§ 2 Abs. 2 S 1 iVm Abs.1 Nr. 1 SGB 7, § 128 Abs. 1 Nr. 9 SGB 7
Gesetzliche Unfallversicherung - Unfallversicherungsschutz gem. § 2 Abs. 2 S 1 iVm Abs 1 Nr. 1 SGB 7 - Wie-Beschäftigter - fremdnützige Tätigkeit – Mutmaßlicher Wille des Fahrzeughalters – Anheben eines Motorrades nach selbst verursachtem Anprall
1. Das unaufgeforderte Anheben eines Motorrades nach selbst verursachtem Anprall
steht nicht als "Wie-Beschäftigung" gem. § 2 Abs. 2 S 1 iVm Abs. 1 Nr. 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn vorrangiges Handlungsmotiv die Verhinderung des Eintritts eines weiteren Schadens ist.
2. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens muss der Handelnde sich auf ausreichende Anhaltspunkte in den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles stützen (hier verneint bei Anheben eines Motorrades nach selbst verursachtem Anprall).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. Juni 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 31. August 2018 als Arbeitsunfall streitig.
Die 1977 geborene Klägerin war zu diesem Zeitpunkt als Servicekraft im Dialysezentrum N beschäftigt. Gegen 6:25 Uhr wollte die Klägerin auf dem Hof der Dialysepraxis mit ihrem PKW rückwärts in eine offene Garage fahren, um diesen dort abzustellen und anschließend ihre Tätigkeit als Servicekraft aufzunehmen. Sie übersah dabei ein bereits abgestelltes Motorrad eines anderen Mitarbeiters, welches umstürzte. Sie stieg aus ihrem PKW aus, um das Motorrad anzuheben. Anschließend verspürte sie starke Rückenschmerzen mit deutlichen Bewegungseinschränkungen und stellte sich beim Durchgangsarzt vor. Dieser diagnostizierte eine Fraktur des Lendenwirbelkörpers (LWK) 4. Die Klägerin befand sich deshalb vom 31. August bis 5. September 2018 in stationärer Behandlung im S-klinikum. Ein operativer Eingriff erfolgte nicht. Gegenüber der Beklagten schilderte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Oktober 2018 erneut den Hergang des Ereignisses. Sie habe beim rückwärts Einfahren in die Garage das Motorrad übersehen, plötzlich einen Stoß verspürt und sofort gebremst. Sie sei ausgestiegen und habe das Motorrad auf dem Boden liegen sehen. Aus Angst, dass Flüssigkeiten wie Benzin oder Öl auslaufen könnten, habe sie das Motorrad unter Panik und Schock alleine angehoben. Schmerzen habe sie beim Aufprall sowie beim Anheben des Motorrads verspürt. Mit Motorrädern und insbesondere deren Gewicht kenne sie sich nicht aus.
Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 24. Oktober 2018 die Anerkennung des Ereignisses vom 31. August 2018 als Arbeitsunfall ab. Zum Unfallzeitpunkt sei keine versicherte Tätigkeit nach dem Sozialgesetzbuch Siebter Teil (SGB VII) ausgeübt worden. Das Aufheben des umgefallenen Motorrades sei weder auf Anweisung des Arbeitgebers erfolgt noch habe ein Zusammenhang mit der versicherten beruflichen Tätigkeit bestanden. Das Aufheben des Motorrades sei ausschließlich aus privaten Motiven erfolgt. Der Wirbelkörperbruch könne nicht durch den Anprall des Autos auf das Motorrad verursacht worden sein. Für eine solche Fraktur sei eine erhebliche Krafteinwirkung erforderlich. Zudem wäre die Klägerin dann nicht in der Lage gewesen, das Motorrad noch anzuheben. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren stellte die Beklagte weitere Ermittlungen an. Insbesondere wurden weitere bildgebende Befunde beigezogen. Aus einem radiologischen Befund vom 4. September 2018 ergibt sich, dass bei der Klägerin eine fortgeschrittene Osteopenie verbunden mit einer erhöhten Frakturgefährdung vorliegt. Durch Widerspruchsbescheid vom 27. März 2019 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Am Unfalltag habe die Klägerin den Weg zur Arbeit unterbrochen, um ein umgefallenes Motorrad wieder aufzuheben. Sie sei damit von ihrem Arbeitsweg abgewichen und habe eine private Tätigkeit ausgeübt. Der vorherige Anprall sei nicht geeignet gewesen, die Lendenwirbelkörperfraktur herbeizuführen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nordhausen erhoben. Unzweifelhaft stehe der Anprall auf das Motorrad im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, hier der Zurücklegung des Arbeitsweges. Es spreche alles dafür, dass die Lendenwirbelkörperfraktur durch den Anprall entstanden sei. Auch sei das Aufrichten des Motorrades im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Wegeunfall vorgenommen worden. Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Sachverständigengutachten des Unfallchirurgen L vom 5. Februar 2020 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, dass eine Knochendichtemessung der Lendenwirbelsäule vom 4. September 2018 eine fortgeschrittene Osteopenie mit erhöhter Frakturgefährdung belege. Die beiden Geschehensabläufe (Aufprall mit dem Motorrad und Wiederaufrichten des Motorrades) müssten getrennt gewürdigt werden. Bei der Klägerin liege eine sogenannte A-Fraktur vor. Diese komme durch ein Zusammendrücken des Körpers zustande. Das Rückwärtsfahren mit einem PKW und der Anstoß an das Motorrad mit einer Geschwindigkeit von etwa 10 km/h sei nicht geeignet einen derartigen Mechanismus auszuüben. Besonders, weil die hierbei entstehende Kraft nach menschlichem Ermessen nicht geeignet sei, eine derartige Verletzung hervorzurufen. Hingegen sei das zweite Ereignis, das Aufheben des ca. 200 Kilogramm schweren Motorrades, durchaus geeignet, eine Wirbelkörperfraktur herbeizuführen. Die bei der Klägerin vorliegende Osteopenie sei als Osteoporose Grad 0 zu werten. Dies bedeute, dass Frakturen durch ein tägliches Ereignis nicht in nächster Zukunft wahrscheinlich seien. Die Frakturwahrscheinlichkeit sei damit nur geringfügig erhöht.
Durch Urteil vom 10. Juni 2022 hat das Sozialgericht Nordhausen die Klage abgewiesen. Zwar habe sich die Klägerin beim Einparken auf dem Garagenhof in eine Mitarbeitergarage noch auf einem versicherten Arbeitsweg befunden. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme sei es aber nicht hinreichend wahrscheinlich, dass sich die Klägerin die Fraktur des vierten Lendenwirbelkörpers durch den Anstoß des PKW an das Motorrad zugezogen habe. L verneine in seinem Gutachten vom 5. Februar 2020 insoweit nachvollziehbar einen geeigneten Unfallmechanismus. Überwiegend wahrscheinlich sei vielmehr, dass die Klägerin die Fraktur beim Anheben des ca. 200 Kilogramm schweren Motorrades erlitten habe. Dieser Vorgang sei geeignet, eine derartige Fraktur hervorzurufen. Für diese Tätigkeit bestehe jedoch kein Versicherungsschutz. Die Handlungstendenz der Klägerin beim Aufheben des Motorrades sei darauf gerichtet gewesen, einen von ihr verursachten Schaden zu beheben. Jedenfalls sei sie nicht mehr darauf gerichtet gewesen, den morgendlichen Weg zur Arbeit zurückzulegen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Soweit es zu dem Ergebnis gelange, dass nach dem Sachverständigengutachten von L die Fraktur der Lendenwirbelsäule nicht durch den Anstoß des PKW an das Motorrad entstanden sei, berücksichtige der Gutachter nicht, dass die Klägerin bereits beim Anstoß Schmerzen verspürt habe. Außerdem werde nicht hinreichend berücksichtigt, dass die bei der Klägerin diagnostizierte Osteopenie als Vorschädigung derartige Verletzungen begünstigen könne. Die vom Sozialgericht zitierte Rechtsprechung zur Handlungstendenz sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Komme es auf einem Betriebsweg zu einem Verkehrsunfall, so gehöre es zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers, durch geeignete Maßnahmen zur Absicherung der Unfallstelle weitere Schäden nach Möglichkeit abzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. Juni 2022 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2019 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 31. August 2018 um einen Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins hat der Senat durch Beschluss vom 2. Mai 2023 die Unfallkasse Thüringen beigeladen. Des Weiteren wurden Unterlagen der Haftpflichtversicherung der Klägerin hinsichtlich der Schadensabwicklung bzgl. des beschädigten Motorrades beigezogen. Daraus ergibt sich, dass das Motorrad ein Gewicht von ca. 236 Kilogramm hat. Die Reparatur der beschädigten Zylinderkopfhaube links verursachte Kosten in Höhe von 433,64 €.
