L 7 KA 5/20 KL

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7.
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 5/20 KL
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Das Stellungnahmerecht zu Änderungen der bestehenden Heilmittelrichtlinien nach § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V kann aufgrund der Wechselwirkung zu § 125 SGB V nicht weiter gehen als das inhaltliche Recht zum Abschluss der Heilmittelverträge mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen. 

 

Aufgrund des derzeit bestehenden Ausschlusses der Ergotherapie als Heilmittel im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung hat ein Spitzenve3rband der Ergotherapeuten kein Stellungnahmerecht zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte. 

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, im Rahmen von Änderungen der „Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Versorgung“ (Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte/ HeilM-RL ZÄ) Stellung zu nehmen.

 

Der Kläger ist ein am 31. März 2004 gegründeter und nunmehr im Vereinsregister des Amtsgerichts W zur Registernummer  eingetragener Verein. Nach § 2 seiner Satzung (i.d.F. vom 10.12.2021)ist der Zweck des Vereins die berufliche Förderung seiner Mitglieder. Ziel ist es, die Wertschätzung, Anerkennung, Relevanz und Bekanntheit der Ergotherapie durch alle sinngebenden und zur Verfügung stehenden Mittel zu steigern.

 

Der Beklagte ist gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ermächtigt, Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln im Sinne von § 32 SGB V zu erlassen. Sie dienen der Gewähr einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln. Nach § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V hat der Beklagte vor seiner Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln den in § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

 

Nachdem der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in seinen jeweils geltenden Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmitteln die Verordnung aller Formen der Heilmittel unterschiedslos für alle Vertrags(zahn)ärzte regelte, entschied der Beklagte bei seiner Neuordnung der Heilmittelrichtlinie mit Beschluss vom 19. Mai 2011 in der Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL) vom 20. Januar 2011 auf Veranlassung des Bundesministeriums für Gesundheit, dass die neu gefasste Heilmittel-Richtlinie nicht für die vertragszahnärztliche Versorgung gelte. In § 1 Abs. 3 der ab dem 1. Juli 2011 geltenden Heilmittel-Richtlinie wurde folgender Satz 2 eingefügt:

„Die Richtlinie gilt nicht für die Verordnung von Heilmitteln durch Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte.“

 

In den tragenden Gründen zum Beschluss vom 19. Mai 2011 führte der Beklagte aus, dass die zahnärztlichen Besonderheiten in der Heilmittelversorgung erst in einem weiteren Beratungsverfahren erörtert und gegebenenfalls ergänzend in der Heilmittel-Richtlinie geregelt werden sollen. Der Beschluss wurde mit der Maßgabe verbunden, dass die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) die Heilmittel-Richtlinie im Nachgang dahingehend prüft, inwieweit Änderungen aufgrund der Betroffenheit von Zahnärzten und Zahnärztinnen notwendig sind.

 

Auf Antrag der KZBV beschloss das Plenum des Beklagten am 17. April 2014, dass die Regelungen zu vertragszahnärztlichen Spezifika für die Verordnung von Heilmitteln in einer eigenen Richtlinie mit einem eigenen Heilmittel-Katalog für den vertragszahnärztlichen Sektor verortet werden sollen. Am 20. April 2016 wurde beschlossen, das Stellungnahmeverfahren vor abschließender Entscheidung des Beklagten gemäß § 10 seiner Verfahrensordnung (VerfO) zur Umsetzung von weiteren gesetzlichen Beteiligungsrechten bei Erstfassung der Richtlinie einzuleiten.

 

Der Beklagte beschloss am 15. Dezember 2016 die Erstfassung der Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte/HeilM-RL ZÄ) (BAnz, AT 14.03.2017, B2).

 

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte sind verordnungsfähige Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Verordnung allein die in den Abschnitten E und F genannten einzelnen Maßnahmen der Physiotherapie und der physikalischen Therapie sowie einzelne Maßnahmen der Sprech- und Sprachtherapie. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und 3 Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte dienen Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Versorgung der Behandlung der krankheitsbedingten strukturellen/funktionellen Schädigungen des Mund- und Kieferbereichs; dabei muss die Ursache der strukturellen/funktionellen Schädigungen im Mund-, Kiefer- oder Gesichtsbereich liegen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 4 Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte dürfen andere als die in der Richtlinie benannten Heilmittel nicht verordnet werden.

