Die Klage wird abgewiesen.
Der Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger, der in den Jahren 2018 bis 2020 zeitweise bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gestanden hatte, wendet sich gegen eine Versagungsentscheidung des Beklagten.
Der Kläger stellte am 29.04.2021 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab Mai 2021. Mit Schreiben vom 10.05.2021 wurde er vom Beklagten aufgefordert, bestimmte Unterlagen einzureichen, damit der Beklagte einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II prüfen könne. Hierzu wurde ihm unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer fehlenden Mitwirkung eine Frist gesetzt bis zum 24.05.2021. Nachdem der Kläger die Unterlagen innerhalb dieser Frist nicht eingereicht hatte, versagte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 07.06.2021 die beantragten Leistungen ab 01.05.2021 ganz, weil aufgrund der fehlenden Unterlagen eine Prüfung des Leistungsanspruchs nicht habe erfolgen können. Zum vollständigen Inhalt dieses Bescheides, insbesondere zur Aufzählung der angeforderten Unterlagen, wird auf Blatt 2 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger am 11.06.2021 Klage und gleichzeitig Widerspruch erhoben und zur Begründung u. a. angeführt, die geforderten Unterlagen seien entweder nicht notwendig oder lägen bereits vor bzw. der Beklagte müsse sie sich im Rahmen der §§ 20 SGB X und 65 SGB I selbst beschaffen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2021, zu dessen vollständigem Inhalt auf Blatt 18 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen wird, hat der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.06.2021 als unbegründet zurückgewiesen. In der Begründung hat er u. a. ausgeführt, die angeforderten Unterlagen seien erforderlich, weil ohne diese Unterlagen die Hilfebedürftigkeit des Klägers und somit ein Leistungsanspruch nicht geprüft werden könne. Auch sei die Bestimmung des Aufenthaltsortes des Klägers derzeit nicht möglich, sodass eine aktuelle Meldebescheinigung, eine Kopie des Personalausweises oder ein Mietvertrag bzw. eine Mietbescheinigung erforderlich seien. Schließlich seien mit der Anforderung der Unterlagen die Grenzen der Mitwirkungspflicht nach § 65 SGB I nicht überschritten worden. Auch sei die gemäß § 66 SGB I erforderliche Ermessensausübung erfolgt, die Interessen des Klägers seien angemessen berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt ausweislich der Klageschrift,
den Bescheid des Beklagten vom 07.06.2021 aufzuheben, die Leistungsgewährung hilfsweise Neubescheidung anzuordnen und im Übrigen das Verhalten des Beklagten für rechtswidrig zu erklären,
sowie mit einem am 18.06.2021 eingegangenen Schriftsatz,
einen Anwalt gemäß §§ 15 SGB X, 72 SGG bestellen zu lassen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Die Vorsitzende hat die Beteiligten mit Schreiben vom 13.07.2021 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben bis zum 15.09.2021. Dieses Schreiben ist dem Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 19.07.2021 und dem Kläger im Wege der öffentlichen Bekanntmachung (an der Gerichtstafel ausgehängt am 19.07.2021, abgenommen am 24.08.2021) zugestellt worden. Das Originalschreiben ist dem Kläger anlässlich einer Vorsprache am 19.08.2021 persönlich aushändigt und das Formular Empfangsbekenntnis von ihm mit dem Vermerk „Berufung gg.“ (die beglaubigte Abschrift der Anhörung zum Gerichtsbescheid vom 13.07.2021) versehen worden.
Der Beklagte hat sich zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht geäußert. Der Kläger hat mit einem am 19.08.2021 eingegangenen Schriftsatz die Kammervorsitzende als befangen abgelehnt und eine „klare Rechtsbeugung“ geltend gemacht, die allein darauf abziele, den Urhebern der Entscheidungen der Kammer und des Berufungssenats „den notwendigen Freiraum für ihre umfangreichen Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte zu verschaffen“. Außerdem hat der Kläger mit am 23.08.2021 und 04.10.2021 eingegangenen Schriftsätzen „gegen die aktenkundigen Entscheidungen“ alle statthaften Rechtsmittel sowie gegen die öffentliche Zustellung Beschwerde eingelegt.
