Tenor:
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.08.2022 geändert. Den Klägern wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. T., X., beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, das auf eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung gerichtet ist.
Die 0000 geborene Klägerin zu 1) ist mit dem 0000 geborenen Kläger zu 2) verheiratet. Der 0000 geborene Kläger zu 3) ist der gemeinsame Sohn der Kläger. Der Beklagte bewilligte den Klägern zu 1) und 3) mit Bescheid vom 17.05.2020 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Juli 2020 bis Juni 2021. Er legte hierbei Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich insgesamt 420,94 € (Kaltmiete i.H.v. 239,60 € zuzüglich Betriebskosten i.H.v. 133,34 € zuzüglich Heizkosten i.H.v. 48 €) zugrunde. Den Kläger zu 2) berücksichtigte der Beklagte in dem Bescheid aus nicht erkennbaren Gründen nicht. Mit an die Klägerin zu 1) gerichtetem Bescheid vom 22.07.2020 entzog der Beklagte die bewilligten Leistungen für die Zeit ab dem 01.08.2020 unter Bezugnahme auf eine fehlende Mitwirkung i.S.v.§ 66 Abs. 1 SGB I. Er zahlte den Klägern in der Folge keine Leistungen mehr aus. Am 18.01.2021 beantragten die Kläger beim Sozialgericht Düsseldorf eine Verpflichtung des Beklagten zur Leistungszahlung im Wege der einstweiligen Anordnung (S 3 AS 104/21 ER). Ein Entziehungsbescheid sei ihnen nicht zugegangen. Nach Übersendung des Entziehungsbescheids vom 22.07.2020 im Eilverfahren legten die Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2021 unter Bezugnahme auf eine Verfristung als unzulässig verwarf. Gegen den Bescheid vom 22.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2021 erhoben die Kläger am 04.02.2021 Klage (SG Düsseldorf – S 40 AS 297/21 – ). Nachdem der Beklagte seine grundsätzliche Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Leistungsbewilligung verdeutlicht hatte, erklärten die Kläger das einstweilige Rechtsschutzverfahren am 31.03.2021 für erledigt. Im Verfahren S 40 AS 297/21 stellte der Beklagte in der Folge die Bewilligung von Leistungen unter Berücksichtigung des Klägers zu 2) in Aussicht. Die genaue Höhe der Aufwendunge für Unterkunft und Heizung sei unklar, denn die Kläger hätten immer wieder unterschiedliche Angaben zur Höhe ihrer Miete gemacht. Der Beklagte sei aber bereit, monatlich den Betrag von 450 € für Bedarfe für Unterkunft und Heizung anzusetzen. Das Sozialgericht bat die Kläger hierauf um Stellungnahme, ob das Verfahren auf dieser Grundlage für erledigt erklärt werden könne. Die Kläger reagierten auf die Anfrage zunächst nicht. Mit Bescheid vom 07.05.2021 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für die Zeit vom 01.08.2020 bis zum 30.06.2021. Er berücksichtigte hierbei monatliche Bedarfe für die Unterkunft i.H.v. 450 € (Kaltmiete i.H.v. 300 € zuzüglich Betriebskosten i.H.v. 150 €). Heizkosten legte er seiner Berechnung nicht zugrunde. Der Beklagte führte schriftsätzlich aus, dieser Bescheid sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 297/21 sowie des erledigten Eilverfahrens geworden. Die Kläger erklärten mit Schriftsatz vom 21.05.2021, der aus ihrer Sicht allein verfahrensgegenständliche Bescheid vom 22.07.2020 sei nunmehr i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam geworden, so dass nunmehr nur noch eine Verpflichtung des Beklagten zur Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren zu beantragen sei. Ebenfalls am 21.05.2021 erhoben sie Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.05.2021. Der Beklagte habe die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht in tatsächlicher Höhe berücksichtigt, insbesondere fänden die Heizkosten keine Berücksichtigung. Der Beklagte verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2021 als unzulässig. Der Bescheid vom 07.05.2021 sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 297/21 und des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Am 04.06.2021 haben die Kläger beim Sozialgericht Düsseldorf Klage gegen den Bescheid vom 07.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2021 erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren beantragt. Der Bescheid vom 07.05.2021 habe den Entziehungsbescheid vom 22.07.2021 nicht geändert und sei deshalb nicht Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 297/21 geworden. Die Kläger haben erklärt, in der Sache eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 1.069,60 € zu begehren. Da sie im Streitzeitraum eine monatliche Bruttokaltmiete i.H.v. 502,40 € zu entrichten gehabt hätten, seien hierfür weitere Beträge i.H.v. insgesamt 524 € zu berücksichtigen. Weiter seien unter Abzug eines Guthabens Heizkosten i.H.v. insgesamt 567,20 € angefallen. Auf Hinweis des Sozialgerichts haben die Kläger das Verfahren S 40 AS 297/21 mit Schriftsatz vom 25.08.2021 für erledigt erklärt.
