Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2016 geändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) darüber, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) als Pflegekraft im Bereich der ambulanten Intensiv- und Beatmungspflege versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Der 0000 geborene Kläger ist gelernter Q.. Nach vielen Jahren angestellter Tätigkeit entschied er sich im März 2010 dazu, seine Pflegeleistungen „freiberuflich“ zu erbringen. Mit Bescheid vom 11.06.2010 stellte die Deutsche Rentenversicherung Bund Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit ab dem 10.03.2010 nach § 2 S. 1 Nrn. 1 bis 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) fest.
Am 14.10.2010 schloss der Kläger mit der M. GbR (im Folgenden: Y.) einen „Rahmenvertrag Freie Mitarbeit“ (im Folgenden: Rahmenvertrag). Dessen Regelungen lauten auszugsweise wie folgt:
„Vorbemerkung
Der Auftraggeber ist ein Unternehmen, das in der Bereitstellung von Dienstleistungen im Bereich der ambulanten Versorgung von tracheotomierten und langzeitbeatmeten Menschen tätig ist. Der Auftragnehmer ist der Erbringer von Pflegefachleistungen mit dem Schwerpunkt Beatmung und ambulante Tracheostomaversorgung, der verschiedenen Auftraggebern, darunter auch dem hiesigen Auftraggeber, seine Leistungen anbietet und für diese erbringt.
1. Vertragsgegenstand
Dieser Vertrag in Form von Rahmenbedingungen soll die Konditionen einer künftigen Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien regeln.
2. Tätigkeit
Der Vertrag wird mit Wirkung ab dem 01.11.2010 geschlossen. Unter der Voraussetzung einer Auftragserteilung bzw. Auftragsannahme im Einzelfall (s. unter Ziffer 4.) wird der Auftragnehmer, im Wesentlichen, folgende Leistungen erbringen, wobei der Umfang der konkret beauftragten Tätigkeit, wenn sie vom nachfolgenden Leistungskatalog abweicht, im einzelnen Auftrag schriftlich festzuhalten ist:
Überwachung und Kontrolle der für den Patienten notwendigen medizinischen Geräte.
Beratung und Anleitung des Patienten und dessen Angehörigen in fachpflegerischen Fragen.
Ganzheitliche, fachpflegerische Versorgung des Patienten.
Ermittlung fallspezifischer Daten und Gegebenheiten im Bereich des Patienten, die für die weitere Beratung/Behandlung von Bedeutung sein könnten.
Beratung des Auftraggebers in speziellen Fachfragen.
Kommunikation zwischen Auftraggeber und Patient, Patient und anderen Stellen, soweit notwendig des Auftragnehmers.
3. Personelle/ Örtliche Durchführung
Der Auftragnehmer ist berechtigt, die beauftragte Leistung selbst oder durch Dritte durchzuführen/ durchführen zu lassen (s. unter Ziffer 4). Der Auftragnehmer ist jedoch dafür verantwortlich, dass jeder im Rahmen eines Auftrags zum Einsatz gelangende Vertreter dieselbe fachpflegerische und gesundheitsberatende Kompetenz und Qualifikation hat, wie der Auftragnehmer selbst. Zur Sicherstellung der dem Auftraggeber wesentlichen fachpflegerischen Qualität bedarf die Vertreterbestellung des Nachweises der Qualifikation gegenüber dem Auftraggeber. Der Ort der Durchführung orientiert sich allein an den Bedürfnissen des konkreten Auftrages bzw. des Patienten.
4. Auftragsabwicklung
Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber nach eigenem Ermessen seine zeitlichen und fachlichen Kapazitäten anbieten, die er dem Auftraggeber in der konkreten Abrechnungsperiode zur Verfügung stellen will. Der Auftraggeber wird sich bemühen, dieses Angebot in einem konkreten Fall umzusetzen. Besteht auf Seiten des Auftraggebers in Kongruenz zur Anfrage des Auftragnehmers Tätigkeitsbedarf, so wird der Auftraggeber dem Auftragnehmer ein schriftliches Angebot unterbreiten, aus dem sich das Auftragsvolumen in zeitlicher und sachlicher Hinsicht ergibt. Der Auftragnehmer wird das Angebot prüfen und dem Auftraggeber auf gleichem schriftlichem Wege innerhalb weniger Tage die Annahme oder die Ablehnung des Angebotes bzw. alternative Vorschläge mitteilen. Gleichzeitig wird der Auftragnehmer im Falle der Auftragsübernahme mitteilen, ob er den Auftrag selbst oder durch Dritte ausführen wird, im letzteren Falle wird er den Namen und die notwendigen Informationen zur Qualifikation des Dritten mitteilen.
5. Inhaltliche fachpflegerische und gesundheitsberatende Ausführung
Es wird vom Auftragnehmer grundsätzlich eigenständige fachpflegerische und gesundheitsberatende Professionalität bei der Durchführung der Leistung erwartet.
6. Vergütung
Die Vergütung erfolgt entweder nach zeitlichem Aufwand oder projektbezogen.
Die Höhe des Stundenhonorars im Falle der zeitbezogenen Abrechnung beträgt 25,00 Euro.
Im Falle einer projektbezogenen Abrechnung wird die Vergütung bei Auftragserteilung individuell verhandelt.
(…)
Die vereinbarte Vergütung wird der Auftragnehmer dem Auftraggeber bei projektorientierter Vergütung und bei zeitorientierter Vergütung am Ende des Monats mit Stundennachweis in Rechnung stellen. Die Vergütung ist 7 Tage nach Rechnungsstellung fällig.
7. Verpflichtungen
Auftraggeber und Auftragnehmer gehen davon aus, dass eine freie Mitarbeit und kein Angestelltenverhältnis vorliegen. Sollte wider Erwarten während oder nach Ablauf dieses Vertrages festgestellt werden, dass entgegen der derzeit vorliegenden Indizien ein Angestelltenverhältnis vorliegt, so verpflichtet sich der Auftragnehmer zu folgenden Punkten: Der Auftragnehmer wird dem späteren Beginn der Versicherungspflicht gemäß § 7a VI Satz 1 und 7b SGB IV zustimmen. Der Auftragnehmer sichert zu, dass er mit der Aufnahme der Beschäftigung beim Auftraggeber eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entspricht.“
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.
