L 9 AL 24/22

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 6 AL 690/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 24/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.12.2021 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2020 verurteilt, über den Antrag der Klägerin auf einen Gründungszuschuss ab 01.10.2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte hat der Klägerin erstinstanzlich die Hälfte der Kosten und im Berufungsverfahren die gesamten Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt einen Gründungszuschuss für eine selbständige Tätigkeit als Tagesmutter.

Die 0000 geborene Klägerin arbeitete seit dem Jahr 2011 als Führungskraft bei einem Recyclingunternehmen in W.. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung zum 12.10.2018. Die Beklagte bewilligte Arbeitslosengeld vom 04.01.2019 bis zum 02.10.2019. Über den Zeitraum vom 12.10.2018 bis zum 03.01.2019 entschied sie zunächst nicht, da sie den Eintritt einer Sperrzeit prüfte. Die Klägerin erhob gegen die Kündigung Klage bei dem Arbeitsgericht Köln. In diesem Verfahren schloss die Klägerin mit dem Arbeitgeber am 10.07.2019 einen Vergleich, durch den das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2019 endete. Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin das Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 14.08.2019 vom 01.12.2019 bis zum 30.11.2020.

Die Klägerin beabsichtigte, als Tagesmutter tätig zu sein und nahm vom 12.03.2019 bis zum 08.10.2019 erfolgreich an der Maßnahme „Qualifizierte Kindertagespflegeperson“ teil. Ursprünglich wollte sie sich bereits zum 01.07.2020 selbständig machen. Sie beantragte dafür am 28.05.2020 einen Gründungszuschuss bei der Beklagten. Dem Antrag fügte sie einen Businessplan und eine Bescheinigung und Stellungnahme der Steuerberatungsgesellschaft Zinnikus zur Tragfähigkeit der Existenzgründung bei. Die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit verzögerte sich jedoch, da aufgrund der Corona-Pandemie die notwendigen behördlichen Prüfungen nicht durchgeführt werden konnten. Die Beklagte zahlte das Arbeitslosengeld daher bis zum 30.09.2020 weiter.

Den Antrag auf den Gründungszuschuss lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2020 ab, da die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit nicht zum 01.07.2020 beendet habe.

Mit Bescheid vom 25.09.2020 verlängerte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf das Arbeitslosengeld gem. § 421d Abs. 1 SGB III vom 30.11.2020 bis zum 28.02.2021 um drei Monate. In der Begründung des Bescheides führte die Beklagte aus: „Sie erhalten eine Erhöhung der Anspruchsdauer um einmalig insgesamt 90 Tage im Rahmen des Gesetzes zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (Sozialschutz-Paket II). Die Erhöhung unterliegt der Bedingung, dass sich Ihre ursprüngliche Anspruchsdauer in der Zeit vom 01.05.2020 bis zum 31.12.2020 auf einen Tag gemindert hat…..Am 30.11.2020 wird die Bezugsdauer um 90 Tage erhöht.“

Am 28.09.2020 beantragte die Klägerin erneut einen Gründungszuschuss. Sie plane nunmehr, die selbständige Tätigkeit zum 01.10.2020 aufzunehmen. Dies erfolgte auch, weshalb die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes mit Bescheid vom 29.09.2020 zum 30.09.2020 aufhob.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.10.2020 ab. Die Klägerin verfüge nicht mehr über einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen.

Den Widerspruch der Klägerin vom 28.10.2020 gegen den Bescheid vom 28.09.2020 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2020 zurück. Die Klägerin habe am 01.07.2020 ihre Arbeitslosigkeit nicht beendet, da sie die selbständige Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgenommen habe. Den Widerspruch vom 16.11.2020 gegen den Bescheid vom 15.10.2020 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2020 zurück. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 01.10.2020 keinen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen mehr gehabt. Auf den Änderungsbescheid vom 25.09.2020 mit der Verlängerung der Bezugsdauer um drei Monate könne sie sich nicht berufen, da die darin enthaltene Bedingung nicht eingetreten sei. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit habe sich die Anspruchsdauer nicht auf einen Tag gemindert.

Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 28.09.2020 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 09.11.2020 am 09.12.2020 Klage bei dem Sozialgericht Köln erhoben (S 6 AL 690/20). Am 14.12.2020 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2020 erhoben (S 6 AL 696/20). Das Sozialgericht hat die Verfahren mit Beschluss vom 30.11.2021 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerin hat gemeint, sie habe ab dem 01.10.2020 einen Anspruch auf den Gründungszuschuss, weil sie zu diesem Zeitpunkt die selbständige Tätigkeit aufgenommen und einen Restanspruch auf 150 Tage Arbeitslosengeld gehabt habe. Sie hat sich auf den Bescheid vom 25.09.2020 berufen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2020 und des Bescheides vom 15.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2020 zu verurteilen, ihr ab dem 01.10.2020 einen Gründungszuschuss nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung dieser Bescheide zu verpflichten, ihren Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab dem 01.10.2020 neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten.

Mit Urteil vom 06.12.2021, der Klägerin zugestellt am 30.12.2021, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe zwar zum 01.10.2020 ihre selbständige Tätigkeit aufgenommen, sie habe zu diesem Zeitpunkt aber keinen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen mehr gehabt. Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg auf den Änderungsbescheid vom 25.09.2020 berufen, denn die Anspruchsverlängerung habe unter der Bedingung des Eintritts der Voraussetzungen des § 421d SGB III gestanden, die nicht eingetreten sei.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 24.01.2022. Die Klägerin stützt sich weiterhin auf den Bescheid vom 25.09.2020, mit dem ihre Anspruchsdauer gem. § 421d Abs. 1 SGB III um weitere 90 Tage auf 150 Tage Restanspruchsdauer verlängert worden sei. Damit sei die Voraussetzung des § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III erfüllt. Auch die übrigen Voraussetzungen für den Gründungszuschuss lägen vor. Zu ihren Gunsten sei zudem zu berücksichtigen, dass sie ihren ursprünglichen Plan, die Selbständigkeit bereits am 01.07.2020 aufzunehmen, allein coronabedingt nicht habe realisieren können. Zu diesem Zeitpunkt habe die Restanspruchsdauer, die sie gem. § 147 Abs. 2 SGB III erworben habe, noch 150 Tage bestanden. Die Verzögerung aufgrund der Corona-Pandemie könne ihr nicht zum Nachteil gereichen, auch dies sei Sinn des § 421d Abs. 1 SGB III. Die Klage gegen den Bescheid vom 28.09.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2020 hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2020 zu verurteilen, über ihren Antrag auf Gründungszuschuss ab dem 01.10.2020 neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Auf Nachfrage durch den Senat hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie von Oktober 2020 bis Dezember 2020 bei einem Umsatz von knapp 10.000 € einen Gewinn iHv 274,36 € erwirtschaftet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Streitgegenstand des Verfahrens ist nach Rücknahme der Klage gegen den Bescheid vom 28.09.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2020 und entsprechender Beschränkung des Klageantrags noch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin auf den Gründungszuschuss ab dem 01.10.2020.

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG für die Statthaftigkeit der Berufung erforderliche Streitwert (mehr als 750 €) wird erreicht. Der beanspruchte Gründungszuschuss wird in der ersten Phase gem. § 94 Abs. 1 SGB III für die Dauer von sechs Monaten in Höhe des Betrages geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 €. Im Falle der Klägerin liegt dieser Betrag bei monatlich 2.551,80 €. Der Umstand, dass es sich bei dem Gründungszuschuss gem. § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III um eine Ermessensleistung handelt, berührt den Berufungsstreitwert nicht (BSG Urteil vom 29.02.1972 – 4 RJ 237/71). Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zu Recht im Wege der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der Neubescheidungsklage (§ 131 Abs. 2, Abs. 3 SGG).

Die Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 15.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2020 ist rechtswidrig und die Beklagte ist verpflichtet, über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 93 SGB III. Nach § 93 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein Gründungszuschuss kann nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruht, der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt. Nach § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute.

Die Klägerin erfüllt die ermessenseröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen für den Gründungszuschuss nach § 93 Abs. 1 und 2 SGB III. Sie hat mit der Aufnahme ihrer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit am 01.10.2020 die seit dem 12.10.2018 bestehende Arbeitslosigkeit beendet. An einer Beendigung der Arbeitslosigkeit würde es fehlen, wenn die Klägerin bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht arbeitslos iSd §§ 137 Abs. 1 Nr. 1, 138 SGB III gewesen wäre, insbesondere der Arbeitsvermittlung nach § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 3 SGB III subjektiv nicht zur Verfügung gestanden hätte (Urteil des Senats vom 10.12.2015 – L 9 AL 83/14; LSG für das Saarland Urteil vom 07.09.2021 – L 6 AL 1/20). Dies kann bei der Klägerin nicht festgestellt werden. Die Haltung der Klägerin hinsichtlich einer selbständigen Tätigkeit war nicht bereits seit Beginn ihrer Arbeitslosmeldung derart verfestigt, dass von einer fehlenden Bereitschaft, eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen und auszuüben, ausgegangen werden müsste.

