L 5 KR 3231/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 2541/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3231/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die zusätzlich zum regelmäßig gezahlten Gehalt und den nach § 47 Abs. 2 Satz 6 SGB V zu berücksichtigenden Einmalzahlungen gezahlten unregelmäßigen und einmaligen Leistungen sind bei der Berechnung des Krankengelds nicht zu berücksichtigen, da es an der erforderlichen Regelmäßigkeit dieser Zahlungen fehlt. Die in § 47 SGB V enthaltene Begrenzung bei der Berechnung des Krankengelds verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.07.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu
erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten höheres Krankengeld.

Der 1964 geborene Kläger ist mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig gesetzlich krankenversichertes Mitglied der Beklagten. In der Zeit vom 26.11.2018 bis einschließlich 26.05.2019 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Er legte der Beklagten entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der E1 für die Zeit vom 26.11.2018 bis 14.12.2018 und der L1 für die Zeit vom 17.12.2018 bis zur Bescheinigung der Arbeitsfähigkeit am 27.05.2019 vor. Vom 26.11.2018 bis 06.01.2019 erhielt der Kläger Entgeltfortzahlung von seinem Arbeitgeber, der D1 AG.

Mit Bescheid vom 03.04.2019 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 07.01.2019 Krankengeld. Das tägliche Krankengeld betrage 99,52 € brutto. Davon würden Beiträge zur Pflege- (1,52 €), Renten- (9,26 €) und Arbeitslosenversicherung (1,24 €) abgezogen. Das tägliche Nettoarbeitsentgelt betrage somit 87,50 €. Dem Bescheid war eine Musterberechnung zur Ermittlung der Höhe des Krankengeldes beigefügt.

Hiergegen wendete der Kläger per Email ein, ihm sei ein großer Unterschied zwischen seinem letzten Verdienst und der Krankengeldleistung aufgefallen. Die Beklagte möge bitte die Höhe des Krankengeldes überprüfen. Nach Rückfrage der Beklagten bei der D1 AG teilte die Beklagte dem Kläger per Email mit, aufgrund der Nachfrage bei seinem Arbeitgeber habe sich eine Änderung der Berechnungsgrundlage für das Krankengeld ergeben. Er erhalte eine Nachzahlung i.H.v. 11,20 € netto. Eine Korrektur des Bescheides vom 03.04.2019 werde ihm zugehen.

Mit Bescheid vom 05.04.2019 stellte die Beklagte fest, dem Kläger stehe ab 07.01.2019 tägliches Krankengeld i.H.v. 99,68 € brutto zu. Davon würden Beiträge zur Pflege- (1,52 €), Renten- (9,27 €) und Arbeitslosenversicherung (1,25 €) abgezogen. Das tägliche Nettoarbeitsentgelt betrage somit 87,64 €.

Auf Nachfrage des Klägers erläuterte die Beklagte die Berechnung des Krankengelds im Schreiben vom 03.05.2019.

Dennoch erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 05.04.2019 am 26.05.2019 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die Beklagte habe seinen Anspruch auf Krankengeld gekürzt und gedeckelt. Dies halte er für unzulässig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2019 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Widerspruch sei zwar nicht fristgemäß erhoben worden. Dennoch habe man sich entschieden den Widerspruch zu prüfen. Maßgebend für die Krankengeldberechnung sei grundsätzlich der Oktober 2018 als letzter abgerechneter Entgeltabrechnungszeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 26.11.2018. Da das feste Monatsgehalt des Klägers laut den vorliegenden Unterlagen regelmäßig von dem vereinbarten Monatsgehalt abweiche, seien zur Berechnung des Krankengeldes die letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen. Ausgehend von dem durch den Arbeitgeber für August bis Oktober 2018 übermittelten Arbeitsentgelt erläuterte die Beklagte die Krankengeldberechnung. Das Krankengeld betrage 70% des Regelentgelts, maximal jedoch 90% des Nettoentgelts, im Ergebnis damit 99,68 € brutto, der kalendertägliche Auszahlungsbetrag 87,64 €.

