L 9 BA 13/20

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 BA 322/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 BA 13/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Ist ein Tourguide in das unternehmerische Konzept des Auftraggebers in der Weise eingebunden, dass er die Teilnehmer der vom Auftraggeber beworbenen Touren in einer vorgegebenen Reihenfolge von einer Verkostungsstation zur nächsten führt und trägt der Tourguide kein nennenswertes Unternehmerrisiko, ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen, auch wenn der Tourguide die Möglichkeit hat, die Routen und Inhalte der Touren zwischen den Verkostungsstationen individuell zu gestalten.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2020 aufgehoben.

Die Klage gegen den Bescheid vom 5. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2018 wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1 in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als Tourguide in der Zeit vom 13. Oktober 2017 bis zum 8. Februar 2020 abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

Die Klägerin bietet in verschiedenen Städten kulturell-kulinarische Stadtführungen an, deren Besonderheit es ist, dass die Teilnehmer bei Gastronomiebetrieben Station machen und dort verköstigt werden. Für Bereiche wie Marketing, Akquise kulinarischer Partner und Qualitätsmanagement sind bei der Klägerin angestellte Mitarbeiter zuständig. Für die Durchführung der Stadtführungen greift die Klägerin auf lokale Tourguides wie die Beigeladene zu 1 zurück. Im Jahr 2019 waren 560 Tourguides und 83 angestellte Mitarbeiter bei der Klägerin tätig.

Am 5. September 2017 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 einen „Vertrag über freie Mitarbeit“, der unter anderem folgende Regelungen enthielt:

§ 1 Tätigkeit

Der freie Mitarbeiter übernimmt ab 28. August 2017 die Aufgaben eines Tourguides in M mit den folgenden Tätigkeiten: Durchführung der kulturell-kulinarischen Stadtführungen.

§ 2 Weisungsfreiheit

Dem freien Mitarbeiter wird das Wahlrecht zuerkannt, ob er den Auftrag annimmt oder ablehnt. Gegenüber den anderen Angestellten der Firma hat der freie Mitarbeiter keine Weisungsbefugnis. Der freie Mitarbeiter ist in der Gestaltung seiner Arbeit frei unter Beachtung bestimmter Kriterien. Maßgeblich für seine Arbeit ist der jeweilige Auftrag. (…)

§ 4 Arbeitszeit/Konkurrenz/Verschwiegenheit/Datengeheimnis

Im Übrigen unterliegt der freie Mitarbeiter in der Ausgestaltung seiner Arbeitszeit keinen Einschränkungen. Er darf auch für andere Auftraggeber tätig sein, mit der Ausnahme unmittelbarer Konkurrenzfirmen. (…)

§ 5 Einarbeitung

Der freie Mitarbeiter nimmt an der folgenden Einarbeitung teil

  1. Eine Mitgehtour (mit Essen)
  2. Eine Mitgehtour (ohne Essen)
  3. Ein Einzeltraining
  4. Probetour
  5. Regelmäßige Tourguide-Treffen (alle 3 Monate)

Die Einarbeitung und Tourguide-Treffen werden nicht vergütet.

§ 6 Vergütung

Das an den freien Mitarbeiter zu zahlende Honorar ergibt sich aufgrund eines Stundensatzes von 15,00 EUR (bei Umsatzsteuerpflicht zzgl. Umsatzsteuer). Nach einem Jahr selbständiger Tätigkeit für den Auftraggeber erhöht sich der Stundenlohn von 15,00 EUR auf 16,50 EUR. Die Vergütung ist innerhalb von 5 Arbeitstagen nach dem Ende des jeweiligen Monats unter Angabe der Arbeitszeit, dem Arbeitsthema und dem Umfang der Arbeit abzurechnen. (…)

§ 7 Sonstige Ansprüche/Versteuerung

Mit der Zahlung der in § 6 vereinbarten Vergütung sind alle Ansprüche des freien Mitarbeiters gegen den Auftraggeber aus diesem Vertrag erfüllt. (…)

§ 10 Haftung

Wer schuldhaft und ohne wichtigen Grund den Auftrag nicht durchführt oder nicht erscheint, ist zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe des doppelten Stundensatzes verpflichtet, bzw. trägt die Kosten des entstandenen Schadens. (…)

§ 14 Sonstiges

Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. (…)

Hinsichtlich des übrigen Inhalts des Vertrags vom 5. September 2017 wird auf Bl. 7-9 der Verwaltungsakte verwiesen.

Am 10. Oktober 2017 stellte die Beigeladene zu 1 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich der Tätigkeit als Tourguide.

Ab dem 13. Oktober 2017 war die Beigeladene zu 1 für die Klägerin als Tourguide in M N und M S tätig. Nach dem 8. Februar 2020 fanden keine Einsätze mehr statt.

