Die Berufungen des Klägers und der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 27.08.2020 werden zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute zu gewähren hat.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger war bis 1996 im Steinkohlebergbau beschäftigt, zuletzt als Aufsichtshauer (Elektrobetrieb) unter Tage. Aufgrund von bei einem Verkehrsunfall am 12.12.1996 erlittenen Verletzungen konnte der Kläger seine Untertagetätigkeit nicht mehr ausüben. Die Beigeladene leistete dem Kläger als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners Schadensersatz. Ihre Einstandspflicht umfasste auch den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung, den die Beklagte gemäß § 119 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gegenüber der Beigeladenen in der Folge geltend machte und der in Höhe der Rentenversicherungsbeiträge auf Grundlage der zuletzt ausgeübten Tätigkeit vom 24.01.1997 bis 31.12.2004 bedient wurde. Der Regressfall wurde seitens der Beklagten mit Vollendung des 50. Lebensjahres des Klägers abgeschlossen, da dieser ohne den erlittenen Verkehrsunfall Anpassungsgeld bezogen hätte. Vom 01.07.1998 bis 31.12.2019 bezog der Kläger Berufsunfähigkeitsrente. Seit dem 01.01.2020 bezieht er die Regelaltersrente (Rentenbescheid vom 02.03.2020), die ab dem 01.04.2020 laufend in Höhe von 1.898,29 € netto (brutto 2.130,51 €) gewährt wird.
Der Kläger klagt gegen die Beigeladene auf dem Zivilrechtsweg auf den Differenzbetrag zwischen der tatsächlich bezogenen Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Altersrente für langjährig unter Tage Beschäftigte Bergleute. Die entsprechende Klage wies das Landgericht Duisburg (3 O 79/15) mit Urteil vom 16.03.2015 mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, vielmehr sei nur der Rentenversicherungsträger gemäß § 119 SGB X befugt, gegen die Beigeladene aufgrund eines Beitragsausfalls vorzugehen. Dagegen legte der Kläger Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf (I-1 U 54/16) ein.
Anlässlich des zivilrechtlichen Klageverfahrens wandte sich der Kläger an die Beklagte und verlangte eine Aufstockung der bereits bezogenen Berufsunfähigkeitsrente aufgrund der von der Beigeladenen gezahlten Beiträge. Mit Bescheid vom 20.08.2015 lehnte die Beklagte die Änderung des Rentenbescheides vom 13.07.1998 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16.09.2015). Zur Begründung führte die Beklagte aus, die nach § 119 SGB X vereinnahmten Beiträge seien erst für die Zeit ab dem 24.01.1997 und somit nach Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Berufsunfähigkeitsrente gezahlt worden und könnten erst bei einer Folgerente (z.B. Altersrente, Regelaltersrente, Hinterbliebenenrente) und nicht im Rahmen der Berechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit Berücksichtigung finden.
Am 25.09.2015 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Duisburg Klage gegen den Bescheid vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2015 erhoben. Antrag und Begründung seien beabsichtigt.
Mit Schreiben vom 21.12.2015 hat der Kläger bei der Beklagten „jede mögliche Rente, die in Betracht kommt“ beantragt. Wäre der Unfall nicht passiert, hätte er weiter unter Tage gearbeitet und die Möglichkeit gehabt, „mit 60 abschlagsfrei in Rente gehen zu können“. Mit Bescheid vom 03.03.2016 hat die Beklagte den Antrag des Klägers, den sie als Antrag auf Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ausgelegt hatte, abgelehnt, weil die erforderliche Wartezeit von 300 Monaten (25 Jahre) nicht erfüllt sei; das Versicherungskonto enthalte insoweit nur 263 Wartezeitmonate.
Den Widerspruch vom 01.04.2016, mit dem der Kläger geltend gemacht hat, die Mindestversicherungszeit sei nur deswegen nicht erfüllt, weil der Sozialversicherungsträger seine Treuhänderstellung gem. § 119 SGB X nicht wahrgenommen habe und so nicht aus dem Unfallregress für die entsprechende Mindestversicherungszeit Sorge getragen habe, hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2016 zurückgewiesen.
