L 12 SF 3595/20 DS

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SF 1834/19 DS
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SF 3595/20 DS
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.09.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand


Die Kläger machen einen Verstoß der Beklagten gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) geltend.

Mit E-Mail vom 05.10.2017 übersandte der Kläger zu 1 der Beklagten eine 18-seitige Aufstellung über seine „Bewerbungsaktivitäten im September“ und beantragte Kostenerstattung für seine Bewerbungskosten.

Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.10.2017 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag auf Kostenübernahme sei erst nach Entstehung der Kosten und damit verspätet gestellt worden. Außerdem würden Online-Bewerbungen grundsätzlich nicht unterstützt. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2017 zurück.

Mit E-Mail vom 29.10.2017 übersandte der Kläger zu 1 der Beklagten eine 25-seitige Aufstellung über Bewerbungsbemühungen für den Oktober 2017 und beantragte die Übernahme der Bewerbungskosten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2017 ab, unter anderem, weil nicht ersichtlich sei, dass durch online-Bewerbungen zusätzliche Kosten entstehen würden.

Im Zuge des anschließenden Widerspruchsverfahrens gelangte eine Stellungnahme der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten über Ermittlungen zu den geltend gemachten Bewerbungen zu den Akten. Alle vom Kläger zu 1 in der Zeit vom 02.10.2017 bis 24.10.2017 aufgelisteten Bewerbungen seien geprüft worden. Er führe insgesamt 80 Bewerbungen auf. Davon sei eine Bewerbung doppelt aufgelistet gewesen; eine weitere sei aufgrund fehlender Daten (Name, Arbeitgeber, Stellenbezeichnung) nicht nachvollziehbar. Die verbleibenden 78 Stellenangebote seien gesichtet worden. Bei 76 Stellenangeboten sei eine Bewerbung per E-Mail, über die Jobbörse, über die Homepage, über ein Bewerberformular bzw. Online-Portal möglich und vom Arbeitgeber gewünscht gewesen. Bei 2 Stellenausschreibungen (D, P) sei vom Arbeitgeber der Wunsch nach schriftlicher Bewerbung angegeben gewesen. Auf Nachfrage beim D am 06.12.17 sei die Bewerbung des Klägers zu 1 dort aber per E-Mail erfolgt. Der P habe am 07.12.17 telefonisch bestätigt, dass eine Bewerbung des Klägers zu 1 weder per E-Mail noch schriftlich eingegangen sei. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers zu 1 mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2018 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger zu 1 habe sich entweder per E-Mail oder online beworben oder die Bewerbung habe jedenfalls auf diesem Wege erfolgen können. Für solche Bewerbungen könne die Beklagte jedoch keine Kosten erstatten.

Die hiergegen gerichtete Klage der Kläger, mit der diese eine Übernahme der Bewerbungskosten begehrten, wurde vom Sozialgericht Stuttgart (SG) mit Gerichtsbescheid vom 25.07.2018 abgewiesen (Az. S 21 AL 516/18).

Im Rahmen der hiergegen beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung (L 12 AL 2807/18) haben die Kläger mit Schriftsatz vom 04.08.2018, beim LSG Baden-Württemberg eingegangen am 07.08.2018, Klage wegen Verstoßes gegen die DSVGO erhoben, da die Beklagte missbräuchlich das D und den P kontaktiert habe, ohne zuvor die Einwilligung des Klägers zu 1 einzuholen.

Mit Beschluss vom 10.04.2018 hat der erkennende Senat im Berufungsverfahren L 12 AL 2807/18 das Verfahren abgetrennt, soweit die Kläger eine Klage wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der DSGVO erhoben haben und hat den Rechtsstreit insoweit mit Beschluss vom 15.04.2019 an das für zuständig erachtete SG verwiesen. Gemäß § 81 b Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei für Klagen der betroffenen Person gegen einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der DSGVO und der darin enthaltenen Rechte der Betroffenen bei der Verarbeitung von Sozialdaten im Zusammenhang mit einer Angelegenheit nach § 51 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Hierfür sei eine erstinstanzielle Zuständigkeit des Landessozialgerichts nach § 29 Abs. 2 SGG nicht gegeben, weshalb das SG zuständig sei.