Die Einsätze kamen so zustande, dass die Beigeladene zu 1 mögliche Termine für Touren in ein Onlinetool der Klägerin eingab. Anschließend wurden ihr einzelne Termine bestätigt. Mithilfe des Onlinetools erfuhr die Beigeladene zu 1 die Startzeit der Tour und die Namen und die Anzahl der Teilnehmer. Zu Beginn der Touren stellte die Beigeladene zu 1 die Anwesenheit der Teilnehmer anhand einer ihr von der Klägerin zur Verfügung gestellten Liste fest. Im Verlauf der Führungen kehrte die Beigeladene zu 1 mit den Teilnehmern in Lokalen ein und es wurden dort Spezialitäten verkostet. Die Teilnehmer bezahlten die Touren direkt bei der Klägerin. Der Treffpunkt, die ungefähre Dauer der Führungen, die Verkostungsstationen und deren Reihenfolge wurden von der Klägerin vorgegeben. Die Klägerin stellte Tourenskripte für die Beigeladene zu 1 mit Angaben zur Stadtgeschichte zur Verfügung. Die Skripte enthielten auch Bitten wie „Auf die spielerische Art mitteilen, dass es einen Zeitplan einzuhalten gilt […] Kostproben stehen pünktlich für Sie bereit.

Es schmeckt also am besten, wenn wir pünktlich ankommen“ oder „Man hat ca. 10 Minuten Zeit pro Station, nicht gleich Getränke bestellen, sondern fragen, wie das aktuell zeitlich aussieht“. Zudem wurden hinsichtlich des Endes der Führungen in den Skripten folgende Hinweise gegeben: „Hinweis auf Daten der Partner in der Broschüre“, „Verteilung Flyer mit Hinweis auf unsere anderen Stadttouren“, „Bitte um Feedback über unsere Internetseite e“, „Hilfestellung beim Rückweg / Anschluss ÖPNV etc.“

Die inhaltlichen Schwerpunkte der Führung konnte die Beigeladene zu 1 selbst bestimmen. Sie konnte nach ihren eigenen Vorstellungen zum Beispiel geschichtliche, kulinarische, architektonische oder politische Aspekte hervorheben. Auch der Streckenverlauf zwischen den Verkostungsstationen war für die Beigeladene zu 1 frei wählbar. Sie konnte selbst entscheiden, zu welchen Sehenswürdigkeiten sie die Teilnehmer zwischen den Stationen führt. Arbeitsmaterialien wie Fotos zur Illustration brachte sie selbst mit. Zur Vorbereitung der Touren kaufte die Beigeladene zu 1 Bücher, las regelmäßig lokale Zeitungen und informierte sich über den Kulturgeschichtspfad der Stadt M. Während der Führungen trug die Beigeladene zu 1 ein Namensschild mit dem Logo der Klägerin. Ihren Stundenlohn rechnete die Beigeladene zu 1 monatlich gegenüber der Klägerin ab (z.B. Rechnung vom 4. November 2017 über 135 Euro für 3 Führungen in M N). Die Beigeladene zu 1 führte im Schnitt etwa drei Touren pro Monat durch.

Am 4. Dezember 2017 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Oktober 2017 durch. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die stichprobenweise Überprüfung der vorgelegten Unterlagen und Aufzeichnungen der von der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Beanstandungen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflicht im Sinne der Sozialversicherung ergeben hätten.

Im Statusfeststellungsverfahren teilte die Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2018 nach Anhörung mit, dass die Prüfung ergeben habe, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 als Tourguide bei der Klägerin seit dem 13. Oktober 2017 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Die Versicherungspflicht beginne mit der Bekanntgabe des Bescheides. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung wegen Geringfügigkeit. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Die Beigeladene zu 1 habe keine unternehmerischen Chancen. Sie erbringe die Leistung im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers. Zwischen den Kunden und der Beigeladenen zu 1 bestünden keine vertraglichen Beziehungen. Die Beigeladene zu 1 habe sich dem einseitig vorgegebenen Vertragswerk des Auftraggebers zu unterwerfen. Bei Annahme eines Auftrags habe sie die vorgegebenen Rahmenbedingungen zu beachten. Es bestehe Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, weil die Beschäftigung nur geringfügig entlohnt ausgeübt werde. In der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht bestehe Versicherungspflicht. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht seien erfüllt. Die Versicherungspflicht beginne daher mit dem Tag der Bekanntgabe der Entscheidung am 8. März 2018.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit folgender Begründung: Die Beigeladene zu 1 übe eine selbständige Tätigkeit aus. Sie unterliege keinen Weisungen. Die Beigeladene zu 1 könne frei entscheiden, ob und wann sie Stadtführungen für die Klägerin durchführe. Sie setze eigene inhaltliche Schwerpunkte. Der prägende Teil der von ihr erbrachten Dienstleistung werde von ihr durch eigenes Wissen und selbst erstellte Führungskonzepte gestaltet. Die von der Klägerin gemachten Vorgaben zu Treffpunkt, Uhrzeit und den kulinarischen Partnern seien bloßen Sachzwängen geschuldet. Für eine selbständige Tätigkeit reiche es aus, dass die Tätigkeit im Wesentlichen frei gestaltet werden könne.

