L 3 BA 12/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 18 R 71/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 BA 12/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
 
Leitsätze

Die fehlende Eintragung in die Handwerksrolle mit der Tätigkeit als Maurer steht nach der Handwerksordnung einer selbständigen Erbringung von Maurer- und Betonbauerarbeiten entgegen.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 13. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitsförderung für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von 26.742 €.

Folgende acht Projektpartner schlossen die „Vereinbarung über die Errichtung der Geschäftsstelle `DVB-T Mitteldeutschland´“ vom 14. Juni 2000 mit Wirkung ab dem 1. April 2000: (Gruppe 1.) Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), SAT 1 Satelliten Fernsehen GmbH (SAT.1), RTL Television (RTL), Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), (Gruppe 2.) Thüringer Landesmedienanstalt (TLM), Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM), Landesrundfunkausschuss für Sachsen-Anhalt (LRA) sowie (zu 3.) Deutsche Telekom AG (DTAG). „Zweck der Einrichtung“ war es nach dieser Vereinbarung, in Mitteldeutschland die Voraussetzungen zu schaffen, um DVB-T einführen zu können (Art. 1). Die Geschäftsstelle hatte ihren Sitz beim LRA (Medienanstalt Sachsen-Anhalt) (Art. 3). LRA bzw. Mediananstalt Sachsen-Anhalt (MSA) sind seit 1994 unter der im Rubrum genannten Adresse als Körperschaft des öffentlichen Rechts ansässig. Die Finanzierung der Geschäftsstelle wurde durch die Projektpartner mit gleichen Anteilen getragen, mit einem Budget in Höhe von 200.000 DM für das erste Projektjahr (Art. 5).

 

Der Beigeladene zu 1. führt seit 1999 ein Ingenieurbüro mit angestellten Mitarbeitern und war durchgehend bei einem privaten Versicherungsunternehmen kranken- bzw. pflegeversichert. Sein Rentenkonto wird bei der Beklagten geführt. Seit dem Jahr 2017 ist er Ortsbürgermeister seines Wohnorts E. Mit der vorgenannten Vereinbarung wurde er zum Leiter der Geschäftsstelle ernannt sowie beauftragt und bevollmächtigt, im Rahmen eines Wirtschaftsplanes tätig zu werden, wobei er im Übrigen an die Entscheidung des Lenkungsausschusses gebunden war (Art. 4). Er hatte für das Ende jedes Geschäftsjahres einen Jahresabschluss vorzulegen, der vom Lenkungsausschuss zu genehmigen war (Art. 5 Abs. 4). Er wurde „beauftragt und bevollmächtigt für die Projektpartner ein Konto bei der Deutschen Bank AG, Filiale H. zu eröffnen, über das Konto im Rahmen des jeweiligen Guthabens allein zu verfügen und weitere kollektivzeichnende Verfügungsberechtigte für das Konto einzusetzen“. Das Konto war unter der Bezeichnung „Digitales Fernsehen in Mitteldeutschland der Projektpartner MDR, ZDF, RTL, SAT.1, SLM, LRA, TLM und TDAG“ zu führen (Art. 5 Abs. 3).

Die Vereinbarung galt zunächst vom 1. April 2000 bis zum 31. März 2001 (Art. 7 Abs. 1) und konnte durch Beschlussfassung der Projektpartner bis spätestens zum 31. Dezember 2001 um ein weiteres Jahr verlängert werden (Art. 7 Abs. 3). Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 1 bis 4 der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Mit dem als „Geschäftsbesorgungsvertrag“ bezeichneten Vertrag zwischen dem Lenkungsausschuss „DVB-T Mitteldeutschland“, vertreten durch den Vorsitzenden des Lenkungsausschusses „DVB-T Mitteldeutschland“ A. V. (als solcher amtierend bis 2008), und dem Beigeladenen zu 1. vom 1. Januar 2007 verpflichtete sich Letzterer ab Abschluss des Vertrages, wöchentlich mindestens 20 Stunden „für die Leitung der Geschäftsstelle `DVB-T Mitteldeutschland´“, insbesondere für die Organisation des Gesamtprojektes einschließlich der Koordinierung der Aktivitäten der Arbeitsgruppen, der Abstimmung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Werbung sowie der Prüfung und Vorbereitung zur Einreichung von Fördermitteln für die Projektpartner zur Verfügung zu stehen“. Der Beigeladene zu 1. vertrat nach § 1 Abs. 2 des Vertrages die „DVB-T Mitteldeutschland“ gerichtlich und außergerichtlich. § 2 des Vertrages lautet:

„Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die unter § 1 Abs. 1 genannten Leistungen mit dem Auftraggeber ständig zu erörtern und abzustimmen. Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber regelmäßig über den Fortgang der Arbeiten berichten. Bei außerordentlichen Anlässen jeglicher Art und auf Nachfrage ist der Auftraggeber unverzüglich zu informieren.“

Der Beigeladene zu 1. übertrug in § 8 des Vertrages vom 1. Januar 2007 „das zeitlich und örtlich uneingeschränkte Recht, die unter § 1 Abs. 1 benannten Leistungen ganz oder teilweise zu verwerten“, der anderen Vertragspartei. Für die nach diesem Vertrag obliegenden Leistungen erhielt der Beigeladene zu 1. ab dem 1. Januar 2007 einen monatlichen Betrag in Höhe von 3.000 € zzgl. Mehrwertsteuer (MwSt.). In § 1 Abs. 3 ist geregelt, der Beigeladene zu 1. könne urlaubsbedingt zwölf Werktage im Jahr, davon eine Woche zusammenhängend, nach Genehmigung des Auftraggebers seine vertraglich zu erbringenden Leistungen ruhen lassen. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Vertrages vom 1. Januar 2007 auf Blatt 5 bis 8 der Verwaltungsakten Bezug genommen.

