L 8 R 3523/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1900/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 3523/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 03.11.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 14.07.2017 bis zum 30.09.2018.

Der 1971 geborene Kläger ist Rechtsanwalt und arbeitete ab dem 01.08.2015 bei der D1 GmbH in Ü1 als Jurist. Für diese Tätigkeit war er aufgrund des Bescheides der Rechtsanwaltskammer (RAK) F1 vom 18.09.2017 ab dem 14.07.2017 als Syndikusrechtsanwalt als Mitglied zugelassen worden. Der Kläger war zuvor seit dem 16.03.2004 Pflichtmitglied beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B1. Ab dem 25.05.2017 bestand laut Bescheinigung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in B1 vom 27.09.2017 eine auf Antrag fortgesetzte Mitgliedschaft.

Der Kläger beantragte am 22.09.2017 bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte und gab an, dass er seit dem 18.09.2017 Mitglied der RAK F1 sei. Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte B1 bestätigte in einer Erklärung vom 27.09.2017, dass eine Pflichtmitgliedschaft kraft Gesetzes ab dem 16.03.2004 und eine auf Antrag fortgesetzte Mitgliedschaft seit dem 25.05.2017 bestehe.

Die Beklagte befreite den Kläger mit Bescheid vom 27.10.2017 für seine Tätigkeit bei der D1 GmbH aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der RAK F1/Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B1 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung ab dem 14.07.2017.

Der Kläger arbeitete sodann ab dem 01.10.2018 bei der R1 AG F2 als Legal Counsel. Die RAK F1 erteilte auch für diese Tätigkeit mit Bescheid vom 14.12.2018 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2019 eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ab dem 01.10.2018.

Der Kläger beantragte am 21.12.2018 auch für diese Tätigkeit die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung.

Mit Schreiben der Beklagten vom 11.03.2019 wurde der Kläger zu einer beabsichtigten Rücknahme der Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung in dem Bescheid vom 27.10.2017 angehört. Der Befreiungsbescheid sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht gegeben gewesen seien. Es bestehe keine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B1. Diese könne auch nicht im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B2 begründet werden.

Der Kläger nahm mit Schreiben vom 05.04.2019 Stellung und führte unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 18.09.1963 (Az.: 1 RA 202/62 –, BSGE 20, 37) an, dass eine Mitgliedschaft in einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung auch dann noch auf Grund einer Verpflichtung beruhe, wenn die Verpflichtung zwar weggefallen sei, die freiwillige Mitgliedschaft aber voraussetze, dass vorher eine Pflichtmitgliedschaft bestanden habe. Auch habe aufgrund der Altersgrenze eben gerade nicht die Möglichkeit bestanden, zwischen einer Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk B2 und einer Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk in B1 zu wählen.

Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 18.04.2019 den Bescheid vom 27.10.2017 über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 45 SGB X zurück. Neben der Mitgliedschaft in seiner Berufskammer müsse der Kläger die Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe nachweisen. Die freiwillige Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk berechtigte grundsätzlich weder zur Erteilung, noch zur Aufrechterhaltung der Befreiung von der Versicherungspflicht. Sie sei nur dann ausreichend, wenn sie (im Anschluss an eine Pflichtmitgliedschaft) eine ansonsten in einer anderen Versorgungseinrichtung eintretende Pflichtmitgliedschaft ersetze. Zum Zeitpunkt des Zulassungswechsels nach B2 habe der Kläger bereits das 45. Lebensjahr vollendet gehabt. Eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B2 sei aufgrund der dortigen Satzung nicht mehr möglich gewesen. Auf Vertrauen in den Bestand des Bescheides könne der Kläger sich nicht berufen, weil er gewusst habe, dass er aufgrund seines Lebensalters kein Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B2 habe werden können.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 08.05.2019 Widerspruch ein und verwies zur Widerspruchsbegründung auf sein Vorbringen in der Stellungnahme vom 05.04.2019.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2019 zurück. Grundvoraussetzung für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sei, dass die Mitgliedschaft in der öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtung kraft gesetzlicher Verpflichtung bestehe. Aufgrund der Verlegung des Kanzleisitzes nach B2 sei die Mitgliedschaft im Versorgungswerk in B1 freiwillig fortgesetzt worden. Eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk B2 sei aufgrund des Lebensalter nicht möglich gewesen. Die freiwillige Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung berechtige jedoch nach den Urteilen des BSG vom 30.04.1997 (Az: 12 RK 20/96 sowie 12 RK 34/96) weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Kläger habe auch die Fehlerhaftigkeit des Bescheides vom 27.10.2017 erkennen müssen, da im Bescheid vom 27.10.2017 auf die Geltung der Befreiung während des Bestands einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung hingewiesen worden sei. Sein Vertrauen auf den Bestand des Bescheides sei somit nicht schutzwürdig. Auch im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Bescheidrücknahme gerechtfertigt, weil in der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes ein überwiegendes Interesse bestehe.