Die Vorgabe der Verkostungsstationen sei erforderlich, weil der typische Tourteilnehmer vor einer Buchung wissen wolle, welche ungefähre Leistung er erwarten könne. Die Beigeladene zu 1 sei auch nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert. Die Tätigkeit als Stadtführerin sei klar von den betrieblichen Tätigkeiten der Klägerin abgrenzbar. Die Beigeladene sei in administrative Vor- und Nachbereitungen der Stadtführungen nicht involviert und es komme auch sonst nicht zu einem arbeitsteiligen Tätigwerden mit anderen Mitarbeitern der Klägerin. Die bloße Inanspruchnahme einer fremden Betriebsorganisation genüge nicht, die für eine abhängige Beschäftigung erforderliche Eingliederung zu begründen, und zwar auch dann nicht, wenn diese Inanspruchnahme für die Ausübung der vom Auftragnehmer übernommenen Dienstleistung notwendig sei. Die Beigeladene zu 1 erhalte zwar ein Namensschild von der Klägerin. Deren Verwendung sei aber nicht verpflichtend. Das Namenschild diene allein der Erkennbarkeit des Tourguides. Auch insoweit handele es sich um einen Sachzwang. Im Übrigen nutze die Beigeladene zu 1 eigene Arbeitsmittel wie Ordner, Fotos und ein eigenes Mobiltelefon, um für die Tourteilnehmer erreichbar zu sein. Die Beigeladene zu 1 trage ein unternehmerisches Risiko. Ihr werde kein Mindesteinkommen garantiert. Es obliege allein ihr, durch persönliches Engagement und die Anzahl der Stadtführungen die Höhe ihres Einkommens zu bestimmen. Sie könne auch Trinkgelder erwirtschaften und erhalte grundsätzlich nur dann ein Honorar, wenn sie ihre Arbeitsleistung auch erbracht habe. Wenn sie schuldhaft und ohne wichtigen Grund eine von ihr übernommene Tour nicht durchführe, müsse sie eine Vertragsstrafe zahlen. Die Beigeladene zu 1 sei auch nicht wirtschaftlich abhängig von der Klägerin. Sie erziele nur geringe Einkünfte durch die Tätigkeit bei der Klägerin. Daneben beziehe sie ein Jahreseinkommen von einem Arbeitgeber, das über der allgemeinen Jahresentgeltgrenze liege. Die Einordnung als selbständige Tätigkeit entspreche dem Willen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und den Urteilen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 2015, L 11 R 5165/13, und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2011, L 1 KR 206/09.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2018 zurück.

Am 16. August 2018 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 einen neuen „Vertrag über freie Mitarbeit“, der unter anderem folgende Regelungen enthielt:

Präambel

Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Arbeitsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.

§ 1 Tätigkeit

Der freie Mitarbeiter übernimmt ab 01.09.2018 die Tätigkeit eines Tourguides in M (…) mit der folgenden Aufgabe: eigenständige Durchführung von kulturell-kulinarischen Stadtführungen.

§ 2 Weisungsfreiheit/Erfüllungsgehilfen/Mitteilung der Verhinderung

  1. Dem freien Mitarbeiter wird das Wahlrecht zuerkannt, ob er einzelne vom Auftraggeber angebotene Aufträge zur Durchführung von kulturell-kulinarischen Stadtführungen annimmt oder ablehnt. Gegenüber den anderen Angestellten des Auftraggebers hat der freie Mitarbeiter keine Weisungsbefugnis. Der freie Mitarbeiter ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei. Maßgeblich für seine Tätigkeit ist der jeweilige Auftrag. Er unterliegt bei der Durchführung des Auftrags keinerlei Weisungen des Auftraggebers, welche über den Auftrag selbst hinausgehen.
  2. Der freie Mitarbeiter kann für die Durchführung von Aufträgen Erfüllungsgehilfen einsetzen.
  3. Eine Verpflichtung des Auftraggebers, dem freien Mitarbeiter die Durchführung von kulturell-kulinarischen Stadtführungen anzubieten, besteht nicht.
  4. Nimmt der freie Mitarbeiter einen Auftrag an, ist er aber an der Durchführung des Auftrags verhindert, so hat er dies unverzüglich dem Auftraggeber mitzuteilen. (…)

§ 4 Wettbewerbsverbot

  1. Der freie Mitarbeiter kann während der Laufzeit dieses Vertrages unter Beachtung der in den Absätzen 2 und 3 enthaltenen Regelungen für Dritte tätig sein.
  2. Während der Laufzeit dieses Vertrages ist es dem freien Mitarbeiter untersagt, in selbständiger oder unselbständiger Weise für einen Dritten oder auf eigene Rechnung im Einsatzort Stadtführungen anzubieten oder durchzuführen, in denen Restaurants, Bars, andere Gastronomiebetriebe oder Betriebe, die Lebensmittel oder Genussmittel vertreiben, als Bestandteil der Stadtführung aufgesucht werden. (…)

§ 5 Probetouren

  1. Es besteht für den freien Mitarbeiter zur Vorbereitung seiner Tätigkeiten die Möglichkeit, an 1. einer Mitgehtour (mit Essen), 2. einer Mitgehtour (ohne Essen), 3. einem Einzeltraining, 4. einer Probetour teilzunehmen.

    Nimmt der freie Mitarbeiter diese Möglichkeit wahr, so ist dies für den freien Mitarbeiter kostenpflichtig. Die Kosten hierfür belaufen sich auf insgesamt EUR 65,00 brutto.

  1. Darüber hinaus kann der freie Mitarbeiter freiwillig an Tourguide-Treffen teilnehmen, die ca. alle 3 Monate stattfinden. Eine Pflicht zur Teilnahme an den Tourguide-Treffen besteht nicht.

