Allein aus der Stellung eines Asylantrags ist nicht auf die Geltendmachung von Leistungen nach dem AsylbLG zu schließen.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
Tatbestand
Die Kläger begehren die Übernahme der Kosten einer stationären Behandlung ihres verstorbenen Sohnes vom 28. Februar 2020 bis zum 10. April 2020 in Höhe von 53.396,35 EUR.
Der 1976 geborene Kläger Ziff. 1 und die 1984 geborene Klägerin Ziff. 2 sind iranische Staatsangehörige und die Eltern des 2014 geborenen und an Leukämie erkrankten G1. Mit zum Zwecke der medizinischen Behandlung von G1 erteilten Kurzaufenthaltsvisa, die am 20. Februar 2020 beantragt worden waren und eine Gültigkeitsdauer vom 24. Februar 2020 bis 8. April 2020 hatten, reisten die Kläger mit ihrem Sohn in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 28. Februar 2020 wurde der Sohn der Kläger zur stationären Behandlung in das Universitätsklinikum M1 (Universitätsmedizin M1) aufgenommen. Für die Behandlung ihres Sohnes leisteten die Kläger im März 2020 einen Betrag in Höhe von 24.000,00 EUR vor.
Der Kläger Ziff. 1 wurde am 2. April 2020 als Asylsuchender im Ankunftszentrum P1 in H1 vorstellig und stellte am 2. April 2020 einen Asylantrag.
Am 6. April 2020 teilte der Beklagte dem Universitätsklinikum M1 mit, dass weder die Klägerin Ziff. 2 noch deren Sohn einen Anspruch auf Leistungen habe. Lediglich der Kläger Ziff. 1 habe sich asylsuchend gemeldet, besitze einen Ankunftsnachweis und sei leistungsberechtigt, weshalb die Kosten der medizinischen Behandlung nicht vom Beklagten zu tragen seien.
Am 7. April 2020 wandte sich das Universitätsklinikum M1 per E-Mail an den Beklagten und teilte mit, dass sich ein Patient mit Flüchtlingsstatus auf der Station der Kinderklinik M1 befinde. Da dieser stark immunsupprimiert sei, sei aus medizinischer Sicht eine Unterbringung mit anderen Menschen nicht möglich, weshalb angefragt werde, ob für die Familie ein separates Apartment zur Verfügung gestellt werden könne.
Am 10. April 2020 wurde die stationäre Behandlung des Sohnes der Kläger im Universitätsklinikum M1 beendet und eine palliativmedizinische Betreuung im Elternhaus des Universitätsklinikums eingeleitet 2020 verstarb der Sohn der Kläger.
Am 16. April 2020 übersandte der Beklagte an die Universitätsklinik M1 ein Antragsformular für Asylbewerberleistungen und teilte mit, Sozialleistungen könnten ab dem Tag der Antragstellung geltend gemacht werden. Diese Formulare sollten den Sozialarbeitern der Klinik bekannt sein, da diese immer verwendet würden, wenn Asylbewerber aus medizinischen Gründen nicht zur Registrierung gehen könnten oder eine Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht möglich sei.
Am 21. April 2020 ging beim Beklagten ein im Universitätsklinikum M1 gestellter Asylantrag für die Klägerin Ziff. 2 und deren Sohn ein, der an das BAMF weitergeleitet wurde.
Erstmals am 29. April 2020 ging beim Beklagen ein Antrag der Universitätsklinik M1 auf Kostenübernahme für eine Behandlung ab dem 28. Februar 2020 ein.
