L 8 U 117/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2921/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 117/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17.11.2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Unfallfolgen im Streit.

Der 1965 geborene Kläger arbeitet als Lokführer im Rangierbetrieb. Bei drei Vorfällen im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit kam es jeweils zu Verletzungen im Bereich seines linken Sprunggelenks.

Am 21.12.2012 befand der Kläger sich auf dem Weg zur Arbeit, als er beim Hinabgehen auf der hinteren Treppe des Bahnhofs in U1 auf der letzten Treppenstufe ausrutschte und mit dem linken Fuß umknickte. Die C1 teilte am 21.12.2012 als Erstdiagnosen eine Knochenkontusion und eine Prellung des linken oberen Sprunggelenks (OSG) mit. Eine Kernspintomographie vom 07.01.2013 ergab eine Knochenkontusion mit Fissuren dorsal an der Talusschulter, einen Erguss im oberen und unteren Sprunggelenk, eine Ruptur des anterioren talofibularen sowie des kalkaneofibularen Ligaments, und eine Tendinose sowie eine Arthrose im oberen und unteren Sprunggelenk. In einem Nachschaubericht vom 21.03.2013 wurde eine freie Beweglichkeit des linken Sprunggelenkes beschrieben. Der Kläger wurde von den behandelnden Ärzten nach diesem Ereignis durchgängig als arbeitsfähig beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie vom 08.01.2014 ergab unter anderem eine Stressreaktion am Metatarsale des 4. Strahles mit umgebender Weichteilreaktion bei Ergüssen im oberen und unteren Sprunggelenk.

Am 22.12.2014 stolperte der Kläger während seiner Arbeitszeit beim Aussteigen aus einem Zug über ein im Gleisbett liegendes Kabel und verletzte sich dabei am linken Fuß. Im Durchgangsarztbericht von C1 vom 22.12.2014 wurden als Erstdiagnosen eine Distorsion des Sprunggelenks sowie eine Bandruptur (Malleolus) und erstmalig eine Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt. Eine MRT-Aufnahme vom 08.01.2015 zeigte im linken OSG unter anderem einen Riss des anterioren talofibularen sowie des kalkaneofibularen Ligamentes und einen Erguss im oberen und unteren Sprunggelenk. Ein Hinweis für eine knöcherne Verletzung am Sprunggelenk zeigte sich nicht. Eine weitere MRT-Aufnahme vom 12.03.2015 zeigte unter anderem eine Abheilung des Ödems. Arbeitsunfähigkeit wurde für das Ereignis vom 22.12.2014 vom 22.12.2014 bis zum 01.02.2015 bescheinigt.

Am 02.11.2015 kam es erneut beim Aussteigen aus einer Lok zu einer Verletzung des Klägers. Der Kläger knickte auf einem großen Stein im Schotterbett mit dem linken Fuß um, und versuchte seinen Sturz durch Festhalten an einem Zaun abzufangen, wodurch nach seinen Angaben auch eine Zerrung im Rücken auftrat. Im Durchgangsarztbericht des K1 vom Unfalltag wurde als Erstdiagnose eine Außenbandteilruptur des linken OSG angegeben. Ein MRT vom 04.11.2015 ergab einen Erguss im oberen und unteren Sprunggelenk, eine Inflammation/Kontusion der Weichteile am Sprunggelenk, eine Tendovaginitis der medialen Sehnen am Sprunggelenk, eine Tendinose der Peroneussehnen am Sprunggelenk, ein verdicktes anteriores tibiofibulares Ligament als Hinweis auf eine abgelaufene Verletzung an diesem Band, einen Zustand nach Riss des anterioren talofibularen Ligamentes sowie kleine knöcherne Fragmente subfibular, in erster Linie im Sinne kleinerer knöcherner Absprengungen nach Außenbandverletzung ohne Hinweis für ein akutes Geschehen.

