Ein Vergleich über die Höhe der übergeleiteten Forderung zwischen Sozialhilfeträger und Schuldner im zivilrechtlichen Verfahren erledigt die Überleitungsanzeige nicht zwangsläufig auf sonstige Weise.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Dezember 2021 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I
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Die Beteiligten streiten darüber, ob sich eine Überleitungsanzeige nach § 93 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) mit Abschluss eines Vergleichs erledigt hat und der nachfolgende Widerspruchsbescheid rechtswidrig war.
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Die Mutter des Klägers erhielt seit dem 2.11.2012 Leistungen der Hilfe zur Pflege vom beklagten Sozialhilfeträger. Für die Zeit ab dem 2.11.2012 leitete der Beklagte einen notariell beurkundeten Anspruch der Mutter gegen den Kläger auf Zahlung einer Leibrente, Wart und Pflege sowie Verköstigung iHv 204,05 Euro monatlich auf sich über (Bescheid vom 19.3.2015). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Überleitung sei rechtswidrig, weil das Ermessen nicht richtig ausgeübt worden sei. Der Beklagte legte der beigeladenen Widerspruchsbehörde den Widerspruch am 25.8.2015 zur Entscheidung vor. Der Kläger erhob beim Landgericht (LG) München eine Vollstreckungsgegenklage gegen den Beklagten mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde über die Verpflichtungen des Klägers gegenüber seiner Mutter zu unterlassen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG schlossen der anwaltlich vertretene Kläger und der Beklagte am 11.2.2016 einen Vergleich. Nach diesem Vergleich hatte der Kläger an den Beklagten für den Zeitraum November 2012 bis Januar 2016 einen Betrag iHv 5070 Euro sowie ab Februar 2016 einen monatlichen Betrag iHv 130 Euro aus dem Überleitungsbescheid vom 19.3.2015 zu zahlen mit der Maßgabe, dass diese Zahlungsverpflichtung ende, wenn die Mutter des Klägers aus dem Sozialhilfebezug des Beklagten ausscheidet. Unter Ziffer IV. heißt es: "Mit dem vorliegenden Vergleich sind die streitgegenständlichen Ansprüche des Beklagten aus dem Überleitungsbescheid vom 19.03.2015 abgegolten." Unter Ziffer V. heißt es weiter, dass die Parteien sich einig sind, dass für die Zukunft keine weiteren als die vereinbarten 130 Euro aus dem Überleistungsbescheid vom 19.3.2015 geltend gemacht werden.
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Der Beigeladene wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 1.8.2016). Hiergegen erhob der Kläger unter Hinweis auf Ziffer IV. und V. des abgeschlossenen Vergleichs eine Anfechtungsklage. Das Sozialgericht (SG) München hob den Widerspruchsbescheid auf, stellte die Erledigung des Widerspruchs fest und wies die Klage im Übrigen ab (Gerichtsbescheid vom 8.4.2020). Dabei führte es ua aus, der Vortrag des Klägers sei sinngemäß um einen hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu ergänzen gewesen. Die Überleitungsanzeige habe sich durch den gerichtlichen Vergleich iS des § 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) erledigt. Damit habe sich auch das Widerspruchsverfahren erledigt und hätte eingestellt werden müssen. Der Widerspruchsbescheid sei damit rechtswidrig. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2021) und sich in der Sache der Begründung des SG angeschlossen. Es sei von der Erledigung der Überleitungsanzeige auf andere Weise auszugehen; zu erwägen wäre auch, dass die Parteien des Zivilverfahrens im Vergleich konkludent eine übereinstimmende Erledigung des Widerspruchs vereinbart hätten.
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Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Er macht eine Verletzung von § 39 SGB X geltend. Weder der Überleitungsbescheid vom 19.3.2015 noch das Widerspruchsverfahren hätten sich mit dem Abschluss des Vergleichs erledigt. Dies sei auch nicht durch konkludentes Handeln geschehen. Der Überleitungsbescheid sei auch in der Sache rechtmäßig, weshalb der Widerspruchsbescheid des Beigeladenen nicht zu beanstanden sei.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Dezember 2021 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 8. April 2020 aufzuheben und die Klage gegen den Überleitungsbescheid vom 19. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2016 abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt; in der Sache hält er das Vorbringen des Beklagten für zutreffend.
