Eine Kellnerin, die in einem arbeitsteilig organisierten gastronomischen Betrieb zum Stundenlohn weisungsgebunden eingesetzt wird, steht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 26. April 2023 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen Kosten der Beigeladenen aus beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die erstinstanzlich ausgesprochene Aufhebung ihres im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV erlassenen Beitragsnacherhebungsbescheides. Mit diesem hatte die Beklagte den Kläger zur Nachentrichtung von Beiträgen zu allen Zweigen der Sozialversicherung und Umlagen in Höhe von 3.140,99 € einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 155 € aufgrund der Heranziehung der Beigeladenen zu 1. im Prüfzeitraum 2018 und 2019 als Servicekraft im klägerischen Restaurantbetrieb herangezogen.
Im Juni 2012 hatte die Beigeladene (soweit nicht anders ausgewiesen wird im Folgenden unter der Beigeladenen jeweils die Beigeladene zu 1. verstanden) bei der Gemeinde M. ein Gewerbe für die Tätigkeit „Gastronomieservice“ angemeldet (Bl. 27 GA).
Im streitbetroffenen Zeitraum war die Beigeladene als Versicherungskauffrau hauptberuflich mit 28,5 Wochenarbeitsstunden bei der N. und O. Versicherungsmakler GmbH angestellt; der im streitbetroffenen Zeitraum maßgebliche Änderungsarbeitsvertrag vom 1. Februar 2017 sah wöchentliche Arbeitszeiten an Montag, Dienstagen und Donnerstagen jeweils von 7.30 Uhr bis 13 Uhr von 14.30 bis 16.30 Uhr und mittwochs von 8 bis 14 Uhr vor (Bl. 136 GA). Daneben nahm sie als Arbeitnehmerin nebenberuflich einen sog. Minijob, also eine entgeltgeringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV, bei dem Arbeitgeber P. N. wahr.
Neben diesen Beschäftigungen arbeitete die Beigeladene auch in Restaurantbetrieben, und zwar insbesondere auch im Betrieb des Klägers. Für den Kläger arbeitete sie als Servicekraft, also als Kellnerin bzw. Serviererin, aufgrund mündlicher Absprachen zu jeweils gesondert einzeln mündlich vereinbarten Arbeitszeiten. Für diese Mitarbeit im klägerischen Restaurantbetrieb erhielt sie einen Stundenlohn von 14 €.
Daneben beschäftigte der Kläger in seinem Betrieb auch angestellte Servicekräfte (jedenfalls teilweise auch in Vollzeit).
Der Einsatz der Beigeladenen wurde von ihm so „eingeplant“ (vgl. Schriftsatz vom 2. August 2023), dass zeitgleich mindestens eine weitere vollangestellte Servicekraft tätig war. „Situationsabhängig“ wies der Kläger bzw. in seinem Auftrag dessen Ehefrau, der Beigeladenen während ihrer Einsatzzeiten jeweils Tische und Bereiche zu, für die sie die Aufgaben einer Servicekraft wahrzunehmen hatte.
Die Zeiten ihrer Mitwirkung stellte die Beigeladene dem Kläger monatlich mit dem vereinbarten Stundensatz von 14 € in Rechnung (vgl. beispielsweise Bl. 22 VV: Rechnung für Januar 2019, 45,5 Stunden zu jeweils 14 €, entsprechend insgesamt 637 €).
Im Einzelnen zahlte der Kläger auf dieser Basis an die Beigeladene folgende Beträge als Entgelt für ihre Tätigkeit als Servicekraft in seinem Restaurant:
Für den Zeitraum August bis November 2018: 2.016 €, für Januar bis Oktober 2019 4.480 € und für Dezember 2019 623 €.
Ausgehend von einem abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zog die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 30. März 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2020 zur Nachentrichtung von Beiträgen zu allen Zweigen der Sozialversicherung und von Umlagen U1, U2 und UI in Höhe von insgesamt 3.140,99 € einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 155 € heran (vgl. wegen der Einzelheiten der Berechnungen Bl. 92 ff. VV).