Der Kläger hat am 30.09.2019 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, dass die Rücknahme der Befreiung von der Versicherungspflicht rechtswidrig sei, da die Befreiung rechtmäßig erteilt worden sei. Er sei ursprünglich bei der RAK B1 zugelassen gewesen und dabei Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B1 gewesen. Im Mai 2017 habe er seinen Kanzleisitz nach Ü1 verlegt. Mit Vollendung des 45. Lebensjahres sei eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk für Rechtsanwälte B2 nicht mehr möglich gewesen. Es sei jedoch eine freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft beim Versorgungswerk in B1 möglich gewesen unter der Voraussetzung, dass dort zuvor eine Pflichtmitgliedschaft bestanden habe. Er habe daher sodann seine Mitgliedschaft beim Versorgungswerk für Rechtsanwälte in B1 freiwillig fortgesetzt. Eine Mitgliedschaft könne auch dann noch auf einer Verpflichtung beruhen, wenn die Verpflichtung zwar weggefallen sei, die freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft aber voraussetze, dass vorher eine Pflichtmitgliedschaft bestanden habe. Genauso verhalte es sich aber im vorliegenden Fall.

Die Beklagte hat zur Klageerwiderung vorgetragen, dass die freiwillige Mitgliedschaft in einer berufsständischen Einrichtung weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht berechtige. Sie könne ausnahmsweise dann erreicht werden, wenn sie (im Anschluss an eine Pflichtmitgliedschaft) eine ansonsten in einer anderen Versorgungseinrichtung eintretende Pflichtmitgliedschaft ersetze. Sehe jedoch bei einem Beschäftigungswechsel — wie im Falle des Klägers — die Satzung der für den Einzugsbereich an sich zuständigen Versorgungseinrichtung feste Altersgrenzen vor und könne wegen des Überschreitens eines bestimmten Lebensalters deshalb in diesem Versorgungswerk eine Pflichtmitgliedschaft nicht mehr begründet werden, reiche eine freiwillige Mitgliedschaft in einem anderen Versorgungswerk zur Erfüllung der Befreiungsvoraussetzungen nicht aus.

Das SG hat das Verfahren am 12.11.2020 nicht öffentlich erörtert.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 03.11.2022 abgewiesen. Streitgegenständlich sei die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für seine Tätigkeit bei der D1 GmbH in dem Zeitraum vom 14.07.2017 bis zum Ende der Beschäftigung am 30.09.2018. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X seien erfüllt, da die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung rechtswidrig sei. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI seien im Falle des Klägers nicht erfüllt. Der Kläger habe in seiner Beschäftigung bei der Firma D1 GmbH in der Zeit vom 14.07.2017 bis zum 30.09.2018 nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen. Die Befreiung eines Beschäftigten von der Rentenversicherungsplicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI setze unter anderem voraus, dass die Beschäftigten wegen der Beschäftigung aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer seien. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Der Kläger sei zwar ab dem 14.07.2017 als Syndikusrechtsanwalt Mitglied der RAK und damit einer berufsständischen Kammer. Ab dem 16.03.2004 sei der Kläger auch Pflichtmitglied beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Berlin gewesen, welche ab dem 25.05.2017 als auf Antrag fortgesetzte Mitgliedschaft fortgeführt worden sei. Es fehle jedoch an einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung, Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein. Der Kläger sei ab dem 25.05.2017 lediglich auf seinen Antrag hin Mitglied beim Versorgungswerk für Rechtsanwälte in B1 gewesen. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI seien damit nicht erfüllt. Bei dem Kläger bestehe keine Pflichtmitgliedschaft im Sinne des § 5 RAVG. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 und 2 RAVG seien bei dem Kläger nicht erfüllt, da er zum Zeitpunkt seiner Mitgliedschaft in der RAK F1 das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