Der Kläger hat am 25.07.2019 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die von der Beklagten in Ansatz gebrachten Beträge für die Berechnung des Krankengeldes seien fehlerhaft. Tatsächlich habe er im August 2018 ein Bruttomonatsentgelt i.H.v. 6.236,32 € (statt 6.064,17 €) und ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 3.488,00 € (statt 3.454,11 €), im September 2018 ein Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 5.884,52 € (statt 5.266,60 €) und damit ein Nettoarbeitsentgelt i.H.v. 3.556,00 € (statt 3.071,66 €) sowie im Oktober 2018 ein Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 6.260,47 (statt 6.114,64 €) erzielt, was einem Nettoarbeitsentgelt i.H.v. 3.984,27 € (statt 3.478,38 €)
entspreche. Das tatsächliche Regelentgelt habe mithin 204,24 € brutto bzw. 122,54 € netto betragen. Zudem halte er eine Benachteiligung durch Deckelung und prozentuale Abzüge bei der Berechnung seines Krankengeldes für unzulässig und gesetzeswidrig. Es bestehe eine Ungleichheit im Verhältnis zu anderen Fällen, in denen der Lohn als Grundlage für die Berechnung herangezogen werde, wie z.B. beim Strafmaß (Geldstrafe), aber auch beim BAföG, Unterhalt ans Kind, Einkommensteuer, Krankenversicherung, etc. Auch beim Bezug von Arbeitslosengeld gebe es keine Deckelung und Kürzung. Seiner Klage hat der Kläger die 1. Seite seiner Verdienstabrechnungen für August bis Oktober 2018 in Kopie beigefügt. Auf entsprechende Anforderung hat er die 2. Seite der Verdienstabrechnungen nachgereicht.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat eine Berechnung des Krankengeldes vorgelegt.

Zur weiteren Klärung des Sachverhalts hat das SG den Arbeitgeber des Klägers um Auskunft zu den in den Verdienstabrechnungen ausgewiesenen Beträgen gebeten. Hinsichtlich der Antwort wird auf BI. 52/53 der Gerichtsakte des SG Bezug genommen.

Mit Urteil vom 30.07.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Krankengeldes. Unstreitig stehe dem Kläger ab 07.01.2019 ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld zu. Streitig sei allein die konkrete Berechnung des Krankengeldes. Dabei richteten sich Höhe und Berechnung des Krankengeldes nach der Regelung des § 47 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Hierbei betrage das Krankengeld gemäß Abs.1 Satz 1 der Vorschrift 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliege (Regelentgelt). Gemäß Abs. 6 der Vorschrift werde das Regelentgelt bis zur Höhe der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld dürfe nach § 47 Abs.1 Satz 2 SGB V 90 vom Hundert des bei entsprechender Anwendung des Absatzes 2 berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Ausgehend hiervon habe die Beklagte der Berechnung des Krankengeldanspruchs des Klägers zutreffend das durch den Arbeitgeber gemeldete Arbeitseinkommen des Klägers zugrunde gelegt. Unter Heranziehung der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Verdienstbescheinigungen sei hierbei von dem auf Seite 2 der Verdienstabrechnungen mit „laufend" bezeichneten Brutto-Arbeitsentgelt auszugehen, da dieser Betrag der Beitragsberechnung unterliege (vgl. § 47 Abs.1 Satz 1 SGB V). Das auf Seite 1 der Verdienstabrechnungen angegebene Brutto-Arbeitsentgelt enthalte demgegenüber Bestandteile (Zulagen), die nicht der Beitragsberechnung unterlägen. Auf der Grundlage dieses Arbeitsentgelts habe die Beklagte den Krankengeldanspruch des Klägers zutreffend berechnet. Das SG nehme insoweit Bezug auf die durch die Beklagte im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Berechnung (BI. 33 SG-Akte). Anhaltspunkte, wonach diese Berechnung nach § 47 SGB V unzutreffend erfolgt sei, seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Kläger habe seine Klage vielmehr maßgeblich damit begründet, die in § 47 SGB V enthaltene Regelung zur Berechnung des Krankengeldes, insbesondere zur Deckelung und prozentualen Kürzung, sei an sich unzulässig. So bestehe eine Ungleichheit im Verhältnis zu anderen Fällen, in denen der Lohn als Grundlage für die Berechnung herangezogen werde, wie z.B. beim Strafmaß (Geldstrafe), aber auch beim BAföG, Unterhalt ans Kind, Einkommensteuer, Krankenversicherung, etc. Auch beim Bezug von Arbeitslosengeld gebe es keine Deckelung und Kürzung. Der Kläger mache insoweit einen Verstoß der Regelung gegen Verfassungsrecht geltend. Dem habe sich die erkennende Kammer jedoch nicht anzuschließen vermocht. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Grundgesetz (GG) im Verhältnis zu den durch den Kläger beispielhaft aufgeführten Fällen liege nicht vor. Es handele sich insoweit vielmehr um völlig unterschiedliche Regelungssysteme in Bezug auf völlig unterschiedliche Lebenssachverhalte, die in verfassungskonformer Weise auch unterschiedlich geregelt werden könnten. Die Regelung zur Berechnung der Krankengeldhöhe in § 47 SGB V stelle dabei die Entgeltersatzfunktion der Leistung in den Vordergrund. Dem Versicherten solle das wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit entgehende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen ersetzt werden. Das Krankengeld werde in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des zu ermittelnden Regelentgeltes gezahlt. Es werde durch mehrere Regelungen begrenzt, damit vermieden werde, dass ein Versicherter durch den Bezug der Entgeltersatzleistung bessergestellt werde, als wenn er Arbeitsentgelt erzielen würde (unter Hinweis auf Bohlken in juris-PK, § 47 Rn. 18/19). Ein Verstoß gegen sonstiges Verfassungsrecht sei nicht ersichtlich.