II
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Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die Vorinstanzen sind unzutreffend davon ausgegangen, dass sich die Überleitungsanzeige durch den Abschluss des Vergleichs iS des § 39 Abs 2 SGB X erledigt hat. Der Senat kann aber auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden, ob sich der Widerspruch vor Erlass des Widerspruchsbescheids durch Erklärungen der Beteiligten im zivilgerichtlichen Verfahren - sei es durch eine Rücknahme oder eine übereinstimmende Erklärung - erledigt und damit eine Entscheidung durch die Widerspruchsbehörde nicht mehr zu ergehen hatte oder ob der Widerspruchsbescheid zu Recht ergangen ist.
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Gegenstand des Verfahrens ist die Überleitungsanzeige des Beklagten vom 19.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.8.2016 (§ 95 SGG). Die vom Kläger gegen diesen Bescheid erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG) war statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Kläger durch die Überleitungsanzeige beschwert und daher klagebefugt iS des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG, unabhängig davon, ob sich der die Überleitungsanzeige bewirkende Verwaltungsakt vom 19.3.2015 im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erledigt hatte, wie er meint. Die belastende Wirkung einer Überleitungsanzeige ergibt sich im Grundsatz daraus, dass diese als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt in das zwischen dem Drittschuldner und dem Hilfeempfänger bestehende Rechtsverhältnis eingreift (vgl zuletzt BSG vom 23.2.2023 - B 8 SO 9/21 R - RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Selbst wenn dieser belastende Verwaltungsakt vorliegend mit dem Vergleichsschluss bereits vor Klageerhebung seine regelnde Wirkung verloren hätte (zu den Voraussetzungen der Erledigung eines Verwaltungsakts auf andere Weise sogleich), bleibt er aus Gründen effektiven Rechtsschutzes vom Adressaten befugterweise mit der Anfechtungsklage anfechtbar, solange seine Wirksamkeit zwischen den Beteiligten in Streit ist. Schon durch die Existenz eines solchen Verwaltungsakts, an dessen Wirksamkeit der Beklagte und der Beigeladene festhalten, ist der Kläger mit dem Risiko behaftet, dass ihm in Zukunft ein "bestandskräftiger Verwaltungsakt" entgegengehalten werden könnte. Ob das SG ausgehend von seiner Rechtsauffassung nicht lediglich den Widerspruchsbescheid, sondern auch die Überleitungsanzeige hätte aufheben müssen, um so den Streit um die Wirksamkeit endgültig zu beenden (vgl zum Anspruch auf Aufhebung eines sog Formalverwaltungsakts etwa BSG 28.1.2021 - B 8 SO 9/19 R - BSGE 131, 246 = SozR 4-3500 § 57 Nr 1, RdNr 22), und vor diesem Hintergrund eine Feststellungsklage (vgl § 55 Abs 1 Nr 1 SGG), als die das SG das klägerische Vorbringen ausgelegt hat, wegen ihrer Subsidiarität unzulässig war, kann offenbleiben. Der Kläger hat hiergegen keine Berufung eingelegt. Die notwendige Beschwer des Beklagten für das Berufungs- und Revisionsverfahren liegt schon darin, dass das SG und das LSG in den Gründen festgestellt haben, dass sich der Überleitungsbescheid erledigt hat (vgl etwa BSG vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - SozR 45540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 18). Insoweit ist über den Bescheid im Berufungs- und Revisionsverfahren auch noch zu entscheiden.
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Zutreffend haben SG und LSG die Beiladung der Widerspruchsbehörde als notwendig angesehen (Fall des § 75 Abs 2 Alt 1 SGG). Streitgegenstand bei einer Anfechtungsklage ist zwar grundsätzlich der Ausgangsverwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheids (§ 95 SGG), die insoweit eine prozessuale Einheit bilden (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 95 RdNr 2). Enthält ein Widerspruchsbescheid gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt jedoch eine zusätzliche selbstständige Beschwer, kann er alleine der Gegenstand der Anfechtungsklage sein, auch wenn § 95 SGG dies im Unterschied zu § 79 Abs 1 Nr 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht ausdrücklich erwähnt (BSG vom 25.3.1999 - B 9 SB 14/97 R - SozR 31300 § 24 Nr 14 S 40; BSG vom 23.2.1973 - 3 RK 66/72 - BSGE 35, 224 = SozR Nr 1 zu § 141a BEG RdNr 8; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 95 RdNr 3). Hätte sich - wovon die Vorinstanzen ausgegangen sind - durch den vor dem LG geschlossenen Vergleich die angegriffene Überleitungsanzeige erledigt oder wäre dem Vergleich eine Erklärung auch bezogen auf den Widerspruch zu entnehmen - was nach Zurückverweisung noch der Prüfung des LSG obliegt , würde die alleinige Beschwer des Klägers in dem zurückweisenden Widerspruchsbescheid des Beigeladenen bestehen, weshalb letzterer allein passivlegitimiert wäre. Da die Regierung Oberbayern den Widerspruchsbescheid erlassen hat, dessen Aufhebung in Streit steht, ist der Freistaat Bayern als deren Rechtsträger zutreffend beigeladen. Auf die von den Vorinstanzen bislang ungeprüft gelassene Frage, ob der Beklagte als überörtlicher Träger ausgehend vom letzten Wohnort der Mutter vor Aufnahme in die Pflegeeinrichtung für die Leistungen der Hilfe zur Pflege und damit auch für den Erlass der Überleitungsanzeige örtlich und sachlich zuständig war (vgl zur sachlichen Zuständigkeit der überörtlichen Träger der Sozialhilfe für Leistungen der Hilfe zur Pflege in Bayern § 97 Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm Art 80 Abs 1 Satz 1, Art 82 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze <AGSG> vom 8.12.2006 <GVBl S 942>; zur örtlichen Zuständigkeit § 98 Abs 2 SGB XII), kommt es (erst) bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheids an.
