Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.09.2021 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu 8/9, die Beklagte zu 1/9, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 93.198,14 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eine Beitragsnachforderung für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 2) als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin.
Die Klägerin ist eine in der Beratung von Wirtschaftsunternehmen, insbesondere in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, Messeplanung und Kommunikationsmedien tätige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). An ihrem Stammkapital in Höhe von 110.000 Euro war der zum Geschäftsführer bestellte Beigeladene zu 2), S. (im Folgenden: A), zunächst mit 50% und nach einer notariellen Änderung des Gesellschaftsvertrags (im Folgenden: GV) vom 24.06.2014, die am 08.07.2014 in das Handelsregister eingetragen wurde, mit 37,5% beteiligt. Die weiteren Anteile hielten ab diesem Zeitpunkt ein weiterer geschäftsführender Gesellschafter (im Folgenden: B) zu ebenfalls 37,5% und ein dritter Gesellschafter zu 25% (im Folgenden: C).
Nach dem GV wurde die Klägerin bei mehreren Geschäftsführern durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Einem Geschäftsführer konnte jedoch ein Einzelvertretungsrecht übertragen sowie eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erteilt werden (§ 5 Nr. 1 und 2 GV). Gesetzlich zulässige Beschränkungen in der Geschäftsführung sollten vorbehaltlich von Regelungen in der Satzung in einer gesonderten Geschäftsordnung oder im jeweiligen Anstellungsvertrag geregelt werden (§ 5 Nr. 3 GV). Für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung war eine einfache Mehrheit ausreichend, soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorschrieben (§ 7 Nr. 2 GV). Bestimmte, unter § 8 Ziff. a) bis p) GV aufgezählte Geschäfte waren der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung vorbehalten und bedurften überwiegend und abweichend von § 7 GV einer Mehrheit von 76 % der abgegebenen Stimmen. Hierzu zählte gem. § 8 S. 1 Buchst. i) GV u.a. „die Abberufung und Bestellung eines Geschäftsführers oder Prokuristen“ bzw. in der Fassung des GV vom 21.07.2015 „die Abberufung und Bestellung eines Geschäftsführers oder Prokuristen einschließlich der konkreten Ausgestaltung des Dienst- bzw. Aufhebungsvertrages“.
Ein zwischen der Klägerin und A geschlossener Geschäftsführervertrag in einer ab dem 01.01.2013 gültigen Fassung (GFV) berechtigte und verpflichtete A, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des GV und einer etwaigen Geschäftsführerordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen (§ 1 Abs. 1 S. 1 GFV). Weisungen der Gesellschafterversammlung waren zu befolgen, soweit Vereinbarungen in dem Vertrag nicht entgegenstanden (§ 1 Abs. 1 S. 2 GFV). Von den Beschränkungen des § 181 BGB war A befreit (§ 1 Abs. 3 GFV). Er hatte seine gesamte Arbeitskraft der Klägerin zur Verfügung zu stellen, ohne an bestimmte Arbeitszeiten gebunden zu sein (§ 4 GFV). Für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Gewerbes der Klägerin hinausgingen, insbesondere für beispielhaft aufgezählte Geschäfte, bedurfte A ebenso der ausdrücklichen Genehmigung der Gesellschafterversammlung (§ 3 GFV) wie für Nebentätigkeiten (§ 6 Abs. 1 GFV). Er erhielt ein festes Jahresgehalt von 62.400 Euro sowie einen Dienstwagen und eine Tantieme in Höhe von bis zu 20 % des Jahresüberschusses, begrenzt auf 1/3 seiner festen Bezüge (§ 7 Abs. 1, 2, § 8 Abs. 3 GFV). Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder sonstige Mehrarbeit wurden nicht gesondert vergütet (§ 7 Abs. 3 GFV). A hatte Anspruch auf Spesen- und Aufwendungsersatz (§ 8 Abs. 1, 2, 4 GFV) und auf 30 Tage bezahlten Urlaub (§ 9 GFV). Den Zeitpunkt seines Urlaubs, den er mit einem weiteren Geschäftsführer abzustimmen hatte, musste er so einrichten, dass den Bedürfnissen der Geschäftsführung Rechnung getragen wurde. Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung blieb sein Gehaltsanspruch für die Dauer von sechs Wochen bestehen (§ 7 Abs. 4 GFV). Ergänzend erhielt A die Zusage für ein Ruhegehalt bei Alter oder Berufsunfähigkeit (§ 10 GFV). Mit weiterem Geschäftsführervertrag vom 17.12.2015 ersetzten die Vertragsparteien „den Arbeitsvertrag vom 01.01.2013“ mit Wirkung ab 01.01.2016. Neben einer teilweisen Änderung der Reihenfolge voriger Bestimmungen entfielen im neuen Vertrag der Genehmigungsvorbehalt für bestimmte Geschäfte (zuvor § 3 GFV) und der Anspruch auf bezahlten Urlaub (zuvor § 9 GFV).
