L 10 U 2477/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 1897/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2477/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Ein Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung (hier Weihnachtsfeier) besteht nicht (mehr), wenn das Unfallereignis nach Veranstaltungsende und an einem anderen Ort stattfindet. Ein Wegeunfall liegt nicht vor, wenn sich der Versicherte auf einem unversicherten, auf Alkoholkonsum beruhenden Abweg befindet.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 02.07.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Feststellung des Ereignisses vom 15.12.2018 als Arbeitsunfall.

Der 1960 geborene Kläger war seit Juli 2015 bei der Fa. D1 S1 GmbH in N1 als Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik beschäftigt. Seit dem 01.10.2019 bezieht er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Nach einer Schulteroperation links bestand beim Kläger seit dem 11.09.2018, so auch am Vortrag des angeschuldigten Ereignisses und am Ereignistag selbst, Arbeitsunfähigkeit (ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Id 13 VerwA). Am 14.12.2018, einem Freitag, fand die betrieblich organisierte Weihnachtsfeier der Fa. D1 in der Lokalität „W1“ in N1 - wenige hundert Meter vom Unternehmenssitz entfernt - statt, zu der alle 30 Beschäftigten des Unternehmens, auch der Kläger, eingeladen waren. Die Feier, an der 25 Betriebsangehörige einschließlich dem Kläger und dem Geschäftsführer des Unternehmens (D2) sowie drei betriebsfremde Personen teilnahmen, diente ausweislich der Angaben des Geschäftsführers der Stärkung der Betriebsverbundenheit und beinhaltete auch einen Geschäftsführungsbericht über das vergangene Jahr. Die Kosten für die Raummiete und das Catering trug das Unternehmen. Die Veranstaltung begann um 18.00 Uhr und endete ausweislich der Auskunft des Geschäftsführers vom 27.12.2018 (Id 14 S. 2 f. VerwA) um ca. 01.30 Uhr.

Nach eigenen Angaben des Klägers (Id 33 S. 1 VerwA) hatte er nach Anreise zur Weihnachtsfeier seinen Pkw auf dem Firmenparkplatz abgestellt. In der Nacht habe er sodann mit einem weiteren Kollegen zu einem Zeitpunkt, zu dem keine Vorgesetzten mehr anwesend gewesen seien, die Feier verlassen. Man habe zunächst, weil man sich alkoholkonsumbedingt nicht mehr fahrtüchtig „gefühlt“ habe, den Entschluss gefasst, ein Taxi zwecks Heimfahrt (der Kläger lebte zu dieser Zeit noch in F1, ca. 25 km von N1 entfernt) herbeizurufen. Da dies nicht gelungen sei, hätten sie beschlossen, im „Aufenthaltsraum“ des Unternehmens zu übernachten, wie dies „mit Einverständnis der Vorgesetzten“ auch andere Mitarbeiter zuvor „gelegentlich“ gemacht hätten.

Der Geschäftsführer hat angegeben (Id 5 VerwA), der Kläger habe sich im Anschluss an die Weihnachtsfeier ohne sein (des Geschäftsführers) Wissen zusammen mit einem Arbeitskollegen in die Betriebsküche begeben, wo beide mangels anderweitiger betrieblicher Schlafmöglichkeiten auf Stühlen sitzend und mit auf der Tischplatte abgelegtem Oberkörper/Kopf die Nacht verbracht hätten. 

Am Morgen des 15.12.2018 gegen 06.00 Uhr begab sich der Kläger noch alkoholisiert - so übereinstimmend der D-Arzt S2 (D-Arzt-Bericht vom 15.12.2018, Id 15 VerwA) und die Ärzte der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums T1 (Entlassungsbericht vom 16.12.2018, Id 3 VerwA) - auf den Weg zur Toilette. Er machte dabei ausweislich der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 19.12.2018 (Id 2 VerwA) kein Licht an und stürzte die Treppe zu den Toilettenräumen hinab. Dabei zog sich der Kläger eine traumatische Querschnittslähmung mit Instabilität im Segment HWK 3/4 und Myelonkontusion bei retrograder Amnesie hinsichtlich des Sturzereignisses sowie Schürfungen im Bereich der Stirn zu (D-Arzt-Bericht und Entlassungsbericht a.a.O.).

