L 13 R 3923/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 2048/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3923/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.11.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Der 1973 geborene Kläger erlitt im Jahre 2010 eine Subarachnoidalblutung (SAB) mit Clipping eines ACI-Aneurysmas. Anschließend nahm er seine Tätigkeit im Jahre 2012 in Frühschicht bis zur Schließung der Firma 2014 wieder auf (s. die Angaben des Klägers gegenüber B1 und in der Rehabilitation 2021). Im Jahre 2015 erfolgte eine Bohrlochentlastung eines chronischen subduralen Hämatoms. Vom 30.11.2017 bis 14.12.2017 erfolgte eine stationäre Behandlung im Zentrum für Schmerztherapie des Klinikums K1 (Bericht vom 18.12.2017, Diagnosen unter anderem: mittelschwere depressive Episode, leichtes organisches Psychosyndrom, chronischer Kopfschmerz). Hieran schloss sich vom 02.05.2018 bis zum 05.07.2018 eine teilstationäre Behandlung in der Tagesklinik der psychiatrischen Klinik in K1 an (Bericht vom 16.07.2018, Diagnosen: organische Persönlichkeitsstörung nach SAB, organische affektive Störung, differenzialdiagnostisch rezidivierende depressive Störung, chronischer Kopfschmerz; Leistungsfähigkeit unter 3 Stunden). Schließlich war er dort vom 12.03.2019 bis zum 10.04.2019 in teilstationärer Behandlung (s. Bericht vom 02.05.2019).

Am 29.08.2018 beantragte der Kläger die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und ließ den Kläger durch den B1 begutachten. Dieser diagnostizierte im Gutachten vom 15.11.2018 einen Zustand nach neurochirurgischer Intervention bei SAB/intracerebraler Blutung 2010 sowie nachfolgend beschriebenem auch subduralem Hämatom ohne Anhalt für richtungsweisendes überdauerndes fokal neurologisches Defizit bei diesbezüglich im Übrigen unklar bleibender Anamnese ohne Anhalt für richtungsweisende, überdauernde hirnorganische Leistungsstörung, einen Spannungskopfschmerz/vasomotorischer Kopfschmerz bei fortdauerndem Nikotinabusus, eine vorbestehende Persönlichkeitsstörung bei gleichzeitig niedrigem Persönlichkeitsstrukturniveau, eine dysthyme Entwicklung im Kontext mit vielschichtigen Belastungen, Konflikten und Kränkungen im biografischen/psychosozialen Hintergrund bei durchaus gut erhaltener Auslenkbarkeit sowie sehr ausgeprägte Hinweise für nicht authentische Beschwerden bzw. auch simulative Tendenzen. Der Kläger könne mit qualitativen Einschränkungen noch 6 Stunden und mehr arbeiten.

Mit Bescheid vom 05.12.2018 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei; er sei noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Am 12.12.2018 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch, der auch durch den Bevollmächtigten des Klägers nicht weiter begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 17.06.2019 hat der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.

Das SG hat Beweis erhoben durch die schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen H1 vom Klinikum K1 hat den Kläger für außerstande gehalten, noch 3 Stunden täglich einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzukommen. Auch die R1 hat den Kläger für quantitativ eingeschränkt leistungsfähig beurteilt. Dem ist die Beklagte durch Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme der D1 entgegengetreten.

