L 4 U 535/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 29 U 536/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 535/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 169/22 B
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.05.2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung – schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können – (BK 5101).

 

Der 1966 in Jugoslawien geborene Kläger war nach einer Schlosserlehre (1980-1984) und Absolvierung des Grundwehrdienstes bis Ende 1990 dort bei verschiedenen Metallbaufirmen als Schlosser, danach als Metallbauschlosser in Spanien und seit Januar 1992 im erlernten Beruf in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, zuletzt seit dem 15.11.1994 bei der Firma A.-Industrieanlagenbau in W. als Metallbauschlosser und Schweißer im Betriebsteil „Montage“.

 

Wegen einer Dermatitis war er ab 18.11.2004 arbeitsunfähig erkrankt; seinen Angaben zufolge verrichtete er seitdem keine Erwerbstätigkeit mehr. Nach dem Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gewährte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd seit dem 01.01.2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung, ergänzend bezieht der Kläger Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) von der Stadt C..

 

Mit Schreiben vom 27.01.2005 zeigte die AOK Rheinland der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft – deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, nachfolgend: Beklagte – unter Hinweis auf die bestehende Arbeitsunfähigkeit wegen u.a. einer Dermatitis den Verdacht auf das Vorliegen einer BK an. Wegen derselben Erkrankung hätten Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 02.11.1999 bis 04.11.1999, vom 15.12.2003 bis 24.12.2003 und vom 27.08.2004 bis 03.09.2004 vorgelegen.

 

Der Hautarzt Dr. H., Klinikum W., übermittelte der Beklagten einen Bericht vom 29.11.2004, in dem er ein dyshidrotisches Ekzem diagnostizierte bei Bläschen der Finger beidseits, welches der Kläger auf den Kontakt mit Schmier- und Kühlstoffen zurückführe. Er empfahl prophylaktisch das Tragen von Schutzhandschuhen. Die LVA Rheinprovinz als Rechtsvorgängerin der Deutschen Rentenversicherung Rheinland übersandte u.a. ein auf einen Antrag des Klägers auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von der Ärztin für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. I. erstattetes Gutachten vom 02.08.2005. Demnach sei laut – bei Untersuchung am 02.08.2005 erhobener – Anamnese vor ca. einem Jahr ein Ekzem an den Extremitäten aufgetreten. Derzeit fänden sich Ekzeme an den Extremitäten in Form von Hautveränderungen unterschiedlicher Größe, gerötet, mit Pusteln von gelblicher Farbe, juckend und schmerzhaft. Bei im Vordergrund stehender Hauterkrankung und darüber hinaus bestehenden Beschwerden im Bewegungsapparat, vorwiegend im Bereich der Kniegelenke, empfahl sie eine stationäre Reha in einer Klinik für Hauterkrankungen. Der Kläger gab auf Nachfrage der Beklagten am 24.10.2005 an, seine Hautveränderungen seien zuerst am 17.11.2004 in Form von Ausschlag aufgetreten; er führe dies auf den Kontakt mit Säure, Kühlstoffen und Schmierstoffen bei der Arbeit zurück, die Hauterscheinungen seien nicht abgeheilt. Dr. H. teilte der Beklagten in einem Befundbericht vom 06.01.2006 mit, der Kläger sei während der gesamten Zeit der Behandlung ab 11.11.2004 (davon stationär vom 18.11.2004 bis 25.11.2004, Epicutantestung am 15.11.2004) arbeitsunfähig gewesen, eine Besserung bzw. Abheilung habe nicht erzielt werden können; ein stationäres Heilverfahren in einer dermatologischen Akutklinik sei sinnvoll.

 

Für die Beklagte erstellte sodann der Facharzt für Hautkrankheiten Dr. B. nach mehrtägiger Untersuchung des Klägers (vom 09.01.2006 bis 12.01.2006) am 13.01.2006 eine beratungsärztliche Stellungnahme. Der Kläger gab dort unter anderem an, er habe am Arbeitsplatz insgesamt bis zu zwei Stunden arbeitstäglich im wesentlichen Schutzhandschuhe aus Voll-Leder bzw. Textil-Leder getragen, eher selten auch langstulpige gefütterte Gummi- bzw. Neoprenhandschuhe. Der Kläger sei seit fast 14 Monaten hautkrankheitsbedingt arbeitsunfähig, ohne dass es unter vollständiger Tätigkeitskarenz und zweimaliger stationärer Behandlung zu einer wesentlichen Besserung, Rückbildung oder gar Abheilung gekommen sei. Er stellte die Diagnosen: chronisch-rezidivierendes dyshidrotisches Hand- und Fußekzem mit systemisch-ekzematöser Streureaktion / differentialdiagnostisch ekzematisierte Psoriasis palmoplantaris dyshidrotica (Schuppenflechte), Akrozyanose und Hyperhidrosis manuum bei Nikotingenuss. Diese Erkrankungen manifestierten sich primär außerberuflich spontan und schicksalhaft – wie im Falle des Versicherten – oder auf der Basis einer entsprechenden familiären Erbanlage. Es zeige sich über ein arbeitsfreies Intervall von 14 Monaten hinweg weiterhin ein stark entzündlich geprägter, schubweiser bzw. schicksalhaft-eigengesetzlicher Verlauf. Eine wesentliche berufliche (Teil-)Ursache im Sinne der Entstehung oder einer wesentlichen Verschlimmerung der angezeigten Hauterkrankung lasse sich nicht annehmen. Ebenso bestehe keine konkrete Gefahr für die Entstehung einer BK 5101 im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung auch bei einer zukünftig zu erwartenden Tätigkeitsaufnahme. Weitere sicherlich notwendige Behandlungen sollten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Präventive Maßnahmen durch Hautschutz mittels Creme, milder Hautreinigung, Hautregeneration und Tragen von Handschuhen bei besonders mechanisch belastenden Montagearbeiten seien zweckmäßig.

 

Die Präventionsabteilung der Beklagten (Dipl.-Ing. J. und Dipl.-Ing. R.) befragten den Kläger am 09.02.2006 zu seinen beruflichen Tätigkeiten. Er gab an, er sei seit 1994 als Rohrschlosser auf Montage tätig gewesen und habe bereits mehrere Jahre auf der Baustelle in der S. Papierfabrik an – mit Wasser, Ölen oder Chemikalien (z.B. Natronlauge, Wasserstoffperoxid) gefüllten – Rohrleitungen gearbeitet, als die Hautprobleme aufgetreten seien. Bei der Tätigkeit hätten ihm Handschuhe und Hautmittel zur Verfügung gestanden. Vor der Demontage seien die Rohre von einer Fremdfirma gespült worden, es hätten jedoch noch Reste der Chemikalien durch Undichtigkeiten anhaften können. Die demontierten Rohrleitungen seien häufig verschmutzt gewesen. Außerdem habe er auch Bohrarbeiten mit einem Kühlschmierstoff durchgeführt. Derzeit habe er massive Hautprobleme an den Händen, Armen, Oberschenkeln, Füßen und im Bauchbereich. Die Mitarbeiter der Beklagten meinten, die Tätigkeit des Klägers sei als hautgefährdend zu beurteilen, nach Auffassung des Beratungsarztes handele es sich allerdings um eine schicksalhafte Erkrankung (Stellungnahme vom 23.02.2006).

 

Nach Einschaltung der Landesanstalt für Arbeitsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen lehnte die Beklagte das Vorliegen einer BK 5101 und eines Anspruches auf Leistungen mit Bescheid vom 20.04.2006 ab. Die Beschwerden des Klägers seien auf eine anlagebedingte chronisch wiederkehrende Schuppenflechte zurückzuführen, die mit seiner beruflichen Tätigkeit in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe. Im Widerspruchsverfahren meinte der Kläger, Ursache für seine Erkrankung könne nur der jahrelange Kontakt mit verschiedenen Chemikalien in der Papierfabrik Neuss gewesen sein. Dort sei er tagtäglich mit technischen Ölen, Schmierstoffen, ätzenden Säuren und Korrosionsschutzmitteln in Kontakt gekommen. Ein Epicutantest vom 15.11.2004 aus dem Klinikum W. habe ergeben, dass er auf verschiedene Substanzen (Mercaptobenzothiazol, Benzalkoniumchlorid, Cetylpyridiniumchlorid) allergisch reagiert habe. Seine Erkrankung habe sich allmählich gebessert, heute seien Hautausschläge in einem geringeren Umfang vorwiegend an den Händen, Armen und Füßen vorzufinden. Innerhalb seiner Familie sei niemand an der sog. Schuppenflechte erkrankt. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom „16.05.2006“ mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2006 zurück.