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Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hat sich die Überleitungsanzeige vom 19.3.2015 durch den vor dem LG geschlossenen Vergleich nicht "auf andere Weise" erledigt. Nach § 39 Abs 2 SGB X (in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des SGB X vom 18. 1.2001, BGBl I 130) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Eine Erledigung eines Verwaltungsakts auf sonstige Weise, die hier allein in Betracht kommt, liegt nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage das Regelungsobjekt des Verwaltungsakts entfällt. Dazu zählen insbesondere Sachverhalte, bei denen für die getroffene Regelung nach der eingetretenen Änderung kein Anwendungsbereich mehr verbleibt bzw bei denen der geregelte Tatbestand selbst entfällt (BSG vom 11.7.2000 - B 1 KR 14/99 R - SozR 31300 § 39 Nr 7 S 13) und der Verwaltungsakt damit seine regelnde Wirkung verliert. Maßgeblich ist damit, ob der Verwaltungsakt auch für den Fall geänderter Umstände noch Geltung beansprucht oder nicht (Zum Ganzen etwa BSG vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - SozR 45540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 18; BSG vom 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 42500 § 75 Nr 5 RdNr 24; Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, Stand März 2023, § 39 RdNr 30; Sandbiller in beck-online.Grosskommentar, SGB X, Stand Mai 2021, § 39 RdNr 24; jeweils mwN).
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Die Überleitungsanzeige verliert ihre regelnde Wirkung nicht dadurch, dass sich die Beteiligten über das Bestehen und die Höhe der übergeleiteten Forderung sowie die Ausführungsmodalitäten zur Erfüllung des Anspruchs geeinigt haben. Zwar ist die Überleitungsanzeige ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der das zwischen dem Drittschuldner und dem Hilfeempfänger bestehende Rechtsverhältnis verändert; denn dem Drittschuldner wird durch die Überleitung ein anderer Gläubiger zugeordnet. Gleichwohl kann aus dieser privatrechtsgestaltenden Wirkung nicht - im Umkehrschluss - gefolgert werden, dass durch jegliche privatrechtliche Rechtsetzung im Hinblick auf die Forderung die Regelungswirkung der öffentlich-rechtlichen Überleitungsanzeige endet. Vielmehr geht § 93 SGB XII von vornherein von einem abgestuften Verhältnis von der Überleitung als solcher als Regelung im Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts iS des § 31 SGB X, also einem Forderungsübergang durch Hoheitsakt, und der anschließenden Frage nach dem eigentlichen Bestehen des übergeleiteten Anspruchs samt eventueller Einreden sowie dessen Höhe aus, die sich allein nach zivilrechtlichen Vorschriften beurteilt. Es genügt für die Wirksamkeit der Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII im Sinne einer sog Negativevidenz deshalb bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, er also nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist (vgl etwa BSG vom 23.2.2023 - B 8 SO 9/21 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 104/12 B - RdNr 9, jeweils mwN).
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Dementsprechend verliert die Überleitungsanzeige als ein den Forderungsübergang gestaltender Verwaltungsakt (Magistralzession) nicht ihre regelnde Wirkung, wenn sich der Schuldner und der neue Gläubiger vor einem ordentlichen Gericht über das Bestehen und die Höhe der übergeleiteten Forderung sowie die Ausführungsmodalitäten zur Erfüllung des Anspruchs einigen. Die Überleitungsanzeige selbst bleibt vielmehr der Rechtsgrund für den Forderungsübergang, der vorliegend mit dem Vergleich lediglich im Einzelnen ausgestaltet wird. Ihre Wirksamkeit ist auch im Anschluss an den Vergleichsschluss notwendige Voraussetzung für die Vollstreckung. Dem entsprechend nimmt der Vergleich auf die Überleitungsanzeige in seiner Ziffer V. auch weiterhin Bezug. Sie bleibt notwendige Voraussetzung für die Vollstreckung der Forderung.