Mit Verschmelzungsvertrag vom 29.10.2010 übernahm die Beigeladene zu 1. (im Folgenden: B) rückwirkend zum 01.03.2010 den Geschäftsbetrieb der Y.. Bei B handelt es sich um eine im April 2010 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit dem Unternehmensgegenstand der Pflege und Betreuung sowie dem außerklinischen Intensivpflegedienst mit Spezialisierung auf häusliche 24-Stunden-Versorgung von tracheotomierten bzw. beatmeten Menschen. Geschäftsführer der B war Herr T..
Für die von ihm im Zeitraum vom 08.11.2010 bis zum 01.03.2012 erbrachten 12-Stunden-Schichten stellte der Kläger Rechnungen zum vertraglich vereinbarten Stundenlohn unter jeweiliger Angabe der behandelten PatientInnen.
Die Beklagte setzte nach einer Betriebsprüfung bei B mit Bescheid vom 02.12.2013 für den Zeitraum vom 01.04.2010 bis 31.03.2012 eine Nachforderung in Höhe von 429.820,14 Euro fest. Verschiedene namentlich benannte freie Mitarbeiter – darunter auch der Kläger – seien als Beschäftigte anzusehen. Deren Tätigkeit habe Weisungen unterlegen. Beginn, Ende und Dauer seien vorgegeben und die Mitarbeiter in den vom Arbeitgeber erstellten Dienstplan mit zeitlich eindeutig vorgegebenem Rahmen integriert gewesen. Es habe jeweils eine Schicht von dem Pfleger zuvor übernommen und andererseits der Patient an den folgenden Pfleger übergeben werden müssen. Die Einteilung sei meist so abgelaufen, dass die Pfleger ihre zeitlichen Kapazitäten dem Betrieb mitgeteilt hätten und die Pflegedienstleitung die Schichtpläne erstellt habe. Der Einsatzort sei in den allermeisten Fällen von der Pflegedienstleitung vorgegeben worden. Dass B hierbei auf regionale Besonderheiten Rücksicht genommen habe, stehe dem nicht entgegen. Häufig sei der Einsatzort weit entfernt vom Wohnort gewesen, was die örtliche Delegation der Mitarbeiter nach den betrieblichen Erfordernissen deutlich mache. Weiterhin sei von einer Eingliederung in den Betrieb auszugehen. Der Vertrag für die Leistung werde zwischen dem Patienten und B geschlossen. Eine Vertragsbeziehung zwischen dem Patienten und dem freien Mitarbeiter bestehe hingegen nicht. Da die selbstständigen Pflegekräfte keine Versorgungsverträge mit den Pflegekassen abschließen dürften, seien sie regelmäßig auf zugelassene Pflegedienste angewiesen. Als weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei zu werten, dass Anwesenheitsnachweise und Pflegeprotokolle hätten geführt werden müssen und eine Pflicht zur Abmeldung bei Krankheit und Urlaub bestanden habe. Der Pflegefachdienst habe sich um Ersatz im Rahmen eines geänderten Dienstplans gekümmert. Die Pflegefachkräfte hätten größtenteils die bereitgestellten Materialien und auch die betriebliche Infrastruktur des Auftraggebers genutzt. Dieser nehme die sehr aufwändige Abrechnung mit den Pflegekassen vor, werbe die Kunden an und schließe die notwendigen Verträge ab. Die Eingliederung resultiere ebenso aus dem Umstand, dass Übergaben bei den Schichtwechseln mit zumeist abhängig Beschäftigten der B stattgefunden hätten und die Zuteilung zu den Patienten durch die Pflegedienstleitung erfolgt sei. Es sei auch von keinem unternehmerischen Risiko der Pflegefachkräfte auszugehen. Der Einsatz eigener Arbeitskleidung und die Nutzung eines privaten Pkws begründe kein maßgebliches unternehmerisches Risiko. Die Feststellung der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Versicherungspflicht einiger freier Mitarbeiter in ihrer Tätigkeit als selbstständige Alten-/Q. stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, da jeweils nur das Verhältnis zum konkreten Auftraggeber geprüft werde. Insgesamt überwögen die für eine versicherungspflichtige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte.
Mit Bescheid vom 04.12.2013 teilte die Beklagte dem Kläger ihre Feststellung abhängiger Beschäftigung und seiner Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- Renten- und Arbeitslosenversicherung mit. Die Gründe seien der beigefügten, aufgrund Datenschutzes in Teilen geschwärzten Mehrfertigung des Bescheides vom 02.12.2013 zu entnehmen. Die Ausführungen würden gleichermaßen für die Y. gelten.
Gegen den Bescheid vom 04.12.2013 erhob der Kläger am 13.01.2014 Widerspruch. Der Bescheid sei rechtswidrig. Er könne nicht nachvollziehen, weshalb die Beklagte seine Tätigkeit für B als abhängige Beschäftigung einstufe. Im Jahr 2010 habe er sich selbstständig gemacht, u.a. um ein höheres Einkommen erzielen und frei entscheiden zu können, welche Kunden und damit Pflegefälle er annehme. Er könne zudem selbst entscheiden, zu welchen Zeiten er arbeite und seine Tätigkeit jederzeit beenden. Dementsprechend habe er sich seit 2010 privat krankenversichert und zahle freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Seine Selbstständigkeit sei bereits durch den Bescheid vom 11.06.2010 von der Deutschen Rentenversicherung Bund ausdrücklich anerkannt worden. Die Auffassung, diese Entscheidung beziehe sich nur auf die damaligen Auftraggeber, teile er nicht. Es sei nicht praktikabel, wenn ein Selbstständiger wie er, der für eine Vielzahl von (teilweise wechselnden) Auftraggebern tätig werde, bei jedem neuen Auftraggeber erneut durch den Rentenversicherungsträger prüfen lassen müsse, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung handele oder nicht. Bei allen Auftraggebern sei die Sachlage nahezu identisch. Er arbeite nicht weisungsgebunden, lege seine Arbeitszeiten frei fest und unterliege keiner Dokumentationspflicht für den Auftraggeber, in dessen Geschäftsbetrieb er auch nicht eingebunden sei. Zu den einzelnen Tätigkeiten reise er mit seinem eigenen Kfz an, besorge sich die entsprechenden Unterkünfte, beschaffe sich