Mit Bescheid vom 08.01.2019 (Id 17 VerwA) lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 15.12.2018 als Arbeitsunfall ab. Nachdem die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gegen 01.30 Uhr geendet habe, habe auch kein innerer Zusammenhang mehr mit der versicherten betrieblichen Tätigkeit bestanden. Der ohne Wissen des Arbeitgebers stattgehabte nächtliche Aufenthalt in der Betriebsstätte sei von eigenwirtschaftlichen Belangen geprägt gewesen und damit unversichert. Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26.03.2019, Id 35 VerwA).

Hiergegen hat der Kläger am 25.04.2019 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben, mit der er die Feststellung des Unfalls vom 15.12.2018 als Arbeitsunfall begehrt hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, der Weg zur Toilette auf dem Betriebsgelände sei „auf Grund“ einer betrieblichen Veranstaltung erfolgt. Auch die Übernachtung im Betrieb sei „betrieblich veranlasst“ gewesen, wobei es keine Rolle spiele, ob ein Einverständnis des Geschäftsführers vorgelegen habe oder nicht. Zum einen seien Übernachtungen in der Vergangenheit gebilligt worden, zum anderen sei eine Heimfahrt nicht mehr möglich gewesen, sodass das Unternehmen gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen hätte, hätte es seine Mitarbeiter nach „Alkoholgenuss“ mit dem Pkw nach Hause fahren lassen. Außerdem befände sich der Veranstaltungsort und das Betriebsgelände in einem nahen räumlichen Abstand und die Arbeitgeberin habe den Firmenparkplatz ihren Mitarbeitern als Parkmöglichkeit zur Verfügung gestellt „und damit auch den Aufenthalt auf dem Firmengelände gebilligt.“

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2020 - den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.07.2020 zugestellt - abgewiesen. Das Ereignis vom 15.12.2018 stelle keinen Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) dar. Zwar habe es sich bei der Weihnachtsfeier um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, diese sei indes gegen 01.30 Uhr beendet gewesen und damit auch der Versicherungsschutz. Der nächtliche Aufenthalt in den Betriebsräumen und das Aufsuchen der Toilette im Untergeschoss am Morgen des 15.12.2018 stehe in keinem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit bei der Fa. D1 und sei insbesondere nicht mehr Bestandteil der Weihnachtsfeier gewesen (Hinweis u.a. auf Bundessozialgericht - BSG - 30.03.2017, B 2 U 15/15 R, in juris, Rn. 21). Daran ändere es auch nichts, dass der Kläger alkoholbedingt nicht mehr mit seinem auf dem Firmengelände abgestellten Pkw habe nach Hause fahren können. Auch eine etwaige irrige Annahme eines Versicherten, eine bestimmte Verrichtung stehe in einem sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit, begründe keinen Unfallversicherungsschutz (Hinweis auf BSG 13.12.2005, B 2 U 29/04 R, in juris, Rn. 22).

Mit seiner am 06.08.2020 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, das SG habe verkannt, dass es sich um einen versicherten Wegeunfall handele, nachdem der Kläger „aufgrund möglicher Alkoholisierung“ nicht mehr in der Lage gewesen sei, seinen Pkw zu nutzen. Er habe schlechterdings seinen Nachhauseweg „aufgezwungen“ unterbrechen und verlängern müssen, zumal „die Betriebsfeier in einem vom Betrieb ausgesuchten Weinlokal stattfand, dessen primärer Daseinszweck darin besteht Alkohol zu konsumieren“ (Hinweis auf SG Dortmund 01.02.2018, S 18 U 211/15, in juris). Es liege daher weder ein Um- noch ein Abweg, sondern eine „aufgezwungene“ Unterbrechung vor, sodass „im Umkehrschluss“ von einem Wegeunfall auszugehen sei.