Im Impressum eines Internetauftritts „DVBT-Mitteldeutschland“ war noch am 8. April 2010 als Verantwortliche die „Geschäftsstelle Digitaler Rundfunk Mitteldeutschland c/o Mediananstalt Sachsen-Anhalt“ mit dem Beigeladenen zu 1. als „Geschäftsstellenleiter“ angegeben. Hierzu wird auf den Ausdruck Blatt 14 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Am 10. Januar 2011 schlossen der Lenkungsausschuss und der Beigeladene zu 1. eine nur noch mit „Vertrag“ überschriebene Vereinbarung. Insoweit wird auf Blatt 39 bis 42 Bd. I der Gerichtsakten verwiesen.

Im Rahmen der nicht-öffentlichen Sitzung vor dem Landesozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt am 22. April 2021 hat der Beigeladene zu 1. im Rahmen der Befragung ausgeführt, bei dem Sitz der Geschäftsstelle nach Art. 3 der Vereinbarung vom 14. Mai 2000 handele es sich um ein gemietetes Büro in der R.str. 9 in H. Das von ihm geführte Ingenieurbüro sei demgegenüber in E. Die MSA habe der Geschäftsstelle komplett mit Büroeinrichtung und zwei oder drei stationären Computern ausgestattete Büroräume vermietet. Es handele sich um einen Raum und eine Toilette. Er - der Beigeladene zu 1. - habe auch seinen eigenen Laptop mitgebracht. Die Büromaterialien habe die Geschäftsstelle gekauft. Er habe mit seinem Auto dorthin fahren müssen und habe auch seine eigene Ausrüstung benutzt, z.B. seinen Laptop. Die Pressearbeit habe er auch aus dem Budget finanziert. Er habe eine Journalistin beauftragt, die daraus bezahlt worden sei. Der Berichterstatter hat in der Sitzung die - nachfolgend mit richterlichem Schreiben vom 27. April 2021 wiederholte - Auflage erteilt, dass der Beigeladene zu 1. oder die Klägerin den Mietvertrag vorlegt. Zu dem Ergebnis der Sitzung wird im Übrigen auf das Protokoll, Blatt 294 bis 294 Bd. II der Gerichtsakten, Bezug genommen. Vorgelegt worden ist nachfolgend die Vereinbarung vom 22. März 2007 zwischen MSA und Geschäftsstelle DVB-T Mitteldeutschland, vertreten durch den Beigeladenen zu 1., in der sich die MSA verpflichtet, der Geschäftsstelle geeignete Büroräume und technische Betriebsräume sowie „die büro- und technische Infrastruktur im Dienstgebäude“ gegen eine monatliche Sachkostenpauschale von 333,33 € zur Verfügung zu stellen. Zu dieser Vereinbarung wird auf Blatt 324 Bd. II der Gerichtsakten verwiesen.

Dem Senat ist von Seiten der Klägerin ein zwischen der „Medienanstalt Sachsen-Anhalt - Geschäftsstelle `DVB-T Mitteldeutschland´, vertreten durch den Leiter der Geschäftsstelle [mit Angabe des Namens des Beigeladenen zu 1.]“ und N. M. geschlossener Vertrag über eine freie Mitarbeit auf Stundenhonorarbasis in der Projektorganisation vom 1. Oktober 2008 übersandt worden, zu dem auf Blatt 320 bis 321 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen wird.

Die Beklagte führte bei der Geschäftsstelle am 24. März 2010 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 durch. Sie hörte mit Schreiben vom 21. Juli 2010 zur Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. ab dem 1. Januar 2007 und einer Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitsförderung an. Mit an den Adressaten „Digitaler Rundfunk Mitteldeutschland“ bekannt gegebenem Bescheid vom 2. Dezember 2010 stellte die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. als Geschäftsstellenleiter fest und forderte insgesamt 26.742 € Beiträge zur Rentenversicherung und Arbeitsförderung sowie Umlagen 1 und 2 nach. Der Beigeladene zu 1. sei nach den bei der Betriebsprüfung eingesehenen Unterlagen als Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung anzusehen. Die insoweit erforderliche Weisungsgebundenheit könne - besonders bei Angestellten in leitender Stellung, wie dem Beigeladenen zu 1. - bei Ausführung der Arbeit auf ein äußerst geringes Maß herabgesetzt sein. Auch wenn dem Beigeladenen zu 1. Einzelweisungen nicht erteilt würden, unterstehe er doch regelmäßig der Prüfung und Überwachung der MSA. Dies stelle eine Weisungsgebundenheit dar, auch wenn kein Gebrauch von den Überwachungsrechten gemacht werde. Bindungen ergäben sich aus den Regelungen in Art. 4 und 5 der Vereinbarung vom 14. Juni 2000. Dadurch sei der Beigeladene zu 1. regelmäßig in eine von fremder Seite vorgegebene Betriebsorganisation eingegliedert und nehme damit funktionsgerecht am Arbeitsprozess teil. Seine Arbeitsleistung bleibe fremdbestimmt. Die Finanzierung der Geschäftsstelle werde durch die beteiligten Projektpartner getragen. Der Beigeladene zu 1. erhalte für seine Tätigkeit einen monatlich gleichbleibenden Betrag in Höhe von 3.000 € zzgl. MwSt. und trage somit kein Unternehmerrisiko. Auch weitere Einzelheiten des Geschäftsbesorgungsvertrages vom 1. Januar 2007 wiesen insgesamt auf eine unselbstständige Beschäftigung hin. Unter demselben Datum erließ die Beklagte einen Bescheid gegenüber dem Beigeladenen zu 1., in dem dessen Versicherungspflicht auf Grund der Beschäftigung als Geschäftsstellenleiter der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung seit dem 1. Januar 2007 festgestellt wird.

