Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.01.2020 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.805 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger führt als Sohn und Rechtsnachfolger der am 00.00.0000 geborenen und am 00.00.0000 verstorbenen Y. (im Folgenden: Versicherte) das gerichtliche Verfahren fort. Zwischen den Beteiligten steht (u.a.) im Streit, ob die Versicherte auch in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 30.11.2009 Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach Pflegestufe III hatte.
Die Versicherte war X. Staatsangehörige und lebte seit 1992 in U.. Sie bezog aufgrund einer Beschäftigung in Deutschland eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung und war aufgrund dessen bei der W. (Krankenkasse) Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und bei der Beklagten pflegeversichert. Die Beklagte gewährte der Versicherten ab dem 01.08.2006 Pflegegeld nach Pflegestufe II auf Widerruf (Bescheid vom 19.12.2006). Seit dem 01.10.2007 bezog die Versicherte eine Rente (Witwenrente) aus der X. Rentenversicherung. Unter dem 02.12.2008 stellte die Krankenkasse der Versicherten fest, dass aufgrund des Rentenbezugs in U. seit dem 01.10.2007 die Mitgliedschaft in der KVdR entfallen sei. Unter dem 03.12.2008 stellte die Beklagte gegenüber der Versicherten das Ende der Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung rückwirkend zum 30.09.2007 fest. Pflegegeld sei ab dem 01.10.2007 zu Unrecht gezahlt worden. Hiergegen legte die Versicherte Widerspruch ein, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten als unbegründet zurückwies (Widerspruchsbescheid vom 20.07.2009). Im Rahmen eines hiergegen vor dem Sozialgericht Düsseldorf geführten Klageverfahrens (S 39 P 124/09), das zunächst auf die Weiterzahlung des Pflegegeldes nach Pflegestufe II gerichtet war, beantragte die Versicherte aufgrund einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ab dem 01.01.2009 Leistungen nach Pflegestufe III (am 30.12.2009 bei Gericht eingegangener Schriftsatz vom 18.12.2009). Sie machte geltend, die Einstellung der Leistungen aus der Pflegeversicherung und die Beendigung der Mitgliedschaft hätten dazu geführt, dass ein beabsichtigter Antrag auf Höherstufung nicht habe früher gestellt werden können. Von daher begehre sie Leistungen nach Pflegestufe III zumindest ab dem 01.01.2009. Im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens führte die Beklagte für die Versicherte (rückwirkend ab 01.10.2007 – Schreiben vom 17.10.2012) die freiwillige Pflegeversicherung durch. Nachdem die Versicherte unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 18.12.2009 an ihren „Antrag auf Höherstufung“ erinnert (Schreiben vom 25.10.2012) und weiterführende medizinische Unterlagen eingereicht (Schreiben vom 06.11.2012) hatte, beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung C. (MDK) mit der Erstellung eines Gutachtens, das die Pflegefachkraft L. am 04.01.2013 nach Lage der Akten erstattete. Sie ermittelte insgesamt einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 163 Minuten/Tag (Körperpflege 95 Minuten/Tag, Ernährung 18 Minuten/Tag und Mobilität 50 Minuten/Tag) und einen Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung in Höhe von 60 Minuten/Tag und bejahte weiterhin das Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegestufe II. Dem folgend lehnte die Beklagte den Antrag der Versicherten ab (Bescheid vom 28.01.2013) ab. Gegen diesen Bescheid legte die Versicherte (unter Vorlage weiterer Unterlagen) Widerspruch ein, woraufhin die Beklagte den MDK mit der Erstellung eines Widerspruchs-Gutachtens beauftragte, das die Pflegefachkraft S. am 14.03.2013 nach Lage der Akten erstattete. Sie ermittelte insgesamt einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 250 Minuten/Tag (Körperpflege 120 Minuten/Tag, Ernährung 70 Minuten/Tag und Mobilität 60 Minuten/Tag) und einen Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung in Höhe von 60 Minuten/Tag und bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegestufe III ab Dezember 2009. Daraufhin gewährte die Beklagte der Versicherten (unter Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2013) rückwirkend ab 01.12.2012 Leistungen nach Pflegestufe III (Bescheid vom 03.04.2013). Hiergegen legte die Versicherte Widerspruch ein und begehrte die Gewährung von Leistungen nach Pflegestufe III ab 01.01.2009 (Schreiben vom 03.05.2013). Zugleich beantragte sie im laufenden Klageverfahren (S 39 P 124/09), die Höherstufung von Pflegestufe II auf III ab dem 01.01.2009 vorzunehmen, den Nachzahlungsbetrag gemäß § 44 SGB I zu verzinsen und Zuschüsse zu Hilfsmitteln zu gewähren (Schriftsatz vom 03.05.2013). Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 21.06.2013 ein. Die Pflegefachkraft S. führte aus, es werde empfohlen, Leistungen nach der Pflegestufe III ab Antragstellung (12/2009) zu gewähren. Dem folgend half die Beklagte dem Widerspruch der Versicherten teilweise ab und gewährte Pflegegeld nach Pflegestufe III (unter Aufhebung des Bescheides vom 03.04.2013) rückwirkend ab dem 01.12.2009 bis auf Widerruf (Bescheid vom 25.07.2013). Den Widerspruch im Übrigen hielt die Versicherte aufrecht (Schreiben vom 23.08.2013). In dem Rechtsstreit (S 39 P 124/09) verurteilte das Sozialgericht Düsseldorf die Beklagte, der Versicherten die Nachzahlung des Pflegegeldes ab dem 01.12.2009 nach § 44 SGB I zu verzinsen und hat im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 04.12.2013). Der Antrag auf Gewährung von Leistungen der Pflegestufe III bereits ab dem 01.01.2009 sei unzulässig, da der insoweit streitige Bescheid vom 03.04.2013 nicht Gegenstand des Klageverfahrens nach § 96 SGG geworden und das entsprechende Widerspruchsverfahren noch nicht durchgeführt worden sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 09.10.2014 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Versicherten gegen den Bescheid vom 03.04.2013 als unbegründet zurück. Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung würden gemäß § 33 Abs. 1 SGB XI auf Antrag gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorlägen. Somit hätten Pflegeleistungen der Pflegestufe III frühestens ab dem 01.12.2009 gewährt werden können. Das seinerzeitige Klageverfahren habe keinen Hinderungsgrund für einen früheren Antrag auf Höherstufung dargestellt, da dieser vorsorglich habe gestellt werden können.
Dagegen hat die Versicherte am 05.01.2015 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Nach dem Ableben der Versicherten hat der Kläger als ihr Rechtsnachfolger das Klageverfahren fortgeführt und im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen vertiefend ausgeführt, die Voraussetzungen für Leistungen nach Pflegestufe III hätten bereits zum 01.01.2009 vorgelegen. Die Einstellung der Leistungen aus der Pflegeversicherung und die Beendigung der Mitgliedschaft der Versicherten hätten es dieser unmöglich gemacht, einen entsprechenden Antrag auf Höherstufung zeitgerecht zu stellen. Ferner hat sich der Kläger darauf berufen, höhere Leistungen seien ab dem Zeitpunkt, an dem die höhere Pflegestufe vorgelegen habe, zu gewähren gewesen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Überdies habe bereits ein Schriftsatz der Versicherten vom 06.05.2009 einen vollständigen Leistungsantrag enthalten, wovon auch das Sozialgericht Düsseldorf ausgegangen sei (Urteil vom 04.12.2013 – S 39 P 124/09). Die Beklagte habe ihre Aufklärungs- und Auskunftspflicht verletzt.
