Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.08.2021 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.746,86 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Krankenhausabrechnung fällig geworden ist, konkret, ob das Krankenhaus seine Informationsobliegenheiten erfüllt hat.
Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan NRW aufgenommenes Krankenhaus. In diesem nahm sie am 24.08.2020 auf Einweisung des niedergelassenen Arztes die bei der beklagten Krankenkasse versicherte U. (* 00.00.0000) zum Wechsel eines Herzschrittmachers stationär auf. Nach Durchführung des Eingriffs entließ das Krankenhaus die Versicherte am Folgetag, dem 25.08.2020, wieder.
Die Klägerin berechnete der Beklagten für die stationäre Behandlung unter Kodierung des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 5-387.52 (Entfernung, Wechsel und Korrektur eines Herzschrittmachers und Defibrillators: Aggregatwechsel [ohne Änderung der Sonde], Schrittmacher, Zweikammersystem) sowie Nennung folgender Nebendiagnosen
I44.2 |
Atrioventrikulärer Block 3. Grades |
T82.1 |
Mechanische Komplikation durch ein kardiales elektronisches Gerät |
Z71 |
Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke anderer Beratung oder ärztlicher Konsultation in Anspruch nehmen, anderenorts nicht klassifiziert |
Z95.0 |
Vorhandensein eines kardialen elektronischen Geräts |
I48.0 |
Vorhofflimmern, paroxysmal |
I11.00 |
Hyperintensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz: Ohne Angabe einer hypertensiven Krise |
I50.13 |
Linksherzinsuffizienz: Mit Beschwerden bei leichterer Belastung |
E66.01 |
Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr: Adipositas Grad II (WHO) bei Patienten von 18 Jahren und älter |
insgesamt 2.746,86 € (Rechnung vom 02.09.2020; Diagnosis related group ˂DRG˃ F17B: Wechsel eines Herzschrittmachers, Einkammer- oder Zweikammersystem, Alter ˃ 15 Jahre).
Die Beklagte lehnte eine Übernahme der Rechnung ab und teilte der Klägerin hierzu (per Datenträgeraustausch ˂DTA˃ am 04.09.2020) mit, alle durchgeführten Prozeduren seien im Katalog nach § 115b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aufgeführt. Umstände, die eine ambulante Behandlung verhinderten, seien für sie nicht erkennbar. Abschließend bat sie die Klägerin, die Abrechnung der Behandlung als vollstationär „nachvollziehbar“ zu begründen.
Die Klägerin antwortete hierauf (am 29.09.2020, ebenfalls per DTA):
„[A]ufgrund des Alters von Herrn Geerken [sic!] und der Komorbiditäten, postoperative Überwachung notwendig auch bei Gefahr der Nachblutung und der Schmerzen bis zum Zeitpunkt der Entlassung.“
Die Beklagte wies die Rechnung erneut zurück (mit Schreiben vom 06.10.2020). Anhand der übermittelten Daten sei die stationäre Aufnahme nicht nachvollziehbar. Die übersandte Stellungnahme lasse keinen Bezug zum angefragten Einzelfall erkennen, da es sich um eine standardisierte Rückantwort handle. Es fehle daher an der Fälligkeit der Vergütungsforderung.
Die Klägerin hat daraufhin am 05.11.2020 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben.
Sie hat vorgetragen, die Zahlungsfrist der Beklagten betrage gemäß § 330 SGB V a.F. fünf Tage nach Rechnungseingang. Auch nach § 15 des nordrhein-westfälischen Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V – Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung – (im Folgenden: Sicherstellungsvertrag) sei die Beklagte verpflichtet, die vollständigen Behandlungskosten innerhalb der gesetzlichen Zahlungsfrist zu erstatten. Daneben sei die Prüfverfahrensvereinbarung 2016 (PrüfvV 2016) zu berücksichtigen, wonach der Beklagten nur bei einem einvernehmlich als bestehend festgestellten Erstattungsanspruch oder nach einer entsprechenden Feststellung durch den Medizinischen Dienst (MD) ein Zurückbehaltungsrecht zustehen könne. Hier sei jedoch weder im Rahmen des „Vorverfahrens“ einvernehmlich festgestellt worden, dass die streitgegenständliche Rechnung unzutreffend sei, noch habe der MD dies nach einer entsprechenden Abrechnungsprüfung festgestellt; die Beklagte habe den MD bis heute nicht beauftragt. Sie – die Klägerin – habe die Behandlung