Mit der am 28. August 2020 erhobenen Klage hat der Kläger demgegenüber geltend gemacht, dass die Beigeladene in seinem Betrieb nicht als Beschäftigte, sondern als „Kleingewerbeunternehmerin“ eingesetzt worden sei. Die Beigeladene habe auch anderweitig „parallel und ungebunden“ neben ihren abhängigen Beschäftigungen als selbständige Unternehmerin im Gastronomiebereich gearbeitet. Die Beigeladene hätte tatsächlich die vereinbarten Dienste nicht antreten müssen. Dies hätte rechtlich allenfalls zur Konsequenz gehabt, dass der Kläger auf ihre Dienste in der Folgezeit nicht mehr zurückgegriffen hätte. Die „Umsetzung der vorgegebenen Betriebsabläufe“ bringe keine Weisungsgebundenheit zum Ausdruck. Die Beklagte „trimme und verkürzte“ den Sachverhalt, um diesen in „vorgegebene rechtliche Klischees“ einzupassen.
Mit Urteil vom 26. April 2023, der Beklagten zugestellt am 10. Mai 2023, hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid vom 30. März 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2020 aufgehoben. Die Beigeladene sei für den Kläger nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden. Der Umstand, dass sie hauptberuflich als Versicherungskauffrau gearbeitet habe und auch anderweitig im Gastronomiebereich tätig geworden sei, belege, dass sie in zeitlicher Hinsicht keinen wesentlichen Weisungen des Klägers unterlegen habe. Sie sei vielmehr im Rahmen einer freien selbständigen Tätigkeit für den Kläger tätig geworden.
Mit ihrer Berufung vom 1. Juni 2023 macht die Beklagte demgegenüber geltend, dass auch abhängig beschäftigte Kräfte vielfach mehrere abhängige Beschäftigungen bei unterschiedlichen Arbeitgebern ausüben würden. Es gehöre nicht etwa zu den Voraussetzungen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Belieben zu Arbeitsleistungen heranziehen könne. Jeweils nach Annahme eines Auftrages sei die Beigeladene auch in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen. Sie habe kein unternehmerisches Risiko getragen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 26. April 2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er weist insbesondere darauf hin, dass nach seinem Verständnis die „Eingehung eines Angestelltenverhältnisses“ zwischen ihm und der Beigeladenen „schlicht nicht möglich“ gewesen sei. Die Beigeladene habe „ihre unternehmerische Freiheit und Entschließungsunabhängigkeit zur jeweiligen Arbeitsaufnahme“ behalten wollen.
Er brauche dringend Personal, um seinen entsprechenden Bedarf abdecken zu können.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie weist darauf hin, dass sie angesichts ihrer weiteren entgeltgeringfügigen Beschäftigung bei P. N. beim Kläger nicht im Rahmen eines sog. Minijobs hätte tätig werden dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der zur Überprüfung gestellte Beitragsnacherhebungsbescheid vom 30. März 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2020 ist rechtmäßig, sodass das angefochtene Urteil unter Abweisung der Klage aufzuheben ist.
Auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens ist die Auffassung der Beklagten zu bestätigen, wonach die Beigeladene im streitbetroffenen Zeitraum in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gestanden und der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat. In Ergänzung zu den zutreffenden Ausführungen der Beklagten im vom 30. März 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2020 weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Rechtsgrundlage der Beitrags- und Umlagenfestsetzung durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5). Die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV sind auf die Umlage für das Insolvenzgeld entsprechend anzuwenden (§ 359 Abs. 1 Satz 2 SGB III; vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 13. Dezember 2022 – B 12 R 3/21 R –, SozR 4 (vorgesehen), Rn. 11).
2. Zutreffend hat die Beklagte ein abhängiges und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen im streitbetroffenen Zeitraum angenommen.
a) Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs. 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, SGb 2011, 633.)
Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 17/19 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 63, Rn. 17).
b) Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 13 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig oder beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (BSG, U.v. 19. Oktober 2021, aaO, Rn. 18 mwN).
Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlages zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht "freikaufen" kann. Ebenso führt eine überlegene Verhandlungsposition von Auftragnehmern schon aus Gleichbehandlungsgründen für sich genommen nicht dazu, dass sie aufgrund möglicher Eigenvorsorge aus den Pflichtversicherungssystemen entlassen wären. Das Recht der Sozialversicherung wird beherrscht vom Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten (BSG, Urteil vom 04. Juni 2019 – B 12 R 12/18 R –, Rn. 34, juris).
Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- oder Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozial-rechtliche Regelungen abzubedingen und zu vermeiden wie namentlich die Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub lassen ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu. Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzen diese Regelungen - insbesondere der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten - bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus, für den in erster Linie Weisungsgebundenheit und das Fehlen der eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Umstände ausschlaggebend ist. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, BSGE 120, 99 mwN).
c) Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Außerhalb der Einzeleinsätze liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung der Klägerin bestand, Tätigkeiten für die Beigeladene auszuüben, und diese umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl. BSG, U.v. 19. Oktober 2021, aaO, Rn. 19 mwN).
In den genannten Fallgestaltungen und damit auch im vorliegenden Fall ist mithin mangels eines den Mitwirkenden zu dauerhaften und regelmäßigen Arbeitsleistungen verpflichtenden Dauerschuldverhältnisses auf die Gegebenheiten während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge abzustellen. Schon dieser Ansatz macht deutlich, dass ein Beschäftigungsverhältnis im sozialrechtlichen Sinne nicht zur Voraussetzung hat, dass sich die Beteiligten vorab über bestimmte von dem Beauftragten monatlich oder wöchentlich zu leistende Arbeitszeitkontingente oder gar schon im Vorhinein über konkrete Arbeitszeiten verständigt haben. Noch weniger hat eine abhängige Beschäftigung zur Voraussetzung, dass der Arbeitgeber über die Arbeitskraft des Beschäftigten gewissermaßen frei verfügen könnte.
Eine Möglichkeit des Arbeitgebers, die Arbeitskraft auch außerhalb gesondert vereinbarter Einsatzzeiten zu Arbeitsleistungen heranziehen zu können, gehört gerade nicht zu den tatbestandlichen Voraussetzungen eines die Sozialversicherungspflicht begründenden abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 7 SGB IV. Weder in einem Hauptarbeitsverhältnis und noch weniger in einer Nebenbeschäftigung muss der Arbeitgeber über entsprechende Heranziehungsmöglichkeiten verfügen. Im Rahmen der rechtlichen Vorgaben unter Einschluss in Betracht kommender Vorgaben in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen (vgl. etwa (BAG, Urteil vom 3. Juni 2003 – 1 AZR 349/02 –, BAGE 106, 204, Rn. 57 mwN) obliegt es letztlich der vertraglichen Vereinbarung im Einzelfall, in welchem Rahmen der Arbeitgeber auf die Arbeitskraft des Beschäftigten zurückgreifen kann. So können von vornherein bestimmte regelmäßige Arbeitszeiten für maßgeblich erklärt. Ebenso kann im Ausgangspunkt etwa vereinbart werden, dass und ggfs. in welchem Ausmaß und in welchen Grenzen insbesondere im Rahmen einer Abrufbereitschaft der Arbeitgeber die Arbeitsleistungen bei Bedarf in Anspruch nehmen kann. In Betracht kommen auch Vereinbarungen, wonach es – wie auch im vorliegenden Fall – einer einvernehmlichen vorherigen Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über jeden einzelnen Arbeitseinsatz bedarf.
Die insoweit in Betracht kommenden unterschiedlichen Modalitäten der Ausgestaltung der Arbeitszeiten lassen als solche keine Rückschlüsse auf das Vorliegen bzw. Fehlen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu. Sie beschreiben vielmehr lediglich die große Bandbreite der in Betracht kommenden Ausgestaltungen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse.