Das SG hat sodann von dem S1 das Gutachten vom 04.09.2020 eingeholt. Hiernach lägen beim Kläger chronische depressive Verstimmungen im Sinne einer Dysthymia, akzentuierte Persönlichkeitszüge, am ehesten Spannungskopfschmerzen, differenzialdiagnostisch auch analgetikainduzierter Kopfschmerz, ein Zustand nach Subarachnoidalblutung mit Clipping eines ACI-Aneurysmas Juli 2020 und Zustand nach Bohrlochentlastung eines chronischen subduralen Hämatoms 2015, schädlicher Nikotinkonsum sowie ein Bluthochdruckleiden, medikamentös behandelt, vor. Für eine hirnorganisch bedingte psychische Störung habe sich kein Anhalt ergeben. Auch lägen keine hirnorganisch bedingten neurologischen Ausfälle vor. Der Kläger könne zumindest leichte körperliche Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen in Tagesschicht verrichten. Nachtschicht, häufig wechselnde Arbeitszeiten, Tätigkeiten mit vermehrten Anforderungen an die Konzentration oder Reaktion, Tätigkeiten mit vermehrt emotionalen Belastungen oder mit einem erhöhten Konfliktpotenzial, vermehrt wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten, eine vermehrte Lärmexposition (größer als 85 dB) seien zu vermeiden. Die geistige und psychische Belastbarkeit sei nicht eingeschränkt. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für wesentliche Einschränkungen des Umstellungs- und Anpassungsvermögen. Auch das Verantwortungsbewusstsein sei nicht eingeschränkt. Tätigkeiten mit üblichem Publikumsverkehr seien möglich. Möglich seien Tätigkeiten, die mit Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von Teilen verbunden seien. Der Kläger könne Aufsichtstätigkeiten ausführen; möglich sei auch eine Tätigkeit als Registraturkraft. Der Kläger sei unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig leistungsfähig.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.11.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da er nicht erwerbsgemindert sei. Der Kläger könne noch 6 Stunden arbeitstäglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Das SG hat sich hierbei auf die Gutachten der B1 und S1 gestützt. Weder der abweichenden Einschätzung des nach Aktenlage erstellten Gutachtens des Arbeitsamtsarztes noch den behandelnden Ärzten könne mangels Beschwerdevalidierung gefolgt werden. Eine solche sei jedoch notwendig, da die Gutachter B1 und S1 Anzeichen einer bewusstseinsnahen Beschwerdeaggravation aufgezeigt hätten. So seien der SFSS-Test sowie der MWT-B-Test bei. B1 als auch der von S1 durchgeführte SRSI-Test als Hinweis auf eine Aggravation auffällig gewesen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer besonders schweren spezifischen Leistungsbehinderung lägen nicht vor, sodass die Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht notwendig sei. Umstände, die auf eine sozialmedizinisch relevante Einschränkung der Wegefähigkeit hindeuten würden, seien nicht ersichtlich. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme bei dem nach dem 01.01.1961 geborenen Kläger gemäß § 240 SGB VI nicht in Betracht.

Am 11.12.2020 hat der Kläger gegen den ihm am 11.11.2020 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. Es sei den behandelnden Ärzten zu folgen, die ihn über mehrere Jahre hinweg untersucht hätten. Aufgrund eines normalen Geschehensablaufs liege die Möglichkeit nahe, dass er erwerbsgemindert sei. Bereits die Ärzte der teilstationären Behandlung 2018 hätten ein eingeschränktes quantitatives Leistungsvermögen von unter 3 Stunden festgestellt. Seitdem hätten sich die Feststellungen tatsächlich nicht geändert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.11.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2018 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Kläger hat sich vom 10.06. bis 08.07.2021 in einem psychosomatischen Heilverfahren in der S2klinik B2 befunden. Die behandelnden Ärzte gelangten im ärztlichen Entlassungsbericht vom 13.07.2021 zur Diagnose eines deutlichen organischen Psychosyndroms im Sinne einer Persönlichkeitsstörung mit Störungen des Interaktionsverhaltens, der Emotionalität und der Teilhabe an Anforderungen des Alltags im Hinblick auf Frustrations- und Stresstoleranz, sowie Durchhaltevermögen und Durchhaltewillen. Die chronischen Kopfschmerzen stünden in sehr ungünstiger Wechselwirkung mit den Persönlichkeitsauffälligkeiten, die es dem Patienten nicht ermöglichten, adäquate Bewältigungsstrategien wirklich anzugehen. Das Leistungsvermögen sei aufgehoben.

Die Beklagte hat hierauf ein vom Kläger abgelehntes Angebot unterbreitet, wonach dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalles vom 10.06.2021 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit von Januar 2022 bis Dezember 2022 gewährt werde.

Nach § 109 SGG hat der Senat das neurologische Gutachten vom des Klinikums K1 F1 vom 12.07.2022 eingeholt. Beim Kläger bestehe hiernach ein Zustand nach Hirnblutung sowie eine leichte hirnorganische Störung. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien vollschichtig möglich. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit hoher geistiger Belastung oder unter hohem Zeitdruck. Es fehle in der Akte durchgehend ein neurologisches Defizit des Klägers; bereits der H2 habe unter dem 16.06.2011 eine gute Besserung erwähnt. Der Einschätzung der Reha-Klinik B2 könne nicht zugestimmt werden, da deren Einschätzung aufgrund der fehlenden Berücksichtigung alltägliche Faktoren nicht nachzuvollziehen sei.

