L 13 AL 1106/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 705/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 1106/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. März 2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2020.

Der unter seiner Firma klagende Frisiersalon wird von Herrn B2 betrieben.
Mit einem am 4. Januar 2021 unterschriebenen Antrag beantragte der Kläger die Bewilligung von Kurzarbeitergeld ab Dezember 2020 für zwei Beschäftigte in Höhe von 1.161,28 €.
Im weiteren Verlauf übersandte der Kläger eine auf den 14. Dezember 2020 datierende Anzeige über den Arbeitsausfall, die am 13. Januar 2021 in der elektronisch geführten Akte der Beklagten aufgenommen wurde.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2021 bewilligte die Beklagte Kurzarbeitergeld für die Zeit vom 1. Januar 2021 bis längstens 30. Juni 2021.
Mit weiterem Bescheid vom 14. Januar 2021 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2020 ab. Es liege keine rechtswirksam erstattete Anzeige für den Monat Dezember 2020 vor.
In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, die Anzeige über den Arbeitsausfall vom 14. Dezember 2020 sei persönlich von Herrn B2 per Post an die Agentur für Arbeit L1 versandt worden. Der Antrag auf Kurzarbeitergeld sei am 4. Januar 2021 per E-Mail gestellt worden. Am 12. Januar 2021 sei Herr B2 telefonisch darauf hingewiesen worden, dass keine Anzeige vorliege. Diese sei dann am selben Tag nochmals per Mail nach F1 gesandt worden mit der Bitte zu vermerken, dass der Antrag bereits am 14. Dezember 2020 gestellt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2021 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Ein früherer bzw. rechtzeitiger Eingang der Anzeige sei vom Kläger nachzuweisen, was vorliegend nicht der Fall sei.
Dagegen hat der Kläger am 3. März 2021 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Es sei eine Wiedereinsetzung in die Anzeigefrist gemäß § 27 SGB X zu gewähren. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass bei der Auslegung von Vorschriften über Fristen die Anforderung nicht überspannt werden dürften und hier die vorliegende Rechtsvorschrift eine Wiedereinsetzung nicht ausschließe. Eine in diesem Sinne absolut wirkende Ausschlussfrist müsse in einer Regelung jedoch ausdrücklich angeordnet sein oder sich anhand von Sinn und Zweck der Frist klar ergeben. Dieses dürfte vorliegend nicht der Fall sein. In dem jetzt neu gestellten Antrag vom 12. Januar 2021 dürfte ein entsprechender Antrag auf Wiedereinsetzung in diesem Sinne zu sehen sein. Am 12. Januar 2021 sei der Steuerberater des Klägers telefonisch von einer Mitarbeiterin der Beklagten – Frau B1 – darauf hingewiesen worden, dass wohl keine Anzeige vorliege. Die Anzeige über den Arbeitsausfall sei sodann umgehend an die Beklagte übersandt worden. Unabhängig hiervon dürften auch die Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 S. 2 SGB III vorliegen. Hiernach gelte die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich erstattet worden sei und der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruhe. Der Kläger habe aufgrund der neu erlassenen Corona-Verordnung des Bundes den Friseursalon am 16. Dezember 2020 schließen müssen. Ein unabwendbares Ereignis in diesem Sinne sei ein objektiv feststellbares Geschehen, das selbst durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt, nicht abzuwenden sei.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung für rechtsfehlerfrei gehalten.
Mit Urteil vom 15. März 2022 hat das SG die Klage abgewiesen.