Am 24.08.2016 hat der Kläger die ursprünglich gegen den Bescheid vom 20.08.2015 gerichtete Klage auf den Bescheid vom 03.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 „erweitert“. Die Beklagte müsse ihn so stellen, als sei der Verkehrsunfall nicht geschehen. Sie habe offenbar fehlerhaft bei der Beigeladenen regressiert.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 aufzuheben und dem Kläger die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die getroffene Entscheidung für rechtmäßig gehalten. Die Wartezeit setze Arbeiten nach § 61 SGB VI voraus. Eine erweiterte Auslegung dieser Vorschrift sei nicht möglich, die Anwendung begünstige nur die tatsächliche Arbeitsleistung unter Tage. Darüber hinaus sei der Regelungsinhalt des § 119 SGB X ausschließlich auf den Ersatz des Beitragsausfalls gerichtet, zudem komme es bei der Beurteilung von ständigen Arbeiten unter Tage auf die Höhe der Beitragszahlung nicht an. Auch das Urteil des BSG (B 13 R 13/17 R), in dem es ausschließlich um den Anspruch der Höhe nach gehe, biete keine Anhaltspunkte für eine weitreichendere Anrechnung von Arbeiten nach § 61 SGB VI.
Die Beigeladene (Beschluss vom 08.05.2018; Änderungsbeschluss vom 27.08.2020) hat sich dem Antrag des Klägers angeschlossen. Die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger die begehrte Rente zu zahlen. Die Beklagte habe den Beitragsregress gemäß § 119 SGB X ihr gegenüber durchgeführt und sich an einem mutmaßlichen Bruttolohn orientiert, wie ihn der Kläger als Aufsichtshauer unter Tage beschäftigt ohne den Unfall verdient hätte. Beitragstechnisch habe sie die Beklagte so gestellt, wie diese stünde, wenn sich das streitgegenständliche Unfallereignis nicht ereignet hätte. Das Urteil des BSG vom 13.12.2016 (Az.: B 13 R 13/17 R) sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Wenn kraft Gesetzes die regressierten Beiträge so behandelt würden, als seien sie Pflichtbeiträge, sei das Beitragskonto des Klägers auch so zu behandeln, als habe der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als langjährig unter Tage Beschäftigter Pflichtbeiträge aus seiner fortlaufenden Tätigkeit als Aufsichtshauer geleistet.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Berufungsverfahren den zivilgerichtlichen Rechtsstreit mit Beschluss vom 24.01.2017 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren S 14 KN 457/15 ausgesetzt und die Gegenvorstellung der dortigen Beklagten und hiesigen Beigeladenen mit Beschluss vom 02.03.2017 zurückgewiesen. Es hat insoweit u.a. ausgeführt:
„Die bisherigen Rentenberechnungen seitens der Knappschaft deuten darauf hin, dass der Kläger nur dann einen Anspruch auf eine Altersrente für ständig unter Tage Beschäftige (die bereits ab dem 60. Lebensjahr bzw. 60 Jahren und 6 Monaten gezahlt wird und in der Höhe über einer "normalen" Altersrente liegt) haben könnte, wenn er tatsächlich ständig unter Tage gearbeitet hat. Dass die Beklagte weiterhin die entsprechenden Beiträge für das Einkommen geleistet hat, das der Kläger im Falle einer weiteren Tätigkeit unter Tage gehabt hätte, könnte damit nicht hinreichende Bedingung dafür sein, dass dem Kläger die fehlenden 33 Monate Wartezeit für eine vorzeitige Altersrente für ständig unter Tage Beschäftigte gewährt wird. Dies unterliegt jedoch der Entscheidung des Sozialgerichts. Erreicht der Kläger, dass auch die seitens der Beklagten nach dem Unfall ab 1997 eingezahlten Rentenversicherungsbeträge als Pflichtbeiträge für seine Altersrente für ständig unter Tage Beschäftigte berücksichtigt werden und ergibt sich dann keine Differenz mehr zu der Altersrente, die ihm ohne den Unfall zustünde, verbleibt ihm kein Schaden und die Berufung wäre zurückzuweisen. Sind die von der Beklagten geleisteten Beiträge jedoch nicht der Wartezeit für eine Altersrente für ständig unter Tage Beschäftigte zuzurechnen, verbleibt ein Schaden, den die Beklagte übernehmen müsste.“
Mit Urteil vom 27.08.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 gerichtete Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe die Gewährung der Rente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute zu Recht abgelehnt. Der Kläger erfülle die Wartezeit von 25 Jahren nicht. Nach den Feststellungen der Beklagten, die insoweit unstreitig seien, habe der Kläger tatsächlich nur 263 Monate unter Tage Arbeiten verrichtet. Die Voraussetzungen der abschließend geregelten Ausnahmen in § 61 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI seien nicht gegeben. Das Urteil des BSG vom 13.12.2017 (B 13 R 13/17 R) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn dort gehe es ausschließlich um die Berechnung der Rente. Soweit die Beigeladene auf § 119 Abs. 3 Satz 2 SGB X Bezug nehme, rechtfertige diese Vorschrift ebenfalls keine andere Beurteilung. Alle Beiträge, also auch die aufgrund des Regresses von der Beigeladenen an die Beklagte geflossenen, seien Grundlage der Berechnung der Altersrente, die der Kläger mittlerweile beziehe. Bei der Beurteilung von ständigen Arbeiten unter Tage komme es auf die Höhe der Beitragszahlung nicht an. Dem Kläger entstehe im Ergebnis auch kein Schaden. Im Ergebnis werde die Beigeladene den Schaden zu liquidieren haben; dies könne jedoch nur im zivilgerichtlichen Verfahren festgestellt werden.