ordnungsgemäß abgerechnet und insbesondere auch ihre Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt. Richtig sei zwar, dass der erbrachte und auch abgerechnete OPS im sog. AOP-Katalog (Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe gemäß § 115b SGB V im Krankenhaus i.d.F. vom 01.01.2020, Anl. 1 zum Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V – Ambulantes Operieren und sonstige stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus –) gelistet sei. Richtig sei auch, dass das Krankenhaus in einer solchen Konstellation verpflichtet sei, den Grund für die stationäre Aufnahme mitzuteilen. Dieser Verpflichtung sei sie aber nachgekommen. Den per DTA übermittelten Informationen sei zu entnehmen, dass die Versicherte zum Behandlungszeitpunkt 80 Jahre alt gewesen sei. Neben dem OPS seien eine Vielzahl von Nebendiagnosen mitgeteilt worden, aus denen sich ohne Zweifel ergebe, dass eine ambulante Operation bei der Versicherten nicht möglich gewesen sei. Hätte die Beklagte den in MDK hinzugezogen, hätte dieser dies ohne Zweifel bestätigt. Hierauf komme es aber gar nicht an, denn sie habe sogar eine medizinische Begründung übermittelt. Es stehe zu vermuten, dass die Beklagte versuche, die Vorgaben des § 275c Abs. 2 SGB V n.F. zu umgehen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.746,86 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2020 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, der streitgegenständliche Vergütungsanspruch sei aufgrund einer formal fehlerhaften Abrechnung (noch) gar nicht fällig. Die Klägerin sei ihren Informationspflichten bei Rechnungsstellung nicht nachgekommen. In Konstellationen des sog. ambulanten Potenzials sei die Klägerin gemäß dem nordrhein-westfälischen Landesvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V – Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung – (fortan: Überprüfungsvertrag) zur Übersendung eines Kurzberichtes verpflichtet, zumindest aber zur anderweitigen hinreichenden Begründung der stationären Durchführung. Das Alter von 80 Jahren hindere die ambulante Durchführung nicht; nicht jeder betagte Mensch müsse im vollstationären Setting behandelt werden.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.08.2021). Die Klägerin habe zwar den OPS 5-378.52 mitgeteilt, bei dem es sich aber um einen grundsätzlich ambulanten Eingriff handle. Die Klägerin habe dann jedoch keinerlei Gründe angegeben, weshalb die Krankenhausbehandlung vollstationär habe erfolgen müssen. Entgegen ihrem Vortrag seien gerade keine Nebendiagnosen genannt worden, aus denen sich eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit ergeben hätte. Denn außer der bekannten Herzerkrankung, welche den Herzschrittmacherwechsel offenbar erforderlich gemacht habe, sei als weitere Diagnose lediglich eine Adipositas Grad II aufgeführt worden; insoweit könne das Gericht dem Vortrag der Klägerin nicht folgen, dass neben dem OPS eine „Vielzahl von Nebendiagnosen“ mitgeteilt worden seien. Die Beklagte habe für die Einschätzung, ob überhaupt die Einleitung eines Prüfverfahrens rechtfertigende Auffälligkeiten vorlagen, weiterer Informationen bedurft. Die Klägerin habe jedoch weder auf die Anfrage der Beklagten noch im Klageverfahren irgendwelche stichhaltigen Informationen geliefert, weshalb die i.d.R. ambulant durchführbare Versorgung im konkreten Fall stationär vorgenommen worden sei. Die Forderung habe damit im Ergebnis nicht fällig werden können und von der Beklagten nicht beglichen werden müssen. Dem stehe auch § 330 SGB V nicht entgegen. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Krankenkasse mangels Übermittlung von Gründen für eine vollstationäre Behandlung bei regelhaft ambulant erbringbaren Leistungen gar nicht in der Lage sei, zu beurteilen, ob Auffälligkeiten vorliegen, die zur Einleitung eines Prüfverfahrens berechtigen würden, bedürfe es weiterhin der Absicherung der durch die st.Rspr. bestätigten Informationspflichten des Krankenhauses durch fälligkeitshemmende Mitwirkungsobliegenheiten. Diese sicherten letztlich ab, dass ambulant erbringbare Leistungen auch ambulant erbracht würden.
