1. Da es dem kommunalen Träger zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Rahmen der Methodenfreiheit überlassen ist, die örtlichen Verhältnisse nach seinem Konzept abzubilden, ist es auch seine Aufgabe, die konkreten Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes zu beobachten und ggf. die Angemessenheitswerte zeitnah zu aktualisieren.
2. Wird im gerichtlichen Verfahren bei festgestellten Mängeln ein Konzept bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch das Jobcenter nicht nachgebessert, kann das Gericht die Mängel selbst zu beseitigen, wenn dies ohne Eingriff in die dem kommunalen Träger obliegende Methodenauswahl, beispielsweise durch bloße rechnerische Korrektur möglich ist.
3. Die Vermutungswirkung, dass eine ausreichende Anzahl von Wohnungen zum Angemessenheitswert eines kommunalen Konzeptes vorhanden sind, entfaltet sich bereits dann, wenn zwar nicht der Mietspiegel als solcher zugrunde gelegt wird, aber die verwendeten Mietspiegeldaten selbst nach einer anerkannten wissenschaftlichen Methode erstellt und ausgewertet worden sind und daraus Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis ableitbar sind.
4. Es widerspricht dem Konzept des SGB II, die Bedarfe zur Deckung der Unterkunftskosten durch Zurverfügungstellung von Geldleistungen seitens des Leistungsträgers zu decken, wenn sicher ist, dass der Leistungsempfänger diese nicht zweckentsprechend einsetzt, weil er Einwendungen gegen die Forderungen erhebt. Daher besteht trotz Fälligkeit eine Betriebskostennachforderung kein aktuell zu deckender Unterkunftsbedarf, wenn der Leistungsbezieher der Nachforderung des Vermieters widerspricht und er damit zum Ausdruck bringt, die Forderung aktuell nicht zu erfüllen.
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- Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 13. Dezember 2019 abgeändert und der Bescheid des Beklagten vom 10. September 2019 aufgehoben, soweit er mit diesem die monatliche Bewilligung des Klägers von Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1. April 2018 bis 31. März 2019 über den Betrag von 336,89 EUR hinaus aufgehoben und die Erstattung von mehr als 212,52 EUR verlangt hat.
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
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- Der Beklagte hat dem Kläger 1/3 seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
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- Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 01.04.2018 bis 31.03.2019.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung i.S.d. 44b Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Beteiligung der Stadt A…. als kommunaler Träger. Die Stadt A…. erarbeitet in regelmäßigen Abständen Verwaltungsrichtlinien für die Ermittlung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und den §§ 35, 42a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Beklagte wendet diese Richtlinien im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II an.
Die Stadt A.... hat am 18.12.2014 die Verwaltungsrichtlinie Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) – Angemessenheitsgrenzen; „Schlüssiges Konzept“, Az. DS-00687/14 (KdU-Richtlinie 2014) erlassen. Diese Verwaltungsrichtlinie wurde durch Beschluss des Stadtrates vom 20.03.2018 mit Wirkung zum 01.04.2018 durch die Verwaltungsrichtlinie Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) – Herleitung angemessener Richtwerte für die Kosten der Unterkunft Nichtprüfungsgrenze für die Heizkosten; „Schlüssiges Konzept“, Az. DS-05471/18 (KdU-Richtlinie 2018) ersetzt. Die KdU-Richtlinie 2018 wurde durch die am 21.01.2020 beschlossene Verwaltungsrichtlinie gleichen Namens, Az. VII-lfo-00251-DS-01 (KdU-Richtlinie 2020) aktualisiert. Die Stadt A.... erarbeitet zudem in regelmäßigen Abständen Betriebskostenbroschüren und Mietspiegel für das Gemeindegebiet. So hat sie unter anderem die Broschüren „Betriebskosten in A.... 2012 – Berichtsjahr 2014“, „Betriebskosten in A.... 2014 – Berichtsjahr 2016“ sowie „Betriebskosten in A.... 2016 – Berichtsjahr 2019“ und die Mietspiegel 2014, 2016 und 2018 veröffentlicht. Die Mietspiegel 2016 und 2018 wurden durch Beschlüsse des Stadtrates vom 15.11.2017 und 27.06.2019 jeweils als qualifizierte Mietspiegel anerkannt.
Der 1959 geborene Kläger bezog im streitigen Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er bewohnt allein eine nach Mietvertrag 63,41 m² große Wohnung. Einkommen erzielte der Kläger im streitigen Zeitraum nicht.
Am 08.09.2017 legte er gegenüber dem Beklagten die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2016 vor. Aus dieser ergab sich, dass der Kläger ab dem 01.10.2017 neben der monatlichen Grundmiete i.H.v. 267,97 EUR, monatliche Vorauszahlungen auf allgemeine Betriebskosten i.H.v. 58,00 EUR, auf Kaltwasser i.H.v. 21,00 EUR sowie auf Heizkosten i.H.v. 75,00 EUR zu leisten habe. Die Gesamtmiete sollte daher von bisher 370,00 EUR auf 421,97 EUR steigen.
Mit Schreiben vom 12.09.2017 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass er die Höhe der Unterkunfts- und Heizkosten als unangemessen ansehe. Er teilte dem Kläger mit, dass diese längstens für einen Zeitraum von sechs Monaten, im Falle des Klägers bis zum 31.03.2018, übernommen werden könnten. Die angemessene Bruttokaltmiete bezifferte der Beklagte für einen Einpersonenhaushalt bei einer angemessenen Wohnfläche von 45 m² auf 269,57 EUR. Die angemessene Grundmiete betrage 207,01 EUR, kalte Betriebskosten seien bis zum Betrag von 62,56 EUR angemessen. Der Kläger wurde zur Senkung seiner Unterkunftskosten aufgefordert. Heizkosten seien hiervon nicht betroffen.
Am 27.02.2018 stellte der Kläger Fortbewilligungsantrag auf Grundsicherungsleistungen, wobei er im entsprechenden Formblatt WBA unter Ziffer 4 angab, dass Grundmiete i.H.v. 267,97 EUR, Nebenkostenvorauszahlungen i.H.v. 79,00 EUR sowie Heizkostenvorauszahlungen i.H.v. 75,00 EUR entstünden. Mit streitigem Bescheid vom 06.03.2018 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis 31.03.2019 Leistungen i.H.v. monatlich 760,57 EUR, wobei neben dem Regelbedarf i.H.v. monatlich 416,00 EUR ankündigungsgemäß nur die angemessenen Kosten der Unterkunft i.H.v. 269,57 EUR sowie Heizkosten i.H.v. 75,00 EUR monatlich bewilligt wurden.
Gegen die Bemessung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 22.03.2018. Er bewohne die Wohnung seit 1979 und habe diese infolge Erbfalles im Jahr 2012 „wiedererhalten“. Die Wohnung sei durch ihn selbst modernisiert worden. Unter anderem führte er weiter aus, die Wohnung habe real eine Größe von 57,85 m² einschließlich ½ Balkon.
Mit Schreiben vom 17.04.2018 wurde der Kläger mit Rechtsfolgenbelehrung zu einem Termin beim Beklagten am 25.04.2018 um 08.15 Uhr eingeladen, den er nicht wahrnahm. Mit Bescheid vom 12.06.2018 wurde nach vorheriger Anhörung vom 26.04.2018 eine Minderung um 10 Prozent des für den Kläger maßgebenden Regelbedarfs für den Zeitraum 01.07.2018 bis 30.09.2018 festgestellt und die Bewilligung nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) teilweise aufgehoben. Hiergegen erhob der Kläger am 26.06.2018 Widerspruch.
Mit Änderungsbescheid vom 18.06.2018 wurde für Juli bis September 2018 die Minderung wegen des Meldeversäumnisses des Klägers i.H.v. monatlich 41,60 EUR umgesetzt, sodass für diese Monate, ausgehend von einem Bedarf i.H.v. 770,60 EUR, die Bewilligung 729,00 EUR betrug. Im übrigen streitigen Zeitraum bewilligte der Beklagte monatlich 770,60 EUR. Eingearbeitet wurden die Angemessenheitswerte aufgrund der ab 01.04.2018 geltenden KdU-Richtlinie 2018, wonach eine angemessene Grundmiete von 215,50 EUR sowie Betriebskostenvorauszahlungen i.H.v. 64,10 EUR Berücksichtigung fanden. Der Beklagte berücksichtigte deshalb angemessene Unterkunfts- und Heizkosten i.H.v. insgesamt 354,60 EUR (279,60 EUR Bruttokaltmiete und 75,00 EUR Heizkostenvorauszahlungen).
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2018 wurde der Widerspruch vom 22.03.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bedarfe des Klägers für Unterkunft und Heizung seien gemessen an den abstrakt festgelegten Angemessenheitswerten durch die Richtlinie der Stadt A.... unangemessen hoch gewesen, sodass diese nicht in tatsächlicher Höhe zu übernehmen gewesen seien. Die abstrakt angemessene Wohnfläche für einen Einpersonenhaushalt liege bei 45 m². Die Stadt A.... habe auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit der Verwaltungsrichtlinie ein sog. "schlüssiges Konzept" zur Herleitung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten erstellt. Hierfür seien Daten, welche auch dem Mietspiegel 2016 der Stadt A.... zugrunde lägen, ausgewertet und in aufsteigender Reihenfolge sortiert worden. Der Mietpreis pro Quadratmeter, welcher genau das untere Drittel der jeweiligen Datensätze begrenze, stelle den Richtwert für die jeweilige Haushaltsgröße dar, die bei Einpersonenhaushalten wie im Falle des Klägers den berücksichtigten Werten entspreche. Auf weitergehende Unterkunftskosten habe der Kläger nach Erlass des Änderungsbescheides vom 18.06.2018 keinen Anspruch.
Am 19.07.2018 hat der Kläger dagegen Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Im Kern hat er vorgetragen, seine Unterkunftskosten seien nicht unangemessen und damit auch weiterhin in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Zudem gebe es in A.... keinen vergleichbaren Wohnraum in der Qualität und dem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein Umzug sei unwirtschaftlich.
Der Widerspruch des Klägers vom 26.06.2018 gegen die Minderung wegen des Meldeverstoßes wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2018 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Änderungsbescheid vom 24.11.2018 erfolgte die Anpassung an die ab 01.01.2019 geltenden Regelsätze, sodass dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.03.2019 Leistungen i.H.v. monatlich 778,60 EUR bewilligt wurden.
Mit Schreiben vom 26.02.2019 übermittelte der Kläger dem Beklagten die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2017 vom 27.09.2018. Aus dieser ergab sich zum einen, dass der Kläger bis zum 05.11.2018 eine Nachzahlung i.H.v. 242,15 EUR auf allgemeine Betriebskosten sowie i.H.v. 104,31 EUR auf Kaltwasserkosten zu zahlen hatte. Die Heizkostenvorauszahlungen überstiegen die tatsächlichen Kosten, sodass sich ein Guthaben i.H.v. 121,90 EUR ergab. Insgesamt folgte aus der Abrechnung ein Nachzahlungsbetrag von 224,56 EUR, um dessen Übernahme der Kläger den Beklagten bat. Weiter ergab sich aus den Abrechnungsunterlagen, dass der Kläger über den 01.10.2017 hinaus unverändert 370,00 EUR an seinen Vermieter gezahlt hatte (267,97 EUR Grundmiete, 42,83 EUR Vorauszahlung allgemeine Betriebskosten, 12,56 EUR Vorauszahlung Kaltwasser, 46,64 EUR Vorauszahlung Heizung/Warmwasser). Ab dem 01.11.2018 sei infolge Anpassung der Vorauszahlungen eine Miete von insgesamt 387,97 EUR zu zahlen. Der Kläger teilte außerdem mit, er habe der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2017 insgesamt widersprochen. Im Übrigen habe er sich auch gegen ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters gewandt.
Mit Schreiben vom 27.03.2019 informierte der Beklagte den Kläger, er habe im Jahr 2017 bereits auf zu leistende Vorauszahlungen insgesamt 1.380,27 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt. Nach der Abrechnung des Vermieters seien davon lediglich 1.224,36 EUR an diesen gezahlt worden. Der Differenzbetrag von 155,91 EUR sei jedenfalls von der Forderung in Abzug zu bringen, sodass maximal ein Restbetrag i.H.v. 68,65 EUR verbleibe, dessen Übernahme zu prüfen sei. Zugleich wurde der Kläger mit Schreiben vom selben Tag aufgefordert, die tatsächlichen Mietzahlungen zu belegen.
Am 11.04.2019 bestätigte der Vermieter, dass der Kläger unverändert die monatliche Gesamtmiete i.H.v. 370,00 EUR zu zahlen habe. Am 20.06.2019 einigten sich der Kläger und sein Vermieter im Wege eines gerichtlichen Vergleichs, dass der Kläger rückwirkend ab 01.02.2019 eine monatliche Grundmiete i.H.v. 273,03 EUR zu zahlen habe.
Mit Schreiben vom 29.07.2019 hörte der Beklagte den Kläger zur Erstattung der Überzahlung an. Es seien Änderungen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung eingetreten, die sich mindernd auf den Bedarf des Klägers ausgewirkt hätten. Der Kläger habe infolge falscher Angaben zu seinen Vorauszahlungen im Zeitraum vom 01.04.2018 bis 31.03.2019 zu viel Leistungen erhalten.
Nach erfolgter Äußerung des Klägers hob der Beklagte mit Bescheid vom 10.09.2019 die ursprüngliche Leistungsbewilligung teilweise auf und verlangte die Erstattung von insgesamt 340,32 EUR. Für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis 31.03.2019 seien lediglich angemessene Kosten der Unterkunft i.H.v. 279,60 EUR sowie tatsächliche Heiz- und Warmwasserkostenvorauszahlungen i.H.v. 46,64 EUR zu berücksichtigen. Die erbrachten monatlichen Leistungen i.H.v. 354,60 EUR überstiegen den tatsächlichen monatlichen Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 326,24 EUR um 28,36 EUR.
Mit Urteil vom 13.12.2019 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Ziffer 1 verurteilt, unter insoweitiger Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 06.03.2018 in Form der Änderungsbescheide vom 18.06.2018 und 24.11.2018 sowie des Rücknahmebescheids vom 10.09.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.06.2018 dem Kläger weitergehende Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich 15,40 EUR zu gewähren. Im Übrigen wurde die Klage gegen den Minderungsbescheid vom 12.06.2018 und den Änderungsbescheid vom 18.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.07.2018 abgewiesen (Ziffer 2), da die Sanktionierung rechtmäßig gewesen sei. Die Berufung des Beklagten hat das Sozialgericht zugelassen.
Der Kläger habe einen weitergehenden Bedarf für Unterkunft und Heizung. Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen durch den Beklagten halte den Anforderungen des BSG nicht stand. Der Beklagte habe zwar zutreffend die abstrakt angemessene Wohnungsgröße mit 45 m² bestimmt. Es habe jedoch keine Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Standard angemessene Wohnung im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum anhand eines schlüssigen Konzepts stattgefunden.
Die im Streit stehende Verwaltungsrichtlinie bilde den Wohnungsmarkt nicht realistisch ab. Es fehle an der Repräsentativität der ausgewerteten Datengrundlage. Die Stichprobengröße, die von der Stadt A.... für die Erstellung der Verwaltungsrichtlinie zugrunde gelegt worden sei, entspreche weniger als einem Prozent des gesamten Mietwohnbestands zum Erhebungszeitpunkt. Damit streite für die Stadt A.... nicht der Umstand, dass sie bei der Aufstellung des Konzeptes Datensätze eines qualifizierten Mietspiegels ausgewertet habe.
Die Bestimmung des einfachen Wohnstandards, wonach dieser das mietpreislich untere Drittel des Wohnungsmarkts bilde, sei ebenfalls nicht schlüssig. Die Gemeinde gehe ohne empirischen Beleg oder andere Nachweise von der Grundannahme aus, dass sich der städtische Wohnungsmarkt in drei Standards aufteile (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) und dass die Wohnungen in A.... sich gleichmäßig auf diese drei Standards verteilten. Es könne auch nicht hinreichend sichergestellt werden, dass unter Berücksichtigung der jeweiligen Nachfrage an Wohnungen einfachen Standards für die jeweiligen Haushaltsgrößen ausreichend Unterkünfte dieser Art in hinreichender Anzahl und auch ausreichender Verteilung im gesamten Vergleichsraum zur Verfügung stünden. Es hätte eine differenziertere Bestimmung und Ermittlung des einfachen Standards getrennt nach den jeweiligen Haushaltsgrößen stattfinden müssen.
Weiterhin sei die vorgenommene Bildung von Wohnraumkorridoren um die jeweils angemessene Wohnfläche und die Zugrundelegung verschiedener Korridore für die Auswertung der Bestandsmietdaten einerseits und der Angebotsmieten andererseits nicht mit den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept vereinbar, da hierdurch unzulässig die ohnehin zu geringe Datengrundlage nochmals verkürzt werde und die Verschiebung der Korridore bei Prüfung der Angebotsmieten aus mathematischer Sicht nicht nachvollziehbar sei.