Auf einen Statusantrag zur Tätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters B stellte die Beklagte mit Bescheid vom 09.04.2015 dessen Versicherungspflicht fest. Bei einem Kapitaleinsatz von 37,5% des Gesamtkapitals und dem daraus resultierenden Stimmrechtsanteil sei es B nicht möglich, die Geschicke der Klägerin maßgeblich zu beeinflussen. Auch könne er aufgrund von mangelnden Vetorechten bzw. Sperrminoritäten keine Entscheidungen verhindern. Beschlüsse, welche mit 76% gefasst würden, beträfen lediglich die Abberufung und Bestellung von Geschäftsführern. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage B kein, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko.
Am 27.08.2018 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch und hörte sie anschließend mit Schreiben vom 04.09.2018 im Hinblick auf die Tätigkeit des A zu einer Nacherhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen für den Zeitraum vom 24.06.2014 bis zum 31.08.2018 i.H.v. 93.198,14 Euro einschließlich Säumniszuschlägen i.H.v. 16.816,50 Euro an. Bei Gesamtwürdigung aller relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Es bestehe ein gesonderter Arbeitsvertrag, der die Mitarbeit des A regele. Ihm würde eine jährliche feste Vergütung gezahlt und ein Dienstwagen gestellt. Für ein abhängige Beschäftigungsverhältnis spreche auch der im GFV geregelte Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall. Trotz größerer Freiheiten bei der Ausführung der Tätigkeit unterliege A der Überwachung durch die weiteren Gesellschafter. Seit dem Teilverkauf von Anteilen am 24.06.2014 sei es ihm nicht mehr möglich, die Geschicke der Klägerin im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) maßgeblich und uneingeschränkt zu beeinflussen, da er nur noch 37,5% der Gesellschaftsanteile halte und die Gesellschafterversammlung der Klägerin ihre Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit fasse. Säumniszuschläge seien ab Juni 2015, dem Zeitpunkt der Bestandskraft des Statusbescheides zum Gesellschafter-Geschäftsführer B zu erheben. Seither könne sich die Klägerin nicht auf eine unverschuldete Unkenntnis in Bezug auf die Beitragspflicht des A berufen.
Die Klägerin vertrat demgegenüber die Auffassung, A habe über eine umfassende Sperrminorität verfügt. Ohne seine Zustimmung sei eine Beschlussfassung durch die weiteren Gesellschafter gem. § 8 Buchst. i) GV nicht möglich, da er sowohl seine Abberufung als Geschäftsführer als auch die Änderung seines Dienstvertrages verhindern könne. Soweit im genannten Punkt auf eine „konkrete Ausgestaltung des Dienstvertrages“ Bezug genommen werde, betreffe dies auch Weisungen des Arbeitgebers gegenüber dem Geschäftsführer (Weisungs- und Direktionsrecht). Beschränkungen der freien Abberufbarkeit ergäben sich zudem daraus, dass A zusammen mit dem weiteren Gesellschafter C auch Gesellschafter einer Immobilien-GbR sei, die der Klägerin im Wege einer steuerlichen Betriebsaufspaltung die Betriebsstätte vermiete. Diese Verknüpfung schaffe ein besonderes Risiko in der Art der Beteiligung, die bei einem normalen Mitarbeiter oder Fremdgeschäftsführer nicht bestehe. Allein die steuerliche (erhebliche) Verflechtung führe zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Im Steuerrecht würden Vermietungs- bzw. Verpachtungseinkünfte bei einer sachlichen oder persönlichen Verflechtung zu gewerblichen Einkünften und demzufolge ein normaler Vermieter steuerlich zu einem Unternehmer. Die steuerliche Folge sei auch für das Sozialversicherungsrecht maßgebend, da der Geschäftsführer alleine durch dieses erhebliche eigene Risiko als selbstständig angesehen werden müsse.
