Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine Krankheit, die wegen der besonderen Einwirkungen, denen Rettungssanitäter gegenüber der übrigen Bevölkerung ausgesetzt sind, die allgemeinen Voraussetzungen für die Anerkennung als Wie-Berufskrankheit bei dieser Personengruppe erfüllt.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2019 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I
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Der Kläger begehrt die Feststellung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) als Wie-Berufskrankheit (Wie-BK).
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Der Kläger ist Rettungssanitäter. Im Juli 2016 legte er der Beklagten einen Reha-Entlassungsbericht vor, in dem unter anderem eine PTBS festgestellt wurde. Der Bericht führte aus, der Kläger habe im Rettungsdienst viele traumatisierende Erlebnisse gehabt (zB Amoklauf, Suizide und andere das Leben sehr belastende Momente). Gleichzeitig habe er über Personalknappheit und ähnliche ihn belastende Vorgänge in der Rettungswache berichtet. Konkret habe die beschriebene Symptomatik nach zwei Amokläufen begonnen, als der Kläger als Helfer eingesetzt worden sei, sowie nach Suiziden von zwei miteinander befreundeten Mädchen.
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Die Beklagte lehnte die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) ab. Gleichzeitig stellte sie fest, dass die Erkrankung auch nicht als Wie-BK anzuerkennen sei (Bescheid vom 25.8.2016). Der allein hierauf gerichtete Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.2.2017). Klage und Berufung waren ebenfalls erfolglos (Urteil des SG vom 8.11.2018; Urteil des LSG vom 13.12.2019). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, es gehe davon aus, dass Rettungssanitäter wie der Kläger während ihrer Arbeitszeit einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt seien. Ausreichend gesicherte neue medizinische Erkenntnisse über ein deutlich erhöhtes Risiko bei Rettungssanitätern, eine beruflich verursachte PTBS zu entwickeln, lägen aber ebenso wenig vor wie über den Umstand, dass (allein) die wiederholte Konfrontation der Ersthelfer mit traumatischen Ereignissen bei anderen Personen generell geeignet sei, eine PTBS zu verursachen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung insbesondere materiellen Rechts (§ 9 Abs 2 SGB VII).
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Der Senat hat nach Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten beim BMAS (ÄSVB) ein Sachverständigengutachten zum Auftreten und zu Ursachenzusammenhängen einer PTBS in der Berufsgruppe der Rettungssanitäter eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten unter anderem festgestellt, dass Rettungssanitäter einer Personengruppe angehörten, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit ein erhöhtes Risiko für die Exposition mit traumatischen Ereignissen habe. Dies könne zu einer sekundären Traumatisierung dadurch führen, dass Rettungssanitäter nicht selbst Opfer, aber berufsbedingt als Zeugen und Helfer in die traumatische Situation anderer Menschen involviert seien. Wissenschaftliche Erkenntnisse über die Häufigkeit der Erkrankung an einer PTBS, dh der Prävalenz, spezifisch innerhalb der Gruppe der Rettungssanitäter hätten bislang nicht vorgelegen. Bezüglich des Ursachenzusammenhanges sei für die PTBS die Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zu bejahen, wenn ein den Diagnosewerken entsprechendes Trauma und eine entsprechende Symptomatik festgestellt werden könnten.
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Der Sachverständige hat zeitgleich eine Metaanalyse durchgeführt. Darin gelangen er und weitere Autoren zu der Feststellung, dass die 12-Monatsprävalenz einer PTBS in der Gruppe der Rettungssanitäter im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung fast siebenfach erhöht ist.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2019 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. November 2018 sowie die Entscheidung über die Ablehnung einer Wie-Berufskrankheit in dem Bescheid der Beklagten vom 25. August 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die bei ihm diagnostizierte Posttraumatische Belastungsstörung als Wie-Berufskrankheit im Sinne des § 9 Abs 2 SGB VII festzustellen.
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Die Beklagte wiederholt den Beweisantrag vom 31. August 2022 und beantragt im Übrigen,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
II
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Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung einer PTBS als Wie-BK hat.
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A. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 und 3, § 56 SGG). Die Anfechtungsklage zielt auf die gerichtliche Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten in dem Bescheid vom 25.8.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2017 (§ 95 SGG) und die Verpflichtungsklage auf die gerichtliche Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer PTBS als Wie-BK (§ 9 Abs 2 SGB VII). Der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage steht nicht entgegen, dass der Kläger sein Begehren zunächst mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Var 1, § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG) verfolgt hat. Denn nach ständiger Senatsrechtsprechung ist der Übergang von der Feststellungs- zur Verpflichtungsklage (und umgekehrt) jedenfalls bei einem Streit um die Feststellung eines Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs 1 SGB VII) eine nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG zulässige Antragsänderung (zB BSG Urteile vom 6.5.2021 B 2 U 15/19 R SozR 42700 § 8 Nr 77 RdNr 11, vom 19.6.2018 B 2 U 1/17 R SozR 42700 § 2 Nr 42 RdNr 8 und vom 23.1.2018 B 2 U 8/16 R BSGE 125, 129 = SozR 42700 § 2 Nr 38, RdNr 9 mwN).
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B. Rechtsgrundlage für die Feststellung einer Wie-BK ist § 9 Abs 2 SGB VII in der seit dem 1.1.1997 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz <UVEG> vom 7.8.1996, BGBl I 1254). Danach haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind.
