L 15 U 607/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 538/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 607/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 52/23 B
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.11.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Der 0000 geborene Kläger wurde mit Gründung der S. GmbH mit Sitz in J. zur deren Geschäftsführer bestellt. Am 01.12.2014 schloss er mit der Gesellschaft einen Geschäftsführer-Dienstvertrag. Unter der Überschrift „Dienstort“ (§ 5) heißt es:

„Dienstsitz und Erfüllungsort ist D.. Im erforderlichen Umfang, insbesondere zur Abstimmung von Geschäftsführer-Aufgaben, wird der Geschäftsführer seine Anwesenheit am Sitz der Gesellschaft sicherstellen.“ Der Kläger ist am Stammkapital der Gesellschaft mit 16,3 % beteiligt und verfügt nicht über eine Sperrminorität.

Am 26.04.2018 nahm der seinerzeit mit seiner Lebenspartnerin und seinen drei Kindern in D. wohnhafte Kläger in J. im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit an verschiedenen Meetings teil. Die dabei im Laufe des Tages getätigten Besprechungen wurden am Abend bei einem Essen in dem in der Q.-straße in J.-Mitte gelegenen Lokal „N.“ fortgesetzt. An dem Abendessen nahmen neben dem Kläger und dem Geschäftsführer O. 16 Mitarbeiter teil. Die am 27.04.2018 kurz nach Mitternacht bezahlte Rechnung wies u. a. 15 Flaschen Wein und 53 Gläser (2 cl) Sambuca aus. Der Befund des Labors J. über die Untersuchung der am 27.04.2018 um 01:30 Uhr beim Kläger entnommenen Blutprobe weist für Ethanol einen Wert von 2.19 g/l aus. Der Alkohol-Promillewert berechnet sich nach den Angaben des Labors, indem der Wert von 2.19 g/l durch 1,23 dividiert wird.

Nach Abschluss des Essens begab der Kläger sich zum U-Bahnhof G. Platz. Von dort hätte er mit einem Zug der Linie U8 bis zur Haltestelle V.-straße fahren können. In der Nähe dieser Haltestelle liegt das A.-Hotel, in dem der Kläger während seines J.-Aufenthaltes wohnte. Gegen 01:00 Uhr wurde der unmittelbar an der Bahnsteigkante stehende und sich mit nach vorne gebeugtem Oberkörper in das Gleisbett übergebende Kläger von einem in Richtung V.-straße in den Bahnhof einfahrenden Zug der Linie U8 erfasst. Hierbei erlitt er schwerste Kopfverletzungen, u. a. ein Schädel-Hirn-Trauma dritten Grades.

Kurze Zeit nach dem Unfall trafen Einsatzkräfte der Polizei am Bahnhof ein.

Im Tätigkeitsbericht des POK I. vom 27.04.2018 ist vermerkt, eine Befragung des Zugführers W. habe ergeben, dass dieser bei der Einfahrt in den Bahnhof G. Platz den Kläger an der Bahnsteigkante stehend bemerkt habe. Weiterhin habe er sehen können, dass der Kläger seinen Oberkörper nach vorne gebeugt und seinen Kopf über die Bahnsteigkante hinaus in Richtung der Gleise gehalten gehabt und sich offensichtlich übergeben habe. Als er dies gesehen habe, habe er unverzüglich eine Gefahrenbremsung eingeleitet, einen Zusammenprall mit dem Kläger aber nicht mehr verhindern können. Weiterhin ist in dem Bericht vermerkt, dass der Ersthelfer E. die Vorgänge am Zug bestätigt habe und durch eine Rücksprache mit der BVG Sicherheit die Angaben der Zeugen des Vorfalls bestätigt worden seien. Der Kläger habe an der Bahnsteigkante gestanden und sich übergeben, als er vom Zug erfasst worden sei. Der Vorfall sei auf den Überwachungskameras des Bahnhofs zu sehen. In dem Bericht des PHK Z. über die Auswertung der Aufzeichnung der Überwachungskamera heißt es, gegen 01:00 Uhr sitze der Kläger auf einer Bank, vorne übergebeugt, als ob er schlafe. Neben ihm sitze eine augenscheinlich weibliche Person. Plötzlich springe der Kläger auf und laufe zur Bahnsteigkante. Er sei augenscheinlich stark alkoholisiert. In diesem Moment seien bereits die Lichter des einfahrenden Zuges im Tunnel auszumachen. Der Kläger beuge sich stehend vorn über ins Gleisbett und werde sofort durch die einfahrende U-Bahn am Kopf getroffen. Davon werde er zurückgeschleudert und schlage der Länge nach auf den Bahnsteig auf. Zu keinem Zeitpunkt befänden sich Personen in der Nähe des Klägers, als dieser sich zur Bahnsteigkante begebe. Ein Fremdverschulden sei definitiv ausgeschlossen.