Die Beklagte erließ den beabsichtigten Bescheid unter dem 14.12.2018. Ergänzend führte sie an, dass die Sonderrechte in § 8 GV dem A nur eine partielle Sperrminorität für besonders wichtige Geschäfte gewähre. Zur Begründung von Selbstständigkeit sei jedoch eine „echte“ Sperrminorität erforderlich, die sich grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht nur auf einige bedeutende Angelegenheiten beziehe.
Mit ihrem Widerspruch vom 07.01.2019 wies die Klägerin darauf hin, dass erwirtschaftete Gewinne (auch des A) im Unternehmen stehengelassen worden seien. Diese stellten nichts anderes als ungesicherte Darlehen dar und begründeten entsprechend für ihn ein erhebliches Risiko. Zudem habe sich A gegenüber Banken für Verbindlichkeiten der Klägerin i.H.v. 50.000 Euro verbürgt. Durch die Vermietung der Betriebsräume an die Klägerin verfüge er auch über eine eigene Betriebsstätte. Nicht hinreichend berücksichtigt seien seine Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Die im Hinblick auf § 8 Buchst. i GV bestehende Weisungsfreiheit werde nicht hinreichend berücksichtigt und konkrete Feststellungen zu einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation seien nicht getroffen worden. Hinsichtlich der Säumniszuschläge sei der Verweis auf den Bescheid bezüglich des weiteren geschäftsführenden Gesellschafters B unzulässig, da dieser nicht zuvor mit 50 % am Stammkapital beteiligt gewesen sei. B trage auch kein gesteigertes Unternehmerrisiko (keine Bürgschaft) und sei insbesondere nicht an der Immobilien-GbR beteiligt. Schließlich habe die Klägerin auf die Geltung der sogenannten „Kopf und Seele“-Rechtsprechung des BSG vertrauen dürfen.
Ein von der Klägerin angestrengtes Eil- und Beschwerdeverfahren blieb erfolglos (Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 06.03.2019 – S 28 BA 11/19 ER; Senatsbeschluss vom 29.04.2019 – L 8 BA 77/19 B ER). Der GFV trage sowohl nach den dort verwendeten Begriffen wie etwa „Arbeitszeit“, „Arbeitstage“, „Jahresgehalt“ oder „Urlaub“ als auch den vereinbarten Inhalten wesentliche arbeitsvertragliche Züge. Auf dieser vertraglichen Grundlage sei A umfassend in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen, wie sich bereits aus der in § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 GFV normierten Obliegenheit ergebe, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen, diese zu leiten und zu überwachen. Gemäß §§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) habe er dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Klägerin unterlegen und vor dem Hintergrund des einfachen Mehrheitserfordernisses ihm nicht genehme Weisungen nicht verhindern können. Soweit eine Reihe von besonderen Maßnahmen gem. § 8 GV eine Mehrheit von 76% erfordert hätte, stelle dies keine umfassende Sperrminorität im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar. Nach § 1 Abs. 1 GFV sei A grundsätzlich an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden. Über die Regelung des § 8 Buchst. i GV habe er sich auch in der Neufassung allein gegen Änderungen seines Geschäftsführervertrags, nicht aber gegen den Status Quo wenden können. Für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkte seien hingegen nicht in einem relevanten Maß gegeben. Insbesondere bestehe vor dem Hintergrund der vereinbarten festen Grundvergütung kein eigenes Unternehmerrisiko. Die angeführten Gewinnvorträge beträfen nicht die Stellung des A als Geschäftsführer, sondern diejenige als Gesellschafter. Auch eine Darlehensgewährung schaffe ebenso wie die Übernahme einer Bürgschaft keine unternehmerische Position im Rechtssinn, da sich hierdurch die rechtlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft nicht erhöhten. Dass A zusammen mit C Eigentümer der Räumlichkeiten sei, in welchen die Klägerin ihrer Tätigkeit nachgehe, ändere nichts daran, dass es sich hinsichtlich der betrieblichen Funktion um deren (und nicht um seine eigene) Betriebsstätte handele. Das Risiko der Vermietung wiederum sei seiner Stellung als Vermieter, nicht aber derjenigen als Geschäftsführer zuzuordnen. Es spreche schließlich auch mehr für als gegen die Rechtmäßigkeit der Säumniszuschläge. Auf die von der Klägerin angeführten Unterschiede zwischen A und B sei es im Bescheid der Beklagten zum Status des B gerade nicht angekommen.
