Auch soweit Teilbeträge der für Urlaubstage zu gewährenden Lohnfortzahlung auf die Zahlung beitragspriviligierter Zuschläge für Nachtarbeit im vorausgegangenen Referenzzeitraum zurückzuführen sind, nimmt die Lohnfortzahlung ihrerseits nicht an der Beitragspriviligierung teil.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die sich insbesondere mit Arbeiten am Bahnschienennetz befassende Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen eine auf der Grundlage einer Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV erfolgten Nacherhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung in einer Gesamthöhe von 2.574,14 €.
Die Klägerin ist Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1. bis 3. (vgl. den Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 1., Bl. 40 ff. GA; den Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 2., Bl. 50 ff. GA, und den Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 3., Bl. 43 ff. GA).
Die von den Beigeladenen zu 1. bis 3. geschuldeten Arbeitsleistungen waren jedenfalls zu erheblichen Teilen während der Nacht oder an Sonn- bzw. Feiertagen zu erbringen. Dafür gewährte die Klägerin den Beigeladenen zusätzlich zu dem vereinbarten Grundgehalt Zuschläge (im Folgenden: SFN-Zuschläge).
So erhielt beispielsweise der Beigeladene zu 2. im Oktober 2013 (vgl. Gehaltsabrechnung Bl. 1 VV, auf deren Einzelheiten verwiesen wird, vgl. hinsichtlich der weiteren Gehaltsabrechnungen Bl. 2 ff. VV) zusätzlich zu dem regulären Gehalt von 3.700 € (wobei in diesem Vergütungsbetrag nach Maßgabe des Arbeitsvertrages bereits eine Überstundenpauschale in Höhe von 555 € enthalten war, mit dem „im gesetzlich zulässigen Rahmen geleistete“ Überstunden abgegolten werden sollten) für 192 Stunden Nachtarbeit einen Zuschlag von 20 % auf den Stundenlohn von 18,50 €. Dies ergab in der Summe einen Betrag von 710,40 €. Für 34 Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen wurde ein Zuschlag von 50 % und damit in der Summe unter diesem Gesichtspunkt insgesamt weitere 388,50 € gezahlt. Ferner leistete die Klägerin für 24 Arbeitstage Auflösungen in Höhe von jeweils 8 €.
Von dem sich damit ergebenden Bruttogesamtbetrag von 4.990,90 € führte die Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung nach Maßgabe des Gehalts von 3.700 € ab, bezüglich der weiteren Zahlbeträge berücksichtigte sie die Beitragsfreiheit der Zahlungen.
Das reguläre Gehalt zahlte die Kläger den Beigeladenen zu 1. bis 3. auch für Urlaubstage fort. Die in den Vormonaten geleisteten Zuschläge für Nachtarbeit sowie für Arbeit an Sonn- und Feiertagen wirkten sich hingegen nach den Gehaltsberechnungen der Klägerin nicht erhöhend auf die Lohnfortzahlung für Urlaubszeiten aus. Entsprechend verfuhr die Klägerin bei der Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und für arbeitsfreie Feiertage.
Demgegenüber gelangte die Beklagte im Rahmen der Betriebsprüfung in Bezug auf den Prüfzeitraum 2014 bis 2017 zu der Einschätzung, dass von Rechts wegen die Klägerin zur Zahlungen höherer Entgeltfortzahlungen für Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage arbeitsrechtlich verpflichtet gewesen sei. Auch wenn sie dieser Pflicht nicht nachgekommen sei, habe sie für die geschuldeten, wenngleich nicht geleisteten höheren Entgeltfortzahlungsbeträge Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen abzuführen. Auf dieser Basis zog sie die Klägerin mit Bescheid vom 9. November 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2019 für Monate mit Urlaubs-, Krankheits- und Feiertagen auf Seiten des jeweils eingesetzten Beigeladenen zur Zahlung weiterer Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung unter Einschluss von Umlagen U1, U2 und UI heran. In der Summe ermittelte die Beklagte nachzuentrichtende Beiträge in einer Gesamthöhe von 2.574,14 € für den vierjährigen Prüfzeitraum. Wegen der Einzelheiten der Berechnungen verweist der Senat auf den angefochtenen Bescheid (Bl. 38 ff. VV).