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§ 9 Abs 2 SGB VII stellt keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härtefallregelung dar, um im Einzelfall individuelle Härtelagen auszugleichen (BSG Urteil vom 23.6.1977 2 RU 53/76 BSGE 44, 90 = SozR 2200 § 551 Nr 9 = juris RdNr 20; s auch Gegenäußerung der BReg zum Vorschlag des BR zur Einführung einer Härtefallregelung bei Seltenheit von Gefährdungen, geringen Betroffenenzahlen oder in Fällen des Zusammenwirkens von mehreren potenziell krebserzeugenden Gefahrstoffen, BT-Drucks 19/17586 S 153, 163 zu einem Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - 7. SGB IV Änderungsgesetzes vom 4.3.2020). Vielmehr darf die Anerkennung einer Wie-BK nur erfolgen, wenn neben den Voraussetzungen der schädigenden Einwirkungen aufgrund der versicherten Tätigkeit, der Erkrankung und der haftungsbegründenden Kausalität im Einzelfall auch die allgemeinen Voraussetzungen nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfüllt sind, der Verordnungsgeber die Krankheit also als neue Listen-BK in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (vgl BSG Urteile vom 18.6.2013 B 2 U 6/12 R SozR 42700 § 9 Nr 22 RdNr 15 mwN und vom 20.7.2010 B 2 U 19/09 R juris RdNr 19 mwN; s auch Spellbrink, SR 2014, 140, 153 ff; zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 551 Abs 2 RVO BSG Urteil vom 13.2.2013 B 2 U 33/11 R SozR 42700 § 9 Nr 21 RdNr 17). Liegen die Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII vor, ergibt sich ein Rechtsanspruch (§ 38 SGB I) auf Anerkennung einer Wie-BK, dessen Ablehnung uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist (vgl BSG Urteil vom 27.4.2010 B 2 U 13/09 R SozR 42700 § 9 Nr 18 RdNr 15).
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C. Aufgrund fehlender Feststellungen des LSG kann der Senat nicht beurteilen, ob alle Voraussetzungen für die Feststellung einer PTBS als Wie-BK bei dem Kläger erfüllt sind. Zwar liegen für die nicht in der BKV enthaltene psychische Erkrankung einer PTBS die allgemeinen Voraussetzungen für ihre Bezeichnung als BK nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII vor (dazu 1.). Die medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse hierzu sind rechtlich auch neu (dazu 2.). Der Senat kann jedoch nicht abschließend entscheiden, ob bei dem Kläger auch die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung einer PTBS als Wie-BK vorliegen. Die hierzu erforderlichen Feststellungen wird das LSG nachzuholen haben (dazu 3.).
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1. Nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII ist für die Bezeichnung einer Krankheit als BK (dazu a) auf genereller Ebene erforderlich, dass eine bestimmte Personengruppe durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist (dazu b), die abstrakt-generell nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft Ursache einer Erkrankung der geltend gemachten Art sind. Hierfür ist nicht zwingend eine Feststellung erforderlich, dass die Personengruppe tatsächlich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in erhöhtem Grade an der betreffenden Krankheit leidet (dazu c). Die in früheren Entscheidungen des Senats neben dieser generellen Geeignetheit verwendeten Begriffe der Gruppentypik und gruppentypischen oder spezifischen Risikoerhöhung dienten allein der Erläuterung oder Umschreibung der allgemeinen Voraussetzungen, ohne dass damit andere Anforderungen an die Anerkennung einer Wie-BK gestellt werden sollten (BSG Urteil vom 18.6.2013 B 2 U 6/12 R SozR 42700 § 9 Nr 22 RdNr 15 mwN).
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Das BSG ist zur Ermittlung der allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII, insbesondere der generellen Geeignetheit, befugt und konnte daher auch im Revisionsverfahren ein Sachverständigengutachten zu den zugrunde liegenden generellen Tatsachen einholen. Allgemeine (generelle) Tatsachen (Rechtstatsachen) sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht nur für die Rechtsfindung im Einzelfall, sondern für eine Vielzahl von Fällen gleichermaßen bedeutsam sind. Welche Bedeutung ihnen zukommt, kann daher nicht von Fall zu Fall und von Gericht zu Gericht unterschiedlich bewertet werden. Es ist vielmehr Aufgabe des Revisionsgerichts, durch Ermittlung, Feststellung und Würdigung derartiger Tatsachen die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sicherzustellen und so die Rechtseinheit zu wahren (vgl BSG Urteil vom 28.6.2022 B 2 U 9/20 R juris RdNr 23 mwN; zur Einstufung der allgemeinen Voraussetzungen als generelle Tatsachen s auch BSG Urteil vom 2.4.2009 B 2 U 9/08 R BSGE 103, 59 = SozR 42700 § 9 Nr 14, RdNr 15).