 

 

Mit Schreiben vom 7. Januar 2019 stellte der Kläger bei dem Beklagten unter Vorlage seiner Satzung einen „Antrag zur Stellungnahmeberechtigung vor abschließenden Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu den Heilmittelrichtlinien im Rahmen von § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V sowie § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V nach Bestimmung lt. 1. Kapitel § 9 Abs. 2 Verfahrensordnung“.

 

Mit Bescheid vom 26. März 2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er in seiner Sitzung vom 22. März 2019 beschlossen habe, den Kläger nicht in den Kreis der stellungnahmeberechtigten Organisationen vor Entscheidungen des Beklagten zur Heilmittel-Richtlinie und zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte nach § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 125 Absatz 1 Satz 1 SGB V aufzunehmen.

 

Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger zwar die Interessen der Heilmittelerbringer vertrete, jedoch keine maßgebliche Spitzenorganisation auf Bundesebene darstelle. Im Hinblick auf die Vertretung der selbständigen Praxisinhaber komme der Mitgliederanzahl des Klägers keine Maßgeblichkeit zu. So vertrete er nur 1014 selbständige Mitglieder, wohingegen der D allein 4.297 selbständige Praxisinhaber als Mitglieder führe. Als maßgeblicher Verband für die Ergotherapeuten sei der DVE stellungnahmeberechtigt.

 

Hiergegen erhob der Kläger am 25. April 2019 Widerspruch. In seiner Widerspruchsbegründung teilte er mit, dass er vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) mit Schreiben vom 4. Juni 2019 als maßgebliche Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer gemäß § 125, 125a und b SGB V im Heilmittelbereich Ergotherapie anerkannt worden sei. Überdies vertrete der Kläger eine hinreichende Anzahl von Ergotherapeuten. Nicht entscheidend sei hingegen, dass der DVE größer sei als der Kläger, da auch mehrere Berufsverbände in einem Bereich nebeneinander maßgebliche Spitzenorganisationen sein könnten.

 

 

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er in seiner Sitzung vom gleichen Tag beschlossen habe, den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 26. März 2019 gemäß der Entscheidung vom 22. März 2019 hinsichtlich des Stellungnahmerechts zur Heilmittel-Richtlinie abzuhelfen sowie den Widerspruch hinsichtlich des Stellungnahmerechts zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte zurückzuweisen.

 

In der Begründung führte der Beklagte aus, dass er den Kläger als stellungnahmeberechtigte Organisation zur Heilmittel-Richtlinie gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 125 Absatz 1 Satz 1 SGB V anerkenne, da er die Interessen der Heilmittelerbringer vertrete und eine maßgebliche Spitzenorganisation auf Bundesebene darstelle. Dies folge aus dem Umstand, dass auch mehrere Organisationen als maßgeblich anerkannt werden könnten und der GKV-Spitzenverband den Kläger als maßgebliche Spitzenorganisation nach § 125 SGB V anerkannt habe. Gemessen an seiner Mitgliederanzahl und den zugelassenen Leistungserbringern insgesamt vertrete der Kläger mehr als 10 Prozent aller Leistungserbringer auf dem Gebiet der Ergotherapie und sei daher unter Berücksichtigung der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2018 (L 1 KR 316/13) als maßgeblich anzusehen.

 

Dies sei jedoch in Bezug auf die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte nicht entscheidungserheblich. Dem Kläger fehle es insoweit an einer Betroffenheit durch die Regelungen der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte, da Leistungen der Ergotherapie nicht Gegenstand der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte seien.

 

Mit seiner hiergegen am 17. Januar 2020 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Anerkennung als stellungnahmeberechtigte Organisation zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte weiterverfolgt.

 

Der Kläger ist der Ansicht, dass er nach der grundsätzlichen Anerkennung als maßgebliche Spitzenorganisation auf Bundesebene im Bereich der Heilmittelerbringer gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 125 SGB V auch ein Stellungnahmerecht zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte habe, da er von dieser ebenfalls betroffen sei.

