- Der sog. Arbeitszeitkorridor für die Inanspruchnahme von Elterngeld muss grundsätzlich in den einzelnen Lebensmonaten des Kindes, die jeweils mit dem Kalendertag der Geburt beginnen, eingehalten werden. Ausnahmsweise können jedenfalls nach der bis zum 31. August 2021 geltenden Fassung von § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG auch die Arbeitszeiten bei kalendermonatlicher Betrachtung zu Gunsten der Anspruchsteller zu Grunde gelegt werden.
- Das Gericht schließt sich der obergerichtlichen Rechtsprechung an, nach der krankheitsbedingte Unterbrechungen der Beschäftigung im Hinblick auf das Elterngeld nicht als anspruchsschädlich bewertet werden können.
Das Urteil ist rechtskräftig.
- Auf die Klage der Klägerin zu 1 werden der Erstattungsbescheid der Beklagten vom 4. Juli 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2022 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten zur endgültigen Entscheidung über Ansprüche auf Elterngeld vom 4. Juli 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2022 dahingehend abgeändert, dass die Elterngeldhöhe für den Zeitraum 3. März bis 2. Juli 2021 auf monatlich EUR 413,75 festgesetzt wird.
- Auf die Klage des Klägers zu 2 werden der Erstattungsbescheid der Beklagten vom 5. Juli 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2022 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten zur endgültigen Entscheidung über Ansprüche auf Elterngeld vom 5. Juli 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2022 dahingehend abgeändert, dass die Elterngeldhöhe für den Zeitraum 3. März bis 2. Juli 2021 auf monatlich EUR 197,55 festgesetzt wird.
- Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten über die Ansprüche der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2 auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) i. H. v. insgesamt EUR 1.655,00 und EUR 790,20.
Mit Antrag vom 15. November 2019 begehrten die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 Elterngeld, nachdem ihr gemeinsamer Sohn am 3. November 2019 zur Welt gekommen war. Zu dieser Zeit waren beide Elternteile jeweils bei Ingenieurbüros im Rahmen einer abhängigen Festanstellung tätig. Mit Bescheiden vom 5. Februar 2020 erfolgte jeweils eine vorläufige Entscheidung der Beklagten, die
- für die Klägerin zu 1 neben dem Basiselterngeld für die Lebensmonate 1 bis 12 ihres Sohnes die Gewährung von Elterngeld in den Partnerschaftsbonusmonaten 14 bis 17 i. H. v. monatlich EUR 413,32 sowie
- für den Kläger zu 2 neben der Gewährung von Elterngeld Plus für die Lebensmonate 11 und 12 die Gewährung von Elterngeld in den Partnerschaftsbonusmonaten 14 bis 17 i. H. v. monatlich EUR 193,41 vorsahen.
Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 stellten einen gemeinsamen Änderungsantrag vom 17. Juli 2020, der u. a. durchgehend die Lebensmonate 17 bis 20 ihres Sohnes betraf. Die Klägerin zu 1 gab eine Wochenarbeitszeit von 25 Stunden und der Kläger zu 2 eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden an. Die Beklagte erließ daraufhin Bescheide vom 19. August 2020 zur vorläufigen Gewährung von Elterngeld, die
- für die Klägerin zu 1 in den Lebensmonaten 11 und 12 Elterngeld Plus und die Gewährung von Elterngeld in den Partnerschaftsbonusmonaten 18 bis 20 i. H. v. monatlich EUR 413,75 sowie
- für den Kläger zu 2 für die Lebensmonate 13 bis 16 des Sohnes Elterngeld Plus und die Gewährung von Elterngeld in den Partnerschaftsbonusmonaten 17 bis 20 i. H. v. monatlich EUR 197,55 vorsahen.