Gegen das dem Kläger am 26.11.2020 und der Beigeladenen am 25.11.2020 zugestellte Urteil haben der Kläger am 01.12.2020 und die Beigeladene am 22.12.2020 Berufung eingelegt. Der Kläger ist der Auffassung, das angefochtene Urteil leide im Wesentlichen unter zwei maßgeblichen Fehlern. Zum einen werde die gesetzliche Systematik im deutschen Schadensrecht und das Ineinandergreifen der zivilrechtlichen Vorschriften mit den Vorschriften der §§ 116-119 SGB X verkannt, zum anderen werden die Tatbestandsvoraussetzungen der begehrten Rente fehlerhaft subsumiert. Die Auffassung des SG, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute seien nicht erfüllt, weil er tatsächlich nicht die erforderlichen Monate unter Tage gearbeitet habe, widerspreche geradezu der gesetzlichen Systematik der §§ 116-119 SGB X. Zentrale Vorschrift sei § 119 Abs. 3 Satz 2 SGB X, der besage, dass eine Schlechterstellung des Geschädigten durch Anspruchsübergang nicht entstehen dürfe. Das SG werde der Aufgabe des Schadensersatzes nicht gerecht, wenn es ausführe, dass schon nach dem Wortlaut des § 61 Abs. 1 SGB VI folge, er hätte eine gewisse Anzahl von Monaten tatsächlich unter Tage arbeiten müssen, um die Voraussetzungen einer Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute zu erlangen. Er erfülle die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Durch die tatsächliche Beitragszahlung der Beigeladenen habe er die Wartezeit von 25 Jahren erfüllt. Dabei komme es gerade nicht darauf an, ob er tatsächlich im Sinne von § 61 SGB VI ständig Arbeiten unter Tage ausgeführt habe. Dies sei ihm unfallbedingt nicht möglich gewesen. Anknüpfungspunkt sei nämlich, wie er gestanden hätte, wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass er nach dem normalen Verlauf seiner Erwerbsbiografie die Wartezeit von 25 Jahren durch eine Arbeit unter Tage im Sinne des § 61 SGB VI erfüllt hätte. Unabhängig davon sei auch die Verfahrensdauer beim SG deutlich zu lang gewesen.
Der Kläger, dessen Antrag sich die Beigeladene anschließt, beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 27.08.2020 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 zu verurteilen, ihm Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ab Mai 2014 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers und auch die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass mit Bescheid vom 03.03.2016 das Stammrecht des Klägers auf Gewährung der Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute und nicht deren Höhe abgelehnt worden sei. Die Voraussetzungen für diese Altersrente seien nicht gegeben. Der Kläger habe anstelle der notwendigen 300 Kalendermonate (gleich 25 Jahre) mit ständigen Arbeiten unter Tage lediglich 263 Kalendermonate mit entsprechenden Zeiten belegt. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 238 Abs. 4 SGB VI scheitere bereits daran, dass der Kläger keine Hauerarbeiten im Sinne der Anlage 9 zum SGB VI verrichtet habe.
