich erwerbstätig sein. Auf gerichtliche Nachfrage teilt er mit, derzeit nicht in ärztlicher Behandlung zu sein. Für die Vergangenheit gibt er im Fragebogen zur Person lediglich eine ambulante Behandlung bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. B. und stationäre Krankenhaus- und Rehabilitationsbehandlungen im Jahr 2017 an.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 14.08.2020 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2019 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, das SG habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 29.03.2021 zu einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da die Berufsrichter sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 28.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2019 nicht im Sinn von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da diese Entscheidung rechtmäßig ist.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI, da die medizinischen Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nicht nachgewiesen sind.
Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung besteht für Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Das SG hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs unter Würdigung der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten verneint, die übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger in der Lage ist, unter bestimmten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im Urteil des SG, die er sich nach Überprüfung zu eigen macht, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Berufungsvorbringen enthält keine Hinweise auf unberücksichtigt gebliebene Aspekte. Der Kläger bestätigt vielmehr die von den Sachverständigen gestellten Diagnosen und wertet lediglich die daraus folgenden Beeinträchtigungen im Erwerbsleben als schwerwiegender – ohne dies jedoch durch medizinische Unterlagen zu untermauern. Vielmehr war er – die neurologischen Beschwerden betreffend – bisher nicht in Behandlung. Die ärztliche Behandlung seiner orthopädischen Leiden hat er beendet. Dies spricht bereits gegen einen hohen Leidensdruck. Jedenfalls bestehen weder Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustands noch dafür, dass den – insbesondere orthopädischen – Leiden durch die qualitativen Einschränkungen nicht ausreichend Rechnung getragen wäre.
Der nach dem 01.01.1961 geborene Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).