Mit Beschluss vom 11.08.2022 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage sei wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, denn der Bescheid vom 07.05.2021 sei Gegenstand des erledigten Verfahrens S 40 AS 297/21 gewesen. Die Rechtsverfolgung sei zudem mutwillig, weil die Kläger gehalten gewesen wären, das Verfahren S 40 AS 297/21 weiterzuverfolgen.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 18.08.2022 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 26.08.2022 Beschwerde eingelegt. Die Beteiligten wiederholen maßgeblich ihren Vortrag im Hauptsacheverfahren. Der Beklagte hat wiederholte Anfragen des Senats zur Berechnung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung unter Bezugnahme auf die aus seiner Sicht vorliegende Unzulässigkeit der Klage nicht beantwortet.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie nicht deshalb gemäߧ§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 2 c), 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750 € nicht übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstands bemisst sich grundsätzlich danach, was dem Rechtsmittelführer versagt worden ist und was dieser mit seinem Rechtsmittel weiterverfolgt. Die Kläger begehren gemäß ihrem erstinstanzlichen Vortrag eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer Bedarfe für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.08.2020 bis zum 30.06.2021 i.H.v. insgesamt 1.069,60 €. Ob die Kläger mit dem so verstandenen Begehren in dieser Form durchdringen können, ist für die Ermittlung des Werts des Beschwerdegegenstands ohne Belang; für eine willkürliche Bezifferung der Leistungen zur Herbeiführung der Beschwerdefähigkeit (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 03.11.2021 – L 7 AS 306/21 B – Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Auflage, § 144 Rn. 14a) bestehen keine Anhaltspunkte.
Die Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Kläger haben einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Bevollmächtigten. Die Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO).
Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnahme erforderlich ist und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (BVerfG, Beschlüsse vom 04.05.2015 – 1 BvR 2096/13 –vom 09.10.2014 – 1 BvR 83/12 – und vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07 –; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 05.11.2020 – L 7 AS 743/20 B –, vom 20.04.2016 – L 7 AS 1645/15 B – und vom 15.02.2016 – L 7 AS 1681/15 B –).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das erstinstanzliche Verfahren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Insbesondere ist das gegen den Bescheid vom 07.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2021 gerichtete Klageverfahren nicht wegen doppelter Rechtshängigkeit i.S.v. § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG unzulässig. Der Bescheid vom 07.05.2021 ist nicht Gegenstand der gegen den Entziehungsbescheid vom 22.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2021 gerichteten Klage S 40 AS 297/21 geworden. Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Soweit der Beklagte mit dem Bescheid vom 07.05.2021 den Leistungsanspruch des Klägers zu 2) regelt, ergibt sich dies schon daraus, dass der Kläger zu 2) nicht Begünstigter des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vom 17.05.2020 und damit ersichtlich auch nicht Adressat des Entziehungsbescheides vom 22.07.2020 war. Der Bescheid vom 07.05.2021 ist aber auch nicht Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 297/21 geworden, soweit er Leistungen der Kläger zu 1) und 3) betrifft, denn er hat den Entziehungsbescheid vom 22.07.2020 auch insoweit weder i.S.v. § 96 Abs. 1 SGG geändert noch ersetzt. Da ein Versagungs- oder Entziehungsbescheid keine inhaltliche Regelung zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch trifft, sondern allein die Folgen einer etwaigen Verletzung einer Mitwirkungspflicht regelt, begründet die von einer Behörde nachträglich getroffene Entscheidung über den Leistungsanspruch in der Sache vielmehr einen neuen Streitgegenstand (vgl. hierzu Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.09.2021 – L 7 AS 589/20 –, Rn. 18, juris; Voelzke in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB I, 3. Aufl., § 66 SGB I (Stand: 02.12.2022), Rn. 73_3) ebenso Spellbrink in: beck OK, § 66 SGB I (Stand: 01.08.2019), Rn. 52; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.02.2022 – L 4 P 3969/19 -, Rn. 33). Diesem Umstand haben die Kläger mit ihrer verfahrensbeendenden Erklärung im Verfahren S 40 AS 297/21 und der Erhebung einer neuen Klage gegen den Bescheid vom 07.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2021 Rechnung getragen. Abwegig ist die vom Beklagten vertretene Auffassung, der Bescheid vom 07.05.2021 sei Gegenstand des am 31.03.2021 erledigten Eilverfahrens S 3 AS 104/21 ER geworden. Gegenstand einstweiligen Rechtsschutzes ist in sämtlichen Tatbestandsvarianten des § 86b SGG nämlich nie der angefochtene Bescheid an sich, sondern nur eine vorläufige Regelung bis zur abschließenden Entscheidung über den Verwaltungsakt in der Hauptsache.
Der Geltendmachung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.08.2020 bis zum 30.06.2021 steht auch keine vergleichsweise Regelung der Beteiligten über diesen Zeitraum im Verfahren S 40 AS 297/21 i.S.v. § 101 Abs. 1 SGG entgegen. Zwar hat das Sozialgericht die Kläger in Anlehnung an ein entsprechendes Angebot des Beklagten zur Stellungnahme aufgefordert, ob das Verfahren im Falle einer Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 450 € für erledigt erklärt werden könne. Die Kläger haben diese Frage vor Erlass des Bescheides vom 07.05.2021 jedoch nicht beantwortet und das Verfahren erst nachträglich mit der zutreffenden Begründung für erledigt erklärt, streitgegenständlich sei allein der nunmehr i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X erledigte Entziehungsbescheid gewesen. Hierin kann weder eine Zustimmung zum Regelungsvorschlag des Beklagten noch ein Absehen von der Geltendmachung weitergehender Leistungsansprüche für den streitgegenständlichen Zeitraum erkannt werden.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht hat die erstinstanzliche Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es sind weitere Ermittlungen zum Sachverhalt erforderlich. Angesichts der unklaren Aktenlage und der abweichenden Einschätzungen der Beteiligten wird das Sozialgericht zu ermitteln haben, welche Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich entstanden sind. In der Folge wird das Sozialgericht in rechtlicher Hinsicht zu entscheiden haben, inwieweit der Beklagte diese Bedarfe als angemessene Aufwendungen i.S.v. § 22 SGB II tatsächlich zu übernehmen hat.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).