Der Kläger meldete sich anschließend wegen anhaltender Schmerzsymptomatik bei der Beklagten und stellte sich in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in T1 vor, wo im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 09.01. bis 13.01.2017 am 10.01.2017 eine operative Versorgung der Längsrisse der Peronealsehnen mit Außenbandplastik erfolgte. Im Entlassungsbericht wurden als Diagnosen persistierende Beschwerden mit belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich des Malleolus lateralis mit Ausstrahlung und Sensibilitätsstörung am Digitus pedis III, IV und V links nach mehrfachen BG-lichen Distorsionstraumata des linken oberen Sprunggelenks mit Fraktur der Metatarsale IV Basis sowie Ruptur des Ligamentum fibulo-talare anterius sowie Tendinopathie der Sehne des Musculus peroneus longus mitgeteilt. Die Operation sei komplikationslos verlaufen, und der Kläger sei mit reizlosen und trockenen Wundverhältnissen entlassen worden.

Nach einer zwölfwöchigen Physiotherapie erfolgte eine vollstationäre Rehabilitationsbehandlung in den Universitäts- und Rehabilitationskliniken U1 (RKU). Hier wurden Funktionseinschränkungen des linken oberen Sprunggelenks bei Zustand nach dreimaligem Distorsionstrauma mit der vorgenannten operativen Versorgung am 10.01.2017 benannt. Postoperativ bestehe noch eine schmerzhafte Funktionseinschränkung des linken OSG, ohne neurologische Ausfälle. Bei Entlassung sei der Kläger hinkfrei ohne Gehhilfen gehfähig gewesen; es habe noch ein belastungsabhängiger Schmerz am Vorderfuß sowie teilweise am Sprunggelenk bestanden.

Am 26.03.2018 erstattete der H1 im Auftrag der Beklagten ein Gutachten zur Zusammenhangsfrage. Beim Kläger bestünden eine chronische Instabilität des linken OSG, eine posttraumatisch beginnende Arthrose des OSG bei chronischem LTFA-Schaden links, eine Tendopathie und Tendinitis der Peroneus brevis und Peroneus longus Sehne, ein chronischer Riss des anterioren talufibularen Ligementes des linken OSG, ein Zustand nach operativer Revision und Tubulisation der Fibularissehnen des linken OSG, ein Zustand nach Periostlappenplastik des LFC nach Broström links, eine diskrete Tendovaginitis der Sehne des Musculus tibialis posterior und ein Erguss im oberen und unteren Sprunggelenk (vgl. Bl. 529 VA III). Diese zweifelsfrei nachgewiesenen Gesundheitsschäden seien allesamt nicht eindeutig auf das alleinige Unfalldatum vom 02.11.2015 zurückzuführen, sondern die Summe von chronisch-rezidivierenden Umknickereignissen des linken OSG über die letzten Jahre, aktenkundig dokumentiert mit weiteren Unfalldaten vom 21.12.2012 und 22.12.2014.

Der Gesundheitserstschaden sei als Supinations-Distorsionstrauma des linken OSG zu bezeichnen. Zweifelsfrei seien relevante Vorschädigungen in Form einer Längsruptur der Peroneus brevis Sehne, eines Partialrisses der Peroneus longus Sehne, eines Ödems im Bereich der Sehne des Musculus flexor digitorum longus sowie einer posttraumatisch beginnenden USG-Arthrose bei chronischem LFT-Schaden links sowie einer chronischen Instabilität des linken USG vorhanden gewesen. Unfallabhängig sei die Verwendung und Nutzung von hohen Arbeitssicherheitsschuhen und das bedarfsweise Tragen einer OSG-Gelenksbandage. Die Einlagenversorgung wegen eines altersphysiologischen Spreizfußes sei nicht durch den Unfall vom 02.11.2015 bedingt.