Problematisch sei darüber hinaus auch die Aktualität der ausgewerteten Bestandsdaten. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie zum 01.04.2018 seien diese bereits mehr als zwei Jahre alt gewesen. Dies sei in Anbetracht des Umstands problematisch, dass der Wohnungsmarkt in A.... gerade auch im Bereich der Bestandsmieten stark im Wandel sei und deshalb zeitliche Verzögerungen bei der Auswertung der Daten die Gefahr bergen würden, dass im Zeitpunkt der Auswertung nicht mehr die aktuelle Wirklichkeit des Wohnungsmarkts abgebildet werde. Dies zeige sich an den Inhalten des Sozialreportes 2019 der Stadt A..... Den ersichtlich erheblichen Anstieg der durchschnittlichen Miete könne die Richtlinie aufgrund des Alters der zugrundeliegenden Daten nicht berücksichtigt haben.
Soweit der Beklagte betone, dass im Auswertungszeitraum ausreichend Wohnungen zu den ermittelten Angemessenheitswerten angeboten worden seien, beruhe dies auf einer Verschiebung der jeweils zugrunde gelegten Wohnungsgrößen bei Prüfung der Angebotsmieten. Zwar seien Wohnungen in gewisser Anzahl gefunden worden, die dem Angemessenheitswert in Gestalt des Produktes von angemessener Wohnungsgröße und Kappungsgrenzwert entsprochen hätten. Diese hätten jedoch überwiegend eine deutlich geringere Größe aufgewiesen als diejenigen, welche zur Bestimmung der Angemessenheitswerte herangezogen worden seien. "Angemessene" Wohnungen hätten generell eine höhere Quadratmetermiete als die von der Stadt A.... ermittelten Werte aufgewiesen, jedoch aufgrund einer Verringerung des Faktors der Wohnungsgröße sei das Gesamtprodukt noch in die von der Stadt A.... behauptete Angemessenheit gefallen. Diese Berechnung spiegele nicht die Verfügbarkeit von angemessenem Wohnraum wider, sondern stelle eine systematische Beschneidung der den Leistungsberechtigten tatsächlich anmietbaren Wohnungen dar. Ihnen sei es in der Regel kaum möglich, zum vorgegebenen Mietpreis eine Wohnung im Bereich der angemessenen Wohnungsgröße (45 m²) anzumieten. Sie seien vielmehr dazu gezwungen, eine deutlich kleinere Wohnung anzumieten, für welche eine Auswertung durch die Richtlinie nicht stattgefunden habe. Eine systematische Begrenzung der effektiv anmietbaren Wohnungen auf einen kleineren als angemessen zu beurteilenden Wohnraum sei mit dem Sinn und Zweck der abstrakten Ermittlung der aufzubringenden Kosten für eine nach Wohnungsgröße und -standard angemessene Wohnung nicht vereinbar, da hierdurch auch die dem Leistungsberechtigten grundsätzlich zustehende Wahlmöglichkeit zwischen einer Wohnung mit größerer Wohnfläche oder mit höherem Ausstattungsstandard genommen werde.
Als Grenze für die Angemessenheit der Unterkunftskosten seien entsprechend der Rechtsprechung des BSG die Werte nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10 Prozent heranzuziehen. Da die Bruttokaltmiete des Klägers mit 323,36 EUR monatlich unter dieser Grenze liege, seien die Unterkunftskosten angemessen und in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Übertragen auf den Anspruch des Klägers bedeute dies, dass er Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunftskosten i.H.v. monatlich 43,76 EUR habe (Differenz tatsächliche Kosten und bewilligte Kosten, 323,36 EUR – 279,60 EUR = 43,76 EUR). Jedoch sei weiterhin zu berücksichtigen, dass dem Kläger ursprünglich monatlich 28,36 EUR mehr Heizkosten als tatsächlich angefallen bewilligt und ausgezahlt worden seien. Diese seien mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.09.2019 geltend gemacht worden. Da der Betrag des weitergehenden Leistungsanspruchs den Aufhebungsbetrag übersteige, sei der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufzuheben und der überschießende Leistungsanspruch des Klägers entsprechend mit der Differenz der Heizkosten zu verrechnen, woraus sich ein weitergehender Leistungsanspruch von monatlich 15,40 EUR ergebe (43,76 EUR - 28,36 EUR).
Gegen das dem Beklagten am 16.01.2020 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten vom 10.02.2020.
Er wendet sich zum einen gegen die Auffassung des Sozialgerichts, es fehle an der Repräsentativität der ausgewerteten Datengrundlage. Die Stadt A.... verfüge über einen qualifizierten Mietspiegel i.S. des § 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), auf den zur Bestimmung einer angemessenen Referenzmiete im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes nach § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II zurückgegriffen werden solle. Die Existenz eines qualifizierten Mietspiegels privilegiere ein auf denselben Daten beruhendes schlüssiges Konzept. Handele es sich – wie vorliegend – um einen Regressionsmietspiegel, liefere für größere Kommunen eine Stichprobe von bis zu 1 Prozent des Wohnungsbestandes eine ausreichende Validität. Dieser Wert sei auch eingehalten worden. Daran ändere sich nichts, wenn in einem zweiten Schritt die Stichprobe aus dem gesamten Wohnungsbestand um diejenigen Wohnungen bereinigt werde, die aufgrund ihrer Wohnflächen unangemessen, also sozialrechtlich ohne Relevanz wären. Das im Verfahren S 16 AS 2262/16 vor dem Sozialgericht Leipzig eingeholt Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D.... bestätige zudem die statistische Verwendbarkeit der Daten.
Der Beklagte verteidigt seine Bestimmung des einfachen Wohnstandards. Es sei auch sichergestellt, dass genügend angemessener Wohnraum zur Verfügung stehe.
Er verweist auf die Rechtsprechung der 23. Kammer des Sozialgerichts Leipzig vom 27.05.2016 – S 23 AS 1121/16 ER – die die vorgenommene Perzentil-Bestimmung unter Hinweis auf den Anteil von Transferleistungsbeziehern und einkommensarmen Haushalten als sachgerecht angesehen habe. Auch das Sächsische Landessozialgericht (SächsLSG) habe im Urteil vom 01.06.2017 (L 7 AS 917/14, Rn. 49) die Ermittlung des maßgeblichen Richtwertes, orientiert am unteren Drittel, für rechtmäßig erachtet. Wie der Sozialreport 2018 zeige, beruhe die von der Stadt A.... verwendete Größe des 33ten Perzentils auf Ergebnissen statistischer Erhebungen der vergangenen Jahre. Diese zeigten, dass bei Verwendung des 33ten Perzentils Wohnungen einfachen Standards, gemessen an der potentiellen Nachfrage ausreichend zur Verfügung stünden, da statistisch gesehen nur 13,9 Prozent bzw. 8,4 Prozent der Haushalte 33,3 Prozent Wohnraum einfachen Standards nachfragten. Dass die Annahme des Gerichtes, dass bei Zugrundelegung des von der Stadt A.... verwendeten Perzentils nicht genügend Wohnraum in ausreichender Zahl und im gesamten Vergleichsraum zur Verfügung stehe, falsch sei, zeige zudem eindeutig das Ergebnis der Angebotsmietenerhebung. Diese belege, dass in allen Stadtgebieten für alle Bedarfsgemeinschaftsgrößen angemessener Wohnraum vorhanden sei. Träfe die Annahme des Sozialgerichts zu, müsste im Erhebungszeitraum (06/17- 08/17) kein angemessener Wohnraum zur Verfügung gestanden haben bzw. eine sichtliche Schwankung vorhanden gewesen sein. Die Angebotszahlen seien aber stetig gleich hoch.
Der Beklagte verteidigt ferner die Bildung der Wohnflächenkorridore. Von den 2.729 ausgewerteten Datensätzen, die aus der Datenerhebung für den A.... Mietspiegel 2016 vorlagen, hätten lediglich 31 Wohnungen eine Wohnfläche von genau 45 m² aufgewiesen. Aus diesem Grund sei es erforderlich gewesen, Wohnflächenspannen zu bilden. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 10.09.2013 (B 14 AS 77/12 R, Rn. 32) dieses Vorgehen bestätigt. Ein mathematisch korrektes Ergebnis zur Ermittlung eines angemessenen Eckwertes erhalte man unter Anwendung von Wohnflächenspannen zudem nur, wenn man diese in gleichem Maß nach oben und unten ausdehne. Um für die Richtwertbildung eine ausreichend große Datenmenge zu haben, habe die Stadt A.... einen homogenen Wohnflächenkorridor um die abstrakt angemessene Wohnfläche gebildet. Dieses Vorgehen sei mathematisch und statistisch valide, was der Sachverständige Prof. Dr. D.... bestätigt habe.
Richtig sei, dass in die Prüfung der Verfügbarkeit von Wohnungen für Ein-Personen-Haushalte auch Wohnungen einbezogen worden seien, die eine Wohnfläche ab 20 m² aufweisen, da Wohnungen, die deutlich kleiner als 45 m² seien, in der Stadt A.... häufig vorhanden seien. Eine Wohnflächenhöchstgrenze sei im Rahmen der Verfügbarkeitsprüfung bewusst nicht definiert worden. Für leistungsberechtigte Haushalte sei jede Wohnung unabhängig von ihrer Wohnfläche anmietbar, solange die Richtwerte für die Bruttokaltmiete eingehalten würden. Im Einzelfall könne auch ein höherer Bedarf anerkannt werden (bspw. bei Vorliegen einer Schwerbehinderung, die die Anmietung einer barrierefreien Wohnung begründe). Bezüglich der Prüfung der Verfügbarkeit kostenangemessenen Wohnraums sei jede Wohnung zumutbar, soweit sie dem einfachen Standard entspreche, nach Größe der Bedarfsgemeinschaft ausreichend Wohnraum biete und dem örtlichen Wohnstandard hinsichtlich der Größe entspreche.
Auf Hinweis des Senats hat der Beklagte unter Verweis auf die gutachtlichen Ausführungen des Prof. Dr. D.... mitgeteilt, dass bei Rückgriff auf das Vorgehen von Nyblom für die hier relevanten Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft folgende statistisch relevanten Werte folgen:
Anzahl der ausgewerteten Datensätze: 419
Eckwert laut KdU-Konzept: 4,7888 EUR
Median: 5,1227 EUR
Unteres Konfidenzintervall: 4,6819 EUR
oberes Konfidenzintervall: 4,8921 EUR
Der Beklagte hat unter Hinweis auf das Konzept der Stadt A.... vom 20.03.2018 zudem dargelegt, dass 20 Wohnungen, für die der Mietspiegel keine Anwendung findet sowie sog. „Ausreißer“ mit besonders niedrigen oder hohen Grundmieten je m², ausgeschlossen wären. Es seien somit 2.729 Datensätze für die Mietspiegelauswertung verblieben. Ausgeschlossen worden seien zwei Wohnungen ohne Sammelheizung und ohne Bad, neun Wohnungen ohne Sammelheizung und eine Wohnung ohne Bad. Als Bad würden innerhalb der Wohnung liegende Räume gewertet, die über eine Dusche oder eine Badewanne verfügen. Darüber hinaus habe es in der Datenerhebung für den Mietspiegel keine Wohnung ohne Küche, keine Wohnung ohne Innentoilette, keine Wohnung ohne vom Vermieter bereitgestellter Möglichkeit der Warmwasserversorgung und keine Wohnung, die im Souterrain liegt, gegeben. Solche Wohnungen könnten daher nicht in die Auswertung des Konzepts der Stadt A.... vom 20.03.2018 eingeflossen sein. Wohnungen, deren Küche, Toilette und Badezimmer von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, seien von der Datenerhebung für den Mietspiegel 2018 von vornherein ausgeschlossen. Der A.... Mietspiegel könne zudem nicht für vermieteten Wohnraum in Ein- und Zweifamilienhäusern angewandt werden. In der Datenerhebung seien zu wenige, namentlich 39 Datensätze vorhanden, um für solchen Wohnraum eine statistisch valide ortsübliche Vergleichsmiete ausweisen zu können. Die Datensätze seien vor der Auswertung eliminiert worden.
Außerdem bestehe eine Identität der Betrachtungsgegenstände aus den Daten für den Mietspiegel und denen der Betriebskostenbroschüre. In beiden Statistiken seien weder Wohnungsdaten von Ein- und Zweifamilienhäusern noch von Wohnungen in unsanierten Objekten, mit Ausnahme im Sektor des Wohnungsbaus 1961 bis 1990, einbezogen worden.
Auf Hinweis des Senats, dass Kabel-/Antennengebühren im Konzept nicht berücksichtigt seien, führt der Beklagte aus, derartige Aufwendungen seien atypische Betriebskosten. Von den insgesamt 1.055 ausgewerteten Datensätzen für die Betriebskostenbroschüre hätten gerade 67 Datensätze entsprechende Kosten ausgewiesen. Im Vergleich dazu verfügten bspw. 211 der ausgewerteten Datensätze von Mehrfamilienhäusern über einen Aufzug. Ursache für das geringe Auftreten solcher Betriebskosten sei, dass Mieter ganz überwiegend direkte Verträge mit den Kabelfernsehanbietern schließen würden. Zudem bestehe in A.... die Möglichkeit, das weit verbreitete und kostenfreie DVBT-2 zu nutzen. Da Kosten für Antennen- und Kabelfernsehen atypische Betriebskosten seien, habe der Gesetzgeber das Nebenkostenprivileg im Rahmen der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) mittlerweile gestrichen. Die Nicht-Berücksichtigung solcher atypischen Kosten, die nur in einer sehr geringen Anzahl aller Mieterhaushalte überhaupt auftreten und zu denen es eine kostenfreie Alternative (DVBT-2) gebe, sei daher bei der Ermittlung eines pauschalen Richtwertes für die Kosten der Unterkunft einfachen Standards sachgerecht. Das schließe eine Anerkennung im konkreten Einzelfall nicht aus.
Auf weiteren Hinweis, dass dem angewendeten Betriebskostenspiegel Daten für das Jahr 2014 zugrunde lägen, hat der Beklagte ausgeführt, der durchschnittliche Wert der Betriebskosten sei um einen Sicherheitszuschlag von 10 Prozent erhöht, der neben einem möglicherweise auftretenden höheren Kaltwasserverbrauch auch zur Deckung allgemeiner Kostensteigerungen dienen könne.
Das Institut der deutschen Wirtschaft habe in einem Gutachten vom 01.12.2020 eine Analyse der zeitlichen Entwicklung und regionalen Unterschiede der Wohnnebenkosten in Deutschland untersucht (vgl. https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Gutachten/PDF/2020/IWGutachten-dii-Wohnnebenkosten.pdf). So werde dort unter anderem auf Seite 2 festgehalten, dass der Median der kalten Betriebskosten im Jahr 2018 bei 0,98 EUR je m² Wohnfläche lag. Über einen Zeitraum von 18 Jahren habe die jährliche Teuerungsrate 2,8 Prozent betragen. Wenn diese lineare Teuerungsrate für die Jahre von 2014 (= Daten von Betriebskostenabrechnungen für das Konzept der Stadt A.... vom 20.03.2018) bis 2017 (= mögliche Informationen zum Zeitpunkt der Erstellung des Konzeptes der Stadt A.... vom 20.03.2018) unterstellt werde, ergebe sich ein Wert von 8,4 Prozent, wobei zu beachten sei, dass Erkenntnisse über die Entwicklung der Betriebskosten immer erst nachgelagert mit Vorliegen der Abrechnungen im Folgejahr gewonnen werden könnten. Das Abstellen auf die durchschnittlichen Betriebskosten zzgl. eines Sicherheitszuschlages von 10 Prozent sei zur Ermittlung einer Bruttokaltmiete im einfachen Wohnsegment ausreichend hoch bemessen.
Soweit die KdU-Richtlinie 2018 kein aktuelles Bild der Betriebskosten im Geltungszeitraum widerspiegeln sollte, könne nicht auf die jährlich erscheinenden Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes (DMB), Landesverband Sachsen e.V. zurückgegriffen werden. Der Beklagte arbeite seit vielen Jahren in den Arbeitskreisen Mietspiegel und Betriebskostenbroschüre sehr eng mit dem DMB, Mieterverein A.... e.V. zusammen. Aus dieser Zusammenarbeit sei bekannt, dass der Mieterverein überwiegend die Mieterhaushalte in Streitigkeiten zu Betriebskosten berate, die sehr hohe Betriebskosten oder Betriebskostenabrechnungen mit hohen Nachzahlungen erhalten haben. Mieterhaushalte mit geringen Betriebskosten oder Betriebskostenabrechnungen mit einem Guthaben hätten i.d.R. weniger Veranlassung, die Unterstützung des Mieterbundes in Anspruch zu nehmen. Diese kostensenkenden Daten flössen daher seltener in den Betriebskostenspiegel des DMB ein. Aufgrund dieser Tatsache bestehe an der Repräsentativität der Betriebskostenspiegel des DMB für den gesamten Mietwohnungsmarkt seitens der Beklagten Zweifel.