 

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg (S 26 U 153/06) erstattete auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. G. am 14.05.2007 ein fachdermatologisches Gutachten. Darin diagnostizierte er ein dyshidrotisches Hand- und Fußekzem, ein nummuläres Ekzem (Unterschenkel, Oberschenkel) bei Atopie, eine Kontaktsensibilisierung auf 4-Phenylendiamin sowie eine Typ-I-Sensibilisierung auf Gräserpollen, Roggen, Birke, Erle, Hasel und auf zwei Arten Hausstaubmilben. Einen ursächlichen Zusammenhang mit den beruflichen Tätigkeiten verneinte der Sachverständige. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Hauterkrankung sprächen das Ergebnis der allergologischen Testung sowie der klinische Verlauf der Erkrankung. Die allergologische Diagnostik habe bei der Epicutan-Testung eine Typ-IV-Sensibilisierung auf 4-Phenylendiamin ergeben. Da in den vorangegangenen Testungen (11/2004 und 01/2006) diese Kontaktsensibilisierung noch nicht bestanden habe und der Kläger seit 11/2004 nicht mehr in seinem Beruf arbeite, sei sie aller Wahrscheinlichkeit nach außerberuflich bzw. iatrogen, also durch die wiederholten Epicutan-Testungen, erworben. Nach der allergologischen Testung gebe es keinen Nachweis einer Kontaktsensibilisierung auf beruflich relevante Stoffe. Eine wesentliche Besserung der Hauterkrankung während nun fast zweieinhalbjähriger Tätigkeitskarenz sei nicht eingetreten, vielmehr seien Hautveränderungen auch an den Füßen aufgetreten. Die bei dem Kläger bestehenden Ekzeme seien konstitutionell bedingt, träten vorzugsweise im mittleren Lebensalter auf und zeigten typischerweise, wie bei dem Kläger, einen therapieresistenten langjährigen Verlauf. Im Übrigen sei ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit zu verneinen, selbst wenn ein Ursachenzusammenhang bejaht werde, da Präventionsmaßnahmen nicht ausgeschöpft worden seien. Auf die Einwände des Klägers führte Dr. G. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 04.10.2007 aus, entgegen dessen Angabe sei es nicht richtig und auch nicht aktenkundig, dass es nach fehlendem Kontakt mit den Chemikalien zu einer allmählichen Besserung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Der Kläger habe selbst bei der gutachterlichen Untersuchung angegeben, es sei zu keiner wesentlichen Besserung der Hautveränderungen gekommen.

 

Auf Veranlassung des SG erstattete sodann Prof. Dr. T. am 15.02.2008 ein hautfachärztliches Gutachten. Bei dessen ambulanter Untersuchung (vom 29.01. – 05.02.2008) fanden sich mittelgradig schwer ausgeprägte Hauterscheinungen. Als Diagnosen nannte er insbesondere ein anlagebedingtes atopisches Reaktionsverhalten, ein primär (etwa ab 2002) degeneratives Hand-Ekzem (Barriereschaden), ein sekundär (ab 2004) allergisches Hand-Fuß-Ekzem, eine zeitweise Streureaktion und eine tertiäre Chronifizierung. Dazu vertrat er die Auffassung, auf der Basis anlagebedingt gestörter Abwehr habe sich unter dem Einfluss degenerativer beruflicher Faktoren ein sog. Barriereschaden mit der Folge eines degenerativen Ekzems entwickelt. Auf diesen Prozess habe sich eine beruflich verursachte Sensibilisierung gegenüber dem Gummi-Farbstoff p-Phenyldiamin aufgepfropft. An dieses Geschehen habe sich dann eine Superinfektion angeschlossen (nummuläres Ekzem), die bis heute andauere. Die Hautkrankheit sei ursächlich auf berufliche Einflüsse zurückzuführen, erweise sich als schwer, jedoch nicht als wiederholt rückfällig. Objektiv habe der Kläger die schädigende Tätigkeit unterlassen müssen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde auf 25 v.H. eingeschätzt.

 

Dazu legte die Beklagte eine Stellungnahme des beratenden Hautarztes Dr. V. vom 03.04.2008 vor, in der dieser ausführte, der Kläger sei bei seiner beruflichen Tätigkeit Expositionen ausgesetzt gewesen, die in der Lage gewesen seien, ein Handekzem auszulösen bzw. zu verschlimmern. Die weitere Entwicklung der Hauterkrankung beweise aber eindeutig, dass der Anfangsverdacht einer Auslösung durch berufliche Einflüsse nicht aufrechterhalten werden könne; denn der Kläger habe Ekzeme auch an den Füßen, den Armen, den Beinen und zwischenzeitlich auch in erheblicher Ausprägung am Rumpf entwickelt. Potenziell hautschädigenden Einwirkungen sei er aber an den Händen und maximal noch den Unterarmen ausgesetzt gewesen. Akute Hautveränderungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Exposition an den Füßen oder dem Rumpf seien in der Krankengeschichte nicht beschrieben. Zudem spreche die Art der Hautveränderungen gegen eine Berufsabhängigkeit: Der Kläger leide unter geldstückförmigen Ekzemherden, die sich deutlich von der umgebenden Haut abgrenzen ließen; derartige nummuläre Ekzemherde ließen sich aber nicht durch äußere kontaktallergische oder irritative Einflüsse erklären. Berufliche Einflüsse wirkten flächig auf die Haut ein, nicht in eng umgrenzter Form. Weiter spreche auch der Verlauf der Hauterkrankung als eindeutiger Beweis gegen deren Berufsabhängigkeit. Ein beruflich bedingtes allergisches Kontaktekzem heile bei der beim Kläger durchgeführten Medikation mit intensiver Lokalbehandlung und Bestrahlungsbehandlung innerhalb kürzester Zeit ab, bei einem irritativen Ekzem trete zumindest eine deutliche Besserung und in den nachfolgenden Wochen eine vollständige Abheilung ein. Zudem seien bei einem irritativen Kontaktekzem an den Händen zunächst Hautveränderungen an den besonders empfindlichen Partien der Hände zu erwarten, den Fingerzwischenräumen, Schwimmhautfalten und der Haut über den Fingerknöcheln. Das im Gutachten von Prof. Dr. T.  wiedergegebene Krankheitsverständnis eines atopischen Ekzems decke sich nicht mit der gängigen Lehrmeinung. Der vorliegende Fall sei geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie man unter Berücksichtigung der Art der Hautveränderungen, deren Lokalisation und des Verlaufes der Hauterkrankung eindeutig eine Trennung in berufsbedingt und berufsunabhängig vornehmen könne.

 

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 05.06.2008 führte Prof. Dr. T. nochmals aus, es unterliege keinem Zweifel, dass bei dem Kläger eine anlagebedingte Störung der Abwehr gegenüber Umwelteinflüssen bestehe, ein Atopie-Syndrom sei nachgewiesen. Die Hauterkrankung habe allerdings nicht erst plötzlich im Spätsommer 2004 begonnen. Bereits 1999 sei eine Arbeitsunfähigkeit von drei Tagen Dauer wegen eines Ekzems gegeben gewesen. Danach hätten Arbeitsunfähigkeiten in 2003 und 2004 bestanden. Es sei eine nur auf den ersten Blick „vermeintlich logische“ Annahme, dass kontaktbedingte Ekzeme nach Kontaktende alsbald abklingen. Dies gelte weniger für chronisch allergische Kontaktekzeme, noch weniger für degenerative Ekzeme. Das Problem bestehe allerdings darin, dass Literatur, die diese Aussage belege, nicht zur Verfügung stehe; allerdings sei dazu bereits im Gutachten auf eine Dissertation aus 2001 im eigenen Hause hingewiesen worden. Dr. V. verblieb in einer weiteren Stellungnahme für die Beklagte vom 21.08.2008 unter Hinweis auf die im sog. Bamberger Merkblatt genannten Kriterien zur Beurteilung des Ursachenzusammenhanges sowie die seiner Auffassung nach vornehmlich allgemeinen Erwägungen von Prof. Dr. T. bei seiner Auffassung.

 

Mit Urteil vom 16.01.2009 stellte das SG auf den entsprechenden Klageantrag des Klägers – unter Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2006 und des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006 – fest, „dass das dyshidrotische Hand- und Fußekzem des Klägers Folgen einer Berufskrankheit nach der Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheit-Verordnung sind“.

 

Im anschließenden Berufungsverfahren (L 4 U 14/09) holte der Senat eine Auskunft der AOK Rheinland/Hamburg über Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers (wegen Dermatitis vom 15.12.2003 bis 24.12.2003, 27.08.2004 bis 03.09.2004 und 18.11.2004 bis 29.04.2006; Auskunft vom 11.05.2009) sowie Unterlagen der behandelnden Ärzte Dr. N. (Bericht vom 19.05.2009, Behandlung von September bis November 2004), Dr. L. (Bericht vom 16.06.2009, Behandlung ab 15.12.2003 zunächst wegen Ausschlags im Bereich der Hände, Arme und am Körper, letzte Behandlung im April 2009, Zustand des Klägers habe sich deutlich verschlechtert seit ca. Mitte 2006) und Dr. H. (Bericht vom 26.06.2009; Behandlung in 2005 und 2006) ein.

 

Sodann erstattete Prof. Dr. X. ein dermatologisch-allergologisches Gutachten nach § 106 SGG (vom 30.11.2009). Bei insgesamt fünf ambulanten Untersuchungen gab der Kläger dort an, bei seiner Tätigkeit habe er zumeist bis zu den Ellenbogen reichende Lederhandschuhe getragen, bei feuchten Arbeiten Gummihandschuhe. Immer habe er in Arbeitsschuhen mit Eisenkappe gearbeitet. Die Sachverständige führte als Diagnosen eine Typ-IV-Allergie gegenüber Kaliumdichromat, Typ-I-Allergien gegenüber Frühblüher, Kräuter, Gräser/Getreide, Hausstaubmilben und Hundeschuppen, ein dyshidrosiformes Fuß- und Handekzem mit Streuherden an den Unterarmen und Fußgelenken mit Nagelveränderungen, eine atopische Diathese, multiple Narbenbildungen an den Unterarmen, Sprunggelenken und am Thorax, eine beginnende Rosazea erythematosa und ein Tinea pedum auf. Aufgrund eines vorliegenden degenerativen Barriereschadens sei die Diagnose eines degenerativen Handekzems zu stellen, auf dem sich Kontaktsensibilisierungen aufpfropfen könnten. Ihre Testungen hätten die von Prof. Dr. T. gesehene Typ-IV-Sensibilisierung auf 4-Paraphenyldiamin zwar nicht bestätigt; die erstmals von ihr festgestellte Sensibilisierung auf Kaliumdichromat sei aber mit hoher Wahrscheinlichkeit beruflich bedingt, da der Kläger bei der Arbeit Lederhandschuhe und Lederschuhe getragen habe. Es sei zudem eine stetige Zunahme des Gesamt-IgE-Wertes gegenüber den Vorgutachten festzustellen, dieser Wert sei deutlich erhöht. Fast fünf Jahre nach Aufgabe der Berufstätigkeit zeigten sich exkoriierte Ekzemherde vor allem an den Füßen, weniger an den Händen. Die jahrelange Behandlungsbedürftigkeit zeige die Schwere der Erkrankung, Tätigkeiten im feuchten Milieu sowie der Kontakt mit Kaliumdichromat seien zu vermeiden. Die MdE sei mit 25 v.H. zu bewerten.