Der Kläger hat (in der Antragsfassung des Sozialgerichts) beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm als Rechtsnachfolger der verstorbenen Versicherten Leistungen nach Pflegestufe III ab dem 01.01.2009 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass erst im Schriftsatz vom 18.12.2009 auf eine Verschlechterung des Zustandes der Versicherten hingewiesen worden sei. Der Nachweis sei aufgrund des geriatrischen Gutachtens vom 08.09.2009 erbracht worden. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aus dem vorgelegten ärztlichen Bericht könne eine Verschlimmerung nur bedingt entnommen werden. Eine Verschlimmerung mindestens seit dem 01.01.2009 entspreche der subjektiven Beurteilung des Klägers. Demgegenüber habe der MDK ausgeführt, dass die Pflegestufe III ab Antragstellung im Dezember 2009 zu gewähren sei. Nach § 33 SGB XI können erst ab Stellung eines Höherstufungsantrages gegebenenfalls die höhere Leistung gewährt werden.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 22.01.2020 abgewiesen. Der Bescheid vom 03.04.2013 unter Einbeziehung des Teilabhilfebescheides vom 25.07.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2014 sei nicht rechtswidrig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Versicherte habe keinen Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe III vor dem 01.12.2009 gehabt. Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XI erhielten Versicherte Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag; dies gelte auch für den Antrag, einer höheren Pflegestufe zugeordnet zu werden (BSG vom 01.09.2005 – B 3 P 4/04 R). Dem Antrag komme somit materiell-rechtliche Wirkung zu. Die Versicherte habe erst mit Schriftsatz vom 18.12.2009 einen Antrag auf Leistungen nach Pflegestufe III wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gestellt. Insoweit sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der Antragstellung Leistungen nach Pflegestufe III erst ab dem 01.12.2009 gewährt habe. Eine Pflichtverletzung der Beklagten aufgrund derer die Versicherte den Antrag erst verspätet gestellt habe, sodass sie nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen sei, als habe sie den Antrag bereits bei einer etwaigen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und einer daraus resultierenden stufenrelevanten zeitlichen Erhöhung ihres Pflegebedarfs gestellt, sei nicht ersichtlich. Insoweit sei insbesondere die Leistungseinstellung der Beklagten durch Beendigung der Mitgliedschaft der Versicherten nicht als (kausale) Pflichtverletzung anzusehen. Das insoweit vor dem Sozialgericht Düsseldorf geführte Klageverfahren sei (auch) darauf gerichtet gewesen, weiterhin Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung zu beziehen. Es erschließe sich nicht, weshalb es dann für die Versicherte, nach deren Auffassung ja gerade Ansprüche auf Leistungen aus der deutschen Pflegepflichtversicherung aufgrund einer freiwilligen Mitgliedschaft bestanden hätten, keinen Sinn gemacht habe, bei einer etwaigen Erhöhung ihres Hilfebedarfs einen Höherstufungsantrag zu stellen. Vielmehr habe ein Anspruch auf Höherstufung durch die Versicherte schon vor dem Schriftsatz vom 18.12.2009 geltend gemacht werden können (was nach dem Vortrag des Klägers auch schon früher beabsichtigt gewesen sei). Die Versicherte sei auch nicht durch die Umstände der Prozessführung im gerichtlichen Verfahren gehindert gewesen, einen Höherstufungsantrag zu stellen. Auch mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz habe es insofern keiner weiteren medizinischen Recherchen durch die Versicherte selbst bedurft. Eine einfache Willenserklärung, einen Höherstufungsantrag stellen zu wollen, wäre ausreichend gewesen und hätte verfahrensrechtlich das Verwaltungsverfahren ausgelöst, das zur Überprüfung des Anspruchs geführt hätte. Diesen geringen Aufwand der Antragstellung in Form eines einzigen Satzes habe die Versicherte auch neben der Führung des vorangegangenen gerichtlichen Verfahrens leisten können. Auch nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X komme eine frühere Leistungsbewilligung nach Pflegestufe III nicht in Betracht. Zwar handele es sich bei einem Bewilligungsbescheid auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Jedoch komme dem Höherstufungsantrag materiell-rechtliche Bedeutung zu; er sei Voraussetzung für eine höhere Leistungsbewilligung. Der von der Versicherten früher gestellte Antrag auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung sei bestandskräftig beschieden worden und damit verbraucht; somit sei ein neuer Antrag auf Höherstufung erforderlich gewesen. Anderenfalls würden Erstantragsteller gegenüber denjenigen Versicherten ohne sachlichen Grund benachteiligt, die eine Höherstufungsantrag stellten (Landessozialgericht C.-Westfalen vom 20.05.2015 – L 10 P 134/14). Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) komme nicht in Betracht. Danach habe die Versicherte gehindert gewesen sein müssen, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Eine gesetzliche Frist sei jedoch nicht gegeben. Da bereits aufgrund der Antragstellung im Dezember 2009 eine Leistungsgewährung nach Pflegestufe III zu einem früheren Zeitpunkt als dem 01.12.2009 ausgeschlossen sei, lasse es die Kammer dahinstehen, ob bei der Versicherten die pflegerischen Voraussetzungen für Leistungen nach Pflegestufe III bereits ab dem 01.01.2009 vorgelegen hätten.