Das Gericht hatte dem Kläger bereits in einem Schreiben vom 05.02.2021 (Aktenzeichen S 19 AS 1410/20 ER und S 19 AS 1412/20 ER) für alle laufenden und von ihm künftig anhängig gemachten Klage- und Antragsverfahren erfolglos aufgegeben, dem Gericht entweder eine Anschrift mitzuteilen, an die ihm nicht nur einfache Postsendungen übersandt, sondern unter der auch Schriftstücke gegen Zustellungsurkunde zugestellt werden können, oder aber eine Zustellungsbevollmächtigte bzw. einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Mit Schreiben vom 09.06.2021 (Aktenzeichen S 19 AS 461/21) hat das Gericht den Kläger, da er aufgrund der Kündigung durch die Deutsche Post AG nicht mehr über das Postfach erreichbar sein werde, ferner gebeten, dem Gericht mitzuteilen, an welche Anschrift die weitere an ihn gerichtete Briefpost gerichtet werden soll. Bei der Abholung von für ihn im Zusammenhang mit öffentlichen Zustellungen bei Gericht hinterlegten Schriftstücken am 09.07.2021 hat der Kläger angegeben, dass er keine feste Anschrift habe, und wiederum keine zustellungsbevollmächtigte Person oder andere zustellungsfähige Anschrift genannt.
Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte durch die vom Kläger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Vorsitzende entscheiden, da dieses Ablehnungsgesuch unzulässig ist.
Nach § 60 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob für einen Verfahrensbeteiligten berechtigter Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters bei vernünftiger Würdigung der Umstände besteht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 60 Rn. 7 m.w.N.). In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass rechtsmissbräuchliche oder gänzlich untaugliche Ablehnungsgesuche ausnahmsweise im vereinfachten Ablehnungsverfahren behandelt werden können, in dem der abgelehnte Richter über das Ablehnungsgesuch mitentscheiden darf (a.a.O., Rn. 13b m.w.N.), wenn für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Rechtsmissbrauch wird etwa angenommen, wenn verfahrenswidrige Zwecke verfolgt werden, z. B. um Richter, die eine missliebige Rechtsansicht vertreten, auszuschalten (Keller, a.a.O., Rn. 10c m.w.N.). Offensichtlich ungeeignet ist ein Ablehnungsgesuch, wenn keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen werden, das Gesuch entweder gar nicht oder nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können (BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 18.12.2007, 1 BvR 1273/07).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte die Kammer unter Mitwirkung der abgelehnten Vorsitzenden eine Entscheidung in der Sache treffen, da der Ablehnungsantrag in keiner eine Befangenheit der Kammervorsitzenden begründenden Weise begründet worden ist und somit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein erfolgversprechendes Befangenheitsgesuch des Klägers vorliegt. Insbesondere ist ein Zusammenhang der bisher von der Kammer durch deren Vorsitzende getroffenen Entscheidungen mit vom Kläger nicht näher benannten Nebentätigkeiten nicht ersichtlich. Im Übrigen sind bereits mehrere Befangenheitsanträge des Klägers gegen die Kammervorsitzende mit Beschlüssen vom 24.09.2019 (S 2 SF 170/19 AB, S 2 SF 171/19 AB und S 2 SF 172/19 AB) zurückgewiesen worden, sodass weitere Befangenheitsanträge, insbesondere wenn sie nicht unter Angabe von Tatsachen näher begründet werden, als offenkundig rechtsmissbräuchlich anzusehen sind.
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid über die Klage entscheiden, weil die Klage keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der für die Entscheidung erhebliche Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden sind (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz, SGG). Die Zustellung des Anhörungsschreibens an den Kläger im Wege der öffentlichen Bekanntmachung war zulässig, weil der Kläger unbekannten Aufenthalts ist, dem Gericht keine zustellungsfähige Anschrift oder zustellungsbevollmächtigte Person benannt hat und an das von der Deutschen Post AG zum 19.06.2021 gekündigte Postfach weder eine Zustellung noch eine Übersendung mit einfacher Post mehr möglich ist. Auch eine Mitteilung über die Vornahme der öffentlichen Zustellung an die Postfachanschrift zur Wahrung des rechtlichen Gehörs ist somit nicht mehr möglich.
Die Klage ist unzulässig.