Der Kläger hat im Laufe des Rechtsmittelverfahrens mitgeteilt, dass der vom SG zugrunde gelegte Sachverhalt feststehe (s. S. 52 Senats-Akte), diesen bestätigt und präzisierend ausgeführt (persönliche Stellungnahme vom 16.02.2023, S. 55 Senats-Akte), dass er die Feier zusammen mit seinem Kollegen „in den frühen Morgenstunden“ - genauer, um 01.30 Uhr, um diese Zeit habe sich auch der Geschäftsführer verabschiedet (S. 60 Senats-Akte) - verlassen habe, dass man nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei, und dass man, nachdem die Erlangung eines Taxis keinen Erfolg gebracht habe, beschlossen habe, in der Firma zu übernachten.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom
02.07.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.01.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.03.2019 aufzuheben und festzustellen, dass sein Unfall am 15.12.2018 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.


Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.


Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 08.01.2019 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 26.03.2019, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, das Unfallereignis vom 15.12.2018 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Das SG hat die dagegen gerichtete, als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG) statthafte (s. dazu statt vieler nur BSG 08.12.2022, B 2 U 19/20 R, in juris, Rn. 12) und auch im Übrigen zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 08.01.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.03.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das angeschuldigte Ereignis vom 15.12.2018 ist kein Arbeitsunfall nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, weswegen eine entsprechende Feststellung nicht in Betracht kommt.

Der Senat stellt zunächst folgenden Sachverhalt und Geschehensablauf am 14./15.12. 2018 fest:

Die in Rede stehende, von der Fa. D1 GmbH organisierte, finanzierte und durchgeführte Weihnachtsfeier in der Lokalität „W1“ - nur wenige hundert Meter von der Betriebsstätte des Unternehmens entfernt - mit Beginn am frühen Abend des 14.12.2018, zu der sämtliche Beschäftigte des Unternehmens, wie auch der teilnehmende Kläger, sowie auch Betriebsfremde eingeladen waren und an der schlussendlich 25 (von 30) Beschäftigte - einschließlich dem Kläger und dem Geschäftsführer D1 - und drei betriebsfremde Personen teilnahmen, diente der Stärkung der Betriebsverbundenheit und einem Rückblick der Geschäftsführung auf das vergangene Jahr. Dies stützt der Senat auf die Auskunft (gegenüber der Beklagten) des Geschäftsführers D1 (Id 14 S. 2 VerwA).

Die Weihnachtsfeier, zu der der Kläger seinen Angaben gemäß mit seinem Pkw angereist war und den er auf dem Firmenparkplatz abgestellt hatte, endete am 15.12.2018 (Samstag) gegen 01.30 Uhr. Auch dies stützt der Senat auf die genannte Auskunft des Geschäftsführers. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten. Im Gegenteil, er hat bestätigt, dass er die Weihnachtsfeier respektive die Lokalität „W1“ zusammen mit einem Arbeitskollegen (N2) erst zu einem Zeitpunkt verließ, als schon keine „Vorgesetzten“ mehr anwesend waren (Id 33 S. 1 VerwA) und zwar „in den früheren Morgenstunden“ (S. 55 Senats-Akte), genauer, um 1.30 Uhr, auch der Geschäftsführer habe sich um diese Zeit verabschiedet (S. 60 Senats-Akte).

Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger - ebenfalls seinen eigenen Angaben gemäß (persönliche Stellungnahme gegenüber dem Senat, S. 55 Senats-Akte) - alkoholisiert und hielt sich deswegen nach seinem eigenen Vorbringen (a.a.O.) nicht mehr für fahrtüchtig, um mit seinem auf dem Firmengelände abgestellten Pkw nach Hause zu fahren. Unabhängig davon haben auch die den Kläger nach dem gegen 06.00 Uhr stattgehabten (Sturz-)Ereignis behandelnden Ärzte (D-Arzt S2 um 08.30 Uhr, die Ärzte der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums T1 nach anschließender stationärer Aufnahme) übereinstimmend eine Alkoholisierung des Klägers zum Zeitpunkt des Sturzes beschrieben.