selbst seine Arbeitskleidung und verfüge über gängige Arbeitsmittel wie Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel etc. Dementsprechend sei er als Selbstständiger steuerpflichtig und gebe so auch seine Steuererklärungen ab. Die Annahme eines Auftrags könne er jederzeit ablehnen und Aufträge auch abbrechen. Zwar finde hinsichtlich der PatientInnen jeweils eine Übernahme statt. Diese sei aber zur Gewährleistung des Patientenwohls erforderlich und daher kein Indiz für eine Anstellung. Wenngleich er selbst keine Mitarbeiter beschäftige, könne er jedoch eine Ersatzkraft stellen, auch wenn er hiervon im Normalfall keinen Gebrauch mache, da ihn dann die Verantwortung träfe, diesen selbst zu überwachen. Dass er selbst nicht mit Krankenkassen abrechnen dürfe, stelle kein maßgebliches Kriterium dar. Eine Tätigkeit mit derartigem Umfang entspräche der eines Pflegedienstes, was er gerade nicht anstrebe. Es bedeute eine Gefahr für sein langjähriges Geschäftsmodell und damit einen Eingriff in seine Berufsfreiheit, wenn die Beklagte ihn als nicht selbstständig einstufe. Die Zusammenarbeit mit B habe nur ca. ein Jahr gedauert und er sei während dieser Zeit auch für andere Auftraggeber tätig gewesen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart (AG) vom 04.02.2015 (9 IN 677/14) wurde über das Vermögen der B das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2015 zurück. Der Kläger stelle lediglich seine Arbeitskraft zur Verfügung und unterscheide sich nicht von anderen, bei B fest angestellten Beschäftigten. Seine Weisungsgebundenheit ergebe sich bereits aus den gesetzlichen Vorschriften. Nach § 72 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) dürften Pflegekassen ambulante oder stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag bestehe. Versorgungsverträge dürften gemäß § 72 Abs. 3 SGB XI nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
1. den Anforderungen des § 71 SGB XI genügten,
2. die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung böten sowie eine in Pflegeeinrichtungen ortsübliche Vergütung an ihre Beschäftigten zahlten,
3. sich verpflichteten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 SGB XI einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln und
4. sich verpflichteten, alle Expertenstandards nach § 113a SGB XI anzuwenden;
ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages bestehe, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfülle.
Allein diese gesetzlichen Regelungen des SGB XI für die Zulassung von Pflegeeinrichtungen zeigten, dass alle dort tätigen Pflegekräfte die geltenden Vorgaben beachten müssten. Entsprechend sei auch die Auftraggeberin des Klägers verpflichtet, auf deren Einhaltung zu achten. Zudem habe sie die Rechtsmacht, die Tätigkeit der freien Mitarbeiter vorzugeben. Das Pflegegeschehen müsse grundsätzlich von verantwortlichen Pflegekräften angeleitet und überwacht werden. Die Eigenart der Tätigkeit eines Pflegers, die nach Zeit, Ort und Inhalt zwingend von den weisungsberechtigten Pflegeeinrichtungen vorgegeben werde, die im Übrigen auch die benutzten Arbeitsmittel stellten, führe dazu, dass die regelmäßige Erbringung von Pflegeleistungen für einen anderen Vertragspartner als den Patienten grundsätzlich als Arbeitsverhältnis anzusehen sei. Besonderheiten lägen hier nicht vor. Die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI entfalte keine Bindungswirkung.
Der Kläger hat gegen den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids am 10.07.2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben und sich im Wesentlichen auf die bereits im Verwaltungsverfahren angeführten Gründe gestützt.
Er hat beantragt,
den Bescheid vom 02.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2015 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die streitgegenständlichen Bescheide mit Urteil vom 09.11.2016 aufgehoben. Der Kläger sei bei B nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Es müsse die gesetzliche Wertung des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI berücksichtigt werden, aus welcher deutlich werde, dass Pflegepersonen selbstständig tätig sein könnten. Die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte überwögen vorliegend. Der Kläger sei nicht zur Übernahme von Aufträgen verpflichtet und nicht in den Betrieb der B eingegliedert gewesen. Er habe nachvollziehbar vorgetragen, dass er mit dem eigenen PKW zu den Patienten nach Hause angereist sei, selbstständig seine Unterkunft organisiert und bezahlt sowie Arbeitsmaterialien wie Dienstkleidung und Desinfektionsmittel besorgt habe. Nach einer Zwölfstundenschicht und Beendigung des Auftrages sei er wieder nach Hause gefahren. Er habe weder an Teamsitzungen noch an Besprechungen bei dem Arbeitgeber teilgenommen. Dass Pflegekräfte der Dokumentationspflicht unterlägen, entspringe nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, sondern sei gesetzlich geregelt. Eine entsprechende Pflicht bestehe unabhängig vom versicherungsrechtlichen Status. Aufgrund seiner Qualifikation sei es dem Kläger möglich gewesen, seine Tätigkeit völlig unabhängig und frei auszuüben. Dass er sich den Wünschen der jeweiligen Patienten habe anpassen müssen, sei selbstverständlich. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit von B bestehe nicht. Er sei nur relativ kurz bei einer Vielzahl von Pflegediensten gewesen. Auch bestehe ein unternehmerisches Risiko, da er neue Aufträge habe akquirieren müssen. Fortbildungen organisiere und bezahle er selbst ebenso wie seinen PKW, eigene Arbeitskleidung und eigene Materialien. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung habe nicht bestanden.