 

In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme führte Dr. V. am 12.02.2010 aus, das SG widerspreche mit seinem Urteil den Ausführungen zur Beurteilung des Ursachenzusammenhanges, wie sie im – inzwischen überarbeiteten – Bamberger Merkblatt niedergelegt seien. Prof. Dr. X. diskutiere diese Problemstellung in ihrem Gutachten nicht. Deren Aussage, die positive Testreaktion auf Kaliumdichromat sei berufsbedingt, sei nicht haltbar. Der Kläger sei bereits zuvor mehrfach regelrecht epicutan getestet worden und habe bei allen Testungen keine positive Reaktion gezeigt. Deshalb scheide eine Sensibilisierung gegenüber Kaliumdichromat während seiner beruflichen Tätigkeit aus. Der Sensibilisierungszeitpunkt liege sicher nachberuflich. Möglich sei auch eine falsch positive Testreaktion.

 

Der Senat holte von Amts wegen ein weiteres hautfachärztliches Gutachten von Prof. Dr. P. vom 22.09.2010 ein (Untersuchung am 15.06.2010). Bei den Diagnosen nummuläres (münzförmiges) Ekzem, atopische Diathese bei multiplen Typ I Sensibilisierungen, Fußekzem beidseits (links > rechts), Typ IV Sensibilisierungen auf P-Phenylendiamin und Chromat sowie Verdacht auf Interdigitalmykose wies dieser darauf hin, im Ergebnis sei allen Gutachten der Nachweis der eindeutig atopischen Veranlagung des Klägers, unterstützt durch die sehr deutlich erhöhten Werte des IgE-Serumsspiegels, gemeinsam. Ein beruflich ausgelöstes allergisches Kontaktekzem liege nicht vor, denn vor 2009 sei in den Testungen keine Chromat-Sensibilisierung und bis Februar 2006 keine Sensibilisierung auf 4-Phenylendiamin nachgewiesen worden, seit November 2004 arbeite der Kläger nicht mehr in seinem Beruf. Insgesamt seien die teilweise ausgeprägten, vornehmlich die Extremitäten und den Rumpf betreffenden Ekzemherde sehr gut durch ein nummuläres Ekzem bei atopischer Diathese, die außerberuflicher Verursachungsfaktor sei, erklärt. Hierfür spreche ganz besonders die Persistenz über mehrere Jahre trotz Aufgabe der Berufstätigkeit. Es handele sich nicht um eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung im Sinne der BKV, eine berufsbedingte Hauterkrankung liege nicht vor. Zu dem Einwand des Klägers, in den vergangenen Jahren sei von verschiedenen Stellen durchgehend eine Sensibilisierung bezüglich Phenylendiamin festgestellt worden (Testungen vom 15.11.2004 und 08.05.2006 im Klinikum W.) führte Prof. Dr. P. am 13.01.2011 ergänzend aus, bei mehrfachen Epicutantestungen in der Vergangenheit und unveränderter Arbeitssituation habe kein Anlass zu einer erneuten Testung bestanden. Wiederholte Epicutantestungen könnten grundsätzlich zu einer iatrogenen Sensibilisierung führen. Dieser Verdacht bestehe in besonderer Weise für Phenylendiamin, weshalb diese Substanz zwischenzeitlich aus den in der Routine durchgeführten Epicutantestreihen entfernt worden sei. Eine positive Testung auf diesen Stoff über Jahre hinweg spreche gerade nicht für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung des Klägers.

 

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG erstattete Prof. Dr. T. am 19.03.2012 ein weiteres Gutachten. Darin nannte er als Diagnosen ein ausgedehntes trockenes Ekzem an Stamm und Extremitäten bei anlagebedingtem atopischen Reaktionsverhalten sowie eine Sensibilisierung vom Typ IV gegenüber p-Phenylendiamin. Zusammenfassend sah er keine Veranlassung, die in seinem Vorgutachten dargelegten Ansichten zu ändern. Übereinstimmung bestehe weitgehend mit dem Gutachten von Prof. Dr. X.. Die Ausführungen von Dr. B., Dr. V. und Prof. Dr. P. seien nicht nachzuvollziehen. Zwar seien sich alle Gutachter in der Diagnostik dahingehend einig, dass bei dem Kläger ein anlagebedingt atopisches Reaktionsverhalten bestehe. Grundsätzlich unterschiedliche Ansichten bestünden jedoch über die Pathophysiologie des Krankheitsgeschehens und der daraus zu ziehenden Schlüsse. Die Anlage „Atopie“ fördere lediglich das Auftreten und steuere Bild, Verteilung und zeitlichen Ablauf von entsprechenden Ekzemen, für die es bei Atopie vielfältige Ursachen gebe. Träger atopischen Reaktionsverhaltens seien gegenüber der Einwirkung von Umwelteinflüssen in vielfältiger Weise besonders gefährdet. Der zeitliche Ablauf zeige sich allerdings oft in besonderer Weise verzögert. Der Kläger habe seit 1994 unter intensivem Einfluss degenerativ-toxischer und sensibilisierender Einflüsse gearbeitet und sei erstmals 2002, später dann 2004 massiv erkrankt. Das entspreche mit Wahrscheinlichkeit der allmählichen Entwicklung eines sog. Barriereschadens. Das Handekzem sei inzwischen abgeheilt. Es bestünden jedoch ausgedehnte Erscheinungen eines Ekzems bei Atopie in anderen Regionen. Hinsichtlich der Sensibilisierung gegenüber Chromaten gehe die Hautklinik Köln (Prof. Dr. P.) davon aus, dass die Sensibilisierung keine Beziehung zu der ehemaligen Tätigkeit besitze. Dies treffe primär zu, nicht aber sekundär. Chromate seien im täglichen Leben weit verbreitet. Das abgelaufene Ekzem eröffne insoweit die Gefahr zusätzlicher Sensibilisierungen. Die Hautkrankheit müsse als schwer gelten und habe den Kläger gezwungen, die schädigende Tätigkeit zu unterlassen. Die MdE werde mit 25 v.H. bemessen.

 

Für die Beklagte führte dazu Dr. V. in einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 09.05.2012 aus, das Gutachten enthalte weder neue Informationen noch neue Gesichtspunkte. Erwartungsgemäß habe Prof. Dr. T. seine Außenseitermeinung zum atopischen Ekzem im Allgemeinen und der Einschätzung des vorliegenden Falles im Besonderen verteidigt. Folge man dessen Einschätzung, müsse bei allen Berufstätigen, die einer Hautbelastung am Arbeitsplatz ausgesetzt seien und die unter einem Ekzem litten, eine berufsbedingte Dermatose angenommen werden. Der Kläger leide derzeit unter großflächigen Ekzemen an den Armen, Beinen, am Rumpf und an den Füßen. Diese Hautareale seien während der beruflichen Tätigkeit nicht schädigenden Einflüssen ausgesetzt gewesen. Die Einschätzung von Prof. Dr. T. widerspreche der allgemeinen dermatologischen Lehrmeinung, der täglichen Erfahrung als behandelnder Hautarzt und den allgemeinen Grundsätzen der Logik. Bei dem Kläger handele es sich nicht um eine schwierige Abwägung in einem Grenzfall, sondern um ein besonders plakatives Beispiel einer berufsunabhängigen Dermatose. Deren typischer Verlauf passe nicht zu der Lokalisation der Hautveränderungen bei dem Kläger, dem Verhalten dieser Hautveränderungen unter Therapie sowie dem Verlauf der Hauterkrankung nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit. Entsprechend den Ausführungen im Bamberger Merkblatt und der Kommentierung von Mehrtens/Perlebach sei ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang zu verneinen, wenn zur Entstehung bzw. Verschlimmerung einer Hauterkrankung eine Krankheitsanlage mit Sicherheit festgestellt ist, die so leicht ansprechbar ist, dass für die Auslösung konkreter Krankheitserscheinungen auch gewöhnliche Belastungen des täglichen Lebens ausgereicht hätten. Der Kläger hätte auch ohne seine Tätigkeit als Schlosser unter vergleichbaren Hautveränderungen gelitten.

 

Prof. Dr. P. legte in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 30.10.2012 dar, die Ursache der atopischen Dermatitis sei nicht bekannt, allerdings seien zwischenzeitlich eine ganze Reihe genetischer Faktoren für diese Erkrankung beschrieben. Der Verlauf von Ekzemen bei atopischer Diathese sei wechselhaft mit Krankheitsschüben unterschiedlicher Dauer und Schwere, die Rezidivhäufigkeit sei charakteristisch. Es gebe jedoch keine Hinweise, dass das atopische Ekzem zu einer höheren Rate von Kontaktallergien prädisponiere oder das Kontaktallergien, z.B. auf Chromate oder Nickel, ein atopisches Ekzem auslösen könnten. Gerade das Vorliegen ausgedehnter Ekzeme zu verschiedenen Zeitpunkten nach Aufgabe der Berufstätigkeit unterstütze die Diagnose einer schicksalhaft verlaufenden Erkrankung wie die des atopischen Ekzems. Die Diagnose werde weiter unterstützt durch die auch zum Zeitpunkt der erneuten Begutachtung Ende 2011 nachweisbar deutlich erhöhten Werte für das Gesamt-IgE und des Eosinophilen Cationischen Proteins als Indikatoren der bestehenden atopischen Diathese. Keine der im Rahmen der Begutachtungen nachgewiesenen Kontaktsensibilisierungen seien zum Zeitpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers nachgewiesen worden. Vielmehr bestätige das von Prof. Dr. T. zuletzt beschriebene klinische Bild in eindeutiger Weise die Beurteilung in seinem Gutachten aus September 2010.