Mit ihrer am 19. April 2019 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Beklagte einen Summenbeitragsbescheid erlassen habe (vgl. Berufungsbegründung vom 24. Juli 2019; tatsächlich hat die Beklagte aber einen personenbezogenen Beitragsnacherhebungsbescheid erlassen).
Nach den Vorgaben des § 1 Abs. 1 SvEV i.V.m. § 3b Abs. 1 EStG seien Zuschläge für „tatsächlich geleistete“ Nachtarbeit sowie Arbeiten an Sonn- und Feiertagen beitragsfrei. Nach klägerischer Rechtsauffassung könne nichts anderes gelten, wenn entsprechende Zuschläge sich entgelterhöhend auf Lohnfortzahlungen auswirken würden. Die gegenteilige Auffassung sei rechts- und verfassungswidrig. Es erschließe sich nicht, weshalb sich die Beitragsprivilegierung nicht auch auf nicht geleistete, aber im Rahmen von Lohnfortzahlung zu honorierende Arbeit erstrecke.
Mit Urteil vom 12. Oktober 2022, der Klägerin zugestellt am 14. Oktober 2022, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, dass für laufende Einnahmen im Sozialversicherungsrecht das Entstehungsprinzip maßgeblich sei. Beiträge und Umlagen zur Sozialversicherung seien für rechtlich geschuldete Entgeltzahlungen auch dann abzuführen, wenn der Arbeitgeber seiner Entgeltzahlungspflicht nicht nachgekommen sei. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin nach den arbeitsrechtlichen Vorgaben Lohnfortzahlungen unter Einbeziehung zuvor gewährter SFN-Zuschläge geschuldet. Für diese geschuldeten weiteren Lohnfortzahlungsbeträge habe sie auch Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, da die gesetzlichen Vorgaben keine beitragsrechtliche Privilegierung der Lohnfortzahlungen vorsähen.
Mit der am 8. November 2022 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Klägerin macht geltend, dass es der „Grundgedanke“ der im deutschen Recht verankerten Lohnfortzahlung sei, den Arbeitnehmer für die Fortzahlungszeiträume „so zu behandeln, als wenn er tatsächlich gearbeitet hätte“. Er solle nicht schlechter gestellt werden, als im Falle tatsächlicher Arbeitsleistungen stünde. Wenn Entgeltbestandteile „sozialversicherungsfrei erwirtschaftet“ worden seien, müsse sich dies auch bei der „Berechnung im Rahmen der Entgeltfortzahlung“ auswirken. Es erschließe sich nicht, weshalb das „Prinzip der Gleichbehandlung“ im Falle der Entgeltfortzahlung hinsichtlich der Beitragspflicht durchbrochen werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Oktober 2022 und den Bescheid der Beklagten vom 9. November 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2019 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig. Er lässt keine Fehler zulasten der Klägerin erkennen. In Ergänzung zu den zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 9. November 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2019 weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Rechtsgrundlage der Beitragsfestsetzung ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5). Die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV sind auf die Umlage für das Insolvenzgeld entsprechend anzuwenden (§ 359 Abs 1 Satz 2 SGB III; vgl. dazu BSG, Urteil vom 28. Juni 2022 – B 12 R 1/20 R –, SozR 4-2400 § 14 Nr 26).
b) Das für die Sozialversicherung zentrale Entstehungsprinzip hat zum Inhalt, dass Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen sind - was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt - und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt. Zugleich ist es für die Beitragsbemessung unerheblich, ob der einmal entstandene Entgeltanspruch zB wegen tarifvertraglicher Verfallklauseln oder wegen Verjährung vom Arbeitnehmer (möglicherweise) nicht mehr realisiert werden kann. Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist für das Beitragsrecht der Sozialversicherung (in Bezug auf laufende Entgeltzahlungen, bei einmalig gezahltem Entgelt ist § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu berücksichtigen) nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet als ihm unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen zusteht, d.h. dann, wenn ihm also über das geschuldete Arbeitsentgelt hinaus überobligatorische Zahlungen zugewandt werden (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R –, BSGE 120, 209-230, SozR 4-2400 § 28p Nr 6, Rn. 25 mwN).
c) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bemisst sich das für Urlaubszeiten zu gewährende Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes.