 

Die Klägerin legte gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2010 am 30. Dezember 2010 Widerspruch ein. Der von der Klägerin am 25. Januar 2011 bei dem Sozialgericht Halle sinngemäß gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs blieb in beiden Rechtszügen ohne Erfolg (Sozialgericht Halle, Beschluss vom 23. März 2011 - S 24 R 87/11 ER -; Beschluss des 3. Senats des LSG Sachsen-Anhalt vom 13. Januar 2012 - L 3 R 132/11 B ER -, nicht veröffentlicht). Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei als Außengesellschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligtenfähig und könne als solche Adressat des Nachforderungsbescheides sein, da diese am Rechtsverkehr teilnehme und ihr eine Betriebsnummer erteilt worden sei. In Bezug auf die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. lägen hier sowohl Umstände vor, die für eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) als auch solche, die dagegen sprächen, vor. Eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in die betriebliche Organisation der Klägerin sei nach summarischer Prüfung in Form einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess gegeben. Der Beigeladene zu 1. müsse im Umfang von mindestens 20 Stunden in der Woche verfügbar sein. Eine Überwachung finde durch die Landesmedienanstalt statt, die selbst nicht Mitglied der GbR sei. Eine betriebliche Organisation sei hier durch das Vorhalten von Büroräumen mit Kommunikationsanlagen und die Mindestverfügbarkeit des Beigeladenen zu 1. hinreichend bestimmt. Der Beigeladene zu 1. handele, wie im Rahmen einer Eingliederung in den Betrieb üblich, im Namen der Klägerin und trage nur ein sehr eingeschränktes wirtschaftliches Risiko. Der Vergütung von 3.000 € stehe zwar eine Mindestverfügbarkeit, nicht aber eine Begrenzung der Arbeitsverpflichtung gegenüber. Auch die Einräumung des Verwertungsrechts ohne eine festgelegte Vergütung spreche für sich genommen nicht gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Höhe der Beitragsforderung sei nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Von Seiten des LSG wurde die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin im Wesentlichen auf Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung gestützt. Die Klägerin könne - unabhängig von ihrer richtigen Bezeichnung - Adressatin eines Bescheides über die Feststellung einer Beitragsnachforderung sein, da sie im Rechtsverkehr auftrete und die organisatorische Zuordnung feststehe. Es liege in der Sphäre der Klägerin, dass nach dem Kopf der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 die Geschäftsstelle „DVB-T Mitteldeutschland“ errichtet wurde, deren Lenkungsausschuss auch als Vertragspartei des Geschäftsbesorgungsvertrages vom 1. Januar 2007 angegeben sei. Gleichzeitig enthielten die Selbstauskunft des Beigeladenen zu 1. vom 24. Mai 2010, das Widerspruchsschreiben sowie die Antrags- und die Beschwerdeschrift im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Aktivrubrum jeweils die „Arbeitsgemeinschaft Digitaler Rundfunk Mitteldeutschland“ als Bezeichnung des Zusammenschlusses. Das Sozialgericht sei zutreffend davon ausgegangen, die Klägerin sei als Außen-GbR beteiligtenfähig (Hinweis auf die Entscheidung zur GbR: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29. Januar 2009 - B 3 P 8/07 R - SozR 4-3300 § 89 Nr. 1 m.w.N.). Die Klägerin stehe hier bei summarischer Prüfung auch in der für die Beitragspflicht maßgebenden Arbeitgeberstellung. Dabei sei Arbeitgeber derjenige, dem der Anspruch auf die von einem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zustehe und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet sei (so BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 KR 10/09 R -, juris, RdNr. 18). Stehe der Beigeladene zu 1. in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin, sei diese damit gleichzeitig Arbeitgeberin im Sinne der Beitragspflicht. Bereits der Umstand, dass von der Klägerin in der Vergangenheit ein Beschäftigungsverhältnis - mit einer im vorliegenden Verfahren nicht betroffenen Arbeitnehmerin - angemeldet worden sei, habe Indizwirkung für eine grundsätzliche organisatorische Konstruktion der Klägerin, die eine Arbeitgeberstellung zulasse. Für die Prüfung einer nichtselbstständigen Beschäftigung sei ausschließlich auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin abzustellen, da dem Sozialversicherungsrecht ein Nebeneinander von selbstständiger Tätigkeit und einer Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht fremd sei. Allein daraus, dass die Klägerin durch den Beigeladenen zu 1. gerichtlich und außergerichtlich vertreten werde, ergebe sich eine Eingliederung in die betriebliche Organisation der Klägerin. Denn diese müsse sich das Handeln des Beigeladenen zu 1. grundsätzlich, d.h. nicht nur einzelfallbezogen, zurechnen lassen. Im Übrigen sei die Rechtsprechung zu den Fremdgeschäftsführern von juristischen Personen auf den vorliegenden Fall entsprechend übertragbar. Grundsätzlich seien Tätigkeiten übergeordneter Art mit einer weitgehenden eigenverantwortlichen Gestaltung der eigenen Arbeitsprozesse als Tätigkeiten im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses anzusehen, wenn diese fremdnützig dem Erfolg eines Unternehmens dienten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Die tatsächliche Ausführung des Vertrages vom 1. Januar 2007 spreche nicht ausnahmsweise gegen eine abhängige Beschäftigung. Die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass der Beigeladene zu 1. ausschließlich die Betriebsmittel des von ihm geführten Ingenieurbüros zur Erfüllung seiner der Klägerin geschuldeten Arbeitsleistung nutze. Die Beklagte habe bei summarischer Prüfung zutreffend monatliche Einnahmen des Beigeladenen zu 1. in Höhe von 3.000 € als beitragspflichtig festgestellt. Die Anforderung von Gerichtskosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist durch „MSA Digitaler Rundfunk Mitteldeutschland“ ausgeglichen worden.