Die Voraussetzungen einer Rücknahme seien auch im Übrigen erfüllt, da zur Überzeugung der Kammer das Vertrauen des Klägers in den Bestand des Befreiungsbescheides nicht schutzwürdig sei, da er die Rechtswidrigkeit des Bescheides hätte kennen müssen. Dem Kläger sei es aufgrund seiner Ausbildung als Jurist und Tätigkeit als Rechtsanwalt in Kenntnis der einschlägigen Regelungen in § 5 RAVG und § 5 der Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte in der damals geltenden Fassung sowie der Begründung in der BT-Drucks. 13/2590 möglich gewesen, zu erkennen, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nach seinem Ortswechsel aufgrund der dort geltenden Regelungen nicht erfüllt gewesen seien. Soweit der Kläger BSG-Rechtsprechung zitiere (BSG, Urteil vom 18.09.1963 — 1 RA 202/62 — juris) beziehe sich diese auf die alte Rechtslage zu § 7 Abs. 2 AVG. Die im Übrigen vorliegende Rechtsprechung (beispielsweise BSG, Urteil vom 30.04.1997 — 12 RK 20/96; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.07.2015 — L 1 KR 38/13; SG Heilbronn, Urteil vom 08.05.2019 — 5 4 R 1512/18; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.09.2021 — L 9 R 2037/19 — juris) verneine das Vorliegen einer Befreiungsmöglichkeit. Die Kammer sei daher der Ansicht, dass für den Kläger die Rechtswidrigkeit des Befreiungsbescheides erkennbar gewesen wäre. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne er sich folglich nicht berufen. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 45 SGB X seien erfüllt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das dem Kläger am 16.11.2022 zugestellte Urteil am 15.12.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat zur Berufungsbegründung vorgetragen, dass das SG zu Unrecht davon ausgehe, dass die Rücknahme der Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 45 Abs.1 SGB X rechtmäßig gewesen sei, weil die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI nicht erfüllt seien. Tatsächlich seien sämtliche Voraussetzungen des § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI erfüllt. Das SG gehe fehlerhaft davon aus, dass es an der Voraussetzung fehle, dass der Kläger gesetzlich zu einer Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk verpflichtet sei. Diesen Schluss stütze das SG fälschlich darauf, dass aufgrund des Antrags des Klägers auf Fortsetzung der Mitgliedschaft beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte B1 eine fortgesetzte Pflichtmitgliedschaft bestehe. Trotz dieser fortgesetzten Pflichtmitgliedschaft hätte der Kläger eine Wahlmöglichkeit gehabt und es bestehe daher gerade keine durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Pflichtmitgliedschaft. Das SG habe dabei allerdings nicht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts berücksichtigt. Das BSG habe in einer vergleichbaren Fallkonstellation (BSGE 20,37) entschieden, dass eine Mitgliedschaft in einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung auch dann auf Grund einer Verpflichtung beruhen könne, wenn die Verpflichtung zwar weggefallen sei, die freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft aber voraussetze, dass vorher eine Pflichtmitgliedschaft bestanden habe. Genauso liege es aber in der vorliegenden Fallkonstellation: Dem Kläger sei die freiwillige Mitgliedschaft nur unter der Voraussetzung gestattet worden, dass zuvor eine Mitgliedschaft kraft gesetzlicher Verpflichtung vorgelegen habe (§ 13 Nr. 2 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte B1). Das SG gehe fehlerhaft davon aus, dass das vorzitierte Urteil des BSG eine alte Rechtslage beurteile und habe es deshalb nicht in seine rechtliche Beurteilung einbezogen. Tatsächlich sei die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zum Zeitpunkt der BSGE in § 7 Abs. 2 AVG geregelt gewesen. Inhaltlich entspreche der Regelungsgehalt dieser Norm jedoch dem § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI. Es habe sich daher lediglich der Regelungsort der relevanten Norm geändert - die Rechtslage sei dagegen nach wie vor unverändert. Daher sei die BSGE 20, 37 bei der Beurteilung der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu berücksichtigen. Die Auffassung des SG, dass das Vertrauen des Klägers in den Bestand des Befreiungsbescheides nicht schutzwürdig sei, sei unzutreffend. Im Hinblick auf das vorzitierte Urteil des BSG habe der Kläger durchaus davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht vorgelegen hätten.