Im Arbeitsleben gibt es sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die neben einer abhängigen Beschäftigung noch weiteren beruflichen Tätigkeiten nachgehen. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene weitere Beschäftigungen ablehnen, wenn sich sonst Arbeitszeiten überschneiden (oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen überschritten würden). Der bereits in einem Hauptarbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer kann ein hinzutretendes Nebenbeschäftigungsverhältnis regelmäßig nur eingehen, wenn durch entsprechende Vereinbarungen sichergestellt ist, dass die dortigen Arbeitszeiten nicht mit denen des Hauptbeschäftigungsverhältnisses kollidieren. Diese Abstimmungsnotwendigkeit lässt jedoch als solche keine Rückschlüsse auf das Fehlen einer abhängigen Beschäftigung im Bereich der Nebentätigkeit zu (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, BSGE 120, 99).
Bezeichnenderweise könne sich vergleichbare Abstimmungsnotwendigkeit auch aus anderen Gründen ergeben. Auch ein Arbeitnehmer, der etwa durch die Notwendigkeit einer Betreuung von Kindern oder einer Unterstützung von pflegebedürftigen Angehörigen zeitlich gebunden ist, kann ein (Haupt-)Arbeitsverhältnis regelmäßig nur dann eingehen, wenn die Arbeitszeiten diesen Bindungen Rechnung tragen. Ein entsprechender Abstimmungsbedarf als solcher lässt schon im rechtlichen Ausgangspunkt keine Rückschlüsse auf das Fehlen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu.
Der vom Kläger herangezogene Ansatz, wonach eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein könne, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränke, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon im Ausgangspunkt nicht heranzuziehen, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - die Dispositionsfreiheit der Beigeladenen als Auftragnehmerin schon dadurch Rechnung getragen wird, dass für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, BSGE 128, 205, Rn. 33).
Darüber hinaus ist eine entsprechende Indizwirkung in Bezug auf die zu beurteilende (Neben‑)Tätigkeit der Beigeladenen im Betrieb des Klägers auch dadurch als entkräftet anzusehen, dass nach Annahme eines Einzelauftrages von ihr eine verlässliche Wahrnehmung der jeweils gesondert vereinbarten Arbeitszeiten erwartet wurde.
Bei der beschriebenen Ausgangslage ist nur ergänzend auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hinzuweisen, wonach angesichts zunehmender Freiheiten bezüglich des Arbeitsortes und der Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden (vgl Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Grünbuch Arbeiten 4.0, 2015, S 64 ff; hierzu zB Bissels/Meyer-Michaelis, DB 2015, 2331 ff) zu prüfen sei, ob Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft zukünftig nur dann als Indiz für Selbstständigkeit angesehen werden können, wenn – anders als im vorliegenden Fall – speziell hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen (vgl. zu diesem Ansatz: BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, BSGE 120, 99).
Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber damit im Ergebnis erst in der Zusammenschau mit weiteren – im vorliegenden Zusammenhang gerade fehlenden – typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie etwa einem einer selbständigen Tätigkeit zuzuordnenden werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, BSGE 120, 99).
d) Die statusrechtliche Bewertung ist im vorliegenden Zusammenhang ohnehin allein nach sozialrechtlichen Maßstäben vorzunehmen. Die erläuterte Rechtsprechung des BSG, wonach in den angesprochenen Fallgestaltungen auf die Gegebenheiten während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge abzustellen ist, bringt die sozialrechtliche Bewertung zum Ausdruck, dass auch eine entsprechende Heranziehung einer Arbeitskraft im Zuge einer Aufeinanderfolge von Einzelaufträgen ihre soziale Schutzbedürftigkeit zum Ausdruck bringt, aufgrund derer sie in die Versicherungspflicht für abhängig Beschäftigte einzubeziehen ist. Diese sozialrechtliche Wertung knüpft an das tatsächliche Geschehen im Sinne einer aufeinanderfolgenden Heranziehung im Rahmen von Einzelaufträgen an.