Unter dem 10. Juni 2020 machten die Kläger geltend, dass der Kläger Ziff. 1 bereits am 2. April 2020 sowohl für sich als auch für die Klägerin Ziff. 2 sowie den Sohn einen Asylantrag gestellt habe, wobei er mitgeteilt habe, dass sich seine Familie aufgrund der akuten Krebserkrankung des minderjährigen Kindes im Krankenhaus befinde. Fälschlicherweise seien seitens des Bundesamtes die Angaben über die Ehefrau und das Kind nicht schriftlich aufgenommen worden. Der schriftliche Asylantrag sei von Seiten des Krankenhauses per E-Mail als Anhang an das Regierungspräsidium K1 gesendet worden. Es werde darauf hingewiesen, dass die gesamte Angelegenheit hinsichtlich des Krankenhausaufenthaltes des Kindes von Seiten des Krankenhauses mit dem Regierungspräsidium K1 besprochen und geregelt worden sei.
Mit Rechnung vom 18. Juni 2020 stellte das Universitätsklinikum M1 dem Kläger Ziff. 1 für die Behandlung seines Sohnes vom 28. Februar 2020 bis 10. April 2020 einen Betrag in Höhe von 53.296,35 EUR in Rechnung. Die Übernahme der Rechnung durch den Beklagten machten die Kläger unter dem 29. Juni 2020 geltend.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2020 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten für den Sohn der Kläger in der Universitätsmedizin M1 vom 28. Februar 2020 bis 10. April 2020 ab. Leistungen an Asylbewerber im Krankheitsfall seien in § 4 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt, ergänzend gelte § 6 AsylbLG. Danach würden ärztliche Behandlungen bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen gewährt; sonstige Leistungen könnten zur Sicherung der Gesundheit oder zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern gewährt werden. Ein Leistungsanspruch von berechtigten Personen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 1a AsylbLG, die zumindest ein Asylgesuch geäußert hätten, bestehe erst ab Kenntnis des Leistungsträgers vom Bedarf des Berechtigten (§ 6b AsylbLG i. V. m. § 18 SGB XII); diese Kenntnis könne durch einen Leistungsantrag oder auf andere Weise entstehen. Der Leistungsanspruch entspreche nicht dem eines gesetzlich nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Versicherten. Zum Zeitpunkt der für den Sohn der Kläger seitens der Universitätsmedizin M1 erbrachten Behandlungsleistungen, die mit Rechnung vom 18. Juni 2020 abgerechnet worden seien, handele es sich bei der Familie nicht um Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG, da sie sich mit für die Krankenbehandlung des Kindes ausgestellten Visa erlaubt in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hätten. Die Behandlungsleistungen seien auch nicht nach einem darauf gerichteten Leistungsantrag bzw. einer Entscheidung des Regierungspräsidium K1 als zuständigem Leistungsträger gegenüber den Klägern oder dem Universitätsklinikum M1 erbracht worden, sondern aufgrund eines vom Universitätsklinikum M1 mit den Klägern geschlossenen privatrechtlichen Behandlungsvertrags. Für die vorgelegte Rechnung hafteten diese daher selbst. Die nunmehr geltend gemachte Vermögenslosigkeit ändere an der Verpflichtung grundsätzlich nichts und begründe insbesondere keine nachträgliche Einstandspflicht einer Leistungsbehörde nach dem AsylbLG oder eines sonstigen Sozialleistungsträgers. Da weder ein Leistungsanspruch der Kläger bestehe noch eine Kostenzusage gegenüber dem Universitätsklinikum M1 erteilt worden sei, sei die Übernahme der mit der Rechnung vom 18. Juni 2020 geltend gemachten Behandlungskosten nicht möglich. Die ab dem 6. April 2020 zwischen dem Regierungspräsidium K1 und dem Universitätsklinikum M1 geführte Korrespondenz habe sich auf die Kosten der Unterbringung des Vaters, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein Asylgesuch gestellt gehabt habe, bezogen und nicht auf die bereits erbrachten therapeutischen Behandlungsmaßnahmen für den Sohn der Kläger.
Den gegen den Bescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2020 zurück.