Die Beigeladene ist der Auffassung, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 31. August 2018 als Arbeitsunfall ihr gegenüber hat. Es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, sondern nur allenfalls möglich, dass die bei der Klägerin festgestellte Fraktur des vierten Lendenwirbelkörpers durch das Aufrichten des Motorrades am 31. August 2018 verursacht worden sei. Nicht das Motorrad habe auf die Klägerin, sondern die Klägerin auf das Motorrad eingewirkt. Wesentlich sei die fortgeschrittene Osteopenie, also der fortgeschrittene Kalksalzmangel mit deutlicher herabgesetzter Festigkeit des Wirbelkörpers gewesen. Zum Zeitpunkt des Aufrichtens des Motorrades sei die Klägerin auch nicht als Wie-Beschäftigte für den Halter des Motorrades im Sinne von § 128 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII tätig geworden. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Aufrichtens des Motorrades nicht im Sinne des Fahrzeughalters, sondern primär aus eigenem Interesse, nämlich der Erfüllung ihrer Schadensminderungspflicht, tätig geworden.
Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2023 zum Ablauf der Ereignisse am 31. August 2018 angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg (§§ 143, 151 SGG).
Der Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass sie am 31. August 2018 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten hat, weil kein Arbeitsunfall in diesem Sinne vorliegt.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII definiert Unfälle als zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten im Zeitpunkt des Unfalls den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Unerheblich ist, ob die Verletzung den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität; stRspr.; vgl. nur: BSG, Urteil vom 28. Juni 2022 – B 2 U 8/20 R – juris Rn. 12 m.w.N.). Die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, das Unfallereignis und der Gesundheitserstschaden müssen im Vollbeweis - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, aber nicht die bloße Möglichkeit (stRspr.; zuletzt BSG, Urteil vom 6. Mai 2021 – B 2 U 15/19 R).
Hinsichtlich des Geschehens am 31. August 2018 liegen zwei getrennt voneinander zu beurtei-lende Ereignisse vor, nämlich zunächst der Anprall des PKW der Klägerin beim rückwärts Einfahren in die Garage auf das Motorrad und anschließend das Anheben des Motorrades durch die Klägerin. Denn eine versicherte Tätigkeit wird konkret-individuell ausgeübt, wenn, solange und soweit der Verletzte den jeweiligen Versicherungstatbestand durch eigene Verrichtungen erfüllt (BSG, Urteil vom 27. November 2018 - B 2 U 15/17 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 49 Rn. 14). Eine Verrichtung ist jedes konkrete, räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist (BSG, Urteil vom 23. Juni 2020 - B 2 U 12/18 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 54 Rn. 13 – „Gaststättenbesuch“). Für die Prüfung ist regelmäßig die kleinste beobachtbare Handlungssequenz maßgebend (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 55 Rn. 14). Dabei ist nur auf die Sicht eines objektiven Betrachters der Situation abzustellen, ohne die subjektiven, ggf. unterschiedlichen Zwecke oder Handlungstendenzen, die der Verletzte mit seinem Verhalten verfolgt, in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die Unterbrechung des Weges war auch nicht nur geringfügig, so dass der Versicherungsschutz nicht aus diesem Grund fortbestanden hat. Eine Unterbrechung ist nur dann als geringfügig zu bezeichnen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des zurückgelegten Weges in seiner Gesamtheit anzusehen ist und nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommenen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung sozusagen im Vorbeigehen erledigt werden kann. Unter Anwendung dieser Grundsätze lag nicht nur eine geringfügige Unterbrechung des grundsätzlich versicherten Arbeits- bzw. Betriebsweges vor, weil es sich beim Aussteigen der Klägerin aus ihrem Kfz und dem Anheben des Motorrades nicht um ein Vorhaben handelte, dass quasi im Vorbeigehen hätte erledigt werden können. Daher liegt eine deutliche zeitliche und räumliche Zäsur vor, die eine Geringfügigkeit der Unterbrechung der Zurücklegung des Weges ausschließt.