§ 6 Honorar, Fälligkeit

  1. Das an den freien Mitarbeiter zu zahlende Honorar ergibt sich aufgrund einer Tourpauschale von EUR 50,00 brutto (bei Umsatzsteuerpflicht zzgl. Umsatzsteuer) für eine normale Tour (Besuch von mindestens fünf kulinarischen Partnern) und für eine verkürzte Tour (Besuch von drei kulinarischen Partnern) liegt die Tourpauschale bei EUR 33,00 brutto. Nach einem Jahr selbständiger Tätigkeit für den Auftraggeber erhöht sich die Tourpauschale für eine normale Tour von EUR 50,00 brutto auf EUR 55,00 brutto; für eine verkürzte Tour von EUR 33,00 auf EUR 37,00 brutto. (…)

§ 7 Sonstige Ansprüche/Versteuerung

  1. Mit der Zahlung des in § 6 vereinbarten Honorars sind alle Ansprüche des freien Mitarbeiters gegen den Auftraggeber aus diesem Vertrag erfüllt. Für die Versteuerung der Vergütung hat der freie Mitarbeiter selbst zu sorgen.
  2. Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange hat der freie Mitarbeiter selbst Sorge zu tragen. Gleiches gilt für eine etwa erforderliche Gewerbeanmeldung. (…)

§ 8 Vertragsstrafe/Schadensersatz

  1. Wird schuldhaft, entweder durch den freien Mitarbeiter [oder] durch einen seiner Erfüllungsgehilfen, ein Auftrag, welcher verbindlich angenommen wurde, nicht durchgeführt, ist der freie Mitarbeiter zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe der doppelten Tourpauschale im Sinne des § 6 Absatz 1 dieses Vertrages verpflichtet. (…)

§ 12 Sonstige Zusicherungen des freien Mitarbeiters

Der freie Mitarbeiter sichert zu, dass er wirtschaftlich nicht von der E abhängig ist. (…)

Hinsichtlich des übrigen Inhalts des Vertrags vom 16. August 2018 wird auf Bl. 141-142R der Verwaltungsakte verwiesen.

Am 31. August 2018 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 5. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2018 erhoben. Sie hat beantragt festzustellen, dass die Beigeladene zu 1 in ihrer seit dem 13. Oktober 2017, hilfsweise ab dem 16. August 2018 ausgeübten Tätigkeit als Tourguide auch nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt. Zur Begründung hat sie ergänzend zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren geltend gemacht: Im Rahmen der Betriebsprüfung bei der Klägerin habe es keine Beanstandungen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflicht gegeben. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 als Tourguide weise alle Merkmale einer selbständigen Tätigkeit aus. Die Klägerin und die Beigeladene zu 1 hätten vertraglich klar zum Ausdruck gebracht, dass kein Beschäftigungsverhältnis begründet werde sollte. Eine selbständige Tätigkeit liege auch dann vor, wenn zwar die Ziele der Tätigkeit durch Regeln und Normen vorgegeben seien, die Art und Weise der Zielerreichung aber allein dem Auftragnehmer überlassen würden. Die Vorgaben zur Uhrzeit, zum Treffpunkt sowie zu den Verkostungsstationen seien lediglich generell-abstrakter Natur und Sachzwängen geschuldet. Interessenten müssten darüber informiert werden, wann und wo eine Stadtführung stattfinde. Die Vorgabe der Verkostungsstationen sei erforderlich, weil Teilnehmer wissen wollten, welche ungefähre Leistung sie erwarten könnten. Der wesentliche Bestandteil der Dienstleistung bestehe darin, die Tour zwischen den Verkostungsstationen auszugestalten. Die Beigeladene zu 1 sei im Rahmen des Vertrags über freie Mitarbeit zur Übernahme einzelner Stadtführungen nicht verpflichtet. Die Beigeladene zu 1 sei nicht in die Organisation der Klägerin eingegliedert. Sie zeige der Klägerin gegenüber nur an, in welchen Zeiträumen sie Touren übernehmen könne und ob sie angebotene Touren ablehne. In weitere administrative Vor- und Nachbereitungen der Stadtführungen sei sie nicht involviert und es komme auch im Übrigen zu keinem arbeitsteiligen Tätigwerden mit anderen Mitarbeitern.

Die Aushändigung des Namensschilds diene der Erkennbarkeit und sei ebenfalls Ausdruck eines Sachzwangs. Die Beigeladene zu 1 trage auch ein typisches Unternehmensrisiko. Sie trage das Risiko, dass keine oder wenige Stadtführungen angeboten würden und das Risiko einer Vertragsstrafe und der Haftung für Schäden. Sie könne den Einsatz ihrer Arbeitskraft selbst steuern und dadurch ihr Einkommen regulieren. Dass die Beigeladene zu 1 selbständig tätig sei, folge auch aus dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2019, L 10 BA 1824/18.

Dem ist die Beklagte mit Verweis auf die Gründe des Widerspruchsbescheides entgegengetreten. Der neue Vertrag ab dem 1. September 2018 ändere nichts an der Beurteilung der Tätigkeit.