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a) Die PTBS ist eine Krankheit iS des § 9 SGB VII. Gesetz- und Verordnungsgeber haben den im Recht der BKen vorausgesetzten Krankheitsbegriff nicht näher festgelegt, sondern von einer Definition abgesehen, weil der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt ständige Anforderungen dessen bewirkt, was als Krankheit erkannt werden kann. In der Sozialversicherung umschreiben Rechtsprechung und Literatur Krankheiten auch im BK-Bereich als regelwidrigen Körper- und Geisteszustand. Dabei kommt nicht jeder körperlichen Regelwidrigkeit iS einer Normabweichung (normativer Krankheitsbegriff) Krankheitswert im Rechtssinne zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird (funktioneller Krankheitsbegriff). Hierzu ist es grundsätzlich notwendig aber auch ausreichend, dass die Einwirkung über zunächst innerkörperliche Reaktionen oder Strukturveränderungen hinaus zu irgendeiner Funktionsstörung führt (vgl zuletzt BSG Urteil vom 30.3.2023 B 2 U 2/21 R zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen juris RdNr 24 mwN).
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Die PTBS ist fester Bestandteil der anerkannten und gängigen Diagnosewerke (ICD = Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, herausgegeben von der Weltgesundheitsorganisation <WHO>; DSM = Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung <APA>; vgl hierzu BSG Urteil vom 28.6.2022 B 2 U 9/20 R juris RdNr 20 ff). Sie wird darin den Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (ICD-10, ICD-11) bzw den Trauma- und belastungsbezogenen (Gesundheits-)Störungen (DSM-V) zugeordnet.
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Die PTBS äußert sich in unterschiedlichen, indes auch eingegrenzten Symptomen, die ihrerseits für die Diagnose positiv festgestellt werden müssen (vgl hierzu BSG Urteil vom 28.6.2022 B 2 U 9/20 R juris RdNr 30 mwN). Die Vielfalt der Symptome einer PTBS hindert die Einordnung der PTBS als Krankheit iS von § 9 Abs 2 SGB VII nicht (vgl zu möglichen Einordnung auch einer PTBS als Gesundheitsschaden iS von § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII BSG Urteil vom 26.11.2019 B 2 U 8/18 R SozR 42700 § 8 Nr 71 RdNr 19 ff, 24; zur möglichen Identität "Unfallfolge" und Gesundheitserstschaden bei psychischen Gesundheitsschäden Pitz/Strametz, SGb 2021, 405, 408).
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b) Die Personengruppe der Rettungssanitäter ist durch die versicherte Tätigkeit besonderen Einwirkungen in Gestalt traumatisierender Ereignisse in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Die positive Feststellung dieser Voraussetzung erfordert in einem ersten Schritt die Ermittlung der Einwirkungen innerhalb der betroffenen Personengruppe (dazu aa) und in einem weiteren Schritt die Zurechnung zur versicherten Tätigkeit (dazu bb). Die Personengruppe muss den Einwirkungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung in erheblich höherem Maße ausgesetzt sein (dazu cc).
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aa) Einwirkung kann alles sein, was von außen auf den menschlichen Körper einwirkt, mithin kommen auch psychische Einwirkungen durch bloße Wahrnehmung der Sinnesorgane in Betracht (vgl BSG Urteile vom 27.4.2010 B 2 U 13/09 R SozR 42700 § 9 Nr 18, RdNr 18 ff und vom 20.7.2010 B 2 U 19/09 R juris RdNr 23; aus dem Bereich des Arbeitsunfalls vgl auch BSG Urteile vom 6.5.2021 B 2 U 15/19 R SozR 42700 § 8 Nr 77 RdNr 18 mwN und vom 26.11.2019 B 2 U 8/18 R SozR 42700 § 8 Nr 71 RdNr 18 mwN; "Wahrnehmungen" als "äußere Ereignisse" ablehnend Forchert, MedSach 2021, 15, 18). An die bestimmte Personengruppe sind keine besonderen Anforderungen hinsichtlich ihrer Größe oder sonstiger charakterisierender Merkmale zu stellen. Durch den "Gruppen-Bezug" wird der Unterschied zwischen der hier anzustellenden allgemeinen und abstrakten Prüfung der Voraussetzungen einer BK-Bezeichnung gegenüber der Prüfung der Voraussetzungen einer BK im Einzelfall betont (BSG Urteil vom 27.4.2010 B 2 U 13/09 R SozR 42700 § 9 Nr 18 RdNr 19).
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Dazu hat das LSG festgestellt, dass Rettungssanitäter einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt sind. Insoweit bestätigt auch der Sachverständige D in seinem Gutachten vom 19.6.2022, dass Rettungssanitäter während ihrer beruflichen Tätigkeit auch tatsächlich unter anderem potentiell traumatisierenden Erfahrungen in Gestalt erfolgloser Rettungsmaßnahmen, der Bergung von Schwerverletzten oder Unfalltoten, des Auffindens von Suizidenten und insbesondere des Auffindens und Bergens von Kindern ausgesetzt sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass Rettungssanitäter regelmäßig als Ersthelfer in direkten und unverfälschten Kontakt mit schwerverletzten, verstümmelten oder sterbenden Menschen und der entsprechenden Auffindesituation gelangen und so dramatischen und schockierenden Eindrücken potentiell ausgesetzt sind (vgl Molkentin, SGb 2019, 200, 205; s auch Pitz/Strametz, SGb 2021, 405, 411). Es ist damit in der Gesamtschau für den Senat ohne Zweifel, dass die Personengruppe der Rettungssanitäter psychischen Einwirkungen in Form des wiederholten Erlebens von potentiell traumatisierenden Geschehnissen ausgesetzt ist.
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bb) Die versicherte Tätigkeit der Rettungssanitäter wie hier als Beschäftigte nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII führt zwangsläufig zu einem Kontakt mit den beschriebenen Einwirkungen, sodass diese ihr zuzurechnen sind.