Der C2 vertrat am 03.08.2018 die Auffassung, dass unter Berücksichtigung der Vorgeschichte auf Grund des zur Diskussion stehenden dritten Unfallereignisses aus dem Jahre 2015 nur eine Distorsion des linken Sprunggelenks bei vorstehender Instabilität mit einer daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit für maximal vier Wochen akzeptiert werden könne. Darüber hinaus sei ausschließlich ein subjektives Beschwerdebild bzw. unfallunabhängige Veränderungen (chronische Instabilität) behandelt worden. Diese Auffassung war zuvor auch von dem Z1 am 11.07.2018 geäußert worden.

Mit Bescheid vom 08.10.2018 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 02.11.2015 als Arbeitsunfall mit der Folge der Distorsion des linken Sprunggelenks. Alle anderen im Bereich des linken Sprunggelenks festgestellten und diskutierten Beeinträchtigungen lägen unabhängig von diesem Ereignis vor. Eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit wurde bis einschließlich zum 05.01.2016 anerkannt. Ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe nicht.

Der Kläger legte am 16.10.2018 Widerspruch ein, der von seinen Bevollmächtigten mit dem Vorliegen weiterer Unfallfolgen in der Gestalt der nicht anerkannten Beeinträchtigungen im Bereich des linken Sprunggelenks begründet wurde.

C2 verblieb am 14.06.2019 bei seiner beratungsärztlichen Auffassung, da jedes Unfallereignis für sich betrachtet werden müsse. Bereits Z1 habe darauf hingewiesen, dass schon vor dem ersten Fall vom 21.12.2012 Veränderungen nachweisbar gewesen sein, die auf ausgegangen Verdrehungen des Sprunggelenks rückschließen ließen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2019 zurück. Die chronische Instabilität des linken Fußgelenks bei chronischem Verlust des LTFA und LFC führe zu einer Instabilität des OSG. Hierdurch sei eine Überlastungsreaktion der Fibularissehnen entstanden, welche sich aufgrund der Überlastung degenerativ längs aufgefasert hätten, was letztlich zu der Operation in der BG-Klinik geführt habe. Die zunehmend initiale posttraumatische Arthrose des linken OSG sei ebenfalls durch die chronischen Instabilitäten bedingt. Schließlich seien sowohl die Varussfehlstellung als auch der Spreizfuß unfallunabhängig da diese Normabweichungen sich an beiden Füßen zeigten.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben deswegen am 09.08.2019 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben, mit der sie die Anerkennung weiterer Unfallfolgen verfolgten (S 7 U 2921/19). Die isolierte Betrachtung jedes einzelnen Unfalls werde dem Lebenssachverhalt nicht gerecht. Der H1 habe ausdrücklich bestätigt, dass es um die Summe chronisch rezidivierender Umknickereignisse gehe.

Die Beklagte hatte mit einem zweiten Bescheid vom 08.10.2018 auch das Unfallereignis vom 21.12.2012 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Distorsion des linken Sprunggelenks anerkannt; auch hier hatte sie weitergehende Unfallfolgen abgelehnt. Den Widerspruch vom 16.10.2018 hatte sie mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2019 zurückgewiesen, weswegen der Kläger am 20.08.2019 eine weitere Klage beim SG Ulm erhoben hat (S 7 U 3040/19).

Schließlich hatte die Beklagte mit einem dritten Bescheid vom 08.10.2018 auch das Unfallereignis vom 22.12.2014 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Distorsion des linken Sprunggelenks anerkannt und auch insoweit weitergehende Unfallfolgen abgelehnt. Den Widerspruch vom 16.10.2018 hatte sie mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2019 zurückgewiesen, weswegen der Kläger am 20.08.2019 eine dritte Klage beim SG Ulm erhoben hat (S 7 U 3041/19).