Als der Kläger also „in den frühen Morgenstunden“ des 15.12.2018 - zusammen mit dem Kollegen N2 - den „W1“ verließ, fasste er ob seiner Alkoholisierung zunächst den Entschluss, ein Taxi herbeizurufen, um damit den Nachhausweg nach F1 anzutreten. Erst als das Herbeirufen eines Taxis misslang, traf der Kläger mit seinem Arbeitskollegen den weiteren Entschluss - auch dies stellt der Senat im Tatsächlichen auf der Grundlage der eigenen Angaben des Klägers fest -, sich zum nahegelegenen Betriebsgebäude zu begeben, um dort provisorisch zu „nächtigen“. Von dieser „Übernachtung“ auf dem Betriebsgelände wusste - bis nach dem angeschuldigten Ereignis - die Arbeitgeberin respektive der Geschäftsführer D1 nichts, was der Senat auf die Angaben (gegenüber der Beklagten) des Geschäftsführers D1 (Id 5 VerwA) stützt. Die Einlassungen des Klägers und der zeitliche Ablauf bestätigen dies. Denn der Kläger hat den Entschluss, zusammen mit dem Arbeitskollegen im Betriebsgebäude zu „übernachten“, erst getroffen (s.o.), als er die Weihnachtsfeier zu einem Zeitpunkt verlassen hatte, zu dem bereits kein verantwortlicher Repräsentant des Unternehmens mehr anwesend war und auch erst, nachdem das Herbeirufen eines Taxis erfolglos geblieben war.

Ausweislich der Angaben der Arbeitgeberin (Id 2 und 4 VerwA) bzw. des Geschäftsführers D1 (Id 5 VerwA) sowie der von den behandelnden Ärzten im Nachgang mitgeteilten Angaben (s. D-Arzt-Bericht des S2, Id 15 S. 1 VerwA und Entlassungsbericht der Ärzte der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikum T1, Id 3 S. 1 VerwA) - der Kläger hat nichts Abweichendes bekundet - erwachte der Kläger sodann im Betriebsgebäude gegen 06.00 Uhr morgens aus dem Schlaf und wollte die Toilette im unteren Geschoss des Betriebsgebäudes aufsuchen. Dabei stürzte er die Treppe zum Toilettenraum hinab, wobei mangels Entscheidungsrelevanz offenbleiben kann, ob er ausrutschte oder stolperte und ob dies auf dem Alkoholkonsum oder auf dem Umstand, dass er kein Licht anmachte oder auf beidem beruhte, und zog sich die im Tatbestand genannten, ärztlich festgestellten Verletzungen zu.

Unter Zugrundelegung all dessen hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids unter zutreffender Darstellung, wann ein Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII vorliegt und welche Voraussetzungen dafür nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelnen vorliegen müssen, zu Recht angenommen, dass es sich bei der Weihnachtsfeier der Fa.  D1 grundsätzlich um eine der Beschäftigtenunfallversicherung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unterliegende sog. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung (s. dazu im Einzelnen nur BSG 05.07.2016, B 2 U 19/14 R, in juris, Rn. 13 ff. m.w.N.) gehandelt hat. Davon ist auch die Beklagte in den angefochtenen Verwaltungsentscheidungen ausgegangen und dies hat der Kläger - da für ihn günstig - auch nicht in Zweifel gezogen. Im Verhältnis zum teilnehmenden Kläger ändert sich die Bewertung auch nicht dadurch, dass er zu jenem Zeitpunkt hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeit als Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Dies berührt den Charakter der Veranstaltung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung im obigen Sinne nicht, zumal die Erbringung der vom Kläger arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit weder am 14.12.2018 noch am 15.12.2018 (im Betrieb wurde ohnehin samstags nur in Ausnahmefällen gearbeitet, was der Geschäftsführer D1 bekundet hat, Id 12 S. 1 VerwA) jemals überhaupt in Rede gestanden hat. 