Mit Urteil vom 14. Januar 2020 (berichtigt durch Beschluss vom 10. Februar 2020) hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2018 geändert. Es hat festgestellt, dass die Beigeladene zu 1 in ihrer seit dem 13. Oktober 2017 ausgeübten Tätigkeit als Tourguide für die Klägerin auch nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliege. Die Tätigkeit werde nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Maßgeblich sei, dass die von der Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Oktober 2017 durchgeführte Betriebsprüfung zu keinen Beanstandungen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflicht geführt habe, dass die Beteiligten übereinstimmend gerade kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, sondern ein freies Mitarbeiterverhältnis hätten begründen wollen und dass die Beigeladene zu 1 den Schutz der Sozialversicherung nicht benötige. Für die Frage der Versicherungspflicht sei bei Rahmenvereinbarungen auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestünden. Dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1 frei habe entscheiden können, ob und wann sie eine Stadtführung durchführe, komme daher keine entscheidende Bedeutung zu. Die organisatorischen Vorgaben der Klägerin stellten keine Weisungen dar, sondern – nach Maßgabe des Urteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 2015, L 11 R 5165/13 – lediglich Sachzwänge. Auch sei das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2019, wonach eine Kursleiterin für Sportvereine weder weisungsunterworfen noch in eine fremde Betriebsordnung eingegliedert sei, auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Im Übrigen trage die Beigeladene zu 1 zwar kein unternehmerisches Risiko. Bei reinen Dienstleistungen, die wie im vorliegenden Fall im Wesentlichen nur Know-how sowie Arbeitszeit und -aufwand voraussetzten, sei aber unternehmerisches Tätigwerden nicht mit größeren Investitionen verbunden. Das Fehlen solcher Investitionen sei daher kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung.

Gegen das ihr am 27. Januar 2020 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat die Beklagte am 14. Februar 2020 Berufung eingelegt.

Mit Bescheid vom 20. April 2023 hat die Beklagte mitgeteilt, dass der Bescheid vom 5. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2018 dahingehend abgeändert und darauf beschränkt wird, dass die Beigeladene zu 1 in der Zeit vom 13. Oktober 2017 bis zum 8. Februar 2020 als Tourguide bei der Klägerin eine abhängige Beschäftigung ausübte. Zur Begründung hat die Beklagte in dem Bescheid ausgeführt, dass der Zeitraum der ausgeübten Tätigkeit begrenzt werde. Zudem erfolge eine Beschränkung auf die Feststellung des Erwerbsstatus abhängige Beschäftigung. Über die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung sei nach Maßgabe von § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der seit dem 1. April 2022 geltenden Fassung nicht mehr zu entscheiden.

In der mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2023 hat der Senat die Beklagte darauf hingewiesen, dass streitig ein vor dem 31. März 2022 vollständig abgeschlossener Sachverhalt sei und § 7a SGB IV in der seit dem 1. April 2022 geltenden Fassung daher nicht anwendbar sein dürfte. Die Beklagte hat den Bescheid vom 20. April 2023 daraufhin in der mündlichen Verhandlung aufgehoben.

Die Beklagte führt zur Begründung der Berufung aus: Eine nachvollziehbare Gesamtabwägung sei den Entscheidungsgründen des Urteils nicht zu entnehmen. Die beanstandungsfrei durchgeführte Betriebsprüfung sei ebenso wenig maßgeblich wie das individuelle Schutzbedürfnis der Beigeladenen zu 1.

 

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Sozialgericht habe zutreffend festgestellt, dass keine abhängige Beschäftigung vorliege. Es habe lediglich verkannt, dass es sich bei dem Vertrag über freie Mitarbeit um einen Dienstleistungsvertrag handele und nicht um einen Rahmenvertrag. Bei den wenigen Vorgaben der Klägerin handele es sich um Sachzwänge, die außer Betracht bleiben müssten. Die Beigeladene zu 1 habe im Schnitt nur 2,7 Touren pro Monat durchgeführt. Die Tourgestaltung sei sowohl in Bezug auf die Route als auch in Bezug auf den Inhalt je nach Tourguide individuell. Der vorliegende Sachverhalt sei auch nicht mit dem zu vergleichen, der dem Urteil des Senats vom 4. November 2020, L 9 KR 399/17, zugrunde liege.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen im Verhandlungstermin nicht erschienen sind. Sie sind auf diese Möglichkeit in den Ladungen hingewiesen worden.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

I. Die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig.

Gegenstand des Verfahrens sind das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts vom 14. Januar 2020 und der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2018. Mit dem Bescheid vom 5. März 2018 hat die Beklagte die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung hinsichtlich der Tätigkeit als Tourguide seit dem 13. Oktober 2017 und damit zeitlich unbegrenzt festgestellt. Diese Feststellung gilt daher nicht nur für den zeitlichen Geltungsbereich des ersten Mitarbeitervertrags vom 5. September 2017, sondern auch für den des zweiten Mitarbeitervertrags vom 16. August 2018 bis zum Ende der streitigen Tätigkeit am 8. Februar 2020.

Der Bescheid vom 5. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2018 ist Gegenstand des Verfahrens, obwohl dieser Bescheid zwischenzeitlich gemäß §§ 96, 153 SGG durch den Bescheid vom 20. April 2023 ersetzt wurde (vgl. zur Anwendbarkeit des § 96 in Statusfeststellungsverfahren Urteil des Senats vom 24. März 2010, L 9 KR 13/08, zitiert nach juris, Rn. 21). Denn die Beklagte hat den Bescheid vom 20. April 2023 in der mündlichen Verhandlung wieder aufgehoben. Durch die Aufhebung eines – als rechtswidrig erkannten – ersetzenden Verwaltungsaktes wird der ersetzte Verwaltungsakt wieder wirksam (vgl. Steinwedel, in: BeckOGK/Steinwedel, § 39 SGB X, Stand 1. Mai 2021, Rn. 21; Schneider-Danwitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 39 SGB X, Stand: 1. Dezember 2017, Rn. 45). Wegen dieser Rechtswirkung bleibt der ersetzte Verwaltungsakt in das Verfahren einbezogen (vgl. BSG, Urteil vom 22. November 2012, B 3 KR 19/11 R, zitiert nach juris, Rn. 20, 24 m.w.N.).  