Am 2. September 2020 haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zu berücksichtigen sei noch der Umstand, dass sich die Kläger zum Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland als Ausländer ohne deutsche Sprachkenntnisse wegen der akuten Krebskrankheit ihres mittlerweile verstorbenen Kindes in einer sehr schlechten psychischen Verfassung befunden und außerdem über keinerlei Kenntnisse über die Regelungen des Asylverfahrens wie Asylantragstellung etc. verfügt hätten. Das minderjährige Kind der Kläger habe sich im Krankenhaus befunden und habe dringend behandelt werden müssen. Die Anwesenheit der Eltern als Begleitpersonen im Krankenhaus sei dringend notwendig gewesen. Die Kläger, die wegen der schlechten gesundheitlichen Verfassung ihres minderjährigen Kindes unter enormem psychischen Druck und insbesondere Angst und Panik gestanden hätten, hätten sich zuerst im Vorfeld mit Hilfe des Krankenhauses über die Art und Weise einer Asylmeldung/Asylantragstellung informieren müssen, was eine gewisse Zeit in Anspruch genommen habe. Das Krankenhaus habe sich aber auch anderweitig durch andere Stellen informieren müssen, weil das Krankenhauspersonal keinerlei Kenntnisse über die Durchführung eines Asylverfahrens gehabt habe. Die Situation sei später durch die Corona-Pandemie enorm erschwert worden. Aufgrund der Corona-Pandemie hätten die Kläger das Krankenhaus nicht verlassen dürfen. Damit hätten berechtigte Hinderungsgründe vorgelegen, weshalb sich die Kläger nicht sofort, sondern erst später als Asylsuchende gemeldet hätten. Außerdem seien dem Regierungspräsidium K1 die Asylbegehren der Kläger bereits früher durch Anfragen des Krankenhauses (UMM), also zeitlich bereits vor Meldung der Kläger als Asylsuchende, bekannt gewesen. Die Anfragen des Krankenhauses und später die Asylgesuche der Kläger hätten bereits früher das Regierungspräsidium K1 zu notwendigen Ermittlungen hinsichtlich eines Familienbedarfs veranlassen müssen. Für die Übernahme der Behandlungskosten des verstorbenen Kindes sei außerdem relevant und zu berücksichtigen, dass das Asylgesuch des Vaters für sich und seine Familie bzw. die Asylgesuche der Familie während der laufenden Behandlung des im Alter von sechs Jahren verstorbenen Sohnes, der an einer schwerwiegenden Krebserkrankung gelitten habe, erfolgt sei. Eine Aufspaltung/Aufteilung in mehrere Teile, wie hier von der Beklagtenseite vorgenommen, sei nicht berechtigt. Nach § 14a Abs. 1 AsylG gelte die Familieneinheit. Mit der Asylsuchendmeldung/Asylantragstellung nach § 14 AsylG gelte ein Asylantrag auch für jedes minderjährige ledige Kind des Ausländers als gestellt, das sich zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhalte. Die Kläger seien inzwischen unanfechtbar als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) anerkannt. Die Flüchtlingseigenschaft der Kläger sei ebenfalls zuerkannt worden. Dies bedeute, dass die Asylgründe der Kläger vollumfänglich und ohne irgendwelche Zweifel von der Seite des BAMF akzeptiert und die Kläger als politisch Verfolgte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG, die als Anerkennung aufgrund ihrer engen und strengen Voraussetzungen äußerst selten vorkomme, unanfechtbar anerkannt worden seien.