Es fehlt bereits an einem formal-ordnungsgemäßen prozessualen Begehren, da der Kläger in seiner Korrespondenz mit dem Gericht bewusst keine aktuelle Wohnanschrift genannt hat bzw. nennt, unter der er geladen werden könnte oder unter der er zumindest durch Briefpost erreichbar wäre. An dieser im Wesentlichen ungeschriebenen weiteren Sachurteilsvoraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall, weil der Kläger trotz Aufforderung durch das Gericht keine aktuelle zustellungsfähige Anschrift, sondern lediglich zunächst seine Postfachanschrift angegeben hat, die aufgrund der Kündigung durch die Deutsche Post AG zum 19.06.2021 selbst für einfache Briefpost nicht mehr nutzbar ist.
Das Hessische Landessozialgericht hat in seinem dem Kläger im Wege der öffentlichen Bekanntmachung zugestellten Beschluss vom 21.06.2021 (L 7 AL 58/21 B ER), der in einem vom Kläger eingeleiteten Beschwerdeverfahren ergangen ist, u. a. ausgeführt:
„Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren setzt im Regelfall mindestens voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtsuchenden (Klägers, Antragstellers usw.) genannt wird (Bundessozialgericht, Beschluss vom 18. November 2003, B 1 KR 1/02 S, Juris, Rdnr. 4 m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur, so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. November 2019, L 31 AS 2127/18, Juris, Rdnr. 11; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 2. August 2017, L 9 AL 212/14, Juris, Rdnrn. 43 ff.; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 23016, L 7 SO 46/19/15, Juris, Rdnr. 20; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. April 2012, L 8 SO 182/11, Juris, Rdnr. 27).
Auch in dem sich allgemein durch Bürgerfreundlichkeit und fehlende Formenstrenge auszeichnenden sozialgerichtlichen Verfahren ist es in mehrfacher Hinsicht geboten, §§ 90, 92 SGG nach ihrem Sinn und Zweck so auszulegen, dass sie den Rechtsuchenden zumindest dazu verpflichten, eine Anschrift zu nennen (BSG, a.a.O., Rdnr. 5). Der Angabe des Wohnsitzes bzw. Aufenthalts- oder Beschäftigungsortes des Rechtsuchenden bedarf es hier - ähnlich wie in anderen Gerichtszweigen - bereits, um die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach § 57 Abs. 1 bis 3 SGG (bzw. nach Sonderregelungen in den einzelnen Sozialleistungsbereichen) feststellen zu können und damit ein Tätigwerden des zuständigen „gesetzlichen Richters" iS von Art. 101 Abs. 1, Satz 2 Grundgesetz (GG) zu gewährleisten (BSG, a.a.O., Rdnr. 5). Da im Sozialgerichtsverfahren die örtliche Zuständigkeit nicht disponibel ist (vgl. § 59 SGG), diese Zuständigkeit umstritten sein kann, liegt auch hier das Bedürfnis nach Offenlegung einer Anschrift auf der Hand (BSG, a.a.O., Rdnr. 5). In gleicher Weise ist das Anschriftenerfordernis unumgänglich, um die rechtswirksame Zustellung gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen bewirken zu können (vgl. § 63 Abs. 2 SGG iVm §§ 166 ff. ZPO, siehe BSG, a.a.O., Rdnr. 5). Dass auf das verfahrensrechtliche Mittel einer öffentlichen Zustellung wegen unbekannten Aufenthalts des Betroffenen (§ 185 Nr. 1 ZPO) zurückgegriffen werden könnte, steht dem nicht entgegen (BSG, a.a.O., Rdnr. 5). Diese Zustellungsart kommt nach ihren strengen Voraussetzungen wegen der Gefahr der möglichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur in atypischen Ausnahmefällen in Betracht; als Regelzustellung bei planmäßigem, nicht gerechtfertigtem Schweigen eines Betroffenen über seinen Aufenthalt ist sie nicht vorgesehen (BSG, a.a.O., Rdnr. 5).