Gegen das ihm am 23.03.2020 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf hat der Kläger am 27.05.2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt er aus, zwischen den Beteiligten seien weiterhin auch die Gewährung eines Zuschusses für eine Zahnprothese, ein Hörgerät, eine Brille, einen Rollstuhl u.a. nach §§ 40, 45b SGB XI und vollständige Zahlung von Rentenbeiträgen für die Pflegeperson (die verstorbene Schwiegertochter der Versicherten/Ehefrau des Klägers) streitig. Die Beklagte sei verpflichtet, für die Pflegeperson für die Zeit von 2009 – 2013 Rentenbeiträge entsprechend der Pflegestufe III (statt II) zu entrichten. Dies sei bislang nicht erfolgt. Die Erklärung des Vertreters der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020, wonach die Beklagte „seit dem 01.12.2009 nunmehr Versicherungsbeiträge zur Rentenversicherung für die verstorbene Ehefrau des jetzigen Klägers aufgrund der Pflegeleistungen entrichtet“ habe, entspreche nicht der Wahrheit. Der Kläger habe bis zum heutigen Tag keine Korrektur der Witwenrente von der Deutschen Rentenversicherung erhalten. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf einen Auszug des Rentenbescheids der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 29.09.2014.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.01.2020 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 03.04.2013 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2014 zu verurteilen, dem Kläger als Rechtsnachfolger der Versicherten in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 30.11.2009 Leistungen nach Pflegestufe III an Stelle der gewährten Leistungen nach Pflegestufe II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
A. I. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
II. Streitgegenständlich ist, nachdem die Beklagte der Versicherten Leistungen nach der Pflegestufe III ab dem 01.12.2009 gewährt hat, die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe III (Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen) statt nach der Pflegestufe II in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 30.11.2009. Denn (einzig) streitgegenständlich ist der Bescheid vom 03.04.2013 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2014. Insoweit legt der Senat das Vorbringen des Klägers nach dessen wohlverstandenem Interesse aus (§§ 123, 153 Abs. 1 SGG). Zwar hat der Kläger ausgeführt, zwischen den Beteiligten seien weiterhin auch die Gewährung eines Zuschusses für eine Zahnprothese, ein Hörgerät, eine Brille, einen Rollstuhl u.a. nach §§ 40, 45b SGB XI und die vollständige Zahlung von Rentenbeiträgen für die Pflegeperson streitig. Hieraus erwächst jedoch, unabhängig davon, dass hierzu bislang keine gesonderten Bescheide ergangen sind, kein weiterer Streitgegenstand. Denn der Kläger hat sein Begehren auf die mit Bescheid vom 03.04.2013 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2014 erfolgte Leistungsgewährung begrenzt und lediglich beantragt, insoweit das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.01.2020 „zu korrigieren“ (Schriftsatz vom 20.05.2020).
B. Die zulässige (dazu unter I.) Berufung ist unbegründet (dazu unter II.).
I. Die mit Blick auf § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere innerhalb der hier (wegen der Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung im Ausland) maßgeblichen Dreimonatsfrist (§ 151 Abs. 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG; vgl. BSG vom 30.01.2002 – B 5 RJ 10/01 R Rn. 14), die am 24.06.2020 endete, fristwahrend erhoben worden.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Düsseldorf hat die zulässig erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) des Klägers zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 03.04.2013 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2014, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, der Versicherten Leistungen nach Pflegestufe III vor dem 01.12.2009 zu gewähren, ist rechtmäßig. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist auszuführen:
Der Anspruch auf Leistungen aus der sozialen (oder einer privaten) Pflegeversicherung setzt einen Antrag voraus (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Die Leistungen werden ab Antrag gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Wird der Antrag später als einen Monat nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit gestellt, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an gewährt (§ 33 Abs. 1 Satz 3 SGB XI). Damit sind Leistungen der Pflegeversicherung antragsabhängig und werden grundsätzlich nicht rückwirkend erbracht (Hessisches Landessozialgericht vom 09.09.2020 – L 6 P 24/16 Rn. 39). Das Antragserfordernis soll in erster Linie dafür Sorge tragen, dass grundsätzlich keine Leistungen für solche Zeiträume gewährt werden, in denen der Versicherungsträger mangels Antragstellung von dem Versicherungsfall noch keine Kenntnis hatte und die notwendige tägliche Pflege deshalb auf andere Weise sichergestellt werden musste und auch sichergestellt worden ist (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 28.02.2018 – L 2/9 R 550/14 Rn. 34 m.w.N.). Das Antragserfordernis gilt nicht nur beim erstmaligen Eintritt der Pflegebedürftigkeit, sondern auch bei einer Änderung der Pflegesituation (Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 11.12.2015 – L 4 P 1171/15 Rn. 37 m.w.N.) bzw. wenn die Höherstufung begehrt wird (BSG vom 01.09.2005 – B 3 P 4/04 R Rn. 30). Dabei ist dem Höherstufungsantrag materiell-rechtliche Bedeutung beizumessen, weil der früher gestellte Antrag, der zur Gewährung der niedrigeren Pflegestufe geführt hat, mit Eintritt der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides verbraucht ist (Landessozialgericht für das Land C.