Der Kläger beantragt, teilweise sachdienlich gefasst,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 03.11.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.4.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.8.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht ab dem 14.7.2017 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie das Urteil des SG verwiesen. Das Urteil des SG sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Das SG habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungsbegründung enthalte keine neuen rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen.

Die Berichterstatterin hat mit Schreiben vom 17.03.2023 darauf hingewiesen, dass das in der Berufungsbegründung zitierte Urteil des BSG vom 18.09.1963 (1 RA 202/62) zur vorangegangenen Gesetzesfassung ergangen sei und durch die neuere Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 31.10.2012, B 12 R 8/10 R sowie vom 11.03.2021, B 5 RE 2/20 R; beide juris) überholt sei. Danach sei das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft Voraussetzung für die Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 18.4.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.8.2019 ist nicht rechtswidrig. Der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Streitgegenstand des Verfahrens ist die mit diesem Bescheid verfügte Zurücknahme des Bescheides vom 27.10.2017 über die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit Wirkung ab dem 14.07.2017. Rechtsgrundlage für diese ist § 45 Abs. 1, Abs. 2 bis 4 SGB X. Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig (Abs. 2 Satz 2), wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat,
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Gemäß § 45 Abs. 3 SGB X kann ein rechtwidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. § 45 Abs. 4 bestimmt, dass nur in den Fällen des Absatzes 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird.

Das SG führt im Urteil vom 03.11.2022 zutreffend aus, dass der Bescheid vom 27.10.2017 rechtswidrig ist, da keine Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung vorlag und daher die Voraussetzungen für eine Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die streitgegenständliche Beschäftigung im Zeitraum vom 14.07.2017 bis zum 30.09.2018 nicht erfüllt waren. Diesbezüglich weist das SG ebenfalls zutreffend darauf hin, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht jeweils nur auf die der Erteilung zugrunde liegende Beschäftigung erstreckt und daher der streitgegenständliche Zeitraum sich auf die Zeitdauer der Beschäftigung des Klägers bei der D1 GmbH erstreckt und somit mit der Aufnahme der Beschäftigung ab dem 01.10.2018 bei der R1 AG endet. Der Bescheid vom 27.10.2017 stellt aus der maßgeblichen Sicht des Klägers einen begünstigenden Verwaltungsakt dar (vgl. Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 44 SGB X Rdnr. 57 ff.).

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Befreiung von der Versicherungspflicht ab dem 14.07.2017 ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i.d.F. vom 05.12.2012. Danach werden Beschäftigte und selbständig Tätige von der Versicherungspflicht für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit befreit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

Beschäftigte und selbstständig Tätige haben daher Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie gleichzeitig kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind und auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) sind (vgl. Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 6 SGB VI Rdnr. 49 ff.). Voraussetzung für die Befreiung von der Versicherungspflicht ist daher eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung sowie in einer berufsständischen Kammer (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R –, juris Rdnr. 22 ff. sowie BSG, Urteil vom 11.03.2021 – B 5 RE 2/20 R –, juris Rdnr. 22 ff.). Insofern erfüllt eine auf Antrag begründete Pflichtmitgliedschaft eines sozialversicherungspflichtig beschäftigten Syndikusanwalts in einem Versorgungswerk für Rechtsanwälte nicht die Voraussetzung einer "durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Verpflichtung" zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung iS des § 6 Abs. 1 S 1 Nr. 1 SGB VI (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.04.1997 – 12 RK 20/96 –, juris Rdnr. 22 sowie nachgehend BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31.08.2004 – 1 BvR 1776/97 –, BVerfGK 4, 46-49; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.09.2021 – L 9 R 2037/19 –, juris Rdnr. 32 sowie Dankelmann a.a.O., Rdnr. 59.1).