In der Zeit vom 1. März 2021 bis zum 2. Juli 2021 lagen unter Berücksichtigung von außerhalb des Büros geleisteter Zeiten folgende Arbeitsstunden für die Klägerin zu 1 vor:
Tag |
März 2021 |
April 2021 |
Mai 2021 |
Juni 2021 |
Juli 2021 |
1 |
7,50 |
4,93* |
Samstag |
4,17 |
7,13 |
2 |
8,57 |
Feiertag |
Sonntag |
5,32** |
1,88 |
3 |
3,23 |
Samstag |
4,00 |
5,37 |
|
4 |
3,05 |
Sonntag |
6,02 |
Urlaub |
|
5 |
6,15 |
Feiertag |
5,00 |
Samstag |
|
6 |
Samstag |
5,10 |
Urlaub |
Sonntag |
|
7 |
Sonntag |
5,07 |
Urlaub |
5,65 |
|
8 |
2,10 |
4,47 |
Samstag |
5,28** |
|
9 |
7,22 |
3,12 |
Sonntag |
4,50 |
|
10 |
8,42 |
Samstag |
5,00 |
Urlaub |
|
11 |
4,98 |
Sonntag |
Urlaub |
3,88 |
|
12 |
2,85 |
4,47 |
Urlaub |
Samstag |
|
13 |
Samstag |
5,12 |
Feiertag |
Sonntag |
|
14 |
Sonntag |
6,63 |
Urlaub |
7,33 |
|
15 |
2,15 |
5,03 |
Samstag |
3,93 |
|
16 |
7,97 |
4,02 |
Sonntag |
5,42 |
|
17 |
5,77 |
Samstag |
5,00 |
Urlaub |
|
18 |
5,77 |
Sonntag |
Urlaub |
4,77** |
|
19 |
3,97 |
5,08 |
Urlaub |
Samstag |
|
20 |
Samstag |
6,97 |
Urlaub |
Sonntag |
|
21 |
Sonntag |
7,87 |
Urlaub |
5,70** |
|
22 |
4,43 |
6,38 |
Samstag |
2,85 |
|
23 |
5,32 |
1,28 |
Sonntag |
4,07 |
|
24 |
8,42 |
Samstag |
Feiertag |
6,07 |
|
25 |
0 |
Sonntag |
5,17 |
6,50 |
|
26 |
5,18 |
5,90 |
Urlaub |
Samstag |
|
27 |
Samstag |
2,88 |
5,50 |
Sonntag |
|
28 |
Sonntag |
4,32 |
Urlaub |
4,08 |
|
29 |
4,50 |
5,73 |
Samstag |
5,12 |
|
30 |
3,62 |
5,70 |
Sonntag |
5,28 |
|
31 |
4,23 |
--- |
5,33 |
--- |
*… einschließlich eines halben Urlaubstages
**… einschließlich von jeweils drei Reststunden aus Zeitguthaben
Im Zeitraum vom 3. März bis zum 2. Juli 2021 leistete der Kläger zu 2 folgende Arbeitszeiten:
Tag |
März 2021 |
April 2021 |
Mai 2021 |
Juni 2021 |
Juli 2021 |
1 |
|
Urlaub |
Samstag |
Kranktag |
5,00 |
2 |
|
Feiertag |
Sonntag |
Kranktag |
7,00 |
3 |
5,00 |
Samstag |
3,00 |
8,50 |
|
4 |
6,00 |
Sonntag |
6,00 |
5,75 |
|
5 |
5,00 |
Feiertag |
7,25 |
Samstag |
|
6 |
Samstag |
6,00 |
7,25 |
Sonntag |
|
7 |
Sonntag |
4,50 |
4,00 |
5,75 |
|
8 |
7,75 |
6,00 |
Samstag |
8,00 |
|
9 |
8,25 |
Urlaub |
Sonntag |
7,50 |
|
10 |
7,50 |
Samstag |
6,00 |
5,75 |
|
11 |
3,50 |
Sonntag |
8,00 |
5,00 |
|
12 |
1,50 |
3,50 |
6,00 |
Samstag |
|
13 |
Samstag |
8,00 |
Feiertag |
Sonntag |
|
14 |
Sonntag |
8,50 |
Urlaub |
5,50 |
|
15 |
7,00 |
7,50 |
Samstag |
5,75 |
|
16 |
8,00 |
3,00 |
Sonntag |
5,75 |
|
17 |
8,50 |
Samstag |