Gegen das ihr am 15.11.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.12.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass das SG das Überwiegen der für eine versicherungspflichtige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte verkannt habe. Die Tätigkeit des Klägers für B habe die für eine Eingliederung in einen fremden Betrieb erforderlichen Merkmale aufgewiesen und sich nicht von derjenigen Festangestellter unterschieden mit der Ausnahme, dass der Kläger eben nicht ständig, sondern nur im Bedarfsfall beschäftigt worden sei. Die Entscheidungsfreiheit des Klägers, zu welchen Zeiten er seine Arbeitskraft zur Verfügung stelle, sei kein maßgebliches Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit, sondern Ausdruck seiner Entschließungsfreiheit, eine zeitlich begrenzte, aber rechtlich verbindliche Dienstverpflichtung zu begründen. Hierin komme die Vertragsfreiheit beider Seiten zur Begründung entsprechend zeitlich eng umgrenzter Arbeitsverhältnisse zum Ausdruck. Unerheblich sei, dass B dem Kläger während des Einsatzes keine direkten Weisungen zur Ausübung der Tätigkeit erteilt habe. Bezogen auf die Weisungsunterworfenheit der Pflegekräfte stehe der Weisungsbefugnis nicht entgegen, dass sich aus der Eigenart der Alten- und Krankenpflege naturgemäß Vorgaben etwa hinsichtlich des Arbeitsortes ergäben und der behandelnde Arzt oder Pflegebedürftige ggf. weitere Vorgaben machen könne. Arbeitgeber könnten ihr Direktionsrecht (teilweise) auf Kunden übertragen, nach deren Anweisungen der Beschäftigte arbeiten solle. Außerdem sei es bei der Alten- und Krankenpflege geradezu typisch, dass den Pflegekräften ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit zukomme, was Weisungen hinsichtlich aller Einzelheiten der Arbeitsleistung von vornherein ausschließe. Versorgungsverträge mit den Pflegekassen habe der Kläger nicht geschlossen. Er habe für die Pflegekassen nicht tätig werden können, was ebenfalls für die Erbringung von Pflegeleistungen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis spreche. Allein hieraus ergebe sich ein Weisungsrecht der Pflegeeinrichtung, die für die Einhaltung des Standards des Versorgungsvertrags mit den Pflegekassen verantwortlich sei; insbesondere müsse die Pflege grundsätzlich von den verantwortlichen Pflegeeinrichtungen überwacht und angeleitet werden. Ein weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung ergebe sich aus der Pflicht, sich im Verhinderungsfall abzumelden sowie Anwesenheitsnachweise und Pflegeprotokolle zu führen. Der Kläger habe in seiner Tätigkeit für B auch kein das Gesamtbild seiner Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko getragen.
Die Beklage beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sieht sich in seiner Rechtsauffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich von den vom BSG mit Urteilen vom 19.10.2021 (B 12 R 17/19 R und B 12 R 6/20 R) entschiedenen Fällen. Aus den Entscheidungen ergäben sich zwar gewisse normative Maßstäbe. Tätigkeiten im Pflegebereich seien aber grundsätzlich nicht parallelisierungsfähig. Vielmehr müsse eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden. Ein Vergleich scheide vorliegend aus, da er seine Tätigkeit überregional ausgeübt habe und anders als in den vom BSG entschiedenen Fällen nicht in die Normalität des „Stundenplans“ eines örtlichen Leistungsträgers eingebunden gewesen sei.
Das Amtsgericht Stuttgart hat das Insolvenzverfahren über B mit Beschluss vom 19.09.2019 aufgehoben. Die Gesellschaft wurde aufgelöst, nicht jedoch gelöscht (Handelsregisterauszug vom 01.06.2023).
Die Beteiligten sind in Erörterungsterminen am 27.04.2022 und 30.01.2023 zur Sach- und Rechtslage angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Köln vom 09.11.2016 ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der gegenüber dem Kläger ergangene Bescheid der Beklagten vom 04.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2015, mit dem die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers in seiner für B (als Rechtsnachfolgerin der von ihr übernommenen Y.) ausgeübten Pflegetätigkeit in allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt hat.
Die vom Kläger hiergegen zulässig erhobene Anfechtungsklage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren ihn nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Urteil des SG wird entsprechend aufgehoben.
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Diese Befugnis umfasst den Erlass (entsprechender) Bescheide auch gegenüber den (vermeintlich bzw. potentiell) Versicherten (vgl. hierzu ausführlich BSG Urt. v. 17.12.2014 – B 12 R 13/13 R – juris Rn. 21 ff.).
Der gegenüber dem Kläger ergangene Bescheid vom 04.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2015 ist formell (hierzu unter 1.) und materiell (hierzu unter 2.) rechtmäßig.
1. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Soweit die Beklagte den Kläger nicht vor dessen Erlass am 04.12.2013 i.S.v. § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört hat, ist dieser Mangel im Widerspruchsverfahren gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden. Dem Kläger ist während des Vorverfahrens hinreichend Gelegenheit gegeben worden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (vgl. BSG Urt. v. 09.11.2010 – B 4 AS 37/09 R – juris Rn. 17; Senatsurt. v. 22.06.2020 – L 8 BA 78/18 – juris Rn. 39). Sein damaliger Prozessbevollmächtigter hat Akteneinsicht in die Verwaltungsakte der Beklagten erhalten und umfassend zur Begründung des Widerspruchs vorgetragen.
2. Die streitigen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Der Kläger unterlag in der Zeit seiner Tätigkeit für die B als Rechtsnachfolgerin der Y. vom 08.11.2010 bis 01.03.2012 im Rahmen seiner Einzeleinsätze der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung (hierzu unter a.). Tatbestände, die zu einer Versicherungsfreiheit in den genannten Sozialversicherungszweigen führen, sind nicht ersichtlich. (hierzu unter b.)
a. Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Renten-, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III).
Der Kläger war bei seinen Pflegeeinsätzen gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) beschäftigt. Fehlen – wie hier (vgl. unter aa.) – in Bindungswirkung erwachsene Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status, beurteilt sich das Vorliegen einer Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV (hierzu unter bb.)
aa. Bindende Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers liegen nicht vor. Weder ist ein Statusfeststellungsverfahren bezogen auf seine Person und Tätigkeiten bei B durchgeführt noch ist ersichtlich oder vorgetragen worden, dass entsprechende konkrete Feststellungen in einem vorigen Betriebsprüfungsverfahren getroffen worden sind.