Auch eine Datenerhebung zu den Betriebskosten bei den Großvermietern, insbesondere der kommunalen A....er Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB), sei aus Sicht des Beklagten untauglich. Für den Wohnungsbestand der Großvermieter sei kennzeichnend, dass dieser überwiegend aus Gebäuden der Baujahre ab 1919 bis vor 1991 bestehe. Gebäude aus anderen Baujahren befänden sich nur zu einem geringen Anteil im Bestand von Großvermietern. Zudem verwalteten Großvermieter sehr häufig ganze Wohnanlagen in Zeilen- oder Blockbauweise. Das führe hinsichtlich der Bewirtschaftung zu günstigeren Betriebskosten als in Einzelobjekten. Schlussendlich hätten Großvermieter die Möglichkeit Rahmenverträge für eine Vielzahl an Gebäuden abzuschließen und erhielten dadurch günstigere Konditionen als ein privater Vermieter, der nur im Besitz einiger weniger Mietobjekte sei. Aus den vorgenannten Gründen seien die allgemeinen Betriebskosten in Altbauten vor 1919 und Gebäuden ab dem Baujahr 1991 je m² Wohnfläche auch höher, da sich diese überwiegend im Besitz von Kleinvermietern befänden. Somit bestünden auch an der Repräsentativität einer Datenerhebung, die nur auf den Daten von Großvermietern beruhe, Zweifel.
Der Beklagte hat insoweit zur Überwindung fehlender Aktualität auf die ermittelten angemessenen allgemeinen Betriebskosten aus der KdU-Richtlinie 2020 i.H.v. 1,4615 EUR/m² verwiesen. Diese Betriebskosten basierten auf Betriebskostenabrechnungen des Jahres 2016, die im Jahr 2017 gegenüber den Mieterhaushalten gelegt worden seien und zum Zeitpunkt der Erstellung der streitgegenständlichen Richtlinie der Beklagten vorgelegen hätten.
Auf Hinweis des Senats, dass die Werte in der KdU-Richtlinie 2020 von denjenigen der zugrundeliegenden Betriebskostenbroschüre 2016 – Berichtsjahr 2019 abweichen würden, hat der Beklagte klargestellt, es sei richtig, dass die in der Richtlinie in Tabelle 6 auf Seite 13 ausgewiesenen durchschnittlichen Betriebskosten für die Gebäudetypen 4 (Baujahre 1961 – 1990 unsaniert) und 5 (Baujahre 1961 – 1990 saniert) von den Werten für die gleichen Gebäudetypen in der Betriebskostenbroschüre der Beklagten in Tabelle 2 auf Seite 6 ausgewiesenen Werte geringfügig abweichen würden. Erklärung dafür sei, dass in der Betriebskostenbroschüre ein weiterer Gebäudetyp aus dem Errichtungszeitraum 1961 – 1990 enthalten sei. Dieser beinhalte Gebäude, die in damals untypischer Bauweise in nicht industrieller Vorfertigung (= kein Plattenbau) errichtet worden seien. Das sei im Vergleich aber nur ein geringer Gebäudebestand. Da in den für die Betriebskostenbroschüre ausgewerteten Daten des Gebäudetyps „Wohnungsbau 1961 – 1990 kein Plattenbau“ keine Kosten für Aufzüge enthalten gewesen seien, weil diese Gebäude i.d.R. nicht mit Aufzügen ausgestattet seien, hätte eine Berücksichtigung der Aufzugskosten mit 0,00 EUR zu einem Nachteil der leistungsberechtigten Haushalte geführt. In Folge dessen seien die Betriebskosten dieses Gebäudetyps unberücksichtigt geblieben, was die Erläuterung in der Richtlinie des Beklagten aus dem Jahr 2020, Seite 12 letzter Absatz belege. Bei der weiteren Bearbeitung der Richtlinie sei dann eine fehlerhafte Übernahme der Betriebskosten für die aufgeführten Gebäudetypen 4 und 5 aus demselben Errichtungszeitraum erfolgt. Unter Berücksichtigung der korrekten Werte für die beiden Gebäudetypen aus der Betriebskostenbroschüre ergebe sich aber kein anderer gewichteter Mittelwert der kalten Betriebskosten und damit auch kein abweichender Wert für die angemessenen kalten Betriebskosten.
Der Beklagte hat auf den richterlichen Hinweis, wonach unter der Annahme eines oberen Konfidenzintervalls von 4,8921 EUR/m² eine angemessene Nettokaltmiete von 220,14 EUR für eine 45 m² große Referenzwohnung folge, ermittelt, dass in folgendem Umfang Wohnungen mit einer angemessenen Nettokaltgesamtmiete von 220,14 EUR in den angewendeten Mietspiegeldaten vorhanden gewesen seien:
Wohnungen mit einer Fläche >=20 m² bis <= 45 m²: 187 Wohnungen
Wohnungen mit einer Fläche > 45 m²: 116 Wohnungen
Wohnungen mit einer Fläche >=40 m² bis <=50 m²: 134 Wohnungen
Eine Nachbesserung der streitigen KdU-Richtlinie 2018 hat der Beklagte trotz Aufforderung durch den Senat nicht vorgenommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 13.12.2019 in Ziffer 1 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, er könne die tatsächlichen Unterkunftskosten beanspruchen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 30.10.2023 gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 411a Zivilprozessordnung (ZPO) die Gutachten des Prof. Dr. D.... vom 17.01.2018 und 30.12.2019 aus dem Verfahren des Sozialgerichts Leipzig S 16 AS 2262/16 in das hiesige Verfahren einbezogen. Er hat zudem das öffentlich zugängig Gutachten Wohnungsmärkte in Sachen der empirica AG im Auftrag Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 13.09.2019 beigezogen. Der Senat hat darüber hinaus folgende Unterlagen herangezogen:
- die KdU-Richtlinien 2014, 2018 und 2020
- Broschüre Betriebskosten in A.... 2012 – Berichtsjahr 2014
- Broschüre Betriebskosten in A.... 2014 – Berichtsjahr 2016
- Broschüre Betriebskosten in A.... 2016 – Berichtsjahr 2019
- A-Stadter Mietspiegel 2014, 2016 und 2018
- Betriebskostenspiegel 2015/2016 und 2016/2017 des DMB für den Freistaat Sachsen
- Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
- Sozialreporte der Stadt A.... 2017 bis 2019 und 2022 (abgerufen unter: https://www.leipzig.de/buergerservice-und-verwaltung/stadtverwaltung/publikationen-und-veroeffentlichungen/sozialreport, Stand: 19.12.2023)
Im Übrigen wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes gemäß § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, des beigezogenen elektronischen Verwaltungsvorganges des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, und des Protokolls der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die infolge Zulassung durch das Sozialgericht (§§ 143, 144 Abs. 1, 2 Nr. 1 SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene, Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat dem Kläger zu Unrecht unter vollständiger Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 10.09.2019 und Änderung der Bewilligungsentscheidungen weitere monatliche Bedarfe der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis 31.03.2019 zugesprochen. Allerdings stehen dem Kläger höhere Leistungen für seinen Bedarf für Unterkunft und Heizung zu, als zuletzt vom Beklagten im Rahmen der Bewilligung zugrunde gelegt worden sind.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind nur diese Leistungen, weil der Kläger gegen die teilweise Abweisung seiner Klage in Bezug auf die Bemessung der ihm bewilligten Regelleistungen infolge einer Sanktionierung kein Rechtsmittel erhoben und nur der Beklagte in Bezug auf den Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung Berufung eingelegt hat. Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II stellen einen abtrennbaren Streitgegenstand dar, über den gesondert entschieden werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 30.06.2021 – B 4 AS 76/20 R – juris Rn. 11 m.w.N. aus seiner Rechtsprechung).
Der Kläger hat sein Begehren auf Zuerkennung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgt, wobei neben der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung i.d.F. der Änderungsbescheide auch der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.09.2019 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, den das Sozialgericht zu Recht in das Verfahren einbezogen hat (vgl. zur Einbeziehung auch des mit dem Aufhebungsbescheid verbundenen Erstattungsbescheides BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 55/19 R – juris Rn. 13 ff.).
Dies zugrunde gelegt verletzt der Bewilligungsbescheid vom 06.03.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12.06.2018 und 18.06.2018 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20.06.2018 und 20.07.2018 und in der weitergehenden Fassung des Änderungsbescheids vom 24.11.2018 hinsichtlich der Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der weiter streitige Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.09.2019 ist aber teilweise rechtswidrig, soweit er die Leistungsbewilligung des Klägers für Kosten der Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum über den Betrag von monatlich 336,89 EUR hinaus aufhebt und die Erstattung von mehr als 212,52 EUR verlangt.
- Rechtsgrundlage der vom Beklagten getroffenen Aufhebungsentscheidung vom 10.09.2019 bildet § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X. Der Erstattungsbescheid findet seine Grundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die ursprünglichen – nicht vorläufig ergangenen – Bewilligungsentscheidungen des Beklagten waren hinsichtlich der Bemessung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung von Anfang an rechtswidrig. Der Kläger hatte entgegen seiner Angaben im Weiterbewilligungsantrag vom 14.02.2018 gegenüber dem Beklagten nicht Heizkostenvorauszahlungen i.H.v. 75,00 EUR sowie Betriebskostenvorauszahlungen i.H.v. insgesamt 79,00 EUR zu erbringen, sondern lediglich 42,83 EUR auf die allgemeinen Betriebskosten, 12,56 EUR auf Kaltwasser – zusammen also 55,39 EUR – sowie Vorauszahlung auf Heizung/Warmwasser i.H.v. 46,64 EUR.
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10.09.2019 ist formell rechtmäßig.
Der Kläger wurde ordnungsgemäß angehört. Nach § 24 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 29.07.2019 umfassend dazu Äußerungsmöglichkeit gegeben, dass er im Rahmen des Weiterbewilligungsantrages Nebenkostenvorauszahlungen angegeben hat, die tatsächlich so im streitigen Zeitraum nicht wirksam geworden und damit nicht entstanden sind. Zugleich wurde er über die daraus voraussichtlich folgende Neuberechnung mit einer Erstattungsforderung im Umfang von 340,32 EUR (12x 28,36 EUR) rechnen müsse. Der Kläger hat sich auch geäußert.
Der streitige Bescheid ist hinsichtlich der Neuberechnung der Kosten der Unterkunft teilweise materiell rechtswidrig und deshalb sowohl in Bezug auf die Aufhebungs- als auch die Erstattungsentscheidung teilweise aufzuheben.
Er genügt jedoch vollständig den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten (vgl. zu den Anforderungen BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 89/12 R – juris Rn. 15). Er beziffert im Verfügungssatz eindeutig, welche dem Kläger monatlich bewilligten Leistungsbescheide in welchem Umfang zur Aufhebung gebracht werden und welche gewährten Leistungen von ihm deshalb zu erstatten sind. Dass dabei anders als der Änderungsbescheid vom 24.11.2018 der Änderungsbescheid vom 12.06.2018 nicht erwähnt ist, ist bereits deshalb unschädlich, weil der Änderungsbescheid vom 12.06.2018 nur die Sanktionsentscheidung umgesetzt und daher nur die Regelleistungsbewilligung geändert hat.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er gemäß § 45 Abs. 1 SGB X, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach Satz 2 in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.
Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß Satz 3 aber nicht berufen, soweit
- er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
- der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
- er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X und § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.
Die vom Beklagten teilweise aufgehobenen Bewilligungsentscheidungen beruhen auf unrichtigen Angaben des Klägers i.S.d. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Obwohl er gegen die Betriebskostenabrechnung 2016 und die dortige Neufestsetzung der Vorauszahlungen durch den Vermieter selbst Widerspruch erhoben hatte, sodass dieser von seiner Vorauszahlungserhöhung absah, hat der Kläger im Rahmen des Weiterbewilligungsantrages unzutreffende Angaben zu seinen Vorauszahlungen an den Vermieter gemacht. Dabei handelte er zur Überzeugung des Senats zumindest grob fahrlässig. Dem Kläger war bekannt, dass er wegen seines Widerspruchs gegen die Betriebskostenabrechnung tatsächlich weniger Vorauszahlungen zu leisten hatte und auch tatsächlich geleistet hat, als er im Rahmen des Weiterbewilligungsantrages angegeben hatte. Namentlich aus der zuletzt vorgelegten Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 wird deutlich, dass der Kläger zu keiner Zeit, insbesondere nicht ab Oktober 2017, höhere Vorauszahlungen geleistet hat. Er hätte zudem ohne weiteres wissen müssen, dass auf dem Weiterbewilligungsantrag lediglich die tatsächlichen Vorauszahlungen beziffert zu benennen sind. Denn das vom Kläger ausgefüllte Formblatt erfragt die „entstehenden“ und damit die vertragsgemäß tatsächlich entrichtenden Kosten.
Die teilweise Rücknahme der Bewilligung ist auch nicht in zeitlicher Hinsicht ausgeschlossen. Gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 45 Abs. 2 SGB X nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Sind – wie hier – die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gegeben, kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zudem bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden (vgl. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X). Weder die Zweijahresfrist, noch die hier einzuhaltende Zehnjahresfrist war bei Erlass des Bescheids am 10.09.2019 verstrichen.
Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X muss die Behörde die Rücknahme zudem innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen verfügen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Auch diese Frist war nicht abgelaufen, nachdem der Beklagte erstmals im Februar 2019 von den tatsächlich geringeren Nebenvorauszahlungen Kenntnis erlangte und den Kläger mit Schreiben vom 29.07.2019 angehört hatte. Der Bescheid vom 10.09.2019 ist somit innerhalb der Jahresfrist ergangen.
- Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum aufgrund der geschuldeten und tatsächlich erbrachten Mietaufwendungen Anspruch auf monatliche Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II i.H.v. 290,25 EUR sowie auf Leistungen für Heizung i.H.v. 46,64 EUR.
Er war im Grundsatz leistungsberechtigt. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.d.F. des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig und hilfebedürftig sind (Nr. 2 und 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger. Er war im streitigen Zeitraum insbesondere hilfebedürftig, weil er kein Einkommen erzielte und über kein Vermögen verfügte, das die Freibeträge nach § 12 SGB II überstieg.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Beim gesetzlichen Tatbestandsmerkmal "Angemessenheit" i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Gegen die Verwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs bestehen nach der Rechtsprechung des BSG keine durchgreifenden (verfassungsrechtlichen) Bedenken, zumal zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Angemessenheit des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch die Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 17 f.; zudem Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 06.10.2017 – 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 – juris Rn. 17). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Verwaltung ist grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar und die Angemessenheit nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ebenfalls. Eine Rechtsgrundlage oder dogmatische Herleitung für eine teilweise "nicht justiziable Einschätzungsprärogative" oder "gerichtlich nicht überprüfbare politische Entscheidung" sind im Lichte von Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht ersichtlich (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 – B 14 AS 11/18 R – juris Rn. 17).
Die Regelungen der durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I S. 453) mit Wirkung zum 01.04.2011 in das SGB II eingefügten §§ 22a bis 22c SGB II sind im direkten Zusammenhang mit der Norm des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in das Gesetz gelangt, um den Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung transparent und rechtssicher zu regeln (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 44). Dabei ist der Gesetzgeber von der Rechtsprechung des BSG zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgegangen und hat teils übereinstimmende, teils davon abweichende Vorgaben an den Satzungsgeber normiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017 – 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 – juris Rn. 17). Er hat mit §§ 22a bis 22c SGB II die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch das BSG gesetzlich nachvollzogen, wonach die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nach Maßgabe der Produkttheorie auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts zu bestimmen ist. Damit bleiben Behörden und Gerichten zwar durchaus Entscheidungsspielräume insbesondere mit Blick auf die Bestimmung der Angemessenheitswerte durch ein sog. „Schlüssiges Konzept“, doch ist die Auslegung der hier in Frage gestellten Norm gesetzlich begrenzt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.12.2021 – L 32 AS 579/16 – juris Rn. 31).
Die Ermittlung des „angemessenen“ Umfangs der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete) sowie die abstrakt angemessenen Heizkosten zu ermitteln. Anschließend ist die konkrete Angemessenheit der Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen einschließlich eines Umzugs zu prüfen (vgl. BSG, Urteile vom 17.09.2020 – B 4 AS 22/20 R – juris Rn. 23 und vom 30.01.2019 – B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 19 m.w.N.).
Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen für Unterkunft hat unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, das sich wie folgt zusammenfassen lässt:
- Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en),
- Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards,
- Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept
- Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten
(ständige Rechtsprechung; BSG, Urteile vom 30.01.2019 – B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 20 m.w.N. und vom 21.07.2021 – B 14 AS 31/20 R – juris Rn. 28).