Nach § 11 BUrlG ist in Umsetzung des sog. Lebensstandardprinzips (vgl. BAG, Urteil vom 9. Dezember 1965 – 5 AZR 175/65 –, BAGE 18, 12, Rn. 26) mithin entscheidend, wieviel der Arbeitnehmer in dem dreizehnwöchigen Bezugszeitraum tatsächlich verdient hat. Maßgeblich sind alle Bestandteile des Entgelts auch nur im weiteren Sinne (mit Ausnahme insbesondere von Überstundenvergütungen), welche den durch Arbeit erzielten Lebensstandard des Arbeitnehmers prägen (vgl. BAG, Urteil vom 31. Januar 1991 – 8 AZR 52/90 –, BAGE 67, 146, Rn. 39). Zugrunde zu legen sind mithin die Arbeitsvergütungen, die der Arbeitnehmer im Referenzzeitraum jeweils als Gegenleistung für seine Tätigkeit in den maßgeblichen Abrechnungszeiträumen erhalten hat (BAG, Urteil vom 17. Januar 1991 - 8 AZR 644/89 - AP Nr. 30 zu § 11 BUrlG, zu 1 der Gründe; Urteil vom 1. Oktober 1991 - 9 AZR 421/90 - EzA Nr. 31 zu § 11 BUrlG, zu II 1 b der Gründe; BAG, Urteil vom 24. November 1992 – 9 AZR 564/91 –, Rn. 43, 45, juris).
Der Arbeitnehmer muss bezüglich der Urlaubszeiten in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – C-385/17 –, Rn. 33, juris, NZA 2019, 47; vgl. auch BAG, Urteil vom 27. Juli 2021 – 9 AZR 376/20 –, Rn. 33, juris, NZA 2022, 916, zur richtlinienkonformen Auslegung des § 1 BUrlG).
Zugrunde zu legen sind der Berechnung der Urlaubsvergütung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG die Arbeitsvergütungen, die der Arbeitnehmer im Referenzzeitraum jeweils als Gegenleistung für seine Tätigkeit in den maßgeblichen Abrechnungszeiträumen erhalten hat (BAG, Urteil vom 17. Januar 1991 - 8 AZR 644/89 - AP Nr. 30 zu § 11 BUrlG, zu 1 der Gründe). Dazu gehören auch schwankende Verdienstbestandteile wie etwa Akkordlohn, Provisionen oder andere Formen des Leistungslohnes unabhängig davon, ob sie regelmäßig anfallen oder nicht (BAG, Urteil vom 9. Dezember 1965 - 5 AZR 175/65 -, vom 24. Februar 1972 - 5 AZR 414/71 - und vom 8. Juni 1977 - 5 AZR 97/76 - AP Nr. 2, 10, 13 zu § 11 BUrlG). Dagegen bleiben Aufwendungsersatz und solche Lohnbestandteile, die dem Arbeitnehmer zwar aufgrund seines Arbeitsvertrages zufließen, mit denen aber nicht die Arbeitsleistung in den durch die Referenzzeiträume bestimmten Abrechnungsabschnitten abgegolten werden, außer Betracht (BAG, Urteil vom 14. März 1966 - 5 AZR 468/65 - AP Nr. 3 zu § 11 BUrlG, zu 2 a der Gründe; vom 21. Juli 1988 - 8 AZR 331/86 - und vom 17. Januar 1991 - 8 AZR 644/89 - AP Nr. 24, 30 zu § 11 BUrlG, jeweils zu 1 der Gründe). Das trifft insbesondere auf Einmalleistungen wie Gratifikationen, Tantiemen und Gewinnbeteiligungen, Jubiläumsgelder sowie beihilfenähnliche Leistungen zu. Diese erhält der Arbeitnehmer im Übrigen unabhängig davon, ob er Urlaub nimmt oder nicht. Maßgebend ist damit, ob mit einer Zahlung eine auf einen bestimmten Zeitabschnitt entfallende Arbeitsleistung vergütet wird (BAG, Urteil vom 21. Juli 1988 - 8 AZR 331/86 - AP Nr. 24 zu § 11 BUrlG, zu 3 a der Gründe; BAG, Urteil vom 24. November 1992 – 9 AZR 564/91 –, Rn. 32, juris).