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Das dargestellte Verhältnis von Überleitungsanzeige zum anschließenden zivilrechtlichen Verfahren schließt nicht aus, dass der Forderungsübergang durch eine vertragliche Regelung ersetzt wird, die an die Stelle der Überleitungsanzeige tritt. Dem steht nicht entgegen, dass öffentlich-rechtliche Verträge über Sozialleistungen nur bei Ermessensleistungen geschlossen werden dürfen (§ 53 Abs 2 SGB X), weil die Überleitung einer Forderung keine Sozialleistung iS des § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) ist und § 93 SGB XII zudem Ermessen eröffnet (zuletzt BSG vom 23.2.2023 - B 8 SO 9/21 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
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Die Ersetzung der Überleitungsanzeige durch einen (öffentlich-rechtlichen) Vertrag würde aufgrund der Drittwirkung der Überleitung die Beteiligung der Mutter des Klägers als ursprüngliche Gläubigerin am Vertragsschluss voraussetzen, weil es sich ansonsten um einen mit dem Grundsatz der Privatautonomie (Art 2 Abs 1 Grundgesetz <GG>) unvereinbaren Vertrag zu Lasten Dritter handeln würde (vgl Bundesverfassungsgericht <BVerfG> vom 23.4.1986 - 2 BvR 487/80 - BVerfGE 73, 261, 270 f = juris RdNr 31; Bundesgerichtshof <BGH> vom 12.11.1980 - VIII ZR 293/79 - BGHZ 78, 369 = juris RdNr 22; BGH vom 9.3.1972 - VII ZR 178/70 - BGHZ 58, 216 = juris RdNr 17). An Stelle einer Überleitungsanzeige ließe sich ein Forderungsübergang nur durch Abtretung bewirken, die einen Vertrag des bisherigen Gläubigers mit dem Zessionar voraussetzt (§ 398 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>). Eine Beteiligung der Mutter ist hier aber nicht erfolgt.
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Wollte man die Erklärung des Klägers im Rahmen des Vergleichsschlusses als einseitiges Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) verstehen, würde dadurch die Regelungswirkung der Überleitungsanzeige als hoheitliche Entscheidung im Übrigen nicht beseitigt. Unabhängig davon, ob sich ein Schuldanerkenntnis als deklaratorischer Schuldbestätigungsvertrag auf die durch den angegriffenen Verwaltungsakt übergeleitete Forderung bezöge oder ob es sich um ein davon unabhängiges konstitutives Schuldanerkenntnis handeln würde, würde dadurch zwar ein weiterer Rechtsgrund für die Forderung des Beklagten geschaffen, die Überleitungsanzeige als Rechtsgrund parallel dazu aber weiterhin Geltung beanspruchen.
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In Betracht kommt allerdings, dass der Kläger mit dem Abschluss des Vergleichs seinen Widerspruch gegen die Überleitungsanzeige zurücknehmen wollte, weil er den Übergang der Forderung im nun vereinbarten Umfang hinnehmen wollte, bzw die Beteiligten das Widerspruchsverfahren übereinstimmend als erledigt angesehen haben. Dies hat das LSG zwar "erwogen", aber insoweit keine weiteren Feststellungen getroffen, sodass dem Senat eine abschließende Entscheidung darüber, ob der Widerspruchsbescheid zu Recht ergangen ist, nicht möglich ist.
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Sofern in einem Vergleichsvertrag über den Streitgegenstand hinaus weitere Regelungen getroffen werden, ist zwischen dem prozessrechtlichen und dem materiell-rechtlichen Teil zu differenzieren (vgl zur Doppelnatur eines Vergleichs nur BSG vom 17.5.1989 - 10 RKg 16/88 - SozR 1500 § 101 Nr 8 = NJW 1989, 2565). Nur hinsichtlich des prozessrechtlichen Teils ist das Revisionsgericht nicht gehindert, den Inhalt des Vergleichs von Amts wegen und uneingeschränkt selbst auszulegen (vgl Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom 1.12.1989 - 8 C 17.87 - BVerwGE 84, 157, 161 f = juris RdNr 26; Bundesarbeitsgericht <BAG> vom 22.5.1985 - 4 AZR 427/83 - BAGE 48, 351, = juris RdNr 33). Eine Rücknahme des Widerspruchs kann jedoch nicht als Prozesshandlung vor dem Zivilgericht im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage geschlossenen Vergleichs angesehen werden. Streitgegenstand einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Zivilprozessordnung (ZPO) ist allein der Erlass eines rechtsgestaltenden Urteils dergestalt, dass die einem sachlich-rechtlichen Anspruch gewährte Vollstreckbarkeit nach Wegfall ihrer Voraussetzung entfällt. Einwendungen, mit denen die Unwirksamkeit des Titels - in diesem Fall des Überleitungsverwaltungsakts - geltend gemacht wird, gehören nicht in das Verfahren nach § 767 ZPO (BGH vom 14.5.1992 - VII ZR 204/90 - BGHZ 118, 229 = juris RdNr 21; BGH vom 23.11.1989 - III ZR 40/89 = NJW-RR 1990, 246, 247 mwN).