Schon im rechtlichen Ausgangspunkt ist mit einer entsprechenden sozialrechtlichen Bewertung keine Aussage zu daran anknüpfenden sowohl hinsichtlich der maßgeblichen rechtlichen Vorgaben als auch der mit diesen zu bewältigenden Interessenlagen ganz anders gelagerten arbeitsrechtlichen Fragen intendiert. Diese sind im Streitfall vielmehr von den dafür zuständigen Arbeitsgerichten zu beantworten. Insbesondere geben die erläuterten sozialrechtlichen Wertungen keine Auskunft zu der Frage, inwieweit arbeitsrechtlich eine entsprechende sich (nicht selten sogar sehr häufig) wiederholende Heranziehung derselben Arbeitskraft auf der Basis immer neuer Einzelaufträge als zulässig anzusehen ist und ggfs. einen Anspruch auf Begründung eines (dann erst recht die Sozialversicherungspflicht begründenden) Dauerarbeitsverhältnisses zu begründen vermag.
e) Es liegt im Interesse aller Beteiligten, also der Versicherten, der Auftraggeber und der Versicherungsträger, die Frage der Versicherungspflicht bzw. fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit (bzw. zum Zeitpunkt des Eintritts einer wesentlichen Veränderung, wie etwa zum Zeitpunkt eines Verlustes der bislang innegehabten Kapitalmehrheit bei einem Gesellschaftergeschäftsführer) zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann. Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, welches das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen etwa des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Arbeitsrechts unterscheidet (BSG, Urteil vom 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 28 mwN, seinerzeit bezogen auf das Gesellschaftsrecht).
f) Soweit nebeneinander verschiedene rentenversicherungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte vorliegen, hat im Ausgangspunkt das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw. Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt, vielmehr ist jeder Sachverhalt, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbstständig zu beurteilen (BSG, Urt. v. 04. November 2009, – B 12 R 7/08 R –, SozR 4-2600 § 2 Nr. 13).
Ein Versicherter kann nebeneinander mehreren selbstständigen Tätigkeiten oder abhängigen Beschäftigungen nachgehen, ein selbstständiger Unternehmer ist nicht gehindert, zusätzlich eine abhängige Beschäftigung auszuüben und eine Beschäftigung muss nicht auf längere Zeit angelegt sein. Vorübergehende oder gar nur kurzfristige Tätigkeiten schließen eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht aus (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 2 U 3/08 R –, Rn. 20, juris; vgl. dort auch den Hinweis des BSG: Dass der Kläger … für eine „Vielzahl“ von Trainern und Rennstallinhabern tätig gewesen ist, spricht weder für noch gegen eine abhängige Beschäftigung).
Eine Vielzahl von Arbeitnehmern steht nebeneinander in mehreren Beschäftigungsverhältnissen. Im rechtlichen Ausgangspunkt erstreckt sich die gesetzliche Sozialversicherungspflicht auf alle wahrgenommenen Beschäftigungsverhältnisse. Nur unter den (im vorliegenden Fall fehlenden) Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 SGB IV kommt für eine Nebentätigkeit eine Versicherungsfreiheit in Betracht (vgl. allerdings auch §§ 249b SGB V, 172 Abs. 3 SGB VI zu den Beitragsabführungspflichten der Arbeitgeber bei sog. Minijobs).
Das Recht der Sozialversicherung wird beherrscht vom Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten. Dieser Grundsatz schließt es aus, die Versicherungspflicht über die gesetzlich geregelten Tatbestände hinaus von einem individuellen Schutzbedürfnis abhängig zu machen, zumal dieses Schutzbedürfnis sich beim Einzelnen im Laufe der Zeit wandeln kann. Wenn die Versicherungspflicht solchen Wandlungen folgen würde, wäre die Gefahr einer negativen Risikoauslese gegeben (vgl. zum Vorstehenden: BSG, U.v. 4. Juni 2019 – B 12 R 12/18 R –, Rn. 33 f., juris). Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben kann ein Arbeitnehmer auch nicht mit dem Vorbringen gehört werden, dass er sich bereits aufgrund einer Sozialversicherungspflicht in der Hauptbeschäftigung hinreichend sozial abgesichert sehe und daher auf die Sozialversicherungspflicht in einer Nebenbeschäftigung verzichten wolle.
Der Gesetzgeber hat sich in Wahrnehmung seines Regelungsermessens gerade dazu entschlossen, im Interesse der Sicherung der finanziellen Grundlagen der gesetzlichen Sozialversicherung und (in Bezug auf einkommensabhängige Sozialleistungen) zur Gewährleistung einer nach seiner Einschätzung ausreichenden sozialen Absicherung der betroffenen Versicherten – vorbehaltlich der bereits angesprochenen sich aus § 8 SGB IV ergebenden Einschränkungen – auch mehrere nebeneinander ausübte Beschäftigungsverhältnisse gleichermaßen der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen. An diese Entscheidung sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer und natürlich auch die Sozialgerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) gebunden.
g) Dementsprechend ist die erforderliche Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen unternehmerischen Tätigkeit im rechtlichen Ausgangspunkt nach den inhaltlichen Strukturen der ausgeübten Tätigkeit und nicht nach dem zeitlichen Umfang vorzunehmen. Die Prüfungsmaßstäbe sind grundsätzlich für eine nur wenige Stunden im Monat ausgeübte Tätigkeit letztlich dieselben wie für eine Vollzeittätigkeit.
Tätigkeiten, bei denen die Arbeitskraft – wie auch im vorliegend zu beurteilenden Fall - ihre persönlichen Arbeitsleistungen insbesondere zum Stundenlohn in einen arbeitsteilig organisierten gastronomischen Betrieb weisungsabhängig einbringt, werden in der Rechtsprechung regelmäßig als abhängige Beschäftigungen eingestuft (vgl. etwa Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. November 2013 – L 9 KR 152/11 –, Rn. 35, juris; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. Dezember 2010 – L 1 R 213/10 B ER –, Rn. 19, juris).
Auch im vorliegenden Fall hat die Beigeladene als Servicekraft in geradezu klassischer Weise eine abhängige Beschäftigung für den vereinbarten Stundenlohn von 14 € im Betrieb des Klägers ausgeübt. Bezeichnenderweise ist die von ihr wahrgenommene Servicetätigkeit inhaltlich in gleicher Form im Betrieb des Klägers auch von Arbeitskräften wahrgenommen worden, welche auch nach dem eigenen Verständnis des Klägers abhängig beschäftigt waren und für die der Kläger dementsprechend Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt hat.
Die Beigeladene ist durch ihre Absprachen mit dem Kläger insbesondere nicht in die Lage versetzt worden, ihre Einsatzzeiten eigenständig zu planen. Sie setzte insbesondere keine eigene Betriebsstätte, keine eigenen Arbeitsmittel, kein eigenes Kapital und auch kein eigenes Personal ein und trug damit kein unternehmerisches Risiko (vgl. zu den vorstehend angeführten Kriterien: BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 58, Rn. 22).
Ohnehin war die Beigeladene nach erfolgter Vereinbarung eines konkreten Arbeitseinsatzes während der Einsatzdauer weisungsgebunden tätig. Der Kläger weist selbst darauf hin, dass er (bzw. in seinem Auftrag seine Ehefrau) der Beigeladenen Tische bzw. Bereiche zur Wahrnehmung der Aufgaben als Servicekraft „zugewiesen“ habe und die Beigeladene selbstverständlich sich an „bestimmte Betriebsabläufe“ habe „halten und orientieren“ müssen. Für den Kläger und die Beigeladene verstand es sich von selbst, dass diese für die Dauer der jeweils gesondert vereinbarten Arbeitszeiten im Rahmen ihrer Tätigkeit als Servicekraft Weisungen des Klägers verlässlich zu beachten hatte.
Die Beigeladene hat ihre persönliche Arbeitskraft wie eine Arbeitnehmerin eingesetzt; sie ist keine relevanten unternehmerischen Risiken eingegangen, von ihr wurde die höchstpersönliche Verrichtung der Servicetätigkeiten im Rahmen der jeweils gesondert vereinbarten Arbeitszeiten erwartet. Ohnehin hatte die Beigeladene angesichts des relativ geringen Stundenlohns schon in wirtschaftlicher Hinsicht keine strukturellen Möglichkeiten einer Übertragung der übernommenen Aufträge an Dritte.