Im daraufhin vor dem SG aufgenommenen, hier streitgegenständlichen Klageverfahren hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger zu 1 habe eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget unter anderem für eine schriftliche Bewerbung beim D sowie beim P beantragt. Zur Prüfung, ob und gegebenenfalls in welcher Form sich der Kläger zu 1 bei den genannten Arbeitgebern tatsächlich beworben habe und ob die Voraussetzungen für eine entsprechende Kostenübernahme vorliegen würden, sei die Nachfrage der Beklagten erfolgt.

Das SG hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2020 die Klage abgewiesen. Diese sei im Hinblick auf die Klägerin zu 2 bereits unzulässig; dieser fehle es mangels Klagebefugnis an einem Rechtsschutzbedürfnis. Sie sei durch das von den Klägern angegriffene Vorgehen der Beklagten – einer Nachfrage zu vermeintlichen Bewerbungsbemühungen des Klägers zu 1 – nicht in eigenen, subjektiven, Rechten beschwert. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen der DSGVO sei in keiner Weise glaubhaft gemacht oder aus dem sonstigen Akteninhalt zu erkennen. Wie die Beklagte überzeugend dargelegt habe, sei die Nachfrage zu den Bewerbungen bei den vom Kläger zu 1 benannten Arbeitgebern zur Bearbeitung des Kostenerstattungsantrags von ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung gedeckt und stelle sich somit als rechtmäßige Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO dar. Die als Rechtmäßigkeitstatbestand fungierende mitgliedstaatliche Rechtsgrundlage für die in Streit stehende Anfrage der Beklagten bei den beiden potentiellen Arbeitgebern finde sich in den §§ 20, 21 SGB X. Hiernach sei es im Rahmen des sog. Untersuchungsgrundsatzes gerade originäre Aufgabe der Beklagten, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht den Sachverhalt aufzuklären. Der Kläger zu 1 habe die Kostenerstattung für von ihm angeblich getätigte schriftliche Bewerbungen beantragt. Auffällig sei insofern gewesen, dass von insgesamt 80 Bewerbungen, alleine 2 Bewerbungen schriftlich erfolgt seien. Dies habe die Beklagte mit Recht dazu veranlasst, bezüglich der tatsächlichen Umstände der Bewerbungen Nachforschungen anzustellen und die vermeintlichen Arbeitgeber zu befragen. Wie sich insofern herausgestellt habe, sei eine Bewerbung überhaupt nicht erfolgt, während die 2. Bewerbung, wie die anderen 78 Bewerbungen auch, online erfolgt sei.

Gegen den den Klägern am 18.09.2020 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese am 16.10.2020 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorgetragen haben, es habe keine mündliche Verhandlung stattgefunden. Zusätzlich haben die Kläger nun Schadensersatz in Höhe von 1.000 € wegen „Diskriminierung und Leistungsverweigerung“ gefordert.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.09.2020 aufzuheben und einen Verstoß der Beklagten gegen die DSGVO festzustellen

und

die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000 € wegen Diskriminierung und Leistungsverweigerung zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, im Rahmen ihrer Aufgabenerledigung – Prüfung der Bewerbungswege im Rahmen der Erstattung von Bewerbungskosten – sei sie gemäß den §§ 20, 21 SGB X verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, wobei sie Art und Umfang der Ermittlungen bestimmen könne. Sie habe zur zeitnahen Aufklärung des Sachverhalts einen kurzen Anruf bei potentiellen Arbeitgebern gewählt, die der Kläger zu 1 selbst benannt habe. Man habe lediglich nachgefragt, ob bzw. auf welchem Weg sich der Kläger zu 1 beworben habe.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 16.09.2020 ist unbegründet. Denn die Klage ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Der Senat war an einer Entscheidung auch nicht durch das unentschuldigte Fernbleiben der Kläger gehindert. Die Kläger sind in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 31.01.2022, die diesen ausweislich der Postzustellungsurkunde am 02.02.2022 zugestellt worden ist, darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten entschieden werden kann.