Mit Urteil vom 4. Oktober 2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 21.847,44 EUR fehle es bereits an der notwendigen Beschwer (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtgesetz [SGG]), da sich aus den aktenkundigen Unterlagen der Buchhaltung der Universitätsklinik M1 ergebe, dass als „Soll“ von den Klägern nur noch ein Betrag in Höhe von 31.448,91 EUR gefordert werde. Die von den Klägern bewirkten privaten Zahlungen von insgesamt 24.000 EUR seien bereits „aufgebraucht“. Die rechnerische Differenz von 2.152,66 EUR beruhe offenkundig darauf, dass der Universitätsklinik M1 in der Folge anlässlich der stationären Krankenbehandlung von G1 weitere Aufwendungen von insgesamt 2.152,66 EUR entstanden seien (15 Rechnungen des DRK sowie eine Rechnung des MVZ), welche nun durch die Universitätsklinik M1 von den Klägern gefordert würden. Im Übrigen nehme das Gericht im Rahmen der Zulässigkeit der Klage an, dass die Kläger gegenüber dem Universitätsklinikum M1 entweder unmittelbar vertraglich oder als Erben ihres verstorbenen Sohnes für die Kosten der stationären Behandlung einzustehen hätten und somit für die Geltendmachung der dem korrespondierenden sozialrechtlichen Forderung gegenüber dem Beklagten aktivlegitimiert seien. Die Klage sei im Übrigen unbegründet. Die in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen (§§ 4 und 6 AsylbLG) setzten in grundlegender Weise voraus, dass die Person, auf die sich die Krankenhilfeaufwendungen bezögen, im Zeitpunkt der Heilbehandlung anspruchsberechtigt nach dem AsylbLG gewesen sei. Die Leistungen nach dem AsylbLG seien nur zur Deckung eines gegenwärtigen Bedarfs vorgesehen, so dass eine Hilfe für die Vergangenheit bzw. die Übernahme von Schulden naturgemäß nicht in Betracht kämen. Ein Asylantrag für den Sohn der Kläger sei erst am 20. April 2020 gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Krankenbehandlung in der Universitätsklinik M1 jedoch bereits abgeschlossen gewesen. Selbst wenn der vom Kläger am 2. April 2020 gestellte Asylantrag auch den verstorbenen Sohn eingeschlossen hätte, ergebe sich nichts anderes. Denn der Kenntnisnahmegrundsatz (§ 6b AsylbLG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII]) beziehe sich nicht nur auf die Kenntnis des medizinischen Behandlungsbedarfs, sondern auch auf das wirtschaftliche Unvermögen, die damit verbundenen Kosten aus eigenen Mitteln bestreiten zu können. Der mit dem für die Leistungen nach dem AsylbLG zuständigen Beklagten ab etwa Anfang April 2020 geführte E-Mail-Verkehr habe zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass bzw. ab welchem Zeitpunkt die Geldmittel für die Finanzierung der Krankenbehandlung aufgebraucht gewesen seien und dass zu diesem Zeitpunkt für den Sohn der Kläger die persönlichen Zugangsvoraussetzungen zum AsylbLG erfüllt gewesen seien. Erst in Zusammenhang mit der Aufnahme des Sohnes der Kläger in ein Kinderhospiz am 10. April 2020 sei dem Beklagten wohl mit der gebotenen Eindeutigkeit mitgeteilt worden, dass eine weitere private Finanzierung nicht mehr möglich gewesen sei. Unerheblich sei, dass die Kläger in der Folge eine Anerkennung als Asylberechtigte mit Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erhalten hätten, da diese Entscheidung für den zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebenden Sohn keine Bedeutung haben könne. Auch eröffneten die in Betracht zu ziehenden Anspruchsnormen des AsylbLG dem Beklagten kein Ermessen und enthielten keine „Härteklausel“, welche es erlauben würden, Leistungen rückwirkend für einen Zeitraum vor der Erfüllung der persönlichen Zugangsvoraussetzungen zum AsylbLG zu erbringen bzw. Schulden zu übernehmen.