Gleichermaßen erfordert der Schutz des Rechtsuchenden die Offenlegung der Anschrift zu seiner einwandfreien Identifizierung (BSG, a.a.O., Rdnr. 6). So muss im gerichtlichen Verfahren feststehen, dass es sich bei einem zur Erlangung von Rechtsschutz eingereichten Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es dem Spruchkörper mit Wissen und Willen eines identifizierbaren Berechtigten zur Entscheidungsfindung im konkreten Fall zugeleitet worden ist, entsprechen zu können, sind handhabbare und sichere Kommunikationswege mit einer zustellungsfähigen Anschrift des Betroffenen unverzichtbar (BSG, a.a.O., Rdnr. 6). Denn der nach Art. 19 Abs. 4 GG garantierte Rechtsschutz dient keinem Selbstzweck, sondern soll sicherstellen, dass der Betroffene mit gerichtlicher Hilfe die ihm zustehenden Ansprüche durchsetzen bzw. rechtswidrige Eingriffe abwehren kann (BSG, a.a.O., Rdnr. 6). Mit der Einleitung eines sozialgerichtlichen Verfahrens begibt sich der Rechtsuchende in eine Rolle, die trotz des hier geltenden Amtsermittlungsprinzips regelmäßig ein Mindestmaß an aktiver Mitwirkung erfordert (vgl. § 103 Satz 1 Halbsatz 4, § 106 Abs. 1, § 111 Abs. 1 SGG); dies ist ohne sichere, auch für den Prozessgegner transparente Kommunikationsmöglichkeiten mit ihm (vgl. § 128 Abs. 2 SGG) nicht gewährleistet (BSG, a.a.O., Rdnr. 6).
Schließlich sprechen Gründe des Kostenrechts für das Erfordernis, dem Gericht eine Anschrift zu nennen (BSG, a.a.O., Rdnr. 7). Das sozialgerichtliche Verfahren ist zwar für eine natürliche Person grundsätzlich kostenfrei und in der Regel auch nicht mit der Pflicht zur Erstattung außergerichtlicher Kosten des Prozessgegners verbunden (vgl. §§ 183, 184 SGG in der ab 2. Januar 2002 geltenden Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001, BGBI I S 2144; BSG, a.a.O., Rdnr. 7). Als Ausnahme vom Grundsatz der Kostenfreiheit können jedoch nach § 192 SGG einem uneinsichtigen Rechtsuchenden die durch das Betreiben eines aussichtslosen Rechtsstreits entstandenen Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden (BSG, a.a.O., Rdnr. 7). Dieses Mittel liefe leer, wenn die Vollstreckung der auf dieser Grundlage festgesetzten Kosten gefährdet wäre, nur weil der Rechtsuchende sich durch bloßes Verschweigen seiner Anschrift der Durchsetzunq einer ihn treffenden Kostenlast entziehen könnte (BSG, a.a.O., Rdnr. 7).
Ausnahmen von der Pflicht, die Anschrift zu nennen, können nach den Umständen des Einzelfalls nur anerkannt werden, wenn dem Betroffenen dies aus schwerwiegenden beachtenswerten Gründen unzumutbar ist (BSG, a.a.O., Rdnr. 8). Im Hinblick auf den aus Art. 19 Abs. 4 GG fließenden Anspruch auf effektiven Rechtsschutz kann die Pflicht zur Angabe der Anschrift ausnahmsweise bei fehlendem Wohnort wegen Obdachlosigkeit entfallen (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Februar 2012, 9 B 79/11 u.a., Juris, Rdnr. 11 m.w.N.).
Der Antragsteller verweist zwar darauf, dass die Klagebefugnis eines Obdachlosen bestehe und in diesem Ausnahmefall die Pflicht, dass eine ladunqsfähiqe Adresse genannt werden müsse, entfalle. Der Antragsteller ist jedoch nicht obdachlos. Aus anderen Verfahren ist dem Gericht vielmehr bekannt, dass der Antragsteller regelmäßig in Hotels übernachtet. Beispielsweise hat der Antragsteller in den Berufunqsverfahren L 7 AL 43/20, L 7 AS 190/20, L 7 AS 45/20 und L 7 AS 46/20 am 29. März 2021 ein Formular über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht und darin den monatlichen Bezug von Arbeitslosengeld von 1.176 Euro und zugleich monatliche Hotelkosten von ca. 1.000 Euro angegeben. Auch aus den Verwaltungsakten des Jobcenters Frankfurt am Main, von dem der Antragsteller immer wieder Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, ist bekannt, dass der Antragsteller immer wieder in Hotels in A-Stadt übernachtet und die entsprechenden Kosten als Kosten der Unterkunft und Heizung beim Jobcenter Frankfurt am Main geltend macht. Da der Antragsteller auch immer wieder Arbeitsstellen wahrnimmt und dauerhaft eine Vielzahl von Verfahren vor den verschiedensten Gerichten betreibt, in denen er eine Vielzahl von computergeschriebenen Schriftsätzen einreicht, ist ausgeschlossen, dass der Antragsteller obdachlos ist und auf der Straße lebt und deswegen daran gehindert ist, eine Adresse anzugeben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Antragsteller - aus welchen Gründen auch immer - dem Senat bewusst keine Wohnanschrift nennt.“
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.