Der Kläger hat hierauf vorgetragen (Schriftsatz vom 07.12.2022), auch die Begutachtung durch F1 beruhe lediglich auf einer gutachterlichen Untersuchung ohne der Möglichkeit einer Längsschnittbeobachtung, weshalb der Entlassungsbericht vom 13.07.2021 nicht entkräftet sei. Es werde im Rahmen eines gerichtlich einzuholenden Sachverständigengutachtens eine Langzeituntersuchung beantragt.

Am 18.01.2023 hat ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts stattgefunden. Dem nicht erschienenen Prozessbevollmächtigten ist anschließend mitgeteilt worden, dass weitere Ermittlungen nicht beabsichtigt sind, nachdem alle eingeholten Gutachten ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers bescheinigten.

Die Beteiligten haben anschließend einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend verwiesen.




                                                           Entscheidungsgründe


Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden.

Die nach den §§ 143, 144 und 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06.11.2020 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 05.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da er nicht erwerbsgemindert ist.

Wegen den Rechtsgrundlagen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs und der Beweiswürdigung wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen. Auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren hat den Nachweis einer Erwerbsminderung des Klägers nicht erbracht.

Der nach § 109 SGG gutachtlich angehörte F1 hat auf neurologischem Fachgebiet keine relevanten Auffälligkeiten erhoben. Es hat sich kein Meningismus oder Kalottenklopfschmerz gezeigt. Die Nervenaustrittspunkte des Trigeminus sind frei gewesen. Die Halswirbelsäule ist schmerzlos frei beweglich gewesen. Es haben sich fingerperimetrisch keine Gesichtsfeldeinschränkungen bei regelrechtem Visus gezeigt. Die Pupillen sind mittelweit und isokor gewesen und haben eine normale direkte und indirekte Licht- und Konvergenzreaktion gezeigt. Die Blickfolgebewegungen sind regelrecht erfolgt; es haben sich kein Nystagmus oder Augenmuskelparesen gezeigt. Im trigeminusinnervierten Areal ist kein pathologischer Befund zu erheben gewesen. Das Gaumensegel hat sich symmetrisch gezeigt. Es haben keine Schluckstörungen bestanden; der Würgereflex ist regelrecht gewesen. Die Zunge ist beim Herausstrecken nicht abgewichen. Eine sichere Fazialisparese ist nicht feststellbar gewesen. Die übrigen Hirnnerven sind unauffällig gewesen. Die Muskeleigenreflexe (BSR, TSR, RPR, ASR, PSR) haben sich mittellebhaft seitengleich gezeigt. Das Babinski-Zeichen ist negativ gewesen. Die Bauchhautreflexe sind überall auslösbar gewesen. Im Arm- und Beinvorhalteversuch hat sich keine Pronations- oder Absinktendenz gezeigt. In der differenzierten Kraftprüfung haben sich an den oberen und unteren Extremitäten keine Paresen gezeigt. Atrophien sind nicht festzustellen gewesen. Der Muskeltonus hat sich ungestört gezeigt. Der Einbein-, Fersen- und Zehenstand und die erschwerten Gangprüfungen hat der Kläger gut durchführen können. Der Romberg- und Unterberger- Tretversuch sind unauffällig gewesen. Das Trendelenburgzeichen ist beidseits negativ gewesen. Sensibilitätsstörungen haben sich nicht nachweisen lassen; das Vibrations- und Schmerzempfinden ist wie das Lageempfinden normal gewesen. In den Koordinationsprüfungen hat sich eine Eudiadochokinese gezeigt; alle Halte- und Zeigeversuche sind unauffällig geblieben. Es haben keine Feinmotorikstörungen bestanden. Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel flüssig erfolgt. Es hat keine Dysarthrie bestanden; extrapyramidale Bewegungsstörungen konnten nicht nachgewiesen werden. Der gerichtliche Sachverständige F1 hat auch überzeugend darauf hingewiesen, dass bereits der H2 unter dem 16.06.2011 von einer Besserung berichtete und keine neurologischen Defizite erhoben hat. F1 konnte anhand des erhobenen psychischen Befundes (siehe Bl. 12 f. des Gutachtens) die vom Kläger berichteten Konzentrations- und Gedächtnisstörungen nicht objektivieren. Die Zusatzdiagnostik mit Durchführung eines EEG hat einen Normalbefund ergeben. Der im Beck-Depression-Inventar erreichte Gesamt-Punktscore von 41 Punkten entspricht einer schweren Depression, ist aber im Widerspruch zum klinischen Eindruck gestanden. Dem berichteten Tagesablauf (siehe Bl. 9 f. des Gutachtens) ist ein ausreichend strukturierter Tagesablauf zu entnehmen mit regelmäßigem Aufstehen, dem Wahren der persönlichen Hygiene, dem Zubereiten von Mahlzeiten, der alleinigen Durchführung des Haushaltes und aller Einkäufe, Rasenmähen, Pflege von sozialen Kontakten in gewissem Ausmaß und Verrichten von Hobbys (Radfahren; Freude in der Natur empfinden und Hund ausführen) und dem Benutzen des Pkw. Die Stimmung ist ausgeglichen erschienen. Der Kläger war psychomotorisch lediglich etwas angespannt, bei normalem Antrieb und ausreichend auslenkbarem Affekt. Die glaubhaften chronischen Kopfschmerzen sind ätiologisch ungeklärt, bedingen aber nur geringe Einschränkungen qualitativer Art. Hiernach hat der gerichtliche Sachverständige F1 für den Senat schlüssig und nachvollziehbar lediglich einen Zustand nach Hirnblutung sowie eine leichte hirnorganische Störung mit chronischen Kopfschmerzen diagnostiziert und ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte körperliche Tätigkeiten festgestellt. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit hoher geistiger Belastung oder unter hohem Zeitdruck. Der Kläger kann nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen F1 die üblichen Gehstrecken bewältigen, die Wegstrecke von etwas über 500 m zu Fuß in 15 Minuten zurücklegen, zweimal öffentliche Verkehrsmittel während den Hauptverkehrszeiten und ein Kfz benutzen.

