1. Die Beschwerde kann bei einer Heranziehung zu einer Arbeitsgelegenheit ohne Rücksicht auf einen Beschwerdewert zulässig sein, wenn die Heranziehung - ähnlich einem Eingliederungsverwaltungsakt - nicht lediglich Anknüpfungspunkt für eine mögliche Sanktion ist.
2. Unabhängig davon, ob die Zuweisung bzw Heranziehung zu einer Arbeitsgelegenheit nach den konkreten Umständen des Einzelfalls als Verwaltungsakt erlassen wurde, fehlt das Rechtsschutzinteresse für deren Anfechtung, wenn die Arbeitsgelegenheit nicht mehr anzutreten ist und keine weiteren Rechtsfolgen an die Nichtwahrnehmung geknüpft werden.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer (künftig nur: Kläger) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein bereits abgeschlossenes erstinstanzliches Klageverfahren. In diesem Verfahren hat er sich gegen die Verwerfung seines Widerspruchs gegen eine Zuweisung zu einer Arbeitsgelegenheit als unzulässig durch den Beklagten gewandt und den Erlass einer „Sachentscheidung“ auf seinen Widerspruch begehrt.
Der Kläger bezog von dem Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Mit Schreiben vom 16. November 2020 wies der Beklagte den Kläger im Rahmen einer öffentlich geförderten Beschäftigung gemäß § 16d SGB II in eine Arbeitsgelegenheit zu. Dabei handelte es sich um die Maßnahme „Aus alt mach neu - recycelte Computer für gemeinnützige Einrichtungen“, bei der es vordergründig um die Aufbereitung und die Installation von gespendeten EDV-Systemen und die Weitergabe an gemeinnützige Einrichtungen gehe (Maßnahme Nr. 044/4037/20 Arbeitsort H. (Saale) bei der CFN gGmbH). Der Kläger würde dort Projektassistent und mit der Akquise und deren Unterstützung, der Bereitstellung der Technik, Zerlegung der alten Technik, Kennenlernen der Komponenten, Funktionsprüfung und Reinigung, Neukonfiguration, der fachgerechten Entsorgung und dem Aufbau von Netzwerken beschäftigt sein. Die Tätigkeit würde am 1. Dezember 2020 beginnen und bis zum 31. August 2021 andauern. Der zeitliche Umfang der Arbeitszeit würde 30 Stunden wöchentlich in Teilzeit am Vormittag umfassen. Der Kläger würde eine Mehraufwandsentschädigung i.H.v. 1,80 Euro je Stunde erhalten. Der Kläger solle sich umgehend mit dem Träger der Maßnahme in Verbindung setzen und das Ergebnis unverzüglich, spätestens bis zum 1. Dezember 2020, mitteilen. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach Widerspruch erhoben werden könne. Des Weiteren enthielt das Schreiben eine Rechtsfolgenbelehrung für den Fall, dass sich der Kläger weigere, an der Maßnahme teilzunehmen, bzw. durch negatives Bewerbungsverhalten die Aufnahme der angebotenen Arbeitsgelegenheit vereitele.
Der hierbei anwaltlich vertretene Kläger erhob Widerspruch gegen das Schreiben vom 16. November 2020. Die Zuweisung sei weder verhältnismäßig noch ermessensfehlerfrei. Letztlich sei die Maßnahme auch nicht angemessen. Er solle sich trotz der Ansteckungsgefahr mit COVID-19 einer sinnfreien Beschäftigungstherapie unterwerfen. Er erfülle auch nicht die Anforderungen. Er sei weder körperlich belastbar, noch könne er sich in Besonderheiten des Arbeitsalltags einfügen, habe keine Erfahrungen mit der Arbeit am PC und sei auch nicht kontaktfreudig.
Der Beklagte verwarf den Widerspruch als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 22. April 2021). Zum einen könne sich ein Leistungsberechtigter grundsätzlich nicht schon gegen das Angebot bzw. die Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit wehren, sondern müsse erst einen Absenkung- oder Sanktionsbescheid abwarten. Zum anderen würde sich ein Verwaltungsakt bereits erledigt haben, weil die Maßnahme bereits zum 1. Dezember 2020 hätte beginnen sollen.
Am 25. Mai 2021 hat der Kläger beim Sozialgericht Halle (SG) Klage erhoben. Die Verwerfung seines Widerspruchs als unzulässig sei rechtswidrig. Die Zuweisung erfülle alle Anforderungen, die an einen Verwaltungsakt zu stellen seien.
Das SG hat die Klage abgewiesen und den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt (Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2022, dem Kläger zugestellt am 8. August 2022). Die Klage sei bereits unzulässig. Der Kläger habe kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Beklagte könne den Kläger nicht dazu verpflichten, eine Arbeitsgelegenheit wahrzunehmen. Insofern könne der Beklagte auch keine vollstreckbare Regelung treffen. Dementsprechend habe der Kläger kein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung auf seinen Widerspruch, weil eine sachliche Entscheidung ebenfalls keine Regelung beinhalten könnte. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen. Dem Gerichtsbescheid war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, nach der die Berufung nicht zulässig sei und die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt werden könne.