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- Zutreffend hat der Beklagte danach eine abstrakt angemessene Wohnfläche für den Einpersonenhaushalt des Klägers im Umfang von 45 m² bestimmt.
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Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße hat das BSG in erster Linie auf die Werte zurückgegriffen, welche die Länder aufgrund des § 10 Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz – WoFG) festgesetzt haben (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – juris Rn. 19 und Urteil vom 18.06.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – juris Rn. 12). Sachsen hatte im hier streitigen Zeitraum ab dem 01.04.2018 keine Ausführungsbestimmungen zu § 10 WoFG erlassen. Für diese Fallgestaltungen hat das BSG entschieden, dass mit Rücksicht auf Rechtssicherheit und Praktikabilität die Heranziehung anderweitiger aktueller Verwaltungsregelungen zur Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße vertretbar ist (vgl. zu Sachsen BSG, Urteile vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 16 und vom 22.09.2009 – B 4 AS 70/08 R – Rn. 15).
Gerade dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kommt eine überragende Bedeutung zu. Denn bereits mit dem Rückgriff auf die Werte nach § 10 WoFG wird nach Auffassung des BSG bewusst in Kauf genommen, dass sich die Werte möglicherweise nicht immer daran orientieren, welche Größe eine Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt haben muss (vgl. BSG, Urteile vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 15 bis 17, vom 16.05.2012 – B 4 AS 109/11 R – juris Rn. 19 und vom 22.09.2009 – B 4 AS 70/08 R – juris Rn. 15).
Ausgehend davon ist entweder die am 16.07.2010 in Kraft und am 31.12.2015 außer Kraft getretene (vgl. hierzu SächsLSG, Urteil vom 16.11.2017 – L 3 AS 511/15 – juris Rn. 47) Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen vom 07.06.2010 – VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen (SächsABl. Nr. 28, S. 963) zu § 18 des sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuchs vom 06.06.2002 (SächsGVBl. 9/2002, S. 168, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.01.2012, SächsGVBl. 4/2012, S. 130) weiter zugrunde zu legen oder aber es ist maßgeblich auf die Richtlinie (RL) des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren zur Förderung der Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum (RL gebundener Mietwohnraum - RL gMW) vom 22.11.2016 (Sächs. ABl. Nr. 49, S. 1471), die am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft getreten war (vgl. VIII. RL gMW v. 22.11.2016) und am 29.01.2021 durch die Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum vom 29.04.2021 (SächsABl. S. 502) ersetzt worden ist, abzustellen (vgl. so auch SächsLSG, Urteil vom 07.10.2021 – L 7 AS 547/17 – juris Rn. 101). Für eine Rechtsgrundlage abschließend entschieden werden muss sich nicht. Denn die Förderrichtlinien bestimmen keine von der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen abweichende Wohnflächenhöchstgrenzen (vgl. IV. Nr. 1 Buchst. a Satz 2 RL gMW v. 22.11.2016 und IV. Nr. 1 Buchst. a Förderrichtlinie [FRL] gMW v. 29.04.2021, Sächs. ABl. S. 502). Ab dem 01.01.2016 galten keine anderweitigen landesrechtlichen Regelungen über die Wohnungsgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau, auf die zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche abzustellen wäre (vgl. hierzu z.B. BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 4 AS 109/11 R – juris Rn. 18).
Für Einpersonenhaushalte, wie im Fall des Klägers, sehen sowohl der Abschnitt I VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen als auch IV. Nr. 1 Buchst. a Satz 2 RL gMW v. 22.11.2016 eine Wohnfläche von 45 m² als angemessen vor. Es wird nach der Rechtsprechung des BSG normativ und unabhängig von den konkreten örtlichen Gegebenheiten festgelegt, welche Wohnungsgrößen für Hilfebedürftige abstrakt als angemessen anzusehen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R – juris Rn. 16). Es erfolgt im Rahmen der Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße durch das BSG im Grundsatz keine Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Festlegung der abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen bzw. der Verfügbarkeit derartigen Wohnraums. Die Prüfung der konkreten Verfügbarkeit wird vielmehr erst vorgenommen, wenn feststeht, dass die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete übersteigen (so auch SächsLSG, Urteil vom 19.12.2013 – L 7 AS 637/12 – juris Rn. 100).
- Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zur Bestimmung des einfachen Standards den A....er Wohnungsmarkt – nach Ausscheiden des untersten Standards und nach einer Extremwertkappung in Abgrenzung zum Luxuswohnraum – in drei, am Mietpreis je m² gemessene Sektoren des unteren, mittleren und gehobenen Standards aufgeteilt hat. Das bedeutet, dass jede dritte, im bereinigten Datenbestand erfasste Wohnung im Flächenkorridor von 40 m² bis 50 m² den Grenzwert der Nettokaltmiete zwischen unterem und mittleren Segment (Kappungsgrenze) unterschreitet.
Um einen angemessenen Standard i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aufzuweisen, muss eine Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. BSG, Urteile vom 17.09.2020 – B 4 AS 11/20 R – juris Rn. 17 und vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – Rn. 15 m.w.N.). Die Festlegung des unteren Marktsegments ist zuvorderst in die Hände der Verwaltung gelegt. Denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen.
Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, gehören demgegenüber von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung von Wohnungsdaten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet (vgl. BSG, Urteile vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 21, vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R – juris Rn. 29, vom 13.04.2011 – B 14 AS 85/09 R – juris Rn. 23 und vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R – juris Rn. 14). Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad sind insbesondere Wohnungen mit Ofenheizung und Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC), in denen sich die Bewohner nur mit fließendem Wasser am Waschbecken (sei es in WC oder Küche) waschen, aber nicht duschen können (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 24), Wohnungen ohne Heizung, ohne Bad, ohne Warmwasser im Bad (vgl. BSG, Urteil vom 12.2011 – B 4 AS 19/11 R – juris Rn. 28), Wohnungen, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 21; vgl. zusammenfassend auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2023 – L 32 AS 1888/17 – juris Rn. 64).
Die Stadt A.... hat die Datensätze des Mietspiegels 2016 ausgewertet. Nach dessen Erläuterungen und nach dem Inhalt der streitigen KdU-Richtlinie 2018 wurden bereits bei der Erstellung des Mietspiegels Wohnungen ausgeschieden, die entweder Wohnungen ohne Bad oder Sammelheizung waren bzw. deren Miete weniger als 2,50 EUR/m² betrug, sowie „Ausreißer“ mit einer Wohnraummiete von mehr als 11,00 EUR/m² (vgl. zur Zulässigkeit der Eliminierung von „Ausreißern“ im Wege einer Extremwertkappung: BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R – juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.11.2021 – L 7 AS 1790/20 ZVW – juris Rn. 53). Der Beklagte hat zudem im Berufungsverfahren bestätigt, dass in die Auswertung der für die Ermittlung der Angemessenheitswerte herangezogenen Datensätze für Wohnungen zwischen 40 m² und 50 m² kein Wohnraum mit Substandard entsprechend der vorgenannten Kriterien der Rechtsprechung einbezogen war. Gegenteiliges ist dem Senat nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht behauptet worden.
Mit ihrem Vorgehen zur Ermittlung der Kappungsgrenze zwischen einfachem und mittlerem Standard und damit der Abgrenzung des einfachen Wohnungsstandards vom untersten und mittleren Standard unterstellen die Stadt A.... und der Beklagte, dass nach Ausscheiden des Substandards und von Luxuswohnraum mit einer Miete von mehr als 11,00 EUR je m² – allein orientiert an der Nettokaltmiete – 1/3 des vorgenannten Wohnungsbestandes das maßgebliche untere Preissegment darstellt (sog. 33 1/3 Perzentil). Dem liegt die schlüssige und daher im Rahmen der zuerkannten Einschätzungsprärogative zu akzeptierende Annahme zugrunde, dass sich in der Nettokaltmiete alle Wohnwertmerkmale als mietpreisbestimmende Faktoren spiegeln; die einfache Wohnung wird als die billige Wohnung definiert (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.03.2021 – L 12 AS 1846/17 – juris Rn. 43 und Urteil vom 16.08.2018 – L 19 AS 2334/17 – juris Rn. 84; zudem Institut Wohnen und Umwelt [IWU], Forschungsbericht 478: Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, erstellt von v. Malottki u.a., hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS], 2017, S. 200 [Forschungsbericht 478], https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-478-niedrige-aufloesung.pdf?__blob=publicationFile&v=2; abgerufen am 19.12.2023; vgl. auch BSG Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R – juris Rn. 20, das als einen der für die Angemessenheit maßgeblichen Faktoren den "im Quadratmeterpreis ausgedrückte[n] Wohnungsstandard" nennt). Dementsprechend hat es das BSG nicht beanstandet, dass für ein gerichtlich aufgestelltes Konzept auf die Grenze "20%" zurückgegriffen wurde, weil es einer Orientierung an den unteren 20 Prozent der Einkommensbezieher entspreche (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 37). Insofern hält es der Senat auch für folgerichtig und schlüssig, wenn der Beklagte sich darauf bezieht, dass nach dem öffentlich zugänglichen statistischen Quartalsbericht A.... III/2014, Stand 20.09.2014 und dem ebenfalls frei zugänglichen Geschäftsberichtes Sozialamt A.... 2013, Stand Juli 2014, die Zahl aller SGB II-Empfänger 70.575 Personen, der SGB XII-Bezieher 4.461 Personen und der Wohngeldempfänger 10.353 Personen betragen habe, was im Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl von 546.939 Menschen einen Anteil von 15,6 Prozent ausmachte und damit auch unter Berücksichtigung weiterer einkommensarmer Haushalte ohne Transferleistungen das einfache Segment mit 33 1/3 sachgerecht festgelegt worden sei. Eine relevant abweichende negative Entwicklung des Anteils einkommensschwacher Haushalte in A.... ist für das Jahr 2018 nicht ersichtlich. Eine an den einkommensschwachen Haushalten orientierte Perzentil-Bildung zur Bestimmung des einfachen Standards hat im Übrigen auch der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts grundsätzlich für sachgerecht gehalten (vgl. SächsLSG, Urteil vom 01.07.2017 – L 7 AS 917/14 – Rn. 59).
- Das Konzept des Beklagten und der Stadt A.... zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete ist überwiegend schlüssig, insbesondere hinsichtlich der Vergleichsraumbildung, der Repräsentativität des Datenmaterials, der Bildung der Flächenkorridore und der Berechnung der Kappungsgrenze (dazu unter a).
Zu beanstanden ist jedoch, dass anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung nicht vollständig eingehalten werden (dazu unter b). Den daraus folgenden Mangel hat der Beklagte zwar hinsichtlich der Berücksichtigung des Konfidenzintervalls im gerichtlichen Verfahren eingeräumt, ihn allerdings weder durch eine Nachbesserung des Konzeptes beseitigt, noch den weitergehenden Bedarf des Klägers anerkannt. Vielmehr hat er zuletzt – im Ergebnis unzutreffend – behauptet, der Fehler sei nicht derart schwerwiegend, dass die Schlüssigkeit insgesamt in Frage gestellt werden könne. Der Senat beseitigt diesen Mangel durch Neubestimmung der angemessenen Nettokaltmiete unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalls mit der Folge, dass die angemessene Nettokaltmiete für eine 45 m² große Referenzwohnung i.S.d. KdU-Richtlinie 2018 4,8921 EUR/m² beträgt.
Die hier streitige Verwaltungsrichtlinie des Beklagten hat darüber hinaus nicht hinreichend aktuelles Datenmaterial verwendet (dazu unter c). Insbesondere die erkennbare Preisentwicklung zwischen Erhebungszeitpunkt und Anwendungszeitraum der Richtlinie hätte eine Aktualisierung erforderlich gemacht. Auch insoweit fehlt es an einer ordnungsgemäßen Nachbesserung des Konzeptes durch den Beklagten und die Stadt A..... Der Senat kann den Mangel des Konzeptes allerdings wiederum selbst beseitigen und die Mietentwicklung unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes für die Jahre 2016 und 2017 fortschreiben, sodass eine angemessene Nettokaltmiete von 4,99 EUR/m² festzusetzen ist. Eines Rückgriffes auf gesetzliche Vorschriften des Wohngeldrechts bedarf es nicht.
Nach der Rechtsprechung des BSG soll das vom Jobcenter zu erarbeitende, schlüssige Konzept die Gewähr dafür bieten, dass dem Angemessenheitswert die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Es ist im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Es kann verschiedene Methoden geben, um ein schlüssiges Konzept in diesem Sinne zu erstellen und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf. mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB II noch aus §§ 22a bis 22c SGB II die Anwendung eines bestimmten Verfahrens rechtlich zwingend ableitbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 – B 14 AS 24/18 R – Rn. 25 m.w.N. insbesondere unter Bezug auf den Forschungsbericht 478; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.12.2021 – L 32 AS 579/16 – juris Rn. 45).
Trotz der damit vom BSG betonten Methodenvielfalt ist ein Konzept aber nur dann schlüssig, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Es muss mindestens folgende Voraussetzungen erfüllen:
- die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete <Vergleichbarkeit>, Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
(st. Rspr. unter anderem BSG, Urteile vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 19, 26, vom 30.01.2019 – B 14 AS 24/18 R – Rn. 24 und vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 19; vgl. zudem § 22a Abs. 3, § 22b Abs. 1, 2, § 22c Abs. 1 SGB II).
Ob diese Vorgaben eingehalten sind, ist Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist insbesondere die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung sowie die Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung, wobei es dafür nicht zwingend eines Sachverständigengutachtens bedarf, vielmehr auch die Mitwirkung des Jobcenters genügen kann. Findet eine solche Prüfung nicht statt, fehlt es an systematisch gewonnenen abstrakten Maßstäben, die die Anwendung des Konzeptes rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 11/20 R – juris Rn. 23). Anderseits handelt es sich bei einem behördlichen Konzept zur Bestimmung angemessener Unterkunftsbedarfe um ein Verwaltungsgutachten und damit um einen Urkundenbeweis. Ein solches Gutachten kann – ggf. nach weiterer Erläuterung durch die Ersteller des Konzepts – auch alleinige Entscheidungsgrundlage sein, soweit es dem Tatsachengericht überzeugend erscheint und im gerichtlichen Verfahren nicht schlüssig in Frage gestellt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 24 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 25/17 R – Rn. 14 und Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 128 Rn. 7 f m.w.N.)
- Die Bestimmung des Vergleichsraumes ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte und die Stadt A.... haben in Auswertung der Datensätze des am 15.11.2017 vom Stadtrat beschlossenen Mietspiegels 2016 Wohnraumdaten erhoben, die sich auf die gesamte Stadt A.... und damit auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beziehen.
Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis zum 30.06.2022 geltenden Fassung zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt. Er ist ein, ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person, bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 30.01.2019 – B 14 AS 11/18 R – juris Rn. 21 und 22 m.w.N. aus der Rspr.).
Angesichts des strukturell dicht vernetzten Stadtgebietes in A.... spricht aus Sicht des Senates nichts dagegen, den Vergleichsraum auf den gesamten Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu bestimmen (vgl. auch SächsLSG, Urteil vom 19.12.2013 – L 7 AS 637/12 – juris Rn. 102 und nachgehend BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – juris zur Landeshauptstadt Dresden). Auch wenn in der Stadt A.... im Jahr 2018 rund 588.000 Einwohner auf einer Gesamtstadtfläche von rund 30 Hektar gelebt haben, besteht kein zwingender Anlass für eine Aufteilung des Zuständigkeitsbereiches des Beklagten in mehrere Vergleichsräume. Die zehn Stadtbezirke bilden ein zusammenhängendes und in sich homogenes Gemeindegebiet. Die Stadt A.... weist mit den A....er Verkehrsbetrieben (vgl. https://www.l.de/verkehrsbetriebe/) ein dichtes öffentliches Personennahverkehrsnetz auf. Mit diesem kann bei einer größten Nord-Süd-Ausdehnung von 23,4 km sowie einer größten Ost-West-Ausdehnung von 21,3 km jeder Teil der Stadt in einem mit dem Tagespendelbereich vergleichbaren Zeitraum problemlos erreicht werden (vgl. zu den geografischen und den Bevölkerungsangaben https://de.statista.com/statistik/daten/studie/322520/umfrage/entwicklung-der-gesamtbevoelkerung-in-leipzig/ und Statistisches Jahrbuch 2018, S. 3 und 7; https://static.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.1_Dez1_Allgemeine_Verwaltung/12_Statistik_und_Wahlen/Statistik/Statistisches_Jahrbuch_A-Stadt_2018.pdf; jeweils abgerufen am 19.12.2023). Dies gilt umso mehr als es das BSG für die deutlich größeren Städte München und Berlin (vgl. BSG, Urteile vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – juris Rn. 21 und vom 19.10.2010 – B 14 AS 65/09 R – juris Rn. 24) unbeanstandet gelassen hat, dass diese als einheitlicher Vergleichsraum angesehen wurden. Auch in A.... wirkt die Bewertung des gesamten Stadtgebietes als einheitlicher Vergleichsraum zudem einer Ghettoisierung einzelner Stadtbereich, insbesondere der Plattenbaugebiete in den Stadtteilen Grünau, Paunsdorf und Lößnig entgegen.