Mit Bescheid vom 24.09.2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 27.04.2018 abgelehnt werde. Zur Begründung führte sie aus, von der P. Krankenkasse sei sie mit dem am 26.06.2018 bei ihr eingegangenen Schreiben vom 22.06.2018 über ein Unfallereignis vom 27.04.2018 informiert worden. Sie habe daraufhin umfangreiche Ermittlungen eingeleitet. Demnach habe sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf dem Rückweg von einem Geschäftsessen zu seinem Hotel in J. befunden. Auf dem Bahnsteig sei er von einer einfahrenden U-Bahn erfasst worden. Ausweislich der ihr vorliegenden Unterlagen habe sich der Unfall gegen 01:00 Uhr ereignet. Nach Mitteilung des Arbeitgebers habe das Geschäftsessen am 26.04.2018 einen Zeitraum von 19:00 Uhr bis ca. 24:00 Uhr umfasst. Bei dem Rückweg von einem geschäftlichen Essen sei zwar grundsätzlich von einer versicherten Tätigkeit im Rechtssinne auszugehen. Allerdings fehle es hier an dem sachlichen Zusammenhang zwischen der Verrichtung zum Zeitpunkt des Ereignisses und dieser versicherten Tätigkeit. Auf der Grundlage des vorliegenden Polizeiberichtes, basierend auf der Auswertung des Überwachungsvideos der BVG sowie den Aussagen des Zugführers sei davon auszugehen, dass der Kläger sich – augenscheinlich stark alkoholisiert – über die Bahnsteigkante nach vorne gebeugt habe, um sich zu übergeben. Dabei sei er von der einfahrenden U-Bahn trotz einer umgehend vom Zugführer eingeleiteten Gefahrenbremsung erfasst worden. Die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses habe nicht dem Zurücklegen des Weges gedient und sei somit nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Darüber hinaus fehle es aufgrund der bestehenden starken Alkoholisierung, die ausweislich des Laborbefundes bei Aufnahme in das L. Klinikum B. in J. um 01:30 Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,78 ‰ festgestellt worden sei, an dem erforderlichen Unfallzusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Unfallereignis. Trunkenheit schließe einen Arbeitsunfall aus, wenn sie rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls gewesen sei. Alkoholgenuss führe bei Unfällen außerhalb des Straßenverkehrs nur dann zum Ausschluss, wenn neben der BAK (kein allgemeiner Grenzwert) weitere beweiskräftige Umstände für ein alkoholtypisches Fehlverhalten vorhanden seien. Maßgeblich für diese Beurteilung seien die Unfallsituation und das Verhalten des Versicherten unmittelbar vor und während des Unfallereignisses. Ein etwaiges Fehlverhalten sei grundsätzlich als beweiskräftig für einen alkoholbedingten Leistungsabfall als die allein wesentliche Bedingung des Unfalls zu erachten, wenn es typisch für einen unter Alkoholeinfluss stehenden Versicherten sei und keine anderen Ursachen ersichtlich seien. Es sei eine BAK von 1,78 ‰ festgestellt worden und aus den Aufzeichnungen der Überwachungskamera der BVG und der Aussagen des Zugführers ergebe sich, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt offensichtlich stark alkoholisiert gewesen sei. Es seien demnach erhebliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen (schwankender Gang, Übergeben in das Gleisbett) festgestellt worden. Der erforderliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Schadensereignis sei daher nicht gegeben, Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung könnten nicht erbracht werden, da ein Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vorliege.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass sich das Unfallereignis auf einem unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg ereignet habe. Der Versicherungsschutz sei nicht deshalb entfallen, weil er auf dem Weg nach Hause unter Alkoholeinfluss gestanden habe. Die versicherte Verrichtung sei sowohl objektiv als auch rechtlich wesentliche Wirkursache. Beweiskräftige Umstände für ein alkoholtypisches Fehlverhalten lägen nicht vor. Bei ihm hätten zum Zeitpunkt des Heimwegs keine alkoholtypischen Ausfallerscheinungen vorgelegen. Er sei zum Zeitpunkt des Unfallereignisses mehrere Tage arbeitsbedingt erheblich belastet gewesen und habe regelmäßig von 08:00 Uhr morgens bis ca. 24:00 Uhr nachts gearbeitet. Es sei daher davon auszugehen, dass betriebsbedingte Umstände wesentlich das Unfallereignis verursacht hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2018 wies die Beklagte den Rechtsbehelf des Klägers als unbegründet zurück. Sie blieb dabei, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls nicht dem Zurücklegen des Weges gedient habe und somit nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Das Verhalten sei nicht mit einer Überarbeitung oder sonstigen betriebsbedingten Umständen zu erklären, sondern allein durch den erheblichen Alkoholkonsum und die damit einhergehenden dokumentierten Ausfallerscheinungen. Die Angabe des Klägers, dass zum Zeitpunkt des Heimwegs zum Hotel neben der festgestellten BAK keine alkoholtypischen Ausfallerscheinungen vorgelegen hätten, sei durch die polizeilich ausgewerteten Videoaufnahmen widerlegt.