Die Klägerin hat die Tragfähigkeit ihrer Existenzgründung mit der Stellungnahme der fachkundigen Stelle sowie durch den Businessplan einschließlich Finanzplanung und Liquiditätsberechnung nachgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit dargelegt. Zum Nachweis von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit können zum Beispiel Berufsabschlüsse, Zeugnisse, Zertifikate über erworbene Qualifikationen oder Belege über den beruflichen Werdegang dienen (LSG Sachsen Urteil vom 03.07.2014 – L 3 AL 103/12; SG Lüneburg Urteil vom 29.09.2011 – S 7 AL 115/10). Die von der Klägerin erfolgreich absolvierte Qualifizierung zur Tagesmutter ist geeignet, die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit zu begründen.

Die Klägerin hatte iSd § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage betrug, ohne dass dies allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruhte. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III beinhaltet zwei voneinander zu unterscheidende Voraussetzungen – der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einerseits und die Restanspruchsdauer andererseits. § 57 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.03.2012 gF unterschied ausdrücklich, zwischen dem Anspruch auf Entgeltersatzleistungen bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a aF SGB III) und dem Restanspruch von mindestens 150 Tagen (§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 aF SGB III). Diese beiden Voraussetzungen sind zum 01.04.2012 in § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB III sprachlich zusammengeführt worden, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung beabsichtigt war (BT-Drucks. 17/6277 S. 102).

Die Klägerin hatte bis zur Aufnahme der selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit einen durch Bescheid der Beklagten begründeten Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne eines konkreten Zahlungsanspruchs (vgl. hierzu BSG Urteil vom 05.05.2010 – B 11 AL 11/09 R).

Sie hatte bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer noch 150 Tage betrug und der nicht allein auf § 147 Abs. 3 beruhte.

Zwar betrug der von der Klägerin in ihrem bis zum 30.11.2019 andauernden Beschäftigungsverhältnis gem. § 147 Abs. 2 SGB III erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld (12 Monate) bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 01.10.2020 nur noch 60 Tage (Oktober 2020 und November 2020; jeweils 30 Tage gem. § 339 Satz 1 SGB III).

Jedoch kann sich die Klägerin bei der hier maßgeblichen Prüfung der Restanspruchsdauer iSd § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB III auf die Verlängerung der Anspruchsdauer gem. § 421d Abs. 1 SGB III stützen. Für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld sich in der Zeit vom 01.05.2020 bis zum 31.12.2020 auf einen Tag gemindert hat, verlängert sich die Anspruchsdauer hiernach einmalig um drei Monate. Die Vorschrift wurde mWv 29.05.2020 durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 20.05.2020 (BGBl I 1055 – „Sozialschutzpaket II“) eingefügt.