Nicht folgen kann der Senat der Leistungseinschätzung des Entlassungsberichts der S2klinik B2 vom 13.07.2021. Die dort auch nur als leicht beschriebenen kognitiven Störungen rechtfertigen ebenso wenig wie die angegebenen Störungen des Verhaltens ein aufgehobenes Leistungsvermögen, zumal eine kritische Prüfung des gezeigten Verhaltens nicht ersichtlich ist. Angesichts der von. B1 und. S1 bereits aufgezeigten und anschließend von. F1 bestätigten Hinweise auf eine Symptomverdeutlichung (s. Seite 15 des Gutachtens) wäre eine Beschwerdevalidierung ebenso erforderlich gewesen wie die Ableitung des angenommenen Leistungsvermögens anhand von schlüssig und für das Gericht nachvollziehbaren objektiven Befunden. Nicht folgen konnte der Senat auch der Leistungseinschätzung des Berichts des Klinikums K1 vom 16.07.2018, da eine Konsistenz- und Plausibilitätsüberprüfung der von dem Kläger dargebrachten subjektiven Beschwerdesymptomatik nicht dokumentiert ist (siehe auch die beratungsärztliche Stellungnahme des D1 vom 14.11.2019) und von den schlüssig und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen B1 und des gerichtlichen Sachverständigen. S1 (siehe Gerichtsbescheid vom 06.11.2020) und F1 widerlegt wird.

Dem Beweisantrag des Klägers mit Schriftsatz vom 07.12.2022 war nicht zu entsprechen. Ob dieser überhaupt aufrechterhalten worden ist, nachdem im und nach dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts ein solcher nicht wiederholt worden und einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ohne Wiederholung des Beweisantrages zugestimmt worden ist, kann dahingestellt bleiben. Zum einen ist schon kein formgerechter Beweisantrag gestellt worden. Allein die Benennung einer erforderlichen Langzeituntersuchung im Rahmen eines gerichtlich einzuholenden Sachverständigengutachtens reicht nicht aus. Eine weitere Beweisaufnahme hat sich dem Senat auch nicht aufgedrängt, nachdem der gerichtliche Sachverständige F1, der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gutachtlich angehört worden ist, eine weitere Begutachtung – auch über längere Zeit- nicht für erforderlich gehalten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Berchtold, Kommentar zum SGG, 6. Auflage, § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a. A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 13. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).


Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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