Der beanstandete Bescheid vom 14. Januar 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2021 sei rechtsfehlerfrei. Das SG hat sich den Begründungen des Bescheids vom 14. Januar 2021 und des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2021 angeschlossen und gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Das SG hat ergänzt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2020, weil er den Arbeitsausfall nicht rechtzeitig angezeigt habe. Die Ausführungen der Beklagten hierzu seien zutreffend. Die Anzeige sei der Agentur für Arbeit nicht im Monat Dezember 2020 zugegangen. Zwar habe Herr B2 im Termin vorgetragen, dass er die Anzeige über Arbeitsausfall rechtzeitig im Dezember 2014 zur Post gegeben habe. Indes wäre die Anzeige als öffentlich-rechtliche Willenserklärung erst mit Zugang bei der Beklagten wirksam geworden. Das Übermittlungsrisiko und damit auch das Risiko des Verlustes auf dem Postweg trage der Antragsteller bzw. hier der Kläger (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2004 – B 11 AL 47/03 R m. w..N.). Für einen postalischen Zugang des Schreibens bei der zuständigen Agentur für Arbeit bestünden keine Anhaltspunkte und ein Verlust des Schreibens auf dem Postweg falle in die Risikosphäre des Absenders. Die Verwaltungsakten enthielten die Anzeige nicht und es fehle an jeglichen Indizien, die darauf schließen lassen könnten, dass diese der Beklagten im Dezember 2020 postalisch zugegangen und nachfolgend dort in Verstoß geraten sein könnte. Der Kläger trage die objektive Beweislast für einen Zugang der Anzeige über Arbeitsausfall bei der Beklagten im Dezember 2020. Somit habe die Nichterweislichkeit eines Zugangs im Dezember 2020 zur Folge, dass der geltend gemachte Anspruch auf Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2020 nicht bestehe.
§ 99 Abs. 3 Satz 2 SGB III greife hier nicht zugunsten des Klägers. Zwar gelte, wenn der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruhe, die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich erstattet worden sei.
Ein unabwendbares Ereignis liege nach der gesetzlichen Definition in § 96 Abs. 3 SGB III insbesondere vor, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhnlichen, von dem üblichen Witterungsverlauf abweichenden Witterungsverhältnissen beruhe. Ein unabwendbares Ereignis liege auch vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht sei, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten seien. Die Corona-Pandemie, die ab Mitte März 2020 zu erheblichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens geführt habe, sei als unabwendbares Ereignis in diesem Sinne anzusehen (so Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III, § 96 Rn. 22 i. V. m. § 99 Rn. 14). Vorliegend greife die speziellere Norm des § 96 Abs. 3 Satz 2 SGB III ein, denn behördliche Einschränkungen aufgrund der Corona- Pandemie stellten unabwendbare Ereignisse dar, wenn sie den Betrieb unmittelbar selbst beträfen (so Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III, § 96 Rn. 24), was hier der Fall gewesen sei. Nach ihrem Sinn und Zweck sei die Regelung des § 99 Abs. 3 Satz 2 SGB III, die als Ausnahmeregelung eng auszulegen sei, jedoch Fällen vorbehalten, in denen es dem Arbeitgeber oder einer Betriebsvertretung bei durch ein unabwendbares Ereignis begründetem Arbeitsausfall nicht möglich gewesen sei, bis zum Ende des Monats, in dem der Arbeitsausfall eingetreten sei diesen ordnungsgemäß anzuzeigen, etwa weil der Betrieb durch das unabwendbare Ereignis stark beeinträchtigt worden sei und/oder das Ereignis am oder kurz vor dem letzten Tag des Monats eingetreten sei (Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 10/20, § 99 SGB III, Rn. 16; Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III § 99 Rn. 14). Das treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu. Weder habe die Corona-Pandemie selbst noch hätten die im Zuge dessen seitens der Landesregierung verfügten Einschränkungen Herrn B2 daran gehindert, die Anzeige über Arbeitsausfall der zuständigen Agentur für Arbeit im Dezember 2020 zukommen zu lassen. Das zeige der Umstand, dass er eine vollständig ausgefüllte Anzeige über Arbeitsausfall bereits am 14. Dezember 2020 unterzeichnet und – nach seinen Angaben – in einen Postbriefkasten eingeworfen habe, welche jedoch der Beklagten nicht zugegangen sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X könne dem Kläger ebenfalls nicht gewährt werden. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. In § 95 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 SGB III werde aber weder eine Frist festgesetzt, noch handele es sich bei der Anzeige über Arbeitsausfall um eine Verfahrenshandlung, auf die § 27 SGB X in erster Linie Anwendung finde. Statuiert werde vielmehr eine materiell-rechtliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wobei in § 99 Abs. 2 SGB III die Rechtsfolge für den Zeitpunkt der Anzeige festlegt werde (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.1989 – 7 Rar 18/87, a.a.O.; Müller-Grune in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, Stand 2. Februar 2021, § 99 Rn. 40; Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 10/20, § 99 SGB III, Rn. 15, Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III § 99 Rn. 6).