Indes ist diese betriebliche Veranstaltung entsprechend der obigen Feststellungen am 15.12.2018 gegen 01.30 Uhr beendet gewesen, wovon das SG ebenfalls zu Recht ausgegangen ist.

Das angeschuldigte Ereignis fand mithin überhaupt nicht im Rahmen dieser Weihnachtsfeier im W1 statt, sondern sowohl zeitlich (rund 4,5 Stunden später) als auch räumlich (Betriebsgelände der Fa. D1, wobei es keine entscheidende Rolle spielt, dass der W1 nur wenige hundert Meter vom Ereignisort entfernt liegt) außerhalb von ihr. Deswegen geht der Hinweis der Klägerseite auf die Entscheidungen des SG Heilbronn (28.04.2014, S 6 U 1404/13, in juris: nächtlicher Sturz
eines Betriebsratsmitglieds mit knapp zwei Promille Alkohol im Blut „auf“ einer beruflichen Tagung) und des SG Dortmund (01.02.2018, S 18 U 211/15, in juris: Sturz auf dem Weg zur Toilette „während“ eines Grillabends im Rahmen eines zweitägigen Workshops zur Verbesserung der Zusammenarbeit in den Abteilungen) - unabhängig von deren Richtigkeit und in jenen Einzelfällen - schon deshalb ins Leere, weil sich die dortigen Unfallereignisse gerade „im Rahmen“ einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ereigneten. Eine irgendwie geartete „Vergleichbarkeit“, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers versucht hat zu konstruieren, besteht nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG - der der Senat folgt und auf die bereits das SG hingewiesen hat - besteht gerade kein Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung (mehr), wenn sich das Unfallereignis nach Veranstaltungsende und an einem anderen Ort (dort: Übernachtungshotel) bei einem „Ausklang“ ohne „Einvernehmen“ mit der veranstaltenden Unternehmensleitung stattfindet (BSG 30.03.2017, B 2 U 15/15 R, in juris, Rn. 21).

Unabhängig davon, dass die Veranstaltung auch vorliegend zum Zeitpunkt des Sturzes des Klägers längst beendet war, hat der Kläger auch nicht einmal nur behauptet, dass die „Übernachtung“ auf dem Betriebsgelände in irgendeiner Weise vom Geschäftsführer des Unternehmens oder einem sonstigen verantwortlichen Repräsentanten informell initiiert, angeregt oder gar organisiert worden ist. Dem steht auch schon entgegen, dass unternehmensseitig gerade niemand mehr anwesend war, als der Kläger den Entschluss, sich zum „Nächtigen“ in das Betriebsgebäude zu begeben fasste, nachdem der Taxiruf erfolglos geblieben war (s. die Feststellungen oben). Insoweit ist auch vollkommen unerheblich, ob Beschäftigte des Unternehmens in der Vergangenheit - aus welchen Gründen auch immer - im Betrieb „geduldet“ nächtigten, denn dies ändert nichts daran, dass sich die konkrete Weihnachtsfeier eben gerade nicht in irgendeiner Weise „im Einvernehmen“ mit dem veranstaltenden Unternehmen respektive Geschäftsführer quasi auf dem Betriebsgelände fortsetzte. Der Kläger suchte die Betriebsstätte vielmehr eigenmächtig nach Ende der Veranstaltung auf und daran ändert unfallversicherungsrechtlich hier auch die Konstruktion einer „Fürsorgepflicht“ der Arbeitgeberin durch den klägerischen Prozessbevollmächtigten nichts.