Für ihre Tätigkeit erhielt die Beigeladene den vereinbarten Stundenlohn von 14 €. Unternehmerische Chancen auf Erzielung weiterer Gewinne waren ihr schon im Ausgangspunkt nicht eröffnet.
h) Angesichts dieser klar und eindeutig eine abhängige Beschäftigung belegenden Umstände kommt dem subjektiven Willen des Klägers und der Beigeladenen zur Vermeidung der Sozialversicherungspflicht kein relevantes Gewicht im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung zu. Die bindenden gesetzlichen Vorgaben verlangen vielmehr eine verlässliche Umsetzung der vorgeschriebenen Pflichtversicherung. Dies gilt selbstverständlich unabhängig von einer aus Sicht des Klägers als Arbeitgeber eher schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt.
i) Soweit der Kläger geltend zu machen versucht, dass die „Eingehung eines Angestelltenverhältnisses“ zwischen ihm und der Beigeladenen „nicht möglich“ sei, ist zunächst festzuhalten, dass die Beigeladene im streitbetroffenen Zeitraum tatsächlich für ihn gearbeitet hat. Faktisch war ihr dies augenscheinlich möglich.
Im Ergebnis soll der Vortrag offenbar darauf abzielen, dass Einzelheiten der mündlichen getroffenen Absprachen über die Mitwirkung der Beigeladenen im Betrieb des Klägers arbeitsrechtlichen Vorgaben widersprochen haben könnten.
Der Senat hat jedoch schon im rechtlichen Ausgangspunkt die Frage nach der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit von Einzelheiten der getroffenen Absprachen gar nicht zu hinterfragen. Schon in der Gesetzesbegründung ist festgehalten worden, dass es nicht darauf ankommt, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden ist oder ob es sich um ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis handelt. Überdies seien die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mit denen für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollkommen identisch; so könne eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten vorliegen (BT-Drs. 7/4122, S. 31).
Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass eine Versicherungs- und Beitragspflicht auch eintreten kann, wenn das zugrundeliegende Rechtsgeschäft zivilrechtlich nichtig ist, aber gleichwohl nichtselbständige Arbeit für einen anderen geleistet wird. Es kommt für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht darauf an, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden ist oder ob lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis vorliegt. Ein Beschäftigungsverhältnis iS des § 7 Abs 1 SGB IV liegt jedenfalls auch vor, wenn bei Nichtigkeit des Arbeitsvertrages ein faktisches Arbeitsverhältnis besteht (BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R –, BSGE 87, 53, Rn. 29; vgl. auch BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R –, Rn. 40, juris).
j) Der Anmeldung eines Gewerbebetriebes durch die Beigeladene und der Ausstellung von Rechnungen auf ihrer Seite kommt keine ins Gewicht fallende eigenständige Aussagekraft zu. Vielmehr ist auch in diesem Zusammenhang der Grundsatz zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Sozialversicherungspflicht von abhängig Beschäftigten als Pflichtversicherung ausgestaltet hat (vgl. insbesondere auch § 32 SGB I). Diese steht als solche nicht zur freien Disposition der Beteiligten. Dementsprechend ist die Abgrenzung schwerpunktmäßig nach inhaltlichen Kriterien vorzunehmen.
Ohnehin hat jeder Bürger das Recht, die Ausübung eines Gewerbes bei der zuständigen Behörde anzumelden. Im Rahmen dieses Anmeldungsverfahrens erfolgt überhaupt keine inhaltliche Prüfung auf Seiten der die Anmeldung entgegennehmenden Behörde, ob die angemeldete Tätigkeit sich überhaupt nach Maßgabe rechtlicher Beurteilungsmaßstäbe oder gar speziell im sozialrechtlichen Sinn als eine selbständige Tätigkeit darstellt oder ob sie im Ergebnis etwa im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wird. Für die vorliegend gebotene Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung zu einer selbständigen Tätigkeit bringt bei dieser Ausgangslage der Anmeldung eines Gewerbebetriebes allenfalls die subjektive Einschätzung des Anmeldenden (soweit die Anmeldung nicht ohnehin auf wirtschaftlichen Druck erfolgt sein sollte) zum Ausdruck, dass er selbst von der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit ausgehe. Diese Selbsteinschätzung vermag jedoch nicht, die gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung der Sozialversicherungspflicht außer Kraft zu setzen.