Gegen das ihm am 20.09.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.10.2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Er macht auch hier geltend, dass die Deckelung der Zahlung des Krankengeldes und die vom Gesetzgeber vorgegebene Höchstregelentgeltgrenze eine Ungleichbehandlung darstelle und ihn in seinen Rechten verletze. Durch die gesetzlich vorgesehene Deckelung und Kürzung werde er doppelt benachteiligt. Das Krankengeld sei aus dem tatsächlichen Bruttoregelentgelt ohne Höchstgrenze zu berechnen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.07.2021 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 05.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2019 zu verurteilen, ihm Krankengeld nach einem täglichen Regelentgelt i.H.v. 204,54 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Gemäß § 47 Abs. 6 SGB V sei das Regelentgelt bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen. Dies sei hier erfolgt. Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte mitgeteilt, der Kläger habe bis zum 24.05.2019 von ihr Krankengeld erhalten.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.


Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des SG, der Beklagten und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 30.07.2021, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).

Streitgegenstand ist der
Bescheid der Beklagten vom 05.04.2019, der den Bescheid der Beklagten vom 03.04.2019 ersetzt hat, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2019.

II. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.

1. Die auf Abänderung der Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Zahlung höheren Krankengeldes gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 05.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Zwar hat der Kläger Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach ab 07.01.2019 bis zum 24.05.2019; hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf höheres Krankengeld, denn die Beklagte hat das tägliche Bruttokrankengeld zutreffend auf 99,68 € sowie das tägliche Nettokrankengeld zutreffend auf 87,64 € festgesetzt (hierzu a). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 47 SGB V bestehen nicht (hierzu b).

a) Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Die Höhe und Berechnung des Krankengeldes richtet sich nach § 47 SGB V, der insoweit hinsichtlich der hier anzuwendenden vom 01.01.2009 bis zum 30.06.2019 geltenden Fassung des Gesetzes keine Änderung erfuhr. Danach beträgt das Krankengeld 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf 90 vom Hundert des bei entsprechender Anwendung des Absatzes 2 berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Für die Berechnung des Nettoarbeitsentgelts nach Satz 2 ist der sich aus dem kalendertäglichen Hinzurechnungsbetrag nach Absatz 2 Satz 6 ergebene Anteil am Nettoarbeitsentgelt mit dem Vomhundertsatz anzusetzen, der sich aus dem Verhältnis des kalendertäglichen Regelentgeltbetrags nach Absatz 2 Satz 1 bis 5 zu dem sich aus diesem Regelentgeltbetrag ergebenden Nettoarbeitsentgelt ergibt. Das nach Satz 1 bis 3 berechnete kalendertägliche Krankengeld darf das sich aus dem Arbeitsentgelt nach Absatz 2 Satz 1 bis 5 ergebende kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Das Regelentgelt wird nach den Absätzen 2, 4 und 6 berechnet. Das Krankengeld wird für Kalendertage gezahlt. Ist es für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit dreißig Tagen anzusetzen (§ 47 Abs. 1 Sätze 1 bis 7 SGB V). Für die Berechnung des Regelentgelts ist das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmal gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch sieben zu teilen. Ist das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen oder ist eine Berechnung des Regelentgelts nach den Sätzen 1 und 2 nicht möglich, gilt der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt (§ 47 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 SGB V). Nach § 47 Abs. 2 Satz 5 SGB V gilt bei der Anwendung des Satzes 1 als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die Arbeitszeit, die dem gezahlten Arbeitsentgelt entspricht. Für die Berechnung des Regelentgelts ist der dreihundertsechzigste Teil des einmal gezahlten Arbeitsentgelts, das in den letzten zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach § 23a des Vierten Buches der Beitragsberechnung zugrunde gelegen hat, dem nach Satz 1 bis 5 berechneten Arbeitsentgelt hinzuzurechnen (§ 47 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Nach § 47 Abs. 6 SGB V wird das Regelentgelt bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt.