Der Kläger hat am 26.12.2018 Klage beim Sozialgericht Köln erhoben. Er hat vorgetragen, der Unfall habe sich im Anschluss an ein betriebliches Arbeitsessen in J. auf dem direkten Rückweg in das Hotel ereignet. Eine plötzlich bei ihm durch das Arbeitsessen bewirkte Übelkeit habe ihn veranlasst, sich der Bahnsteigkante zu nähern, wobei ihn die einfahrende Bahn erfasst und verletzt habe. Am 26.04.2018 habe sein Arbeitstag bereits um 08:00 Uhr begonnen. Besonders belastend sei gewesen, dass um 14:00 Uhr ein All-Company-Meeting, um 16:00 Uhr ein Investor-Board Meeting und um 17:00 Uhr des gleichen Tages noch ein Team Event stattgefunden hätten. Besondere Probleme, die auch an diesem Tag eine Rolle gespielt hätten, seien die Einbindung eines neuen CEO und der zukünftige Aufgabenbereich des Klägers im Unternehmen gewesen. Zu dem Arbeitsessen seien alle Mitarbeiter eingeladen worden und fast alle seien auch anwesend gewesen. Genauso wenig wie man dem Arbeitsessen habe fernbleiben können, habe man sich auch dem Genuss von alkoholischen Getränken an diesem Abend entziehen können, weil dies für alle einfach „dazu gehört“ habe. Er habe die Gaststätte kurz nach Mitternacht verlassen, um von der nächst gelegenen U-Bahn-Station G. Platz zu seinem J. Hotel zu fahren. Beim sitzenden Warten sei er eingenickt. Auf der Bank sei ihm übel geworden, er habe sich zunächst umgeschaut und sei dann nach vorn an die Bahnsteigkante getreten, weil er sich habe übergeben müssen. Dort sei er von einem aus dem nahen Tunnel einfahrenden Zug blitzschnell erfasst und sehr schwer am Kopf verletzt worden. Der Lokführer habe kein Warnsignal abgegeben, obwohl er den Kläger wahrgenommen habe. Eine Aufsichtsperson habe sich nicht am Bahnsteig befunden. Der Unfall sei nicht maßgeblich durch Alkoholkonsum herbeigeführt worden. Ursache seien die übermäßige Arbeitsbelastung während der vorangegangenen Tage und die hinzutretende plötzliche Übelkeit nach dem Arbeitsessen gewesen. Gerade seine mit Bedacht – er habe sich vorher umgeschaut – getroffene Entscheidung, an der Bahnsteigkante und nicht direkt auf den Bahnsteig zu erbrechen, zeige auch, dass er noch frei im Kopf gewesen sei und eigene Überlegungen habe anstellen können. Sonst würde er nahe der Bank verblieben sein. Er habe aber den Bahnsteig nicht verunreinigen wollen. Er habe den Nachhauseweg nicht verlassen und auch zu keinem Zeitpunkt eine andere Verrichtung getätigt, als zielstrebig sein Hotel zu erreichen. Dass ihm übel geworden sei, sei ein Gesundheitszustand, den er nicht willentlich herbeigeführt habe und der auch nicht typisch bei „normalem“ Alkoholkonsum sei. Bei dem von der Firma veranstalteten Arbeitsessen habe es sich wegen der besonderen Umstände um eine versicherte Tätigkeit gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe bei einem Essen ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn betriebliche Zwecke den Versicherten veranlassten, seine Mahlzeit an einem besonderen Ort oder in besonderer Form einzunehmen. Dies sei hier der Fall gewesen, da die Umstände der Nahrungsaufnahme durch die versicherte Tätigkeit maßgebend geprägt gewesen seien und er sich unmittelbar nach dem Essen auf den Heimweg gemacht habe. Ein Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit (Nahrungsaufnahme am Abend) und dem Bahnunfall sei ebenfalls gegeben. Die Müdigkeit am Ende eines langen und schweren Arbeitstages und die Nahrungsaufnahme bewirkten letztendlich sein leicht unvorsichtiges Verhalten am Gleis der U-Bahn. Auch dürften beide arbeitsbezogenen Ursachen Müdigkeit und Arbeitsessen in gleichem Maße wesentlich für seinen Unfall gewesen sein, ohne dass allein eine Ursache die andere Ursache in den Hintergrund dränge. Als Mitursache müsse schließlich auch Fehlverhalten dritter Personen in Betracht gezogen werden.

Die Beklagte ist auf ihrem Standpunkt verblieben.