II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid vom 5. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2018 ist rechtmäßig. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1 in ihrer seit dem 13. Oktober 2017 ausgeübten Tätigkeit als Tourguide für die Klägerin nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt.

Die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) statthafte Klage ist zulässig. Das Begehren festzustellen, dass ab dem 13. Oktober 2017, hilfsweise ab dem 16. August 2018, keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht, ist ausreichend bestimmt. Eine kalendermäßige Bestimmung der einzelnen Einsätze ist für die Feststellung der Versicherungspflicht im Statusfeststellungsverfahren grundsätzlich nicht erforderlich. Dies gilt auch für zurückliegende Zeiträume (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Juni 2022, L 4 BA 4/18, zitiert nach juris, Rn. 126). Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beigeladene zu 1 unterlag bei ihrer Tätigkeit für die Klägerin als Tourguide bis zum 8. Februar 2020 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung.

Dem kann die Klägerin nicht bereits entgegenhalten, dass die Betriebsprüfung bei ihr nach den Schreiben der Beklagten vom 4. Dezember 2017 keine Beanstandungen ergeben habe. Eine materielle Bindungswirkung kann sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch Verwaltungsakt festgestellt worden sind. Einer Prüfmitteilung wie im vorliegenden Fall, nach der die stichprobenweise durchgeführte Betriebsprüfung ohne Beanstandungen geblieben ist, kommt kein Regelungsgehalt zu (vgl. BSG, Urteile vom 18. Oktober 2022, B 12 R 7/20 R, zitiert nach juris, Rn. 13, sowie vom 19. September 2019, B 12 R 25/18 R, zitiert nach juris, Rn. 32). Daher gilt Folgendes:

Nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 KR 29/19 R, zitiert nach juris, Rn. 12) setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.

Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 KR 29/19 R, zitiert nach juris, Rn. 13 m.w.N.). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie z.B. vereinbaren, eine selbständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person – als selbständig oder beschäftigt – allein die Vertragsschließenden entscheiden.

Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019, B 12 R 11/18 R, zitiert nach juris, Rn. 24).

Bei Vertragsgestaltungen, in denen die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Außerhalb der Einzeleinsätze liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende „entgeltliche“ Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung besteht, Tätigkeiten für den Auftraggeber auszuüben, und dieser umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hat (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 KR 29/19 R, zitiert nach juris, Rn. 14).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die Indizien für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1.

Soweit der Beigeladenen zu 1 in den Verträgen vom 5. September 2017 und 16. August 2018 ein Wahlrecht eingeräumt wurde, Aufträge für Stadtführungen anzunehmen oder abzulehnen, spricht dies weder für eine abhängige noch für eine selbständige Tätigkeit. Daraus folgt vielmehr, dass die einzelnen Führungen individuell vereinbart wurden. Erst durch die Zusage der Beigeladenen zu 1 entstand eine rechtliche Verpflichtung, den zugesagten Dienst auch tatsächlich zu leisten. Bei Vertragsgestaltungen dieser Art ist für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (siehe oben). Die Freiheit, einen Auftrag ablehnen oder annehmen zu können, ist daher nicht ausschlaggebend (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2022, L 1 BA 7/21, zitiert nach juris, Rn. 42; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Januar 2022, L 4 BA 4153/19, zitiert nach juris, Rn. 44), ebenso wenig der Umstand, dass nur verhältnismäßig wenige Touren von der Beigeladenen zu 1 übernommen wurden.

Ebenfalls nicht maßgeblich ist die vertraglich eingeräumte Möglichkeit, für die Durchführung von Aufträgen Erfüllungsgehilfen einzusetzen (§ 2 Nr. 2 des Vertrages über freie Mitarbeit vom 16. August 2018). Die Befugnis zur Delegation allein ist kein entscheidendes Kriterium, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird und überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2017, L 11 R 2507/16 ZVW, zitiert nach juris, Rn. 59).

Des Weiteren ist bei der Würdigung der Einzelaufträge davon auszugehen, dass die Tätigkeit als Tourguide zu den maßgeblich durch persönliche Zuwendung und individuelle Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen des Dienstleisters geprägten Tätigkeiten gehört, die grundsätzlich sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012, B 12 KR 24/10 R, zitiert nach juris, Rn. 16). Bei solchen Tätigkeiten kommt dem Willen der Vertragsparteien eine gewichtige indizielle Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zu (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018, B 12 R 3/17 R, zitiert nach juris, Rn. 13). In Fällen der vorliegenden Art kann daher für eine selbständige Tätigkeit sprechen, wenn die Beteiligten – wie im Streitfall die Klägerin und die Beigeladene zu 1 – nach ihren vertraglichen Vereinbarungen keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen wollten, sondern eine „freie Mitarbeit“, die dem Mitarbeiter „die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft“ belässt (§ 14 des Vertrags über freie Mitarbeit vom 5. September 2017). Allerdings kommt es auf solche vertraglichen Abreden nur dann entscheidend an, wenn die übrigen tatsächlichen Umstände in etwa gleichermaßen für eine Selbständigkeit oder für eine Beschäftigung sprechen. Denn die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung entsteht bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes und ist der vertraglichen Disposition von Auftraggeber und Auftragnehmer entzogen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Januar 2022, L 4 BA 4153/19, zitiert nach juris, Rn. 45). Danach kommt dem Umstand, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1 ihr Rechtsverhältnis als freie Mitarbeit bezeichneten, im vorliegenden Streitfall keine entscheidende Bedeutung zu. Denn bei näherer Betrachtung überwiegen zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale.