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk nicht. Das SG führt schlüssig aus, dass weder die freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte B1 ab dem 25.05.2017 noch die ab dem 14.07.2017 durch die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt begründete Mitgliedschaft in der RAK F1 die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk erfüllten. Der Kläger konnte altersbedingt nicht mehr Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte B2 werden, da er im Zeitpunkt der Antragstellung und des Beginns der Mitgliedschaft in der RAK F1 ab dem 18.09.2017 die Altersgrenze nach § 5 Abs. 1 und 2 RAVG BW i.d.F. vom 10.12.1984 von 45 Jahren überschritten hatte. Die in § 5 Abs. 3 RAVG BW i.d.F. vom 24.04.2018 mit Wirkung ab dem 05.05.2018 geregelte Mitgliedschaft im Versorgungswerk ohne Altersgrenze wirkt jedoch nur ex nunc, ebenso wie die in der Satzungsänderung zum 01.01.2022 der Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte geregelte Möglichkeit der Mitgliedschaft ab dem 05.05.2018 ohne Altersgrenze. Die Änderung erfolgte zwar noch während des streitgegenständlichen Zeitraumes, kommt jedoch hier nicht zur Anwendung, da der Kläger bereits vor dem 05.05.2018 Mitglied der RAK F1 geworden ist. Der Senat nimmt insofern auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Senat stellt somit fest, dass der Kläger durch die Zulassungsentscheidung der RAK F1 nicht Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte B2 geworden ist.

Entgegen den Ausführungen des Klägers stellt die ursprünglich als Pflichtmitgliedschaft begründete und als freiwillige Mitgliedschaft auf Antrag weitergeführte Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte B1 keine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung dar. Eine freiwillige Mitgliedschaft auf Antrag ist als Möglichkeit in der Satzung nach § 2 Abs. 3 RAV Bln ausgestaltet. Dies zeigt jedoch bereits, dass es sich nach Beendigung der Pflichtmitgliedschaft infolge des Ausscheidens aus der RAK B1 um eine fakultative Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte B1 aufgrund freier Willensentscheidung handelt und nicht um eine durch Gesetz angeordnete oder auf Gesetz beruhende Pflichtmitgliedschaft. Auch soweit der Kläger darauf verweist, dass er infolge der Altersgrenze nach § 5 Abs. 1 und 2 RAVG BW keine Wahlmöglichkeit gehabt habe, geht dieser Verweis fehl, da maßgeblich nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nur eine Pflichtmitgliedschaft ist und diese von den berufsständischen Regelwerken abhängt. Für den Fall, dass eine Pflichtmitgliedschaft infolge der berufsständischen Regelungen nicht begründet wird, kommt die Pflichtmitgliedschaft aufgrund Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zur Anwendung. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hat nur den Zweck, eine doppelte Beitragspflicht infolge einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und dem berufsständischen Versorgungswerk zu vermeiden. Eine Zwangsdoppelversicherung liegt jedoch dann nicht vor, wenn eine Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk freiwillig begründet oder fortgesetzt wird (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr. 40 sowie Dankelmann, a.a.O., Rdnr. 101 ff.). Zudem kann es nach der Gesetzesintention von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur dann zu einer Befreiung kommen, wenn eine Pflichtversorgung im berufsständischen Versorgungswerk gewährleistet ist und die Absicherung nicht lediglich durch eine freiwillige, zur Disposition des Beschäftigten stehende Mitgliedschaft erfolgt (vgl. hierzu Dankelmann, a.a.O., Rdnr. 88 ff.). Der Senat stellt somit fest, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI im Zeitraum vom 14.07.2017 bis zum 30.09.2018 nicht erfüllt hat und der Bescheid vom 27.10.2017 von Anfang an rechtswidrig war.