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. Oktober 2021 zugestellte Urteil haben die Kläger am 19. November 2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und verfolgen ihr Begehren weiter. Zur Begründung verweisen sie auf ihren Vortrag im Klageverfahren. Ergänzend tragen sie vor, schon kurz nach der Einreise den Wunsch, zum Christentum überzutreten, entwickelt und schon innerhalb der ersten Woche der Sozialabteilung des Krankenhauses, die sie unterstützt habe, mitgeteilt zu haben, dass sie einen Asylantrag stellen möchten und darauf hingewiesen hätten, dass sie mittellos seien und die Behandlungskosten aus eigenen Mitteln nicht mehr bestreiten könnten, weil sie durch die Familie im Iran finanziell nicht mehr unterstützt würden und persönlich über keinerlei Einkommen und Vermögen mehr verfügten. Ferner führen sie durch die Corona-Pandemie, die sehr schwere Belastung durch die schwere Erkrankung des Kindes, fehlende Kenntnisse der deutschen Sprache und der Regelungen des Asylverfahrens und eine schlechte Erreichbarkeit des BAMF verursachte Schwierigkeiten bei der Stellung eines Asylantrags an. Das eindeutige Asylbegehren der Kläger für die gesamte Familie sei somit bereits sehr früh nach der Einreise zu Tage getreten. Erst am 2. April 2020 sei es dem Kläger trotz seiner früheren Bemühungen und ohne sein Verschulden gelungen, dass sein Asylbegehren aufgenommen worden sei, wobei er dieses für die ganze Familie geltend gemacht habe. Gleichwohl sei der Asylantrag für seinen Sohn und die Klägerin Ziff. 2 erst später nochmals aufgenommen worden. Für die Übernahme der Behandlungskosten des verstorbenen Kindes sei zudem zu berücksichtigen, dass die Asylgesuche der Familie und ihre Mittellosigkeit während der laufenden Behandlung des Sohnes gestellt worden und entstanden seien. Eine zeitliche Aufspaltung/Aufteilung sei daher nicht angemessen. Die Leistungen nach dem AsylbLG setzten außerdem keinen Antrag voraus. Soweit das SG hypothetisch vom möglichen Abschluss eines privatrechtlichen Behandlungsvertrages ausgehe, der die Kläger alleine zur Zahlung der Behandlungskosten verpflichten würde, könne die Existenz eines solchen Vertrages vonseiten der Kläger und des Beklagten nicht bejaht, festgestellt und bewiesen werden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Oktober 2021 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Juli 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2020 zu verurteilen, die vom Universitätsklinikum M1 am 18. Juni 2020 in Höhe von 53.296,35 EUR in Rechnung gestellten Behandlungskosten zu übernehmen bzw. zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidend für das Begehren der Kläger sei, ob zum Zeitpunkt der geltend gemachten Aufwendungen für die Behandlung ihres Sohnes bereits eine Anspruchsberechtigung auf Leistungen nach dem AsylbLG bestanden habe. Diese sei nicht mit ihrer Einreise am 28. Februar 2020 mit Visa für einen dreimonatigen Aufenthalt für die Behandlung des erkrankten Sohnes entstanden. Es sei davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Behandlungsleistungen aufgrund eines Behandlungsvertrages der Kläger zugunsten ihres Sohnes mit der Universitätsmedizin M1 (UMM) entstanden seien, da es sich nicht um einen Notfall gehandelt habe und ein anderer Rechtsgrund dafür nicht ersichtlich sei. Dementsprechend sei die streitgegenständliche Rechnung vom 18. Juni 2020 auch an den Kläger Ziff. 1 gerichtet.
Den von den Klägern gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 25. Juli 2023 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 7. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2020 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme bzw. Erstattung der Kosten der Behandlung ihres verstorbenen Sohnes für die Zeit vom 28. Februar 2020 bis 10. April 2020 gemäß der Rechnung des Universitätsklinikums M1 vom 18. Juni 2020.