Soweit die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 11.06.2010 eine Versicherungspflicht des Klägers als Selbstständiger nach § 2 SGB VI angenommen hat, ist dies im Rahmen der Statusbeurteilung ohne Relevanz. Die Bindungswirkung eines Verwaltungsakts ist auf den Gegenstand seiner Regelungen beschränkt (vgl. z.B. Senatsurt. v. 21.09.2022 – L 8 BA 75/20 – juris Rn. 37; Urt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn. 28 m.w.N.). Der Bescheid vom 11.06.2010 regelt – bei Auslegung der behördlichen Erklärung aus der Perspektive eines verständigen objektiven Erklärungsempfängers (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) – allein, dass der Kläger zu einem der in § 2 SGB VI aufgezählten Personenkreise zu rechnen ist, für die eine – gesonderte – Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Die Frage hingegen, ob konkret bezogen auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und B grundsätzlich Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung besteht, hat die Deutsche Rentenversicherung Bund nicht geprüft. Ein solches Vertragsverhältnis lag zum Zeitpunkt der Bekanntgabe deren Bescheides im Juni 2010 im Übrigen auch noch gar nicht vor, da der Kläger die hier konkret zu beurteilende Tätigkeit erst im November 2010 aufgenommen hat. Feststellungen zur – etwaigen – Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI bzw. anderen Zweigen der Sozialversicherung wegen Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung sind auch erkennbar nicht Gegenstand des Bescheides (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 14; Senatsbeschl. v. 01.12.2021 – L 8 BA 172/20 B ER – juris Rn. 5). Für eine solche Statusfeststellung bezogen auf ein konkretes Rechtsverhältnis wäre – außerhalb von Betriebsprüfungen – im Übrigen gem. § 28h Abs. 2 SGB IV die Krankenkasse als Einzugsstelle bzw. im Verfahren gem. § 7a SGB IV konkret die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund zuständig (vgl. zur Zuständigkeitsverteilung auch BSG Urt. v. 12.12.2018 – B 12 R 1/18 R – juris Rn. 16; Senatsurt. v. 06.05.2015 – L 8 R 655/14 – juris Rn. 65).
bb. Nach der somit anzuwendenden Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit maßgeblich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 10/20 R – juris Rn. 21; BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG Beschl. v. 20.05.1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff.).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu ermitteln. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen.
Bei Vertragsgestaltungen, in denen – wie hier – die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Der Kläger hatte keine Verpflichtung, eine konkrete Anzahl von Diensten zu übernehmen, sondern konnte frei und unabhängig entscheiden, welches Angebot der B er annahm. Erst durch die jeweilige Zusage entstand die rechtliche Verpflichtung, die geschuldeten Tätigkeiten vereinbarungsgemäß zu leisten. Außerhalb der Einzeleinsätze lag schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende entgeltliche Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor, weil keine (latente) Verpflichtung des Klägers bestand, Tätigkeiten für B auszuüben, und diese umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 19).
Ausgehend von der vereinbarten Grundlage des Rahmenvertrags vom 14.10.2010 und der gelebten Vertragspraxis der Einzeleinsätze ist der Kläger in seiner Pflegetätigkeit im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess gegenüber B weisungsgebunden (dazu unter (1)) und in deren Arbeitsorganisation eingegliedert (dazu unter (2)) tätig geworden. Wesentliche Indizien für eine Selbstständigkeit liegen hingegen nicht vor (dazu unter (3)). In der Gesamtschau überwiegen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte deutlich (dazu unter (4)).
(1) Der Kläger unterlag bei der Durchführung der von ihm für B verrichteten Pflegeleistungen deren Weisungsrecht.
Zeitlich und örtlich war er nach Auftragsannahme an die konkreten Erfordernisse, die ihm zu der zu pflegenden Person mitgeteilt wurden, gebunden. Ausschlaggebende Dispositionsmöglichkeiten im Sinne weitergehender Weisungsfreiheit bestanden hier nicht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den von B erstellten Dienstplan, nach dem der Kläger sich richten musste und der u.a. den Tätigkeitsbeginn um 19 Uhr bzw. 7 Uhr morgens festlegte.
Zudem ist bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Angebots (hier: Pflege einer Patientin / eines Patienten) während dessen Durchführung bestehen (vgl. BSG Urt. v. 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R – juris Rn. 17 m.w.N.). Eine zeitliche Weisungsgebundenheit besteht daher auch dann, wenn die Tätigkeit von den organisatorischen Vorgaben des Betriebes abhängig ist und die Arbeit nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt abgebrochen werden kann, sondern die zugewiesenen Aufgaben erledigt werden müssen (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 31). Dass der Kläger die ihm durch B zugeteilten Schichten in relevantem Umfang eigenständig verlegt oder abgebrochen hätte, ist nicht vorgetragen worden. Vielmehr hat er selbst im Klageverfahren darauf hingewiesen, dass eine Terminabstimmung „natürlich“ verbindlich sein müsse, damit keine Lücke in der erforderlichen Rund-um-die-Uhr-Betreuung der Schwerstpflegefälle entstehe.
Dass die örtliche und zeitliche Gebundenheit in der „Natur der Sache“ liegt, ändert – entgegen der Auffassung des Klägers – dabei nichts daran, dass es sich hierbei um bei der Statusbeurteilung zu berücksichtigende Indizien handelt. Auch Umstände, die typisch bzw. einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent sind oder „in der Natur der Sache“ liegen, sind zu beachten (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 KR 29/19 R – juris Rn. 25; Urt. v. 27.04.2021 – B 12 R 16/19 R – juris Rn. 15 m.w.N.).
In inhaltlich-fachlicher Hinsicht unterlag der Kläger ebenfalls im Wesentlichen einem Weisungsrecht.
Ausdrücklich hat er selbst im Fragebogen zur Pflichtversicherung als Selbstständiger angegeben, dass er „Weisungen maßgeblich in medizinischer Hinsicht“ erhalte, die zumeist auf den Verordnungen der behandelnden Ärzte der einzelnen PatientInnen beruhten. Eine derartige Weisungsbefugnis musste sich B im Hinblick auf die Qualitätsvoraussetzungen, die sie beim Betrieb des von ihr geführten Pflegedienstes nach dem SGB XI zu erfüllen hatte, auch vorbehalten.