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cc) Rettungssanitäter sind den benannten Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Es kommt dafür auf einen Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung an. Zu berücksichtigen sind auch Einwirkungen, denen die übrige Bevölkerung nicht ausgesetzt ist, weil dies zwangsläufig ein Ausgesetztsein in erheblich höherem Grade nach sich zieht (BSG Urteil vom 27.4.2010 B 2 U 13/09 R SozR 42700 § 9 Nr 18 RdNr 20). Das Ausmaß, in dem Rettungssanitäter in ihrer versicherten Tätigkeit potentiell traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt sind, übersteigt das zu vergleichende Ausmaß innerhalb der allgemeinen Bevölkerung deutlich. Die Feststellung der "Erheblichkeit" erfordert nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII keinen zu ermittelnden Grenzwert etwa im Sinne einer Verdoppelung des Erkrankungsrisikos (ablehnend hierzu BSG Urteil vom 23.3.1999 B 2 U 12/98 R BSGE 84, 30 = SozR 32200 § 551 Nr 12 = juris RdNr 35).
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c) Über die generelle Geeignetheit iS einer Einwirkungs- und Verursachungsbeziehung zwischen der auch wiederholten Wahrnehmung von traumatisierenden Ereignissen und der Entstehung einer PTBS liegen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse vor.
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Die Einwirkungen, denen die Personengruppe durch die versicherte Tätigkeit ausgesetzt ist, müssen abstrakt-generell nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft Ursache einer Erkrankung der geltend gemachten Art sein (dazu aa). Der Feststellung einer tatsächlich erhöhten Prävalenz innerhalb der versicherten Personengruppe bedarf es hierfür nicht (dazu bb). Jedenfalls für die PTBS leitet sich der abstrakt-generelle Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aus den anerkannten Diagnosewerken sowie den aktuellen Leitlinien zur Klassifizierung psychischer Erkrankungen ab (dazu cc) und ist für die Personengruppe der Rettungssanitäter zu bejahen (dazu dd).
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aa) Die generelle Geeignetheit im Sinne des generellen Ursachenzusammenhangs zwischen den Einwirkungen und der Krankheit beurteilt sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft. Die Feststellung unterscheidet sich aufgrund der hierfür maßgeblichen Abstraktheit von der Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität beim einzelnen Arbeitsunfall oder der Listen-BK im Einzelfall. Dennoch gilt auch insofern die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl BSG Urteile vom 20.7.2010 B 2 U 19/09 R juris RdNr 24 und vom 27.4.2010 B 2 U 13/09 R SozR 42700 § 9 Nr 18 RdNr 29; grundlegend BSG Urteil vom 9.5.2006 B 2 U 1/05 R BSGE 96, 196 = SozR 42700 § 8 Nr 17). Insoweit muss auch hier die naturwissenschaftliche/naturphilosophische Kausalitätsprüfung erfolgen. Es muss mit wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen zu begründen sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, bestimmte Krankheiten zu verursachen. Entsprechende Erkenntnisse liegen in der Regel vor, wenn die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf den jeweils in Betracht kommenden Gebieten über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Hierbei muss es sich um gesicherte sowie im Entscheidungszeitpunkt aktuelle Erkenntnisse handeln (BSG Urteile vom 18.6.2013 B 2 U 6/12 R SozR 42700 § 9 Nr 22 RdNr 17 und vom 20.7.2010 B 2 U 19/09 R juris RdNr 24; s auch BSG Urteil vom 23.3.1999 B 2 U 12/98 R BSGE 84, 30 = SozR 32200 § 551 Nr 12 = juris RdNr 30 mwN; zum Erfordernis der Aktualität der Erkenntnisse BSG Urteil vom 28.6.2022 B 2 U 9/20 R juris RdNr 21 mwN; BTDrucks 13/2204 S 77 f).
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Diese Erkenntnisse werden aufgrund der regelmäßig multifaktoriellen Ursache von Krankheiten oftmals erst durch statistisch-epidemiologische Studien zu erlangen sein (zB BSG Urteil vom 4.6.2002 B 2 U 16/01 R juris RdNr 19 mwN). Insoweit trifft die Annahme der Beklagten zu, dass der "wissenschaftliche Goldstandard" zur Ermittlung von Kausalitäten kontrollierte und prospektive Studien in definierten Stichproben mit definierten Kontrollgruppen sind, in denen eine Vielzahl von intervenierenden Variablen kontrolliert wird. Die wissenschaftlichen Fachdisziplinen sind indes rechtlich nicht an diese Erkenntnisquelle gebunden, sie ist nur eine von mehreren Methoden zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Liegt umfangreiches Zahlenmaterial aus verschiedensten Veröffentlichungen vor, lässt sich unter Umständen bereits hieraus die generelle Geeignetheit erkennen (BSG Urteile vom 4.6.2002 B 2 U 20/01 R juris RdNr 27 und vom 23.3.1999 B 2 U 12/98 R BSGE 84, 30 = SozR 32200 § 551 Nr 12 = juris RdNr 30 mwN; grundlegend BSG Urteil vom 9.5.2006 B 2 U 1/05 R BSGE 96, 196 = SozR 42700 § 8 Nr 17, RdNr 18: zu weiteren Methoden s auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl 2017, S 72). Dem steht nicht entgegen, dass der Verordnungsgeber bestimmte Einwirkungsdosen mit einer damit verbundenen tatsächlichen Kausalitätsvermutung im Einzelfall als Voraussetzung in den Tatbestand einer BK aufnehmen kann, wenn nur bei deren Erreichen die generelle Geeignetheit im Sinne einer Dosis-Wirkungs-Beziehung wissenschaftlich gesichert ist (vgl zur BK Nr 4104 BSG Urteil vom 30.1.2007 B 2 U 15/05 R SozR 45671 Anl 1 Nr 4104 RdNr 24).