 

Dies ergebe sich aus dem Regelungsbereich der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte. Nach § 1 Abs. 3 der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte regele diese die Verordnung von Heilmitteln im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung. Gegenstand der Richtlinie seien daher Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V, die einem zahnärztlichen Heilzweck dienten oder einen zahnärztlichen Heilerfolg sicherten. Der Begriff des Heilmittels im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Behandlung werde in § 2 Abs. 2 Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte näher konkretisiert. Eine Betroffenheit eines Heilmittelerbringers von der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte sei anzunehmen, wenn das Berufsbild des Heilmittelerbringers Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte enthalte. Dies sei bei den Ergotherapeuten der Fall; hierauf habe schon der Spitzenverband der Heilmittelverbände e.V. (SHV) in seiner Stellungnahme zur Erstfassung der Heilmittelrichtlinie hingewiesen. Im Übrigen ergebe sich die Betroffenheit der Ergotherapeuten bereits aus dem Umstand, dass vor Inkrafttreten der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte die Verordnung ergotherapeutischer Leistungen durch Zahnärzte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung übliche Praxis gewesen sei; die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte habe den Vertragszahnärzten diese Möglichkeit genommen. Die Ergotherapeuten müssten die entsprechenden Leistungen nunmehr als Selbstzahlerleistungen anbieten.

 

Da das Recht auf Stellungnahme gerade für den Fall der Änderung der Richtlinie vorgesehen sei, könne nicht auf den aktuellen Inhalt der Richtlinie und den dortigen Ausschluss der Leistungen der Ergotherapie abgestellt werden. Gerade der aktuelle Ausschluss der Ergotherapie aus der vertragszahnärztlichen Versorgung und der Umstand, dass eine zukünftige Einbeziehung der Ergotherapie in den Bereich der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte nicht ausgeschlossen sei, begründe das Betroffensein des Klägers. Der Kläger könne auch nicht auf ein Beteiligungsrecht am Methodenbewertungsverfahren gemäß § 138 SGB V in Verbindung mit § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V verwiesen werden, weil es sich dabei um ein anderes Verfahren und ein anderes Beteiligungsrecht handele.

 

 

 

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 26. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2019 abzuändern und festzustellen, dass der Kläger eine stellungnahmeberechtigte Organisation zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist sowie

 

hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Aufnahme in den Kreis der stellungnahmeberechtigten Organisationen zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 in Verbindung mit § 125 SGB V neu zu entscheiden.

 

Der Beklagte beantragt,

            die Klage abzuweisen.

 

Er ist der Ansicht, dass einer Stellungnahmeberechtigung des Klägers zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte seine fehlende Betroffenheit entgegenstehe. Das Erfordernis einer Betroffenheit der maßgeblichen Spitzenorganisationen für die Annahme eines Stellungnahmerechts ergebe sich aus § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 9 VerfO und folge bereits aus dem Sinn und Zweck des Stellungnahmerechts. Mit diesem beabsichtige der Gesetzgeber die Einbeziehung der Sachkenntnis der Leistungerbringer. Diese sei aber nur dann sinnvoll und erforderlich, wenn die Richtlinie den Sachkenntnisbereich der jeweiligen Spitzenorganisation berühre. Überdies sei eine enge Auslegung des Kreises der stellungnahmeberechtigten Organisationen geboten, um eine ordnungsgemäße Funktions- und Arbeitsweise des Beklagten zu gewährleisten. Als Spitzenorganisation der Ergotherapeuten sei eine Betroffenheit des Klägers nur dann gegeben, wenn die Ergotherapie ein Regelungsgegenstand der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, wie der Regelungsinhalt der Richtlinie zeige. Mit der Erstfassung der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte 2016 habe der Beklagte die Regelungsgegenstände der Richtlinie abschließend bestimmt. Die Ergotherapie zähle aktuell nicht dazu. Der Kläger sei daher derzeit von den Regelungen der Richtlinie nicht berührt. Die inhaltliche Auseinandersetzung des laufenden Beratungsprozesses erfolge im Hinblick auf die Leistungen, die bereits Gegenstand der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte seien und nicht im Hinblick auf die Vielzahl weiterer denkbarer Leistungen. In Bezug auf die Regelung des § 125 SGB V könne der Begriff des Heilmittelerbringers nicht dahingehend verstanden werden, dass jegliche Heilmittelerbringer umfasst seien. Vielmehr sei der Begriff einschränkend als Heilmittelerbringer im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auszulegen, denn nur die Erbringer von Heilmitteln, die in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen seien, schlössen gemäß § 125 SGB V einen Vertrag über die Erbringung von Leistungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Von einer Vielzahl existierender Heilmittelerbringer würden daher grundsätzlich nur die in der Heilmittel-Richtlinie festgelegten Heilmittel die Anforderungen des SGB V, insbesondere im Hinblick auf deren therapeutischen Nutzen erfüllen. Der so verstandene Heilmittelbegriff des § 125 SGB V sei auch bei der Festlegung der stellungnahmeberechtigten Organisationen zugrunde zu legen. Anderenfalls könnte jedes Stellungnahmeverfahren von den ausgeschlossenen Heilmittelerbringern für die Darlegung von Gründen genutzt werden, warum es der Aufnahme ihres Heilmittels in die Richtlinie bedürfe. Dies gehe weit über den Zweck des Stellungnahmerechts im Rahmen bestehender Richtlinien hinaus.