Das Sozialgericht hat vom Polizeipräsidenten in J. die polizeiliche Ermittlungsakte über den Unfall beigezogen. Mit dem im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteil vom 10.11.2020 hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Unfall des Klägers am frühen Morgen des 27.04.2018 stelle keinen Arbeitsunfall dar. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass es sich beim Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer um eine grundsätzliche in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Person und bei dem Geschäftsessen um eine betriebliche Veranstaltung gehandelt habe und der Heimweg vom Restaurant in das Hotel grundsätzlich ein versicherter Weg im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gewesen sei. Der Versicherungsschutz sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines so genannten „Vollrausches“ entfallen. Unter Berücksichtigung der Angaben des Mitgeschäftsführers O. sei davon auszugehen, dass der Kläger im Rahmen des Geschäftsessens, also jedenfalls bis zum Verlassen des Restaurants, noch in der Lage gewesen sei, dienstliche Belange zu besprechen und zu regeln. Dies habe der Geschäftsführer O. gegenüber der Beklagten im Rahmen des Telefonats vom 04.09.2018 ausweislich des Telefonvermerks vom selben Tage angegeben. Die Beklagte trage die (objektive) Beweislast dafür, dass ein den Versicherungsschutz unterbrechender Vollrausch vorgelegen habe. Dieser Beweis sei vorliegend unter Berücksichtigung der Angaben des Mitgeschäftsführers nicht zu führen. Die reine Blutalkoholkonzentration von 1,78 ‰ genüge jedenfalls nicht für die Annahme eines Vollrausches. Nach der Rechtsprechung des BSG sei selbst eine BAK-Konzentration von 2,8 ‰ nicht zwingend ausreichend für die Annahme eines Vollrausches. Allerdings stelle die Alkoholisierung des Versicherten mit der kurz nach dem Unfall gemessenen BAK-Konzentration von 1,78 ‰ unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls die rechtlich allein wesentliche Ursache für die Kollision des Klägers mit dem U-Bahn-Triebwagen dar, sodass unter diesem Gesichtspunkt die Annahme eines Arbeitsunfalls ausscheide. Unfälle bei Trunkenheit unterhalb des Grades der Volltrunkenheit seien nur dann nicht versichert, wenn Trunkenheit die rechtlich allein wesentliche Ursache gewesen sei (vgl. BSGE 12, 242, 245). Ob Trunkenheit die allein wesentliche Ursache sei, sei nach den Umständen des Einzelfalls anhand der festgestellten Tatsachen zu beurteilen. Ein wichtiger Anhaltspunkt für diese Annahme sei, dass der Betroffene nach der Erfahrung des täglichen Lebens in nüchternem Zustand bei derselben Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt oder in die nicht gemeisterte Situation gar nicht erst gekommen wäre (BSGE 43, 293, 295). Nach der Erfahrung des täglichen Lebens würde der Kläger im nüchternen Zustand gar nicht erst in die unfallbringende Situation gekommen sein. Zu berücksichtigen sei dabei, dass ein Bahnsteig mit nicht gesondert gesicherter Bahnsteigkante eine schon offensichtlich gefährliche Ausgangssituation sei. Jedermann sei klar, dass man in einer solchen Situation besondere Vorsicht walten lassen müsse. Dazu gehöre es insbesondere, Abstand vom Gleis zu halten, die auch an der Haltestelle G. Platz gut erkennbare Sicherheitslinie nicht zu übertreten und grundsätzlich auch auf einfahrende Züge zu achten. Beim Aufenthalt am Gleis der U-Bahn-Haltestelle G. Platz habe es sich also nicht um eine plötzliche, unerwartete, den Kläger in irgendeiner Weise überrumpelnde Gefahrensituation gehandelt. Die Situation „Warten am Gleis“ sei per se gefährlich und risikobehaftet und erfordere besondere Umsicht und Vorsicht sowie eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Indem der Kläger die Sicherheitslinie übertreten und sich unmittelbar an das Gleis gestellt habe, habe er bereits sämtliche für die konkrete Situation erforderlichen Vorsichts- und Sorgfaltsmaßnahmen außer Acht gelassen. Es sei nicht anzunehmen, dass der Kläger sich als Familienvater in nüchternem Zustand in gleicher Weise in Gefahr begeben hätte. Nach der Erfahrung des täglichen Lebens würde der Kläger im nüchternen Zustand bzw. ohne seinen konkreten Alkoholisierungsgrad bei derselben Sachlage wahrscheinlich auch nicht verunglückt sein. Nach mehrfacher Sichtung des Unfallvideos in voller Kammerbesetzung sei das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Videoaufnahmen alkoholtypische Ausfallerscheinungen zeigten. Der Kläger bewege sich gebeugt und in einem torkelnden Gang in Richtung der Bahnsteigkante. Torkeln sei eine typisch alkoholbedingte Ausfallerscheinung. Dabei überschreite der Kläger auch die gut sichtbare weiße Sicherheitslinie zum Bahngleis und stelle sich sodann unmittelbar an die Bahnsteigkante. Zuvor schaue der Kläger weder nach links noch nach rechts, um zu überprüfen, ob sich ein Zug nähere. Damit unterlasse er gleich zwei Vorsichtsmaßnahmen, nämlich das Abstandhalten zum Gleis und einen Prüfblick. Auch hier handele es sich zur Überzeugung der Kammer um alkoholtypisches Fehlverhalten. Es sei allgemein bekannt, dass Alkoholkonsum zu leichtsinnigem und unvorsichtigem Verhalten führe. Es erscheine der Kammer nahezu undenkbar, dass sich eine erwachsene Person im nüchternen Zustand ohne einen prüfenden Blick nach links und rechts unmittelbar an die Bahnsteigkante einer U-Bahn-Station gestellt und den Kopf in das Gleisbett gehalten hätte. Hinzu komme, dass sich ausweislich der Videoaufnahme unmittelbar links des Klägers an einer Säule, ihm zugewandt, ein offener Mülleimer befunden habe. Diesen habe der alkoholisierte Kläger offenbar überhaupt nicht wahrgenommen, wie sich aus der Videoaufnahme ergebe. Eine Person in nüchternen Zustand hätte indes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Mülleimer wahrgenommen und sich in diesem erbrochen, wenn sie denn den Bahnsteig hätte schonen wollen. Dies gelte umso mehr, als der Mülleimer sich deutlich näher zur Sitzposition des Klägers befunden habe als die Bahnsteigkante. In jedem Fall würde ohne Alkoholeinfluss ein von spontaner Übelkeit Betroffener sich auch eher auf den Bahnsteig er-brochen haben, als seinen Kopf in das Gleisbett zu halten und mehrere Sekunden in dieser Position zu verharren. Ferner ergebe sich aus dem Video und dem darin gut erkennbaren Verhalten des Klägers, dass dieser die einfahrende U-Bahn bis zum Zeitpunkt der Kollision offensichtlich überhaupt nicht bemerkt bzw. in irgendeiner Weise auf diese reagiert habe. Weder auf das Licht noch auf das üblicherweise erhebliche Geräusch des einfahrenden U-Bahn-Zuges sei irgendeine Reaktion des Klägers erfolgt. Reaktionsausfälle bzw. eine Minderung der Reaktionsgeschwindigkeit seien typisch alkoholbedingte Ausfallerscheinungen. Für das Gericht stehe außer Frage, dass ein nicht unter Alkoholeinfluss stehender I. noch reflexartig auf die einfahrende U-Bahn reagiert hätte oder zumindest der Versuch erkennbar gewesen wäre, sich noch aus dem Gleisbettbereich zurückzuziehen. Der Kläger habe indes beim Einfahren der U-Bahn bis zur Kollision sich völlig reaktionslos gezeigt.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.11.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.12.2020 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Feststellung des Sozialgerichts, dass eine Alkoholisierung die allein wesentliche Ursache für die Kollision mit dem U-Bahn-Triebwagen gewesen sei, sei unrichtig. Er – der Kläger – habe an diesem Abend nicht nur Alkohol in Maßen getrunken, sondern auch viel Unterschiedliches gegessen. Außerdem sei er nach einem langen Arbeitstag und anschließendem Essen sehr erschöpft gewesen. Sein Verhalten sei auch nicht dem Alkohol geschuldet gewesen. Er habe durch das zielgerichtete Ansteuern der Bahnsteigkante gezeigt, dass er noch seine Steuerungsfähigkeit innegehabt habe, denn sonst wäre er auf das Gleis gefallen. Dass er sich habe übergeben müssen, sei eher ein Zeichen, dass er von dem Essen etwas nicht vertragen habe. Weil er sehr müde und gerade aus seinem Schlaf erwacht sei, sei er selbstverständlich auch getorkelt, nachdem er abrupt aufgestanden sei. Auch müsse er zur Zeit des Unfalls deutlich weniger Alkohol im Blut gehabt haben als später gemessen.