Nach Änderung der anwaltlichen Vertretung der Klägerin im Widerspruchsverfahren (auf der Grundlage einer Untervollmacht eines Bevollmächtigten des Mitteldeutschen Rundfunks) hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, der Beigeladene zu 1. habe selbst Räumlichkeiten in H. für die Tätigkeit aus dem Vertrag vom 1. Januar 2007 „eigenverantwortlich“ bei der MSA angemietet und diese mit sächlichen Betriebsmitteln (insbesondere Rechner, Telekommunikationsmittel und sonstige Infrastruktur) ausgestattet. In Bezug auf die Maßnahmen und die Prioritätensetzung, die Einführung des digitalen Antennenfernsehens und des digitalen Radios zu organisieren, sei der Beigeladene zu 1. völlig frei gewesen. Dieser habe eigenverantwortlich entschieden, ob er an Veranstaltungen teilnehme, welche Werbemaßnahmen er durchführe, um die Einführung digitalen Rundfunks zu fördern, welche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vorgenommen werden soll usw. Diesem habe die Aufstellung eines Projektplanes und die Umsetzung der von ihm selbst festgelegten Projektschritte oblegen. Im Rahmen der Vorgabe, jährlich vier Sitzungen des Lenkungsausschusses zu organisieren, habe der Beigeladene zu 1. „eigenverantwortlich die Jahresterminplanung mit dem Lenkungsausschuss abzustimmen“. Der Beigeladene zu 1. sei für die Auswahl der Themen und den Entwurf der Tagesordnung verantwortlich. Er plane Durchführung und Organisation der Sitzungen, bestimme den Tagungsort bzw. -ablauf und sei für die Erstellung der Protokolle verantwortlich. Der Beigeladene zu 1. habe für mehrere Projekte im Zeitraum 2008 bis 2011 die Konzepte erstellt und diese nachfolgend eigenverantwortlich umgesetzt. Er werde mit einem Budget ausgestattet, dass er eigenverantwortlich verwalte. Er habe mit diesen Mitteln ein Büro angemietet. Sollten seine Budgetüberlegungen falsch sein und die budgetierten Mittel nicht zur Aufgabenerfüllung einschließlich der Tragung der Miet- und Geschäftskosten ausreichen, müsse der Beigeladene zu 1. „seine Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter“ und der von ihm beauftragten Mitarbeiterin für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aus eigenen Mitteln erfüllen. Er sei weder zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet noch unterliege er konkreten Weisungen in Bezug auf seine Arbeitszeit. Auch in einer ggf. erforderlichen Arbeit von mehr als 20 Wochenstunden liege dessen unternehmerisches Risiko. Er begründe Verbindlichkeiten in eigenem Namen. „Reicht das Budget für die Erfüllung der daraus resultierenden Ansprüche, die sich gegen ihn persönlich richten, nicht aus, muss Herr R.. die entsprechenden Kosten aus Eigenmitteln tragen.“