 

Ein Stellungnahmerecht des Klägers zu der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte sei auch nicht vor dem Hintergrund geboten, dass die Ergotherapie zukünftig in die vertragszahnärztliche Versorgung aufgenommen werden könnte, denn sofern es zu einem Beratungsverfahren über die Aufnahme ergotherapeutischer Leistungen in die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte kommen sollte, könne der Kläger im Rahmen des dann eröffneten Bewertungsverfahrens nach § 138 SGB V einen neuen Antrag auf Stellungnahmeberechtigung stellen. Allein der Beginn von Beratungen über die Aufnahme der Ergotherapie in die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte würde sodann die Betroffenheit des Klägers begründen. Die Einleitung eines solchen Verfahrens erfolge gemäß Kapitel 1 § 5 VerfO durch Plenumsbeschluss in öffentlicher Sitzung mit anschließender Bekanntmachung. Überdies erfolge bei Beratungen über einen neuen Leistungsbereich immer eine Aufforderung zur Meldung, die im Bundesanzeiger veröffentlicht werde. Daher sei es dem Kläger ohne weiteres möglich, die Entwicklung zu verfolgen und bei Gelegenheit einen erneuten Antrag auf Stellungnahmeberechtigung zu stellen.

Die Expertise des Klägers im Bereich Ergotherapie sei nur bei der beabsichtigten Aufnahme derselben in die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte notwendig.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klage hat keinen Erfolg.

 

I. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2019 nur insoweit, als dieser festgestellt hat, dass es sich bei dem Kläger nicht um eine stellungnahmeberechtigte maßgebliche Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer im Bereich der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte handelt. In Bezug auf die Anerkennung des Klägers als maßgebliche Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer im Bereich der Heilmittel-Richtlinie hinsichtlich der vertragsärztlichen Versorgung hat der Beklagte dem Begehren des Klägers mit dem Widerspruchsbescheid abgeholfen.

 

II. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg ist für die Klage nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstinstanzlich zuständig, denn der Kläger wendet sich gegen eine Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) in Zusammenhang mit einer von ihm erlassenen Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, Abs. 6 Satz 2 SGB V. Zu der umfassenden Sonderzuständigkeit des LSG Berlin-Brandenburg gegenüber den Entscheidungen des Beklagten gehören auch die dem Erlass oder der Änderung von Richtlinien vorgeschalteten Entscheidungen über die Frage der Stellungnahmeberechtigung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, 28. Senat, Urteil vom 12. Mai 2023, L 28 KR 368/20 KL, zitiert nach juris, dort Rn. 28).

 

Innerhalb des LSG Berlin-Brandenburg ist der 7. Senat als nach dem Geschäftsverteilungsplan allein für das Vertrag(zahn)arztrecht zuständiger Senat zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufen, denn es handelt sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 SGG.

 