Auf den zurückweisenden Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15.07.2019, am Folgetag zur Post aufgegeben, hat die Klägerin am 19.08.2019 Klage vor dem Sozialgericht Detmold (SG) erhoben und ihren Vortrag wiederholt und vertieft. Die gerichtlichen Entscheidungen im Eil- und Beschwerdeverfahren enthielten nur inhaltsleere Floskeln. Das SG sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einem Zirkelschluss unterlegen. Es habe der Maßgeblichkeit der rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft ebenso Bedeutung eingeräumt wie weiteren Faktoren, indes letztlich lediglich auf erstgenannte abgestellt. Der Senat habe die rechtliche Funktion einer Betriebsaufspaltung verkannt. Es könne auch nicht sein, dass das Steuerrecht bei einer personellen und wirtschaftlichen Verflechtung – wie vorliegend durch die (Mit)Vermietung eines Teils der eigenen Immobilie durch A an die Klägerin – eine selbstständige Tätigkeit annehme, das Sozialversicherungsrecht aber nicht. Die Säumniszuschläge seien rechtswidrig. Der weitere Gesellschafter-Geschäftsführer B, zu dem sich der Bescheid vom 09.04.2015 verhalte, habe weder für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gebürgt, noch sei er Mitgesellschafter der GbR, die der Klägerin die Betriebsstätte vermiete.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.12.2018 und den Widerspruchsbescheid vom 25.06.2019 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihr bisheriges Vorbringen und die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschlüsse Bezug genommen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.09.2021 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Entscheidungen im Eil- und Beschwerdeverfahren Bezug genommen. Der Verweis auf die Stellung des A als Mitgesellschafter der Vermieterin der Betriebsstätte der Klägerin und als deren Bürge sowie die klägerseitig dargebotene steuerrechtliche Problematik hätten keine Auswirkung auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung. Die dargelegten Risiken erwüchsen aus seiner Stellung als (Mit-)Vermieter und Bürge, die rechtlich von seiner Funktion als Geschäftsführer strikt unterschieden werden müssten.
Gegen das ihr am 15.10.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.11.2021 Berufung eingelegt.
Auf einen Hinweis des erkennenden Senats hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid bezogen auf den Zeitraum vom 24.06.2014 bis 07.07.2014, d.h. den Zeitraum vor Eintragung der Änderung der Anteile im Handelsregister, aufgehoben. Ebenso ist die Umlage U1 nicht mehr und die Umlage U2 nur noch ab 01.01.2018 gefordert worden. Der Gesamtbetrag hat sich dadurch auf 82.270,33 Euro einschließlich Säumniszuschlägen i.H.v. 14.723 Euro reduziert (Änderungsbescheid vom 21.04.2022).
Hinsichtlich dieser Forderung vertritt die Klägerin unter Bezugnahme auf Aufsätze von Prof. Dr. Altmeppen (NJW 2022, 2785 ff.) und Borggräfe/Mischnik (DB 2022, 1452) die Ansicht, die ausufernde Rechtsprechung des BSG zur Weisungsbefugnis bei Geschäftsführern sei rechtlich fehlerhaft, beruhe auf keiner Entscheidung des Gesetzgebers und müsse daher von ihr, der Klägerin, beendet werden. Es stelle einen logischen Bruch dar, wenn die nach dieser Rechtsprechung erforderliche Gesamtschau und Gewichtung aller Indizien einerseits auch auf geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH zu beziehen sei, andererseits ohne entsprechende Sperrminorität ein Gesellschaftsanteil von weniger als 50 % per se nicht ausreichen solle. Eine Gesamtschau würde im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis kommen, dass bei A keine abhängige Beschäftigung vorliege.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.09.2021 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 14.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2019 und des Bescheides vom 21.04.2022 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf Ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2019 Bezug und hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die von der Klägerin herangezogenen Aufsätze führten nicht zu einer anderen Beurteilung. Ihre eigene Rechtsauffassung beruhe auf rechtskräftigen, aktuellen Urteilen des BSG.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 21.03.2023 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen, da diese im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des BSG keine Aussicht auf Erfolg biete. Die Klägerin hat hierauf erwidert, die jährlichen zahlreichen Urteile und Beschlüsse des BSG sprächen gegen eine „gefestigte Rechtsprechung“. Wenn der Senat sich nicht mit den Urteilen des BSG und dessen immer weiter ausufernden Voraussetzungen auseinandersetzen wolle, werde sie die Sache im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde berichtigen lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akte des Eilverfahrens S 28 BA 11/19 ER bzw. L 8 BA 77/19 B ER sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin wird durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 S. 1 SGG zurückgewiesen. Zur Möglichkeit einer solchen Entscheidung sind die Beteiligten durch den erkennenden Senat mit Schreiben vom 29.03.2023 angehört worden (§ 153 Abs. 4 S. 2 SGG).