Die Weisungsgebundenheit des Klägers bei der Durchführung der ambulanten Pflege zeigt sich über die von ihm selbst genannten ausdrücklichen medizinischen Weisungen auch in der Zuteilung der ihm nicht bekannten PatientInnen durch B. Ebenso bedurften Inhalt, Durchführung, Dauer und Dokumentation der geschuldeten fachgerechten Pflege nach Auftragserteilung der näheren Konkretisierung. Seine Arbeitsleistung musste der Kläger im Wesentlichen nach Maßgabe der Pflegeplanung erbringen. Über die – von ihm zu beachtenden – Besonderheiten bei den jeweiligen PatientInnen wurde er von der jeweilig zuvor anwesenden Pflegekraft informiert. Hierzu und auch zur (verpflichtenden) Durchsicht der vor Ort vorhandenen Patientenakten reiste der Kläger nach seinen Angaben bei ihm unbekannten PatientInnen früher an. Über die jeweilige Schicht war eine Dokumentation zu führen, in der der Kläger den Verlauf und besondere Vorkommnisse sowie die erfolgte dauerhafte Überwachung mit z.B. Beatmungsparametern, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Temperatur einzutragen hatte. Ausdrücklich hat der Kläger auch hierzu selbst angegeben, hinsichtlich der Art und Weise, wie die Pflegedokumentation zu führen gewesen sei, „selbstverständlich“ Hinweise erhalten zu haben. Es sei auch „klar“ gewesen, dass eine durchgehende Dokumentation stattfinden müsse. Ebenfalls war – so der Geschäftsführer der B – vor jeder Schicht ein Gerätecheck durchzuführen. Benötigten die Geräte einfache Wartungsarbeiten, wie z.B. einen Filterwechsel, war auch dies vom Kläger vorzunehmen. Ebenso war er verpflichtet, rechtzeitig für die Nachbestellung von Sauerstoff beim Aufsteller-Unternehmer zu sorgen und generell auf das Vorhandensein aller notwendigen Hilfsmittel zu achten.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger sicherlich im Rahmen der Durchführung der von ihm erbrachten Pflegeleistungen weitgehend eigenständig gearbeitet hat. Im Schwerpunkt der Leistungserbringung selbst unterschied sich seine Tätigkeit aber – wie auch vom Geschäftsführer der B ausdrücklich bestätigt – nicht von derjenigen der fest angestellten Pflegekräfte, die im Rahmen der jeweiligen Pflegevorgabe entsprechende eigene Entscheidungen treffen konnten. Die Freiheiten, die Arbeitgeberweisungen belassen, hat (auch) der Arbeitnehmer kraft seines in der Ausbildung und während der nachfolgenden Berufspraxis erworbenen Könnens zu füllen. Die gelungene Umsetzung einer (größeren Raum gewährenden) Arbeitsanweisung unterscheidet dabei den guten vom schlechten, nicht jedoch den abhängig beschäftigten vom selbstständigen Mitarbeiter. Eine allein (partielle) Gestaltungsbefugnis in der Art und Weise der Verrichtung führt regelmäßig nicht zur Selbstständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit. Eine – üblicherweise vom Arbeitgeber gewünschte, hier sogar in Nr. 5 des Rahmenvertrags geforderte – eigenständige Arbeitsweise ist kein Synonym für eine zur Versicherungsfreiheit führende Selbstständigkeit und darf mit dieser nicht verwechselt werden (vgl. Beschluss des erkennenden Senats v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 80; Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17; Urt. v. 14.06.2019 – L 8 BA 12/18 B ER – juris Rn. 23 m.w.N.).
Im Übrigen kann eine Dienstleistung höherer Art auch bei einem weitgehenden Fehlen fachlicher Weisungen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen „zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" und kann – insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten – aufs Stärkste eingeschränkt sein. Diese Grundsätze kommen auch auf ausgebildete Fachkräfte in verantwortungsvollen und von Eigenverantwortlichkeit geprägten Tätigkeiten wie der Pflege zur Anwendung (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 25; Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 6/20 R – juris Rn. 25; Urt. v. 07.06.2019 – B 12 R 6/18 R – juris Rn. 28). Auch in typischen Arbeitsverhältnissen werden Arbeitnehmern immer mehr Freiheiten zur zeitlichen, örtlichen und teilweise auch inhaltlichen Gestaltung ihrer Arbeit eingeräumt. Werden insoweit lediglich Rahmenvorgaben vereinbart, spricht dies erst dann für Selbstständigkeit, wenn die Tätigkeit durch typische unternehmerische Freiheiten geprägt ist, die dem Betroffenen eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken erlauben (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 18). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind daher erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsleben zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 31 m.w.N.). Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen vom Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt (vgl. Senatsbeschl. v. 14.06.2019 – L 8 BA 12/18 B ER – juris Rn. 25 ff. m.w.N.). Vorliegend erhielt die Tätigkeit des Klägers ihre klare Prägung durch den von B betriebenen Pflegedienst, der seinerseits die Pflegeleistungen im vorgegebenen engen Rahmen des Leistungserbringungsrechts und der ärztlichen Verordnungen erbringen musste und auch erbracht hat. Ins Gewicht fallende Freiheiten des Klägers hinsichtlich seiner einzelnen Dienste (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 32), die diesem trotz der bestehenden Bindungen (gleichwohl) eine Steigerung seines Verdienstes ermöglicht hätten, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die streitige Tätigkeit des Klägers darüber hinaus auch ungeachtet des Umfangs seiner Weisungsgebundenheit als Beschäftigung zu beurteilen ist. Die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen (vgl. BSG Urt. v. 13.12.2022 – B 12 KR 16/20 R – juris Rn. 21). Entsprechend genügt es (auch), wenn die Tätigkeit – wie hier (vgl. dazu unter (2)) – eingegliedert in den Betrieb des Arbeitgebers erfolgt.
(2) Der Kläger war in die fremde Arbeitsorganisation der B eingegliedert.
Gegenüber den zu pflegenden Personen kam er keinen eigenen vertraglichen Verpflichtungen nach, da er selbst mit diesen keine Verträge geschlossen hat. Vielmehr wurde er bei deren Behandlungen „lediglich“ als Erfüllungsgehilfe tätig (vgl. BSG Urt. v. 14.3.2018 – B 12 KR 12/17 R – juris Rn. 33). Er war insofern Teil des Personaltableaus der B (vgl. Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 87; Urt. v. 30.08.2017 – L 8 R 962/15 – juris Rn. 70).
Auch der Umstand, dass der Kläger immer dann für B tätig geworden ist, wenn ihre eigenen Kapazitäten nicht reichten, spricht für abhängige Beschäftigung, da Tätigkeiten verrichtet wurden, die üblicherweise von Angestellten verrichtet werden (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 32). So setzte B nach den Angaben ihres Geschäftsführers zu ca. 90% angestellte Pflegekräfte und bei „Engpässen“ den Kläger sowie weitere „selbstständige“ Pflegekräfte ein. Ein Unterschied in der Ausübung deren Tätigkeiten ist vom Geschäftsführer der B bei seiner Befragung – wie bereits ausgeführt – ausdrücklich dem Grunde nach verneint worden. Es sei beim Einsatz letzterer um die größere Flexibilität gegangen und man habe eine geringere Einarbeitungszeit erwartet.