Danach gehören zu den Streitigkeiten des Vertragsarztrechts u. a. auch Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA, soweit diese Entscheidungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung betreffen. Die Entscheidung des Beklagten, den Kläger nicht als zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte stellungnahmeberechtigten Heilmittelerbringer gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 125 SGB V zu führen, hat einen primären Bezug zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung. Die Klage richtet sich gegen eine Entscheidung des GBA, welche die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung betrifft, denn Fragen im Zusammenhang mit der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte betreffen allein die vertragszahnärztliche Versorgung, indem die Richtlinie gerichtet an die Vertragszahnärzte Vorgaben zur Verordnungsfähigkeit von Heilmitteln im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung macht (vgl. Zusammenfassender Standpunkt des 1., 3. und 6. Senats des Bundessozialgerichts zu § 10 Abs. 2 SGG, Punkt B II 8 zur Heilmittel-Richtlinie, SGB 2012, 495). Hierzu zählen auch Streitigkeiten, die den GBA als Institution betreffen, die Stellungnahmerechte im Zusammenhang mit ihrer Richtliniengebung im alleinigen Bereich des Vertrags(zahn)arztrechtes zu beachten hat (vgl. insofern auch Zusammenfassender Standpunkt des 1., 3. und 6. Senats des Bundessozialgerichts zu § 10 Abs. 2 SGG, Punkt B II 2 b 9, SGB 2012, 495, 497, zu Streitigkeiten außerhalb von Klagen gegen Entscheidungen des GBA; LSG Berlin-Brandenburg, 9. Senat, Urteil vom 28.06.2017, L 9 KR 89/15 KL, zitiert nach juris, dort Rn. 63). § 10 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist schließlich auch einschlägig für Klagen von potentiellen Leistungserbringern um die Erweiterung des Spektrums der in der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung erbringbaren Therapiemethoden (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Auflage, SGG, § 10, Rn. 3b). Hierum geht es im Ergebnis auch dem Kläger, denn mit dem begehrten Stellungnahmerecht zielt er letztlich auf eine Aufnahme der Ergotherapie in die vertragszahnärztliche Versorgung ab. Mithin gehört auch eine Klage das Stellungnahmerecht eines Heilmittelerbringers im Rahmen der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte betreffend zum Gebiet des Vertrags(zahn)arztrechts.

 

III. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 SGG statthaft, denn über die von dem Kläger begehrte und von dem Beklagten mit Bescheid vom 26. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2019 abgelehnte Feststellung, dass es sich bei dem Kläger um eine stellungnahmeberechtigte maßgebliche Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer im Bereich der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte handelt, kann der Senat im Erfolgsfall abschließend und ohne gesonderte Verpflichtung entscheiden. Eines gesonderten Erlasses eines feststellenden Verwaltungsaktes oder die aktive Aufnahme des Klägers in den Kreis der stellungnahmeberechtigten Organisationen durch die Beklagte bedarf es nicht. Bereits durch eine Feststellung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist die endgültige Klärung des Streitfalles zu erwarten, denn die streitgegenständliche Frage, ob die Voraussetzungen für eine Stellungnahmeberechtigung des Klägers vorliegen - er mithin im konkreten Fall eine maßgebliche Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer ist -, eröffnet dem Beklagten keinen eigenen Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum. Vielmehr ist die korrekte Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriff „maßgebliche Spitzenorganisation“ durch den Senat vollständig gerichtlich überprüfbar (vgl. zur Abgrenzung Feststellungsklage/Verpflichtungsklage, BSG Urteil vom 8.8.2019, B 3 KR 16/18 R, zitiert nach juris, Rn. 25). Die Feststellungsklage ist in der vorliegenden Konstellation nicht subsidiär gegenüber der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, da letztere keinen weitergehenden Rechtsschutz ermöglicht. Vielmehr steht dem Kläger insofern ein Wahlrecht zu, ob er sein Begehren mit der Anfechtungs- und Feststellungsklage oder mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgen will. Dieses Wahlrecht hat der Kläger hier – aufgrund der Wahl seines Hauptantrages – zugunsten der Anfechtungs- und Feststellungsklage ausgeübt. Einer Entscheidung über den gleichwohl hilfsweise gestellten Anfechtungs- und Leistungsantrag bedurfte es daher nicht.

 

Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Der Anfechtungsklage steht die Regelung des § 56a SGG nicht entgegen, wonach gegen behördliche Verfahrenshandlungen - auch wenn sie als Verwaltungsakt ergehen - Rechtsbehelfe grundsätzlich nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (§ 56a Satz 1 SGG), denn dies gilt nach Satz 2 der Norm nicht, wenn die Verfahrenshandlung – wie hier – gegen einen Nichtbeteiligten ergeht.