Insoweit erachtet der Senat auch den unterschwelligen Vorwurf der Klägerseite (vgl. Bl. 4 f. SG-Akte, S. 22 Senats-Akte), die Arbeitgeberin bzw. der Geschäftsführer habe durch Auswahl der Lokalität („W1 den Alkoholkonsum des Klägers protegiert und ihn auf einen „nicht versicherten Nachhauseweg geschickt“ („Zwang“), geradezu als abwegig.

In Ansehung all dessen hat das SG zutreffend entschieden, dass sich das angeschuldigte Ereignis im Ergebnis nicht im Rahmen der Weihnachtsfeier als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung - und damit im Rahmen einer versicherten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII - ereignet hat und dass unter diesem Gesichtspunkt auch kein entsprechender Unfallversicherungsschutz (mehr) bestanden hat. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den diesbezüglichen Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend merkt der Senat noch an, dass allein der Umstand, dass sich das angeschuldigte Ereignis auf dem Betriebsgelände ereignete, für die Frage des Unfallversicherungsschutzes ohne Bedeutung ist; es gibt - außerhalb der See- und Binnenschiffahrt (vgl. § 10 SGB VII) - keinen „Betriebsbann“ (BSG 07.09.2004, B 2 U 35/03 R, in juris, Rn. 16).

Der Kläger befand sich zum Unfallzeitpunkt auch nicht auf einem im Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit stehenden Betriebsweg i.S. von § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (allg. zur Unterscheidung zwischen einem Betriebs- und einem Heimweg i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII s. BSG 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, in juris, Rn. 13, 18.06.2013, B 2 U 7/12 R, in juris, Rn. 13; zum Heimweg noch sogleich). Denn das angeschuldigte Ereignis fand schon nicht auf dem Weg vom „W1“ zum Betriebsgelände statt und die „versicherte Tätigkeit“ in Gestalt der Teilnahme an der Weihnachtsfeier war zum Zeitpunkt des Unfallsturzes auch längst beendet (s.o.).
Der Kläger war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auch nicht in der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII - was der Kläger mit seinem Rechtsmittel in den Vordergrund gerückt hat - versichert. Danach zählt zu den versicherten Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Einen solchen Weg legte der Kläger bei Eintritt des Unfallereignisses nicht zurück. Weder befand er sich zum Unfallzeitpunkt auf dem unmittelbaren Weg von der Arbeitsstätte zu seiner Wohnung noch legte er einen versicherten Weg von einem sog. dritten Ort zur Wohnung zurück.

Unmittelbar vor dem Unfallereignis gegen 06.00 Uhr am 15.12.2018 befand sich der Kläger nicht auf dem direkten Weg von der Arbeitsstätte zu seiner Wohnung. Er hatte in den frühen Morgenstunden schon den „W1“ als Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nicht verlassen, um seinen Heimweg anzutreten, weil er sich - wie schon dargelegt - alkoholbedingt nicht mehr in der Lage sah, seinen auf dem Betriebsgelände abgestellten Pkw zu führen. Mithin war der Kläger, als er sich nach Verlassen des „W1“ entschloss, nicht seinen Heimweg anzutreten, sondern das Betriebsgelände aufzusuchen, um dort zu „nächtigen“, auf einem sog. Abweg (dazu nur BSG 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, in juris, Rn. 18). Da der Kläger bei Eintritt des Unfallereignisses die üblicherweise zurückgelegte unmittelbare Wegstrecke zwischen der Arbeitsstätte und seiner Wohnung noch nicht erreicht hatte - er suchte vielmehr, immer noch alkoholisiert (s.o.), die Toilette auf -, befand er sich zum Unfallzeitpunkt weiterhin auf einem Abweg.

Dieser Abweg zwecks Übernachtung/Schlafen ist - entsprechend einem Abweg etwa zur Nahrungsaufnahme (s. dazu z.B. BSG 18.06.2023, B 2 U 7/12 R, in juris, Rn. 18 ff.) - unversichert, erst recht, wenn er wie hier auf Alkoholkonsum beruht (vgl. nur BSG 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, in juris, Rn. 49).