In Anwendung dieser Regelungen hat der Kläger keinen Anspruch auf ein höheres kalendertägliches Krankengeld als ihm durch Bescheid vom 05.04.2019 gewährt wurde. Die Beklagte hat ihrer Berechnung hier zutreffend das vom Arbeitgeber des Klägers gemeldete Arbeitseinkommen zugrunde gelegt und hierbei das auf Seite 2 der Verdienstbescheinigungen von August, September und Oktober 2018 mit „laufend“ bezeichnete Bruttoentgelt i.H.v. 6.064,17 € für August 2018, i.H.v. 5.266,60 € für September 2018 und i.H.v. 6.114,64 € für Oktober 2018 berücksichtigt. Hierin sind nach der von der Arbeitgeberin des Klägers dem SG gegenüber erteilten Auskunft vom 10.11.2020 die Monatsgehälter und regelmäßige Mehrarbeitsvergütungen, Zuschläge und Zulagen enthalten. Denn nur diese Beträge unterliegen als Regelentgelt der Berechnung des § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hierauf gründend hat die Beklagte den Krankengeldanspruch des Klägers ab 07.01.2019 zutreffend berechnet. Demgegenüber sind die zusätzlich zum regelmäßig gezahlten Gehalt und den nach § 47 Abs. 2 Satz 6 SGB V zu berücksichtigenden Einmalzahlungen gezahlten unregelmäßigen und einmaligen Leistungen (hier im Bruttobetrag auf Seite 1 der Verdienstabrechnung des Klägers gelistet) bei der Berechnung des Krankengeldes nicht zu berücksichtigen, da es an der erforderlichen Regelmäßigkeit dieser Zahlungen fehlt. Wegen außergewöhnlicher Umstände gewährte Vergütungen bleiben außer Betracht, soweit nicht bereits eine Regelmäßigkeit ihrer Zahlung bejaht werden kann. Eine solche Regelmäßigkeit ist aber vorliegend im Hinblick auf die auf Seite 1 der Verdienstabrechnung zu verneinen. Der Senat macht sich – wie bereits das SG – die im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Berechnung der Beklagten zu eigen, verweist zudem auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides und
sieht von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

b) Die vom Kläger monierte „Deckelung“ und „Kürzung“ der in der zur Berechnung des Krankengeldes enthaltenen Regelung des § 47 SGB V verstößt auch nicht – wie der Kläger meint – gegen Verfassungsrecht. Insbesondere besteht keine Ungleichheit im Verhältnis zu anderen Fällen (wie z.B. beim Strafmaß bei einer Geldstrafe, beim BAföG, dem Unterhalt eines Kindes oder der Einkommensteuer) in denen – wovon der Kläger ausgeht – der tatsächliche Lohn als Grundlage zur Berechnung herangezogen wird.

Prüfungsmaßstab ist hier Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen dieses Grundrecht liegt vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 12.05.2009 - 2 BvR 743/01 -, in juris m. w. N.). Ob und in welchem Ausmaß der Gleichheitssatz bei der Ordnung bestimmter Materien dem Gesetzgeber Differenzierungen erlaubt, hängt dabei wesentlich von der Natur des jeweils in Frage stehenden Sachbereichs ab (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1970 - 1 BvR 559/70 -, in juris m. w. N.). Nach diesen Grundsätzen verstößt die zur Prüfung gestellte Regelung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
§ 47 SGB V regelt die Bemessung des Krankengeldes. Dessen Funktion ist es, dem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer angemessenen Ersatz für den Ausfall zu leisten, den er dadurch erleidet, dass er gegenwärtig kein Gehalt erhält. Daraus folgt, dass es sachgerecht ist, wenn die Bemessung des Krankengeldesgeldes grundsätzlich an das Regelentgelt anknüpft, das der arbeitsunfähige Arbeitnehmer zuletzt vor Eintritt des Krankengeldbezugs erhalten hat. Die existenzsichernde Natur des Krankengeldes erfordert, dass die Feststellung der Leistungshöhe und die Auszahlung beschleunigt erfolgt. Das zwingt schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zu einfachen Maßstäben bei der Leistungsberechnung. Diesen Erfordernissen wird die Anknüpfung der Berechnung des Krankengeldes an das Regelentgelt grundsätzlich gerecht. Die darin liegende Pauschalierung bei der Festsetzung von Krankengeld ist dem Gesetzgeber als typisierende Regelung bei der Ordnung von Massenerscheinungen grundsätzlich erlaubt (BVerfG, Urteil vom 24.07.1963 - 1 BvL 11/61 -, in juris). Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den vom Kläger genannten Beispielen liegt demgegenüber nicht vor, da die durch die jeweiligen Regelungen betroffenen Gruppen nicht auch zugleich Normadressaten der Regelung des § 47 SGB V sind, da andere Bereiche und unterschiedliche Lebenssachverhalte betroffen sind. Dies steht auch im Einklang mit der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes. So soll das Krankengeld während einer Erkrankung den tatsächlich kurz vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bestehenden wirtschaftlichen Status aufrechterhalten (Bohlken in: jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 47, Stand: 05.01.2022, Rn. 30). Das Krankengeld wird deshalb durch mehrere Regelungen begrenzt, damit vermieden wird, dass ein Versicherter durch den Bezug einer Entgeltersatzleistung bessergestellt wird, als wenn er Arbeitsentgelt beziehen würde.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

IV. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

 

Rechtskraft
Aus
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