Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20.12.2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
I. Gemäß § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
1. Die Berufung ist nicht kraft Gesetzes zugelassen, weil der hier von der Klägerin geltend gemachte Zahlbetrag allenfalls einen Wert von 295,61 Euro erreicht.
2. Gründe für eine Zulassung der Berufung im Sinne von § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Danach ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GemS) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf der Abweichung beruht, oder (3) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
a) Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Klärungsbedürftigkeit), und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Ein Individualinteresse genügt nicht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 28 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. z.B. BSG, Beschluss v. 15.05.1997 - 9 BVg 6/97 zum im Wesentlichen gleichlautenden § 160 SGG; zum Ganzen vgl. LSG NRW, Beschluss v. 07.10.2011 - L 19 AS 937/11 NZB, juris Rn. 17).
aa) Die Klägerin macht mit ihrer Beschwerde im Wesentlichen geltend: Es gehe um eine Pflegesituation, die nach Abschluss der Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 25.08.2019 bis 02.09.2019 nach deren Schlaganfall (25.08.2019) und vor Beginn der Rehabilitation (10.09.2019) eingetreten sei. Angesichts des Schlaganfallsereignisses habe sich nämlich zwischenzeitlich (und übergangsweise) die Pflegebedürftigkeit der Versicherten über den zuvor am 08.05.2019 festgestellten und danach am 19.12.2019 bestätigten Pflegegrad 2 hinaus erhöht. Die Frage, ob auch zwischenzeitliche Änderungen der Pflegesituation einen Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld begründen können, sei bislang nicht höchstrichterlich geklärt.
bb) Wie sich obergerichtlicher- und höchstrichterlicher Rechtsprechung entnehmen lässt, ist bereits geklärt, dass nicht nur die erstmalige, unvermittelt eingetretene Pflegebedürftigkeit, sondern auch die relevante bzw. wesentliche Änderung einer Pflegesituation eine Arbeitsverhinderung und in deren Folge einen Anspruch auf Zahlung von Pflegeunterstützungsgeld entstehen lässt (vgl. BAG, Urteil v. 15.11.2011 – 9 AZR 348/10, juris Rn. 44; Hessisches LSG, Urteil v. 13.06.2019 – L 8 P 52/18, juris Rn. 27). Denn unter „einer akut aufgetretenen Pflegesituation“ gemäß § 2 Abs. 1 PflegeZG lässt sich nicht nur das erstmalige Auftreten von Pflegbedürftigkeit, sondern auch die wesentliche, plötzlich und unvermittelt eintretende Änderung einer bereits bestehenden Pflegesituation subsummieren. Der Gesetzeswortlaut selber schließt damit weitere Akutereignisse mit der Folge erneuter Zahlungsansprüche nicht aus (vgl. hierzu auch Gallner, in: Erfurter Kommentar, 23. Aufl. 2022, § 2 PflegeZG, Rn. 2; Müller, in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Aufl. 2016, § 2 PflegeZG, Rn. 11 ff., P. S. Müller, in: Feichtinger/Malkmus, Entgeltfortzahlungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 2 PflegeZG, Rn. 16, Schlegel, jurisPR-SozR 10/2008, Anm. 4, jeweils m.w.N.). Die Frage, ob eine derartige wesentliche Änderung tatsächlich unvermittelt eingetreten ist, stellt demgegenüber keine Rechtsfrage dar und kann naturgemäß keine grundsätzliche Bedeutung begründen.
cc) Auch wenn demnach die wesentliche Änderung einer bereits bestehenden Pflegesituation einen Anspruch auf Zahlung von Pflegeunterstützungsgeld auslösen kann, ergibt sich unmittelbar aus §§ 7 Abs. 4, 2 Abs. 1 PflegeZG, dass für einen Anspruch auf Pflegezeit (§ 2 Abs. 1 PflegeZG) und auf Pflegeunterstützungsgeld (§ 44a Abs. 3 SGB XI) stets auf Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI abzustellen ist. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass auch Änderungen der Pflegebedürftigkeit zu einem Dauerzustand führen müssen. Ein solcher Dauerzustand ist nach dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB XI nur gegeben, wenn dieser „voraussichtlich für mindestens sechs Monate“ besteht. Diese Voraussetzungen waren hier jedoch nicht erfüllt, da die Versicherte im streitigen Zeitraum „nur“ unter einer akuten Erkrankung gelitten hat und sich – wie sich auch der nachfolgenden Begutachtung durch den MDK entnehmen lässt – eine wesentliche Änderung der Pflegesituation gerade nicht eingestellt hat. Angesichts dessen wäre die Berufung selbst bei Zulassung offensichtlich unbegründet.
dd) Die von der Klägerin erstinstanzlich aufgeworfene Frage, ob ein Anspruch auf Zahlung von Pflegeunterstützungsgeld nur einmalig oder auch wiederholt möglich ist, ist hier nicht entscheidungserheblich.
b) Eine Divergenz (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) liegt ebenfalls nicht vor.
c) Einen Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG) hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Ein solcher ist auch nicht erkennbar.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
III. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden
(§ 177 SGG). Mit der Ablehnung der Zulassung wird das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).