Die Beigeladene ist der Auffassung, der dem Rechtstreit zugrunde liegende Sachverhalt lasse sich zwanglos unter § 61 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI subsumieren, jedenfalls sei er in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift so zu behandeln. Der Kläger sei durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit gehindert gewesen, seine Tätigkeit als Aufsichtshauer unter Tage, die er ohne die unfallbedingten Beeinträchtigungen weiter ausgeübt hätte, nachzugehen. Sie habe an die Beklagte Beiträge aufgrund ständiger Arbeiten des Klägers unter Tage geleistet, denn die Beklagte habe bei dem ihr gegenüber durchgeführten Beitragsregress das fiktive Einkommen eines Aufsichtshauers zugrunde gelegt. Aufgrund des nach § 119 SGB X durchgeführten Beitragsregresses habe sie den Kläger so gestellt, wie er stünde, wenn er entsprechend seinem Sachvortrag tatsächlich weiter unter Tage gearbeitet hätte, und zwar in einem solchen Umfang, dass er einen Anspruch auf eine Rente als langjährig unter Tage Beschäftigter erworben hätte. Ob dem Kläger aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ein zivilrechtlicher Schaden entstanden sei, spiele für das Eingreifen der Vorschrift nach ihrem Wortlaut keine Rolle. Entgegen der Rechtsauffassung des SG seien die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 13.12.2017 (B 13 R 13/17 R) durchaus auf den vorliegenden Fall übertragbar. Durch die falsche Anwendung des Rechts werde auch sie in ihren Rechten beeinträchtigt, denn sie habe an die Beklagte unstreitig Beiträge aufgrund der fiktiven Tätigkeit eines Aufsichtshauers eingezahlt. Wenn dem Kläger gleichwohl eine erhöhte Altersrente für langjährig unter Tage Beschäftigte vorenthalten bleibe, so werde sie darüber hinaus mit einem Anspruch des Klägers auf Ersatz eines Rentenkürzungsschadens konfrontiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Akten des Oberlandesgerichts Düsseldorf (I-1 U 54/16) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen des Klägers und der Beigeladenen sind unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat die ursprünglich gegen den Bescheid vom 20.08.2015 gerichtete Klage in zulässiger Weise innerhalb der Klagefrist auf den Bescheid vom 03.03.2016 erweitert (§§ 56, 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Antrag hat der Kläger die Klage auf die Anfechtung des Bescheides vom 03.03.2016 und die Zahlung von Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute beschränkt. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist daher (nur noch) der Bescheid der Beklagten vom 03.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute abgelehnt hat.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Er hat keinen Anspruch auf eine Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute.
Gemäß § 40 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute, wenn sie 1. das 62. Lebensjahr vollendet und 2. die Wartezeit von 25 Jahren erfüllt haben. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht, weil er die erforderliche Wartezeit nicht zurückgelegt hat.
Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ist die Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren, §§ 40 Nr. 2, 50 Abs. 3 SGB VI. Hierauf werden Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage (§ 51 Abs. 2 SGB VI) und Ersatzzeiten, soweit sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind (§§ 51 Abs. 4, 238 Abs. 4, 254 Abs. 1, 2 SGB VI) und zusammen mit Beitragszeiten der knappschaftlichen Rentenversicherung 25 Jahre ergeben, angerechnet. Solche Zeiten hat der Kläger nicht im Umfang von 25 Jahren (300 Monaten), sondern nur im Umfang von 263 Monaten zurückgelegt.
Gemäß § 61 Abs. 1 SGB VI sind ständige Arbeiten unter Tage solche Arbeiten nach dem 31.12.1967, die nach ihrer Natur ausschließlich unter Tage ausgeübt werden. Der Kläger hat nach seinem Verkehrsunfall im Dezember 1999 weder ständige Arbeiten unter Tage (Abs. 1) noch diesen Arbeiten gleichgestellte Arbeiten (Abs. 2) ausgeübt, sodass keine weiteren Monate die Anzahl der bis dahin erreichten 263 Monate ständiger Arbeiten unter Tage erhöhen können.