 

Mit Urteil vom 23.08.2013 hob der Senat das Urteil des SG vom 16.01.2009 auf und wies die Klage ab. Ein Unterlassungszwang sei nicht erwiesen; im Übrigen fehle es auch an einem Ursachenzusammenhang zwischen der beim Kläger vorliegenden Hauterkrankung und den während seiner beruflichen Tätigkeit erfolgten versicherten Einwirkungen; das atopische Ekzem sei nicht wesentlich kausal auf berufsbedingte Einwirkungen zurückzuführen. Die anschließende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung blieb erfolglos (Bundessozialgericht, Beschluss vom 24.02.2014 – B 2 U 289/13).

 

Mit Schriftsatz vom 23.12.2014 beantragte der Kläger, die Ablehnung der Anerkennung einer Berufskrankheit gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu überprüfen. Seine Erkrankung sei nicht ausreichend medizinisch gewürdigt worden. Insbesondere sei Prof. Dr. P. unzutreffend davon ausgegangen, dass vor dem Jahr 2006 keine Typ-IV-Sensibilisierung auf 4-Phenylendiamin nachgewiesen sei, dies sei jedoch unzutreffend. Bereits bei dem Epicutantest vom 15.11.2004 im Klinikum W. sei eine Sensibilisierung auf diese Substanz nachgewiesen worden; hierzu legte der Kläger insgesamt drei auf den 15.11.2004 datierende Epicutantest-Protokolle des Klinikums W. vor. In einem dieser Protokolle sind in der 72-Stunden-Ablesung bei p-Phenylendiamin zwei eingeklammerte, durch einen Strich getrennte Pluszeichen vermerkt; dieses Protokoll sei ihm im Krankenhaus ausgehändigt worden.

 

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.02.2015 ab. Es hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, die eine Neufeststellung ermöglichten. Die nunmehr beigebrachten Unterlagen vom 15.11.2004 hätten bereits spätestens seit der Widerspruchsbegründung aus Mai 2006 vorgelegen und seien in der medizinischen und sozialgerichtlichen Urteilsfindung berücksichtigt worden.

 

Hiergegen legte der Kläger am 18.02.2015 Widerspruch ein, in dem er darauf verwies, der Epicutantest vom 15.11.2004 habe auch in der 72-Stunden-Ablesung eine kontaktallergische Reaktion auf die Substanz Phenyldiamin gezeigt. Der Beklagten wie auch dem Sachverständigen Prof. Dr. P. habe lediglich ein Protokoll mit der 24- bzw. 48-Stunden-Ablesung vorgelegen, was der Grund dafür sei, dass der berufliche Ursachenzusammenhang fälschlicherweise verneint worden sei. Die Kontaktallergie habe nach der Einschätzung der damals behandelnden Ärzte ihren Ursprung in der beruflichen Tätigkeit.

 

Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. V. ein, der am 29.06.2015 ausführte, der Kläger leide unter einer berufsunabhängigen atopischen Dermatitis. An dieser Einschätzung könne auch dann keine Änderung vorgenommen werden, wenn eine Sensibilisierung gegen Para-Phenylendiamin bestünde. Das vorliegende Testergebnis reiche bereits isoliert betrachtet nicht aus, eine entsprechende Sensibilisierung anzunehmen. Bei der 72-Stunden-Ablesung sei eine Testreaktion vermerkt, in der 96-Stunden-Ablesung sei hingegen keine Testreaktion erkennbar. Die Notation mit zwei Pluszeichen, die durch einen quer verlaufenden Strich getrennt seien und das Einklammern der Reaktion entsprächen nicht der gängigen Schreibweise; Einklammerungen würden eher bei schwachen, fraglichen Reaktionen vorgenommen. Betrachte man das Protokoll aus dem Jahr (gemeint:) 2004, könne man darauf maximal eine fragliche Reaktion auf Para-Phenylendiamin ablesen. Bei nachfolgenden Epicutantestungen (Januar 2006 bei Dr. B.) sei das Allergen Para-Phenylendiamin negativ geblieben. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Kläger eine Allergie gegen Para-Phenylendiamin besitze, führe dies nicht zu einer Änderung der Beurteilung des Erkrankungsverlaufes. Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2015 zurück.

 

Hiergegen hat der Kläger am 08.12.2015 Klage vor dem SG Duisburg erhoben. Wesentliche Teile seiner Krankheitsgeschichte seien nicht in Betracht gezogen worden. Insbesondere beruhe die damalige Entscheidung auf dem Umstand, dass bei der Epicutantestung im Jahr 2004 angeblich keine Sensibilisierung vorgelegen habe. Diese Einschätzung sei jedoch falsch, da er bereits bei dieser Epicutantestung im Jahr 2004 positiv auf die Substanz Phenylendiamin getestet worden sei, das Klinikum W. habe insoweit nicht die richtigen bzw. abgeänderte Testprotokolle übersandt. Prof. Dr. P. habe infolgedessen bezüglich einer positiven Sensibilisierung eine zeitliche Lücke zwischen 2004 und 2006 angenommen und dadurch die medizinischen Fakten falsch beurteilt. Auch die Chronologie der Krankheitsgeschichte deute auf einen ursächlichen Zusammenhang hin. Die von allen Sachverständigen festgestellte Atopie habe zur Folge, dass er in dieser Konstitution versichert sei; eine Atopie sei aber niemals Ursache einer Erkrankung. Unter Bezugnahme auf eine dermatologische Stellungnahme von Dr. H. hat er die Auffassung vertreten, Prof. Dr. P. habe nicht ausreichend gewürdigt, dass die mit der atopischen Diathese einhergehende Barriereschädigung in wesentlichem Maße den Boden für beruflich erworbene Ekzeme bilde. Der über Jahre erfolgte Umgang mit diversen irritativ toxischen, hautschädigenden Substanzen habe aufgrund dieser Barriereschädigung zur Ausbildung des Ekzems und zur Entwicklung von Typ-IV-Sensibilisierungen geführt.

 

Der Kläger hat beantragt,

 

die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 20.04.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 03.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2015 abzuändern und die Hauterkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 5101 BKV anzuerkennen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat Bezug genommen auf das vorangegangene Verfahren vor dem Landessozialgericht (L 4 U 14/09). Aus der Stellungnahme von Dr. H. folgten keine neuen Erkenntnisse; der Nachweis des Vorliegens von berufsbedingten Typ-IV-Sensibilisierungen habe nicht geführt werden können. Aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht entsprächen die Schlussfolgerungen nicht dem derzeit anerkannten aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft. Art, Lokalisation und Verlauf der Hauterkrankung sowie der fehlende Unterlassungszwang sprächen nach der herrschenden Lehrmeinung und in Übereinstimmung mit dem Bamberger Merkblatt gegen eine berufliche Bedingtheit der Hautveränderungen.

 

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.05.2017 abgewiesen. Der Vortrag des Klägers im Überprüfungsverfahren sei bereits bei Erlass des Berufungsurteils vom 23.08.2013 bekannt gewesen. Die erneut vom Kläger vorgetragenen Einwände seien auch dem im Berufungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen bekannt gewesen. Es habe keine Veranlassung bestanden, erneut in Ermittlungen einzutreten. Selbst bei unterstelltem Unterlassungszwang sei die Kausalität noch immer nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen. Ein neuer Vortrag des Klägers diesbezüglich liege nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.

 