Zwar ist die in dieser Vorschrift enthaltene Bedingung – Minderung der Anspruchsdauer auf einen Tag in dem Zeitraum Mai 2020 bis Dezember 2020 – nicht eingetreten, da die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 01.10.2020 beendet hat und zu diesem Zeitpunkt – wie ausgeführt – noch ein Restanspruch von 60 Tagen bestand. Die Bestimmung mit der Verwendung der Vergangenheitsform „auf einen Tag gemindert hat“ stellt auf eine nachträgliche Betrachtungsweise ab, denn diese Voraussetzung kann erst geprüft werden, wenn – bis auf einen Tag – der gesamte Anspruchszeitraum abgelaufen ist. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/18966) ist Sinn dieser gesetzlichen Formulierung, aufgrund der begrenzt zur Verfügung stehenden Beitragsmittel die Anspruchsverlängerung auf Sachverhalte zu beschränken, in denen sich der Anspruch in der Zeit vom 01.05.2020 bis 31.12.2020 tatsächlich erschöpft. Die Verlängerung der Anspruchsdauer um pauschal drei Monate soll erst dann erfolgen, wenn sich die Dauer eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld tatsächlich bis auf einen Tag gemindert hat. Damit knüpft die Vorschrift ausdrücklich an die in § 148 SGB III getroffenen Regelungen zur Minderung der Anspruchsdauer an. Danach mindert sich die Dauer eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld unter den in § 148 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 SGB III aufgeführten Voraussetzungen, im Regelfall also um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch erfüllt worden ist (§ 148 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Verlängerung der Anspruchsdauer um drei Monate soll deshalb erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, an dem sich die Anspruchsdauer durch Erfüllung oder unter Berücksichtigung der sonstigen in § 148 Abs. 1 SGB III genannten Tatbestände faktisch auf einen Tag gemindert hat. Vor diesem Zeitpunkt, z.B. im Falle einer Unterbrechung des Leistungsbezuges wegen einer Arbeitsaufnahme mit einem dann noch bestehenden Restanspruch von mehr als einem Tag erfolgt eine Verlängerung der Anspruchsdauer nicht. Würde die Klägerin jetzt noch einmal arbeitslos, könnte sie sich auf die Verlängerung der Anspruchsdauer daher nicht berufen (dazu LSG Hessen Beschluss vom 14.04.2021 – L 7 AL 42/21 B ER).

Diese Begrenzung des Anwendungsbereichs von § 421d Abs. 1 SGB III steht jedoch einer auf diese Vorschrift gestützten Bejahung eines Restanspruchs von 150 Tagen iSd § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB III nicht entgegen. Als Voraussetzung für einen Gründungszuschuss ist es ausreichend, dass der Betroffene über eine Anwartschaft verfügte, die eine entsprechende Anspruchsdauer bei fortbestehender Verfügbarkeit garantiert. Dies war bei der Klägerin der Fall.

Der „Anspruch“ dessen „Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt“ ist eine Anwartschaft, kein konkreter Zahlungsanspruch, der bereits zu einem Vollrecht erstarkt ist. Soweit in der Rechtsprechung und der Literatur demgegenüber vertreten wird, § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB III stelle auf einen tatsächlich noch bestehenden materiell-rechtlichen Anspruch, nicht auf einen fiktiv ggf. noch bestehenden Anspruch ab und die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs müssten gegeben sein, weshalb in der vorliegenden Fallkonstellation allenfalls eine analoge Anwendung der Vorschrift zu prüfen sei (so SG Osnabrück Gerichtsbescheid vom 17.03.2022 – S 43 AL 100/20; dem folgend Kador in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 421d SGB III, Rn. 39a; Kuhnke in: jurisPK-SGB III, § 93 SGB III, Rn. 51), teilt der Senat diese Auffassung nicht. Diese Annahme ist allein für den bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit erforderlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld richtig (so zB BSG Urteile vom 05.05.2010 – B 11 AL 28/09 R [Rn. 14] und B 11 AL 11/09 R [Rn. 16] zu § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB III in der bis zum 31.03.2012 gF; LSG Hamburg Urteil vom 31.07.2019 – L 2 AL 50/18 [Rn. 23]), nicht aber für die Restanspruchsdauer von 150 Tagen.

Der Wortlaut der Bestimmung steht einer Anwendung auf eine Anwartschaft nicht entgegen. Insbesondere bedeutet „Anspruch“ nicht zwingend „Zahlungsanspruch“ (so auch BSG Urteil vom 05.05.2010 – B 11 AL 11/09 R). Der Begriff es Anspruchs ist in § 194 Abs. 1 BGB als „Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“ auch für den Bereich des Sozialrechts legaldefiniert. Anerkannt ist, dass zum Begriff des Anspruchs seine Fälligkeit als das Recht, die Leistung zu erbringen bzw. einzufordern, nicht gehört (Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, § 194 Rn. 9). Dass § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB III auf einen zukünftigen, ungewissen Zahlungsanspruch abstellt, ergibt sich aus der Natur der Sache und ist daher für den Anspruchsbegriff unerheblich. Mit der Voraussetzung „Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt“ kann der Gesetzgeber nur eine zukünftig zum Vollrecht erstarkende Rechtsposition meinen. Anders als der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, der als konkreter Zahlungsanspruch feststellbar ist und bestehen muss, ist die prognostisch zu bestimmende Restanspruchsdauer von mindestens 150 Tagen Arbeitslosengeld immer, auch soweit ein regulär gem. § 147 SGB III erworbener Anspruch in Rede steht, nur eine Anwartschaft. Der Zahlungsanspruch iS eines Vollrechts setzt zusätzlich immer voraus, dass die Verfügbarkeit bestehen bleibt und keine Kürzung der Anspruchsdauer wegen des Eintritts einer Sperrzeit erfolgt. Entfällt die Verfügbarkeit, entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld trotz Bestehens einer Restanspruchsdauer. Treten Sperrzeiten ein, mindert sich die Anspruchsdauer nach Maßgabe des § 148 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB III. Der Anspruch erlischt ganz unter den Voraussetzungen des § 161 SGB III (Erwerb eines neuen Anspruchs, Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von mindestens 21 Wochen, Ablauf von vier Jahren nach der Entstehung des Anspruchs). Nur wenn der Betroffene verfügbar bleibt, keine Kürzung der Anspruchsdauer wegen des Eintritts einer Sperrzeit erfolgt und der Anspruch nicht erlischt profitiert der Betroffene von dem Restanspruch.