Im Rahmen der insoweit maßgeblichen vorausschauenden Prognose bestand auch kein Raum für die Einschätzung, dass es sich nur um entgeltgeringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV handelte. Dafür ist umso weniger Raum, als die Beigeladene im streitbetroffenen Zeitraum auch noch anderweitig in einem solchen geringfügigen Beschäftigungsverhältnis bei dem Arbeitgeber P. N. stand (vgl. zu der gebotenen Zusammenrechnung § 8 Abs. 2 SGB IV).
3. Auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen in Höhe von 150 € lässt keinen Fehler zulasten des Klägers erkennen.
Die Festsetzung findet die erforderliche Rechtsgrundlage in § 24 SGB IV. Der Kläger hat auch nicht im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV glaubhaft gemacht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Beitragspflicht gehabt habe, dass ihm also nicht einmal im Rahmen eines sog. bedingten Vorsatzes (vgl. zur entsprechenden Auslegung des Verschuldenserfordernisses: BSG, U.v. 04. September 2018 – B 12 KR 11/17 R –, BSGE 126, 235-244, SozR 4-2400 § 7a Nr 10) das Bestehen der Sozialversicherungspflicht für die Tätigkeit der Beigeladenen bekannt war.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist das Willenselement des bedingten Vorsatzes gegeben, wenn der Täter den von ihm als möglich erkannten Eintritt des Erfolges billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen damit abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein. Bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn er mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft – nicht nur vage – darauf vertraut, der maßgebliche Erfolg werde nicht eintreten (BGH, Urteil vom 18. 10. 2007 - 3 StR 226/07 - NStZ 2008, 93).
Dabei ist hinsichtlich der Prüfung der subjektiven Tatbestandsseite des § 24 Abs. 2 SGB IV zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann vorwerfbar sein, soweit es die beitragsrechtlichen Folgen einer Fehlbeurteilung des Betroffenen anbelangt (BSG, Urteil vom 09. November 2011 – B 12 R
18/09 R –, BSGE 109, 254-265, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13, Rn. 33).
Eine den Vorsatz indizierende Kenntnis von der Beitragspflicht kann nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig angenommen werden, wenn – wie auch im vorliegenden Fall – für das gesamte typische Arbeitsentgelt (wie insbesondere bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet worden sind (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R –, BSGE 120, 209, Rn. 65).
Der Kläger setzte im streitbetroffenen Zeitraum auch abhängig beschäftigte Mitarbeiter ein, für die er durchaus Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt hat. Gerade für die von Seiten der Beigeladenen wahrgenommenen Servicetätigkeiten zog der Kläger auch (und sogar schwerpunktmäßig) abhängig beschäftigte Kräfte heran. Schon dies macht deutlich, dass ihm die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Abführung entsprechender Beiträge für abhängig beschäftigte Mitarbeiter und insbesondere für Servicekräfte klar vor Augen stand.
Von Seiten des insoweit in seiner eigenen Sphäre betroffenen Klägers ist auch auf Nachfrage des Senates nichts dafür konkret und nachvollziehbar vorgetragen worden, dass er gleichwohl ernsthaft der Auffassung gewesen sein könnte, dass die Tätigkeit der Beigeladenen im streitbetroffenen Zeitraum keine abhängige Beschäftigung dargestellt habe (und weshalb er dies ohne weitere Erkundigungen verlässlich beurteilen zu können meinte). Zweifel an der Annahme einer jedenfalls mit bedingtem Vorsatz auf Seiten des Klägers erkannten Versicherungspflicht vermag der Senat umso weniger zu erkennen, als die Mitwirkung der Beigeladenen ihrer Struktur nach einer geradezu klassischen Ausprägung einer abhängigen Beschäftigung in Form einer Aushilfstätigkeit entsprach.
Auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Kläger sich jedenfalls mit bedingtem Vorsatz über seine Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und –umlagen für die Tätigkeit der Beigeladenen hinweggesetzt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.