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Die Auslegung des materiell-rechtlichen Teils des Vergleichs bestimmt sich hingegen nach den Regeln der Auslegung von Verträgen (BSG vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 41100 Art 85 Nr 1 = juris RdNr 66 - 67; vgl BSG vom 12.12.1979 - 1 RA 71/78 - juris RdNr 23; BSG vom 27.9.1994 - 10 RAr 1/93 - BSGE 75, 92, 95 f = SozR 34100 § 141b Nr 10 S 46 f). Das Revisionsgericht darf die Würdigung eines Vertrags durch ein Tatsachengericht nur daraufhin prüfen, ob dieses die Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) beachtet und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat. Dabei hat es von durch die Tatsacheninstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen auszugehen, weil es ausschließlich dieser obliegt, den Wortlaut der Erklärung sowie den zugrundeliegenden Erklärungswillen der Vertragsparteien festzustellen (BSG vom 7.10.2015 - B 8 SO 1/14 R - SozR 43500 § 77 Nr 2 RdNr 18; BSG vom 27.9.1994 - 10 RAr 1/93 - BSGE 75, 92, 96 = SozR 34100 § 141b Nr 10 S 47 mwN; BGH vom 13.12.1990 - IX ZR 33/90 - juris RdNr 12 f).
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Vorliegend hat das LSG aus dem Vergleichstext aber lediglich den Schluss gezogen, dass "die Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens alle übergeleiteten Ansprüche für die Vergangenheit und die Zukunft abschließend regeln wollten". Damit enthält das Urteil des LSG selbst keine Feststellung dazu, ob der Kläger den Widerspruch zurücknehmen wollte bzw mit dem Vergleich konkludent eine übereinstimmende Erledigung des Widerspruchs erfolgt ist oder nur ein Erledigungswillen hinsichtlich des zivilrechtlichen Verfahrens bestand. Da es ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG zu § 39 Abs 2 SGB X hierauf nicht ankam, fehlen weitere Feststellungen für eine Auslegung des Vergleichs, die der Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich wären. Das LSG wird dies nachzuholen haben.
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Sollte das LSG bei seiner erneuten Prüfung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger mit dem Vergleichsabschluss konkludent den Widerspruch zurücknehmen wollte, wird es zu beachten haben, dass in diesem Fall der Beklagte lediglich die Einstellung des Widerspruchsverfahrens hätte feststellen dürfen, der Beigeladene aber den Widerspruch nicht hätte zurückweisen dürfen. In diesem Fall wäre der Widerspruchsbescheid zu Recht durch das SG aufgehoben worden.
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Sollte das LSG eine Rücknahme des Widerspruchs verneinen, wird es das verbliebene Widerspruchsinteresse zu überprüfen haben, weil sich der Kläger jedenfalls verpflichtet hat, die übergeleitete Forderung bis zu einer bestimmten Höhe zu erfüllen. Zwar wäre durch den Vergleich nicht die Beschwer des Klägers entfallen (BVerwG vom 25.11.1981 - 1 WB 131.80 - BVerwGE 73, 312 - juris RdNr 14), jedoch unter Umständen auch unter Berücksichtigung seines Vortrags eine Erfolgsaussicht des Widerspruchs beseitigt und damit sein Widerspruchsinteresse (vgl BVerwG vom 21.2.1973 - 1 WB 173.72 - BVerwGE 46, 81, 82 f; vgl BVerwG vom 15.8.1988 - 4 B 89.88 - NVwZ 1989, 48). In diesem Fall wäre der Widerspruch mit Abschluss des Vergleichs unzulässig geworden. Im Ergebnis wäre die Zurückweisung des Widerspruchs im Widerspruchsbescheid - die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Beklagten für den Erlass der Übergangsanzeige unterstellt - zu Recht erfolgt.
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.
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Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 47, § 52 Abs 1 und 2, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).