Gegen das ihr am 27.10.2021 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 26.11.2021 eingelegten Berufung.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren. Ergänzend trägt sie vor: Vorliegend sei die Prüfung allein auf der ersten Stufe der Abrechnungsprüfung erfolgt, auf der aber keine inhaltliche medizinische Überprüfung stattfinde. Weder die Beklagte ohne Einschaltung des MD noch das Gericht ohne Beauftragung eines Sachverständigen dürften auf der erstern Stufe eine inhaltliche medizinische Überprüfung vornehmen. Auf der ersten Stufe der Abrechnungsprüfung sei allein zu prüfen, ob überhaupt eine Begründung übermittelt worden sei; ob diese Begründung inhaltlich richtig oder gar ausreichend sei, sei dann nicht mehr auf der ersten Stufe zu überprüfen. Die Krankenkasse dürfe auf der ersten Stufe auch nur nichtmedizinische Nachfragen stellen, weshalb es auf der Hand liege, dass sie eine medizinische Begründung auf dieser Stufe nicht ohne Hinzuziehung des MD infrage stellen dürfe. Der MD hätte spätestens nach Auswertung der Krankenakte auf der dritten Stufe bestätigt, dass die Entscheidung ihrer Ärzte für eine stationäre Krankenhausbehandlung richtig gewesen sei. Überdies sei die Beurteilung des SG, die von ihr (der Klägerin) übermittelte Begründung für die stationäre Krankenhausbehandlung sei nicht stichhaltig, auch inhaltlich unzutreffend. Natürlich könne das Alter einers Versicherten Grund für die Entscheidung zur stationären Durchführung einer grds. auch ambulant erbringbaren Behandlung sein. Darüber hinaus könnten natürlich Komorbiditäten ein Grund für eine stationäre Behandlung sein. Der landesvertraglich vorgesehene Kurzbericht sei zudem keine Fälligkeitsvoraussetzung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.08.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.746,86 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Unstreitig habe es sich bei dem Wechsel des Herzschrittmachers um eine Kategorie-1-Leistung i.S.d. AOP-Katalogs mit ambulantem Potenzial gehandelt. Es handle sich um einen komplikationsarmen Routineeingriff. Bei jedem Eingriff, auch bei einem unkomplizierten wie dem vorliegenden, könne es zu postoperativen Komplikationen wie einer Nachblutung kommen; eine solche sei hier aber nicht als Nebendiagnose kodiert (z.B. über T81.0: Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffs, anderenorts nicht klassifiziert). Dafür, dass eine stationäre Durchführung des Eingriffs auch nicht ausnahmsweise erforderlich gewesen sei, spreche, dass dieser nicht notfallmäßig, sondern elektiv erfolgt sei. Weiter habe tatsächlich keine Überwachung stattgefunden, sondern das Krankenhaus habe die Versicherte am 24.08.2020, 10:43 Uhr, aufgenommen und bereits am 25.08.2020 um 11:36 Uhr wieder entlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Patientenakten der Beteiligten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist zwar als allgemeine Leistungsklage zulässig (statt vieler: BSG, Urteil vom 13.12.2011 – B 1 KR 9/11 R, juris Rn. 8), sie ist aber unbegründet. Der Klägerin kann die Zahlung des Vergütungsanspruchs aus ihrer Rechnung vom 02.09.2020 nicht beanspruchen. Diese Rechnung ist – bis heute – nicht fällig geworden, weil die Klägerin die stationäre Erbringung der Leistung nicht hinreichend begründet hat (dazu 1). Aus den gesetzlich (dazu 2) und landesvertraglich (dazu 3) vorgesehenen Zahlungsfristen folgt nichts anderes. Ob die Rechnung materiell berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung.
1. Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung ist Grundvoraussetzung für die Fälligkeit eines entstandenen Anspruchs auf Vergütung von Krankenhausbehandlung eines Versicherten. Eine solche formal ordnungsgemäße Abrechnung setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Informationsobliegenheiten und ggf. -pflichten voraus, insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf. ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen (BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 10/15 R, Rn. 10). Zur hiernach gebotenen Information gehört, dass das Krankenhaus in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, nicht nur eine Aufnahmediagnose benennt, die ärztliche Behandlung rechtfertigen kann, sondern Angaben zu Begleiterkrankungen oder zu sonstigen Gründen macht, die Anlass für die stationäre Versorgung des Versicherten hätten geben können. Ohne solche Angaben darüber, warum ausnahmsweise eine stationäre Behandlung erforderlich ist, fehlen Informationen über den "Grund der Aufnahme" und damit eine der zentralen Angaben, die eine Krankenkasse für die ordnungsgemäße Abrechnungsprüfung benötigt (vgl. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V). Lassen weder die übermittelte Hauptdiagnose noch die OPS-Nummer den naheliegenden Schluss zu, dass die Behandlung stationär erfolgen musste, hat das Krankenhaus von sich aus schon zur Begründung der Fälligkeit der Forderung gegenüber der Krankenkasse die erforderlichen ergänzenden Angaben zu machen (zum Ganzen BSG, a.a.O. Rn. 11; Urteil vom 14.10.2014 – B 1 KR 27/13 R, Rn. 21; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R, juris Rn. 34; Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R, juris Rn. 16).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die vorliegend im Streit stehende Behandlung kann regelhaft ambulant erbracht werden (dazu a). Die Klägerin hat der Beklagte i.R.d. der Datenübermittlung nach § 301 SGB V aber keine ergänzenden Angaben zum "Grund der Aufnahme" gemacht; eine entsprechende Begründung ergibt sich auch nicht aus den mitgeteilten (Neben-) Diagnosen oder dem Alter der Versicherten (dazu b). Die von der Klägerin am 29.09.2020 übermittelte Begründung war ebenfalls unzureichend; die Beklagte war auch berechtigt, diese ohne Einschaltung des MD zu prüfen (dazu c). Weiterer Sachverhaltsaufklärung durch den Senat bedurfte es nicht (dazu d).
a) Der bei der Versicherten durchgeführte Eingriff (OPS 5-378.52: Entfernung, Wechsel und Korrektur eines Herzschrittmachers und Defibrillators, Aggregatwechsel ˂ohne Änderung der Sonde˃, Schrittmacher, Zweikammersystem) kann regelhaft ambulant durchgeführt werden. Die folgt bereits daraus, dass dieser OPS-Kode im AOP-Katalog gelistet und dort der Kategorie 1 zugeordnet ist. Die Kategorie 1 umfasst Leistungen, die i.d.R. ambulant erbracht werden können (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 26/14 R, Rn. 39; Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R, Rn. 21 f., dort auch zur Kategorie 2). All dies zieht auch die Klägerin ausdrücklich nicht in Zweifel.