Zudem handelt es sich um eine selbständige Zwischenentscheidung über ein präjudizielles Rechtsverhältnis, um die Durchführung des in § 92 SGB V vorgegebenen Verfahrens in gesetzlicher Weise zu ermöglichen (vgl. zu § 130b Abs. 9 S. 5 SGB V, BSG, Urteil vom 8.8.2019, B 3 KR 16/18 R, zitiert nach juris, dort Rn. 23; zu § 137f Abs. 8 S. 2 SGB V, LSG Berlin-Brandenburg, 28. Senat, Urteil vom 12.05.2023, L 28 KR 368/20 KL, zitiert nach juris, dort Rn. 52). Darüber hinaus hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der von ihm im Rahmen der Feststellungsklage gemäß § 55 SGG begehrten Feststellung des Bestehens einer Stellungnahmeberechtigung. Hierbei handelt es sich um das Bestehen eines (öffentlich-rechtlichen) Rechtsverhältnisses im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, denn der Kläger begehrt, Beteiligter am formalisierten Stellungnahmeverfahren des Beklagten (vgl. §§ 8 ff. VerfO) zu sein. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung des Beklagten nach § 92 Abs. 6 Satz 2 „einzubeziehen“ (vgl. auch § 13 VerfO).

 

IV. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zutreffend hat der Beklagte durch Verwaltungsakt festgestellt, dass es sich bei dem Kläger nicht um eine stellungnahmeberechtigte maßgebliche Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer im Bereich der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte handelt.

 

1. Der Beklagte war zum Erlass des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes befugt. Mit diesem hat der Beklagte über die begehrte Feststellung des Klägers, dass er zu den stellungnahmeberechtigten maßgeblichen Spitzenorganisationen in Bezug auf die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte gehöre, ablehnend entschieden. Hierbei handelt es sich nicht nur der Form, sondern auch dem Inhalt nach um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, denn der Beklagte trifft damit als Behörde eine Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen. Mit der auf § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 125 SGB V gestützten Ablehnung stellt der Beklagte einseitig bindend fest, dass der Kläger derzeit nicht im Rahmen der Stellungnahmeverfahren zu laufenden Änderungen der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte zu beteiligen ist. Die Entscheidung hat für den Kläger hoheitlichen Charakter, sie ist noch kein Bestandteil der Normsetzung des Beklagten; vielmehr ergeht die Entscheidung über eine verfahrensrechtliche Vorfrage (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, 28. Senat, Urteil vom 12.05.2023, L 28 KR 368/20 KL, zitiert nach juris, dort Rn. 51; zum Verwaltungsaktcharakter bei Anerkennung als stellungnahmeberechtigte Organisation vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, 9. Senat, Urteil vom 28.06.2017, L 9 KR 89/15 KL, zitiert nach juris, dort Rn. 90). Die Regelung des § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V i.V.m. § 125 SGB V bestimmt die im Rahmen der Richtliniensetzung und der Richtlinienänderung zu beteiligenden Organisationen nur mittels eines unbestimmten Rechtsbegriffs und ermächtigt den Beklagten zugleich über die Beteiligtenstellung und damit die Stellungnahmeberechtigung vorab durch Verwaltungsakt zu entscheiden (vgl. zu § 130b SGB V, BSG, Urteil vom 8.8.2019, B 3 KR 16/18 R, zitiert nach juris, dort Rn. 22; zu § 137f Abs. 8 Satz 2 SGB V, LSG Berlin-Brandenburg, 28. Senat, Urteil vom 12.05.2023, L 28 KR 368/20 KL, zitiert nach juris, dort Rn. 51). Der Verwaltungsakt ist auch im Übrigen formell rechtmäßig ergangen; insbesondere wurde sowohl die Ausgangs- als auch die Widerspruchsentscheidung durch gesonderten Beschluss vom Plenum des Beklagten getroffen (vgl. § 4 Abs. 1 Verfahrensordnung GBA [VerfO]).

 

2. Der angegriffene Bescheid ist zudem materiell rechtmäßig. Der Kläger ist für den Bereich der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte keine maßgebliche Spitzenorganisation nach § 125 SGB V, der gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V vor Entscheidungen des Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist.

 

Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass für die Frage der Stellungnahmeberechtigung einer Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer auf Bundesebene zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte nicht allein entscheidend ist, dass der Kläger – was im Ergebnis des Widerspruchsverfahrens zwischen den Beteiligten unstreitig ist – eine hinreichende Anzahl von Heilmittelerbringern als Interessenvertretung vertritt und damit eine Spitzenorganisation der Ergotherapeuten auf Bundesebene ist. Vielmehr folgt bereits aus dem unbestimmten Begriff der Maßgeblichkeit, dass neben der dem Kläger als Interessenvertreter der Ergotherapeuten zukommenden Bedeutung auch seine Betroffenheit durch den konkreten Regelungsgegenstand zu fordern ist.