Obwohl die Klage somit bereits wegen fehlender Benennung einer Wohn- bzw. Zustellungsanschrift des Klägers unzulässig ist, wird ergänzend ausgeführt, dass die Klage auch unabhängig hiervon nur zum Teil zulässig und im Übrigen unbegründet ist.
Die Klage ist, soweit die Aufhebung der angefochtenen Versagungsentscheidung begehrt wird, nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2021 als reine Anfechtungsklage zulässig (§§ 54 Abs. 1, 78 Abs 1 Satz 1 SGG). Soweit die Klage auf die Verurteilung des Beklagten zu einer Leistungsgewährung gerichtet ist, ist sie dagegen unzulässig, weil eine Versagungsentscheidung nicht einer Ablehnungsentscheidung gleichzusetzen ist und eine solche Ablehnung weder ergangen noch angefochten worden ist. Die verlangte Neubescheidung kann erst nach Nachholung der vom Beklagten verlangten Mitwirkungshandlungen erfolgen (§ 67 SGB I). Für die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten fehlt es an der Zulässigkeitsvoraussetzung eines berechtigten Interesse an einer baldigen Feststellung (§ 55 Abs. 1 SGG).
Soweit die Klage als reine Anfechtungsklage zulässig wäre, ist sie in der Sache nicht begründet.
Der Beklagte hat zu Recht mit dem Bescheid vom 07.06.2021 die mit dem Antrag vom 29.04.2021 beantragten Leistungen nach dem SGB II versagt, weil der Kläger die für die Bearbeitung seines Antrags erforderlichen Unterlagen trotz Aufforderung unter konkreter Benennung dieser Unterlagen und ordnungsgemäßer Belehrung über die Folgen fehlender Mitwirkung nicht vorgelegt hat. Weil ohne die Möglichkeit, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen, eine Leistungsbewilligung nicht erfolgen kann, bestand für eine weitergehende Ermessensausübung kein Raum.
Diese Entscheidung beruht auf den §§ 7 ff. SGB II in Verbindung mit §§ 60, 65 und 66 SGB I. Dabei folgt die Kammer der zutreffenden Begründung des Versagungsbescheides vom 07.06.2021 und des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2021 und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG).
Über den Antrag des Klägers auf Bestellung bzw. Beiordnung eines besonderen Vertreters musste die Kammer nicht mit gesondertem Beschluss entscheiden, weil dieser Antrag offenkundig rechtsmissbräuchlich ist. Der Kläger ist weder nicht prozessfähig (§ 72 Abs. 1 SGG) noch ist sein von ihm behaupteter Aufenthaltsort Frankfurt am Main vom Sitz des Gerichts weit entfernt (§ 72 Abs. 2 SGG). Als prozessfähiger Kläger wäre es ihm zumindest möglich, dem Gericht eine zur Zustellung bevollmächtigte Person zu benennen. Soweit der Kläger diesen Antrag regelmäßig in den meisten seiner zahlreichen Klage- und Eilanträge stellt, obwohl die Voraussetzungen für die Bestellung eines besonderen Vertreters offenkundig nicht erfüllt sind, soll der Antrag offenbar nur der Verfahrensverzögerung dienen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die vom Kläger mit mehreren Schriftsätzen vermeintlich eingelegten Rechtsmittel unbeachtlich sind. Zwar kann eine zulässige Berufung bzw. Beschwerde vorliegen, wenn die Entscheidung bereits erlassen und mindestens einem der Beteiligten zur Kenntnis gelangt ist (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 151 Rn. 9 und § 125 Rn. 4b). Wenn die Rechtsmittelschrift aber bereits vor der Absendung der Entscheidung bzw. bei öffentlicher Zustellung vor dem Aushängen an der Gerichtstafel eingeht, ist sie unbeachtlich. Eine Heilung durch das Ergehen der Entscheidung erfolgt nicht, das Rechtsmittel müsste nachgeholt werden (a.a.O.).