Das SG hat im Urteil vom 03.11.2022 auch zutreffend festgestellt, dass die übrigen Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 SGB X erfüllt sind und der Kläger sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen kann. Der Kläger hätte die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27.10.2017 bereits im Zeitpunkt des Erlasses kennen müssen, da es ihm aufgrund der Umstände und nach seiner persönlichen Urteilsfähigkeit sowie seinem intellektuellen Bildungsstand möglich war, zu erkennen, dass er die Voraussetzungen einer Pflichtmitgliedschaft nicht erfüllt. Der Kläger ist als Jurist und Rechtsanwalt auch zum Durchdringen komplizierter Materien befähigt. Bereits der Vordruck der Beklagten im Antragsformular unterscheidet zwischen einer Pflichtmitgliedschaft und einer auf Antrag fortgesetzten Mitgliedschaft. Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B1 hat auch entsprechend diese Arten der Mitgliedschaft zeitlich getrennt bestätigt. Auch enthielt die Zulassung zur RAK F1 nicht zeitgleich die Begründung der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte B2. Der Zulassungsbescheid vom 18.09.2017 führt insofern aus, dass der Kläger mit der sofortigen Vollziehbarkeit der Zulassung als Rechtswalt bei einem entsprechenden Antrag unmittelbar kraft Gesetzes Mitglied im Rechtsanwaltsversorgungswerk werde. Die Mitgliedschaft bedurfte daher einer Antragstellung, so dass offensichtlich war, dass sie nicht allein durch die Zulassungsentscheidung begründet werden würde. Dem Kläger war jedoch bewusst, dass er infolge der Altersgrenze in § 5 Abs. 1 und 2 RAVG BW keine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte B2 begründen konnte. Dies wurde ihm nach seinen Ausführungen im Widerspruchsschreiben vom 17.05.2019 im Mai 2017 vom Versorgungswerk der Rechtsanwälte B2 mitgeteilt, so dass er aus diesem Grund seine Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B1 freiwillig fortführte. Dass er davon ausging, dass nach dem Urteil des BSG vom 18.09.1963 die freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk - sofern sie einer Pflichtmitgliedschaft nachfolgt - ebenfalls als Pflichtmitgliedschaft anzusehen sei, ist angesichts der weitreichenden Änderungen seit den Entscheidungen des BSG vom 03.04.2014 (B 5 RE 13/14 R –, juris; B 5 RE 3/14 R –, juris sowie B 5 RE 9/14 R –, juris) und der nachfolgenden Neuregelung des Bereichs der Syndikusrechtsanwälte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Juni 2021 – B 5 RE 4/20 R –, juris Rdnr. 28 ff. m.w.N.) ebenfalls grob fahrlässig, da das Berufsbild des Syndikusanwalts grundlegenden Änderungen bezüglich der Anforderungen an eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht unterlag und dies auch in der Fachliteratur sowie von den Berufsverbänden umfangreich besprochen wurde (vgl. hierzu lediglich beispielhaft Lingemann in: Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, 3. Syndikusrechtsanwälte, Rdnr. 7; Kilian in AnwBl 2014, 468 bis 473; Grunewald in NJW 2014, 3699-3703, siehe insgesamt Fundstellenliste unter BSG, Urteil vom 03.04.2014 – B 5 RE 13/14 R –, juris). Zudem hat das BSG bereits im Urteil vom 30.04.1997 (BSG, Urteil vom 30.04.1997 – 12 RK 20/96 –, juris Rdnr. 22) entschieden, dass die freiwillige Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht berechtigt. Der Kläger war somit bösgläubig gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X, da er die Rechtswidrigkeit der Befreiungsentscheidung infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 45 SGB X sind erfüllt. Die Beklagte hat die Aufhebungsfrist des § 45 Absatz IV Satz 2 SGB X eingehalten und das ihr hinsichtlich der Rücknahme zustehenden Ermessen erkannt und ausgeübt (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.1992 – 7 Rar 60/89 -, juris Rdnr. 35 f.). Die Beklagte hat dargelegt, dass im Rahmen der Abwägung und unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers dessen Interesse am Bestand der (rechtswidrig) erfolgten Befreiung von der Versicherungspflicht hinter das öffentliche Interesse an der Einhaltung der geltenden Gesetze zurückzustehen hat. Das ist auch nach Einschätzung des Senats nicht zu beanstanden.

Damit war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.


 

Rechtskraft
Aus
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