 

Aus der Regelung des § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V folgt nicht, dass jeder Spitzenorganisation der Heilmittelerbringer zu jeder Richtlinie des Beklagten nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V in Verbindung mit § 92 Abs. 6 SGB V unabhängig davon, ob die Richtlinie die Interessen ihres Vertretungsbereiches berührt, ein Stellungnahmerecht einzuräumen ist. Vielmehr folgt aus der Systematik und dem Regelungszusammenhang zu § 125 SGB V und § 138 SGB V sowie dem Sinn und Zweck des Stellungnahmerechts, dass eine Maßgeblichkeit nur bei einer direkten Betroffenheit durch den Regelungsgegenstand der Richtlinie vorliegt.

 

§ 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V verweist für die Stellungnahmeberechtigung zu den nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zu erlassenden Heilmittelrichtlinien auf die in § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Organisationen. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V schließt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit bindender Wirkung für die Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene für jeden Heilmittelbereich einen Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung mit dem jeweiligen Heilmittel. Demnach besteht ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und damit auch eine Beteiligung an dem Verfahren zum Abschluss der Verträge jeweils nur im eigenen Heilmittelbereich. Mithin sind die Ergotherapeuten nicht an den Verträgen der Physiotherapeuten zu beteiligen etc. Maßgeblichkeit besteht mithin nur für den Bereich, in welchem die Spitzenorganisation Heilmittelerbringer im Rahmen des Vertragsschlusses mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen vertreten kann. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat den Kläger als für den Abschluss des Vertrages über die Einzelheiten der Versorgung mit dem Heilmittel der Ergotherapie anerkannt und bereits in die Vertragsverhandlungen einbezogen. Jedoch regelt der Vertrag entsprechend der Gültigkeit der Heilmittel-Richtlinie und der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte (im Gegensatz zu den entsprechenden Verträgen der Physiotherapeuten und der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapeuten) keine Leistungserbringung aufgrund vertragszahnärztlicher Verordnung. Das Stellungnahmerecht zu Änderungen der bestehenden Heilmittelrichtlinien kann aufgrund der Wechselwirkung zu § 125 SGB V nicht weiter gehen als das inhaltliche Recht zum Abschluss der Heilmittelverträge mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

 

Dieser Befund wird gestützt durch den Sinn und Zweck des Stellungnahmerechts. Nach der Gesetzesbegründung für § 92 Abs. 3a SGB V dient das Stellungnahmeverfahren in erster Linie dazu sicherzustellen, dass die jeweilige Sachkenntnis der Heilmittelerbringer berücksichtigt wird (BT-Drs.13/7264 S. 64). Das Verfahren dient damit vorrangig dem öffentlichen Interesse, über die Sachkunde der Mitglieder des Beklagten hinaus die Sachkenntnis Dritter bei der Ermittlung des der Normsetzung zu Grunde liegenden Entscheidungssachverhaltes und zur Erleichterung der vorzunehmenden Abwägungsprozesse einzubeziehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg. Beschluss vom 27.2.2008, L 7 B 112/07 KA ER, zitiert nach juris, dort Rn. 23). Diese Sachkenntnis des Klägers wird aber derzeit im Rahmen von etwaigen Änderungen der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte nicht benötigt, da ergotherapeutische Leistungen explizit im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschlossen sind. Dass der Kläger in Regelungsbereichen Physiotherapie und Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie über weitergehende Expertise verfügt, die das Einbringen dieser in den laufenden Richtlinienprozess erforderlich oder förderlich macht, ist nicht ersichtlich.

 

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger betroffen sein kann, sofern erwogen werden sollte, die Ergotherapie als Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Versorgung anzuerkennen. Allein die potentielle Möglichkeit, dass die Ergotherapie als Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Versorgung aufgenommen werden könnte, kann eine aktuelle Stellungnahmeberechtigung nicht begründen, denn die Aufnahme eines weiteren Heilmittels in die vertragszahnärztliche Versorgung erfolgt nicht im Rahmen einer „einfachen“ Änderung und Anpassung der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte, sondern erfordert gemäß § 138 SGB V ein gesondertes Methodenbewertungsverfahren, dessen Abläufe im Einzelnen im 2. Kapitel der Verfahrensordnung des Beklagten geregelt sind.