Der Kläger beantragt,

Beweis zu erheben vor Abschluss des Verfahrens, dass der Alkohol nicht die allein wesentliche Ursache des Unfalls war, durch die Einholung eines Gutachtens eines medizinisch-psychologischen Sachverständigen, damit das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Verhalten des Klägers sei nach allgemeiner Lebenserfahrung absolut alkoholtypisch und beruhe nicht auf Müdigkeit nach einem langen Arbeitstag mit abschließendem (geschäftlichen) Essen und Trinken. Es könne bei einer gesichert festgestellten BAK von 1,78 ‰ auch nicht die Rede davon sein, der Kläger habe an dem Abend Alkohol nur in Maßen getrunken. Im Gegensatz zu einer klar bestimmbaren Alkoholkonzentration und einer in dem Zusammenhang bekanntermaßen durchaus auftretenden Übelkeit sei es absolut spekulativ, diese auf das gemeinsame abendliche Essen zurückführen zu wollen. Dass andere Teilnehmer an dem Essen ebenfalls Speisen nicht vertragen hätten, sei im Übrigen zu keiner Zeit eingewandt worden. Nicht nachvollziehbar sei auch die Angabe des Klägers, weil er sehr müde und gerade aus seinem Schlaf erwacht sei, sei er „selbstverständlich“ getorkelt, nachdem er abrupt aufgestanden sei. Selbst wenn das im ersten Augenblick noch erklärbar erscheinen möge, sei im Fall des Klägers der weitere Ablauf bis hin zum Übergeben in das Gleisbett, ohne dabei auch nur ansatzweise auf die Umgebung zu achten, in keiner Weise ohne den gesicherten Alkoholeinfluss denkbar. Auch der Einwand des Klägers, er müsse zur Zeit des Unfalls deutlich weniger Alkohol im Blut gehabt haben als später gemessen, entbehre jeglicher Grundlage. Die Unfallzeit sei ebenso eindeutig dokumentiert wie die Zeit der Blutabnahme zur Bestimmung der BAK im Laborbefund mit 01:30 Uhr. Zwischen Unfall und Blutabnahme hätten somit lediglich 30 Minuten gelegen. Diese geringe Zeitspanne mache keinen (relevanten) Unterschied in der BAK aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die ebenfalls beigezogenen Akten des Polizeipräsidenten in J. Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte den Rechtsstreit in der Sache entscheiden, obwohl der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.01.2023 keinen Sachantrag, sondern nur einen Beweisantrag gestellt hat. Denn bei verständiger Auslegung ist davon auszugehen, dass der Kläger trotz der Beschränkung seines Antrages auf einen Beweisantrag seine mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung des Ereignisses vom 27.04.2018 als Arbeitsunfall weiterverfolgen wollte.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt. Der Kläger hat am 27.04.2018 keinen Arbeitsunfall im Sinne von § 8      SGB VII erlitten.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität, st. Rspr.; vgl. zuletzt u.a. BSG, Urteile vom 31.03.2022 – B 2 U 5/20 R, juris Rn.13, vom 08.12.2021 – B 2 U 4/21 RBSGE 133, 180 = SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 78 Rn. 12, und vom 06.05.2021 – B 2 U 15/19 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 77 Rn. 13). Diese Voraussetzung sind nicht erfüllt.

Der Kläger erlitt zwar, als er beim vornüber gebeugten Stehen an der Bahnsteigkante mit dem einfahrenden Zug zusammenstieß, eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf seinen Körper und damit einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Diese führte u.a. zu einem Schädel-Hirn-Trauma dritten Grades und damit zu einem Gesundheitsschaden. Der Kläger war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses als Geschäftsführer der S. GmbH auch dem Grunde nach als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Seine Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses – das Übergeben in das Gleisbett – stand jedoch nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit.