Der weiter anwaltlich vertretene Kläger hat am 6. September 2023 beim SG die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt sowie, da gegebenenfalls eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung verwendet worden sei, „vorsorglich“ sowohl Berufung (Az. L 2 AS 130/23) als auch die hiesige Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH eingelegt. Ferner werde nunmehr der Antrag „konkretisiert“ und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Zuweisung in die Arbeitsgelegenheit festzustellen.
Das SG hat das Verfahren an den Senat weitergeleitet, weil die bereits eingelegte Berufung zulässig sei.
Im Berufungsverfahren hat der Beklagte mitgeteilt, dass aufgrund der Nichtteilnahme an der Maßnahme keine Sanktion angenommen wurde. Derzeit sei keine gleichartige Zuweisung beabsichtigt.
Im Berufungsverfahren hat der Berichterstatter mitgeteilt, dass ein Feststellungsinteresse nicht zu erkennen sei. Insbesondere sei eine Wiederholungsgefahr nicht belegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie das PKH-Beiheft verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Gegenstand der zwar „vorsorglich“ aber nicht bedingt erhobenen Beschwerde ist die zugleich mit dem Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2022 mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnte PKH in einem Verfahren, mit dem der Kläger eine sachliche Entscheidung erreichen wollte, ob die Zuweisung in die Arbeitsgelegenheit rechtswidrig gewesen sei.
2. Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 lit. a Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und wurde entsprechend den Anforderungen des § 173 SGG in zulässiger Weise eingelegt. Die Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist nicht anwendbar, weil keine Geldleistung im Streit steht. Es kann dahinstehen, ob bei einer Heranziehung zu einer Arbeitsgelegenheit (§ 16d SGB II) die nicht mit der Bewilligung oder Zusicherung konkreter Leistungen verbunden ist, die Wertgrenze zur Anwendung kommt (siehe zum Streitstand Landessozialgericht [LSG] B.-B., Beschluss vom 25. Juli 2022 – L 4 AS 1340/20 B PKH – juris Rn. 7 ff. m.w.N.). Hier ist die Norm jedenfalls deshalb nicht anwendbar, weil sich der Inhalt des Schreibens vom 16. November 2020 nicht darauf beschränkt, Anknüpfungspunkt einer etwaigen späteren Sanktion zu sein, sondern seinem Inhalt nach umfassend das zu begründende öffentlichrechtliche Rechtsverhältnis der Arbeitsgelegenheit regelt. Insoweit ist die Situation vergleichbar mit der Anfechtung von Eingliederungsverwaltungsakten (vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21. März 2019 – B 14 AS 28/18 R – juris Rn. 10).
3. Die Beschwerde ist hingegen nicht begründet. Das SG hat die Bewilligung von PKH zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag PKH zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einer Klage beziehungsweise eines Antrags im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. PKH kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Dabei sind die Anforderungen an die Erfolgsaussicht im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot der wesentlichen Gleichstellung von Unbemittelten mit Vermögenden beim Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz nicht zu überspannen. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlegen und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das PKH-Verfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 - juris Rn. 25 ff.).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Bewilligungsreife, also der Zeitpunkt, zu dem die Antragsteller das Sach- und Streitverhältnis dargestellt (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und die entsprechenden Belege beigefügt haben (§ 117 Abs. 2 ZPO) und der Gegner die Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Beschwerdeverfahren ist der Sach- und Streitstand zur Zeit der Beschwerdeentscheidung maßgeblich, so dass noch neuer Sachvortrag berücksichtigt werden kann.
Nach diesen Maßgaben hatte die Klage keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg.
Dabei kann dahinstehen, ob das Zuweisungsschreiben einen Verwaltungsakt darstellte (vgl. zur notwendigen Prüfung im Einzelfall: BSG, Urteil vom 27. August 2011 - B 4 AS 1/10 R - juris; BSG, Urteil vom 22. August 2013 - B 14 AS 75/12 R - juris).
Jedenfalls bestand für eine gerichtliche Anfechtung des Zuweisungsschreibens kein Anlass bzw. kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Rechtsschutzsuchenden verbessern würde (vgl. Böttiger in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 54 Rn. 27b). Das ist hier unzweifelhaft nicht der Fall. Die Maßnahme war jedenfalls bei Klageerhebung nicht mehr anzutreten. Dies hatte der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid zum Ausdruck gebracht. Mithin hatte sich das Zuweisungsschreiben, selbst wenn es als Verwaltungsakt zu verstehen sein sollte, im Sinne des § 39 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) erledigt. Wäre es kein Verwaltungsakt, könnte es ohnehin nicht mit der Anfechtungsklage angefochten werden. Im Übrigen hatte die Zuweisung auch keine sonstigen, hieran anknüpfenden Folgen. Es war und ist keine Feststellung einer Sanktion bzw. eine Minderung der Leistungen nach dem SGB II erfolgt.
Soweit der Kläger erst nach Erlass des Gerichtsbescheides im Rahmen der Berufung seine Klage auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit „konkretisiert“ hat, handelt es sich nicht um neuen Sachvortrag, sondern entweder um eine Klageumstellung oder eine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG. Über dieses Begehren ist erst im Berufungsverfahren zu entscheiden. Gegenstand des Klageverfahrens war dieses Begehren hingegen nicht.
4. Eine Kostenerstattung erfolgt in diesem Beschwerdeverfahren nicht, § 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
5. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.