b) Den Daten, die die Klägerin der Beklagten i.R.d. § 301 SGB V übermittelte, lässt sich ein "Grund der Aufnahme" nicht entnehmen. Ergänzende Angaben im Sinne einer ausdrücklichen Begründung enthält dieser Datensatz nicht. Derartige ergänzende Angaben waren auch nicht aufgrund der mitgeteilten Diagnose- und OPS-Kodes entbehrlich. Weder die übermittelte Hauptdiagnose noch die OPS-Nummer ließen den naheliegenden Schluss zu, dass die Behandlung stationär erfolgen musste. Dies war schon deshalb nicht der Fall, weil die Hauptdiagnose (Z45.00: Anpassung und Handhabung eines implantierten Herzschrittmachers) wie auch der o.g. OPS-Kode (5-378.52) lediglich auf den durchgeführten Eingriff verweisen, dieser aber eben regelhaft ambulant vorgenommen werden kann. Anders als die Klägerin meint, ergibt sich die ausnahmsweise Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung auch nicht aus den übermittelten Nebendiagnosen oder dem Alter der Klägerin (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2015, a.a.O. Rn. 36; Urteil vom 21.04.2015, a.a.O. Rn. 11: Begleiterkrankungen oder sonstige Gründe). Ohne ergänzende Angaben sind diese Daten unzureichend.
Soweit die Klägerin vor dem SG auf „eine Vielzahl von Nebendiagnosen“ verwiesen hat, die sie der Beklagten mitgeteilt habe, ist schon im Ansatz nicht erkennbar, weshalb allein die Anzahl der Nebendiagnosen eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich machen sollte. Die Klägerin selbst hat hierzu ebenfalls nichts weiter vorgetragen, sondern lediglich pauschal behauptet, dass „natürlich Komorbiditäten ein Grund für eine stationäre Behandlung [seien]“, ohne sich aber substantiiert zum konkret streitbefangenen Behandlungsfall einzulassen.
Weiter ist auch jeweils für sich genommen ist nicht erkennbar, dass die mitgeteilten Nebendiagnosen eine stationäre Krankenhausbehandlung rechtfertigten. Die Nebendiagnose T82.1 (Mechanische Komplikation durch ein kardiales elektronisches Gerät) umschreibt lediglich den Grund näher, der Anlass zum Austausch des Herzschrittmachers gab. Aus den übrigen Nebendiagnosen ergibt sich nichts anderes. Die Nebendiagnose Z95.0 (Vorhandensein eines kardialen elektronischen Geräts) ist im vorliegenden Zusammenhang eine Selbstverständlichkeit. Wäre kein kardiales elektronisches Gerät vorhanden, könnte es keine Komplikationen machen und müsste nicht ausgetauscht werden. Die Nebendiagnosen I48.0 (Vorhofflimmern, paroxysmal), I11.00 (Hypertensive Herzkrankheit mit [kongestiver] Herzinsuffizienz, ohne Angabe einer hypertensiven Krise) und I50.13 (Linksherzinsuffizienz, mit Beschwerden bei leichterer Belastung) belegen bloß das Vorliegen einer Herzerkrankung, was bei einer Versicherten mit einem Herzschrittmacher ebenfalls nicht wirklich überraschen kann. Weiter lässt auch die Nebendiagnose E66.01 (Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr, Grad I [WHO] bei Patienten von 18 Jahren und älter) für sich genommen nicht den Schluss zu, dass es stationärer Krankenhausbehandlung bedurft hätte. Auch die Klägerin hat hierzu nichts weiter vorgetragen. Die Nebendiagnose Z71 (Personen, die das Gesundheitswesen zum Zwecke anderer Beratung oder ärztlicher Konsultation in Anspruch nehmen, anderenorts nicht klassifiziert) steht in überhaupt keinem erkennbaren Bezug zur Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung.
Im Ergebnis nichts anderes gilt auch für das Alter der Versicherten. Das Alter lässt, worauf die Beklagte bereits vor dem SG hingewiesen hat, ohne ergänzende Angaben keinen sicheren Rückschluss auf die körperliche Verfassung und damit ggf. auf die Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung zu. Die Klägerin hat hierzu noch im Berufungsverfahren wiederum bloß pauschal behauptet, dass das Alter eines Versicherten „natürlich“ ein Grund für die Entscheidung zur stationären Durchführung einer grds. auch ambulant durchführbaren Behandlung sein könne, ohne sich aber konkret zum streitbefangenen Behandlungsfall einzulassen.
c) Der von der Klägerin am 29.09.2020 übermittelte Bericht rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr reicht i.R.d. dreistufigen Abrechnungsprüfung (dazu aa) eine bloß formelhafte oder sonstwie völlig unsubstantiierte Begründung nicht aus (dazu bb). Eine solche hat die Klägerin hier aber übermittelt (dazu cc). Dem kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Beklagte, wenn sie den MD eingeschaltet hätte, die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung hätte erkennen könne (dazu dd).