Der Kläger könne schließlich auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als habe er den Arbeitsausfall bereits im März oder April 2020 (gemeint: Dezember 2020) angezeigt.
Mit Hilfe des Herstellungsanspruchs lasse sich der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur beziehungsweise Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehe. Letzteres sei hier nicht der Fall. Das Vorliegen einer Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit bereits im Dezember 2020 lasse sich durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht fingieren. Das Vorliegen der Anzeige bei der Beklagten könne als fehlende materielle Anspruchsvoraussetzung nicht „hergestellt“ werden. Nach ihrem Sinn und Zweck solle die Arbeitsagentur mit der Anzeige über Arbeitsausfall in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Leistungsgewährung in dem jeweiligen Betrieb verwirklicht seien, was nach § 98 Abs. 4 SGB III die Prüfung von Vermittlungsmöglichkeiten umfasse, wobei die betroffenen Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Mitwirkung verpflichtet seien. Dies aber könne nicht rückwirkend erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 1989 – 7 Rar 18/87, a.a.O. Rn. 28 f.).
Vor diesem Hintergrund stehe dem Kläger bzw. seinen Beschäftigten kein Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2020 zu.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 22. März 2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. April 2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Der Antrag auf Kurzarbeitergeld sei gemäß § 325 SGB III fristgerecht gestellt worden.
Gemäß § 99 Abs. 2 S. 1 SGB III sei Kurzarbeitergeld von dem Monat an zu leisten, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen sei.
Insbesondere dürften die Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 S. 2 SGB III vorliegen. Hiernach gelte die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich erstattet worden sei und der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruhe. Der Kläger habe aufgrund der neu erlassenen Corona-Verordnung des Bundes den Friseursalon am 16. Dezember 2020 schließen müssen. Ein unabwendbares Ereignis in diesem Sinne sei ein objektiv feststellbares Geschehen, dass selbst durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt, nicht abzuwenden sei. Gemäß § 96 Abs. 3 SGB III liege ein solches unabwendbares Ereignis auch vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht sei, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten seien. Als solche Maßnahmen seien generell Betriebseinschränkungen oder Betriebsstilllegungen anzusehen, die auf dem Tun oder Unterlassen einer Behörde beruhten. Durch die Corona-Verordnung sei eine entsprechende Stilllegung verfügt worden, so dass dem Kläger in keinster Weise schuldhaftes Handeln vorgeworfen werden könne. Der Arbeitsausfall sei auch ursächlich auf die Betriebsstilllegung durch die Corona-Verordnung zurückzuführen. Überdies habe es hier im streitbefangenen Zeitraum (Dezember 2020) aufgrund der im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verfügten gesetzlichen Regelungen über Ausgangssperren, Geschäftsschließungen, Vermeidung von Ansteckungsherden usw. erhebliche Ausfälle bei den Postzustellungen gegeben. Außerdem - und dieses habe in der Natur der Corona-Maßnahmen während des Lockdowns gelegen – seien auch die Abläufe bei der Beklagten nicht reibungslos gewesen. Diese besonderen Umstände hätten letztlich dazu geführt, dass die ordnungsgemäße Anzeige ausgeblieben bzw. bei der Beklagten nicht registriert worden sei. Es sei zwar eine vollständige ausgefüllte Anzeige zur Post aufgegeben worden, jedoch habe diese nicht zugestellt werden können. Auch hierin dürfte eine Beeinträchtigung aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses im Sinne des § 99 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu sehen sein.






Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. März 2022 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 14. Januar 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2021 zu verurteilen, ihm Kurzarbeitergeld auch für den Monat Dezember 2020 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im erstinstanzlichen Urteil bezogen. Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte ergänzend mitgeteilt, es sei kein Eingang der Anzeige über den Arbeitsausfall im Dezember 2014 festzustellen. Es seien keine weiteren Aktenteile vorhanden, aus denen der Ablauf der Antragstellung nachvollzogen werden könne. Nach Rücksprache mit dem OS F1 könne bestätigt werden, dass keine weiteren Aktenteile vorhanden seien, in denen die Anzeige vom 14. Dezember 2020 versehentlich abgelegt worden sei.
Dokumente, die per E-Mail bei der Beklagten eingingen, wiesen keinen Eingangsvermerk auf. Die E-Mail und die E-Mail Anhänge würden direkt in die E-Akte überführt. Der Antrag auf Kurzarbeitergeld für Dezember 2020 sei am 5. Januar 2021 in die E-Akte überführt worden. Leider sei hier versehentlich die E-Mail nicht mit überführt worden. Die Einverständniserklärung und die Anzeige jeweils vom 14. Dezember 2020 seien erstmals am 12. Januar 2021 per E-Mail bei der Beklagten eingegangen und am 13. Januar 2021 in die E-Akte überführt worden. Die Beklagte habe dann auch gleich am 13. Januar 2021 die Anzeigenbewilligung vom 1. April 2020 ab dem 1. Mai 2020 wegen Unterbrechung des Kurzarbeitergeldbezuges von über 3 Monaten aufgehoben. Es sei kein Eingang der Anzeige vom 14. Dezember 2020 im Dezember 2020 zu verzeichnen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2020.

Gemäß § 95 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn
1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt
2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
4. der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Kurzarbeitergeld wird frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem-die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist (§ 99 Absatz 2 Satz 1 SGB III).

Das SG hat in den Gründen des angefochtenen Urteils unter Zugrundelegung der vorgenannten Rechtsvorschriften und unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Zugang der Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Beklagten im Dezember 2020 nicht nachgewiesen ist und dies zu Lasten des Klägers geht, die Anzeige auch nicht aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 SGB III als im Dezember erstattet gilt, weil weder die Corona-Pandemie noch die in diesem Zusammenhang verfügten staatlichen Einschränkungen den Kläger – der nach seinem eigenen Vortrag im Dezember 2020 die Anzeige vollständig ausgefüllt, unterschrieben und zur Post gegeben hat - gehindert haben, der Beklagten die Anzeige im Dezember 2020 zukommen zu lassen, keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X gewährt werden kann und eine Anzeige des Arbeitsausfalls im Dezember 2020 auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden kann.

Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Im Berufungsverfahren haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben.
Die Beklagte hat auf Nachfrage des Senats nachvollziehbar dargelegt, dass der am 4. Januar 2021 eingegangene Antrag am 5. Januar 2021 in die elektronische Akte übernommen worden sei und die Anzeige über den Arbeitsausfall vom 14. Dezember 2020 mit E-Mail vom 12. Januar 2021 übersandt und am 13. Januar 2021 in die elektronische Akte übernommen worden sei. Dies stimmt mit den Angaben des Klägers überein, wonach der Antrag am 4. Januar 2021 per E-Mail übersandt worden sei und die Anzeige vom 14. Dezember 2020 – nach telefonischem Hinweis, dass sie dem Antrag nicht beigefügt sei – mit E-Mail vom 12. Januar 2021 (erneut) übermittelt worden sei.

Ein früherer Eingang dieser Anzeige im Dezember 2020 per Post, wie vom Kläger vorgetragen, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Die Beklagte hat in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 20. März 2023 auch nachvollziehbar dargelegt, dass nach Rücksprache mit dem OS F1 keine weiteren Aktenteile vorhanden sind, in denen die Anzeige vom 14. Dezember 2020 versehentlich abgelegt wurde. Der Kläger hat im Übrigen auch keinerlei Unterlagen vorgelegt, welche die Aufgabe zur Post zu einem bestimmten Zeitpunkt im Dezember 2020 nachweisen.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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