Für die Erfüllung der Wartezeit kommt die Berücksichtigung weiterer Beitragsmonate, in denen zwar tatsächlich keine Arbeiten unter Tage ausgeführt, jedoch Beiträge durch die Beigeladene gezahlt worden sind, die sich an der bis zum Unfall ausgeübten Tätigkeit unter Tage bemessen haben, nicht in Betracht. Bereits nach seinem Wortlaut fordert § 61 Abs. 1 SGB VI die Ausübung der Tätigkeit unter Tage, also die tatsächliche Verrichtung. Hintergrund ist der Zweck der Vorschrift. Es soll die besonders schwere, kräftezehrende und gesundheitsgefährdende Arbeit unter Tage honoriert werden. Alle entsprechenden knappschaftlichen Sonderleistungen (Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute, Rente für Bergleute, Knappschaftsausgleichsleistung und der Leistungszuschlag) werden deshalb davon abhängig gemacht, dass der Versicherte ständige Arbeiten unter Tage verrichtet hat (Scheer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 61 SGB VI, Stand: 01.04.2021, Rdn. 10). Die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute soll der Schwere der Untertagearbeit Rechnung tragen, die regelmäßig zu einer vorzeitigen Erwerbsminderung führt (Dankelmann in Kreikebohm/Roßbach, Kommentar zum SGB VI, 6. Aufl. 2021, § 40 Rdn. 2). Diesem Zweck wird die Berücksichtigung bloßer Beitragszahlungen ohne Verrichtung der entsprechenden Tätigkeit nicht gerecht.
Die Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 SGB VI sind ebenfalls nicht gegeben. Der Kläger hat keine Arbeiten verrichtet, die den ständigen Arbeiten unter Tage gleichzustellen sind. Er hat weder gemischte Arbeiten (Nr. 1) noch Arbeiten als Mitglied der für den Einsatz unter Tage bestimmten Grubenwehr (Nr. 2) noch Arbeiten als Mitglied des Betriebsrates nach Maßgabe der Nr. 3 ausgeübt.
Auch die Voraussetzungen des § 61 Abs. 3 SGB VI liegen nicht vor. Danach gelten als überwiegend unter Tage verfahren auch Schichten, die in einem Kalendermonat wegen 1. krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, 2. bezahlten Urlaubs oder 3. Inanspruchnahme einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Vorsorgekur ausfallen, wenn in diesem Kalendermonat aufgrund von ständigen Arbeiten unter Tage oder gleichgestellten Arbeiten Beiträge gezahlt worden sind und die Versicherten in den drei voraufgegangenen Kalendermonaten mindestens einen Kalendermonat ständige Arbeiten unter Tage oder gleichgestellte Arbeiten ausgeübt haben. Mit § 61 Abs. 3 SGB VI soll sichergestellt werden, dass der bisherige rentenversicherungsrechtliche Status des Versicherten für Unterbrechungen, die üblicherweise ein Arbeitsleben prägen, wie Arbeitsunfähigkeit, Urlaub und Krankheit, aufrechterhalten bleibt (Scheer a.a.O., § 61 Rdn. 41). Von einer vorübergehenden Unterbrechung der Tätigkeit unter Tage kann bei dem Kläger nicht gesprochen werden. Vielmehr liegt eine Beendigung der Untertagetätigkeit vor. Eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers ist ebenfalls nicht gegeben. Der Kläger ist berufsunfähig und bezog vom 01.07.1998 bis 31.12.2019 eine Berufsunfähigkeitsrente. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschrift auf die endgültige Beendigung der Tätigkeit unter Tage wegen Berufsunfähigkeit ist im Hinblick auf den oben dargestellten Zweck der Vorschrift nicht angezeigt. Daher scheidet auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 61 SGB VI aus. Eine planwidrige Lücke, wie sie im von dem Kläger angeführten Urteil des BSG vom 13.12.2017 (B 13 R 13/17 R) vorgelegen hat, ist nicht gegeben. In Konsequenz aus dem BSG-Urteil sind Regelaltersrenten künftig ohne geminderten Zugangsfaktor zu berechnen, wenn eine vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente dem Rentenversicherungsträger erstattet worden ist. Eine Regelung, dass bei einer unfallbedingten Aufgabe einer Untertagetätigkeit oder bei einem unfallbedingten Arbeitsplatzwechsel nach Durchführung eines Beitragsregresses die dann folgenden (fiktiven) Beschäftigungszeiten bei der Gewährung einer Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute wie Untertagetätigkeiten zu berücksichtigen sind, ist im Hinblick auf die besondere Zielrichtung der Vorschrift (Honorierung der besonders schweren, kräftezehrenden und gesundheitsgefährdenden Arbeit unter Tage) für den Gesetzgeber nicht geboten. Nur Arbeiten, die durch üblicherweise vorkommende Unterbrechungen nicht ausgeübt werden können, sind tatsächlich unter Tage ausgeübten Tätigkeiten gleichzusetzen (siehe BSG Urteil vom 06.07.1967 - 5 RKn 78/65 zur Vorgängervorschrift des § 59 Reichsknappschaftsgesetz -RKG-). Es muss sich um eine Unterbrechung, nicht jedoch um eine Beendigung der begünstigten Arbeiten handeln (BSG Urteil vom 22.03.1988 – 8/5a RKn 9/87).