aa) Nach st.Rspr. bestehen im Verhältnis von Krankenhäusern, Krankenkassen und dem MD Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen (BSG, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 32/20 R, Rn. 27 m.w.N.). Danach hat das Krankenhaus auf der ersten Stufe der Sachverhaltserhebung zunächst alle Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V zu machen, und zwar zutreffend und vollständig. Erschließen sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den – medizinisch i.d.R. nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der gebotenen Angaben nach § 301 SGB V oder eines etwaigen Kurzberichts nicht selbst, ist erst auf der zweiten Stufe ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten. Danach ist beim MD eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen, wenn die vom Krankenhaus erteilten und ansonsten zur Verfügung stehenden Informationen zur Prüfung insbesondere von Voraussetzung, Art und Umfang der Krankenhausbehandlung nicht ausreichen. Dazu hat die Krankenkasse dem MD gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 SGB V alle in ihrem Verfügungsbereich befindlichen und zur Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Im Rahmen einer nach diesen Voraussetzungen ordnungsgemäß eingeleiteten Prüfung hat das Krankenhaus schließlich auf der dritten Stufe der Sachverhaltserhebung, wenn sich also unter Auswertung der auf der ersten und zweiten Stufe verfügbaren Sozialdaten kein abschließendes Ergebnis finden lässt, nach § 276 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SGB V dem MD auch über die Daten nach § 301 SGB V und einen etwaigen Kurzbericht hinaus alle weiteren Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Einzelfall zur Beantwortung der Prüfanfrage der Krankenkasse benötigt werden. MD-Prüfungen nach § 275c Abs. 1 S. 1 und 3 SGB V, die sich auf von den Krankenhäusern zur Verfügung gestellte Sozialdaten der Versicherten stützen sollen, betreffen nur diese dritte Stufe (so bereits BSG, Urteil vom 27.11.2014 – B 3 KR 7/13 R, Rn. 16; Urteil vom 16.05.2013 – B 3 KR 32/12 R, Rn. 21 ff.; Urteil vom 13.11.2012 – B 1 KR 14/12 R, Rn. 29; vgl. auch Senatsurteil vom 16.02.2022 – L 10 KR 385/21 KH, juris Rn. 57).
bb) Offenbleiben kann vorliegend, inwieweit die Krankenkassen grds. berechtigt sind, eine vom Krankenhaus vorgelegte medizinische Begründung für die stationäre Durchführung einer regelhaft ambulanten Behandlung auf erster Stufe ohne Einschaltung des MD zu prüfen. In jedem Fall umfasst die Prüfung auf erster Stufe aber die Frage, ob eine vorgelegte medizinische Begründung nicht bloß formelhaft oder aus anderen Gründen völlig unsubstantiiert ist.
(1) Die Gegenansicht, wie sie die Klägerin vertritt und nach der den Krankenkassen eine inhaltliche (Plausibilitäts-)Prüfung auf der ersten Stufe ohne Einschaltung des MD gänzlich untersagt ist, vermag nicht zu überzeugen. Dass eine Krankenkasse prüfen darf, ob ein Krankenhaus überhaupt eine Begründung für eine ausnahmsweise stationäre Durchführung einer regelhaft ambulanten Behandlung übermittelt hat, stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die abschließende Prüfung, ob die vom Krankenhaus für die stationäre Durchführung einer regelhaft ambulanten Behandlung genannten Gründe vorliegen und medizinisch stichhaltig sind, auch nach der st.Rspr. allein dem MD vorbehalten ist (BSG, Urteil vom 16.05.2013, a.a.O. Rn. 21). Dabei bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, wie weit die Prüfkompetenz der Krankenkasse auf der ersten Stufe im Einzelnen reicht bzw. inwieweit sie – anders gewendet – beschränkt ist, um die Kompetenzen des MD auf der zweiten und dritten Stufe nicht zu unterlaufen. In jedem Fall ist den Krankenkassen auf der ersten Stufe nicht jedwede Prüfung des mitgeteilten "Grundes der Aufnahme" verwehrt, insbesondere nicht die auf die Einhaltung gewisser Mindestanforderungen.
Andernfalls hätte die Krankenkasse stets den MD einzuschalten, sofern das Krankenhaus nur irgendeine Begründung liefert und sei es bloß ein Verweis auf die nach § 301 SGB V übermittelten Daten. Dies sieht § 275 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V so nicht vor. Nach § 275 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V haben die Krankenkassen vielmehr erst auf der zweiten Stufe ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten, und zwar dann, wenn sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den – medizinisch i.d.R. nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der gebotenen Angaben nach § 301 SGB V oder eines etwaigen Kurzberichts nicht selbst „erschließen“ (BSG, Urteil vom 27.11.2014, a.a.O. Rn. 16; Urteil vom 16.05.2013, a.a.O. Rn. 22; Urteil vom 13.11.2012, a.a.O. Rn. 29). Erschließen kann sich einem aber nur, was man vorher geprüft hat. Ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist dementsprechend erst einzuleiten, wenn sich für die Krankenkasse bei der Prüfung dieser Daten sowie weiterer zur Verfügung stehender Informationen Auffälligkeiten ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 37/20 R, Rn. 26, dort auch unter Verweis auf §§ 4 und 6 PrüfvV 2016).