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2012 (mit einfachem Brief an die Klägerbevollmächtigte auf die Post gegeben am 27. Dezember 2012) zurück. Die selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. in der Führung seines Ingenieurbüros sei nicht Gegenstand des Bescheides. Bei dessen Tätigkeit als Geschäftsstellenleiter handele es sich um einen Dienst höherer Art, der im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet werde. Die Eingliederung in den Betrieb äußere sich vorliegend durch die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Typisch für Dienste höherer Art sei auch, dass Arbeitszeit und Arbeitsort nicht exakt vorgegeben seien. Der Beigeladene zu 1. habe regelmäßig der Prüfung und Überwachung durch die Projektpartner, welche die „DVB-T Mitteldeutschland“ gegründet hätten, unterlegen und nur im Rahmen des Wirtschaftsplans und unter Berücksichtigung der Entscheidungen des LRA tätig werden können. Er habe einen Jahresabschluss vorzulegen und vom Leitungsausschuss genehmigen lassen müssen. Er sei verpflichtet gewesen, die von ihm erbrachten Leistungen ständig mit den Projektpartnern zu erörtern und abzustimmen und über den Fortgang der Arbeiten zu berichten. Die Rechtsprechung zu Fremdgeschäftsführern sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. In der Gesamtschau sei ein Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1. zu verneinen. Im Mittelpunkt von dessen Aufgaben stehe hier die Tätigkeit als Geschäftsstellenleiter, die er nicht delegieren könne. Darüber hinaus spreche auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. zur Arbeitsleistung an mindestens 20 Stunden pro Woche verpflichtet, ihm ein Urlaubsanspruch von zwölf Werktagen im Kalenderjahr gewährt worden sei und eine Kündigungsfrist von sechs Wochen vor Ablauf des Vertragsjahres bzw. nur aus wichtigem Grund bestanden habe, für eine abhängige Beschäftigung. Der Beitragsberechnung sei ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 3.000 €, mithin 36.000 jährlich, zugrunde gelegt worden.

Die Klägerin hat am 28. Januar 2013 Klage vor dem Sozialgericht Halle im Namen der „Arbeitsgemeinschaft Digitaler Rundfunk Mitteldeutschland“ erhoben. Sie hat am 14. März 2013 mitgeteilt, SAT.1, RTL, DTAG und LRA seien nicht mehr Mitglied der Klägerin. Neu hinzugetreten als Mitglieder seien Deutschlandradio und die MSA. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren - unter Berücksichtigung der Ergänzungen nach der Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - wiederholt. Zur Durchführung der Erarbeitung der Ausbauplanung für das DVB-T-Sendenetz, die Suche nach einem Sendenetzbetreiber, die Abstimmung mit dem Handel in Bezug auf die Geräte und die Information von Bevölkerung, Handwerk und Fachhandel über die Umstellung mit Einführung der Digitalisierung sei von der Arbeitsgemeinschaft die „Geschäftsstelle DVB-T Mitteldeutschland“ gegründet worden. Der Beigeladene zu 1. habe keinen konkreten Weisungen in Bezug auf deren Leitung unterlegen. Er werde von einem Lenkungsausschuss überwacht. Die Entscheidung des LSG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei unzutreffend, weil es hier um die Tatsachenfragen gehe, z.B. „Arbeitet der Mitarbeiter am Sitz der Gesellschaft?“, „Nutzt der Mitarbeiter bei seiner Tätigkeit Betriebsmittel des Dienstgebers?“, „Kooperiert der Mitarbeiter mit anderen Dienstnehmern desselben Arbeitgebers?“. Dass der Beigeladene zu 1. sie - die Klägerin - gerichtlich und außergerichtlich vertrete, sei demgegenüber „ein rein juristisches Thema“. Das habe mit einer Eingliederung in ihren Betrieb „schlechterdings nichts zu tun“. Der seit dem 1. Januar 2011 geltende Vertrag bestimme in § 1 Abs. 2, dass dem Beigeladenen zu 1. nur in Einzelfällen eine Vollmacht erteilt werde. Die Forderung von Nachweisen dafür, dass der Beigeladene zu 1. im eigenen Namen Verbindlichkeiten eingegangen sei, um seine Aufgaben zu erfüllen, sei unverständlich. Sie hat nachfolgend noch mehrfach darauf hingewiesen, der Beigeladene zu 1. habe ein Büro im eigenen Namen angemietet.

Mit Beschluss vom 23. Oktober 2013 hat das Sozialgericht die aus dem Rubrum ersichtlichen Beiladungen vorgenommen.

Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2017 abgewiesen. Der hier streitige Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides sei formell und materiell rechtmäßig. Der Beigeladene zu 1. habe der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen. Ob der Betreffende abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, richte sich ausgehend nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hänge davon ab, welche Merkmale überwögen (Hinweis auf BSG, Urteile vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, sowie vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, und - B 12 KR 13/14 R -, sämtlich veröffentlicht in juris). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setze dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalles als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen würden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R -, juris). Erst auf der Grundlage der Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen sei eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorlägen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 20/14 R -, juris). Maßgeblich sei die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert werde, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, juris). In Anwendung der Grundsätze stehe zur Überzeugung des Gerichts auf Grund der festgestellten maßgeblichen Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Beigeladene zu 1. in den vom angefochtenen Bescheid erfassten Zeitraum für die Klägerin gegen Entgelt im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden sei. Wegen der Begründung im Einzelnen nehme das Gericht gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf den zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 23. März 2011 im Verfahren S 24 R 87/11 ER und mache sich die darin enthaltene Begründung nach sorgfältiger Prüfung zu eigen. Insbesondere habe dieser Beschluss das Abwägungsergebnis abschließend zutreffend wiedergegeben. Insgesamt ließen sich keine für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände ausmachen. Auch die örtlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses sprächen jedenfalls nicht für eine überwiegend selbstständige Arbeitsleistung. Dies schon deshalb nicht, weil die Nutzung und Führung des Ingenieurbüros nicht Gegenstand der Gesamtbeurteilung durch die Beklagte gewesen sei. Fehler in der Berechnung der Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 17. November 2017 zugestellte Gerichtsbescheid am 12. Dezember 2017 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Das Verfahren ist zunächst auf Grund der Neuordnung der Aktenzeichen von L 1 R 443/17 zu L 1 BA 12/18 umregistriert worden. Nach drei Berichterstatterwechseln ist schließlich dieses Verfahren von der Abgabe sämtlicher Verfahren durch den 1. Senat des LSG Sachsen-Anhalt aus den Bereichen „R“ und „BA“ mit Wirkung ab dem 1. Januar 2023 betroffen gewesen (Beschluss des Präsidiums vom 15. Dezember 2022).

Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat die Klägerin in dem am 12. März 2018 bei dem LSG eingegangenen Schriftsatz zunächst Ablauf und Qualität der erstinstanzlichen Entscheidung als „traurig“ bezeichnet. In der Sache hat sie ihr Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und vertieft. Hätte sich das Sozialgericht die Mühe gemacht, sich mit den Modalitäten der Leistungserbringung durch den Beigeladenen zu 1. auseinanderzusetzen, hätte es „selbstverständlich“ gesehen, dass zahlreiche Aspekte „der Beschäftigung des Beigeladenen“ (zu 1.) für eine selbstständige Tätigkeit sprächen, aber praktisch nichts für dessen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung spreche. Es liege auf der Hand, dass die Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zur turnusmäßigen Vorlage von Berichten an ihre Gremien mit einer Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation „schlichtweg nichts zu tun“ habe. Eine Arbeitsorganisation liege hier nur insoweit vor, als der Beigeladene zu 1. diese geschaffen habe. Für eine Vertretungsmacht, bei der es sich um etwas „rein Rechtliches“ handele, sei eine Eingliederung in einen Betrieb nicht erforderlich. Bei den Weisungen im Sinne des § 7 SGB IV gehe es um ein Weisungsrecht bezüglich Ort, Zeit, Dauer, Art und Weise der Ausführung der Arbeit sowie eine daraus resultierende Überwachung und Beaufsichtigung. Sei ein solches Überwachungsrecht nicht vorhanden, könne der Betreffende seine Tätigkeit frei gestalten, über seine eigene Arbeitskraft frei verfügen, Arbeitsort und Arbeitszeit frei bestimmen, liege keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor (Hinweis auf eine Entscheidung zum Anwartschaftserwerb von Ehegatten im Arbeitsförderungsrecht: BSG, Urteil vom 21. April 1993 - 11 RAr 67/92 -, juris sowie Berchtold in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 7 SGB IV, RdNr. 23). Der Beigeladene zu 1. habe von ihr - der Klägerin - lediglich allgemein gehaltene Zielvorgaben erhalten. Was er zur Umsetzung dieses Ziels konkret unternommen bzw. wo und wann er diese Aufgaben wahrgenommen habe, habe er „komplett eigenverantwortlich“ entschieden. Eine Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht, auf die das LSG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgestellt habe, existiere nicht (Hinweis auf die Entscheidung zur Arbeitslosenversicherung BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 -, SozR 4-2400, § 7 Nr. 1; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Mai 1992 - 5 AZR 344/91 - ZiP 1992, 1496; Fundstellen entsprechend der ebenfalls zitierten Fundstelle Knospe in Hauck/Noftz, § 7 RdNr. 26). Unter Berücksichtigung der Organisationsstruktur mit einer Beauftragung des Beigeladenen zu 1. durch den Lenkungsausschuss fehle es dem angefochtenen Bescheid schon an einer hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X).

Die Klägerin beantragt ausdrücklich,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 13. November 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. im Prüfzeitraum nicht im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV für die Klägerin tätig geworden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 13. November 2017 zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihren Bescheid für rechtmäßig. Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1. habe sich hier in dessen funktionsgerecht dienender Teilhabe geäußert. Bei der Prüfung und Überwachung durch die MSA handele es sich nicht um eine Überwachung durch Dritte. Vielmehr sei die MSA Gründungsmitglied der Klägerin. Somit erfolge die Überwachung durch die Klägerin und führe zu einer Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1. Dieser könne nur im Rahmen des Wirtschaftsplans tätig und unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Lenkungsausschusses tätig werden, dem der Jahresabschluss zur Genehmigung vorzulegen sei. Der Beigeladene zu 1. sei verpflichtet gewesen, die von ihm erbrachten Leistungen ständig mit den Projektpartnern zu erörtern und abzustimmen sowie über den Fortgang zu berichten. Dadurch sei er regelmäßig in eine von fremder Seite vorgegebene Betriebsorganisation eingegliedert. Auch Fremdgeschäftsführer könnten über die eigene Arbeitskraft, Arbeitsort und Arbeitszeit im Wesentlichen frei verfügen, ohne dass daraus auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden könne. Im Übrigen erfolge die Vergütung des Beigeladenen zu 1. nur für die Tätigkeit und sei erfolgsunabhängig. Das klägerische Vorbringen, wonach der Beigeladene zu 1. bei Fehlentscheidungen zur Budgetverwendung Kosten beispielsweise gegenüber dem Vermieter oder Nachauftragnehmern selbst übernehmen müsse, sei durch nichts belegt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 16. März 2023 ergänzend auf den Auszug der Meldungen zur Sozialversicherung für die Betriebsnummer 12362398 verwiesen, der auch der angefochtene Bescheid zuzuordnen sei. Durch den Auszug würden die für den Betrieb „DVB-T Mitteldeutschland Einrichtung öffentl. Rechts“ für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Oktober 2009 mit dieser Betriebsnummer erfolgten Meldung zur Sozialversicherung für drei Mitarbeiterinnen dokumentiert. Dieser Auszug ist als Blatt 366 Bd. III zur Gerichtsakte genommen worden.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich in der Sache nicht geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus dem Berufungsverfahren, dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 24 R 87/11 ER/L 3 R 132/11 B ER und der Verwaltungsakten der Beklagten ergänzend Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene nicht erschienen und nicht vertreten gewesen sind. Hierauf sind sie mit der ihnen jeweils ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs.1 Satz 2 SGG).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat zu Recht von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 insgesamt 26.742 € nachgefordert. Die Klägerin ist als Arbeitgeberin des Beigeladenen zu 1. im vorgenannten Zeitraum in dem von der Beklagten festgestellten Umfang zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitsförderung sowie von Umlagen zu Recht in Anspruch genommen worden.

Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der Sozialversicherung durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin entscheiden.

Die Klägerin kann Adressatin eines Bescheides über die Feststellung einer Beitragsnachforderung sein, weil sie im Rechtsverkehr auftritt und die organisatorische Zuordnung feststeht (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2009, a.a.O., RdNr. 12 m.w.N.). Dass die Klägerin eine Außen-GbR darstellt, lässt sich daraus entnehmen, dass diese gegenüber dem Beigeladenen zu 1. und insbesondere einer Bank als Vertragspartnerin aufgetreten ist. Es ist davon auszugehen, dass hier sämtliche Projektpartner, insbesondere aber die an der Arbeitsgemeinschaft beteiligten Anstalten des öffentlichen Rechts, nicht unter Verstoß gegen § 154 Abgabenordnung (AO), der im Wesentlichen der Vermeidung von Geldwäsche dient, ein fiktives, eigentlich dem Beigeladenen zu 1. zuzuordnendes Girokonto bei der Deutschen Bank AG eingerichtet haben. Nach § 154 Abs. 1 AO darf niemand auf einen falschen oder erdichteten Namen für sich oder einen Dritten ein Konto errichten oder Buchungen vornehmen lassen. Bereits auf Grund der Einrichtung des Girokontos nach Art. 5 Abs. 3 der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 unter der Bezeichnung „Digitales Fernsehen in Mitteldeutschland der Projektpartner MDR, ZDF, RTL, SAT.1, SLM, LRA, TLM und TDAG“ besteht damit kein Zweifel für den Senat, dass die klagende Arbeitsgemeinschaft eine eigenständige Organisation ist, die bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses eine Arbeitgeberstellung wahrnehmen kann. In Bezug auf die von der Rechtsprechung überzeugend für maßgebend erachtete Verpflichtung zur Entgeltzahlung (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, a.a.O.) besteht zwischen den Beteiligten nur Streit darüber, ob das Entgelt einem Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen ist, nicht aber, dass eine Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1. bestand. Für Projekte, wie auch die Einführung von DVB-T, ist es zudem prägend, dass eine Struktur sich von Null an langsam entwickelt, wobei es für die vorliegende Fragestellung ohne Bedeutung ist, ob die Struktur von Dritten vorgegeben oder - wie hier - von einem federführenden Mitarbeiter ausgebaut wird.

Die Beklagte durfte den angefochtenen Bescheid an die Organisation richten, für welche die Betriebsnummer vergeben worden war und die im Rechtsverkehr auftrat, ohne dass es dem angefochtenen Bescheid dadurch an einer hinreichenden Bestimmtheit im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X mangelt. Der Lenkungsausschuss lässt sich der Klägerin nur als Ausführungsorgan zuordnen. Soweit der Beigeladene zu 1. im Rechtsverkehr dem Namen der Geschäftsstelle auch die Bezeichnung der MSA (der frühere LRA, später unter dem Namen MSA Projektpartner im Rahmen des Zusammenschlusses der Klägerin) hinzusetzte, ergibt sich daraus für den Senat nichts Anderes. Denn die Projektfinanzierung lässt sich hier nicht zur MSA, sondern zur Klägerin als rechtlicher Einheit nachvollziehen. Die im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Geschäftsstelle verwendeten Bezeichnungen sind uneinheitlich, lassen sich aber immer zu dem Zusammenschluss von Projektpartnern als den eigentlichen Trägern der Entwicklungsmaßnahme zurückverfolgen, welche sich auf zur Vergütung des Beigeladenen zu 1. verpflichtete.

Der Beigeladene zu 1. war in seiner Tätigkeit für die Klägerin ab dem 1. Januar 2007 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und beitragspflichtig zur Arbeitsförderung. Im Übrigen bestand die Verpflichtung zur Abführung der Umlagen 1 und 2.

Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sind insbesondere Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI]; § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [Arbeitsförderung - SGB III]). Auch die Umlagen nach § 7 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (AAG) knüpfen an das Beschäftigungsverhältnis an (§ 1 AAG).