Es ist auch grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Stadt A.... zur Erstellung des Konzeptes die Datensätze des Mietspiegels 2016 der Stadt A.... ausgewertet und zur Grundlage der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete gemacht hat.
Die möglichen Erkenntnisquellen sind mit der Regelung des § 22c Abs. 1 SGB II beispielhaft vorgegeben. Insoweit nennt der Katalog des § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II als Erkenntnisquellen für die Bestimmung des Angemessenheitswerts Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken. Dass der Gesetzgeber diese Erkenntnisquellen allgemein für geeignet angesehen hat, Grundlage der Festlegung von Angemessenheitswerten zu sein, ergibt sich aus der Formulierung des § 22c Abs. 1 Satz 1 SGB II. Soweit in ihnen keine Daten zusammengefasst sind, die sich auf die Betriebskosten als Teilelement abstrakt angemessener Unterkunftskosten beziehen, eröffnet § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zudem die Möglichkeit, auf andere örtliche oder ggf. überörtliche Betriebskostenübersichten (z.B. den vom DMB für das gesamte Bundesgebiet aufgestellten Übersichten) zurückgreifen. Falls es zur zeitnahen Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum erforderlich ist, können rechnerische Korrekturen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 40/19 R – juris Rn. 25 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 29).
Die dem A....er Mietspiegel 2016 zugrundeliegenden 2.729 Datensätze von Wohnungen stellen eine ausreichend große und die relevanten Verhältnisse ausreichend widerspiegelnde Stichprobe dar (vgl. zu dessen Aussagekraft BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – Rn. 35 juris). Der Senat folgt der Grundsatzentscheidung des BSG, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 65/09 R – juris Rn. 29). Damit ist zwar die Konsequenz verknüpft, dass bei der Auswertung von Mietspiegeldaten keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen. Das Fehlen von aktuellen Angebotsmieten wirkt sich insbesondere bei dynamischer Entwicklung dämpfend auf die Mietpreisgrenzen aus. Diese Wirkung wird aber dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (§ 558 Abs. 2 BGB, im Fall des A....er Mietspiegels 2016 die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2015). Damit wird erreicht, dass immer noch hinreichend aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 – B 4 AS 44/14 und 45/14 R – juris jeweils Rn. 22). Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (z.B. Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird (vgl. hierzu dem Geltungsbereich des Mietspiegels, auch BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 30).
Zum anderem ist mit dem alleinigen Rückgriff auf Mietspiegeldaten verbunden, dass Wohnungen nicht erfasst werden, welche mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten gefördert werden und deshalb einer Begrenzung der Miethöhe unterliegen, obwohl im Rahmen der Kosten der Unterkunft grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen ist, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 – juris Rn. 22). Insofern kann offenbleiben, ob in der Stadt A.... im hier maßgeblichen Segment der Wohnungen für Einpersonenhaushalte geförderter Wohnraum in relevantem Umfang vorhanden ist und ob dessen Außerachtlassung Auswirkungen auf den angemessenen Nettokaltmietpreis hätte.
Die repräsentative Wirkung der vom Beklagten im streitigen Fall herangezogenen Daten-sätze ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Beklagte bei der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete für eine 45 m² große Referenzwohnung lediglich noch 419 Wohnungen in einem Flächenkorridor zwischen 40 m² und 50 m² ausgewertet hat.
Repräsentativität der Daten setzt in Anlehnung an mietrechtliche Grundsätze voraus, dass ein realistisches Abbild des Wohnungsmarkts geliefert werden muss, für den das Konzept gelten soll. Um dies zu gewährleisten, müssen in der Regel eigenständige Primärerhebungen auf der Basis von Zufallsstichproben durchgeführt werden, sodass jede Wohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein. Es muss zudem sichergestellt werden, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe annähernd im gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind. Dies gewährleistet der Rückgriff auf die Mietspiegeldaten (vgl. BSG vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 34 ff unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/4553 S. 57 zu § 558d BGB).
Hinsichtlich der Stichprobengröße sind die Anforderungen an den Stichprobenumfang abhängig insbesondere von der Größe und Struktur des Wohnungsmarkts (homogener oder eher heterogener Wohnungsbestand mit der Folge einer erheblichen Mietendifferenzierung) und der konkreten Ausgestaltung des Konzepts. Wie hoch die "Ergebnisstichprobe", also die letztlich verwertbare Datenbasis, danach sein muss, kann nicht generell festgelegt werden. Die Aussagekraft einer Stichprobe hängt in erster Linie davon ab, wie verlässlich sie die Grundgesamtheit abbildet und nicht von ihrem Umfang (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 25 unter Verweis auf Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 2. Aufl. 2013, Rn. 564 und von Malottki, info also 2012, 99, 103). Insofern ist es schon nicht zwingend notwendig, dass mindestens 1 Prozent des Wohnungsbestandes im hier interessierenden Flächenkorridor ausgewertet worden sein muss.
Das Gutachten, das die 16. Kammer des Sozialgerichts Leipzig im Verfahren S 16 AS 2262/15 von Prof. Dr. D...., Lehrstuhl für Statistik und ihre Anwendungen in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften am Institut für Statistik der Y....-Universität D.... eingeholt hat, gibt hierzu Aufschluss. Zwar bezogen sich die statistischen Aussagen auf die Auswertung der Mietspiegeldaten des Mietspiegels 2014 durch die Stadt A..... Aus den gutachterlichen Äußerungen (vgl. insbesondere Seite 3 des Gutachtens vom 17.01.2018), die der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich nachvollzieht, ergibt sich aber, dass die hier wie dort gewählte Stichprobe grundsätzlich geeignet und ausreichend ist, um auf die Gesamtheit des Wohnungsbestandes zu schließen, weil die Stadt A.... dieselbe statistische Methode zur Anwendung gebracht hat. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass im Prinzip jeder Umfang einer Stichprobe ausreichend sein kann, sofern das im Vorfeld geforderte Maß an Genauigkeit eingehalten wird. Genauigkeit bemisst sich vielmehr in der Angabe des statistischen Fehlers. Diese Angabe erlaubt es, die Genauigkeit der Ergebnisse zu beurteilen, sodass bemessen werden kann, inwieweit die aus den Daten berechneten Größen zufällig um den wahren Wert in der Population herum schwanken. Die Grundannahme dabei ist, dass jede Datenerhebung zufällig ist. Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass zufällig Wohnungen ausgewählt worden sind, aus denen dann relevante Größen berechnet wurden. Die berechneten Größen schwanken um den wahren Wert, den man bei einer Vollerhebung ermitteln würde. Die zufällige Schwankung von Größen kann statistisch quantifiziert werden, wobei gilt, je größer die Stichprobe ist, desto kleiner ist die zufällige Streuung der berechneten Größe. Je kleiner die Stichprobe wird, desto größer ist demgegenüber die Ungenauigkeit. Diese wird durch ein sogenanntes Konfidenzintervall quantifiziert, wobei üblicherweise mit einem 95prozentigen Vertrauensniveau gearbeitet wird. Dies bedeutet, mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent liegt der unbekannte, aber interessierende Wert in der Population innerhalb des aus der Stichprobe berechneten Konfidenzintervalls (vgl. Seite des 3 des Gutachtens vom 17.01.2018, so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 11.07.2012 – L 16 AS 127/10 – juris Rn. 200).
Es ist auch rechtlich zulässig und im konkreten Fall nicht zu beanstanden, für die Auswertung „Flächenkorridore“ zu bilden, um einen hinreichend großen Datensatz für die Bestimmung des angemessenen Nettomietzinses für eine 45 m² große Wohnung zu erlangen (vgl. insb. BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 26 <Dresden>; Krauß in: Hauck/Noftz SGB II, Stand: 01/2021, § 22 Rn. 135).
Der Sachverständige Prof. Dr. D.... hat, bezogen auf das Konzept des Beklagten und der Stadt A.... aus dem Jahr 2014 festgestellt, dass der darin gewählte Flächenkorridor von +/-5 m² um 45m² zwar nicht optimal im statistischen Sinne sei, gleichwohl aber plausibel, mithin mathematisch-statistisch vertretbar. Die vom Sozialgericht im anderen Verfahren in den Raum gestellte Bildung eines Flächenkorridors zwischen 20 m² und 45 m², mithin eines einseitigen Flächenkorridors hat der Sachverständige nachvollziehbar wegen der Gefahr von Fehlern und Verzerrungen als statistisch fehlerhaft verworfen.
Im hier streitigen Konzept hat der Beklagte die methodischen Ansätze aus dem vorangegangenen Konzept fortgeführt und lediglich die Datengrundlage durch Anwendung des Mietspiegels 2016 und des Betriebskostenspiegels für A.... 2014, Berichtsjahr 2016 erneuert, sodass unter Beachtung der Methodenvielfalt kein Anhalt dafür besteht, das Konzept insoweit für mathematisch-statistisch fehlerhaft zu erklären. Der Sachverständige hat zwar ausgeführt, dass in Anwendung des sog. Kernregressionsverfahrens eine abweichende Gewichtung der erfassten Wohnungen optimaler sei. Wohnungen mit 45 m² erhielten danach das Gewicht 1. Wohnungen mit einer Größe nahe bei 45 m² erhielten lediglich ein Gewicht kleiner als 1, wobei das Gewicht kleiner werden müsse, je weiter die Wohnfläche von der Zielgröße 45 m² abweiche. Demgegenüber habe der Beklagte alle Wohnungen im Korridor statistisch gleich gewichtet. Nach entsprechender Auswertung wurde jedoch gutachterlich zugleich festgestellt, dass beide Gewichtungsvarianten im Wesentlichen gleich gut und damit auch gleich genau sind (vgl. zu allem Seiten 5 und 6 des Gutachtens vom 17.01.2018). Der Senat folgt diesen schlüssigen Ausführungen des schriftlichen Gutachtens und hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen auch für das hier streitige Konzept.
Ausgehend von der – wie ausgeführt – nicht zu beanstandenden Annahme des Beklagten, der A....er Wohnungsmarkt teile sich in drei gleichgroße und ausschließlich am Mietpreis zu messende Wohnungssegmente des unteren, mittleren und gehobenen Standards auf (sog. „33 1/3-Perzentil“), hat der Beklagte für den daraus für Wohnungen mit einer Wohnfläche von 45 m² folgenden Eckwert (also die vom Nettomietpreis je m² teuerste Wohnung im ersten der drei Segmente) die Nettokaltmiete je m² mit 4,78 EUR errechnet. Berechnungsfehler sind insoweit weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
- Der Sachverständige Prof. Dr. D.... hat im beigezogenen Gutachten zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beklagte bereits im Rahmen des „schlüssigen Konzeptes“ aus dem Jahr 2014 die zuvor erörterten Schwankungsbreiten nicht angegeben hat, obwohl dies notwendig war. Der Gutachter hat deshalb überzeugend dargelegt, dass anstelle des vom Beklagten ermittelten Eckwertes der Nettokaltmiete am sog. 33 1/3 Perzentil notwendig der Wert des oberen Konfidenzintervalls anzusetzen ist, um statistische Variation zu inkludieren (vgl. Seite 9 des Gutachtens vom 17.01.2018), was zu einer Verschiebung des Eckwertes zugunsten des Klägers führt. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf diese Ausführungen vertritt, es bedürfe für die Schlüssigkeit der KdU-Richtlinie 2018 der Berücksichtigung des Konfidenzintervalls nicht, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Den gutachterlichen Ausführungen ist vielmehr zu entnehmen, dass es aus statistisch-methodischer Sicht – insbesondere in Anbetracht der eingeschränkten Größe des Datensatzes – zwingend geboten ist, die Schwankungsbreiten zu berücksichtigen, um einen validen statistischen Wert zu erhalten (vgl. hierzu Seiten 3 und 8 des Gutachtens vom 17.01.2018). Der Sachverständige hatte lediglich seine Kritik insoweit einschränkt, dass das Außerachtlassen des Konfidenzintervalls nicht überraschend sei, weil die Berechnung von Konfidenzintervallen von Perzentilschätzern kompliziert sei und nur mit spezialisierter Software durchgeführt werden könne (vgl. Seite 8 des Gutachtens vom 17.01.2018). Dies beinhaltet aber keinesfalls die Aussage, dass für die Schlüssigkeit des Konzeptes auch auf das Konfidenzintervall verzichtet werden könne.
Da auch das hier streitige Konzept des Jahres 2018 keine Schwankungsbreiten berücksichtigt hat, mithin dem Beklagten wie auch im Jahr 2014 insoweit ein mathematisch-statistischer Fehler in seiner Konzeptionierung unterlaufen ist, hat der Beklagte selbst eine erneute Berechnung vorgenommen. Grundlage für die Ermittlung des Konfidenzintervalls durch die Stadt A.... ist dabei das Vorgehen von Jukka Nyblom (vgl. Nyblom, J.... 1992. “Note on Interpolated Order Statistics.” Statistics and Probability Letters 14: 129–31. 10.1016/0167-7152(92)90076-H.), implementiert im R-Paket quantileCI (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/016771529290076H). Einwände gegen die Berechnung wurden nicht erhoben. Der Senat sieht keinen Anlass, den mathematisch-statistischen Ansatz des Beklagten in Zweifel zu ziehen und erneut sachverständig prüfen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 11/20 R – juris Rn. 23), zumal sich die Abweichungen in ihrem Ausmaß im Wesentlichen mit den Werten des Sachverständigen im Verfahren S 16 AS 2262/16 decken, der eine andere Berechnungsmethode verwendet hatte.
Demnach ergibt sich, dass das anzusetzende obere Konfidenzintervall bei 4,8921 EUR/m² liegt, sodass bereits deshalb eine Abweichung je Quadratmeter angemessenen Wohnraum von 0,11 EUR/m² zugunsten des Klägers festzustellen ist.
- Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass die Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete auch deshalb mängelbehaftet ist, weil der Beklagte und die Stadt A.... für die Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten im Zeitraum ab 01.04.2018 Datenmaterial zum Stichtag des 01.01.2016 verwendet haben. Dies deshalb, weil insbesondere im Jahr 2017 ein Nettokaltmietanstieg der Angebotsmieten von 7,6 Prozent zu verzeichnen war, der selbst unter Beachtung des methodischen Ansatzes, Mietspiegeldaten auszuwerten, relevante Auswirkungen auf dem Angemessenheitswert hat und damit von der Beklagtenseite nicht unberücksichtigt bleiben durfte.
Wie bereits dargelegt entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass Konzepte nur dann schlüssig sind, wenn sie eine zeitnahe Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum widerspiegeln. Ermöglicht die zur Verfügung stehende Datengrundlage dies nicht, können rechnerische Korrekturen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 40/19 R – juris Rn. 25 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 29). Zur Notwendigkeit der Aktualität des Datenmaterials hat das BSG bereits im Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 16 bis 18 folgendes ausgeführt:
„(..) Bezogen auf die Aktualität der Daten, die schlüssigen Konzepten zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde liegen, haben die beiden Senate des BSG für die Grundsicherung für Arbeitsuchende bislang keine generellen zeitlichen Grenzen gezogen, nach deren Ablauf in früheren Zeiträumen erhobene Daten nicht mehr zur Erstellung schlüssiger Konzepte herangezogen werden können. Das BSG hat zwar betont, dass ein schlüssiges Konzept, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit ausfüllen zu können, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts möglichst zeit- und realitätsgerecht erfassen müsse (BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24 mwN; BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 29 im Zusammenhang mit Satzungsregelungen). Es ist aber auch zum Ausdruck gebracht worden, dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzepts nach § 22 Abs. 1 SGB II zugrunde gelegten Datenmaterials - je nach gewählter Methodik unter Berücksichtigung der "Methodenfreiheit" der Grundsicherungsträger - auch bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG; vgl. dazu BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) im Bereich des Wohnens Grenzen gesetzt sein können, die in vertretbarem Umfang hingenommen werden müssen. Ausdrücklich anerkannt wurde der Rückgriff allein auf die hinter einem auf Mietspiegel liegenden Daten. Hierbei handelt es sich um solche Bestandsmieten, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl. nur BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr. 30 mwN; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris, RdNr. 29; BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 85 RdNr. 22). Der Senat hat betont, es müsse hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem aktuellsten Stand seien, solange den örtlichen Verhältnissen entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgten (BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 30).