Das Gericht hat Beweis durch die Einholung eines Gutachtens bei dem F1 (Bundeswehrkrankenhaus U1) vom 08.06.2020 erhoben. Danach könne eine Einzelaufschlüsselung der festgestellten Gesundheitsstörungen zu den Unfallereignissen nicht erfolgen. Eine chronische Instabilität entstehe selten beim ersten Unfall. Die Verletzungsraten variierten in Abhängigkeit vom Berufsbild und seien in Berufen mit unebenem Gelände, Sprung-und Richtungswechsel-Belastungen am höchsten. Der komplizierte Verlauf sei als Folge der Summe der Distorsionsereignisse zu sehen. Beim Kläger hätten die rezidivierenden Distorsionen zu einer mechanischen Instabilität geführt, welche operativ korrigiert worden sei. Es verbleibe eine funktionelle Restinstabilität des linken Sprunggelenkes. Die Nebendiagnosen, u.a. die beginnenden arthrotischen Veränderungen von USG und OSG, seien als Komplikationen des unfallabhängig notwendigen Primäreingriffes zu werten. Beim Kläger bestünden insoweit eine leichte verbleibende funktionelle Restinstabilität bei primär mechanischer Instabilität des Sprunggelenkes links, eine Bewegungseinschränkung der Plantarflexion des OSG links sowie Belastungsschmerzen, arthrotische Veränderungen mit Bewegungseinschränkungen bei Supination, eine Tendinopathie und rezidivierende Tendinitis der Peroneus longus et brevis Sehnen im Bereich lateraldorsal und lateroventraler Malleolus medialis, ein Zustand nach Tubulisation der Fibularissehnen des linken  Sprunggelenks, ein Zustand nach posttraumatisch und postoperativ aufgetretenen Neuromen mit OP-Indikation sowie rezidivierende Schwellungstendenzen bei Reizergüssen. Weitere Untersuchungen und Begutachtungen seien nicht erforderlich.

Die Beklagte hat hierzu eine weitere Stellungnahme des C2 vom 28.08.2020 vorgelegt, der seine ablehnende Auffassung bestätigt hat. Kernspintomographisch seien bereits am 07.01.2013 eine Arthrose mit Ergussbildung und weitere Schädigungen festgestellt worden, die nicht dem ersten Unfallereignis zugerechnet werden könnten. Aktenkundig sei insofern zumindest ein weiteres Ereignis, wonach dem Kläger Arbeitsunfähigkeit wegen „Verstauchung und Zerrung des oberen Sprunggelenkes“ vom 14.04. bis zum 23.04.2011 attestiert worden sei. Ein schwerwiegender Bandschaden sei in diesem Zusammenhang aufgrund der Kürze der Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht wahrscheinlich. Insoweit müsse offenbleiben, wann die Schäden entstanden seien.