Beide Ereignisse können nicht als Arbeitsunfälle anerkannt werden.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles sind hinsichtlich des Anpralls des PKW der Klägerin mit dem Motorrad ihres Arbeitskollegen in der Garage nicht erfüllt. Zwar hat die Klägerin zum Zeitpunkt des Anpralls mit ihrem PKW mit dem Motorrad eine versicherte Tätigkeit ausgeübt, weil ihre Handlungstendenz zu diesem Zeitpunkt noch darauf gerichtet war, ihre Arbeitsstelle zu erreichen. In diesem Zusammenhang kann es offenbleiben, ob sich die Klägerin bei der Einfahrt in die Garage bereits auf einem versicherten Betriebsweg (§ 8 Abs. 1 SGB VII) oder noch auf einem ebenfalls versicherten Weg nach dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) befand (der Weg zur Arbeitsstätte endet grundsätzlich am Betriebstor und der Weg auf dem Betriebsgelände bis zum eigentlichen Arbeitsplatz stellt sich wegen des engen Zusammenhangs mit der Arbeitsleistung als betriebliche Tätigkeit dar, vgl. Wolfgang Keller in: Hauck/Noftz SGB VII, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 8 SGB VII, Rn. 33). Die Anerkennung eines Arbeitsunfalles scheitert jedenfalls daran, dass der erforderliche Gesundheits(erst)schaden nicht vorliegt.
Unter einem Gesundheitserstschaden sind alle regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustände zu verstehen, die unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht sind, entsprechend dem allgemeinen Krankheitsbegriff. Der Gesundheitserstschaden setzt keine Dauerschädigung oder Störungen von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus; Umfang und Dauer sind ebenfalls unerheblich. Minimale Regelwidrigkeiten ohne Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit sind aber ebenso bedeutungslos wie bloße Schmerzen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Juli 2017 - L 6 U 2225/16 - juris, Rn. 65 und Urteil vom 17. März 2016 - L 6 U 4904/14 - juris, Rn. 40).
Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus und in einem zweiten wertenden Schritt, dass das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch konkurrierende Ursachen, z. B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, solange die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung, wenn sie so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die (naturwissenschaftliche) Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte. War die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; sie ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005, a.a.O., Rn. 16).
Ausgehend von diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die bei der Klägerin vorliegende Fraktur des vierten Lendenwirbelkörpers nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Anprall ihres PKW beim Rückwärtsfahren in die Garage und dem anschließenden Zusammenstoß mit dem Motorrad ihres Arbeitskollegen zurückgeführt werden kann.
Vom Sachverhalt her geht der Senat insoweit davon aus, dass die Klägerin am 31. August 2018 gegen 6:25 Uhr auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte das Betriebsgelände des Dialysezentrums und zwar den sogenannten „Hinterhof“ des Gebäudes befahren hat. Sie wollte dort in eine der sechs offenen Garagen einfahren und hat das bereits darin befindliche Motorrad ihres Kollegen übersehen, so dass es zu einem Anstoß gekommen ist. Aus dem Sachverständigengutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen L vom 5. Februar 2020 ergibt sich insoweit, dass der Anstoß an das Motorrad im PKW sitzend nicht in der Lage war, die Fraktur des vierten Lendenwirbelkörpers der Klägerin zu verursachen. Nach seinen Ausführungen werden Wirbelkörperverletzungen in A-, B- und C-Verletzungen nach der AO Klassifikation eingeteilt. A-Verletzungen zeichnen sich dabei dadurch aus, dass ein Zusammendrücken des Körpers besteht oder entsteht zum Beispiel durch ein hartes Aufschlagen auf das Gesäß. Bei der Klägerin liegt eine A-Verletzung vor, weil vorwiegend die Wirbelkörpervorderwand oder Wirbelkörpermitte betroffen ist. Die Wirbelkörperhinterwand war nach den bildgebenden Befunden gerade nicht betroffen. Für eine solche A-Fraktur ist ein Zusammendrücken des Körpers erforderlich. Dafür sieht der Sachverständige das Ereignis des Rückwärtsfahrens mit Anstoß an das Motorrad mit einer Geschwindigkeit von ca. 10 km/h als nicht geeigneten Mechanismus an. Nachvollziehbar legt er insoweit dar, dass es an der erforderlichen Krafteinwirkung fehlt. Seine Klassifizierung der Wirbelfrakturen steht mit der medizinischen Literatur im Einklang (vgl. Thomann in Thomann u.a. Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 3. Auflage 2020 S.110). Soweit die Klägerin hiergegen einwendet, dass der Schaden am Lendenwirbelkörper bereits durch das Rückwärtsfahren und den Aufprall entstanden sein müsse, weil sie bereits beim Anprall im PKW Schmerzen verspürt und der Gutachter nicht hinreichend berücksichtig habe, dass sie an einer Osteopenie leide, welche als Vorschädigung derartige Verletzungen begünstigen könne, überzeugt dies nicht. Hinsichtlich der Osteopenie hat der Sachverständige L eingehend dargelegt, dass ausweislich der Knochendichtemessung vom 4. September 2018 eine Osteoporose Grad 0 bei der Klägerin vorliegt, welche allenfalls mit einer geringfügig erhöhten Frakturneigung einhergeht. Daher ergeben sich keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschädigung bei der Klägerin bereits so weit fortgeschritten war, dass auch ein leichter Anprall zu einer Fraktur des Lendenwirbelkörpers hätte führen können. Bezüglich der angegebenen Schmerzen ersetzt dies nicht den Nachweis des Entstehens einer Wirbelkörperfraktur bereits durch den Anprall. Die Ausführungen des Sachverständigen sind für den Senat auch deshalb überzeugend, weil die Klägerin nach dem Anprall noch in der Lage war, das Motorrad aufzurichten.