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bb) Gesicherte Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die rechtliche Anerkennung einer Wie-BK erfordern danach nicht stets eine Absicherung durch die Feststellung einer erhöhten Prävalenz. Weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck nach lassen sich der Regelung des § 9 Abs 2 SGB VII belastbare Hinweise dafür entnehmen, dass die rechtliche Anerkennung einer Wie-BK stets die Feststellung einer erhöhten Prävalenz erfordert, die Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit im Vergleich zur übrigen Bevölkerung also häufiger auftreten muss. Der Senat stellt insoweit klar, dass er an anderslautender früherer Rechtsprechung nicht ohne Ausnahme festhält (ausdrücklich noch zB BSG Urteil vom 23.3.1999 B 2 U 12/98 R BSGE 84, 30 = SozR 32200 § 551 Nr 12 = juris RdNr 29; missverständlich BSG Urteil vom 18.6.2013 B 2 U 6/12 R SozR 42700 § 9 Nr 22 RdNr 17; ebenso gegen das zwingende Kriterium einer gehäuften Erkrankungsrate Brandenburg in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl 2022, § 9 RdNr 75, Stand 19.01.2022; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, § 9 RdNr 40, Stand 4. EL 2021; Presting, Die Erfassung psychischer Erkrankungen in der gesetzlichen Unfallversicherung, Diss 2022, S 97; Hollo, Das Verfahren zur Anerkennung von Berufskrankheiten, Diss 2018, S 187; zu einer diesbzgl Reformbedürftigkeit von § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII Kranig, NZS 2022, 162, 170).
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Bereits der Wortlaut des von § 9 Abs 2 SGB VII in Bezug genommenen § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII stellt nicht auf die Häufung einer Erkrankung innerhalb einer bestimmten Personengruppe ab, sondern auf einen erhöhten Einwirkungsgrad. Damit kommt es auf ein generelles Gefährdungspotential der versicherten Tätigkeit an (expositionsspezifische Risikoerhöhung), nicht aber auf die erhöhte Realisierung dieser Gefahr (vgl hierzu auch den Wortlaut des Vermutungstatbestandes von § 9 Abs 3 SGB VII). Für die Entbehrlichkeit einer gesicherten Erkrankungshäufung spricht auch der Sinn und Zweck der Voraussetzung der generellen Geeignetheit in § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Dieser liegt in der Feststellung des wissenschaftlich gesicherten abstrakt-generellen und damit allgemeinen Ursachenzusammenhanges. Zwar ist bei einem erhöhten Krankheitsauftreten innerhalb einer bestimmten versicherten Personengruppe eine entsprechende Korrelation mit konkret festgestellten Einwirkungen naheliegend (vgl so auch BSG Urteil vom 30.1.1986 2 RU 80/84 BSGE 59, 295 = SozR 2200 § 551 Nr 27 RdNr 14). In solch einem Fall können dann möglicherweise vereinfachte Anforderungen an den sonst strengen Nachweis der Einwirkung und der Erkrankung gestellt werden (vgl hierzu BSG Urteil vom 23.3.1999 B 2 U 12/98 R BSGE 84, 30 = SozR 32200 § 551 Nr 12, RdNr 33 zur Einführung der BK Nr 2108).
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Die positive Erkenntnis einer tatsächlichen Krankheitshäufung ist demgegenüber nicht zwingende Voraussetzung. Setzt eine Krankheitsdiagnose nämlich nach den jeweils aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen bereits im Ansatz hinreichend geeignete und insoweit monokausale Einwirkungen von besonderer Qualität voraus, beruht diese Diagnose ihrerseits auf hinreichend gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. In diesen Fällen ist das Ziel der Gewissheit über die generelle Eignung auch ohne weitere gruppenbezogene Erhebungen erreicht (s zum Verzicht auf epidemiologische Nachweise bei monokausaler Verursachung auch Kranig in Freiheit Gerechtigkeit Sozial(es) Recht, Festschrift für Eberhard Eichenhofer, 2015, S 380). Der Verzicht auf das zwingende Erfordernis einer Prävalenz stellt insoweit auf normativer Ebene sicher, dass der Präventionsauftrag der Unfallversicherungsträger (§ 3 Abs 1 Satz 1 BKV) nicht ins Leere läuft (zu psychischen Erkrankungen als häufigster Ursache für eine Erwerbsminderungsrente vgl zB Mitteilung der DRV vom 30.11.2021: https://www.deutscherentenversicherung.de/Bund/DE/Presse/Pressemitteilungen/pressemitteilungen_archive/2021/2021_11_30_psych_erkrankungen_erwerbsminderung.html).
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Umgekehrt schließt der Verzicht auf das zwingende Erfordernis einer Krankheitshäufung im Einzelfall Lücken im Versicherungsschutz und stellt auf diese Weise Einzelfallgerechtigkeit sicher, auf die § 9 Abs 2 SGB VII jenseits einer Härtefallregelung gerade abzielt (vgl zu § 551 Abs 2 RVO bereits BVerfG Beschluss vom 22.10.1981 1 BvR 1369/79 BVerfGE 58, 369 = SozR 2200 § 551 Nr 19, juris RdNr 13). So hat der Senat schon in seinen früheren Urteilen auf eine Krankheitshäufung regelmäßig nicht tragend abgestellt und nicht deswegen die Anerkennung einer Wie-BK abgelehnt (vgl BSG Urteile vom 23.3.1999 B 2 U 12/98 R BSGE 84, 30 = SozR 3-2200 § 551 Nr 12 = juris RdNr 29: "grundsätzlich" und 18.6.2013 B 2 U 6/12 R SozR 42700 § 9 Nr 22 RdNr 17 nur missverständliche Formulierung, i.Ü: "regelmäßig").
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cc) Die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse können sich auch aus den international anerkannten Diagnosewerken der ICD und des DSM oder aus den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften eV (AWMF) ergeben. Die Inhalte der ICD und des DSM beruhen auf einem jeweiligen Konsens innerhalb der betroffenen medizinischen Wissenschaften und deren Vertreter. Gleiches gilt für die jeweiligen Leitlinien der AWMF, sofern sie zumindest die Entwicklungsstufe einer konsentierten Begutachtungsleitlinie (Stufe S2) aufweisen (vgl zur Klassifikation der AWMF-Leitlinien: https://www.awmf.org/regelwerk/regeln-fuer-das-ll-register; zur Aussagekraft der AWMF-Leitlinien s auch BSG Urteile vom 20.7.2010 B 2 U 19/09 R juris RdNr 24 mwN sowie grundlegend vom 9.5.2006 B 2 U 1/05 R BSGE 96, 196 = SozR 42700 § 8 Nr 17, RdNr 26 mwN).
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Das ICD stellt ein weltweit anerkanntes System dar, mit dem medizinische Diagnosen einheitlich benannt werden. Das DSM ist ein auf psychische Störungen begrenztes Klassifikationssystem, welches im Vergleich zum ICD stärker operationalisiert ist. Der Senat hat hierzu bereits festgestellt, dass insbesondere das DSM-V den repräsentativen aktuellen Erkenntnisstand im Bereich der Psychiatrie darstellt (vgl BSG Urteil vom 28.6.2022 B 2 U 9/20 R juris RdNr 24 f; Falkai/Wittchen, Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5, 2. Aufl 2018, S 5 ff).
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dd) Jedenfalls für die Erkrankung an einer PTBS ist der generelle Ursachenzusammenhang im naturwissenschaftlich-medizinischen Sinn anhand dieser Erkenntnisquellen zu bejahen. Nach dem allgemeinen Erkenntnisstand in der medizinischen Wissenschaft kommt Ereignissen, die die Traumakriterien des DSM-V (oder der ICD-10/-11 oder der qualifizierten AWMF-Leitlinie) erfüllen, für die naturwissenschaftlich-medizinische Ursachenbeziehung mit den Symptomkriterien und damit der abschließenden Diagnose PTBS eine herausgehobene Bedeutung zu. Denn die isoliert betrachtet unspezifischen Symptomkriterien werden erst durch ihre Verknüpfung mit einem geeigneten traumatischen Erlebnis zu einer als solche zu diagnostizierenden PTBS als Traumafolgestörung. Kommen mithin ohne ein geeignetes Trauma nur andere Traumafolgestörungen in Betracht, so rechtfertigt umgekehrt die positive Feststellung eines geeigneten Traumas bei Vorliegen entsprechender Symptomkriterien den Rückschluss auf einen (damit monokausalen) Ursachenzusammenhang im naturwissenschaftlich-medizinischen Sinn (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 28.6.2022 B 2 U 9/20 R juris RdNr 34 mwN; zu der herausgehobenen Stellung der PTBS auch Flatten/Denis/Ebbinghaus, Trauma & Gewalt 2016, S 106, 110; s auch AWMF-Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung, AWMF-Register-Nr 155/001 Klasse S 3, <Überarbeitung 2019/04>, S 6, 18 unter Hinweis auf mögliche Differentialdiagnosen, insbesondere Depression, Angststörungen wie zB die generalisierte Angststörung, Panikstörung, und auf somatoforme Störungen).
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Hieraus ergibt sich zugleich, dass eine (weitere) Prüfung zur generell rechtlichen Wesentlichkeit der Ursächlichkeit nach der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht erfolgt. Diese Wesentlichkeit wird für die PTBS bereits begrifflich unterstellt und bedarf im Rahmen der abstrakten Prüfung einer Wie-BK keiner weiteren eigenständigen Prüfung des Ursachenzusammenhangs im juristischen Sinne (dazu auch Pitz/Strametz, SGb 2021, 405, 411; ebenso Molkentin, SGb 2021, 76, 80 und SGb 2019, 200, 204, nach dem die medizinisch-wissenschaftliche Kausalität dann "eingepreist" sei). Der Senat ist nicht gehindert, solche Erkenntnisse über generelle Kausalzusammenhänge heranzuziehen, denn sie stellen gerade die für die generelle Geeignetheit zu fordernden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse dar. Insoweit hat der Senat bereits in der Vergangenheit grundlegend ausgeführt, dass dann, wenn "eine bestimmte Diagnose ein Ereignis einer bestimmten Schwere voraussetzt, von einem entsprechenden aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand auszugehen sein" wird (BSG Urteil vom 9.5.2006 B 2 U 1/05 R BSGE 96, 196 = SozR 42700 § 8 Nr 17, RdNr 27). Davon zu unterscheiden ist die rechtliche Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität im Einzelfall (BSG Urteil vom 27.4.2010 B 2 U 13/09 R SozR 42700 § 9 Nr 18 RdNr 29). Daher ergibt sich mit der hier vorzunehmenden Beurteilung auch kein Widerspruch zu der in der Literatur geäußerten Kritik an einer Heranziehung der Diagnosesysteme für die Beurteilung des rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhangs (vgl Fabra, MedSach 2021, 6, 8; Forchert, MedSach 2021, 15, 24 ff; einschränkend Bultmann, MedSach 2017, 114, 116 f).
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Nach dem im DSM-V wiedergegebenen wissenschaftlich konsentierten Erfahrungssatz, der durch das ICD sowie die maßgebliche Begutachtungsleitlinie der AWMF gestützt wird, entspricht es dem aktuellen Erkenntnisstand, dass eine PTBS generell auch durch mehrere Ereignisse ausgelöst werden kann. Geeignet sind zudem die Beobachtung traumatischer Ereignisse an anderen Personen zB in Form drohender oder ernsthafter Verletzung, unnatürliche Todesfälle, häusliche Gewalt, Unfall oder Naturkatastrophe, ohne Selbstbetroffenheit des Beobachters (vgl DSM-V F 43.10, Traumakriterium A.2: "Persönliches Erleben, eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse bei anderen Personen", Traumakriterium A.4: "Die Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details von einem oder mehreren derartigen traumatischen Ereignissen (zB Ersthelfer, die menschliche Leichenteile aufsammeln oder Polizisten, die wiederholt mit schockierenden Details von Kindesmissbrauch konfrontiert werden)"; Falkai/Wittchen, Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5, 2. Aufl 2018, S 369, 374; Bolm-Audorff/Petereit-Haack/Seidler, Psychiatr Prax 2019, 184, 185). Soweit der Senat in seiner früheren Entscheidung vom 20.7.2010 (B 2 U 19/09 R juris RdNr 26) mit Bezug auf das Opferentschädigungsrecht nicht tragend ausgeführt hat, dass es im Fall der Beobachtung eines traumatischen Ereignisses an anderen Personen einer engen personellen Beziehung zum Opfer bedürfe, wird zu Recht darauf hingewiesen, dass dies nur für den Fall des "Erfahrens" des Ereignisses im Sinne der Information durch Dritte darüber gelten kann (hierzu Molkentin, SGb 2019, 200, 205 und SGb 2021, 76, 81 jeweils in Auseinandersetzung mit BSG Urteil vom 20.7.2010 B 2 U 19/09 R juris RdNr 26; s auch Falkai/Wittchen, Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5, 2. Aufl 2018, S 374). Das DSM-V ist seit Mai 2013 in Kraft. Angesichts des hier erst im Jahr 2016 vorgelegten Befundberichtes des Klägers lässt es der Senat offen, ob Anhaltspunkte für einen entsprechenden Erkenntnisstand überdies bereits dem DSM-IV aus dem Jahr 1994 zu entnehmen sind. Denn auch dieses umfasste jedenfalls die Beobachtung von Traumata an anderen Personen (dazu Molkentin, SGb 2019, 200, 203 mwN; s auch Pitz/Strametz, SGb 2021, 405, 411).
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Einer bestimmten "Dosis" an Einwirkungen bedarf es nach den Diagnosekriterien nicht. Bereits ein einmaliges Ereignis kann bei geeigneter Schwere eine PTBS auslösen, die dann indes einen Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII) begründen könnte. Die wiederholte Konfrontation mit traumatischen Erlebnissen, die in der Summe eine PTBS begründen, sind dagegen dem Bereich der BKen zuzuordnen. Dabei fehlen in den maßgeblichen Diagnosewerken Hinweise darauf, dass dies nur dann der Fall sein soll, wenn diese Erlebnisse eine bereits vorbestehende PTBS ("Indextrauma") reaktivieren oder in ihrer Ausprägung verstärken (so Hessisches LSG Urteil vom 13.8.2019 L 3 U 145/14 juris RdNr 32).
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2. Die Erkenntnisse über das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII sind neu iS des § 9 Abs 2 SGB VII.
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"Neu" sind medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse auch dann, wenn sie zum Zeitpunkt der letzten Änderung der BKV zwar vorhanden, dem Verordnungsgeber aber noch nicht bekannt waren. Ebenso verhält es sich, wenn der Verordnungsgeber sie noch nicht geprüft und gewürdigt oder die Aufnahme der Krankheit in die BKV nicht bewusst abgelehnt hat. Das Untätigbleiben des Verordnungsgebers nach Vorliegen neuer Erkenntnisse steht einer (bewussten) Ablehnung nicht gleich (BVerfG Beschluss vom 22.10.1981 1 BvR 1369/79 BVerfGE 58, 369 = SozR 2200 § 551 Nr 19, juris RdNr 15 f mwN; BSG Urteile vom 21.1.1997 2 RU 7/96 juris RdNr 17, vom 4.8.1981 5a/5 RKnU 1/80 SozR 2200 § 551 Nr 18 = juris RdNr 36 und vom 23.6.1977 2 RU 53/76 BSGE 44, 90 = SozR 2200 § 551 Nr 9 = juris RdNr 21).