Gegen das am 21.06.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2017 Berufung eingelegt. Unter Verweis auf eine Stellungnahme von Prof. Dr. Z. vom 15.11.2017 sei davon auszugehen, dass zunächst ein beruflich bedingtes dyshidrosiformes Handekzem vorgelegen und sich das Krankheitsbild erst später verändert habe. Prof. Dr. P. habe sich nur an dem damals aktuellen klinischen Bild orientiert. Dies habe zu einem falschen Ergebnis geführt, da keine ausreichende rückblickende Betrachtungsweise bezüglich der Ursache der Erkrankung vorgenommen worden sei. Die bisher gehörten Gutachter hätten sich nur mit dem aktuellen Zustand, nicht aber mit dem zeitkritischen Zeitpunkt der Entstehung der Erkrankung befasst. Die neuerlichen Erkenntnisse von Prof. Dr. Z. zeigten, dass nur eine rückblickende Betrachtung zu einem korrekten Ergebnis führen könne. Das Gutachten von Prof. Dr. Z. sei überzeugend, dieser habe aufgezeigt, dass die beruflich bedingte Erkrankung weiterhin und aktuell immer noch bestehe. Insbesondere sei zwischen den beiden Erkrankungen eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes eingetreten. Dies ergebe sich aus den Befunden der damals behandelnden Ärzte Dr. L. und Dr. H. sowie dem Entlassungsbericht der Klinik W. vom 30.11.2004. Eine weitere Begutachtung sei angesichts dessen nicht erforderlich; das Gutachten von Privat-Dozent (PD) Dr. U. sei ohne seine Zustimmung nach Aktenlage erstellt worden. Dieser übersehe auch, dass im relevanten Zeitraum eine wesentliche Besserung tatsächlich eingetreten sei, die insbesondere in der Patientenakte von Dr. H. dokumentiert sei. Zudem sei die Epicutantestung vom November 2004 eindeutig dahingehend zu werten, dass eine positive Reaktion auf p-Phenyldiamin vorgelegen habe; die 72-Stunden-Ablesung müsse positiv gewesen sein, denn sonst hätte Dr. H. im Bericht vom 29.11.2004 nicht eine BK mit Beginn am 18.11.2004 angenommen. Schließlich habe seinerzeit auch keine atopische Diathese vorgelegen, dies ergebe sich aus der Patientenakte und der Stellungnahme von Dr. B., der den Atopie-Score mit nur neun Punkten bewertet habe. Eine atopische Diathese habe daher zu Beginn der Erkrankung keinen Einfluss gehabt.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.05.2017 abzuändern, den Bescheid vom 03.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2015 aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 20.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006 zurückzunehmen und gerichtlich festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung in Form eines dyshidrotischen Hand- und Fuß-Ekzems vorliegt.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verweist darauf, dass die Vorgutachter sehr wohl eine rückwirkende Betrachtung bezüglich der Ursache der Erkrankung vorgenommen hätten. Bezüglich des Vorliegens eines anlagebedingten atopischen Reaktionsverhaltens stimmten alle Gutachter überein, nur hinsichtlich der Pathophysiologie des Krankheitsgeschehens und der daraus zu ziehenden Schlüsse divergierten die Sachverständigen. Art, Lokalisation und Verlauf der Hauterkrankung sprächen indes nach dem Bamberger Merkblatt gegen eine berufliche Verursachung. Das Gutachten von Prof. Dr. Z. sei nicht schlüssig, hierzu nimmt sie Bezug auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. V. (vom 24.08.2018), wonach die Auffassung, bis zum 18.11. 2004 habe ein berufsbedingtes Kontaktekzem vorgelegen, danach erst sei es zu der atopischen Diathese gekommen, unter Betrachtung des Verlaufes der Hauterkrankung im Jahr 2004 nicht haltbar sei. Ein berufsbedingtes Kontaktekzem der Hände wäre unter Arbeitskarenz und der massiven Therapie vielmehr abgeheilt. Nicht nachvollziehbar sei ebenfalls die Einschätzung der MdE, selbst wenn man die Grundannahmen des Sachverständigen als gegeben annehme. Er stufe die aktuellen Hautveränderungen als atopisches Ekzem ein, demnach seien sie aber gerade nicht Folge der angenommenen Berufskrankheit.

 

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Prof. Dr. Z. am 23.07.2018 ein Gutachten erstattet. Darin hat er initial (2004) ein dyshidrosiformes Hand- und Fußekzem mit Streuung festgestellt. Im unmittelbaren Zusammenhang sei hier die erstmals auch 2004 nachgewiesene Kontaktsensibilisierung gegenüber para-Phenylendiamin zu sehen. Im weiteren Verlauf hätten sich unabhängig davon ein nummuläres Ekzem mit generalisierter Streuung sowie eine manifeste Atopie mit erhöhten Gesamt-IgE-Werten, Sebostase sowie multipler Typ-I-Sensibilisierungen entwickelt. Das initial diagnostizierte dyshidrosiforme Hand- und Fußekzem sei schwer und wiederholt rückfällig. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der gefährdenden Einwirkung und der beim Kläger eingetretenen Hauterkrankung. Die berufliche Tätigkeit des Klägers sei dabei wesentlich mitwirkend im Sinne der Entstehung gewesen, da die Hautkrankheit durch die Feuchtarbeit an und mit Chemikalien verschmutzten Rohren erstmals in unmittelbarem zeitlichem und örtlichem Zusammenhang manifest geworden sei. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang würden andere Diagnosen wie die atopische Diathese, Psoriasis vulgaris oder nummuläre Ekzeme sprechen. Allerdings habe keine dieser Diagnosen zum Zeitpunkt der Erstmanifestation des Handekzems beim Kläger vorgelegen. Es werde die Relevanz einer berufsspezifischen Sensibilisierung für das Erkrankungsgeschehen gesehen: So sei eine p-Phenylendiamin-Sensibilisierung dokumentiert, ein Vorkommen solcher Derivate in Gummichemikalien sei gegeben. Die übrigen Allergene seien eher außerberuflich erworben. Bezüglich der Ersttestung sei allerdings zu konstatieren, dass möglicherweise die im engen zeitlichen Zusammenhang stehende systemische Steroidgabe im Rahmen der stationären Aufenthaltes mit der Durchführung des Epicutantestung interferiere; diese sei in der Lage gewesen, das Ergebnis der Testung solchermaßen zu beeinflussen, dass falsch negative Werte gemessen worden seien. Die Hauterkrankung zwinge den Kläger seit dem 11.11.2004 zur Unterlassung aller Tätigkeiten, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich seien. Die dadurch bedingte MdE werde auf 25 v.H. eingeschätzt. Es sei indes auch offensichtlich, dass sämtliche möglichen therapeutischen Maßnahmen noch nicht vollends ausgeschöpft worden seien. Kennzeichnend sei die Tatsache, dass mit Unterlassung der beruflichen Tätigkeit das initial beschriebene dyshidrosiforme Ekzem in dieser Form nicht wieder substantiell aufgetreten sei.

 

In einer vom Senat von Amts wegen eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 10.09.2018 hat Prof. Dr. Z. weiter ausgeführt, ein Unterlassungszwang sei eindeutig gegeben. Dieses sei letztendlich auch durch das folgende nummuläre Ekzem, unabhängig von dieser ersten Erkrankung, geschehen; ein Verbleib am Arbeitsplatz sei insofern nicht mehr möglich gewesen und habe dazu geführt, dass sämtliche therapeutischen präventiven Maßnahmen zugunsten des dyshidrosiformen Hand- und Fußekzems nicht ausgeschöpft werden konnten. Im Übrigen habe er die für seine Argumentation erforderliche Inaugenscheinnahme des Klägers durchgeführt und sich auch mit den Vorgutachten kritisch auseinandergesetzt. Auf Antrag des Klägers hat Prof. Dr. Z. am 22.02.2019 eine weitere ergänzende Stellungnahme abgegeben, in der er untermauert hat, dass die ursprüngliche Hauterkrankung des Klägers unter einer differenten Therapie weitgehend zur Abheilung gekommen sei; dies entziehe der Argumentation der Beklagten die Substanz. Es sei insbesondere zu einer weitestgehenden Abheilung des Handekzems mit Beschwerdefreiheit gekommen. Insofern sei die Grundannahme, es handele sich um ein berufsbedingtes Kontaktekzem, nach wie vor korrekt und belegbar.

 

Der Senat hat von Amts wegen ein weiteres Gutachten von PD Dr. U. eingeholt, das dieser – nach der Weigerung des Klägers, sich ambulant untersuchen zu lassen – am 30.03.2021 nach Aktenlage erstellt hat. Die medizinischen Schlüsse von Dr. B., Dr. G., Dr. V. und Prof. Dr. P. seien besser nachvollziehbar und bezogen auf den Kläger auch am ehesten wahrscheinlich. Hierfür spreche der therapieresistente und chronische, teilweise bis zur Vorstellung bei Prof. Dr. Z. andauernde Krankheitsverlauf trotz Arbeitsunfähigkeit nach November 2004. Zudem habe bis dato kein ursächlich relevantes Kontaktallergen nachgewiesen werden können. Die initialen Unterlagen der Epicutantestung vom 15.11.2004 seien aufgrund schlechter Dokumentation nicht gut nachvollziehbar und keine ausreichende Grundlage, um Typ-IV-Sensibilisierungen eindeutig zu diagnostizieren. Eine Reaktion gegenüber p-Phenyldiamin sei erstmals in der Epicutantestung vom 08.05.2006 aufgefallen, jedoch sei die Dokumentation unüblich (zwei Pluszeichen in Klammern in der 72-Stunden-Ablesung) und könne daher nicht richtig eingeordnet werden. Nach den weiteren Epicutantestung blieben als bis zuletzt positiv getestete Typ-IV-Sensibilisierungen auf Kaliumdichromat und p-Phenyldiamin; beide Substanzen hätten sich aber erst mehrere Jahre nach Arbeitsunfähigkeit positiv gezeigt, somit sei ein beruflicher Zusammenhang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Eine berufliche Relevanz von p-Phenyldiamin sei ohnehin unwahrscheinlich, weil dies vorwiegend in Haarfärbemitteln und in der Kunststoffindustrie vorkomme. Kaliumdichromat sei ein weitverbreitetes Allergen mit Vorkommen im Industriegewerbe, aber auch im häuslichen Bereich in Form von Textilien, Farbstoffen, Druckfarbe, Gummiartikeln und Leder. Eine berufliche Relevanz sei hier schwierig von einer außerberuflichen Sensibilisierung zu differenzieren. Die Typ-IV-Sensibilisierungen seien daher am ehesten als iatrogen zu werten. Die beschriebenen Hautbefunde seien rückblickend einem Ekzem, am ehesten atopischer Diathese (aufgrund multipler Typ-I-Sensibilisierungen) zuzuordnen. Auch nach intensivierter Therapie habe keine komplette Abheilung der Hautveränderungen erzielt werden können, die nach mehrjähriger Arbeitskarenz in der Regel zu erwarten sei. Insgesamt könne daher keine Arbeitskongruenz der Hautbeschwerden erkannt werden, das Vorliegen einer berufsbedingten Hauterkrankung sei zu negieren. Zu dem Gutachten von Prof. Dr. Z. hat PD Dr. U. auf Nachfrage des Senats am 21.05.2021 ergänzend ausgeführt, in den Befundberichten werde zwar eine Befundbesserung beschrieben, zu keiner Zeit sei jedoch eine vollständige Abheilung dokumentiert. Auch eine weitestgehende Abheilung, wie Prof. Dr. Z. sie beschreibe, sei in den gesamten Aktenunterlagen nicht zu erkennen. Die von Prof. Dr. Z. nach der Epicutantestung vom 15.11.2004 als gegeben erachtete Kontaktsensibilisierung gegenüber p-Phenyldiamin und Mercaptobenzothiazol sei nicht lege artis dokumentiert; zudem habe er selbst zutreffend auf die generell eingeschränkte Aussagekraft dieser Epicutantestung hingewiesen, da über mindestens zwei Tage bei noch laufender Testung sehr hohe innerliche Cortisondosen verabreicht gewesen seien.