Hinsichtlich der zweiten Handlungssequenz, nämlich dem Aufrichten des Motorrades, besteht weder Versicherungsschutz aus der Beschäftigtenversicherung gegenüber der Beklagten noch unter dem Gesichtspunkt einer Wie-Beschäftigung gegenüber der Beigeladenen.
Gegenüber der Beklagten ist zu beachten, dass ein den Versicherungsschutz begründender innerer Zusammenhang mit der gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten betrieblichen Tätigkeit nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gegeben ist, wenn die zum Unfall führende Verrichtung dem Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt ist.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein innerer Zusammenhang des Aufhebens des Motorrades mit dem nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit der Klägerin nicht gegeben, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Klägerin damit Verpflichtungen aus ihrem Beschäftigungsverhältnis nachgekommen ist. Als die Klägerin das Motorrad anhob, befand sie sich auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte zwar bereits auf dem Betriebsgelände, aber noch nicht unmittelbar bei der Ausübung ihrer betrieblichen Tätigkeit. Soweit die Klägerin sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 18. März 2018, B 2 U 12/07 R, juris) beruft, wonach es auf einem Betriebsweg zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers gehört, durch geeignete Maßnahmen zur Absicherung der Unfallstelle die aufgrund der betrieblichen Tätigkeit entstandenen Personen- und Sachschäden gering zu halten und drohende weitere Schäden nach Möglichkeit abzuwenden, greift diese Entscheidung deshalb nicht ein, weil vorliegend das Unfallereignis nicht im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit entstanden ist. Vielmehr hat die Klägerin mit ihrem Privatfahrzeug das Fahrzeug eines Kollegen angefahren und beschädigt. Von daher ist es ausgeschlossen, dass durch die Sicherung der Unfallstelle bzw. hier das Anheben des Motorrades Folgeschäden vermieden werden sollten, die sich wegen der Haftungsbeschränkung bei gefahrgeneigter Arbeit und damit korrespondierenden Freistellungsansprüchen des Arbeitnehmers bei einer Schädigung Dritter zu Lasten des Arbeitgebers der Klägerin hätten auswirken können.
Zum Unfallzeitpunkt stand die Klägerin auch nicht als sogenannte Wie-Beschäftigte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung und hat daher auch gegenüber der Beigeladenen keinen Anspruch auf Anerkennung eines Arbeitsunfalles.
Bei § 2 Abs. 2 SGB VII handelt es sich nicht um eine Billigkeitsvorschrift, die immer dann eingreift, wenn einzelne Merkmale des Absatzes 1 Nr. 1, wie zum Beispiel die persönliche Abhängigkeit zum Arbeitgeber oder dessen Weisungsrecht, fehlen. Es müssen nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vielmehr bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die die Zurechnung des Haftungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen rechtfertigen. Dabei sind folgende Anforderungen an die Tätigkeit zu stellen (vgl. u. a. BSG, Urteile vom 20. März 2018 - B 2 U 16/16 R -, vom 20. April 1993 - 2 RU 38/92 -, vom 8. Mai 1980 - 8a RU 38/79 -, vom 5. Juli 2005 - B 2 U 22/04 R -, vom 31. Mai 2005 - B 2 U 35/04 R - und vom 27. März 2012 - B 2 U 5/11 R -; Urteil Senat vom 22. Juni 2017 - L 1 U 118/17 -, jeweils juris):
- Es muss sich um eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende (Handlungstendenz) Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handeln.