Im Sinne der vorstehend erläuterten arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich bei SFN-Zuschlägen nicht um Aufwendungsersatz, sondern um (schwankende) Verdienstbestandteile. Mit ihnen sollen die Arbeitsleistungen der betroffenen Arbeitnehmer im 13wöchigen Referenzzeitraum entgolten werden. Es handelt sich im Ergebnis um reguläres Arbeitsentgelt, welches lediglich hinsichtlich der Belastung mit Steuern und Beiträgen aus rechtspolitischen Gründen nach Maßgabe des § 1 SvEV i.V.m. § 3b EStG privilegiert ist (BAG, Urteil vom 12. Januar 1989 – 8 AZR 404/87 –, BAGE 61, 1-7, Rn. 22; Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 31. August 2010 – 5 Sa 90/10 –, Rn. 51, juris; Gallner in Erfurter Kommentar, 23. Aufl. 2023, BUrlG § 11 Rn. 9).
d) Im Krankheitsfall bemisst sich das fortzugewährende Entgelt nicht nach den vorstehend erläuterten Vorgaben des § 11 BUrlG, sondern nach den Bestimmungen des § 4 des Gesetzes über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz – EntgFG). Für den in § 3 Abs. 1 oder in § 3a Absatz 1 EntgFG bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit „zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen“ (§ 4 Abs. 1 EntgFG). Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen bestimmt sich damit nach dem sogenannten Entgeltausfallprinzip. Dies bedeutet, dass dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen ist, welches er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (vgl. zum gesetzlich im EFZG normierten sog. konkreten Lohnausfallprinzip beispielsweise auch BAG, Urteil vom 16. Juli 1980 – 5 AZR 989/78 –, Rn. 31, juris; BAG, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 AZR 356/01 –, BAGE 103, 60-70, Rn. 84 f.; BAG, Urteil vom 14. Januar 2009 – 5 AZR 89/08 –, Rn. 12, juris; BAG, Urteil vom 1. September 2010 – 5 AZR 557/09 –, Rn. 10, juris). Der nach § 11 BUrlG für die Urlaubsentgeltberechnung maßgebliche 13wöchige Bemessungszeitraum ist für die Ermittlung des konkreten Lohnausfalls im Sinne von § 4 Abs. 1 EntgFG nicht ausschlaggebend (vgl. ergänzend zu den rechtlichen Grundlagen auch das den Beteiligten bekannte Senatsurteil vom 8. Mai 2023 – L 2 BA
26/22 –, juris). Zu dem ohne den Arbeitsausfall zu erwartenden Arbeitsentgelt zählen auch SFN-Zuschläge, die bei Nichterkrankung zu zahlen gewesen wären.
e) Im Ergebnis räumt die Klägerin ein, dass sie im vierjährigen Prüfzeitraum den Entgeltfortzahlungsanspruch der Beigeladenen zu 1. bis 3. unter Missachtung der vorstehend erläuterten rechtlichen Vorgaben systematisch verkürzt hat, indem sie die in den dem Urlaub vorausgegangenen 13 Wochen erarbeiteten bzw. an den Ausfalltagen bei regelhafter Arbeitsleistung zu erwartenden zusätzlichen Entgeltbestandteile in Form der SFN-Zuschläge nicht berücksichtigt hat.
Weshalb sie in dieser Weise die berechtigten Ansprüche der Arbeitnehmer fortlaufend missachtet hat, erschließt sich umso weniger, als die Klägerin selbst im Berufungsverfahren hervorhebt, dass es der Grundgedanke der im deutschen Recht verankerten Lohnfortzahlung sei, den Arbeitnehmer für die Fortzahlungszeiträume so zu behandeln, als wenn er tatsächlich gearbeitet hätte.