Die Klägerin erwarb durch die Regelung des § 421d Abs. 1 SGB III eine Anwartschaft auf weitere 150 Tage Arbeitslosengeld.

Der Begriff der Anwartschaft bezeichnet regelmäßig einen Sachverhalt, bei dem von einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr einseitig zu zerstören vermag (BGH Urteil vom 29.06.1987 – II ZR 295/86 mwN). Diese aus dem Zivilrecht stammende Rechtsfigur wird auch auf das Sozialversicherungsrecht übertragen. Eine sozialversicherungsrechtliche Anwartschaft liegt dementsprechend vor, wenn der Erwerb des Rechtes weder von dem Sozialleistungsträger noch von einem sonstigen am Sozialversicherungsverhältnis beteiligten Dritten einseitig verhindert werden kann (Grütter, Die sozialversicherungsrechtliche Anwartschaft, S. 95). Für das gem. § 147 Abs. 2 SGB III erworbene Recht auf Arbeitslosengeld von einer bestimmten Dauer gilt: Es handelt sich nicht um ein Vollrecht, da für einen Zahlungsanspruch die fortbestehende Verfügbarkeit und der Nichteintritt von Sperrzeiten erforderlich ist, aber es handelt sich um eine Anwartschaft, da die Bundesagentur für Arbeit als verpflichteter Sozialleistungsträger den Erwerb des Zahlungsanspruchs nicht mehr einseitig verhindern kann. Bleibt der Betroffene verfügbar und verhält er sich nicht versicherungswidrig, erstarkt die Anwartschaft zum Vollrecht.

Auch § 421d Abs. 1 SGB III begründet eine Anwartschaft, denn auch im Anwendungsbereich dieser Vorschrift entsteht für den Betroffenen eine Rechtsposition, die von der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr einseitig verhindert werden kann. Wenn im maßgeblichen Zeitraum die Verfügbarkeit weiterbesteht und keine Sperrzeit eintritt, mindert sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld auf einen Tag und verlängert sich die Anspruchsdauer um drei Monate, hier auf 150 Tage. Dies hat die Beklagte zutreffend in dem Bescheid vom 25.09.2020 geregelt.