- Die Tätigkeit muss dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechen.
- Die Tätigkeit muss ihrer Art nach von Arbeitnehmern verrichtet werden können und regelmäßig verrichtet werden.
- Die Tätigkeit muss konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen worden sein.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass nach diesen Grundsätzen auch eine Tätigkeit als Pannenhelfer zu einer Versicherung als „Wie-Beschäftigter“ führen kann (vgl. BSG, Urteile vom 25. Januar 1973, 2 RU 55/71; vom 30. Oktober 1974, 2/8 RU 100/73; vom 13. Dezember 1984, 2 RU 79/83, vom 27. November 1985, 2 RU 37/84; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 4. August 2010, L 2 U 2211/09). Dies findet auch in § 128 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII seinen Niederschlag, der bei der Pannenhilfe für nicht gewerbsmäßige Fahrzeughalter die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger im Landesbereich vorsieht.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat zwar mit ihrer am 31. August 2018 ausgeübten Handlung eine Tätigkeit erbracht, die einen wirtschaftlichen Wert hatte, und diese Tätigkeit hat auch einem fremden Unternehmen, nämlich der Fahrzeughaltung des Arbeitskollegen, gedient. Jedoch war die Handlungstendenz der Klägerin ausschließlich darauf gerichtet, ihrer aufgrund der vorhergegangenen Schädigungshandlung bestehenden zivilrechtlichen Schadensminderungspflicht nachzukommen. Der Senat geht dabei nach Auswertung des Akteninhalts und der nochmaligen persönlichen Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2023 von folgendem Geschehensablauf aus:
Nachdem es am 31. August 2018 bei dem rückwärts Einfahren in die Garage zu einem Anprall des PKW der Klägerin mit dem Motorrad ihres Arbeitskollegen gekommen und dieses daraufhin zu Boden gestürzt war, stieg die Klägerin aus und hob das Motorrad des Arbeitskollegen an, um den Eintritt eines weiteren Schadens zu verhindern. Insoweit hat sie bereits im Rahmen ihrer schriftlichen Einlassung gegenüber der Beklagten ausgeführt, dass sie Panik hatte, dass Öl auslaufen könnte und die Feuerwehr gerufen werden müsste. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin bestätigt, dass sie aus Angst vor dem Eintritt eines weiteren Schadens handelte.
Damit liegt eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit vor, und sie handelte daher nicht mit der erforderlichen fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung.
Das Anheben des Motorrades am Unfalltag durch die Klägerin kann darüber hinaus auch nicht als eine den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII begründende Tätigkeit für die Fahrzeughaltung des Arbeitskollegen gewertet werden, denn es hat dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen nicht entsprochen. Dabei kommt es auf den Willen an, der zurzeit der unfallbringenden Tätigkeit erkennbar ist. Ein ausdrücklicher Wille durch den Arbeitskollegen ist mangels Kenntnis der Situation bzw. Anwesenheit beim Hebevorgang nicht geäußert worden. Der mutmaßliche Wille ist dem allgemeinen Unternehmenszweck und der Interessenlage zu entnehmen. Bei verständiger Würdigung aller Einzelumstände muss sich der Handelnde sagen, dass sein Handeln vom Unternehmer gebilligt werde. Die Annahme des Handelnden muss sich auf ausreichende Anhaltspunkte in den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles stützen (vgl. Riebel in: Hauck/Noftz SGB VII, 4. Ergänzungslieferung 2023, § 2 SGB VII Rn. 274). Dies ist zu verneinen. Die Klägerin hat vor dem Senat ausgeführt, dass sie den Namen des betroffenen Arbeitskollegen nicht kannte und ihr das Motorrad vorher unbekannt war. Dieser war ausnahmsweise mit dem Motorrad zur Arbeit gekommen. Von daher scheidet auch die Duldung eines entsprechenden Verhaltens in der Vergangenheit aus und es kann bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens nur auf die allgemeine Interessenlage abgestellt werden. Da die Klägerin des Weiteren ausgeführt hat, dass sie die Beschädigungen am Motorrad in der dunklen Garage nicht genau erkennen konnte, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das sofortige Anheben im Interesse des Fahrzeughalters war. Eine Benachrichtigung des Fahrzeughalters hätte gereicht. Diese war problemlos möglich. Mit einem erheblichen Zeitverlust war nicht zu rechnen. Durch einfaches Nachfragen konnte der Fahrzeughalter auf der Arbeitsstelle ermittelt werden. Dem Fahrzeughalter konnte nicht daran liegen, dass eine im Umgang mit Motorrädern unerfahrene Kollegin sein Motorrad anhebt. Das hätte die Klägerin bei verständiger Würdigung aller Umstände unmittelbar erkennen können.
Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII unter dem Gesichtspunkt der Nothilfe scheidet ersichtlich aus. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII sind kraft Gesetzes Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder gemeiner Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Dabei sind Unfälle nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Unglücksfall im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII ist ein plötzlich eintretendes Ereignis, das erhebliche Gefahren für Menschen oder Sachen hervorruft oder hervorzurufen droht. Unter Gefahr ist ein Zustand zu verstehen, in dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich gelten kann.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn objektiv bestanden keinerlei Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefahrenlage. Aus der Reparaturrechnung ergibt sich, dass die Zylinderkopfdichtung des Motorrades beschädigt war. Gravierende Schadenseintritte waren daher nicht zu befürchten. Die Klägerin konnte auch nicht berechtigterweise die Vorstellung einer erheblichen Gefahrenlage entwickeln, denn nach ihren Angaben vor dem Senat konnte sie die Beschädigungen am Motorrad in der dunklen Garage nicht genau erkennen. Dass sie nach ihren Angaben im Verwaltungsverfahren den Austritt von Benzin befürchtete, kann allein den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII nicht begründen. Zwar kommt der Handlungstendenz des Verletzten im Unfallzeitpunkt für den inneren Zusammenhang mit einer unter Unfallversicherungsschutz stehenden Tätigkeit nach der Rechtsprechung maßgebliche Bedeutung zu. So ist auch der Vorstellung eines Eingreifenden über das Vorhandensein einer im Augenblick seines Tätigwerdens drohenden erheblichen Gefahr für Körper und Gesundheit eines Dritten eine rechtlich relevante Bedeutung beizumessen, weshalb auch bei einem nur vermeintlich Helfenden Versicherungsschutz unter Umständen anzunehmen ist (LSG Saarland, Urteil vom 27. September 1988, Az.: L 2 U 28/81, SGb 1990 S. 84 ff.). Die Gewährung von Unfallversicherungsschutz in solchen Situationen erfordert jedoch, dass der Hilfeleistende berechtigterweise eine Gefahrensituation im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII annehmen durfte. Allein die subjektive Vorstellung des Handelnden, es bestehe eine Gefahrenlage und er wolle insoweit Hilfe leisten, kann den Versicherungsschutz nicht begründen. Die Handlungstendenz muss vielmehr durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt werden. Es müssen objektive Umstände feststellbar sein, nach denen die Einschätzung des Handelnden bei lebensnaher Betrachtung nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 13. September 2005, Az.: B 2 U 6/05 R, juris Rn. 23). Abzustellen ist hierbei maßgeblich auf eine „ex-ante“ Perspektive, also auf die gefahrabwägende Sicht vor dem Handeln (BSG, Urteil vom 18. September 2012, Az.: B 2 U 20/11 R, juris Rn. 36). Nur so kann sichergestellt werden, dass der Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII verwirklicht wird. Das Erfordernis einer akuten Gefahrenlage soll sicherstellen, dass die gesetzliche Unfallversicherung nur einzutreten hat, wenn eine Ausnahmesituation gegeben ist. Insoweit unterfällt dem Unfallversicherungsschutz zwar nicht nur jede vom Handlungszwang des § 323c StGB erfasste Hilfeleistung, sondern auch eine nach dieser Vorschrift nicht gebotene erforderliche Hilfeleistung, falls objektiv eine akute Gefahrensituation vorliegt (BSG, Urteil vom 27. März 2012, Az.: B 2 U 7/11 R, juris Rn. 12). Es muss sich jedoch um eine Ausnahmesituation handeln und insbesondere muss es sich um eine ohne fremde Hilfe nicht beherrschbare Gefahrenlage handeln bzw. müssen die Selbstschutzmöglichkeiten deutlich vermindert sein (BSG, Urteil vom 13. September 2005, B 2 U 6/05 R, juris Rn. 20). Für Derartiges gibt es hier keinen Anhalt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht ersichtlich.