Zwar deuten einige Indizien auf eine Selbständigkeit hin. Für eine Selbständigkeit spricht insbesondere, dass die Beigeladene zu 1 bei der Art und Weise, wie sie die Stadtführungen moderierte und die Wege zwischen den Verkostungsstationen gestaltete, keinen Weisungen seitens der Klägerin unterlag. Ihr stand es frei, individuell zu entscheiden, welche Sehenswürdigkeiten sie zwischen den Stationen einbezieht und welche inhaltlichen Schwerpunkte sie auf der Grundlage selbständig erworbener Kenntnisse setzt. Auch fanden keine regelmäßige Kontrollen der Führungen statt.

Auf der anderen Seite lag die inhaltliche Freiheit der Beigeladenen zu 1 in der Natur der Sache, verbunden mit dem eigenen Stil, den ein jeder Tourguide bei der Arbeit an den Tag legt. Selbständigkeit folgt aus dieser eigenkreativen Arbeit allein nicht (vgl. Urteil des Senats vom 4. November 2020, L 9 KR 399/17, zitiert nach juris, Rn. 126 [Stadtführer]). Für ein attraktives Angebot erscheint es geradezu unabdingbar, dass durch den Tourguide ein individuelles und anregendes Programm geboten und nicht etwa ein Standardvortrag abgespult wird. Die freie Gestaltung des Vortrags stellt sich daher wesentlich als Teil der von der Beigeladenen zu 1 geschuldeten Leistung, nicht jedoch als gewichtiger Ausdruck von Weisungsfreiheit dar (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2022, L 1 BA 7/21, zitiert nach juris, Rn. 74). Davon abgesehen war die Gestaltungsfreiheit der Beigeladenen zu 1 dadurch erheblich eingeschränkt, dass sie die Teilnehmer der Führungen den Vorgaben der Klägerin entsprechend von einer Verkostungsstation zur nächsten führen musste. Dass sie für die Touren in nennenswertem Umfang auf Erfüllungshilfen zurückgriff, ist nicht ersichtlich. 

Für eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass die Beigeladene zu 1 in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Zwar nutzte die Beigeladene zu 1 zur Durchführung der einzelnen Aufträge eigene Arbeitsmittel wie Fotos zur Illustration. Auch folgt eine Eingliederung noch nicht daraus, dass die Beigeladene zu 1 organisatorischen Vorgaben der Klägerin zu Zeit und Ort der Führungen oder zur Verwendung eines Onlinetools zur Auftragsannahme unterworfen war. Insoweit handelt es sich – worauf die Klägerin zutreffend hinweist – um Sachzwänge, denen auch jeder selbständige Dienstleister unterliegen kann (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2021, B 12 R 16/19 R, zitiert nach juris, Rn. 16). Darüber hinaus spricht gegen eine Eingliederung, dass, soweit ersichtlich, keine Teambesprechungen stattfanden.

Die Eingliederung ergibt sich aber daraus, dass sich die Beigeladene zu 1 in ein unternehmerisches Konzept einfügte, das auf eine ganz bestimmte Weise Stadtführungen veranstaltet und eine klar erkennbare „Marke“ darstellt und mit dem die Klägerin in einer Vielzahl von Städten werbend auftritt (vgl. Urteil des Senats vom 4. November 2020, L 9 KR 399/17, zitiert nach juris, Rn. 124). Diese „Marke“ war für die Stadtführungen prägend. Die Stadtführungen wurden von den Teilnehmern, dem Konzept der Klägerin entsprechend, gerade wegen des kulinarischen Angebots und der Verkostungsstationen nachgefragt. Die Verkostung an bestimmten Stationen stellt sich daher nicht als bloßer Sachzwang dar, sondern als Kern des unternehmerischen Konzepts der Klägerin. Diesem prägenden Konzept musste sich die Beigeladene zu 1 bei ihrer Tätigkeit fremdnützig unterordnen. Sie musste die Teilnehmer, die gerade dies nachfragten, zu den von der Klägerin vorgegebenen Verkostungsstationen führen. Die Stationen waren in ihrer Reihenfolge nicht veränderbar. Auch war die Beigeladene zu 1 durch ein ihr zur Verfügung gestelltes Namensschild mit dem Logo der Klägerin als Betriebsangehörige erkennbar; ferner operierte der Betrieb der Klägerin arbeitsteilig, indem die Führungen von angestellten Mitarbeitern der Klägerin organisiert und in zeitliche Vorgaben eingepasst wurden und die Klägerin das Marketing für die Führungen und den Ticketverkauf übernahm (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2022, L 1 BA 7/21, zitiert nach juris Rn. 73). Darüber hinaus enthielten die der Beigeladenen zu 1 zur Verfügung gestellten Tourenskripte recht detaillierte Hinweise darauf, wie das Konzept der Klägerin während der Touren umgesetzt werden solle (z.B. „Auf die spielerische Art mitteilen, dass es einen Zeitplan einzuhalten gilt […] Kostproben stehen pünktlich für Sie bereit. Es schmeckt also am besten, wenn wir pünktlich ankommen“; „Hinweis auf Daten der Partner in der Broschüre“). Zwar handelte es sich dabei nicht um Weisungen, die die Beigeladene zu 1 zu befolgen hatte.