Das SG hat die drei Klageverfahren in der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2021 verbunden. Anschließend hat das SG mit Urteil vom 17.11.2021 unter Abänderung der angefochtenen Bescheide als Folgen des Arbeitsunfalles vom 02.11.2015 entsprechend den Anträgen des Klägers eine leichte funktionelle Restinstabilität bei primär mechanischer Instabilität des Sprunggelenkes links, Bewegungseinschränkungen der Plantarflexion des OSG links, Belastungsschmerzen, Neurome im Verlauf des Nervus suralis links mit Indikation zur Exzision und Nervenumhüllung mittels Venenplastik, rezidivierende Schwellungstendenzen bei Reizergüssen des Sprunggelenkes links und arthrotische Veränderungen im Schwerpunkt des USG links mit Bewegungseinschränkung des USG bei der Supination festgestellt. Sämtliche im Klageantrag genannten Gesundheitsstörungen und Befunde lägen im Sinne des erforderlichen Vollbeweises vor, wozu auf das Gutachten des F1 vom 08.06.2020 verwiesen wurde. Die Tatsache, dass die streitbefangenen Gesundheitsstörungen im Bereich des linken Sprunggelenkes bei dem Kläger im Sinne des Vollbeweises vorlägen, werde von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Diese Gesundheitsstörungen im Bereich des linken Sprunggelenkes seien auch mit Wahrscheinlichkeit wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 02.11.2015 zurückzuführen. Jedenfalls erachte die Kammer die Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall vom 02.11.2015 und dem Eintritt der streitbefangenen Gesundheitsstörungen als hinreichend wahrscheinlich. Hierbei habe die Kammer berücksichtigt, dass die erhebliche Beschwerdesymptomatik beim Kläger erst nach dem Ereignis vom 02.11.2015 dauerhaft eingetreten sei. Hingegen hätten die anerkannten Arbeitsunfälle der Jahre 2012 und 2014 nicht zu einer erheblichen und längerfristig andauernden Beschwerdesymptomatik geführt. Diese zeitliche Komponente sei zwar für die Frage der Kausalität zwischen den Gesundheitsstörungen und den anerkannten Arbeitsunfällen nicht entscheidend, aber zur Überzeugung der Kammer stelle letztlich der Arbeitsunfall vom 02.11.2015 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das wesentliche Ereignis für den Eintritt der dauerhaften Befunde und Gesundheitsstörungen im Bereich des linken Sprunggelenkes dar. Der gerichtliche Sachverständige führe zur Frage der Kausalität zwar u.a. aus, dass eine Einzelaufschlüsselung der Diagnosen zu den zurückliegenden drei Unfallereignis nicht erfolgen könne und dass der komplizierte Verlauf als Folge der Summe der Distorsionsereignisse zu sehen sei. Nachdem aber F1 schlüssig darauf hinweise, dass eine Instabilität des Sprunggelenkes selten beim ersten Unfall auftrete, sehe die Kammer den ursächlichen Zusammenhang zwischen den eingeklagten Gesundheitsstörungen jedenfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bezüglich des letzten Arbeitsunfalles vom 02.11.2015 als gegeben an. Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass durch den letzten Unfall vom 02.11.2015 eine mechanische Instabilität eingetreten sei, welche operativ am 10.01.2017 korrigiert worden sei. Trotz dieser Operation sei eine funktionelle Restinstabilität des linken Sprunggelenkes verblieben. Das Gericht schließe sich nicht den Auffassungen des C2 und des H1 an, wobei darauf hinzuweisen sei, dass auch H1 in seinem Gutachten zumindest den Eintritt einer Verschlechterung durch den Unfall vom 02.11.2015 als gegeben ansehe.

Im Rahmen der Prüfung des Ursachenzusammenhangs habe das Gericht entscheidend bewertet, dass entgegen den Beschreibungen des Z1 die am 07.01.2013 gefertigten MRT-Aufnahmen des linken OSG keine massiven Vernarbungen im Bereich der vorderen Syndesmose zeigten. J1, habe unmittelbar im Befundbericht vom 07.01.2013 gerade das Gegenteil beschrieben, nämlich keinen Hinweis für eine Syndesmosenverletzung. Folglich basierten die beratungsärztlichen Stellungnahmen des C2 auf der fälschlichen Annahme einer Vorerkrankung. Wie bereits ausgeführt dürften jedoch etwaige unfallunabhängige Erkrankungen und Befunde nur in die Kausalitätsprüfung eingestellt werden, wenn sie im Sinne des Vollbeweises auch gesichert seien. Vorliegend sei eine Vorschädigung in Form einer Vernarbung der Syndesmose nicht im Vollbeweis nachgewiesen. Selbst die MRT-Untersuchung vom 09.01.2014 habe keinen Syndesmosenschaden ergeben. Hingegen sei die Tendovaginitis im linken Sprunggelenk als unfallunabhängiger Vorbefund durch die MRT-Untersuchungen gesichert, weswegen der Kläger dementsprechend diese Erkrankung auch nicht in seinen Klageantrag aufgenommen habe. Schließlich seien zur Überzeugung der Kammer - entsprechend der Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen - auch die Nebendiagnosen, wie die beginnenden arthrotischen Veränderungen im OSG und USG, die Neurome im Verlauf des Nervus suralis mit Indikation zur Exzision und Nervenumhüllung, als unfallabhängige Komplikationen des operativen Eingriffs vom 10.01.2017 und mithin als Folgen des Arbeitsunfalls vom 02.11.2015 zu werten. Das Urteil ist der Beklagten am 20.12.2021 zugestellt worden.