 

Am 05.11.2021 hat PD Dr. U. zu den Einwänden des Klägers ergänzend Stellung genommen und ausgeführt, die elektronische Patientenakte gebe den Behandlungszeitraum vom 11.11.2004 bis 25.10.2006 wieder und belege bis zuletzt einen berufsunabhängigen undulierenden Hauterkrankungsverlauf ohne weitgehende bzw. therapiefreie Abheilungen. Die aufgeführten phasenweisen Besserungen des Hautbefundes seien erkennbar nur unter bis zuletzt fortgesetzten intensivierten Therapiemaßnahme (mittel- bis hochpotente Glukokortikoide lokal, Glukokortikoide systemisch, lokale PUVA-Therapie) erzielt worden. Bei p-Phenyldiamin handele es sich nicht um ein berufsrelevantes Kontaktallergen im Beruf des Schlossers bzw. Schweißers, sodass der Kläger diese Kontaktsensibilisierung nicht in Ausübung seines Berufes am Arbeitsplatz erworben habe. Im Hautarztbericht von Dr. H. vom 29.11.2004 sei auch nicht von p-Phenyldiamin als möglicher Verursacher des Hautleidens die Rede, sondern vielmehr von Schmierstoffen und Kühlstoffen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein p-Phenyldiamin enthielten. Schließlich sei in den Vorgutachten mittels allergologische Testung bestätigt worden, dass eine atopische Diathese vorliege.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen, der insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

A. Die zulässige, insbesondere statthafte (§ 144 Abs. 1 SGG) und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht beschwert, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

 

I. Die zulässige Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) statthaft, denn der Kläger begehrt – unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 03.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2015 – die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des gemäß § 77 SGG bestandskräftigen Bescheides vom 20.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006 und die (gerichtliche) Feststellung, dass bei ihm eine BK 5101 in Form eines dyshidrotischen Hand- und Fuß-Ekzems vorliegt (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 28.06.1995 – 7 RAr 20/94 –, Rn. 16, juris; BSG, Urteil vom 06.09.2018 – B 2 U 10/17 R –, Rn. 8, juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 54 Rn. 20c m.w.N).

 

II. Die Klage ist unbegründet. Der streitige (Überprüfungs-)Bescheid vom 03.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2015 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide, auf Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des zugrundeliegenden Bescheides vom 20.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006 und auf die gerichtliche Feststellung, dass eine BK 5101 in Form eines dyshidrotischen Hand- und Fuß-Ekzems vorliegt.

 

Zwar ist nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. § 44 Abs. 2 SGB X bestimmt, dass im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt (im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen ist; er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

 

Allerdings setzt die Anwendbarkeit von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X an sich voraus, dass die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes über einen bestimmten Anspruch durchbrochen werden soll. Hier geht es indes nicht (allein) um einen bindend gewordenen (feststellenden oder eine Feststellung ablehnenden) Verwaltungsakt, sondern (auch) um die Rechtskraft des gerichtlichen Feststellungsurteils im Vorprozess vom 23.08.2013 (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2020 – B 2 U 2/18 R –, Rn. 17, juris; vgl. Spellbrink/Karmanski, Sozialgerichtsbarkeit 2021, S. 548, 549, die die Überwindbarkeit eines gerichtlichen Feststellungsurteils im Wege des Wiederaufnahmeverfahrens gemäß § 179 SGG thematisieren; vgl. Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Urteil vom 05.10.2020 – L 12 U 3510/19 – Rn. 20 ff. juris, das auf den Geltungsvorbehalt des Fortbestehens der bei Erlass des rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegten Sach- und Rechtslage abstellt, was nur bei veränderter Sachlage nach Erlass des rechtskräftigen Urteils eine erneute Entscheidung über das Rechtsverhältnis ermögliche).

 

Hier hatte der Kläger mit dem im Verfahren S 26 U 153/06 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Duisburg am 16.01.2009 gestellten Antrag ausdrücklich die gerichtliche Feststellung begehrt, dass das dyshidrotische Hand- und Fußekzem Folge einer BK 5101 ist. Das diesem Antrag stattgebende Urteil vom 16.01.2009 hat das LSG NRW mit Urteil vom 23.08.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen; mit der Verwerfung der gegen dieses Urteil eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG (Beschluss vom 24.02.2014) ist das Urteil des LSG NRW rechtskräftig geworden.

 

Mit rechtskräftiger Abweisung einer auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichteten Klage steht das Gegenteil der begehrten Feststellung, nämlich das Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses fest (Bundesgerichtshof <BGH>, Urteil vom 16.01.2008 – XII ZR 216/05 –, Rn. 9ff., juris; Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Beschluss vom 22.12.2011 – 2 B 71/10 –, Rn. 6, juris). Dies gilt im sozialgerichtlichen Verfahren in gleicher Weise. Auch hier binden gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Ein sozialgerichtliches Urteil über eine Klage auf Feststellung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung ist deshalb ebenfalls nicht nur der formellen, sondern auch der materiellen Rechtskraft fähig. Mit der rechtskräftigen Abweisung einer auf gerichtliche Feststellung gerichteten Klage ist somit auch im sozialgerichtlichen Verfahren das Gegenteil der begehrten Feststellung festgestellt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.10.2020 – L 12 U 3510/19 –, a.a.O. und Urteil vom 21.06.2018 – L 10 U 2893/16 –, Rn. 28, juris; Thüringer LSG, Beschluss vom 07.01.2019 – L 1 U 619/18 B –, Rn. 20, juris).

 

Der Senat lässt offen, ob bereits allein aufgrund der Rechtskraftwirkung dieses Urteils zwischen den Beteiligten bindend feststeht, dass das beim Kläger vorliegende dyshidrotische Hand- und Fußekzem nicht Folge einer BK 5101 ist und dies somit einer Überprüfung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht zugänglich ist. Denn auch bei erneuter Sachentscheidung im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der begehrten BK.

 

Die Voraussetzungen des – bei allein streitiger Feststellung des Vorliegens einer BK –auch für die Vergangenheit anwendbaren § 44 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 20.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006 weder das Recht unrichtig angewandt, noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Die Beklagte hat die Anerkennung einer BK 5101 zu Recht abgelehnt.

 

Rechtsgrundlage für die Anerkennung der begehrten BK ist § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) i.V.m. Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung (dazu sogleich unter 1.). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt. Desweiteren muss die Krankheit durch diese (versicherten) Einwirkungen verursacht worden sein (haftungsbegründende Kausalität). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 10/14 R –, Rn. 11, juris; Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R –, Rn. 17, juris). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 06.09.2018 – B 2 U 13/17 R –, Rn. 9, juris).

 

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann beim Kläger das Vorliegen einer BK 5101 nicht festgestellt werden.

 

1. Abzustellen ist auf die bei Erlass des zu überprüfenden Bescheides maßgebliche Sach- und Rechtslage, wobei es nicht auf den Stand der Erkenntnisse bei Erlass des ursprünglichen Verwaltungsakts, sondern im Zeitpunkt seiner Überprüfung ankommt und somit eine rückschauende Betrachtungsweise im Lichte einer eventuell geläuterten Rechtsauffassung zu der bei Erlass des zu überprüfenden Verwaltungsakts geltenden Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.10.2017 – B 2 U 6/16 R –, Rn. 17, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.02.2019 – L 10 VE 50/15 –, Rn. 52, juris; Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage Stand 02/2022, § 44 Rn. 52.1 ff.). Unter den Tatbestand der BK 5101 fielen im Zeitpunkt der letzten maßgebenden Verwaltungsentscheidung (= Widerspruchsbescheid vom 07.07.2006) – und sogar noch bis zur Neufassung der BKV mitsamt Anlage 1 zum 01.01.2021 – schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

 

2. Der Kläger war während seiner beruflichen Tätigkeit als Schweißer bei der Beklagten versichert. Er war – nach den arbeitstechnischen Feststellungen des Präventionsdienstes (vgl. die Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 23.02.2006) – dabei und dadurch auch hautgefährdenden Einwirkungen ausgesetzt; insbesondere geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass den Arbeitsstücken Reste von hautirritativ wirkenden Chemikalien (Natronlauge, Wasserstoffperoxid) anhafteten, außerdem wurden Bohrarbeiten mit einem Kühlschmierstoff durchgeführt und bei den Tätigkeiten Leder- oder Gummihandschuhe mit Stulpe benutzt.

 

3. Es liegt auch eine Hauterkrankung in Form eines nummulären Hand- und Fußekzems bei atopischer Diathese mit generalisierter Streuung vor. Insoweit sind sich die im Berufungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen Prof. Dr. Z. und PD Dr. U. einig. 