6,25 |
6,00 |
|
18 |
3,00 |
Sonntag |
8,00 |
5,25 |
|
19 |
3,00 |
3,50 |
2,00 |
Samstag |
|
20 |
Samstag |
9,00 |
9,00 |
Sonntag |
|
21 |
Sonntag |
8,50 |
6,00 |
5,75 |
|
22 |
6,25 |
2,50 |
Samstag |
5,00 |
|
23 |
5,75 |
Kranktag |
Sonntag |
7,50 |
|
24 |
1,00 |
Samstag |
Feiertag |
8,50 |
|
25 |
9,00 |
Sonntag |
6,00 |
0 |
|
26 |
7,50 |
Kranktag |
Kranktag |
Samstag |
|
27 |
Samstag |
8,50 |
Kranktag |
Sonntag |
|
28 |
Sonntag |
8,50 |
Kranktag |
6,25 |
|
29 |
6,25 |
8,50 |
Samstag |
5,50 |
|
30 |
5,75 |
0 |
Sonntag |
5,50 |
|
31 |
6,25 |
--- |
Kranktag |
--- |
|
Auf Anforderung der Beklagten vom 21. Februar 2022 legten die Klägerin zu 1 mit Nachricht vom 22. April 2022 und der Kläger zu 2 mit Nachricht vom 5. Mai 2022 Nachweise über ihr Einkommen und ihre Arbeitszeiten vor.
Daraufhin erfolgte durch die Beklagte die endgültige Entscheidung über die Elterngeldansprüche. Dabei wurde für die Klägerin zu 1 mit Bescheid vom 4. Juli 2022
- für die Lebensmonate 1 bis 10 ihres Sohnes Ansprüche auf Basiselterngeld in Höhe der vorläufigen Bewilligung mit Bescheid vom 5. Februar 2020 und
- in den Lebensmonaten 11 und 12 Elterngeld Plus in Höhe der vorläufigen Bewilligung mit Bescheid vom 19. August 2020 gewährt sowie
- die Gewährung von Elterngeld in den Partnerschaftsbonusmonaten 17 bis 20 vom 3. März 2021 bis zum 2. Juli 2021 abgelehnt.
Für den Kläger zu 2 wurde mit Bescheid vom 5. Juli 2022
- Elterngeld Plus für die Lebensmonate 11 bis 16 seines Sohnes in Höhe der vorläufigen Bewilligung mit den Bescheiden vom 5. Februar und 19. August 2020 gewährt sowie
- die Gewährung von Elterngeld in den Partnerschaftsbonusmonaten 17 bis 20 vom 3. März 2021 bis zum 2. Juli 2021 abgelehnt.
Zugleich ergingen gegenüber der Klägerin zu 1 ein Erstattungsbescheid vom 4. Juli 2022 über einen Gesamtbetrag von EUR 1.655,00 und gegenüber dem Kläger zu 2 ein Erstattungsbescheid vom 5. Juli 2022 über einen Gesamtbetrag von EUR 790,20. Die Ablehnung der Gewährung von Elterngeld für die Lebensmonate 17 bis 20 begründete die Beklagte jeweils damit, dass die Klägerin zu 1 und auch der Kläger zu 2 die Unter- bzw. Obergrenze der in den Partnerschaftsbonusmonaten zulässigen Erwerbstätigkeit zwischen 25 und 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nach § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG in der im Anspruchszeitraum geltenden Fassung nicht eingehalten hätten.