Die Beklagte hat am 13.01.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Die Definition des Arbeitsunfalls enthalte als wesentliches Merkmal das der zeitlichen Begrenzung. Es dient der Abgrenzung des Arbeitsunfalls von der Berufskrankheit. Danach erfülle eine schädigende Einwirkung nur dann den Tatbestand eines Unfalles, wenn sie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht geschehen sei (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 71; Brackmann, aaO, S 479 f; Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNrn.  14 bis 15; KassKomm-Ricke, § 548 RVO RdNr. 8). Die Gesamtheit mehrerer, auf einen längeren Zeitraum verteilter, Gewalteinwirkungen sei kein Unfall im rechtlichen Sinne. Schäden durch wiederholte, auf mehrere Arbeitsschichten verteilte Gewalteinwirkungen seien nur dann als Folge eines Unfalls anzusehen, wenn sich eine einzelne Gewalteinwirkung aus der Gesamtheit derart hervorhebe, dass sie nicht nur als die letzte von mehreren für den Erfolg gleichwertigen Gewalteinwirkungen erscheine. Andererseits ist sie nur Gelegenheit für die Vollendung, aber nicht eine wesentliche Teilursache des Erfolges (mit Hinweis auf Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl. § 548 RVO Anm. 3; Brackmann, aaO, S. 479h; Brackmann/Krasney, aaO, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 08.12.1998 – B 2 U 1/98 R –, Rn. 22, juris). Schließlich hat die Beklagte erneut eine Stellungnahme des C2 (vom 18.02.2022) vorgelegt, wonach dieser an seiner Kritik an dem Gutachten des F1 festhielt.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage gegen den Bescheid vom 08.10.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2019 unter Aufhebung des vorgenannten Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

            die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Er beruft sich die Entscheidungsgründe des SG und das vom SG eingeholte Sachverständigengutachten.

Im Berufungsverfahren ist eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme von F1 eingeholt worden, in welcher dieser die Schlussfolgerungen seines Gutachtens unter Berücksichtigung der Einwände des C2 aufrechterhalten hat. Hierzu hat die Beklagte eine aktuelle Stellungnahme des C2 vom 02.12.2022 vorgelegt, der ebenfalls bei seiner bisherigen Bewertung verblieben ist.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.





Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht weitere Unfallfolgen des Ereignisses vom 02.11.2015 festgestellt und die Bescheide der Beklagten entsprechend abgeändert.

Mit der Klage kann nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Feststellung begehrt werden, dass eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Erforderlich für die Feststellung einer Unfallfolge ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196-209, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Die Prüfung der Unfallkausalität hat daher grundsätzlich zweistufig zu erfolgen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung sowohl objektiv (1. Stufe, Verursachung im naturwissenschaftlichen Sinne, conditio sine qua non-Formel) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe, Wesentlichkeitstheorie) verursacht haben (vgl. hierzu Keller in Hauck/Noftz, SGB, Stand 02/21, § 8 SGB VII Rn. 6 ff.; BSG Urteile vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 55 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, RdNr. 32 ff m.w.N.). Auf der ersten Stufe setzt die Zurechnung mithin voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Ob die versicherte Verrichtung eine Ursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage (BSG, Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 34/17 R –, BSGE 128, 104-114, SozR 4-2700 § 2 Nr. 50, Rn. 24).