Für die Entscheidung im vorliegenden Berufungsverfahren kommt es jedoch nur darauf an, dass die in dem angefochtenen Bescheid der Beitragsnacherhebung unterworfenen weiteren Lohnfortzahlungsbestandteile von Seiten der Klägerin als Arbeitgeberin nach den erläuterten arbeitsrechtlichen Vorgaben objektivrechtlich geschuldet waren. Dies wird schon von Seiten der Klägerin im Ergebnis gar nicht in Abrede gestellt.
f) Auch die Berechnung der Höhe der von Rechts wegen zusätzlich zu gewährenden und damit der Beitragsabführung zu unterwerfenden Lohnfortzahlungsbestandteile im Rahmen der ausführlichen Berechnungen in dem angefochtenen personenbezogenen Beitragsnacherhebungsbescheid lässt keine Fehler zulasten der Klägerin erkennen.
Im rechtlichen Ausgangspunkt wäre es ureigene Aufgabe der Klägerin als Arbeitgeberin gewesen, eine den erläuterten gesetzlichen Vorgaben verlässlich entsprechende inhaltlich gut nachvollziehbare Berechnung der Höhe der Lohnfortzahlungen vorzunehmen und zu den nach Maßgabe des § 28f Abs. 1 SGB IV vorzuhaltenden Entgeltunterlagen zu nehmen. Dieser Verpflichtung hat die Klägerin augenscheinlich nicht entsprochen. Dieses Versäumnis auf Seiten der Arbeitgeberin zieht im Prüfverfahren eine Schätzungsbefugnis der Prüfbehörde gemäß § 28f Abs. 2 SGB IV nach sich, wobei die Schätzung so exakt vorzunehmen ist, wie dies bei noch verhältnismäßigem Verwaltungsaufwand möglich ist (BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 R 4/17 R –, Rn. 23, juris).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte mit großem Aufwand sich bemüht, die Aufzeichnungsdefizite der Klägerin zu korrigieren und die der Beitragspflicht unterliegenden weiteren Entgeltfortzahlungsbeträge im Rahmen des personenbezogenen Beitragsnacherhebungsbescheides im Rahmen ihrer Möglichkeiten hinreichend genau zu ermitteln. Damit hat sie den vorstehend erläuterten rechtlichen Vorgaben in jeder Hinsicht entsprochen.
Der Senat hat der Klägerin im Berufungsverfahren vorsorglich Gelegenheit zu einer genauen Berechnung der Höhe der arbeitsrechtlich geschuldeten und der Beitragspflicht unterliegenden weiteren Entgeltfortzahlungsbeträge gegeben. Die Klägerin hat davon aber Abstand genommen und mitgeteilt, dass sie sich „gegen die Berechnungsgrundlage der Nachforderung“ gar nicht wenden wolle (vgl. Schriftsatz vom 29. September 2023).
g) Es ist keine rechtliche Grundlage für die Auffassung der Klägerin erkennbar, dass die geschuldeten weiteren Entgeltfortzahlungsbeträge nicht der Beitragspflichtpflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung (unter Einschluss der Umlagen U1, U2 und UI) unterliegen könnten.
Arbeitgeber haben für versicherungspflichtig Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen (§ 28d Satz 1 und 2 SGB IV; § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV). Der Beitragsbemessung liegt in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde (§ 162 Nr 1 SGB VI; § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V; § 57 Abs 1 SGB XI; § 342 SGB III).
Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Der gesetzlich nicht definierte Begriff der Einnahmen umfasst jeden geldwerten Vorteil, der dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließt. Hierzu gehören die Gegenleistungen des Arbeitgebers für die erbrachte Arbeitsleistung des Beschäftigten. Darunter fallen in erster Linie der tarif- oder einzelvertraglich vereinbarte Bruttoverdienst, aber auch Sachbezüge, also Sachgüter in Geldeswert (BSG, Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 21/18 R - BSGE 131, 260, RdNr 11 mwN; BSG, U.v. 18. Oktober 2022 – B 12 R 7/20 R –, Rn. 22, juris).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV sind dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt allerdings nicht solche Zuschläge zuzurechnen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind; dies gilt nicht für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, soweit das Entgelt, auf dem sie berechnet werden, mehr als 25 Euro für jede Stunde beträgt.