-Westfalen vom 20.05.2015 – L 10 P 134/14 Rn. 24). Einen Höherstufungsantrag hat die Versicherte vor dem 30.12.2009 (Schreiben vom 18.12.2009) nicht gestellt. Dies war auch nicht verzichtbar. Auch insoweit kann Bezug genommen werden auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Aus dem Berufungsvorbringen ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Insbesondere hat es das Sozialgericht nicht, wie der Kläger meint, unterlassen, die Lage der Versicherten und ihrer Angehörigen genügend zu berücksichtigen. Auch für den Kläger wäre es, worauf das Sozialgericht zutreffend hinweist, zumutbar gewesen, die Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Versicherten (laienhaft) zu beschreiben und damit ein entsprechendes Höherstufungsbegehren zum Ausdruck zu bringen (Antrag). Dass dies nicht erfolgt ist, kann insbesondere nicht kausal darauf zurückgeführt werden, dass die Beklagte zunächst die Auffassung vertreten hat, dass eine Mitgliedschaft der Versicherten nicht (mehr) bestehe. Dies räumt auch der Kläger selbst ein, wenn er ausführt, die Versicherte habe den beabsichtigten Höherstufungsantrag (auch) deshalb verspätet gestellt, weil sie davon überzeugt gewesen sei, mit dem Antrag müssten die notwendigen Beweisunterlagen beigefügt werden. Insoweit ist auch weder erkennbar, dass die Beklagte die Versicherte oder den Kläger fehlerhaft aufgeklärt hätte, noch dass diese (irrige) Auffassung der Versicherten über die Ausgestaltung eines Antrags kausal auf Handeln oder Unterlassen der Beklagten zurückgeführt werden kann.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Weder der Kläger noch die Beklagte gehören zu dem in § 183 Satz 1 SGG genannten – privilegierten – Personenkreis. Insbesondere ist der Kläger nicht Sonderrechtsnachfolger im Sinne von § 56 SGB I; die Voraussetzungen der Norm sind erkennbar nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht mit der Versicherten zur Zeit ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und er wurde auch erkennbar nicht wesentlich von ihr unterhalten. § 183 Satz 2 SGG beschränkt die Kostenfreiheit von sonstigen Rechtsnachfolgen nur auf den Rechtszug der Verfahrensaufnahme, hier also auf das Klageverfahren.
D. Gründe für eine Revisionszulassung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
E. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 und 2 GKG. Der Kläger begehrt für die Zeit von Januar bis November 2009 (11 Monate) die Differenz zwischen Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen nach der (begehrten) Pflegestufe III (§ 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 Lit. a SGB XI in der Fassung vom 28.05.2008 ˂a.F.˃) in Höhe von monatlich 675 Euro und der (gewährten) Pflegestufe II (§ 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Lit. a SGB XI a.F.) in Höhe von monatlich 420 Euro.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils innerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgerichtsgesetzes schriftlich oder in elektronischer Form beim
Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel
einzulegen.
Für den Kläger, bei dem die Zustellung des Urteils außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgerichtsgesetzes erfolgt, gilt dies mit der Maßgabe, dass die Frist drei Monate nach Zustellung beträgt.
Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
- jeder Rechtsanwalt,
- Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
- selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
- berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
- Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
- juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils innerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgerichtsgesetzes von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen. Für den Kläger, bei dem die Zustellung des Urteils außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgerichtsgesetzes erfolgt, gilt dies mit der Maßgabe, dass die Beschwerde innerhalb von vier Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen ist.
In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist im Internet abrufbar, er kann aber auch von allen Gerichten angefordert werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der oben angegebenen Fristen für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils innerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgerichtsgesetzes, drei Monate nach Zustellung des Urteils außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgerichtsgesetzes) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _ Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).