Soweit die Beigeladene auf § 119 Abs. 3 Satz 2 SGB X Bezug nimmt, wonach der Versicherte durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen nicht schlechter gestellt werden darf, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte, verkennt sie die Bedeutung des darin zum Ausdruck kommenden Günstigkeitsprinzips. Dieses will lediglich gewährleisten, dass die Zahlung der nach § 119 SGB X gezahlten Beiträge nicht zu einer niedrigeren Rente führt, als wenn die Beiträge nicht gezahlt worden wären (s. Bieresborn in Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 119 Rdn. 25), was ersichtlich bei dem Kläger nicht der Fall ist.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass bei dieser Auslegung die Grundsätze des Schadensersatzrechts missachtet würden, kann der Senat dem nicht folgen. Vielmehr würde die Auslegung des Klägers und der Beigeladenen zu einer unsachgemäßen Verlagerung des Schadensausgleichs auf die Versichertengemeinschaft führen.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass Aspekte des Schadensersatzrechts für die Beurteilung des Falles allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen können. Denn lediglich die Entscheidung des Gesetzgebers, in § 119 SGB X den Anspruchsübergang auf den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu regeln, führt überhaupt dazu, dass der Schadensersatzpflichtige zum Beteiligten in diesem Verfahren wird. Der Zugang zu einer bestimmten Rentenart bzw. die Art und Höhe einer Rentenleistung kann jedoch nicht davon abhängen, ob die Beitragszahlung unmittelbar durch den Kläger oder im Wege des Anspruchsübergangs durch einen Dritten erfolgt. Die Auslegung rentenrechtlicher Vorschriften muss unbeeinflusst bleiben von schadenersatzrechtlichen Erwägungen. Vielmehr hat sich die Höhe des vom Schädiger zu erbringenden Schadensersatzes danach zu bemessen, was dem Kläger unter Anwendung rentenrechtlicher Vorschriften schädigungsbedingt vorenthalten bleibt. Insofern gilt: Die Höhe des Schadensersatzes folgt aus dem Rentenrecht, nicht etwa die Höhe der Rente folgt aus dem Schadensersatzrecht. Der Kläger hat durch das Schadensereignis einen Schaden in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung erlitten, der sich in zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten auswirkt. Zum einen war der Kläger gehindert, weiterhin Pflichtbeiträge für seine bis dahin ausgeübte versicherte Beschäftigung zu entrichten. Zum anderen war er gehindert, weiterhin die bis dahin ausgeübte Tätigkeit unter Tage zu verrichten. Unbestritten ist, dass der Schädiger (bzw. dessen Haftpflichtversicherer – die Beigeladene) zum Ausgleich dieses Schadens unter beiden Aspekten verpflichtet ist. Ein Ausgleich dieses Schadens ist bislang lediglich bezüglich der Beitragsentrichtung erfolgt. Würde allein die Beitragsentrichtung entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer abschlagsfreien Altersrente für langjährig unter Tage Beschäftigte führen, würde die Beklagte (und damit die Versichertengemeinschaft) und nicht der Schädiger zum Ausgleich des bei dem Kläger entstandenen Schadens herangezogen, weil die Leistung des Versicherten, die durch die vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente honoriert werden soll, tatsächlich nicht erbracht worden ist.
Der Kläger kann einen Ausgleich für die unfallbedingte Rentenminderung daher nur im Rahmen von zivilrechtlichen Ansprüchen gegen die Beigeladene geltend machen. Die Forderung, dass der Kläger so zu stellen ist, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde, ist nicht an den Rentenversicherungsträger zu stellen, sondern an den Schädiger. Ob hierfür die zivilrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, ist Gegenstand des beim Oberlandesgericht Düsseldorf (I-1 U 54/16) geführten Streitverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Maßgeblich für die Entscheidung sind vielmehr die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.