Der Kläger stand zwar während des Zurücklegens des Weges von dem Restaurant „N.“ zu seiner Übernachtungsstätte, dem A.-Hotel, grundsätzlich unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Das Begeben zur Bahnsteigkante, um sich in das Gleisbett zu übergeben, führte jedoch zu einer Unterbrechung dieses Weges, die zum Unfallzeitpunkt noch nicht beendet war. Damit stand diese Verrichtung nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem versicherten Weg.

Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gebrauchte Formulierung „des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges“ kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit, wobei nicht der Weg als solcher, sondern dessen Zurücklegen versichert ist, also der Vorgang des sich Fortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist (BSG Urteile vom 07.05.2019 – B 2 U 31/17 R – juris Rn. 13, vom 23.01.2018 – B 2 U 3/16 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 64, vom 31.08.2014 – B 2 U 11/16 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 62, vom 13.11.2012 – B 2 U 19/11 RBSGE 112, 177 = SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 46). Bei allen (Rück-)Wegen legt § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nur den Ort der versicherten Tätigkeit als Startpunkt fest („von“), lässt aber das Ziel offen. Daher ist in jedem Einzelfall festzustellen, welches individuelle Ziel der Versicherte ansteuerte, als er verunglückte. Zwischen dem gesetzlich festgelegten Startpunkt und dem ermittelten Zielpunkt ist nicht der Weg an sich, sondern dessen Zurücklegen versichert, also das „sich fortbewegen“ bzw. „unterwegs sein“ auf der Strecke zwischen beiden Punkten mit der Handlungstendenz, den – typischer Weise im Privatbereich gelegenen – Zielort zu erreichen (BSG, Urteile vom 28.02.2022 – B 2 U 16/20 R – juris Rn. 12, vom 10.08.2022 – B 2 U 2/20 R – juris Rn. 17, vom 30.01.2020 – B 2 U 2/18 RBSGE 130, 1 = SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 70, vom 31.08.2018 – B 2 U 2/16 R

SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 61 und grundlegend vom 17.12.2015 – B 2 U 8/14 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 55). Die konkrete objektiv beobachtbare Verrichtung des sich Fortbewegens auf dem Weg zum Zielort muss der Betroffene auch subjektiv zu diesem Zweck durchgeführt haben. Die subjektive Handlungstendenz als festzustellende innere Tatsache muss sich mithin im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung) widerspiegeln, so wie es objektiv beobachtbar ist (BSG Urteil vom 28.02.2022 – B 2 U 16/20 R – juris Rn. 13 m.w.N.).

Der Kläger hatte sich nach Verlassen des Lokals „N.“ zum U-Bahnhof G. Platz begeben, um von dort mit einer U-Bahn der Linie U8 zur Zielhaltestelle V.-straße zu fahren und von dort zu Fuß zum A.-Hotel, das nach seinen Vorstellungen der Zielort sein sollte, zu gelangen. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass seine subjektive Vorstellung, zum Hotel zu gelangen, auch noch während des Sitzens auf der Bank im U-Bahnhof bestanden hat. Von dieser Bank hat sich der Kläger plötzlich erhoben und ist auf die Bahnsteinkante zugelaufen, wo er sich nach vorn gebeugt und in das Gleisbett übergeben hat. Dieser Hergang steht aufgrund der sich aus der Ermittlungsakte des Polizeipräsidenten in J. ergebenden Feststellungen der ermittelnden Polizeibeamten, die sich auf die Befragung des Zugführers und des Ersthelfers sowie die Auswertung der Videoaufzeichnung des Geschehens im Bahnhof stützen, fest. In dem äußeren Verhalten des Klägers unmittelbar vor dem Unfall, sowie es objektiv beobachtbar gewesen ist, nämlich dem Stehen an der Bahnsteigkante mit weit vorgebeugtem Oberkörper, spiegelte sich die objektive Handlungstendenz, zum Hotel zu gelangen, nicht mehr wider. Denn das Stehen an der Bahnsteigkante mit nach vorn gebeugtem Oberkörper diente nicht dazu, auf den Zug zu warten und nach Einfahrt in diesen einzusteigen, sondern der Kläger hatte sich zur Bahnsteigkante begeben und nach vorn gebeugt, um sich in das Gleisbett zu übergeben.

Das Zurücklegen des unmittelbaren versicherten Weges von dem Ort der Tätigkeit und der damit verbundene Versicherungsschutz wurde durch die dem beabsichtigten Übergeben in das Gleisbett dienenden Handlungen des Klägers unterbrochen. Von diesen Verrichtungen standen jedenfalls das vornübergebeugte Stehen an der Bahnsteigkante und das Übergeben in das Gleisbett als rein privatwirtschaftlich nicht mehr unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung. Die Unterbrechung des Weges war auch mehr als geringfügig. Die Unterbrechung hatte zum Zeitpunkt des Unfalls bereits begonnen, wodurch der zunächst gegebene Versicherungsschutz entfallen war. Diese Unterbrechung dauerte auch noch an, so das der Versicherungsschutz vor dem Unfallereignis nicht erneut begründet wurde.