Müsste der MD in Fällen wie dem vorliegenden stets mit einer Prüfung auf der dritten Stufe beauftragt werden und auf Grundlage der von ihm so beizuziehenden Behandlungsunterlagen ermitteln, ob ausnahmsweise besonderer Anlass für die stationäre Versorgung einer grundsätzlich auch ambulant durchführbaren Behandlung bestanden hat, liefe dies überdies ersichtlich dem vom Gesetzgeber mit der Einführung von § 275 Abs. 1c SGB V verfolgten Zweck der Reduzierung und nicht die Ausweitung der Einzelfallprüfungen nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zuwider (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2013, a.a.O. Rn. 16). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Praxis rein formelhafter Begründungen ohne inhaltlich-konkrete Aussagekraft in Fällen regelhaft ambulanter Behandlungen, die ausnahmslos die Verpflichtung der Einschaltung des MD nach sich zöge, auch vor dem Hintergrund der mit dem MDK-Reformgesetz (vom 14.12.2019, BGBl. I 2789) zum 01.01.2020 eingeführten Prüfquoten für die Abrechnungsprüfung von vollstationären Krankenhausbehandlungen (vgl. § 275c Abs. 2 SGB V) schwerlich vereinbar erscheint, sollte mit diesem die Anzahl der Abrechnungsprüfungen doch ebenfalls begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 19/13397, 63).
Darüber hinaus setzt der dreistufige Aufbau der Abrechnungsprüfung eine zumindest kursorische Prüfung durch die Krankenkassen notwendig voraus. Denn es wäre zirkelschlüssig, wenn die Krankenkassen zum Zweck der Prüfung, ob – auf der ersten Stufe – Fälligkeit eingetreten ist, stets – auf der zweiten Stufe – den MD einzuschalten hätten. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung und tritt damit Fälligkeit nicht ein, kommt die Abrechnungsprüfung hingegen grds. nicht über die erste Stufe hinaus (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012, a.a.O. Rn 30 f.; Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R, Rn. 13; jeweils zum Fristbeginn nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V a.F.).
Weiter würde andernfalls der Regelungszweck des § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V verfehlt. Die Übermittlung der Daten nach § 301 Abs. 1 SGB V dient dazu, eine ordnungsgemäße Abrechnung mit den Krankenhäusern zu gewährleisten und die für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Krankenkassen, u.a. die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung, erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen (zu § 301 Abs. 1 SGB V vgl. BT-Drs. 12/3608, 124). § 301 SGB V gebietet, wahre Angaben zum Behandlungsgeschehen zu machen, die Fehlvorstellungen der Krankenkassen über das konkrete, abrechnungsrelevante Behandlungsgeschehen ausschließen (vgl. BSG, Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R, Rn. 25). Für eine etwaige ergänzende medizinische Begründung kann nichts anderes gelten als für den ursprünglichen Datensatz nach § 301 Abs. 1 SGB V, weil auch diese die erste Stufe betrifft. Ergänzende Angaben zum "Grund der Aufnahme" i.R.d. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V müssen mithin den Krankenkassen eine Überprüfung ermöglichen (zu § 12 Abs. 2 bis 4 Gebührenordnung für Ärzte ˂GOÄ˃ vgl. BSG, Urteil vom 02.09.2014 – B 1 KR 11/13 R, Rn. 27; BGH, Urteil vom 21.12.2006 – III ZR 117/06, juris Rn. 12 ff.; vgl. grds. auch Grüneberg in ders., BGB, 82. Aufl. 2023, § 286 Rn. 28, dort zum Verzug durch Rechnungszugang). Die Krankenkasse muss – wie ausgeführt – anhand der nach § 301 SGB V übermittelten Daten bzw. jedenfalls anhand ergänzender Angaben zum "Grund der Aufnahme" prüfen können, ob Auffälligkeiten bestehen, die eine Einschaltung des MD auf der zweiten und ggf. dritten Stufe erfordern (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2021, a.a.O. Rn. 26). Bloß formelhafte Wendungen oder sonstwie völlig unsubstantiierte Angaben können diese Funktion nicht erfüllen.