Insofern sind nunmehr - wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 6.10.2017 (1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15) ausgeführt hat - die vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.4.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eingefügten Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu beachten. Mit der Regelung des § 22c Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Kreise und kreisfreien Städte insbesondere Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken (Nr. 1) und geeignete eigene statistische Datenerhebungen und -auswertungen oder Erhebungen Dritter (Nr. 2) einzeln oder kombiniert berücksichtigt werden sollen, wird ausdrücklich auf die Möglichkeit Bezug genommen, Bestandsmieten mit der zeitlichen Rückwirkung von Mietspiegeldaten bei der Erstellung schlüssiger Konzepte heranzuziehen. Allerdings sollen in die Auswertung neben den Bestandsmieten auch Neuvertragsmieten einfließen (§ 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II). § 22c Abs. 2 SGB II bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen müssen. Hierzu hat das BVerfG nunmehr betont, dass der Gesetzgeber mit den §§ 22a bis 22c SGB II die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch das BSG gesetzlich nachvollzogen habe. Trotz verbleibender Entscheidungsspielräume werde die Auslegung des § 22 Abs. 1 SGB II durch das Regelungssystem der §§ 22a bis 22c SGB II gesetzlich begrenzt (BVerfG vom 6.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 - juris RdNr. 17).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konkretisiert der Senat seine bisherige Rechtsprechung zur Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte dahin, dass innerhalb des Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem "Inkraftsetzen" eines Konzepts für angemessene Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger eine Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte regelmäßig nicht erfolgen muss; der SGB II-Träger kann in dieser Zeitspanne weiterhin das erhobene Datenmaterial zugrunde legen. Andererseits muss nach Ablauf des Zweijahreszeitraums eine Überprüfung und gegebenenfalls neue Festsetzung, zunächst durch den Grundsicherungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit, erfolgen (vgl. hierzu unter 3.). Bezogen auf den Bewilligungszeitraum bis Ende 2011 liegt ein solcher Regelfall ohne Verpflichtung zur Überprüfung und Neufestsetzung der ermittelten Referenzmiete vor. Ausgangspunkt der Berechnung des Zweijahreszeitraums ist das "Inkraftsetzen" des Konzepts des Beklagten vom 26.12.2009 zum 1.1.2010. Es besteht - als weiteres Erfordernis - auch ein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Ende der Datenerhebung und -auswertung, weil neben den Bestandsmieten aus den Mietspiegeldaten auch Angebotsmieten ab dem Jahr 2008 bis zu den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 einbezogen worden sind. (..)“
Somit ist es zwar hinzunehmen, dass in die Datenauswertung Bestandsmieten eingeflossen sind, die letztmalig zwischen dem 01.01.2012 und dem 31.12.2015 geändert worden sind. Allerdings fehlt es vorliegend an einer zeitnahen Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie 2018 nach Datenerhebung und -auswertung. Hierbei hat der Senat in den Blick genommen, dass die Datenerhebung für den Mietspiegel 2016 in der Zeit von Februar bis Mai 2016 erfolgt ist. Redaktionsschluss für den Mietspiegel war der 22.12.2016. Der Mietspiegel wurde gleichwohl erst im November 2017, mithin fast ein Jahr nach Redaktionsschluss und 1,5 Jahre nach Datenerhebung in Kraft gesetzt. Die Bewilligungsabschnitte, für die das Datenmaterial Geltung beansprucht, begannen sogar erst rund zwei Jahre nach der Datenerhebung. Bezogen auf den Stichtag der Datenerhebung besteht damit ein zeitlicher Versatz von zwei Jahren und drei Monaten. Dementsprechend haben einerseits auch Mieten den Angemessenheitswert beeinflusst, die sechs Jahre und drei Monate vor dem streitigen Bewilligungszeitraum neu begründet oder letztmalig geändert worden sind. Gänzlich unberücksichtigt geblieben sind zudem Mieten, die zwischen dem 02.01.2016 und März 2018 geändert bzw. neu begründet worden sind. Dies führt dazu, dass derartiges Datenmaterial nicht mehr die Anforderungen an eine zeitnahe Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum erfüllt.
Auch sieht § 21 Abs. 2 der am 28.10.2021 in Kraft getretenen Verordnung über den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung und zur Anpassung von Mietspiegeln sowie zur Konkretisierung der Grundsätze für qualifizierte Mietspiegel (Mietspiegelverordnung - MsV) vor, dass die Veröffentlichung des qualifizierten Mietspiegels binnen einer Frist von neun Monaten nach dem Stichtag, auf den sich die Erhebung bezieht, erfolgen soll. Da die Datenerhebung und Datenauswertung für einen Mietspiegel in größeren Gemeinden regelmäßig mehr Zeit beansprucht als in kleineren Gemeinden, wurde vom Verordnungsgeber eine Frist von neun Monaten bestimmt. Auch wenn es sich der Sache nach um eine Ordnungsvorschrift handelt, also später veröffentliche Mietspiegel weder unwirksam sind, noch ihren Status als qualifizierte Mietspiegel verlieren (BR-Drucks. 766/20, S. 46) und der Vorschrift auch keine Rückwirkung zukommt, hat der Verordnungsgeber gleichwohl zum Ausdruck gebracht, dass qualifizierte Mietspiegel möglichst aktuelle Werte ausweisen müssen (vgl. dazu BeckOK MietR/Theesfeld-Betten, 33. Ed. 01.08.2023, MsV, § 21 Rn. 6 und 7), anderenfalls die Vermutungswirkung gefährdet sein kann (vgl. insoweit die aktuellen Fassung von § 558d Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB, wonach vermutet wird, dass der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde, wenn er den Anforderungen entspricht, die eine nach § 558c Abs. 5 BGB erlassene Rechtsverordnung [hier die MsV] an qualifizierte Mietspiegel richtet oder die nach Landesrecht zuständige Behörde und Interessenvertreter der Vermieter und der Mieter den Mietspiegel als qualifizierten Mietspiegel anerkannt haben).
Demnach musste der Beklagte spätestens zum 31.12.2016 eine Überprüfung der Aktualität und gegebenenfalls eine Aktualisierung der anhand der Datensätze ermittelten Angemessenheitswerte ernsthaft in Betracht ziehen. Dies deshalb, weil zwischen der Datenerhebung und der Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie 2018 ein nicht unberücksichtigt zu lassender Anstieg sowohl der Angebots- als auch der Bestandsmieten festzustellen ist, der zu einer Überprüfung und nachträglichen Anpassung der Ergebnisse gezwungen hätte. Eine solche Aktualisierung könnte nur unterbleiben, wenn sich keine konkreten Anhaltspunkte für die Feststellung eines zwischenzeitlichen extremen Anstiegs der Wohnungsmieten ergeben oder wenn die Beobachtung des Wohnungsmarktes ergibt, dass keine dynamische Preisentwicklung vorliegt (vgl. SächsLSG, Urteil vom 07.12.2021 – L 7 AS 547/17 – juris Rn. 133; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.05.2014 – L 6 AS 146/13 – juris Rn. 76).
Das in das Verfahren einbezogene Gutachten „Wohnungsmärkte in Sachsen“ der empirca AG vom 13.09.2019 im Auftrag des Sächsischen Staatsministerium des Innern weist im Zeitraum von 2012 bis 2018 im Median aber einen Anstieg der Angebotsmieten (nettokalt) von 36 Prozent auf. Auch wenn die Mieten im Bundesvergleich in absoluten Zahlen vergleichsweise günstig waren (vgl. Seite 55 des Gutachtens), verzeichneten die Gutachter allein für das Jahr 2017 einen Anstieg der Angebotsmieten in A...., die im Jahr 2018 im Median bei 6,79 EUR/m² lagen (vgl. Seite 56 des Gutachtens), von 7,6 Prozent. Damit sei der Mietanstieg im Jahr 2017 in A.... einer der höchsten in ganz Deutschland gewesen. In keiner vergleichbaren Stadt sei der Anstieg höher gewesen. Nur in Berlin und München waren demnach die Mieten prozentual höher gestiegen (vgl. zu allem Seite 54 des Gutachtens).
Aus dem Sozialreport der Stadt A.... für das Jahr 2022 geht hervor, dass bei der Steigerung der Kaltmieten Unterschiede zwischen den verschiedenen Baualtersklassen zu verzeichnen waren. Die ermittelten Angebotsmieten (kalt) seien im Schnitt seit dem Jahr 2016 bis zum Jahr 2021 um insgesamt 25,2 Prozent (also im Durchschnitt 4,2 Prozent pro Jahr) gestiegen. Unterschiede bestünden zwischen den verschiedenen Baualtersklassen. Der niedrigste Anstieg sei im vorgenannten Zeitraum mit 12,9 Prozent bei Wohnungen der Baualtersklasse ab 2015 zu verzeichnen gewesen. Die prozentualen Steigerungen der Mietpreisangebote in den letzten fünf Jahren hätten in den Baualtersklassen vor 1919 bei 26,2 Prozent, bei Wohnungen, die zwischen 1919 und 1945 errichtet worden sind, bei 19,9 Prozent sowie bei Wohnungen der Jahre 1946 bis 1960 bei 19,8 Prozent gelegen. Am deutlichsten seien die Angebotsmieten für den Zeitraum 2016 bis 2021 in den Beständen der Baualtersklasse 1961 bis 1990 mit einem Plus von 26,9 Prozent (= durchschnittlich 4,48 Prozent pro Jahr) gestiegen. Im Betrachtungszeitraum der letzten fünf Jahre seien in den beiden Baualtersklassen ab dem Jahr 2005 demgegenüber zwischenzeitliche Rückgänge bei den Angebotsmieten zu verzeichnen gewesen. So sei die Angebotsmiete der Baualtersklasse 2005 bis 2014 zwischen 2016 und 2017 von 10,00 EUR/m² auf 8,89 EUR/m² gesunken. In der jüngsten Baualtersklasse (ab dem Baujahr 2015) hätten die angebotenen Mieten in den vergangenen Jahren zwischen 10,06 EUR/m² und 11,36 EUR/m² geschwankt. Nach Rückgängen in den Jahren 2015 zu 2016 und 2018 sowie 2019 seien die Angebotsmieten seitdem wieder bis 2021 in dieser Baualtersklasse kontinuierlich angestiegen. In der Baualtersklasse 2005 bis 2014 sei der steile Preisanstieg bis zum Jahr 2015 hervorgestochen (vgl. Seite 30 des Sozialreports 2022).
Günstiger Wohnraum im Plattenbau (Baujahre 1961 bis 1990) hat nach den Sozialreporten der Stadt A.... für die Jahre 2017, 2018 und 2019 im Median einen Nettokaltmietanstieg von 5,12 EUR/m² im Jahr 2016 (Seite 32 des Sozialreports 2017) auf 5,50 EUR/m² im Jahr 2017 (Seite 29 des Sozialreports 2018) und auf 5,76 EUR/m² im Jahr 2018 (Seite 27 des Sozialreports 2019) erfahren. In diesem Wohnungssegment bestand demnach bei einem Vergleich der Angebotsmieten in den Jahren 2016 und 2017 eine mittlere Teuerungsrate von 7,42 Prozent. Für das durchschnittliche Segment der Wohnungen der Bauzeit 1919 bis 1945 und 1946 bis 1960 weisen die Sozialreporte im Median Nettokaltmieten i.H.v. 5,81 EUR/m² sowie 5,99 EUR/m² im Jahr 2016, 6,15 EUR/m² bzw. 6,31 EUR/m² im Jahr 2017 sowie im Jahr 2018 i.H.v. 6,41 EUR/m² bzw. 6,50 EUR/m² aus. Dies entspricht für die beiden Wohnungssegmente einer Teuerungsquote von 5,85 Prozent und 5,34 Prozent beim Vergleich der Angebotsmieten in den Jahren 2016 und 2017.
Das Gutachten der empirica AG vom 13.09.2019 weist zwar darauf hin, dass die Bestandsmieten im Vergleich mit den Angebotsmieten signifikant geringer gestiegen seien. In der Stadt A.... hätten sich die Angebotsmieten mit 36 Prozent im Zeitraum von 2012 bis 2018 deutlich dynamischer entwickelt als die Bestandsmieten, welche im gleichen Zeitraum nur um 11 Prozent gestiegen seien. Der Abstand zwischen Angebots- und Bestandsmieten sei von einem Abstand von 7 Prozent im Jahr 2012 um 24 Prozent auf zuletzt 31 Prozent gestiegen. Gleichwohl folgt bereits aus der KdU-Richtlinie 2020 der Stadt A...., dass zwischen dem 01.01.2016 und dem 01.01.2018 eine Steigerung bei den mietspiegelrelevanten Bestandsmieten von 6,34 Prozent, mithin durchschnittlich mehr als drei Prozent je Jahr zu verzeichnen ist. Im Rahmen derer wurden die Datensätze des A....er Mietspiegels 2018 wissenschaftlich ausgewertet. Bei der Erstellung des Mietspiegels wurden 4.079 Datensätze einbezogen, bei denen sich die Miete im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 geändert hat oder Wohnraum neu angemietet wurde. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum von Februar bis Mai 2018 zum Stichtag des 01.01.2018. Nach den dortigen Ermittlungen des Beklagten auf Grundlage derselben Berechnungsmethodik wie bei der hier streitigen KdU-Richtlinie ergab sich ein Eckwert der angemessenen Nettokaltmiete von 5,0923 EUR/m². Dies entspricht gegenüber dem Eckwert der hier streitigen Verwaltungsrichtlinie von 4,7888 EUR/m² einer Steigerung um 6,34 Prozent.
Nicht zuletzt belegen die vorgenannten Ergebnisse, dass der Wohnungsmarkt in A.... im streitigen Zeitraum erheblich dynamisch ausgestaltet war und damit laufender Überwachung bedurfte.
Eine Überprüfung der Aktualität und Ermittlung der – erst im Jahr 2019 bzw. 2020 bekannt gemachten – Preissteigerungen im Bereich der Angebots- und Bestandsmieten war dem Beklagten im Jahr 2017 bzw. Anfang 2018 zumutbar. Maßgeblich für die Angemessenheit sind die örtlichen Verhältnisse. Diese kennt der kommunale Träger am besten. Da es ihm im Rahmen der Methodenfreiheit überlassen ist, die örtlichen Verhältnisse nach seinem Konzept abzubilden, ist es auch seine Aufgabe, die konkreten Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes zu beobachten. Dem Beklagten und der Stadt A.... stehen dazu insbesondere die gemeindeeigene LWB mit aktuell rund 36.700 Wohnungen zur Verfügung, über die der Stadt ein Überblick über die Entwicklungen des lokalen Wohnungsmarktes zukommt. Nicht zuletzt können über den DMB und die Interessenvertretungen der Vermieter valide Informationen zu relevanten Preissteigerungen erlangt werden.
Die Auffassung des Senats, dass die Ergebnisse der Auswertung der Mietspiegeldaten für das schlüssige Konzept zu aktualisieren waren, steht im Übrigen auch nicht im Widerspruch zu den Regelungen des § 558d BGB, insbesondere Absatz 3, wonach im Fall des Einhaltens der Vorschriften des Absatzes 2, vermutet wird, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Denn auch diese gesetzliche Vermutung, dass dem Mietspiegel zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung eine besondere Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der in ihm enthaltenen Daten in Bezug auf die – hier ohnehin hier nicht relevante – ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB zukommt (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 57; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 21.11.2012 – VIII ZR 46/12 – juris Rn. 29), kann widerlegt werden.
Dass der Stadtrat der Stadt A.... den Mietspiegel erst am 15.11.2017 als qualifiziert i.S.d. § 558d BGB beschlossen hat, rechtfertigt die späte Inkraftsetzung der streitigen KdU-Richtlinie 2018 nicht. Den qualifizierten Mietspiegel prägt zuvorderst der Umstand, dass er in einem anerkannten wissenschaftlichen Verfahren erstellt wird, wobei das Gesetz in der bis zum 30.06.2022 gültigen Fassung auf eine Entscheidung zugunsten einer bestimmten Erstellungsmethode (Tabellen- oder Regressionsmethode) verzichtet hatte. Namentlich durch diese Eigenschaft begründet der Mietspiegel erhöhte Gewähr der Richtigkeit und Aktualität der Angaben zur ortsüblichen Vergleichsmiete im vorgenannten Sinne.