Die Pflegeleistungen hat der Kläger – wie ebenfalls bereits dargelegt – nach Maßgabe der Pflegeplanung erbracht. Dies erfolgte im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit den anderen MitarbeiterInnen der B. Der Kläger war dabei insbesondere über den Dienstplan in die Arbeitsabläufe des Pflegedienstes in „funktionsgerecht dienender Teilhabe" eingegliedert (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 27; Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 6/20 R – juris Rn. 27). Zwar wurde er erst nach Auftragsannahme Teil des von B aufgestellten Dienstplans. Dann war er jedoch an diesen ebenso gebunden wie die bei B beschäftigten Pflegekräfte, an deren Schichten und Tätigkeiten er anknüpfte. Er wurde zum „Teil einer Kette" von Pflegepersonen, die sich um die auf eine 24-Stunden-Intensiv- bzw. Beatmungspflege angewiesenen Patienten zu kümmern hatten. Zum Schichtwechsel war jeweils eine Übergabe mit der übergebenden bzw. übernehmenden Pflegekraft erforderlich, damit gesundheitliche Besonderheiten beim kommenden Dienst berücksichtigt werden konnten.
Die Eingliederung des Klägers zeigt sich weiter darin, dass der gesamte organisatorische Rahmen vom Erstkontakt zu den ihm unbekannten PatientInnen bis zur Archivierung der Pflegedokumentation sowie einschließlich der Vergütung in der Hand der B lag. Eine unmittelbare Abrechnung zwischen dem Kläger und den PatientInnen bzw. den Kostenträgern fand hingegen nicht statt. Vielmehr stellte er seine Rechnungen (lediglich) an B, die diese auch (selbst) beglich.
Dass eine enge Abstimmung innerhalb der Pflegekette, die Einbindung in den von B erstellten Dienstplan fachlich und nach den regulatorischen Vorgaben notwendig war, führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, diesen Aspekt bei der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung außer Acht zu lassen ist. Denn für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, sind – worauf der Kläger auch selbst hingewiesen hat – stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts notwendig. Bei der gebotenen Gesamtabwägung sind sämtliche, d.h. auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften oder eine öffentlich-rechtliche Aufgabenwahrnehmung bedingt sind oder auf sonstige Weise "in der Natur der Sache" liegen. Ihnen ist nach der Rechtsprechung zwar nicht zwingend eine entscheidende Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung beizumessen; umgekehrt ist eine abhängige Beschäftigung aber auch nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil sich bestimmte Weisungsrechte oder Vorgaben aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben oder ihr innewohnen. Indizwirkung gegen eine Beschäftigung und für eine selbstständige Tätigkeit besteht vielmehr dann, wenn bei Verrichtung der Tätigkeit eine Weisungsfreiheit verbleibt, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet. Umgekehrt können Umstände "aus der Natur der Sache" auch für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 33 f.).
Vorliegend ist mit besonderem Gewicht für eine abhängige Beschäftigung zu würdigen, dass die Tätigkeit des Klägers innerhalb des von B geführten Pflegedienstes den regulatorischen Rahmenbedingungen des SGB XI entsprechen musste. Die gesetzlichen Qualitätsanforderungen erfordern einen so hohen Organisationsgrad, dass im Regelfall die Eingliederung von Pflegefachkräften in die Organisations- und Weisungsstruktur des ambulanten Pflegedienstes ebenso wie bei stationären Pflegeeinrichtungen naheliegt (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 30; Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 6/20 R – juris Rn. 30). So muss gem. § 71 Abs. 1 SGB XI bei ambulanten Pflegediensten – wie nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI bei stationären Pflegeheimen – die Pflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft stehen. Dies bedeutet, dass eine entsprechend qualifizierte Pflegefachkraft die Gesamtverantwortung für die pflegerische Versorgung tragen und auch wirksam wahrnehmen können muss. Das ist der Fall, wenn die verantwortliche Pflegefachkraft die Pflegeleistungen für jeden betreuten Pflegebedürftigen zumindest in den Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und ihre Umsetzung angemessen kontrolliert. Notwendig ist eine Steuerung, Anleitung, Koordination und Kontrolle der Pflegeleistungen auf der Grundlage eines in jedem Einzelfall gesondert zu erhebenden Bedarfs. Diese pflegerische Gesamtverantwortung muss von der Pflegefachkraft ständig wahrgenommen werden (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 29; Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 6/20 R – juris Rn.29). So liegt der Fall – wie dargelegt – auch hier. Nach den tatsächlichen Umständen trug die von B bestimmte Pflegeleitung die Gesamtverantwortung für die auf eine 24-Stunden-Pflege angewiesenen PatientInnen. Sie stellte die Koordination der Pflegekräfte, die Grundzüge der Pflege sowie die Kontrolle der Pflegeleistungen durch die Pflegedokumentation sicher. Dadurch sorgte sie für eine den gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen genügende Umsetzung der zu gewährleistenden Pflegeansprüche.
(3) Gesichtspunkte, die eine Selbstständigkeit des Klägers nahelegen, sind im Wesentlichen nicht vorhanden.
Weder verfügte er im Rahmen der hier zu beurteilenden Tätigkeit über eine eigene Betriebsstätte noch trug er ein unternehmerisches Risiko. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 31.03.2017 – B 12 KR 16/14 R – juris Rn. 33 m.w.N.), denen sich der Senat in seiner ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat (vgl. z.B. Senatsurt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn. 38; Senatsurt. v. 29.01.2020 – L 8 BA 153/19 – juris Rn. 64 m.w.N.), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 31.03.2017 – B 12 KR 16/14 R – juris Rn. 33; BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 36).
Seine Arbeitskraft musste der Kläger angesichts der vertraglich vereinbarten Gegenleistung in Form einer Stundenvergütung von 25 Euro nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen. Eigene Arbeitsmittel hat er bei der Ausübung der streitigen Tätigkeit nicht in nennenswertem Umsatz genutzt. Vielmehr wurden die für die jeweiligen PatientInnen notwendigen (kostenintensiven) Geräte einschließlich der Verbrauchsmaterialien auf Veranlassung der Krankenhäuser bereitgestellt und Medikamente bzw. Spritzen von den Apotheken nach ärztlicher Verordnung geliefert. Demgegenüber kommt den dem Kläger entstandenen eigenen Kosten wie etwaigen Unterkunftskosten, Arbeitskleidung und geringfügigen Materialanschaffungen nur eine weit untergeordnete Bedeutung zu.