 

4. Für die Anerkennung einer BK ist zudem ein Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen und der Erkrankung erforderlich. Für die BK 5101 bedeutet dies, dass die Hauterkrankung des Klägers durch seine versicherte Tätigkeit verursacht worden sein muss. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht – wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung – die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG, Urteil vom 06.09.2018 – B 2 U 13/17 R –, Rn. 15, juris; zum Arbeitsunfall: BSG, Urteil vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R –, Rn. 34ff., juris), die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolgs ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Ursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Ursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (BSG, Urteil vom 06.09.2018 – B 2 U 13/17 R –, Rn. 15, juris, m.w.N.).

 

Nach dieser Maßgabe ist eine Ursächlichkeit der beruflichen Einwirkungen für die beim Kläger vorliegende Erkrankung bei hautgefährdender Tätigkeit auch im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zugrunde zu legen. Bei Würdigung aller in Betracht kommender, mitwirkender Ursachen ist eine Verursachung der Hauterkrankung durch beruflich bedingte Einwirkungen aber lediglich möglich, hingegen nicht überwiegend wahrscheinlich. Lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen der beruflichen Einwirkung und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des die Feststellung der BK begehrenden Versicherten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 25.08.2021 – L 17 U 34/20 –, Rn. 40, juris).

 

a) Für einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Einwirkung und der Hauterkrankung spricht grundsätzlich die vom Präventionsdienst beschriebene und anerkannte Einwirkung hautgefährdender Stoffe während der letzten Beschäftigung des Klägers. Diese Einwirkung hautgefährdender Stoffe während der letzten Beschäftigung des Klägers ist aber kein gewichtiges Argument für eine berufliche Verursachung der Erkrankung, denn es ist nicht hinreichend sicher feststellbar, dass bereits im Zeitpunkt der Erstmanifestation der Hauterkrankung eine Kontaktsensibilisierung auf beruflich relevante Stoffe, insbesondere auf den Stoff p-Phenyldiamin, vorlag.

 

Beim Kläger liegt unstreitig eine Typ-IV-Sensibilisierung auf Kaliumdichromat und p-Phenydiamin vor; berufliche erlittene Einwirkungen durch beide Stoffe sind in der letzten Arbeitsumgebung des Klägers entsprechend der Stellungnahme des Präventionsdienstes auch anzunehmen, insbesondere kommt p-Phenyldiamin in den getragenen Gummihandschuhen vor. Im Zeitpunkt der gesicherten Erstmanifestation der Ekzem-Erkrankung, die im November 2004 liegt, ist eine solche Sensibilisierung jedoch nicht nachgewiesen: Die Testung vom 15.11.2004 ist nicht eindeutig; denn in der ersten Version des Testprotokolls ist nur eine 48-Stunden Ablesung vermerkt, bei der eine Sensibilisierung auf p-Phenyldiamin nicht festgehalten wurde. Dies deckt sich mit dem Eintrag in der Patientenakte des Klinikums W. vom 17.11.2004, in der die 48-Stunden-Ablesung ausdrücklich erwähnt ist und nur eine Reaktion auf Mercaptobenzothiazol, Benzalkoniumchlorid und Cetylpyridinumchlorid genannt wird. Eine 72-Stunden-Ablesung ist weder im Testprotokoll, noch in der Patientenakte vermerkt. Soweit der Kläger behauptet, eine solche habe stattgefunden, ist dies nicht belegt. Am 23.09.2005 ist in der Patientenakte vielmehr ausdrücklich vermerkt: „…bei bisher nicht eindeutig nachgewiesener Typ-IV-Sensibilisierung“. Dr. H. konnte somit auch noch im September 2005 keine entsprechende Sensibilisierung objektivieren. Nicht ersichtlich ist, wie es zu dem weiteren Exemplar des Protokolls der Epicutantestung vom 15.11.2004 gekommen ist, in dem die 72-Stunden-Ablesung mit zwei in Klammern gesetzten Pluszeichen, getrennt durch einen Strich, versehen ist. Diese Schreibweise ist bereits unüblich und daher nicht eindeutig. Auch vor dem Hintergrund der Aufzeichnungen in der Patientenakte folgt daraus kein Nachweis dafür, dass die 72-Stunden-Ablesung im November 2004 in Bezug auf p-Phenyldiamin positiv war. Vor diesem Hintergrund lässt sich allein aus dem Entlassungsbrief von Dr. H. vom 30.11.2004, in dem ein kontaktallergisches Ekzem beschrieben ist, nicht der Nachweis einer Sensibilisierung auf p-Phenyldiamin ableiten. Eine Sensibilisierung auf p-Phenyldiamin im Zeitpunkt der Beschäftigungsaufgabe ist somit nicht feststellbar. Dies wird untermauert durch die dann zeitlich folgende Testung aus Januar 2006 bei Dr. B., welche eindeutig keine Reaktion auf p-Phenyldiamin gezeigt hat. Somit war eine Testung bezüglich p-Phenyldiamin erstmals im Mai 2006 – und damit über 1,5 Jahre nach Aufgabe der Tätigkeit – nachgewiesen positiv. Dies ergibt sich zwar nicht eindeutig aus dem Protokoll der Epicutantestung vom 08.05.2006, weil wieder Klammern gesetzt wurden; in der Patientenakte des Klinikums W. wurde am 11.05.2006 aber eine positive 72-Stunden-Ablesung beschrieben. Auch in der Epicutantestung vom 05.03.2007 (Gutachten Dr. G.) wurde eine Reaktion p-Phenyldiamin beschrieben. Eine Reaktion auf Kaliumdichromat wurde ohnehin erstmals in der Testung von September 2009 (Gutachterin Prof. Dr. X.) festgestellt.

 

Ist damit aber eine Typ-IV-Sensibilisierung im Zeitpunkt der Erstmanifestation der Erkrankung im November 2004 nicht nachweisbar, sondern ist diese trotz vorangegangener Testungen erstmals ca. 1,5 Jahre nach Arbeitsaufgabe festgestellt worden, spricht dies nicht für eine beruflich entstandene Kontaktsensibilisierung als Ursache der Ekzem-Erkrankung. Ob die Sensibilisierung später schicksalhaft oder iatrogen erworben wurde – von Letzterem gehen Prof. Dr. P. und PD Dr. U. aus – kann letztlich dahinstehen.

 

b) Gewichtig gegen eine berufliche Verursachung spricht der konkrete Krankheitsverlauf der Hauterkrankung. Zwar kann die konkrete Erkrankung in Form von Ekzemen nach dem Ergebnis der vorliegenden Gutachten grundsätzlich eine durch berufliche Einwirkungen verursachte Erkrankung sein. Eine als Argument für einen beruflichen Zusammenhang sprechende wesentliche Besserung der Beschwerden nach Ende der Exposition (am 18.11.2004) lässt sich – entgegen der Auffassung des Klägers – den eingeholten Befunden und Dokumentationen aber nicht entnehmen. Dies haben insbesondere die Sachverständigen Dr. G., Prof. Dr. P. und PD Dr. U. nachvollziehbar beschrieben.

 

Der Patientenakte des Klinikums W., in der alle Kontakte mit dem Kläger dokumentiert sind, ist zu entnehmen, dass es ab Aufgabe der Arbeit am 18.11.2004 auch unter intensiver, engmaschiger Therapie zu einer substantiellen Besserung erst Mitte 2006 – also ca. 1,5 Jahre nach Tätigkeitsende – gekommen ist. Die vom Kläger behauptete deutliche und schnelle Besserung nach Tätigkeitsaufgabe lässt sich aus diesen Befunden nicht folgern. Ein Ekzem ist erstmals am 27.08.2004 dokumentiert (Arbeitsunfähigkeit bis zum 03.09.2004). Nach Wiederaufnahme der Arbeit wurde – ausweislich der Patientenakte von Dr. H. – am 11.11.2004 ein dyshydrotisches Syndrom als gesichert diagnostiziert. Ab 18.11.2004 hat der Kläger nicht mehr gearbeitet und war keinen beruflichen Expositionen mehr ausgesetzt. Danach erfolgte eine sehr engmaschige Behandlung mit der Verwendung von speziellen Cremes und zahlreichen Bestrahlungsintervallen (PUVA), die in der elektronischen Patientenakte dokumentiert ist. Am 19.01.2005 und 25.01.2005 wurde dann erstmals eine Besserung dokumentiert, ohne allerdings das Ausmaß zu benennen. Nach weiteren Bestrahlungen wurden am 04.04.2005 „noch vesikeln Erosionen bes. Fingerrücken, Knoten Unterschenkel“, am 19.04.2005 „Erosionen peringual Streureaktionen auf die Unterarme, krustiger Plaque linker Unterarm“, am 03.05.2005 „erosiv krustöse Herde Streckseite Fingerendglieder, nummuläre Herde Arme beuge- und streckseitig“ und am 17.05.2005 „linker UA nässend krustöser Herd“ beschrieben. Nach erneuten, weiteren intensiven Behandlungen wurden am 26.07.2005 „nummuläre Herde Unterarme“ beschrieben, am 02.08.2005 wurde „nässend“ festgehalten. Am 16.08.2005 wurden die Hände als gebessert beschrieben, am 06.09.2005 Erosionen und Hyperkeratosen der Hände und Unterarme. Am 20.10.2005 (nach der Reha) wurden weiter „nässende Herde Arme und streuende Herde Beine“ beschrieben. Am 31.10.2005 wurde dann eine leichte Besserung festgestellt. Am 14.11.2005 wurden die nässenden Herde der Arme und Hände als gut beschrieben, am 21.11.2005 „Beugeseite Arme und Füße exkoriierte Papeln“ und am 28.11.2005 „ausgedehnte Erosionen mikrobieller Plaques der Arme“. Am 10.01.2006 wurde besonders der Handrücken als keratotisch exkoriiert beschrieben. Am 04.04.2006 waren weiterhin nummuläre Plaques beugeseitig Unterarme feststellbar, am 13.06.2006 dann noch rechtsseitige Plaques besonders am rechten Unterarm. Ab Juli 2006 wurden eine langsame Stabilisierung (03.07.2006), erscheinungsfreie Hände (04.07.2006), freie Hände (04.08.2006) und eine deutliche Befundbesserung insgesamt (16.10.2006) beschrieben. Angesichts dieser detaillierten Eintragungen ist auch die Angabe im Bericht vom 30.11.2005, es habe sich eine deutliche Befundbesserung eingestellt, zu relativieren. Ein schnelles Abklingen der Beschwerden nach Expositionsende lässt sich dem in der Zusammenschau mit der Patientenakte nicht entnehmen.