(2) Dem steht, anders als die Klägerin meint, auch nicht entgegen, dass die Krankenkassen nach st.Rspr. auf der ersten Stufe lediglich „nichtmedizinische“ Nachfragen stellen dürften (vgl. dazu BSG, Urteil vom 16.05.2013, a.a.O. Rn. 21). Denn auch diese Nachfragen dienen der Klärung, ob die jeweiligen Voraussetzungen der Zahlungspflicht im Einzelfall gegeben sind. Die Krankenkasse besitzt danach das Recht, bei Unklarheiten über den Grund der Aufnahme (i.S.d. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V) beim Krankenhaus nachzufragen, warum eine z.B. auch ambulant durchführbare Behandlung im konkreten Fall als stationäre Leistung erbracht worden ist (dazu ausdrücklich BSG, a.a.O. Rn. 21 m.w.N.; vgl. auch ebd. Rn. 22: „weitere [!] medizinische Ermittlungen ausschließlich auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung zulässig“). Entsprechend hat das BSG zuletzt auf die Verpflichtung des Krankenhauses hingewiesen, auf Verlangen der Krankenkassen nicht lediglich eine Bestätigung der abgerechneten Verweildauer oder eine Bestätigung, dass medizinische Umstände die Behandlungsdauer verursacht haben, sondern eine inhaltliche Begründung zu liefern, welche konkreten medizinischen Sachverhaltsumstände zum längeren Behandlungsverlauf geführt haben; erst eine solche Begründung ermögliche der Krankenkasse über die Notwendigkeit der Beauftragung des MD zu entscheiden (Urteil vom 07.03.2023 – B 1 KR 11/22 R, Rn. 17).
(3) All dies steht auch in Einklang mit dem nordrhein-westfälischen Überprüfungsvertrag. Dieser regelt u.a. die Einholung eines sog. Kurzberichts. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung kann sich auf der ersten Stufe auch anhand eines solchen ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012, a.a.O. Rn. 29; zur Vergleichbarkeit von Inhalt und Zweck einer medizinischen Begründung i.S.d. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V auf der einen und einem landesvertraglichen Kurzbericht auf der anderen Seite zudem BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 25, dort zu einer Auffälligkeitsprüfung der Verweildauer). Nach § 2 Abs. 1 des Überprüfungsvertrages kann die Krankenkasse, wenn aus ihrer Sicht in Einzelfällen Anlass besteht, die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu überprüfen, vor Beauftragung des MD unter Angabe des Überprüfungsanlasses eine Stellungnahme des Krankenhauses zu einzelnen Behandlungsfällen anfordern (S. 2). Das Krankenhaus erläutert die Notwendigkeit der stationären Behandlung, und zwar durch Kurzbericht nach Muster der Anl. 1 (S. 3). Ergibt sich aus Sicht der Krankenkasse das Erfordernis einer ärztlichen Überprüfung, so kann sie in geeigneten Fällen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung durch Ärzte, die für den MD tätig sind, überprüfen lassen (S. 4). Damit geht auch § 2 Abs. 1 S. 4 des Überprüfungsvertrages notwendig davon aus, dass die Krankenkasse den Kurzbericht auch ohne Einschaltung des MD überprüfen kann. Denn der MD ist danach nicht in jedem Fall zur Überprüfung eines Kurzberichts einzuschalten, sondern eben nur dann, wenn „sich aus Sicht der Krankenkasse das Erfordernis einer Überprüfung [ergibt]“.
cc) Nach diesen Maßstäben war die von der Klägerin am 29.09.2020 übermittelte Begründung unzureichend. Dass die Klägerin dabei über das Geschlecht der Versicherten irrte („Herr Geerken“) und deren Nachnamen falsch schrieb (es fehlt ein „s“), mag einem alltäglichen Flüchtigkeitsfehler geschuldet sein. Die übrigen Ausführungen der Klägerin sind jedoch bloß formelhaft und ohne substantiellen Bezug zum konkreten Behandlungsfall. So geht der Verweis auf das Alter der Versicherten und die Komorbiditäten schon in der Sache nicht über die Angaben hinaus, die die Klägerin zu Alter und Nebendiagnosen bereits i.R.d. nach § 301 SGB V übermittelten Daten mitgeteilt hat. Die stichpunktartigen Angaben aus dem Datensatz nach § 301 SGB V in einem ganzen Satz auszuformulieren, fügt diesem Datensatz nichts hinzu; schon deshalb können darin keine „ergänzenden Angaben“ liegen. Auch der Verweis auf eine „Gefahr der Nachblutung“ und die „auch“ deshalb notwendige postoperative Überwachung ist substanzlos, weil jedweder Bezug zum konkreten Behandlungsfall fehlt. Dass und geschweige denn, weshalb bei der Versicherten tatsächlich die Gefahr von Nachblutungen bestand, die über das mit dem OPS 5-378.52 stets verbundene Risiko hinausging, lässt sich der Begründung nämlich nicht entnehmen. Gleiches gilt für die angeführten Schmerzen. Dass und weshalb diese eine postoperative Überwachung im Krankenhaus erforderlich machten, ergibt sich aus der Begründung ebenfalls nicht. Anders als die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, lässt sich die übermittelte Begründung auch nicht so verstehen, dass nicht nur die Gefahr von Schmerzen bestanden hätte. Vielmehr soll nach der übermittelten Begründung postoperative Überwachung ausdrücklich „auch bei Gefahr der Nachblutung und der Schmerzen“ notwendig gewesen sein.