Die Hinweise sind jedoch ebenfalls ein Indiz für die Einbindung der Beigeladenen zu 1 in das unternehmerische Konzept der Klägerin.

Die Beigeladene zu 1 war in ihrer Tätigkeit auch keinem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt. Allein der Umstand, dass sie keinen Anspruch darauf hatte, von der Klägerin weiter beauftragt zu werden, begründete ein solches Risiko nicht. Denn das Risiko, nicht wie gewünscht arbeiten zu können, weil kein Folgeauftrag angeboten wird, stellt kein spezifisches Unternehmerrisiko dar, sondern eines, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird oder unständig Beschäftigter ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juli 2021, L 4 BA 75/20, zitiert nach juris, Rn. 81). Entscheidend ist vielmehr, dass die Beigeladene zu 1 kein relevantes Verlustrisiko trug. Sie setzte nur geringfügig eigene Arbeitsmittel wie Fotos zur Illustration oder das eigene Mobiltelefon ein und beschäftigte kein eigenes Personal. Zwar trug die Beigeladene zu 1 alleine das Risiko des Ausfalls ihrer Arbeitskraft und hatte nach dem Willen der Vertragsschließenden keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auf bezahlten Urlaub oder auf Leistungen aus der Sozialversicherung. Bei diesen Tatsachen handelt es sich jedoch nicht um Umstände, die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und der Tätigkeit prägen, sondern um solche, die sich als Rechtsfolge ergeben, wenn keine abhängige Beschäftigung ausgeübt werden soll (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2022, L 1 BA 7/21, zitiert nach juris, Rn. 75). Darüber hinaus erhielt die Beigeladene zu 1 einen festen Lohn, zunächst für geleistete Einsatzstunden und später als Tourpauschale. Sie hatte daher – außer in dem Fall, dass sie den Auftrag nicht durchführen konnte – keinen Verdienstausfall zu befürchten. Für sie bestand auch nicht die Chance, durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können. Dass die Beigeladene zu 1 ihre Vergütung durch Trinkgelder erheblich gesteigert hat, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus kommen der vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe und Schadensersatzpflicht (§ 8 des Vertrags über freie Mitarbeit vom 16. August 2018) ein vergleichsweise geringes Gewicht zu, weil diese sowohl im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit als auch einer abhängigen Beschäftigung vereinbart werden können (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Februar 2023, L 16 BA 76/19, juris Rn. 87).

Unerheblich für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung ist es darüber hinaus, dass es sich bei der streitigen Tätigkeit lediglich um eine Nebenerwerbsquelle mit geringfügigem Einkommen handelte. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit gehört nicht dazu (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019, B 12 R 11/18 R, zitiert nach juris, Rn. 34; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2020, L 10 BA 3314/18, zitiert nach juris, Rn. 44).

Ebenso wenig kommt es für die Abgrenzung auf das Schutzbedürfnis der Beigeladenen zu 1 an. Das Recht der Sozialversicherung wird beherrscht vom Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten. Dieser Grundsatz schließt es aus, die Versicherungspflicht über die gesetzlich geregelten Tatbestände hinaus von einem individuellen Schutzbedürfnis abhängig zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019, B 12 R 11/18 R, zitiert nach juris, Rn. 37).

Insgesamt sprechen überwiegende Gründe für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 als Tourguide für die Klägerin. Als gewichtig und ausschlaggebend ist insbesondere zu erachten, dass sich die Beigeladene zu 1 bei ihren Führungen dem in vorgegebenen Verkostungsstationen zum Ausdruck kommenden prägenden unternehmerischen Konzept der Klägerin unterordnen musste.  

Aus den von der Klägerin genannten Urteilen des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2011, L 1 KR 206/09 (Besucherdienst Bundesrat), des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 2015, L 11 R 5165/13 (Museumsführer) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2019, L 10 BA 1824/18 (Kursleiterin), folgt nichts Anderes. Die Zuordnung einer Tätigkeit erfolgt nach Lage des Einzelfalls (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 KR 29/19 R, zitiert nach juris, Rn. 12).

Im Übrigen lag diesen Entscheidungen kein vergleichbarer Sachverhalt mit einer auch die Durchführung der Tätigkeit prägenden Wirkung des unternehmerischen Konzepts des Auftraggebers zugrunde. Darüber hinaus mag es zwar zutreffen, dass der Sachverhalt, der dem Urteil des Senats vom 4. November 2020, L 9 KR 399/17, zugrunde lag, noch stärkere Indizien für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung aufwies. Daraus lässt sich jedoch ebenfalls nichts für das Abwägungsergebnis im vorliegenden Fall herleiten.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie den Bescheid vom 20. April 2023 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, nachdem sie auf die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides hingewiesen worden war.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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