 

Dieser so dokumentierte Heilungsverlauf deckt sich zum einen mit den Feststellungen in dem von der LVA Rheinprovinz eingeholten Gutachten von Dr. I., die den Kläger am 02.08.2005 untersucht und beschrieben hat, es fänden sich Ekzeme an den Extremitäten in Form von Hautveränderungen unterschiedlicher Größe, gerötet, mit Pusteln von gelblicher Farbe, juckend und schmerzhaft; zum anderen hat Dr. B. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.01.2006, die aufgrund stationärer Untersuchung vom 09.-12.01.2006 erfolgt ist, im Bereich beider Handrücken und nahezu aller akralen/periunualen Fingerstreckseiten mit Übergang auf die Bezirke der Fingerseitenkanten sowie an den Handgelenksbeugeseiten flächig livid gerötete und plaqueartig infiltrierte Hautbezirke mit aufliegender groblamellärer trockener Schuppung und oberflächlicher Rhagadenbildung in symmetrischer Ausprägung mit eingetrockneten dyshydrosiformen Bläschen und Krusten beschrieben; vergleichbare Hautbezirke fanden sich auch an den korrespondierenden Hautarealen beider Fußrücken und Zehen sowie disseminiert auch an den Extremitäten und teilweise am Körperstamm. Auch diese Beschreibung, die von Fotos untermauert wird, zeigt, dass eine schnelle Abheilung nicht erfolgt ist und im Januar 2006 – über ein Jahr nach Arbeitsaufgabe – noch deutliche Probleme bestanden. Der Verweis des Klägers auf das Attest von Dr. L. vom 08.07.2022 führt zu keiner anderen Bewertung. Zwar mag im August/September 2004 zunächst eine Besserung des Leidens nach temporärer Arbeitsaufgabe vorgelegen haben; spätestens ab November 2004 bzw. nach der endgültigen Arbeitsaufgabe hat auch dieser aber keine Beschwerdebesserung ohne berufliche Exposition mehr beschrieben. Dies ergibt sich auch zeitnäher aus seinem im vorangegangenem Berufungsverfahren übersandten Befundbericht vom 16.06.2009, wo er sogar von erheblichen Verschlechterungen seit ca. Mitte 2006 berichtet hat.

 

Eine Persistenz der Hautbeschwerden über einen längeren Zeitraum trotz Arbeitsaufgabe haben auch die Sachverständigen Dr. G., Prof. Dr. P. und PD Dr. U. in Kenntnis der Unterlagen zum Krankheitsverlauf erkannt; auch aus deren – anhand des in der Patientenakte dokumentierten Verlaufs nachvollziehbaren – sachverständiger Einschätzung ist trotz Arbeitsaufgabe zunächst keine wesentliche Besserung eingetreten. Heilt die Erkrankung nach Beendigung der Exposition aber nicht schnell ab, insbesondere an den Händen, sondern persistiert sie über einen langen Zeitraum weiterhin, spricht dies gegen einen beruflichen Zusammenhang.

 

c) Gegen eine beruflich bedingte Verursachung der Hauterkrankung spricht die tatsächliche Erscheinungsform des Erkrankungsbildes. Denn nach den unstreitigen Feststellungen aller Behandler und Gutachter sind erhebliche Hautveränderungen nicht nur an den primär von den Expositionen (Chemikalien, Handschuhe, Feuchtigkeit) betroffenen Händen und Armen, sondern auch in erheblichem Ausmaß an den unteren Extremitäten und am Rumpf aufgetreten. Dies spricht aber gegen eine Verursachung der Erkrankung durch eine Sensibilität gegenüber beruflichen Stoffen, mit denen der Kläger in Berührung gekommen ist. Hierauf hat insbesondere Dr. G. hingewiesen. Das Auftreten von nummulären Ekzemen am ganzen Körper ist bei Exposition nur an den Händen nicht schlüssig mit der beruflichen Einwirkung zu erklären. Eine nachvollziehbare Erklärung für die körperweite Ausbildung des Ekzems trotz Exposition lediglich an Händen und ggf. Armen haben die Sachverständigen, die einen Zusammenhang bejaht haben, insbesondere auch Prof. Dr. Z., nicht dargelegt.

 

d) Die Erkrankung des Klägers ab November 2004 kann darüber hinaus auch auf einer anderen, anlagebedingten Ursache beruhen, konkret auf einem bereits damals vorhandenem anlagebedingten atopischen Reaktionsverhalten. Nicht sicher festzustellen ist insoweit, ob beim Kläger bereits von Beginn an eine atopische Diathese vorlag, oder ob sich diese – wie nach Auffassung von Prof. Dr. Z. – erst später entwickelt hat. Gegen das Vorliegen einer solchen mag zwar der bei Dr. B. erstellte Atopie-Score von neun sprechen; bei einer solchen Bewertung ist eine Atopie aber nicht ausgeschlossen, sondern lediglich unklar; zudem handelt es sich um subjektiv vom Behandler einzuschätzende Kriterien. Soweit Prof. Dr. Z. – als einziger Sachverständiger – darauf verweist, dass das atopische Ekzem eindeutig erst nach dem berufsbedingten Ekzem aufgetreten sei, ist nicht ersichtlich, woraus er diese Eindeutigkeit ableitet und wie er diese Differenzierung anhand der Befunde begründet. Zwar ist richtig, dass erstmals Dr. G. im Gutachten vom 14.05.2007 ausdrücklich eine Atopie beschrieben hat, vorher wurde eine solche jedoch nie ausdrücklich ausgeschlossen. Alle weiteren Gutachter sind im Übrigen übereinstimmend von einem anlagebedingten atopischen Reaktionsverhalten ohne Angabe einer erstmaligen Manifestation beim Kläger ausgegangen. Ist nicht sicher feststellbar, dass sich die Atopie erstmals nach dem Ende der beruflichen Exposition im November 2004 manifestiert hat, folgt daraus kein Argument für den Zusammenhang zwischen Exposition und Erkrankung; denn es gibt im Bereich des Berufskrankheitenrechts keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2022 – L 10 U 3283/18 –, Rn. 25, juris).

 

e) Die Ausführungen des auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständigen Prof. Dr. Z. sind angesichts des zuvor Ausgeführten nicht überzeugend. Dies hat der nachfolgend von Amts wegen tätig gewordene Sachverständige PD Dr. U. bestätigt. Prof. Dr. Z. ist – zur Stützung seiner Argumentation, es habe zunächst ein beruflich bedingtes dyshidrosiformes Ekzem vorgelegen und erst nach dessen Abheilung ein davon unabhängiges nummuläres Ekzem auf Basis einer danach entstandenen atopischen Diathese – wesentlich von einer „weitestgehenden Abheilung des Handekzems mit Beschwerdefreiheit“ ausgegangen. Eine solche weitgehende Abheilung lässt sich anhand der Unterlagen – wie oben ausgeführt – aber gerade nicht feststellen. Zudem lässt sich eine Typ-IV-Sensibilisierung und damit eine Reaktion auf berufliche Stoffe im Zeitpunkt der Erstmanifestation der Erkrankung im November 2004 nicht sicher feststellen. Damit ist der Argumentation von Prof. Dr. Z. aber der Boden entzogen, denn dieser geht von einer berufsspezifischen Sensibilisierung insbesondere auf p-Phenyldiamin als Ursache für ein zunächst (im November 2004) aufgetretenes dyshidrosiformes Hand- und Fußekzem aus. Ist schließlich eine Atopie beim Kläger nicht sicher erstmals nach der Erstmanifestation im November 2004 aufgetreten, sondern besteht die Möglichkeit, dass diese atopische Veranlagung bereits vorher bestand, stützt auch dies nicht die Argumentation von Prof. Dr. Z..

 

Die im vorangegangenen Rechtsstreit eingeholten Gutachten von Prof. Dr. T. gehen von anderen Maßstäben aus als das Gutachten von Prof. Dr. Z. und sind ebenfalls nicht überzeugend, da sie zur Entstehung des Ekzems auf einer wissenschaftlich nicht anerkannten Meinung basieren. Dies hat insbesondere PD Dr. U. aktuell noch einmal bestätigt. Auf die Gutachten von Prof. Dr. T. und die darin vertretene Argumentation hat sich der Kläger auch nicht mehr berufen.

 

f) Insgesamt spricht damit unter Würdigung aller Aspekte des Einzelfalles nicht Überwiegendes für eine berufliche Verursachung der Erkrankung. Die berufliche Entstehung der Erkrankung ist dann zwar möglich, jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich. Das Vorliegen einer BK hat der Kläger hiernach nicht bewiesen.

 

5. Auf den nach dem Tatbestand der BK 5101 in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung erforderlichen Unterlassungszwang kommt es danach nicht mehr an.

 

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

C. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) liegen nicht vor.

 

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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