Der Abweg war auch nicht „unerwartet notwendig geworden“, um den Heimweg zurücklegen zu können (s. dazu BSG 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, in juris, Rn. 16; 07.09.2004, B 2 U 35/03 R, in juris, Rn. 17 ff.), denn er war schon nicht „unerwartet“ (im Gegenteil, der Kläger wusste, als er auf der Weihnachtsfeier Alkohol konsumierte, dass er mit seinem Pkw zu der Feier angereist war, und jedenfalls außerhalb einer großstädtischen Agglomeration konnte der Kläger auch nicht damit rechnen, in den frühen Morgenstunden ein Taxi zu erlangen) und es bestand darüber hinaus ohnehin von vornherein keinerlei innerer Zusammenhang i.S. einer irgendwie gearteten betrieblichen Notwendigkeit zwischen der Weihnachtsfeier und dem klägerischen Alkoholkonsum, denn Letzterer ist - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen (z.B. Probieren neuer alkoholischer Produkte in einer Brauerei auf Veranlassung des Arbeitgebers und im Rahmen der versicherten Beschäftigung) - betriebsfremd (vgl. nur BSG 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, a.a.O.).

Schließlich unterbrach der Kläger seinen Heimweg (aus eigenwirtschaftlichen Gründen) vom „W1“ nach 01.30 Uhr auch nicht nur geringfügig, als er, nachdem er gewahr geworden war, dass er nicht mehr Auto fahren kann und nachdem der Taxiruf keinen Erfolg gebracht hatte, in den frühen Morgenstunden das Betriebsgebäude aufsuchte, sich dort provisorisch niederließ, schlief und nach einer gewissen Zeit gegen 06.00 Uhr seinen Weg zur Toilette antrat, auf dem er verunfallte (zur „geringfügigen“ Unterbrechung - jeweils verneint - s. nur BSG 30.01.2020, B 2 U 9/18 R, in juris, Rn. 11 ff.: Tanken; 07.05.2019, B 2 U 31/17 R, Rn. 18 ff.: Briefeinwurf; 31.08.2017, B 2 U 11/16 R, in juris, Rn. 14 ff.: Kauf einer Mahlzeit; 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, in juris, Rn. 21: Arztbesuch; 04.07.2013, B 2 U 3/13 R, Rn. 15 f.: Kauf von Erdbeeren am Wegesrand).

Unmittelbar vor dem Sturz befand sich der Kläger auch nicht - nach der mehr als nur geringfügigen Unterbrechung seines Heimwegs - wieder auf dem Heimweg (vgl. dazu die „dritte Ort“-Rechtsprechung des BSG, z.B. 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, a.a.O., Rn. 22 ff.), denn er war gerade nicht auf dem Weg zu seinem Pkw, sondern auf dem (eigenwirtschaftlichen) Weg zur Toilette nach dem Aufstehen.

Dieser - dem Unfall unmittelbar vorausgegangene - Toilettengang war auch keine Vorbereitungshandlung des Heimwegs (vgl. BSG 07.05.2019, B 2 U 31/17 R, a.a.O., Rn. 17), sondern allenfalls eine „sonstige, unversicherte typische Vorbereitungshandlung“, sodass sich der Sturz auch und gerade nicht bei der (Wieder-)Aufnahme des Heimwegs ereignete (s. dazu nur BSG 30.01.2020, B 2 U R 9/18 R, a.a.O., Rn. 24).

Mithin stand der Kläger entgegen dem Rechtsmittelvorbringen auch nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, weil er sich unmittelbar vor dem Ereignis nicht auf dem Heimweg befand. Deshalb liegt auch kein Fall des § 8 Abs. 2 Nr. 2 b) SGB VII vor, zumal schon nicht ersichtlich ist, dass der Kläger „gemeinsam“ mit dem Arbeitskollegen „ein Fahrzeug benutzen“ wollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



 

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