Durch die Anerkennung sowohl seitens der Gemeinde als auch der Interessenvertreter von Mieter- und Vermieterseite sollte dem ursprünglichen Gesetzesentwurf nach breite Akzeptanz ausgedrückt werden, wodurch die daran geknüpften Rechtsfolgen, nämlich die Mitteilungspflicht bei der Mieterhöhungsbegründung und die prozessuale Vermutungswirkung im gerichtlichen Mieterhöhungsstreit betreffend die ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB gerechtfertigt seien (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 57). Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Vorschrift, um der vermeintlichen Gefahr entgegenzutreten, dass Interessenvertreter selbst wissenschaftlich exakte Mietspiegel verhindern (BT-Drucks. 14/4553, S. 61 und 72) abgeändert, sodass nur noch die Zustimmung der Gemeinde oder der Interessenvertreter notwendig war, wodurch die Anerkennung bereits wesentlich an ihrer ursprünglich zuerkannten Bedeutung verloren hatte. Die an die Anerkennung geknüpften Rechtsfolgen sind für die hier streitigen sozialrechtlichen Fragen aber ohnehin ohne praktische Bedeutung, weil allein die Auswahl einer hinreichend aktuellen und auf anerkannt wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeiteten Datengrundlage durch den Leistungsträger für die Ableitung von Angemessenheitswerten i.S.d. § 22 SGB II maßgeblich ist, die zudem vom Gericht überprüft wird und nicht durch die Gemeinde oder bestimmte Interessenvertreter ersetzt werden kann.
Die verzögerte Beschlussfassung mag in Bezug auf die Wirkungen des Mietspiegels für den örtlichen Wohnungsmarkt politisch vernünftig und gerechtfertigt sein, allerdings hätte für den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung i.S.d. § 22 SGB II nichts entgegengestanden, die Datensätze auch ohne den Anerkennungsbeschluss des Stadtrates nach entsprechender – notfalls eigener – Auswertung heranzuziehen.
Dass spätestens ab dem Jahr 2017 relevante Änderungen der Mieten nicht unberücksichtigt bleiben können, zeigt zudem die Überlegung, wonach der Beklagte spätestens zum 01.01.2017 ein aktualisiertes schlüssiges Konzept hätte in Kraft setzen müssen, nachdem die vorherige Richtlinie zum 18.12.2014 in Kraft getreten war. Spätestens ab dem 01.01.2017 war die KdU-Richtlinie 2014 nach der Rechtsprechung des BSG zwingend fortzuschreiben (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – juris insb. Rn. 23). Ob dies ausgehend von § 558d Abs. 2 BGB anhand des bundesdeutschen Jahresverbraucherpreisindizes auch dann erfolgen muss, wenn dem Beklagten zum Zeitpunkt der Fortschreibung belastbare Erkenntnisse infolge vorliegender Auswertungsergebnisse eines späteren Mietspiegels dafür vorliegen, dass die lokalen Mieten eine abweichend höhere Entwicklung genommen haben, muss der Senat nicht entscheiden. Denn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der KdU-Richtlinie 2018 fanden gerade erst die Erhebungen zur Erstellung des Mietspiegels 2018 statt. Auswertbare Daten zu den örtlichen Gegebenheiten in A.... lagen also tatsächlich noch nicht vor.
Da der Beklagte eine Nachbesserung seines Konzeptes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgenommen hat, ist das Gericht gehalten, die festgestellten Mängel selbst zu beseitigen. Ein Rückgriff auf die Tabellenwerte nach dem WoGG, wie es das Sozialgericht entschieden hat, ist dabei nur dann zulässig, wenn lokale Erkenntnismöglichkeiten nicht weiterführen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – juris LS 4) und auch keine anderen Regelungen existieren, die die örtlichen Gegebenheiten angemessen widerspiegeln können.
Zur Aktualisierung des mathematisch-statistisch korrekt ermittelten Angemessenheitswertes nimmt der Senat eine rechnerische Korrektur i.H.v. 2 Prozent vor.
Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie 2018 und des Erlasses des Bewilligungsbescheides lagen keine, dem Senat bekannten anderen substantiellen Erkenntnisse zur Entwicklung sowohl der Angebots- als auch der Bestandsmieten in A.... vor. Insbesondere konnten noch keine Erkenntnisse aus den Mietspiegeldaten des Jahres 2018 gewonnen werden, da diese gerade erhoben wurden. Der Senat wendet deshalb in Anlehnung an die vorzitierte Rechtsprechung des BSG zur Fortschreibung von Konzepten, die nach Ablauf von zwei Jahren seit Inkraftsetzung nicht aktualisiert wurden, und mit Blick auf die Vorschrift des § 558d Abs. 2 Satz 2 BGB zur Anpassung von qualifizierten Mietspiegeln auch zur Heilung der mangelbehafteten KdU-Richtlinie 2018 den vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland an. Denn es liegt eine insoweit vergleichbare Interessenlage der Beteiligten vor, sodass ein pauschaler Rückgriff auf die Werte der Wohngeldtabelle mit einem Sicherheitszuschlag, die grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – juris LS 4), nicht angezeigt erscheint.
Die Verbraucherpreise sind im Jahr 2016 um 0,5 Prozent und im Jahr 2017 um 1,5 Prozent gestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt (Destatis), https://www.genesis.destatis.de, abgerufen am 19.12.2023). Dass der daraus folgende Wert von 2,0 Prozent hinter der später vom Beklagten ermittelten Steigerung der Angemessenheitswerte zum Stichtag des 01.01.2018 zurückbleibt, ist aus Sicht des Senates zur Wahrung der Rechtssicherheit hinzunehmen (vgl. insoweit zur Kritik an der Fortschreibung der Mietspiegeldaten durch den Verbraucherindex auch BSG, Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 22), weil andere Daten nicht verfügbar waren.
Mit der Zugrundelegung der vorgenannten Teuerungsrate stellt der Senat nicht in Abrede, dass die Datenauswertung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 558d Abs. 1 BGB und die Veröffentlichung des Mietspiegels, wie bei der Aufstellung des Mietspiegels 2014 geschehen, zwischen neun und zwölf Monate nach dem Stichtag in Anspruch nehmen kann. Da eine fristgerechte Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie am 01.01.2017 jedoch nicht erfolgte, war die Aktualisierung über den gesamten Zeitraum seit dem 01.01.2016 und nicht lediglich für das Jahr 2017 erforderlich.
Folglich beträgt die angemessene Nettokaltmiete 4,99 EUR/m² (= 4,8921 EUR/m² * 1,02).
- Auch die Ermittlung der angemessenen Betriebskosten(-vorauszahlungen) je m² erfolgte nicht sachgerecht, weil das genutzte Datenmaterial ebenfalls veraltet war und nicht an die allgemeine Preisentwicklung im Vergleichsgebiet angepasst wurde. Der Mangel lässt sich durch eine Fortschreibung anhand der Preisentwicklung beseitigen. Somit sind, ohne die dem Beklagten zustehende Einschätzungs- und Methodenvielfalt zu verletzen, nicht 1,42 EUR/m², sondern 1,46 EUR/m² allgemeine Betriebskosten angemessen.
Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen Betriebskosten i.S. des § 556 BGB – mit Ausnahme der Heizkosten – abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen. Schon der Wortlaut des § 22 Abs. 1 SGB II zeigt, dass diese Kosten zu den Kosten der Unterkunft für einen Hilfebedürftigen gehören und nicht – wie die Heizkosten – getrennt erfasst werden sollen. Zur realistischen Abbildung eines abstrakt angemessenen Mietpreises ist deshalb die Einbeziehung des Faktors "kalte Betriebskosten" erforderlich. Dies entspricht den mietrechtlichen Vorgaben im Mietwohnungsbau, an denen sich der Gesetzgeber des SGB II orientiert. Eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt bei Abschluss eines Mietvertrages nahezu ausnahmslos, denn ohne eine solche Regelung können die in § 556 BGB genannten Betriebskosten vom Vermieter nicht auf den Mieter umgelegt werden. Eine Umlagevereinbarung bei der Miete über Wohnraum muss die in § 556 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen (BetrKV; vom 25.11.2003, BGBl. I S. 2346) normierten Vorgaben beachten. Wegen der abstrakt angemessenen Kosten i.S. des § 22 Abs. 1 SGB II sind die dort genannten Betriebskosten maßgebend. Deshalb ist es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten, vorrangig aus örtlichen Betriebskostenübersichten zurückzugreifen. Insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergeben sich regional deutliche Unterschiede, auf die Rücksicht genommen werden muss. Eine weitergehende Gewichtung ist dagegen nicht notwendig, da nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten. Neben den (nichtamtlichen) Übersichten in Mietspiegeln kommen grundsätzlich auch Übersichten der örtlichen Interessenverbände in Betracht, die an der Anerkennung eines Mietspiegels beteiligt sind. Bei einer Anwendung dieser Übersichten spricht nichts gegen die Zugrundelegung des Medians, sofern die zugrunde gelegten Daten über den gesamten Wohnungsbestand erhoben worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 28f. und Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 22/20 R – juris Rn. 41 ff.). Wichtig ist, dass die Werte (bei Erlass des schlüssigen Konzeptes) möglichst aktuell sind, um sichere Rückschlüsse auf das Preisniveau im jeweiligen Vergleichsraum zu geben. Soweit die örtlich erfassten Werte nicht aktuell sind, liegt es nahe, dass der Träger der Grundsicherung entsprechende Rückfragen bei den örtlichen Interessenverbänden durchführen lässt bzw. die Werte an die allgemeine Preisentwicklung anpasst (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 29).
Ausgehend davon ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die Bemessung der angemessenen Betriebskosten den Betriebskostenspiegel der Stadt A.... herangezogen hat. Die in der Broschüre dargestellten Ergebnisse basieren auf einer Auswertung von Betriebskostenabrechnungen vieler A....er Großvermieter und Hausverwaltungen. Sie repräsentieren den marktaktiven Wohnungsbestand der Stadt A.... und nicht lediglich das Betriebskostenaufkommen von Leistungsbeziehern, sodass der Beklagte die ausgewiesenen Median-Werte rechtmäßig nutzen konnte. Auch ist gegen die in der KdU-Richtlinie des Beklagten vorgenommene gewichtete Mittelwertbildung der Ergebnisse des Betriebskostenspiegels 2014, Berichtsjahr 2016, wobei die kalten Betriebskosten der insgesamt sieben Gebäudetypen im prozentualen Anteil am Wohnungsbestand in das Gesamtergebnis eingeflossen sind, nichts zu erinnern.
Mit der Auswertung des Betriebskostenspiegels haben der Beklagte und die Stadt A.... auch nicht gegen das Gebot der Identität der Betrachtungsgegenstände verstoßen. Zwar erfasst die vom Beklagten herangezogene Betriebskostenbroschüre weder Ein- und Zweifamilienhäuser noch unsanierte Objekte, mit Ausnahme im Sektor des Wohnungsbaus 1961 bis 1990. Der Beklagte hat jedoch klargestellt, dass auch bei der Ermittlung des Eckwertes durch Auswertung der Datensätze des Mietspiegels keine Unterkünfte in Ein- oder Zweifamilienhäusern und keine Wohnungen in unsanierten Objekten – mit Ausnahme im Sektor des Wohnungsbaus 1961 bis 1990 – einbezogen waren. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Beklagten.
Es ist auch nicht fehlerhaft gewesen, die aus der Betriebskostenbroschüre separat ausgewiesenen Betriebskosten für Kabel und Antennenanlagen nicht heranziehen. Zwar sind Kabelfernseh- und Antennengebühren, wenn sie im Rahmen des Mietvertrages als Betriebskosten erhoben werden (siehe § 2 Satz 1 Nr. 15 BetrKV) Kosten der Unterkunft und Heizung, die der Beklagte als Aufwendungen i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigten hat (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 48/08 R – juris Rn. 16). Demnach sind derartige Kosten im Grundsatz auch als Betriebskosten zu berücksichtigen. Soweit der Beklagte zuletzt vorgetragen hat, dass die Erhebung von Kabelfernseh- und Antennengebühren als Betriebskosten vom Verordnungsgeber abgeschafft worden sei, betrifft dies lediglich Anlagen i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 15 a) und b) BetrKV, die ab dem 01.12.2021 errichtet worden sind (§ 2 Satz 2 BetrKV), nicht aber Bestandsanlagen in Gebäuden, die davor errichtet wurden.
Bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum kommt es aber maßgeblich darauf an, ob sie "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums tatsächlich abbilden (vgl. BSG, Urteile vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R – juris Rn. 27 und vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – Rn. 21). Werden in einer Vielzahl von Fällen derartige Kosten im Rahmen des Mietverhältnisses für Mieter nicht unabwendbar als Betriebskosten erhoben, handelt der Leistungsträger nicht fehlerhaft, wenn er diese Kosten unberücksichtigt lässt. Maßgeblich ist, dass der Leistungsempfänger Wohnungen der Referenzgröße von 45 m² mit der ermittelten Nettokaltmiete und den angemessenen Betriebskosten auch anmieten kann. Dies ist vorliegend der Fall. Bereits der Betriebskostenspiegel selbst weist darauf hin, dass Kosten für die Bereitstellung von Kabel- und Satellitenfernsehen nur noch in Altbauten der Baujahre vor 1946 und in Neubauten ab 1991 überhaupt Bestandteil der ausgewerteten Betriebskostenabrechnungen waren.
Der Beklagte hat zudem die Aussage des Betriebskostenspiegels, dass derartige Kosten nur bei einem geringen Teil aller Gebäude direkt mit den Betriebskosten abgerechnet worden seien, dahin konkretisiert, dass in den insgesamt 1.055 ausgewerteten Datensätzen für die Betriebskostenbroschüre gerade einmal 67 Datensätze entsprechende Kosten ausgewiesen hätten, wobei Ursache für das geringe Auftreten solcher Betriebskosten sei, dass Mieter ganz überwiegend direkte Verträge mit den Kabelfernsehanbietern schließen würden und zudem in A.... die Möglichkeit besteht, das weit verbreitete und kostenfreie DVBT-2 zu nutzen. Dies überzeugt den Senat. Beinhalten demnach nur 6,3 Prozent der ausgewerteten Datensätze von Gebäuden solche Kosten, muss davon ausgegangen werden, dass auch nur ein im Wesentlichen vergleichbar geringerer Anteil des Gesamtbestandes des A....er Wohnungsmarkt, Antennen- und Kabelfernsehgebühren überhaupt als Betriebskosten in der Abrechnung ausweist. Dies rechtfertigt es, derartige Kosten bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Betriebskosten je m² unberücksichtigt zu lassen.
Die zur Anwendung gebrachte Betriebskostenbroschüre spiegelt jedoch nicht das tatsächliche Kostenaufkommen im Jahr 2018 wider. Auch unter Beachtung des vom Beklagten berücksichtigten Zuschlages von 10 Prozent ist die streitige KdU-Richtlinie in diesem Punkt mängelbehaftet.
Der Beklagte hat diese mit Wirkung ab dem 01.04.2018 in Kraft gesetzt. Der verwendeten Betriebskostenbroschüre lagen Betriebskostenabrechnungen für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 zugrunde, die bis zum 31.12.2015 abzurechnen waren. Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB ist die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Betriebskostenvorauszahlungen – auch im Rahmen von Neuanmietungen – im Zeitraum ab 01.01.2018 orientierten sich demgegenüber an den Betriebskosten des Jahres 2016, die im laufenden Jahr 2017 und bis spätestens zum 31.12.2017 abzurechnen waren. Preissteigerungen ab 01.01.2016 sind demnach unberücksichtigt geblieben.
Die Verwendung derart veralteten Datenmaterials erfüllt zur Überzeugung des Senats die Vorgaben des BSG an die Aktualität der Betriebskostenerhebung nicht, sodass die Werte anzupassen sind. Denn die Richtlinie des Beklagten beansprucht Gültigkeit für die Dauer von zwei Jahren ab Erlass (vgl. § 22c Abs. 2 SGB II), sodass insbesondere in Bezug auf die allgemeinen Betriebskosten vollständige Schlüssigkeit des Konzeptes nur dann anzunehmen ist, wenn die Daten bei Erlass der KdU-Richtlinie dem aktuellen Stand der Erkenntnisse entsprechen, was noch dadurch bekräftigt wird, dass die angemessenen Heizkosten als weiterer Teil der Mietnebenkosten nach § 22c Abs. 2 SGB II jährlich zu überprüfen sind.
Für die Ermittlung sind deshalb möglichst realitätsnahe Erkenntnisquellen zugrunde zu legen. Soweit der Beklagte auf das Gutachten des Institutes der deutschen Wirtschaft vom 01.12.2020 abstellt (vgl. Hilmer, Elias / Sagner, Pekka / Voigtländer, , 2020, Wohnnebenkosten in Deutschland; Eine Analyse der zeitlichen Entwicklung und der regionalen Unterschiede, Gutachten im Auftrag der d.i.i. – Deutsche Invest Immobilien, Köln; abrufbar unter https://www.iwkoeln.de/studien/pekka-sagner-michael-voigtlaender-eine-analyse-der-zeitlichen-entwicklung-und-der-regionalen-unterschiede-2020.html), spiegeln die dortigen Angaben nicht die hier relevante Preisentwicklung wider. Vielmehr verweist das Gutachten allein darauf, dass die – deutschlandweit entstandenen – kalten Betriebskosten im Jahr 2000 im Median noch bei 79 Cent je Quadratmeter Wohnfläche gelegen hätten. Im Jahr 2018 habe der Median der kalten Nebenkosten demgegenüber bereits bei 98 Cent gelegen, was einem Anstieg von 24 Prozent und einer jährlichen Teuerungsrate von 2,8 Prozent entspreche. Daraus lassen sich keine hinreichend stichhaltigen Aussagen für den hier relevanten Zeitraum und den hier betroffenen Vergleichsraum ableiten.