 

Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Ergotherapie als Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Versorgung zumindest seit dem Inkrafttreten der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte vom 15. Dezember 2016 mit Wirkung zum 1. Juli 2017 nicht als Heilmittel anerkannt ist. Welche Leistungen die Krankenkassen in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, bemisst sich grundsätzlich aus dem Zusammenspiel von Leistungs- und Leistungserbringungsrecht. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst gemäß § 32 SGB V auch die Versorgung mit verordnungsfähigen Heilmitteln. Welche Heilmittel verordnungsfähig sind, regelt der Beklagte in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB VI. Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte dürfen gemäß § 138 SGB V neue Heilmittel nur verordnen, wenn der Beklagte zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat. Nach § 2 der ab dem 1. Juli 2017 maßgeblichen Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte sind in der vertragszahnärztlichen Versorgung nur einzelne genannte Maßnahmen der Physiotherapie und physikalischen Therapie sowie einzelne Maßnahme der Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie als Heilmittel zugelassen. Die Ergotherapie ist demgegenüber kein zugelassenes Heilmittel, mithin kein Heilmittel, dessen therapeutischer Nutzen im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung anerkannt ist. Die Aufnahme der Ergotherapie in die vertragszahnärztliche Versorgung erfordert daher eine Bewertung des therapeutischen Nutzens dieses insofern neuen Heilmittels.

 

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Ergotherapie im Rahmen der zuvor gültigen Heilmittelrichtlinie keinem Verordnungsausschluss für den vertragszahnärztlichen Bereich unterlag. Denn für die Frage, ob ein Heilmittel „neu“ ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich auf eine formelle Betrachtung an (BSG, Urteil vom 17.12.2019, B 1 KR 18/19 R, zitiert nach juris, dort Rn. 11). Heilmittel sind dann „neu“, wenn sie im Zeitpunkt der Prüfung nach den Heilmitteln-Richtlinien nicht verordnungsfähig sind oder zwar schon verordnet werden können, aber hinsichtlich ihres Indikationsbereiches wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren haben (vgl. BSG, a.a.O.; VerfO GBA, 2. Kapitel § 2 Abs. 3). Insofern ist vorliegend festzuhalten, dass die Ergotherapie als Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Verordnung zumindest seit dem Inkrafttreten der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte nicht verordnungsfähig ist und damit seit diesem Zeitpunkt eine (potentiell) „neue“ Heilmethode ist, deren Aufnahme in die vertragszahnärztliche Versorgung der Durchführung eines Bewertungsverfahrens nach § 138 SGB V in Verbindung mit dem 2. Kapitel VerfO GBA bedarf. Bis zu dieser Aufnahme in die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte ist eine Stellungnahmeberechtigung des Klägers nicht geboten. Sein als Interessenverband der Ergotherapeuten bestehendes berechtigtes Interesse, auf eine Aufnahme der Ergotherapie als zugelassenes Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Versorgung hinzuwirken, kann der Kläger ausreichend im Rahmen eines laufenden Bewertungsverfahrens vortragen. Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger insoweit nicht schutzlos ist, sondern über die Bekanntmachungen des Beklagten auf seiner Internetseite, beim Bundesanzeiger sowie in geeigneten Fachzeitschriften (vgl. 2. Kapitel, § 6 VerfO GBA) Kenntnis von dem Beginn des Bewertungsverfahrens erhält. Im Rahmen dieses Bewertungsverfahrens ist unstreitig den maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene des betroffenen Heilmittelbereichs – zu denen derzeit der Kläger für den Bereich der Ergotherapie gehört – ein Recht zur Stellungnahme einzuräumen. Dieses Stellungnahmerecht im Bereich der Methodenbewertung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem hier streitigen Stellungnahmerecht im Rahmen der Änderung – ohne neue Methodenbewertung – bereits bestehender Richtlinien. Es steht dem Kläger insoweit auch frei, im Rahmen seiner Vereinsarbeit auf die Stellung eines entsprechenden Antrags auf Nutzenbewertung der Ergotherapie im Bereich der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte hinzuwirken.

 

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.

 

VI. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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