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (ständige Rechtsprechung; vgl. stellvertretend zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4 2700 § 8 Nr. 17; B 2 U 40/05 R, UV Recht Aktuell 2006, 419; B 2 U 26/04R, UV Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (stRspr BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a.F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m. H. auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl.2005, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen der Gesundheitsschaden und die versicherte Tätigkeit im Sinne des „Vollbeweises“, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rn. 28; BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

Die Beklagte hat das Unfallereignis vom 02.11.2015 zu Recht als Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII anerkannt. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung der weiteren Sachaufklärung durch den erkennenden Senat steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die vom SG festgestellten weiteren Unfallfolgen (leichte funktionelle Restinstabilität bei primär mechanischer Instabilität des Sprunggelenkes links, Bewegungseinschränkungen der Plantarflexion des OSG links, Belastungsschmerzen, Neurome im Verlauf des Nervus suralis links mit Indikation zur Exzision und Nervenumhüllung mittels Venenplastik, rezidivierende Schwellungstendenzen bei Reizergüssen des Sprunggelenkes links und arthrotische Veränderungen im Schwerpunkt des USG links mit Bewegungseinschränkung des USG bei der Supination) entsprechend dem Gutachten des F1 rechtlich wesentlich im oben angeführten Sinn auf das Unfallereignis vom 02.11.2015 zurückzuführen sind. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des SG, die er sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht, § 153 Abs. 2 SGG.

Im Berufungsverfahren hat F1 am 29.09.2022 überzeugend dazu Stellung genommen, dass entgegen der Argumentation der Beklagten bzw. des C2 davon auszugehen ist, dass erst nach dem letzten der drei anerkannten Arbeitsunfälle die OP-Indikation aufgetreten ist, und dass daher bereits ein Indiz für eine besondere Schwere der bei diesem Unfall aufgetretenen Verletzungen anzunehmen ist. Hierbei geht der Senat wie F1 und offensichtlich auch die Beklagte davon aus, dass das Ereignis vom 02.11.2015 auch geeignet war, die streitbefangenen weiteren Unfallfolgen zu verursachen.

Das maßgebliche Abstellen auf die MRT-Befunde ist bei der Beurteilung einer Instabilität nicht zielführend, da es hierbei um eine funktionelle Begutachtung geht, wie F1 schlüssig ausführt. F1 räumt auch ein – was aus Sicht des Senats seine Neutralität unterstreicht – dass weitere bisher nicht aktenkundige Verletzungen des linken Sprunggelenks denkbar seien, weist aber zu Recht auch darauf hin, dass solche Ereignisse für die Zeit von 2015 bis 2017 nicht dokumentiert sind, und die im Jahr 2018 festgestellte OP-Indikation danach letztlich auf dem Ereignis vom 02.11.2015 aufbaut. F1 ist auch insoweit vollumfänglich zuzustimmen. Denn sofern die Beklagte sich auf alternative Verletzungsereignisse beruht, obliegt ihr hierzu die objektive Feststellungslast. Die Beweislast für eine körpereigene Ursache oder für ein vorausgehendes Unfallgeschehen als anspruchsvernichtende Tatsache liegt nach den allgemeinen Regeln für die objektive Beweislast beim Versicherungsträger (G. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 8 SGB VII (Stand: 24.03.2023), Rn. 140; BSG v. 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - SozR 2200 § 548 Nr. 27 = BSGE 43, 110). Zwar erfolgt der Vortrag der Beklagten nach Auffassung des Senats nicht lediglich „ins Blaue hinein“, da gerade beim Berufsbild des Klägers (Lokführer im Rangierbetrieb) häufig unebener Boden (Schotter im Gleisbett) betreten wird, so dass für Verletzungen im Bereich der Sprunggelenke ein erhöhtes Risiko besteht. Aus den – von der Beklagten zu führenden – Akten ergibt sich hieraus jedoch nichts von Substanz. Der einzige insoweit von C2 erwähnte Vorfall aus dem Jahr 2011 mit Arbeitsunfähigkeit wegen „Verstauchung und Zerrung des oberen Sprunggelenkes“ vom 14.04. bis zum 23.04.2011 führte nur zu einer kurzen Arbeitsunfähigkeit und war auch nach der Auffassung von C2 wahrscheinlich nicht mit einem schwerwiegenden Bandschaden verbunden.

