L 1 AS 888/23 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 204 AS 4514/23 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 AS 888/23 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. September 2023 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwalt MK Fstr B

Gründe

 

Die am 4. September 2023 erhobene Beschwerde gegen den genannten Beschluss des Sozialgerichts (SG) ist unbegründet.

 

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Dies hat das SG im angefochtenen Beschluss dargestellt. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird hierauf verwiesen, § 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

 

Von einem Anordnungsanspruch ist nach wie vor nicht auszugehen.

Das SG hat bereits ausführlich dargelegt, dass es unter anderem an der Glaubhaftmachung der Erforderlichkeit eines wichtigen sozialen Grundes für den Auszug aus der elterlichen Wohnung im Sinne der §§ 20 Abs. 3, 22 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) fehlt. Es hat dargelegt, dass die zuvor bewohnte Vierzimmerwohnung für vier Personen – nicht fünf, wie das SG aufgrund der Angaben der Mutter des Antragstellers gegenüber dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg richtig angenommen hat – nicht unzumutbar ist. Die üblichen Spannungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern bilden auch bei beengten Wohnverhältnissen keinen Grund im vorgenannten Sinne. Es müssten vielmehr gravierende Umstände eingetreten sein, die zur Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen Eltern und Kind geführt haben, wobei die Anforderungen allerdings nicht überzogen werden dürfen (vgl. Ernst-Wilhelm Luthe in: Hauck/Noftz SGB II, 8. Ergänzungslieferung 2023, § 22 SGB 2, Rdnr. 332 und 335 mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 2. Juni 2004 - B 7 AL 38/03 R -, BSGE 93, 42, juris-Rdnr. 20ff zu § 64 SGB III alte Fassung).

 

Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat auch im Beschwerdeverfahren keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, aus dem sich derartige Umstände ergeben.

Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Mutter des Antragstellers sich ernstlich weigert, ihren volljährigen Sohn weiterhin materiell oder immateriell zu unterstützen (vgl. zu einem schwerwiegenden sozialer Grund in diesem Sinne: Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 14. März 2012 - B 14 AS 17/11 R, BSGE 110, 204, juris-Rdnr. 30). Vorgetragen sind lediglich unspezifisch starke familiäre Spannungen und eine behauptete Unmöglichkeit einer Rückkehr. Zwar hat die Mutter unter dem 15. September 2023 bestätigt, sich in der Vergangenheit oft mit dem Antragsteller gestritten, ihn des Öfteren „aus der Wohnung geschmissen“ zu haben und sich zu weigern, ihn wieder aufzunehmen, da sie sich ein Zusammenleben nicht mehr vorstellen könne. Damit ist jedoch weder eine Aufkündigung jeglicher Unterstützung noch eine schwerwiegende Zerrüttung dargelegt. Insbesondere handelt es sich bei der Erklärung der Mutter auch nicht um eine eidesstattliche Versicherung, der ein erhöhter Beweiswert zukommen könnte.

 

Das Vorliegen eines sonstigen ähnlich schwerwiegendes Grundes gem. § 33 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 SGB II ist ebenso wenig ersichtlich.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.

 

Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen unter Beiordnung seines Bevollmächtigten, da zumindest hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des §§ 73a SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) bestanden haben und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erforderlich ist, § 121 Abs. 2 ZPO. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Prozesskostenhilfe darf nur verweigert werden, wenn die Klage völlig aussichtslos ist oder ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 1 BvR 175/05 - NJW 2005, 3849 mit Bezug u. a. auf BVerfGE 81, 347, 357f). Die Frage des Vorliegens eines wichtigen sozialen Grundes für den Auszug aus der elterlichen Wohnung ist wertungsabhängig und könnte nicht unvertretbar auch anders beantwortet werden.

 

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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