Hiergegen legten die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 mit gemeinsamem Schreiben vom 23. Juli 2022 Widerspruch ein und machten geltend, dass die Arbeitszeitgrenzen gar nicht oder höchstens marginal überschritten worden seien. Sinn und Zweck des Partnerschaftsbonusses seien bei der gemeinsamen Betreuung ihres Sohnes erfüllt gewesen. Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen als Widerspruchsbehörde vom 7. September 2022 zurückgewiesen. Sowohl bei einer wochenweisen Betrachtung als auch bei einer monatsweisen Berechnung nach Kalendertagen und nach Arbeitstagen seien die Arbeitszeitgrenzen für die Klägerin zu 1 im 17. Lebensmonat ihres Sohnes unterschritten und für den Kläger zu 2 im 19. Lebensmonat überschritten worden.
Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 verfolgen ihr Begehren mit ihrer gemeinsam mit Schreiben vom 4. Oktober 2022 (Eingang am Folgetag) erhobenen Klage weiter.
Die Klägerin zu 1 beantragt,
den Erstattungsbescheid vom 4. Juli 2022 aufzuheben und den Bescheid zur endgültigen Entscheidung über die Elterngeldansprüche der Beklagten vom 4. Juli 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2022 dahingehend abzuändern, dass für die Lebensmonate 17 bis 20 vom 3. März 2021 bis zum 2. Juli 2021 monatlich EUR 413,75 als Elterngeldhöhe festgesetzt werden.
Der Kläger zu 2 beantragt,
den Erstattungsbescheid vom 5. Juli 2022 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten zur endgültigen Entscheidung über Elterngeldansprüche vom 5. Juli 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2022 dahingehend abzuändern, dass die monatliche Elterngeldhöhe für die Lebensmonate 17 bis 20 vom 3. März 2021 bis zum 2. Juli 2021 auf monatlich EUR 197,55 festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf die Begründung der angegriffenen Bescheide.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Klagen haben in vollem Umfang Erfolg.
Die nach § 54 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) jeweils als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässigen Klagen, die eine nach § 74 SGG i. V. m. § 59 Zivilprozessordnung sowie § 56 SGG in Bezug auf die Anknüpfung an die Geburt und Betreuung des gemeinsamen Sohnes zulässige subjektive und objektive Klagehäufung darstellen, sind begründet. Die Festsetzung des Elterngeldes gegenüber der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 auf EUR 0,00 für die Lebensmonate 17 bis 20 ihres Sohnes durch die Bescheide vom 4. bzw. 5. Juli 2022 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. September 2022 sowie die daran anknüpfenden Erstattungsbescheide vom 4. bzw. 5. Juli 2022 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 in ihren Rechten.
- Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 haben Anspruch auf Elterngeld für die Partnerschaftsbonus-Monate, da sie im 17. bis 20. Lebensmonat ihres im Jahr 2019 geborenen Sohnes gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 BEEG in der zu dieser Zeit geltenden Fassung nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig waren und – was insoweit auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist – die weiteren Voraussetzungen nach § 1 BEEG erfüllt haben.
a) Die arbeitsvertraglichen Regelungen, die für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 galten, bewegten sich im Rahmen dieses "Arbeitszeitkorridors" und sahen eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 bzw. 30 Stunden vor.
b) Auch die konkrete Betrachtung der tatsächlich angefallenen Arbeitszeiten ergibt kein anderes Bild. Dabei hat die Beklagte zu Recht Urlaubstage mit der jeweiligen darauf bei einer Fünf-Tage-Arbeitswoche entfallenden täglichen Arbeitszeit von 5 bzw. 6 Arbeitsstunden angesetzt. Dies begründet sich damit, dass die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub die Erwerbstätigkeit nicht unterbricht (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – B 10 EG 3/14 R –, Rn. 13, juris). In dieser Zeit bleibt der Entgeltanspruch bestehen, lediglich die Pflicht zur Leistungserbringung der Angestellten entfällt (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Juni 2022 – L 2 EG 5/22 –, Rn. 33; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Mai 2021 – L 13 EG 18/19 –, Rn. 47, jeweils juris). Aus diesem Grund wendet das Gericht dieselbe Betrachtung auch für Feiertage an, deren Vorliegen die monatliche Entgelthöhe ebenfalls unbeeinflusst lässt.