Steuerfrei sind nach § 3b Abs. 1 EStG insbesondere Zuschläge, die „für tatsächlich geleistete“ Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie (Nr. 1) für Nachtarbeit 25 Prozent, (Nr. 2) vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent, (Nr. 3) vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 Prozent, (Nr. 4) für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 Prozent des Grundlohns nicht übersteigen.
Nach § 3b EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge nur dann steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind. Durch die Steuerfreiheit soll dem Arbeitnehmer ein finanzieller Ausgleich für die besonderen Erschwernisse und Belastungen gewährt werden, die mit dieser Arbeit verbunden sind (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1984 VI R 199/80, BFHE 142, 146, BStBl II 1985, 57); § 3b EStG begünstigt das Entgelt "für" Arbeiten an besonders ungünstigen Zeiten (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1990 VI R 90/87, BFHE 163, 73, BStBl II 1991, 293). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei § 3b EStG um eine Ausnahmevorschrift, die das Leistungsfähigkeitsprinzip durchbricht (z.B. BFH-Urteile vom 22. November 1968 VI R 312/66, BFHE 94, 377, BStBl II 1969, 182, zu § 34a EStG; vom 7. Juli 2005 IX R 56/04, BFH/NV 2006, 44; vom 22. September 2005 IX R 55/04, BFH/NV 2006, 712; vom 21. Februar 2006 IX R 27/05, BFH/NV 2006, 1274). Neben dem eindeutigen, mit dem Gesetzeszweck übereinstimmenden Wortlaut des § 3b EStG ist auch dessen Ausnahmecharakter ein Grund dafür, dass der BFH eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschrift stets abgelehnt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH tritt die Steuerfreiheit nur ein, wenn Zahlungen für tatsächlich geleistete Arbeit zu den bezeichneten begünstigten Zeiten erfolgen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 163, 73, BStBl II 1991, 293; vom 25. Mai 2005 IX R 72/02, BFHE 210, 113, BStBl II 2005, 725; BFH-Beschluss vom 18. November 2003 VI B 123/03, BFH/NV 2004, 335; jeweils m.w.N.).
Deshalb hat sich der BFH durch den Wortlaut des § 3b EStG auch daran gehindert gesehen, die einer werdenden Mutter nach § 11 MuSchG (idF v. 20.06.2002) vom Arbeitgeber gezahlten Zuschläge als für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt anzusehen, obwohl die Steuerpflichtige Arbeiten der vorgenannten Art tatsächlich nicht geleistet hat (vgl. zum Vorstehenden: BFH, B.v. vom 27. Mai 2009 – VI B 69/08 –, BFHE 225, 137, BStBl II 2009, 730, Rn. 3).
Weder nach verfassungsrechtlichen Maßstäben noch nach primärem oder sekundärem Gemeinschaftsrecht ist es geboten, die Steuerfreiheit des § 3b EStG über dessen Wortlaut hinaus auf nach § 11 MuSchG a.F. (bzw. nach § 11 BUrlG) weiter zu gewährendes Arbeitsentgelt zu erstrecken. Als Ausnahme vom Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit entfaltet § 3b EStG grundsätzlich gleichheitswidrige Wirkung gegenüber allen Arbeitnehmern, deren vergleichbar hoher Arbeitslohn keiner Steuerbegünstigung unterliegt (vgl. dazu – bezogen auf § 11 MuSchG –: BFH, Beschluss vom 27. Mai 2009 – VI B 69/08 –, BFHE 225, 137, BStBl II 2009, 730, Rn. 7).