dd) Nach dem gerade Gesagten geht auch das Vorbringen der Klägerin fehl, die Beklagte hätte, hätte sie den MD hinzugezogen, schon unter Berücksichtigung der übermittelten Nebendiagnosen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung erkennen können. Zwar mögen die Krankenkassen auch dann nicht gehindert sein, den MD mit einer Abrechnungsprüfung zu beauftragen, wenn es an einer fälligen Rechnung fehlt (so BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 27 f.; vgl. aber auch Senatsurteil vom 01.02.2023 – L 10 KR 297/21 KH, juris Rn. 30). Verpflichtet sind sie hierzu angesichts des dreistufigen Aufbaus der Abrechnungsprüfung aber nicht. Andernfalls wäre die Unterscheidung zwischen erster und zweiter Stufe überflüssig. Wie ausgeführt (oben c/bb ˂1˃) wäre es vielmehr zirkelschlüssig, den MD auf der zweiten Stufe bereits zur Klärung der Frage einzuschalten, ob auf der ersten Stufe Fälligkeit eingetreten ist. Dahinstehen kann, inwieweit auch das weitere Vorbringen der Klägerin, wonach der MD spätestens nach Einsichtnahme in die Krankenakte auf der dritten Stufe erkannt hätte, dass die Entscheidung der Ärzte richtig gewesen sei, die Versicherte vorliegend stationär zu behandeln, seinerseits Beleg dafür ist, dass die Angaben auf der ersten Stufe ungenügend waren.
d) Weiterer medizinischer Ermittlungen seitens des Senats bedurfte es nicht. Zwar erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen (§§ 153 Abs. 1, 103 S. 1 Hs. 1 SGG), der vorliegende Sachverhalt spielt aber allein auf der ersten der drei Stufen der Abrechnungsprüfung. Unabhängig davon, dass die Klägerin ohnehin nichts weiter vorgetragen hat, was medizinische Sachverhaltsermittlungen erforderlich machte (dazu oben c/cc), hat der Senat danach allein die Entscheidung der Beklagten zu überprüfen, dass die streitgegenständliche Vergütungsforderung nicht fällig geworden sei. Insoweit spiegelt sich der auf der ersten Stufe auf die Frage beschränkte Prüfungsumfang, ob das Krankenhaus einen nicht nur formelhaften oder sonstwie unsubstantiierten "Grund der Aufnahme" i.S.d. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V mitteilte, aufgrund dessen die streitgegenständliche Vergütungsforderung fällig wurde, auch im gerichtlichen Verfahren. Diese Prüfung setzt ebenso wie bei der Krankenkasse auch im gerichtlichen Verfahren keinen medizinischen Sachverstand voraus, kann also auch von den ebenfalls „medizinisch i.d.R. nicht besonders ausgebildeten“ Richtern angestellt werden.
2. Der mit der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch folgt auch nicht aus § 330 S. 1 SGB V (i.d.F. des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes vom 27.03.2020, BGBl. I 580; ab 19.11.2020 vgl. § 417 SGB V i.d.F. des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18.11.2020, BGBl. I 2397, ab 09.06.2021 § 415 SGB V i.d.F. des Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz ˂DVPMG˃ vom 03.06.2021, BGBl. I 1309), wonach die von den Krankenhäusern bis zum 31.12.2020 erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen von den Krankenkassen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen waren. Die Verkürzung der Zahlungsfrist soll (lediglich) dazu dienen, aufgrund der Corona-Pandemie in Krankenhäusern auftretende Liquiditätsengpässe zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Weder dem Wortlaut der Regelung noch der Gesetzbegründung (BT-Drs. 19/18112, 36 f.) lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit der Regelung anderweitige Aspekte der Fälligkeit einer von einem Krankenhaus ausgestellten Vergütungsabrechnung verändert werden sollten. Es ist nicht ersichtlich, auf welcher rechtlichen Grundlage im Anwendungsbereich der o.g. Normen abweichende Fälligkeitsvoraussetzungen gelten sollten (ausführlich dazu bereits Senatsbeschluss vom 22.12.2021 – L 10 KR 779/21 NZB KH, juris Rn. 18 ff.).
3. Aus § 15 Abs. 1 S. 1 des Sicherstellungvertrages ergibt sich nichts anderes. Danach sind die Rechnungen innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang zu begleichen. Hierbei handelt es sich um eine bloße Fälligkeitsvorschrift (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 – B 1 KR 14/12 R, juris Rn. 25). Auch der Sicherstellungsvertrag regelt die Voraussetzungen der Fälligkeit aber letztlich nicht abweichend vom § 301 SGB V. Aus dem kompensatorischen Beschleunigungsgebot folgt nichts anderes, weil die Abrechnung, wenn es an einer nach § 301 SGB V notwendigen Angabe fehlt, eben nicht fällig wird (BSG, a.a.O. Rn. 34).
Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung folgen aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. §§ 62 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 3 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1 Gerichtskostengesetz.
Anlass, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim
Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 Kassel
oderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel
einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
- jeder Rechtsanwalt,
- Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
- selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
- berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
- Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
- juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.
In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _ Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).