aa) Allerdings war die Klägerin zu 1 im 17. Lebensmonat ihres Sohnes – d. h. vom 3. März bis zum 2. April 2021 – auf der vorgenannten Grundlage insgesamt 109,26 Stunden erwerbstätig. Bei vier Arbeitswochen und drei Arbeitstagen entspricht dies einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 23,75 Stunden. Bei Berücksichtigung dieses Lebensmonats führen auch die anderen im Rahmen der Begründung des Widerspruchsbescheids angestellten Berechnungs- und Betrachtungsweisen dazu, dass die Untergrenze nach § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG in der zu dieser Zeit geltenden Fassung nicht beachtet wurde.
Die Klägerin zu 1 hat indes zu Recht darauf hingewiesen, dass der Wortlaut von § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG in dieser bis zum 31. August 2021 geltenden Fassung nicht eindeutig ist. Wenngleich sich der Anspruch ausdrücklich auf "Lebensmonate" bezieht, entscheidet nach der Formulierung durch den Gesetzgeber bei der Betrachtung der Wochenstunden der Durchschnitt des "Monats" und nicht des Lebensmonats. Dies verdeutlicht auch die seit dem 1. September 2021 geltende Regelung in § 4b Abs. 1 Nr. 1 BEEG, in der nun ausdrücklich von "im Durchschnitt des Lebensmonats" gesprochen wird. Der Kalendermonat als Bezugspunkt ist damit jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.
Legt man den Kalendermonat März 2021 zu Grunde, auf den bis auf zwei Tage alle Tage des 17. Lebensmonats entfielen, sind für die Klägerin zu 1 insgesamt 115,40 Arbeitsstunden zu verzeichnen. Bei wiederum vier Arbeitswochen und drei Arbeitstagen entspricht dies einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 25,09 Stunden. Die Untergrenze der Arbeitsstunden ist damit überschritten. Dies gilt auch für den Kalendermonat April 2021. Bei insgesamt 110,07 Arbeitsstunden sowie vier Arbeitswochen und zwei Arbeitstagen ergibt sich ein Wochendurchschnitt von 25,02 Arbeitsstunden.
Zu Gunsten der Klägerin zu 1 erachtet das Gericht es als ausreichend, dass die Untergrenze der Arbeitszeit hier bei der Betrachtung nach Kalendermonaten überschritten wird. In Anbetracht des insoweit auslegungsbedürftigen Wortlauts erscheint es zulässig, für die mittlerweile außer Kraft getretene Fassung des BEEG von einer strengen Betrachtung nach Lebensmonaten abzuweichen. Wenngleich das BEEG grundsätzlich eine solche Orientierung an Lebensmonaten vorsieht, ist an dieser Stelle der Wortlaut gerade offen. In § 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BEEG in der hier entscheidenden Fassung werden in einem Satz ausdrücklich einmal "Lebensmonat" und einmal "Monat" verwendet. Dies spricht eher für ein unterschiedliches Begriffsverständnis. Für die seit dem 1. September 2021 geltenden Fassung sah sich der Gesetzgeber auch zu einer "Klarstellung" veranlasst (siehe Begründung im Entwurf der Bundesregierung zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld-und Elternzeitgesetzes, BT-Drs. 19/24438, S. 30).