Der Kläger verfügte auch nicht über eigene Beschäftigte, die die Pflegeleistungen für ihn hätten übernehmen können und damit auch nicht über eine betriebliche Infrastruktur und ein entsprechendes Unternehmerrisiko in personeller Hinsicht. Vielmehr hat der Kläger seine Tätigkeit für B arbeitnehmertypisch höchstpersönlich erbracht. Eine – indiziell für Selbstständigkeit sprechende – Pflicht, im Verhinderungsfall eine Ersatzkraft zu stellen, bestand für ihn nicht (vgl. BSG Urt. v. 22.06.2005 – B 12 KR 28/03 R – juris Rn. 29). Soweit ihm nach Ziff. 3 des Rahmenvertrags eine Delegationsbefugnis eingeräumt war, kommt diesem Umstand keine relevante Bedeutung zu, da er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Im Übrigen kann eine eingeräumte Delegationsbefugnis, die tatsächlich nicht genutzt wird, allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 34 m.w.N.). Dies ist hier im Hinblick darauf, dass dem Kläger selbst keine eigenen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung standen, nicht ersichtlich und von ihm auch nicht vorgetragen worden. Vielmehr hat er mitgeteilt, die Verantwortung für (eigene) Mitarbeiter nicht habe übernehmen zu wollen.
Soweit dem Kläger eine Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub nicht gewährt worden ist, hat dieser Umstand statusrechtlich keine eigenständige Bedeutung. Vertragsklauseln bzw. vertragliche Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, lassen, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu. Darüber hinaus haben sie bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung. Vielmehr setzen derartige Regelungen bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R – juris Rn. 29 m.w.N.) und sind daher eher Folge einer rechtsirrigen Statuseinschätzung als Indiz für eine solche. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (vgl. z.B. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 27; Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 111; Urt. v. 29.01.2020 – L 8 BA 153/19 – juris Rn. 68; Urt. v. 14.08.2019 – L 8 R 456/17 – juris Rn. 84).
Auch die Tätigkeit des Klägers für weitere Auftraggeber vermag hier kein relevantes Indiz für eine Selbstständigkeit darzustellen. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber kann Indiz für eine erhebliche Dispositionsfreiheit sein, wenn die Tätigkeit für andere Auftraggeber in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt; das gilt aber nicht, wenn die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als – wie hier – für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (vgl. BSG Urt. v 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R – juris Rn. 30 m.w.N.; Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 39; Urt. v. 07.06.2019 – B 12 R 6/18 R – juris Rn. 33; Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 112 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 14.03.2022 – L 8 BA 110/21 – juris Rn. 52).
Dass der Kläger – anders als stationäre Pflegekräfte – nicht in der Betriebsstätte eines Pflegeheims tätig geworden ist, sondern (überregional) ambulant Hausbesuche wahrgenommen hat, widerlegt ebenfalls nicht seine Eingliederung. Denn darauf, dass der Betroffene eine Tätigkeit in einer konkreten Betriebsstätte eines Arbeitgebers ausübt, kommt es für die Bejahung von Beschäftigung nicht an, solange die zu beurteilende Tätigkeit insgesamt im Wesentlichen fremdbestimmt organisiert wird (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 29).
(4) Angesichts des Umstandes, dass sich die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV gesetzlich ausdrücklich hervorgehobenen ("insbesondere") Kriterien für eine abhängige Beschäftigung, eine Weisungsgebundenheit und Eingliederung, feststellen lassen und der Kläger im Streitzeitraum weder über eine eigene Betriebsstätte verfügt noch ein maßgebliches unternehmerisches Risiko getragen hat, sprechen alle wesentlichen Abgrenzungskriterien für eine abhängige Beschäftigung und damit gegen eine selbstständige Tätigkeit. Die (hier marginal) für Selbstständigkeit sprechenden Gesichtspunkte sind von sehr geringer Relevanz. Das Vorliegen der für Beschäftigung sprechenden Hauptkriterien kann damit in keiner Weise aufgewogen werden.
Eine Selbstständigkeit des Klägers lässt sich demzufolge auch nicht dadurch begründen, dass dies von ihm und B (bzw. der Y. als ihrer Rechtsvorgängerin) so gewünscht war. Der Wille der Beteiligten kann generell nur dann von Bedeutung sein, wenn der Abwägungsprozess kein Überwiegen von Gesichtspunkten für den einen oder den anderen Status ergibt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R – juris Rn. 13 m.w.N.). Der sozialversicherungsrechtliche Status unterliegt keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (vgl. z.B. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 37 m.w.N.; Senatsurt. v. 22.06.2020 – L 8 BA 78/18 – juris Rn. 68 m.w.N.). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 12 m.w.N.; Senatsurt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn. 30 m.w.N.). Aus diesen ergibt sich – wie dargelegt – gerade nicht die von den Vertragspartnern beabsichtigte Selbstständigkeit.
bb. Die Voraussetzungen von Versicherungsfreiheitstatbeständen sind nicht erfüllt.
Hinweise auf das Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung (§ 8 Abs. 1 SGB IV) oder das Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), die zum Ausschluss der Versicherungspflicht führen könnten, sind weder erkennbar noch geltend gemacht.
Versicherungsfreiheit im Recht der Arbeitsförderung wegen der Ausübung einer unständigen Beschäftigung nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III besteht ebenfalls nicht. Eine unständige Beschäftigung setzt gem. § 27 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 SGB III voraus, dass die Beschäftigung auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt gewesen ist. Sie kommt dann nicht in Betracht, wenn von Beginn der Beschäftigung an feststeht, dass sich die Arbeitseinsätze für den Arbeitgeber wiederholen sollen, insbesondere wenn dies – wie hier – vorher in einem Rahmenvertrag festgelegt wurde (vgl. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 KR 17/16 R – juris Rn. 20).
Auch eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 6 Abs. 3a SGB V scheidet aus. Nach § 6 Abs. 3a S. 1 SGB V sind Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Vorliegend war der Kläger zwar zum Zeitpunkt der Aufnahme seiner „freiberuflichen“ Tätigkeit im März 2010 bereits 55 Jahre alt, erfüllte jedoch nicht die weitere Voraussetzung einer gesetzlichen Versicherung in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht. Ausweislich des von ihm eingereichten Lebenslaufs war der Kläger vor 2010 als Angestellter im Bereich der Heimbeatmung tätig war und unterlag damit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim
Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel
einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
- jeder Rechtsanwalt,
- Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
- selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
- berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
- Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
- juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.
In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.
Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).