Das vornübergebeugte Stehen an der Bahnsteigkante und das Übergeben in das Gleisbett standen als rein privatwirtschaftliche Handlungen nicht unter Versicherungsschutz. Die Verrichtung des Übergebens ist grundsätzlich als unversichert anzusehen. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die Verrichtung des Übergebens anders zu beurteilen sein sollte als die Verrichtung der Notdurft. Insoweit besteht zwar Versicherungsschutz für den Weg zur Toilette auf der Betriebsstätte (vgl. BSG Urteile vom 06.12.1989 – 2 RU 5/89 – SozR 2200 § 548 Nr. 97 und vom 05.08.1993 – 2 RU 2/93 – HV info 1993, 2311) oder zu einem Ort, an dem die Notdurft unzulässiger Weise verrichtet werden soll (BSG Urteil vom 12.10.1973 – 2 RU 190/72 -Die Leistungen 1974, 339), die Verrichtung der Notdurft selbst steht dagegen als klassische privatnützige Handlung nicht unter Versicherungsschutz (BSG Urteil vom 06.12.1989 – 2 RU 5/89 – SozR 2200 § 548 Nr. 97; Bay. LSG Urteil vom 15.01.2014 – L 2 U 204/13, juris Rn. 26; Wagner in juris PK – SGB VII, 2. Aufl., § 8 Rn. 69).

Ob ein Bezug zu der versicherten Tätigkeit ausnahmsweise dann anzunehmen ist, wenn das Übergeben auf betriebliche Umstände zurückzuführen ist, kann hier offenbleiben. Denn für die Annahme, dass betriebliche Umstände dazu geführt haben, dass der Kläger sich übergeben musste, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Dabei kann auch offenbleiben, ob die Essensaufnahme selbst bei dem betrieblich veranlassten Essen am Abend des 26.04.2018 unter Versicherungsschutz gestanden hat. Auch wenn man dies annehmen wollte, lässt sich ein betrieblicher Zusammenhang zwischen der Essenseinnahme und dem Übergeben nicht herstellen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Speisen oder Getränke, die der Kläger während des Abendessens konsumiert hat, verdorben gewesen sind. Sollte die zum Übergeben führende Übelkeit des Klägers darauf zu führen sein, dass der Kläger das Essen oder das Essen in Verbindung mit dem konsumierten Alkohol nicht vertragen hat, handelt es sich hierbei um einen allein der persönlichen Sphäre des Klägers zuzurechnenden Vorgang. Hieran ändert auch der als richtig unterstellte Vortrag des Klägers, dass er bereits als Kind häufig an Magenverstimmungen und Erbrechensanfällen gelitten hat, nichts, sondern zeigt eher, dass ein nicht versicherter innerkörperlicher Vorgang für das Geschehen wesentlich war. Der vom Kläger konsumierte Alkohol kann einen betrieblichen Zusammenhang von vornherein nicht begründen, denn der Kläger war arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, Alkohol zu trinken und es bestanden auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass eine entsprechende Verpflichtung bestand.

Es lässt sich im Übrigen aber auch gar nicht mehr feststellen, welche Faktoren überhaupt zum Erbrechen geführt haben. Die Ursache für die Übelkeit ist nicht mehr aufklärbar, da seinerzeit insoweit keinerlei Untersuchungen erfolgt sind und auch keine Aufklärungsansätze mehr bestehen. Schon deshalb ist auch ein betrieblicher Umstand als wesentliche Ursache für das Erbrechen nicht mehr feststellbar. Von daher greift auch die Behauptung des Klägers, eine betrieblich veranlasste Müdigkeit habe seine Übelkeit wesentlich verursacht, nicht durch, denn es lässt sich nicht feststellen, ob betriebliche Umstände oder vielmehr der feststehende übermäßige Genuss von Alkohol zur Müdigkeit des Klägers und zu dessen Übelkeit geführt haben. Selbst wenn man im Übrigen annähme, dass betriebliche Umstände die Müdigkeit des Klägers mitverursacht haben und diese Müdigkeit im naturwisschenschaftlichen Sinne mitursächlich dafür war, dass sich der Kläger übergeben musste, kann eine wesentliche Verursachung durch betriebliche Umstände nicht angenommen werden. Die Übelkeit des Klägers gründete sich in jedem Fall auf einen innerkörperlichen Vorgang, nämlich die Verarbeitung von Speisen und Alkohol. Der Schutzzweck des § 8 SGB VII erstreckt sich nicht auf rein innerkörperliche Fehlfunktionen im Sinne autonomen, biologisch feststehenden Prozesse, wie z.B. die Verdauung, weil die gesetzliche Unfallversicherung als tätigkeitsbezogene Personenversicherung nur bestimmte Menschen aufgrund bestimmter Verrichtungen und nicht – wie statusbezogene Personenversicherungen – Menschen an sich versichert (BSG, Urteil vom 31.03.2022 – B 2 U 5/20 R –, juris Rn. 20 und Leitsatz).