Diese Betrachtungsweise entspricht auch dem gesetzgeberischen Regelungsziel des Partnerschaftsbonusses, der die partnerschaftliche Arbeitsteilung beider Elternteile unterstützen soll (siehe Begründung im Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BT-Drs. 18/2583, S. 28). Erforderlich ist gegenüber der Vollzeitbeschäftigung eine merkliche Verringerung der Arbeitszeit zu Gunsten der Betreuung des Kindes. Die Regelung soll ein nachhaltiges und belastbares Zeitarrangement zwischen den Eltern begünstigen und durch den Arbeitsumfang im Regelfall eine ausreichende wirtschaftliche Absicherung der Familie gewährleisten (ebd.). Der Gesetzgeber wollte dabei kontinuierliche Erwerbsverläufe und die Planbarkeit für Arbeitgeber begünstigen und zugleich die Verwaltungspraktikabilität der Inanspruchnahme gewährleisten (a. a. O., S. 25). Diese Zwecke stehen damit im Einklang, hier zumindest im Ausnahmefall auch eine Prüfung der Einhaltung des Arbeitszeitkorridors nach Kalendermonaten vorzunehmen anhand derer mit Arbeitgebern und Einrichtungen der Kinderbetreuung in der Regel auch die Organisation der Kinderbetreuung erfolgen.
bb) Im Fall der Klägerin zu 1 hat die Beklagte im Übrigen für die Lebensmonate 18 bis 20 zu Recht angenommen, dass der Arbeitszeitkorridor beachtet wurde.
cc) Auch für den Kläger zu 2 wurde in den Lebensmonaten 17 bis 20 seines Sohnes der Arbeitszeitkorridor eingehalten. Für die Lebensmonate 17 und 18 ging von Beginn an davon auch die Beklagte zutreffend aus. Soweit die Beklagte in ihren Berechnungen für den Ausgangsbescheid vom 5. Juli 2022 in unzutreffender Weise noch ab dem 10. Juni 2021 statt den Ist-Arbeitszeiten die Anwesenheitszeiten zu Grunde gelegt hatte (Bl. 59 und 65 der Verwaltungsakte) und daher zunächst auch für den 20. Lebensmonat zu einer Überschreitung kam, ging der Widerspruchsbescheid nur noch für den 19. Lebensmonat von einer Überschreitung aus und – zu Recht – nicht mehr für den 20. Lebensmonat.
Wird für die Urlaubs- und Feiertage sowie für die Tage der krankheitsbedingten Abwesenheit nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung jeweils eine tägliche Stundenzahl von sechs Stunden zu Grunde gelegt, gelangt man für die Zeit vom 3. Mai bis zum 2. Juni 2021 (19. Lebensmonat des Sohnes) zu einer Gesamtstundenzahl von 138,75. Bei vier Arbeitswochen und drei Arbeitstagen ergibt sich ein Durchschnittswert von 30,16 Arbeitsstunden pro Woche, wenngleich die Überschreitung im gesamten Monat lediglich 45 Minuten beträgt.
Nach eigener Prüfung schließt sich das Gericht hier indes der obergerichtlichen Rechtsprechung an, Zeiten einer vorübergehenden krankheitsbedingten Unterbrechung der Beschäftigung als nicht anspruchsschädlich zu werten, solange nach den arbeitsvertraglichen Regelungen der jeweils vereinbarte Umfang der Beschäftigung den gesetzlichen Vorgaben für die Inanspruchnahme von Partnerschaftsbonusmonaten entsprochen hat (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. April 2023 – L 4 EG 8/20 –, Rn. 27; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Juni 2022 – L 2 EG 5/22, Rn. 53; jeweils juris). Dies gilt für den Kläger zu 2 besonders, weil er vom 26. Mai 2021 bis zum Ende des 19. Lebensmonats seines Sohnes am 2. Juni 2021 erkrankt war und somit über sechs Werktage die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten nicht mehr beeinflussen konnte. Er war in dieser Zeit gehindert, weniger als sechs Stunden täglich in Anschlag bringen und den Monatsdurchschnitt noch zu beeinflussen.