Soweit zuvor ausgezahlte SFN-Zuschläge sich entgelterhöhend im Rahmen der Lohnfortzahlung für Urlaubstage auswirken, sind sie dementsprechend mangels damit korrespondierender tatsächlich geleisteter SFN-Arbeit während des Urlaubszeitraums ihrerseits nicht lohnsteuer- und beitragsfrei. Sie stellen Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV dar und sind bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen. Eine Einschätzung, dass dadurch das Ziel der Entgeltfortzahlung während des Urlaubs verfehlt werde, überzeugt demgegenüber nicht. Die Zielsetzung der Lohnfortzahlung, den Arbeitnehmer so zu stellen, als ob er seine Arbeit fortgesetzt hätte, muss hinsichtlich der betroffenen Zulagen hinter anderen Überlegungen zurücktreten. Denn dieser Grundsatz findet im Steuer- und Beitragsrecht insoweit keine Anerkennung, als die Fortzahlung der Zulage kraft eindeutiger gesetzlicher Regelung steuer- und beitragspflichtig ist. Dies hat zur Folge, dass die genannte Zielsetzung der Lohnfortzahlung insoweit auch auf der Leistungsseite nicht beachtet werden darf. SFN-Zuschläge gehören dementsprechend zum Bemessungsentgelt (BSG, Urteil vom 14.06.1988 - 11/7 RAr 123/87, juris, Rn. 19; vgl. auch BSG, Urteil vom 21.04.1988 – 7 Rar 71/86, juris, Rn 17,18; vgl. zum Vorstehenden auch Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. April 2022 – L 6 BA 33/21 –, Rn. 57, juris – Revision beim BSG anhängig: B 12 BA 5/22 R).
In diesem Sinne hat das BSG erst kürzlich noch einmal festgehalten, dass lediglich Zuschläge, die für tatsächlich geleistete (!) Sonntagsarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, (im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Grenzen) lohnsteuerfrei sind (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2022 – B 12 R 7/20 R –, Rn. 24, juris – Hervorhebung durch den Senat).
Für eine anderweitige Interpretation der gesetzlichen Vorgaben sieht der Senat umso weniger Raum, als der Verordnungsgeber mit den Regelungen in § 1 SvEV eine übereinstimmende Behandlung von Zuschlägen im beitrags- wie im lohnsteuerrechtlichen Sinne anstrebt. Hiervon ausgehend würde es schon im Ausgangspunkt dem gesetzgeberischen Ansatz widersprechen, wenn die entsprechenden Vorgaben im Sozialrecht abweichend von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ausgelegt würden (vgl. zum Vorstehenden auch bereits Senatsurteil vom 8. Mai 2023 – L 2 BA 26/22 –, Rn. 47 - 55, juris).
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren verkennt schon im Ausgangspunkt den weiten Regelungsspielraum des Gesetzgebers.
Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz kann und will dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehren. Der Gleichheitsgrundsatz will vielmehr ausschließen, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Die rechtliche Unterscheidung muss in sachlichen Unterschieden eine ausreichende Stütze finden. Die Anwendung dieses Grundsatzes verlangt den Vergleich von Lebenssachverhalten, die einander nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Merkmalen gleichen. Unter diesen Umständen ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Merkmalen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es ihm nur, dabei Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Innerhalb dieser Grenzen ist er in seiner Entscheidung frei (sofern sich nicht, anders als im vorliegenden Zusammenhang, weitergehende Einschränkung aus anderen Verfassungsnormen ergeben; vgl. zum Vorstehenden: BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86 –, BVerfGE 87, 1, Rn. 125 mwN).
Ohnehin bringt die Zielsetzung der Lohnfortzahlung, den Arbeitnehmer so zu stellen, als ob er seine Arbeit fortgesetzt hätte, lediglich den (im Ergebnis einfachgesetzlichen) Grundgedanken der arbeitsrechtlichen Regelungen zum Ausdruck. Schon im rechtlichen Ausgangspunkt ist der Gesetzgeber durch arbeitsrechtliche Regelungen nicht daran gehindert, in Bezug auf andere Regelungszusammenhänge wie vorliegend in Bezug auf lohnsteuer- und beitragsrechtliche Vorgaben auch anderen mitbetroffenen Interessen angemessen Rechnung zu tragen. Namentlich darf und muss er natürlich – gerade auch als Ausfluss des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 GG – auf eine sachgerechte Begrenzung der beitrags- und steuerrechtlichen Privilegierung von SFN-Zuschlägen in Abweichung von der ansonsten im Ausgangspunkt vorgesehenen vollständigen Berücksichtigung der die finanzielle Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringenden Entgeltzahlungen im Verhältnis zu anderen nicht von diesen Zuschlägen profitierenden Arbeitnehmern Sorge tragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.