Ein innerer Zusammenhang zwischen der unfallbringenden Verrichtung und der versicherten Tätigkeit lässt sich auch nicht deshalb annehmen, weil die Übelkeit bei dem Kläger plötzlich auf dem Heimweg während des Sitzens auf einer Bank im U-Bahnhof G.-Platz aufgetreten ist und er sich im U-Bahnhof übergeben musste. Unbeschadet dessen, dass hierdurch für den Kläger nicht die Notwendigkeit bestanden hat, sich in das Gleisbett zu übergeben, sondern er sich stattdessen z.B. in den neben der Bank stehenden Abfallbehälter hätte erbrechen können, führt die Notwendigkeit, sich infolge einer plötzlich auf dem (versicherten) Weg auftretenden Übelkeit zu übergeben, nicht dazu, die grundsätzlich unversicherte Verrichtung des Übergebens ausnahmsweise als versichert anzusehen. Die Rechtsprechung zum Fortbestehen des Versicherungsschutzes bei Verrichtungen, die im Falle einer unvorhergesehenen wegespezifischen Störung wie z.B. einer notwendigen Reparatur die Fortsetzung des Weges gewährleisten sollen (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.1962 – 2 RU 178/60 BSGE, 245 = SozR Nr. 36 zu § 543 a.F., Urteil vom 04.09.2007 – B 2 U 24/06 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 24), ist auf Fälle der vorliegenden Art nicht übertragbar (so auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 15.01.2014 – L 2 U 204/13, juris Rn. 36 zur Notwendigkeit, auf dem Weg von der Arbeitsstätte die Notdurft zu verrichten). Denn die Verrichtung des Übergebens dient anders als z.B. eine notwendige Reparatur am Kfz nicht dazu, die Fortsetzung des Weges zu gewährleisten, sondern sie stellt – ebenso wie das Verrichten der Notdurft – eine rein eigenwirtschaftliche Verrichtung dar.

Wird der Weg zum oder vom Ort der Tätigkeit aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen, entfällt der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherte lediglich seine Fortbewegung beendet, um sich an Ort und Stelle einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit zuzuwenden, oder ob er den eingeschlagenen Weg verlässt, um einer privaten Verrichtung nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren (BSG Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 31/17 R, juris Rn. 18; Urteil vom 23.01.2018 – B 2 U 3/16 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 64; Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 29/06 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 25; Urteil vom 02.12.2008 – B 2 U 17/07 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 28).

Ob der versicherte Weg im vorliegenden Fall bereits unterbrochen worden ist, als der Kläger sich von der Bank erhoben und in Richtung Bahnsteigkante begeben hat, um sich von dort ins Gleisbett zu übergeben, kann offen bleiben. Auch wenn man annehmen wollte, dass der Weg von der Bank zur Bahnsteigkante – ebenso wie der Weg zur Verrichtung der Notdurft – noch unter Versicherungsschutz gestanden hat, ist die Unterbrechung aber spätestens mit Erreichen des Ziels – der Bahnsteigkante – eingetreten, so dass Versicherungsschutz im Unfallzeitpunkt jedenfalls nicht mehr bestanden hat.

Die Unterbrechung war auch nicht geringfügig. Zwar kann auch bei einer privat veranlassten Unterbrechung ausnahmsweise der Versicherungsschutz gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII fortbestehen, wenn die Unterbrechung nur geringfügig ist. Eine Unterbrechung ist aber nur dann als geringfügig zu bezeichnen, wenn die Verrichtung bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges in seiner Gesamtheit anzusehen ist (BSG Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 31/17 R, juris Rn. 19 f.; Urteil vom 17.02.2009 – B 2 U 26/07 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 32 Rn. 15). Das ist der Fall, wenn sie zu keiner erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf das urspünglich geplante Ziel führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung „im Vorbeigehen“ oder „ganz nebenher“ erledigt werden kann (vgl. z.B. BSG Urteil vom 23.01.2018 – B 2 U 3/16 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 64 Rn. 16; Urteil vom 31.08.2017 – B 2 U 11/16 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 62; Urteil vom 05.07.2016 – B 2 U 16/14 R – SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 58 Rn. 21 m.w.N.).

Dies war hier nicht der Fall, weil das geplante Handeln in seiner Gesamtheit betrachtet gerade nicht „ganz nebenher“ erledigt werden konnte. Der Kläger saß zunächst auf einer Bank im U-Bahnhof, um auf die in Richtung V.-straße fahrende U-Bahn zu warten. Dieser Vorgang des Wartens wurde durch das beabsichtigte Übergeben in das Gleisbett unterbrochen. Hierzu musste der Kläger sich von der Bank erheben und sich in Richtung Bahnsteigkante begeben. Die Absicht des Klägers, sich in das Gleisbett zu übergeben, setzte eine neue objektiv beobachtbare Handlungssequenz in Gang, die sich auch äußerlich klar von dem Vorgang des Wartens abgrenzen lässt. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zeitspanne für die privatwirtschaftliche Verrichtung nur von kurzer Dauer gewesen wäre. Die Verrichtung dauerte im Zeitpunkt des Unfalls noch an und es ist nicht feststellbar, wie lange der Kläger sich noch hätte übergeben müssen, wenn es nicht zu dem Unfallereignis gekommen wäre. Die Unterbrechung war daher zum Unfallzeitpunkt auch noch nicht beendet.

Da der Kläger mithin im Unfallzeitpunkt wegen des Einschubs einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Alkoholisierung des Klägers für den Zusammenstoß mit der U-Bahn allein wesentlich ursächlich gewesen ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, dem Beweisantrag des Klägers zu folgen und hierüber durch Einholung eines medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

einzulegen.

Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

-          jeder Rechtsanwalt,

-          Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

-          selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

-          berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

-          Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

-          Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

-          juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _  Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

Rechtskraft
Aus
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