Der Gesetzeswortlaut bringt im Ausgangspunkt jedenfalls nicht klar zum Ausdruck, dass solche Zeiten einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit Ansprüche auf Elterngeld hindern können (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, a. a. O., Rn. 23, juris). Aus den folgenden Erwägungen ist eine Betrachtung geboten, nach der aufgrund solcher Krankheitszeiten keine Elterngeldansprüche entfallen können, sondern die unter Einhaltung des Arbeitszeitkorridors vereinbarte Arbeitszeit für das Bestehen des Anspruchs entscheidend ist:
"Erkrankungen sind von den betroffenen Eltern regelmäßig nicht zu beeinflussen und stellen sich letztlich als höhere Gewalt dar. Umso mehr sich die Eltern bei ihren Entscheidungen vor Augen führen müssen, dass die Auszahlung des vermittels der Partnerschaftsbonusmonate in Aussicht gestellten weiteren Elterngeldbeträge durch ihrerseits nicht zu beeinflussende Zufallsfaktoren wie etwa dem Ausbleiben von Erkrankungen gefährdet werden kann, umso eher werden sie tendenziell geneigt sein, von einer Teilnahme absehen. […]
Mit den zusätzlichen Elterngeldleistungen für die Dauer der Partnerschaftsbonusmonate will der Gesetzgeber gerade einen (Teil-)Ausgleich dafür bereitstellen, dass eine Beschränkung der Arbeitszeit auf eine den gesetzlichen Vorgaben Rechnung tragende Teilzeitbeschäftigung für viele Betroffene auch mit finanziellen Einbußen verbunden ist. Gerade der Wunsch nach einer effektiven und weitreichenden Umsetzung der gesetzgeberischen Zielvorstellung einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung unter den Eltern spricht dafür, die in Aussicht gestellte Kompensation in Form zusätzlicher Elterngeldleistungen – soweit dies nicht mit anderweitigen Regelungszielen kollidiert – möglichst verlässlich auszugestalten.
Bereits mit dem (vorliegend erfolgten) Abschluss (ernstlich gewollter) arbeitsvertraglicher Vereinbarungen mit den betroffenen Arbeitgebern über die Ausübung von Teilzeittätigkeiten mit Arbeitszeiten innerhalb des vom Gesetzgeber für die Inanspruchnahme von Partnerschaftsbonusmonaten vorgegebenen Rahmens bringen die betroffenen Eltern ihren Willen und ihre Bereitschaft zu einer 'partnerschaftlichen Aufgabenteilung' im Sinne der gesetzgeberischen Vorgaben zum Ausdruck. Der nachfolgende Eintritt einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit lässt diesen Ausgangspunkt unberührt. Eine entsprechende Erkrankung ist regelmäßig schicksalhaft bedingt und letztlich Ausdruck höherer Gewalt. Solange die Erkrankung nicht so schwer (etwa infolge einer stationären Aufnahme) ausgeprägt ist, dass der betroffene Elternteil gänzlich an einer Mitwirkung an der Kinderbetreuung gehindert ist, führt sie regelmäßig auch gar nicht zu einer Aufgabe des Willens zur partnerschaftlichen Aufgabenteilung. Vielmehr erfolgt dann normalerweise (wie auch im vorliegenden Zusammenhang) lediglich eine Anpassung der wechselseitigen Beiträge unter Berücksichtigung der vorübergehenden krankheitsbedingten Besonderheiten." (LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O., Rn. 54 bis 56, juris).
2. Gegen die monatliche Höhe der Leistungen für die Klägerin zu 1 von EUR 413,75 und für den Kläger zu 2 von EUR 197,55 und die jeweilige Berechnung durch die Beklagte in deren Bescheiden zur vorläufigen Festsetzung vom 19. August 2020 sind weder Bedenken vorgetragen noch für das Gericht dahingehend ersichtlich, dass die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 nach ihrer Antragstellung im Verfahren keine höheren Leistungen begehrt haben.
3. Die Festsetzungen der jeweiligen Höhe der Erstattungsforderungen mit den Bescheiden vom 4. und 5. Juli 2022 sind aus denselben Gründen rechtswidrig und verletzen die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 in ihren Rechten. Diese Erstattungsforderungen sind auch in den Widerspruchsbescheiden vom 7. September 2022 ausdrücklich beziffert (jeweils auf Seite 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Der Zulassung der Berufung bedarf es jeweils nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht.