Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit stehen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Über seinen Prozessbevollmächtigten stellte der Kläger mit Schreiben vom 30.11.2020, bei der Stadt A. eingegangen am 04.12.2020, einen Antrag auf Tagespauschale für Wohnungslose während der Corona Pandemie für den Zeitraum seit Februar 2020. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger mittel- und obdachlos sei, über keinerlei Einkommen verfüge, auch nicht über Transferleistungen. Er habe aufgrund der Corona Pandemie das Rathaus nicht aufsuchen können, um die Tagespauschale für wohnungslose Menschen ausgezahlt zu erhalten, weshalb er beantragen würde, 14,40 € pro Tag seit Februar auf das Kanzleikonto des Prozessbevollmächtigten auszuzahlen.
Mit Bescheid vom 09.12.2020 lehnte der Beklagte den Antrag für den Zeitraum 01.02.2020 bis 02.09.2020 mit Ausnahme der Zeit vom 16.03.2020 bis 27.04.2020 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 37 Abs. 2 SGB II Leistungen nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht würden. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirke auf den Ersten des Monats zurück. Der Kläger habe mit Eingangsdatum vom 04.12.2020 Leistungen nach dem SGB II ab Februar 2020 beantragt. Somit sei es nicht möglich, rückwirkend Leistungen nach dem SGB II zu erbringen. Der Nachweis, dass die Stadt A. – trotz Pandemie – immer für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung gestanden habe, könne erbracht werden. Des Weiteren stünde es dem Kläger frei, auch in anderen Kommunen sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Landkreises B. Leistungen als Nichtsesshafter zu beantragen, was aber anscheinend nicht gemacht worden sei. Über den Zeitraum vom 16.03.2020 bis 27.04.2020 sei nicht entschieden worden, weil über diesen Zeitraum bereits eine Entscheidung vorliege. Seit dem 03.09.2020 beziehe der Kläger ununterbrochen Tagessätze im Landkreis B.
Unter dem 18.12.2020, beim Beklagten zugegangen am 22.12.2020, teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass es sich bei dem Schreiben vom 30.11.2020 nicht um einen erneuten Antrag gehandelt haben solle. Dies habe ein persönliches Schreiben an die Bürgermeisterin D. darstellen sollen.
Unter dem 25.12.2020, beim Beklagten zugegangen am 27.12.2020, legte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass, nachdem vom Beklagten klargestellt worden sei, dass das Schreiben vom 30.11.2020 als Antrag angesehen würde, Widerspruch eingelegt würde, soweit sich die Ablehnung der Zahlung von Leistungen nach dem SGB II auf den Zeitraum vom 01.02.2020 bis 15.03.2020 und vom 28.04.2020 bis zum 02.09.2020 beziehe. Im Übrigen würde auf bisherigen Vortrag verwiesen.
Mit Bescheid vom 25.01.2021 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 12.02.2021 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht B. erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er ohne festen Wohnsitz sei. Sein Ausweisdokument sei durch die Stadt A. ausgestellt worden. Für die Zeit der ersten Phase der auftretenden Corona Pandemie habe der Kläger nicht bei der Stadt A. vorgesprochen, um seine Tagespauschale als Wohnsitzloser ausgezahlt zu erhalten. Der Kläger könne nicht darauf verwiesen werden, er habe keinen Anspruch auf die beantragte Leistung, da er keinen Antrag gestellt hätte. Dem Kläger sei es objektiv unmöglich gewesen, während des ersten Lockdowns die ihm zustehenden Tagessatzpauschale zu erhalten. Die jeweiligen Städte und Gemeinden des Landkreises B., so auch die Stadt A., hätten kommuniziert, dass deren Rathäuser für den allgemeinen Publikumsverkehr geschlossen worden seien. Dies sei auch dem Kläger so mitgeteilt worden. Deshalb habe er es nicht versucht, persönlich bei der Stadt A. vorzusprechen, um seine Tagessatzpauschale ausgezahlt zu erhalten. Entsprechend habe die Stadt A. auch mit Aushang verkündet, dass ab dem 04.05.2020 die generelle Schließung des Rathauses aufgehoben würde. Im Falle des Klägers als Wohnsitzloser habe es keiner Antragstellung bedurft, da der Kläger als Wohnsitzloser grundsätzlich einen Anspruch auf Auszahlung der Tagessatzpauschale habe. Insoweit setze die Sozialhilfe auch unmittelbar an und müsse nicht beantragt werden. Es sei die Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 09.12.2020 in Form des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2021, mit dem die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.02.2020 bis 02.09.2020, mit Ausnahme des Zeitraum 16.03.2020 bis 27.04.2020, versagt worden sei, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 604,80 € zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf seine Widerspruchsentscheidung vom 25.01.2021. Es gehe in diesem Verfahren nicht um die Auszahlung einer „Corona-Sozialhilfe“, sondern um Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Das Antragserfordernis gelte auch hier. Im Übrigen sei es trotz Schließung der Rathäuser immer möglich gewesen, dort Anliegen zu erledigen. Dazu gehörten auch die Auszahlung von Tagessätzen an nichtsesshafte Personen. Hierbei gehe es weder um Sanktionen noch um Kürzungen. Auch die im Grundgesetz verankerten Grundrechte seien nicht verletzt worden.
Die Kammer hat die Beteiligten vor Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gegeben (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 105 SGG konnte das Gericht im vorliegenden Fall ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vor Erlass ordnungsgemäß gehört wurden.
Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist jedoch unbegründet.
Denn der Bescheid des Beklagten vom 09.12.2020 in Form des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2021, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheides vermochte das Gericht nicht zu erkennen. Es folgt der Begründung des Widerspruchsbescheides und sieht zwecks Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Hervorzuheben ist, dass der Kläger zwar dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wäre. Er hat gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht überschritten (Nr. 1), ist mangels anderer Erkenntnisse erwerbsfähig (Nr. 2) und offenbar hilfebedürftig (Nr. 3) und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4).
Der Gesetzgeber hat aber in § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein strenges Antragsprinzip festgeschrieben. Im Gegensatz zum Sozialhilferecht, wo aus § 18 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) der Grundsatz hervorgeht, dass eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII erfolgt, sobald dem Sozialhilfeträger bekannt wird, dass die für eine Leistungsgewährung erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, hat im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende einzig ein von mittellosen Personen ausdrücklich gestellter Antrag konstitutive Wirkung. Es handelt sich hier um ein unabdingbares Verfahrenserfordernis für die Gewährung öffentlicher Hilfen. Dass für den Kläger der Zugang zum SGB XII eröffnet sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.