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Eine Beschäftigung in diesem Sinne setzt eine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber voraus (vgl. zu einem Geschäftsführer mit 25 v.H. des Stammkapitals: BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R -, juris, RdNr. 16 m.w.N.). Ob bei einer Person in leitender Stellung ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich danach, ob diese selbst ihr nicht genehme Weisungen rechtlich verhindern kann. Sie muss die Rechtsmacht haben, selbst die Geschicke des Unternehmens bestimmen zu können (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R -, juris, RdNr. 16f.). Demgegenüber treten die von der Klägerin für maßgebend erachteten Vorgaben, „wie“, „wann“ und „wo“ Arbeiten auszuführen sind, inzwischen selbst bei weniger qualifizierten Mitarbeitern in den Hintergrund („Homeoffice“, Gleitzeit etc.). Bei Personen in leitender Position sind diese Kriterien nicht geeignet, zu der maßgebenden Abgrenzung beizutragen (vgl. für eine Lehrtätigkeit z.B. BSG, Urteil vom 28. Juni 2022 - B 12 R 3/20 R -, juris, RdNr. 18 m.w.N.).

In dem Wirtschaftsplan der Geschäftsstelle von 102.257 € pro Jahr ist eine Kostenbeteiligung u.a. von MDR und ZDF von jeweils 10.545 € enthalten, die im streitigen Zeitraum durch „Rundfunkgebühren“ der Bevölkerung aufgebracht wurden. Die Gesamtmittel der Geschäftsstelle wurden auf dem Girokonto „Digitales Fernsehen in Mitteldeutschland der Projektpartner MDR, ZDF, RTL, SAT.1, SLM, LRA, TLM und TDAG“ verwahrt. Eine „eigenverantwortliche“ Verwendung dieser Mittel durch den Beigeladenen zu 1. im Sinne einer im Wesentlichen freien Mittelverwendung war auf Grund der Finanzierung (auch) aus Rundfunkgebühren nicht möglich. Bereits aus der Einrichtung des Kontos nach Art. 5 Abs. 3 der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 mit einer Verfügungsbefugnis des Beigeladenen zu 1. ergibt sich dessen Eingliederung in die Arbeitsorganisation und Weisungsunterworfenheit in Rückbeziehung zur Klägerin, gebildet aus den Projektpartnern.

Auch die hier einer organschaftlichen Vertretung angenäherte gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Geschäftsstelle durch den Beigeladenen zu 1. bewirkte eine Verpflichtung der Klägerin selbst, die - ähnlich wie bei einem Geschäftsführer - nur dann im Rahmen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bestehen kann, wenn der Vertreter selbst die Geschicke des Vertretenen beherrscht. Wenn man die inzwischen gefestigte Rechtsprechung zu einer Beschäftigung von Fremdgeschäftsführern (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2020, a.a.O) überträgt, was der Senat für geboten erachtet, wird deutlich, dass die abhängige Beschäftigung eines Minderheitsgesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung deutlich mehr - rechtlich durchsetzbare - Mitsprache- und Entscheidungsrechte enthält als die auf die reine Projektdurchführung und -organisation beschränkte Stellung des Beigeladenen zu 1. Die von der Klägerin hervorgehobene Eigenverantwortlichkeit des Beigeladenen zu 1. beschränkte sich auf eine Gestaltungsfreiheit in der Umsetzung, die das Beschäftigungsverhältnis qualifizierter Mitarbeiter prägt. Dass nach dem von der Beitragsforderung betroffenen Zeitraum die Vertretungsbefugnis des Beigeladenen zu 1. im Sinne einer Vertretungsbefugnis im Einzelfall abgeschwächt werden konnte, spricht nicht für, sondern gegen dessen selbstständige Tätigkeit. Mit dieser Einschränkung der Befugnisse des Beigeladenen zu 1. war schon nicht mehr von dessen Tätigkeit auf der Ebene einer Geschäftsführung auszugehen. Vielmehr war dieser nun selbst in seiner Berechtigung zur Vertretung im Außenverhältnis von der jeweiligen Weisungslage abhängig.

Die Angaben der Klägerin zum Handeln des Beigeladenen zu 1. im eigenen Namen für Aufgaben im Interesse der Geschäftsstelle hat der Senat nicht im Einzelnen nachvollziehen können. Nach Angaben des Beigeladenen zu 1. in der nicht-öffentlichen Sitzung am 22. April 2021 trifft die Behauptung der Klägerin, der Beigeladene zu 1. habe im eigenen Namen Räume für die Geschäftsstelle angemietet, nicht zu. Eine andere Konstellation ist auch im Rahmen des geltenden Rechts kaum denkbar, weil die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. auf einer jeweils nur befristet verlängerten Vertragsgrundlage stand und er im Übrigen nur 3.000 € monatlich zur eigenen Verwendung, aber keine weiteren Zahlungen für Auslagen erhielt. Die Verwendung der Beiträge der Projektpartner auf dem Girokonto bei der Deutsche Bank AG für von dem Beigeladenen zu 1. im eigenen Namen eingegangene Verbindlichkeiten wäre strafrechtlich relevant gewesen. Vielmehr wurden der Geschäftsstelle, d.h. nicht dem Beigeladenen zu 1., Räumlichkeiten, Nutzungsrechte und Betriebsmittel durch die MSA gegen eine Sachkostenpauschale zur Verfügung gestellt.

Die Höhe der nachgeforderten Beiträge ist von der Klägerin nicht beanstandet worden und weist auch aus Sicht des Senats keine Berechnungsfehler auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Ergebnis der Berufungsentscheidung Rechnung. Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben, § 162 Abs. 3 VwGO. Vor diesem Hintergrund hat der Senat ihnen auch keine Kostenerstattung zugesprochen.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.

Rechtskraft
Aus
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