Gem. § 153 Abs. 4 S. 1 SGG kann der Senat die Berufung außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Im Klageverfahren hat das SG nach mündlicher Verhandlung entschieden. Die Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung wird nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht für erforderlich gehalten. Der Sachverhalt ist umfassend ermittelt, eine ergänzende Sachverhaltsaufklärung nicht mehr erforderlich. Das erstmalige Vorbringen noch nicht vorgetragener Tatsachen oder rechtlicher Gesichtspunkte in einem Verhandlungstermin ist nicht zu erwarten. Schließlich ist ein weiteres Vorbringen von der Klägerin nicht angekündigt worden. Auf das Anhörungsschreiben des Gerichts hat sie vielmehr mitgeteilt, die Sache dann eben im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde berichtigen zu lassen. Andere Aspekte, die nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig erscheinen lassen, sind nicht erkennbar.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 14.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2019 (§ 95 SGG) und des Bescheides vom 21.04.2022 (§ 96 SGG). Die zulässige Berufung ist nach der durch letzteren Bescheid erfolgten Teilabhilfe unbegründet. Das SG hat die Klage hinsichtlich der noch streitigen Forderung zu Recht abgewiesen. Die Festsetzung einer Beitragsschuld der Klägerin (einschließlich der Umlage U2 ab 2018 und der Umlage UI) wegen Beschäftigung des A für den (noch) streitigen Zeitraum vom 08.07.2014 bis zum 31.08.2018 in Höhe von 82.270,33 Euro einschließlich Säumniszuschlägen i.H.v. 14.723 Euro durch die Beklagte ist rechtmäßig. Auf die Begründung im angefochtenen Urteil sowie in den Beschlüssen des SG vom 06.03.2019 (S 28 BA 11/19 ER) bzw. des erkennenden Senats vom 29.04.2019 (L 8 BA 77/19 B ER) im Eilverfahren wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Darlegungen der Klägerin im Berufungsverfahren vermögen nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Unabhängig davon, dass der Senat die Kritik der Klägerin an der Rechtsprechung des BSG zur Beurteilung von Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführern weder für zutreffend abgebildet erachtet noch sonst teilt, vermögen ihre diesbezüglichen Ausführungen den vorliegenden Fall bereits schon gar nicht zu berühren. So kommt ihr Vortrag, es stelle einen logischen Bruch dar, wenn einerseits (auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern) eine Gesamtschau und Gewichtung aller Indizien gefordert werde und andererseits ohne entsprechende Sperrminorität ein Gesellschaftsanteil von weniger als 50 % per se nicht als ausreichend (für die Annahme von Selbstständigkeit) gelte, konkret überhaupt nicht zum Tragen. Weder das SG noch der erkennende Senat haben in den bisher in der Sache ergangenen Entscheidungen allein deshalb eine abhängige Beschäftigung des A angenommen, weil diesem eine hinreichende Sperrminorität fehle. Vielmehr sind konkret eine Vielzahl von Umständen benannt und gewürdigt worden sowie anschließend in eine Gesamtbeurteilung eingeflossen, die gerade nicht die von der Klägerin gewünschte Selbstständigkeit ergeben hat. Eine Auseinandersetzung mit dieser umfangreichen Einzelfallbewertung, insbesondere auch im Hinblick auf die arbeitsvertragstypischen Formulierungen und inhaltlichen Bestimmungen des GFV, lässt der Vortrag der Klägerin gänzlich vermissen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert ist für das Berufungsverfahren gem. § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung streitigen Beitragsforderung festzusetzen.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieser Beschluss kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim
Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel
einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
- jeder Rechtsanwalt,
- Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
- selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
- berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
- Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
- juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.
In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _ Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).