1.
Die Klage der Klägerin zu 2 ist bereits unzulässig, wie das SG zutreffend dargelegt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat von einer eigenen Darstellung ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

2.
Auch soweit die Kläger erstmalig im Berufungsverfahren Schadensersatz in Höhe von 1.000 € wegen „Diskriminierung und Leistungsverweigerung“ seitens der Beklagten geltend gemacht haben, ist die Klage unzulässig. Die Zulässigkeit der insoweit vorliegenden Klageänderung beurteilt sich nach § 99 SGG, welcher gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren Anwendung findet. Danach ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Inwieweit diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, kann dahingestellt bleiben. Denn die geänderte Klage war unzulässig. Auch eine wirksame Klageänderung ersetzt nicht die für die Zulässigkeit der geänderten Klage erforderlichen, gegebenenfalls fehlenden Prozessvoraussetzungen. Diese müssen vielmehr in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein und stehen nicht zur Disposition (BSG, Urteil vom 18.03.2015, B 2 U 8/13 R, juris). Zu den Sachurteilsvoraussetzungen zählt auch die funktionelle (instanzielle) Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, an der es hier fehlt. Für eine Entscheidung über den erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten, nicht auf den behaupteten Verstoß gegen die DSGVO gestützten Schadensersatz war das LSG Baden-Württemberg nicht ausnahmsweise als erstinstanzliches Gericht zuständig (vgl. § 29 SGG; BSG, Urteil vom 31.07.2002, B 4 RA 20/01 R sowie vom 23.04.2015, B 5 RE 23/14 R, beide in juris).

3.
Soweit der Kläger zu 1 die Feststellung eines Verstoßes gegen die DSGVO begehrt, ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet (a), die Klage zwar zulässig (b), aber unbegründet (c).

(a)
Für die Feststellungsklage ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Gemäß § 81b Abs. 1 SGB X ist für Klagen der betroffenen Person gegen einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der DSGVO oder der darin enthaltenen Rechte der betroffenen Person bei der Verarbeitung von Sozialdaten im Zusammenhang mit einer Angelegenheit nach § 51 Abs. 1 und 2 SGG der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG gehören zu den Angelegenheiten nach § 51 SGG unter anderem diejenigen der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit.

(b)
Gegen die Zulässigkeit einer Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Art. 79 Abs. 1 DSGVO sieht vor, dass jede betroffene Person unbeschadet eines verfügbaren verwaltungsrechtlichen oder außergerichtlichen Rechtsbehelfs einschließlich des Rechts auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde gemäß Art. 77 DSGVO das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf hat, wenn sie der Ansicht ist, dass die ihr aufgrund dieser Verordnung zustehenden Rechte infolge einer nicht im Einklang mit dieser Verordnung stehenden Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verletzt wurden. Als statthafte Klageart kommt insoweit regelmäßig die Unterlassungsklage, bzw. in der vorliegenden Fallkonstellation die Feststellungsklage in Betracht (Bieresborn, in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 81b Rn. 17; Hessisches LSG, Beschluss vom 08.11.2021, L 6 SF 4/21 DS, juris). Angesichts des Wortlauts der auch insoweit unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten beanspruchenden DSGVO (vergleiche Art. 99 Abs. 2 DSGVO) kann die Zulässigkeit der Feststellungsklage auch nicht im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität in Zweifel gezogen werden.

(c)
Die Klage ist aber unbegründet, da die Beklagte nicht gegen die Vorgaben der DSGVO verstoßen hat.

Die DSGVO findet vorliegend Anwendung. Insbesondere liegt eine Verarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO vor, da unter Verarbeitung auch das Erheben bzw. Abfragen personenbezogener Daten fällt. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, rechtfertigt sich die Datenerhebung durch die Beklagte vorliegend aus Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO, wobei diese Norm kein eigenständiger Erlaubnistatbestand, auf Basis allein dessen eine Verarbeitung stattfinden darf, darstellt, sondern eine konkrete Grundlage im Unionsrecht oder im Recht eines Mitgliedstaats bestehen muss, die den Anforderungen von Art. 6 Abs. 3 DSGVO zu genügen hat. Der Senat macht sich die diesbezüglichen Erwägungen des SG in vollem Umfang zu eigen und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Die danach erforderliche konkrete gesetzliche Grundlage findet sich in §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB X in Verbindung mit § 67a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X (Untersuchungsgrundsatz) ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden (Satz 2). Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X bedient sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X kann sie insbesondere Auskünfte jeder Art einholen. Nach § 67a Abs. 1 Satz 1 SGB X ist die Erhebung von Sozialdaten zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Die Sozialdaten sind dabei bei der betroffenen Person zu erheben (§ 67a Abs. 2 Satz 1 SGB X). Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie bei anderen Personen oder Stellen nur erhoben werden, wenn unter anderem die Aufgabe nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden (§ 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b) bb SGB X).

Nach diesen Maßstäben ist die telefonische Nachfrage der Beklagten bei dem D und dem P nicht zu beanstanden. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) können Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Es handelt sich hierbei um eine der Beklagten übertragene Aufgabe, bei deren Wahrnehmung sie im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens auch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Satz 1 SGB III) zu beachten hat, der in § 44 Abs. 1 Satz 3 SGB III dahingehend eine Konkretisierung erfährt, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget nur die Übernahme der angemessenen Kosten umfasst. Die Beklagte schließt deshalb regelmäßig die Erstattung von Bewerbungskosten für reine online-Bewerbungen bzw. Bewerbungen per E-Mail aus, was nicht ermessensfehlerhaft sein dürfte, hier indes keiner Entscheidung bedarf.

Jedenfalls ist bei Übernahme der Bewerbungskosten eine Differenzierung zwischen einer Bewerbung per E-Mail bzw. einer online-Bewerbung einerseits und postalischen Bewerbungen andererseits ohne weiteres gerechtfertigt und war die Beklagte vor diesem Hintergrund zu Ermittlungen berechtigt, auf welchem Wege die Bewerbungen erfolgt sind. Die Beklagte war unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Vorschriften auch berechtigt, hierzu bei den potentiellen Arbeitgebern nachzufragen. Denn die vorgelegten 80 Bewerbungen allein im Monat Oktober 2017 (insgesamt hat der Kläger zu 1 nach eigenen Angaben in den Monaten August bis Oktober 2017 255 Bewerbungen vorgenommen), die angesichts der außergewöhnlichen Bandbreite der in Aussicht genommenen Stellen (diese reichen vom Key Account Manager über den Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, Referenten in der Erwachsenenfortbildung, Manager für Engineering bis hin zum Arzt) wenig zielorientiert wirken und den Eindruck erwecken können, sie dienten in erster Linie über den § 44 SGB III der Generierung von Einkommen, rechtfertigten Ermittlungen bei den Arbeitgebern. Dabei hat die Beklagte in Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur in den 2 Fällen bei den potentiellen Arbeitgebern nachgefragt, in denen sie nicht durch Auswertung der Stellenangebote eine schriftliche Bewerbung des Klägers zu 1 ausschließen konnte. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die telefonische Nachfrage bei den beiden potentiellen Arbeitgebern einen verhältnismäßig geringen Eingriff in den Sozialdatenschutz des Klägers zu 1 darstellt, weshalb insgesamt keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Klägers zu 1 durch die Nachfragen bei den beiden Arbeitgebern betroffen waren. Letztendlich belegt auch der Umstand, dass der Kläger zu 1 sich bei einem der beiden Arbeitgebern – entgegen der von ihm in seinem Antrag aufgestellten Behauptungen – überhaupt nicht beworben hat, dass die Ermittlungen der Beklagten gerechtfertigt waren.

Nach alledem bleibt die Berufung der Kläger insgesamt ohne Erfolg.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten (§ 193 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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