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Hier lagen die Erkenntnisse basierend auf dem DSM-V bereits seit dessen Gültigkeit in Deutschland ab 2013 vor und waren damit im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl BSG Urteil vom 13.2.2013 B 2 U 33/11 R SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 22 mwN) objektiv bereits "alt", weil die letzte Änderung der BKV durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der BKV vom 29.6.2021 mit Wirkung vom 1.8.2021 erfolgte (BGBl I 2245). Indes lag bis dahin keine Entscheidung des Verordnungsgebers über die Aufnahme einer PTBS bei Rettungssanitätern in die BKV vor. Zuletzt hat das BMAS mit Schreiben vom 2.11.2021 gegenüber dem Senat bestätigt, dass der das BMAS beratende ÄSVB die PTBS bei Rettungssanitätern nicht (einmal) in die Vorprüfung aufgenommen hat. Der ÄSVB berät über konkrete Themen erst nach erfolgreicher Vorprüfung, nach deren Abschluss er eine Empfehlung, Stellungnahme oder einen Abschlussvermerk erstellt (§ 9 Abs 3, 4 BKV; vgl zum Beratungsverlauf beim ÄSVB und zum Status der Vorprüfung <https://www.bmas.de/DE/Soziales/Gesetzliche-Unfallversicherung/ Aerztlicher-Sachverstaendigenbeirat/aerztliche-sachverstaendigenbeirat.html>: "In einer sog. Vorprüfung prüft der Beirat kursorisch, ob hinreichende wissenschaftliche Evidenz für einen Ursachenzusammenhang zwischen einer potentiell schädigenden Einwirkung und der Entstehung einer bestimmten Krankheit besteht. Ist dies zu bejahen, beschließt der Beirat, Beratungen aufzunehmen."; s auch Römer/Brandenburg, SGb 2023, 14, 16). Dem ÄSVB kommt eine rein beratende und unterstützende Funktion gegenüber dem BMAS zu (§ 9 Abs 1a SGB VII iVm §§ 7 ff BKV; vgl auch BT-Drucks 19/17586 S 101, 131). Auch das BMAS ist nicht der für die Entscheidung über die Aufnahme oder Ablehnung weiterer BKen zuständige Verordnungsgeber, sondern die Bundesregierung zusammen mit dem Bundesrat (§ 9 Abs 1 SGB VII).
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Der iS des § 9 Abs 1 BKV maßgebliche Verordnungsgeber hat sich daher bis zur letzten mündlichen Verhandlung zu keinem Zeitpunkt mit dem sich aus den Diagnosesystemen ableitbaren Ursachenzusammenhang auseinandergesetzt bzw eine Anerkennung oder Ablehnung der PTBS als (Listen-)BK bei Rettungssanitätern geprüft.
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3. Das LSG wird im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob in der Person des Klägers auch die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung einer PTBS als Wie-BK vorliegen. Dies erfordert die Feststellung von Art und Umfang geeigneter traumatisierender Einwirkungen, denen der Kläger in seiner versicherten Tätigkeit ausgesetzt gewesen ist, ferner die Feststellung des Vorliegens einer PTBS sowie die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität. Die Ermittlung der beruflich bedingten traumatisierenden Erlebnisse ist auch deswegen bedeutsam, um sie je nach Verursachungsbeitrag ggf entweder dem Versicherungsfall des Arbeitsunfalls (§ 8 SGB VII) oder der hier gegenständlichen Wie-BK (§ 9 Abs 2 SGB VII) zuzuordnen. Desweiteren ist zu klären, ob und ggf ab wann eine PTBS beim Kläger festzustellen ist. Das LSG hat dies ausdrücklich dahinstehen lassen.
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Das LSG wird bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen schließlich auch den Zeitpunkt der möglichen Anerkennung der Wie-BK festzulegen haben. Nach § 9 Abs 2a Nr 2 Halbsatz 1 SGB VII idF des 7. SGB IV-Änderungsgesetzes vom 12.6.2020 (BGBl I 1248) sind Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als BK bereits entstanden waren, bei fehlender Empfehlung des ÄSVB rückwirkend wie eine BK frühestens zu dem Zeitpunkt anzuerkennen, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben (so zur bisherigen Rechtslage auch BSG Urteil vom 29.11.2011 B 2 U 26/10 R juris RdNr 26 mwN; zu § 551 Abs 1 Satz 2 RVO bereits BSG Urteil vom 2.12.2008 B 2 KN 1/08 U R BSGE 102, 121 = SozR 42700 § 9 Nr 12, RdNr 23).
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4. Dem wiederholten Beweisantrag der Beklagten zur Einholung einer erneuten Stellungnahme beim ÄSVB über das Vorliegen aktueller medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse war nicht zu folgen, weil die Ausführungen des Sachverständigen zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand ebenso wenig entscheidungserheblich waren wie die von ihm zeitgleich erstellte Metaanalyse.
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5. Die von dem Kläger im Revisionsverfahren erhobene Verfahrensrüge ist gegenstandslos, weil das Urteil des Berufungsgerichts hinsichtlich der begehrten Feststellung der Wie-BK aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben war.
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.