Da andere geeignete vorausgehende – womöglich auch nicht bei der Beklagten versicherte – Vorfälle mit einer Verletzung des linken Sprunggelenks trotz der äußerst umfassenden medizinischen Dokumentation des Klägers in den Akten der Beklagten nicht enthalten sind, geht der Senat davon aus, dass solche Ereignisse mit der Ausnahme des oben genannten Vorfalls aus dem Jahr 2011 nicht vorgelegen haben.

Insoweit verbleibt allerdings die Frage, ob es zu Lasten des Klägers ausfallen kann, falls – wie nach Auffassung der Beklagten – keinem der drei anerkannten Arbeitsunfälle eindeutig die streitbefangenen weiteren Unfallfolgen zugerechnet werden können, wenngleich alle drei Arbeitsunfälle hierfür in Betracht kommen.

Auch im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Regeln der Wahlfeststellung anwendbar., wenn etwa der konkrete Unfallverlauf nicht aufgeklärt werden kann, jedoch alle möglichen Unfallverläufe zu dem Ergebnis führen, dass die versicherte Tätigkeit eine rechtlich wesentliche Ursache für den Unfall war (G. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 7 SGB VII (Stand: 24.03.2023), Rn. 48; BSG, Urteil vom 27.06.2000 – B 2 U 23/99 R – juris Rn. 22 m.w.N.; Hessisches LSG, Urteil vom 26.01.2021 – L 3 U 131/18 –, juris). Insofern wäre es denkbar, eine Gesamtverantwortung der Beklagten für die beim Kläger aufgetretenen Verletzungen des linken Sprunggelenks zu erwägen, da die Beklagte für alle drei Arbeitsunfälle der zuständige Versicherungsträger ist.

Diese Frage kann jedoch offenbleiben, weil zur Überzeugung des Senats und in Übereinstimmung mit den Ausführungen von F1 und des SG davon auszugehen ist, dass die vom SG ausgeurteilten weiteren Unfallfolgen auf das Ereignis vom 02.11.2015 zurückzuführen sind. Dabei kann zusätzlich zu der Argumentation des SG ergänzt werden, dass das erste Unfallereignis vom 21.12.2012 zu keinem einzigen Tag der Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Auch das zweite Unfallereignis vom 22.12.2014 hat nur vorübergehend zu einer Arbeitsunfähigkeit vom 22.12.2014 bis zum 01.02.2015 geführt, und danach konnte der Kläger seine Tätigkeit als Lokführer im Rangierbetrieb ohne das Erfordernis einer OP wieder verrichten. Mit F1 geht der Senat daher davon aus, dass jedenfalls im Sinne einer wesentlichen Teilursache ganz überwiegend das Ereignis vom 02.11.2015 rechtlich wesentlich die weiteren streitbefangenen Unfallfolgen des Klägers verursacht hat.

Wollte man dem nicht folgen, wäre allerdings nach Auffassung des Senats – bei fehlendem Nachweis von geeigneten alternativen Ursachen – auf die oben angeführte Möglichkeit der Wahlfeststellung zwischen den Ereignissen vom 22.12.2014 und vom 02.11.2015 zurückzugreifen, so dass auch in diesem Fall die Unfallfolgen zutreffend festgestellt worden sind, aber alternativ den beiden Ereignissen zuzuschreiben wären.

Der Senat weist darauf hin, dass jedenfalls die letztere Sichtweise sich in Übereinstimmung mit den Ausführungen des anderens H1 vom 26.03.2018 befinden dürfte, wonach die nachgewiesenen Gesundheitsschäden die Summe von chronisch-rezidivierenden Umknickereignissen des linken OSG über die letzten Jahre, aktenkundig dokumentiert mit weiteren Unfalldaten vom 21.12.2012 und 22.12.2014, seien.

Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
 

 

Rechtskraft
Aus
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