Als Anspruchsgrundlage kommen nur §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Betracht, wonach Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG erforderliche Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände bzw. sonstige im Einzelfall insbesondere zur Sicherung der Gesundheit unerlässliche Leistungen gewährt werden (können). Die Leistungsgewährung erfolgt dabei grundsätzlich als Sachleistung. Unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Anspruch ihres verstorbenen Sohnes überhaupt auf die Kläger übergehen konnte, ist ein Anspruch nach §§ 4 bzw. 6 AsylbLG für den streitigen Behandlungszeitraum schon zu dessen Lebzeiten nicht entstanden. Denn weder hat es sich bei dem verstorbenen Sohn um einen Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG gehandelt noch war die nach § 6b AsylbLG in Verbindung mit § 18 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erforderliche Kenntnis des Beklagten vom Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen gegeben. Nachdem der Sohn der Kläger sich mit einem Visum zum Zweck der Krankenbehandlung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erlaubt aufhielt und ein Asylantrag für ihn erst am 14. April 2020 gestellt wurde, war er wegen des Fehlens eines in § 1 AsylbLG genannten Aufenthaltsgrundes im maßgeblichen Behandlungszeitraum schon kein Leistungsberechtigter nach dem AsylbLG. Der Asylantrag des Klägers Ziff. 1 umfasste nicht auch einen Asylantrag für den Sohn. Zwar gilt gemäß § 14a Abs. 1 AsylG mit der Asylantragstellung nach § 14 ein Asylantrag auch für jedes minderjährige Kind des Ausländers als gestellt. Dies gilt jedoch nur, wenn sich das Kind zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet aufhält, ohne freizügigkeitsberechtigt oder im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein. Der Sohn der Kläger verfügte jedoch im Zeitpunkt der Antragstellung durch den Kläger Ziff. 1 über einen Aufenthaltstitel in Form eines Visums (siehe § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz).
Selbst wenn für den Sohn der Kläger bereits während der Krankenhausbehandlung, für die eine Kostenübernahme begehrt wird, ein Asylantrag gestellt worden wäre, fehlte es an der Kenntnis des Beklagten hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen nach § 6b AsylbLG. Allein aus der Stellung eines Asylantrags ist nicht auf die Geltendmachung von Leistungen nach dem AsylbLG zu schließen, da Asylbewerber nicht zwingend hilfebedürftig sind, vielmehr durchaus über gemäß § 7 AsylbLG zunächst für den Lebensunterhalt vorrangig einzusetzendes Einkommen und Vermögen verfügen können. Zudem hat der Beklagte auch keine Kenntnis von einem Bedarf an konkreten Gesundheitsleistungen im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG gehabt, wobei der Leistungsanspruch nach diesen Vorschriften nicht auf eine sog. Sachleistungsverschaffung, also auf eine Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung; zur ggf. notwendigen Beiladung des Leistungserbringers in diesen Fällen vgl. etwa BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 10/12 R – juris Rdnr. 10 m.w.N.) ausgerichtet ist, sondern originär auf eine Sachleistung (vgl. zu dem das AsylbLG prägenden Sachleistungssystem etwa BSG, Urteil vom 25. Oktober 2018 – B 7 AY 1/18 R – juris Rdnr. 17) bzw. auf die Freistellung von den Kosten (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6. Oktober 2022 – L 8 AY 46/20 – juris Rdnr. 18). Das Vorliegen eines entsprechenden Hilfebedarfs hat der Beklagte schon deswegen nicht annehmen müssen, weil der Sohn der Kläger schon bei dem erstmaligen Bekanntwerden des Falles überhaupt bereits aufgrund eines privatrechtlichen Behandlungsvertrages behandelt wurde und der Anschein bestanden hat, die Sicherstellung der Behandlungskosten sei schon vor der Einreise aus dem Iran erfolgt. Soweit nunmehr vorgetragen wurde, ein Behandlungsvertrag mit der Klinik sei nicht abgeschlossen worden, folgt hieraus nichts anderes, da dann schon fraglich ist, aus welchem Rechtsgrund Behandlungskosten geschuldet werden. Sonstige Anspruchsgrundlagen für die Übernahme der Verbindlichkeiten der Kläger aus der Krankenhausrechnung sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.