Die Frage, ob eine nach § 421d Abs. 1 SGB III begründete Rechtsposition ebenso wie eine nach § 147 Abs. 2 SGB III begründete Anwartschaft dem Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt (ablehnend LSG Hessen Beschluss vom 14.04.2021 – L 7 AL 42/21 B ER; Kador in Eicher/Schlegel, SGB III, § 421d Rn. 35 f), ist für die Anerkennung als Anwartschaft unerheblich. Die zur Begründung der Ablehnung angeführte Annahme, einem Grundrechtsschutz aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG stehe entgegen, dass die dreimonatige Verlängerung des Arbeitslosengeldes nicht Äquivalent eigener Leistung sei, trifft allerdings nicht zu. Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; diese genießt den Schutz der Eigentumsgarantie dann, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient. Diese Voraussetzungen sind beim Anspruch auf Arbeitslosengeld gegeben. An der Bewertung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung als "nicht unerhebliche Eigenleistung" des Versicherten ändert sich nichts dadurch, dass Leistungen der Arbeitslosenversicherung in aller Regel in ihrer Höhe nicht in Äquivalenz zum geleisteten Beitrag stehen. Dadurch unterscheiden sie sich von Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die - sofern der Versicherungsfall eintritt - in der Regel in ihrer Höhe wesentlich nach den Grundsätzen der Äquivalenz von Beitrag und Leistung ausgestaltet sind. Angesichts der für die Arbeitslosenversicherung typischen kurzen Anwartschaftszeiten, des kurzen Bemessungszeitraums und der häufig nur kurzen Leistungsbezugszeit kommt der Äquivalenzgedanke als vorrangiger Maßstab für die Bemessung des Arbeitslosengeldes nicht in Betracht. Vielmehr wird die Gesamtleistung des Arbeitslosengeldes oft weniger durch eigene und vom Arbeitgeber für den Berechtigten geleistete Beiträge, sondern durch die solidarisch von allen Versicherten getragenen Gesamtbeiträge aufgebracht. Das ändert nichts daran, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung des Versicherten beruht (BVerfG Beschluss vom 12.02.1986 – 1 BvL 39/83). Aber auch unabhängig von einem eigentumsrechtlichen Schutz begründet § 421d Abs. 1 SGB III jedenfalls eine Anwartschaft, deren Erstarkung zum Vollrecht nicht einseitig durch die Beklagte verhindert werden kann.

Sinn und Zweck von § 421d SGB III stehen einer Ausdehnung der durch diese Vorschrift eingeräumten Begünstigung auf den Gründungszuschuss nicht entgegen. Mit der Regelung sollte „der Versicherungsschutz für Personen verbessert werden, die in der Krisensituation am Arbeitsmarkt infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie aus dem Schutz der Arbeitslosenversicherung fallen würden“ (BT-Drucks. 19/18966 S. 29). Der Gründungszuschuss nach § 93 SGB III ist als Leistung der aktiven Arbeitsförderung (§ 3 Abs. 2 SGB III) eine Versicherungsleistung, da er nur Personen zugutekommt, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben. Die Erweiterung seines Anwendungsbereichs verbessert daher ebenfalls den Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung. Im Falle der Klägerin kommt hinzu, dass sie glaubhaft geltend macht, sie hätte ohne die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie die Selbständigkeit bereits am 01.07.2020 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt stand ihr noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 150 Tagen zu, den sie gem. § 147 Abs. 2 SGB III erworben hatte. Auch die Klägerin ist damit in Bezug auf den Gründungszuschuss infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie aus dem Schutz der Arbeitslosenversicherung gefallen.

Schließlich streiten auch Sinn und Zweck der Restanspruchsdauer als Voraussetzung für einen Gründungszuschuss für die Anrechnung der Anspruchsverlängerung aus § 421d Abs. 1 SGB III auf die erforderliche Restanspruchsdauer von 150 Tagen. Der Gründungszuschuss hat auch den Zweck, den Lebensunterhalt zu sichern und das infolge der Existenzgründung weggefallene Arbeitslosengeld zu kompensieren (BSG Urteil vom 05.05.2010 – B 11 AL 11/09 R). Dies trifft auf die Klägerin zu. Hätte sie ihre Selbständigkeit nicht aufgenommen, hätte sie weitere 150 Tage Arbeitslosengeld beziehen können. Diese Absicherung ist ihr durch die Existenzgründung entgangen. Außerdem hat die Notwendigkeit einer verbleibenden Restanspruchsdauer den Zweck, Mitnahmeeffekte zu verhindern, indem ansonsten mit der Existenzgründung gewartet werden könnte, bis der Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft ist und die Absicherung durch den Gründungszuschuss verlängert wird (in diesem Sinne SG Osnabrück Gerichtsbescheid vom 17.03.2022 – S 43 AL 100/20; Kador in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 421d SGB III, Rn. 39a). Ein solcher Mitnahmeeffekt drohte hier nicht, denn auch bei der hier relevanten, u.a. auf § 421d Abs. 1 SGB III beruhenden Anspruchsdauer hat die Klägerin als Existenzgründerin auf 150 Tage Arbeitslosengeld verzichtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt die Antragstellung in den jeweiligen Instanzen.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Revision angefochten werden.

Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

einzulegen.

Die Revisionsschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

-          jeder Rechtsanwalt,

-          Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

-          selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

-          berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

-          Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

-          Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

-          juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Revision (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _  Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

Rechtskraft
Aus
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