Die Stadt A.... hat im Jahr 2019 die Broschüre „Betriebskosten in A.... 2016, Berichtsjahr 2019“ herausgeben. Dabei wurden Betriebskostenabrechnungen von 917 Gebäuden im Stadtgebiet A.... für das Jahr 2016 ausgewertet. Der Beklagte hat die Inhalte der Betriebskostenbroschüre im Rahmen der nachfolgenden KdU-Richtlinie 2020 zur Anwendung gebracht und nach derselben Berechnungsmethode wie in der hier streitigen KdU-Richtlinie einen gewichteten Mittelwert von nunmehr 1,3286 EUR/m² ermittelt. Soweit der Beklagte zuletzt eingeräumt hat, dass es bei der Aufstellung der KdU-Richtlinie 2020 zu einer Unrichtigkeit bei der Übertragung der Werte aus der Betriebskostenbroschüre gekommen ist, wirkt sich diese nicht auf das Gesamtergebnis aus. Der Senat folgt insoweit den dazu ergangenen, klarstellenden Erläuterungen des Beklagten.
Der ermittelte gewichtete Mittelwert stellt gegenüber dem Wert aus den Betriebskostenabrechnungsdaten von 2014 eine Kostensteigerung von 0,0337 EUR/m² bzw. 2,6 Prozent dar. Rechenfehler kann der Senat auch in der KdU-Richtlinie 2020 insoweit nicht erkennen. Kein wesentlich anderes Ergebnis folgt im Übrigen aus der in der Betriebskostenbroschüre dargestellten Aufstellung – lediglich ausgewählter – Betriebskosten (hier: Wasser/Abwasser, Grundsteuer, Müllbeseitigung, Sach- und Haftpflichtversicherung, Beleuchtung, Gartenpflege, Gebäudereinigung und Aufzug) im Vergleich der Jahre 2014 und 2016 über alle Gebäudetypen. Während für die vorgenannten Kosten im Jahr 2014 durchschnittliche Aufwendungen i.H.v. 1,13 EUR/m² entstanden waren, ergaben sich für das Jahr 2016 1,17 EUR/m², was einer Teuerung von 3,54 Prozent entspricht.
Soweit sich aus den Betriebskostenspiegeln 2015/2016 und 2016/2017 des DMB für den Freistaat Sachsen (vgl. https://www.mieterbund-sachsen.de/infos/betriebskostenspiegel.html) gegenüber dem Jahr 2014 für den Bereich der hier relevanten Betriebskosten eine Preissteigerung von 1,24 EUR/m² auf 1,43 EUR/m² und somit eine Verteuerung um 15,32 Prozent ergibt, ist dies zur Überzeugung des Senats weder repräsentativ für die Stadt A...., noch wird erkennbar, ob die Mietspiegelübersichten nach einer Methode ermittelt wurden, die der vom Beklagten gewählten Berechnungsmethode vergleichbar ist. Die Betriebskostenübersichten stehen – ungeachtet der letzten Äußerungen des Beklagten zur Repräsentativität der Daten des DMB – zudem der nach Gebäudetypen gewichteten und damit deutlich sachnäheren Betrachtung der Stadt A.... nach.
Der Senat greift mangels einer Nachbesserung des Beklagten insoweit trotz des Umstandes, dass die Erstellung der Betriebskostenbroschüre 2016 erst im Jahr 2019 abgeschlossen worden ist, auf die daraus folgende Preissteigerung von 2,6 Prozent zurück. Dem Beklagten und der Stadt A.... oblag es in Anbetracht des massiven Zeitablaufs, bei den Großvermietern, insbesondere bei der gemeindeeigenen LWB und – wie vom BSG gefordert – beim örtlichen Mieterbund sowie dem sächsischen Mieterbund und anderen Dachorganisationen entsprechende Ermittlungen zur Preisentwicklung am Maßstab der Betriebskosten in den Jahren 2015 und 2016 noch anzustellen, bevor er die Aktualisierung der Richtlinie erlässt. Insoweit trifft den Beklagten bei der Überwachung der Kostenentwicklung der Betriebskosten dieselbe Beobachtungspflicht wie hinsichtlich der Nettokaltmieten. Der Senat ist davon überzeugt, dass entsprechende Auskünfte zu den relevanten Preissteigerungen von den vorgenannten Interessenvertretungen und von der LWB auf Anfrage erteilt worden wären, nachdem wirksame Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2015 bis zum 31.12.2016 und für 2016 bis zum 31.12.2017 gegenüber den Mietern bekanntgegeben sein mussten.
Demnach geht der Senat auch für die hier streitigen Bewilligungszeiträume von angemessenen, allgemeinen Betriebskosten im Umfang von 1,3286 EUR/m² (=1,2949 EUR/m² * 1,026) aus, wie sie sich erstmals aus der KdU-Richtlinie des Beklagten und der Stadt A.... für das Jahr 2020 ergeben.
Soweit der Beklagte unter Hinweis auf die Arbeitshilfe des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen einen Zuschlag von 10 Prozent zur Kompensation eines nicht genau zu beziffernden Mehrbedarfs an Kaltwasser, der Personen entsteht, die (möglicherweise) keiner außerhäuslichen Beschäftigung nachgehen, sowie zum Ausgleich der künftigen allgemeinen Kostensteigerungen z.B. durch die Anpassung des Mindestlohnes im Bereich der haushaltsnahen Tätigkeiten (Grünpflege, Hausreinigung, Winterdienst) berücksichtigt hat, ist an diesem unter Beachtung der den kommunalen Trägern zustehenden Methodenauswahl auch unter der vom Senat vorgenommenen Fortschreibung festzuhalten, sodass die angemessenen Vorauszahlungen auf die Betriebskosten bereits ab dem 01.04.2018 insgesamt 1,4615 EUR/m² (= 1,3286 EUR/m² + 0,1329 EUR/m² Sicherheitszuschlag) betragen. Denn er war für die oben genannten allgemeinen Preissteigerungen nicht vorgesehen, sondern als Sicherheitszuschlag für Umstände, die mit der allgemeinen Preissteigerung nicht erfasst sind.
Zwar weist die der streitigen KdU-Richtlinie 2018 zugrundeliegende Betriebskostenbroschüre 2014, Berichtsjahr 2016 unter der Rubrik „Tendenzen für die Jahre 2015 und 2016“ (vgl. Seite 5) aus, dass infolge der flächendeckenden Einführung des Mindestlohnes zum 01.01.2015 und durch die weitere Anpassung des seit 2007 für den Gebäudereinigungssektor geltenden Mindestlohnes Kostensteigerungen für Dienstleistungen wie Gartenpflege, Gebäudereinigung, Hauswart und Winterdienst zu erwarten sind, die die vorgenommene Fortschreibung des Senats bereits ausgleicht. Diese Steigerungen zwischen Datenerhebung und Inkraftsetzung der Richtlinie wollte der Beklagte aber nicht erfassen. Die KdU-Richtlinie 2018 weist ausdrücklich darauf hin, dass sie zukünftige Kostensteigerungen nach deren Erlass ausgleichen will. Dies folgt so auch mit Blick auf die vorangegangene KdU-Richtlinie 2014 vom 18.12.2014. Auch diese hatte mit identischer Begründung denselben pauschalen 10 Prozent-Zuschlag für zukünftige Kostensteigerungen gewährt. Unter Tendenzen für das Jahr 2013 weist die der Richtlinie zugrundeliegende Broschüre „Betriebskosten in A.... 2012, Berichtsjahr 2014“ lediglich darauf hin, dass sich Preissteigerungen bei den Heizkosten und bei den Positionen Hausstrom und Aufzug ergäben. Für alle anderen Kostenpositionen seien zum Zeitpunkt der Herausgabe keine wesentlichen Veränderungen vorhersehbar (vgl. Seite 6). Insoweit wird eine Zielrichtung, bestimmte Kostensteigerung zwischen Datenerfassung und Inkraftsetzung erfassen zu wollen, nicht ersichtlich.
Demnach war für den Kläger von einer angemessenen Bruttokaltmiete i.H.v. 290,25 EUR ((4,99 EUR/m² Nettokaltmiete + 1,46 EUR/m² allgemeine Betriebskosten) = 6,45 EUR/m² * 45 m²) auszugehen.
- Die unter Einbeziehung der hier vorgenommenen Nachbesserungen schlüssige Richtlinie des Beklagten ist nicht deshalb unschlüssig, weil für die ermittelten Unterkunftskosten je m² des angemessenen Wohnraumes für einen Einpersonenhaushalt nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung stünde. Die durch die Anwendung der Mietspiegeldaten des Mietspiegels 2016 begründete Vermutung dafür, dass ausreichend angemessener Wohnraum zur Verfügung steht, ist weder durch die Argumentation des Sozialgerichts noch durch andere Erkenntnisse widerlegt, schon gar nicht unter Beachtung der jetzt gerichtlich ermittelten Angemessenheitsgrenzen.
Zwar ist das Sozialgericht zutreffend bereits im Rahmen der Überprüfung der abstrakten Angemessenheitshöhe der Frage der ausreichenden Verfügbarkeit nachgegangen. Dies setzt § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II um, wonach die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Auswirkungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wohnraum des einfachen Standards berücksichtigen soll. Zudem entspricht es dem Verhältnis zwischen abstrakter und konkreter Angemessenheit, weil bei Ermittlung der angemessenen Miethöhe in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren i.S. einer Tatsachenvermutung davon ausgegangen werden kann, dass es in einem ausreichenden Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt, was nicht gerechtfertigt ist, wenn sich unabhängig vom konkreten Einzelfall aufdrängt, dass das Angebot an angemessenem Wohnraum nicht ausreicht, den Bedarf zu decken (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 37). Wenn ein (qualifizierter) Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl. BSG, Urteile vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 38 und vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R – juris LS und Rn. 30).
Der Beklagte hat keine Durchschnittswerte des Mietspiegels 2016 der Stadt A.... angewendet. Dem Mietspiegel kann auch keine direkte Aussage zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem vom Beklagten zugrunde gelegten angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden. Ebenso wenig enthält der Mietspiegel eine Aussage zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem vom Gericht ermittelten Nettokaltmietpreis unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalls. Nach Auffassung des Senats entfaltet sich die Vermutungswirkung im Sinne der Rechtsprechung des BSG aber bereits dann, wenn die verwendeten Mietspiegeldaten selbst nach einer anerkannten wissenschaftlichen Methode erstellt und ausgewertet worden sind und daraus Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis ableitbar sind. Denn zuvorderst dieser Umstand begründet – wie ausgeführt – die erhöhte Gewähr der Richtigkeit, welche wiederum die Tatsachenvermutung liefert, dass es in einem ausreichenden Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt.
Zwar folgt allein aus der Bezeichnung als qualifizierter Mietspiegel dessen Eigenschaft ebenso wenig wie aus dem Umstand, dass der Mietspiegel von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht worden ist. Denn diese Umstände beweisen noch nicht, dass die Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB auch tatsächlich vorliegen, der Mietspiegel also nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist. Allerdings ist von demjenigen, der das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels in Abrede stellt, zu verlangen, dass er im Rahmen des Möglichen substantiierte Angriffe gegen den Mietspiegel und seine Datengrundlagen vorbringt, sofern die Erstellung des Mietspiegels in allgemein zugänglichen Quellen dokumentiert wurde, wobei zu beachten ist, dass der Gesetzgeber des Mietrechtsreformgesetzes bei Einführung des qualifizierten Mietspiegels davon ausgegangen ist, dass dessen Erstellung dokumentiert wird (BT-Dr. 14/4553, S. 57; vgl. BGH in NJW 2013, 775 m.w.N. und in NZM 2014, 24 Rn. 15 f., beck-online).
Soweit der Kläger pauschal behauptet, dass es sich nicht um einen qualifizierten Mietspiegel handele, kann dieser Einwand auch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht durchdringen. Der Mietspiegel 2016 ist bis heute auf der Internetseite der Stadt A.... veröffentlicht. (vgl. https://static.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.5_Dez5_Jugend_Soziales_Gesundheit_Schule/50_Sozialamt/Mietspiegel/A-Stadter-Mietspiegel_2016.pdf abgerufen am 19.12.2023). Die Ermittlung von Preisen und Merkmalen der Wohnungen beruht nach den Vorbemerkungen auf der damals gültigen Satzung über die Durchführung regelmäßiger Kommunalstatistiken zur Erhebung von Mietwerten in der Stadt A.... (Mietwerterhebungssatzung) vom 18.10.2017 (vgl. https://www.linksfraktion-leipzig.de/fileadmin/lcmslfleipzig/user/upload/4605.pdf). Der Mietspiegel wurde durch das Sozialamt und das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt A.... auf der Grundlage einer im weiteren konkret dargestellten repräsentativen Stichprobenerhebung nicht preisgebundener Wohnungen erarbeitet. Dabei waren – wie bereits dargelegt – Wohnungen, deren Mieten in den letzten vier Jahren vor dem 01.01.2016 nicht geändert wurden, gemäß § 558 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Die Erstellung des Mietspiegels wurde zudem vom Arbeitskreis Mietspiegel fachlich begleitet, dem der DMB - Mieterverein A.... e.V., der Haus & Grund A.... - Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer-Verein A.... und Umgebung e.V., die LWB, die Wohnungsgenossenschaft „X....“ eG, die Baugenossenschaft A.... eG (Vertreter der Plattform der A....er Wohnungsgenossenschaften), das Amtsgericht Leipzig, die Hochschule Anhalt, Fachbereich Wirtschaft, SG Immobilienwirtschaft, das Amt für Statistik und Wahlen, das Stadtplanungsamt, das Amt für Geoinformation und Bodenordnung sowie das Sozialamt angehörten.
Ohne dass es nach der Argumentation des Senats wesentlich darauf ankommt, wurde der A....er Mietspiegel 2016 zudem vom Stadtrat der Stadt A.... am 15.11.2017 als qualifizierter Mietspiegel anerkannt (vgl. Ziffer 19.5 der Tagesordnung; https://www.leipzig.de/news/news/tagesordnung%20der%20sitzung%20der%20ratsversammlung%20am%2015.%20november%202017 sowie https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/to020?TOLFDNR=1068800 jeweils abgerufen am 19.12.2023). Der Kläger wendet weder etwas gegen die formellen Voraussetzungen der Anerkennung durch die Gemeinde ein, noch benennt er Anhaltspunkte dafür, dass bei der Datenermittlung und -auswertung gegen anerkannt wissenschaftliche Grundsätze verstoßen worden sei. Der Senat hat im Rahmen des Verfahrens unter Berücksichtigung der sachverständigen Prüfung des methodisch in derselben Weise erstellten Konzeptes des Jahres 2014 vielmehr unter Einbeziehung des Konfidenzintervalls die Überzeugung gewonnen, dass danach die Ableitung des angemessenen Quadratmeterpreises unter Wahrung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung erfolgte und die Stichprobe auch repräsentativ war.
Ausgehend davon, dass der angemessene Nettokaltmietzins statistisch richtig auf 4,8921 EUR/m² festzusetzen war und sich deshalb bei 45 m² Referenzwohnraum die Kappungsgrenze bei 220,14 EUR ergibt, hat der Beklagte durch Auswertung der Mietspiegeldaten ermittelt, dass 187 der 283 Wohnungen mit einer Fläche >=20 m² bis <= 45 m² und mindestens einem Wohnraum sowie weitere 116 Wohnungen mit einer Fläche > 45 m² in den Mietspiegeldaten die vorgenannte Kappungsgrenze nicht überschritten haben. Ersichtlich wird damit, dass nicht nur 134 Wohnungen zwischen 40 m² und 50 m² mit angemessenen Nettokaltmietzins vorhanden waren, sondern ein Anteil von rund 66 Prozent der auch für die Gesamtheit repräsentativen Mietspiegeldaten im Wohnraumsegment zwischen 20 m² und 45 m² die Angemessenheitskriterien erfüllt. Selbst Wohnungen mit einer Fläche von mehr als 45 m² waren in relevanter Menge von 116 zu Nettokaltmietpreisen unterhalb der Kappungsgrenze vermietet, was einem weiteren Anteil von nochmals rund 13 Prozent der im Mietspiegel enthaltenen und von der Stadt A.... ausgewerteten 870 Wohnungen zwischen > 45 m² und 60 m² entspricht.
Der Senat ist wie der Beklagte der Auffassung, dass maßgebliches Kriterium der abstrakten Verfügbarkeit nicht allein ein Wohnraum einfachen Standards mit einer bestimmten Wohnfläche um die 45 m² sein kann. Maßstab der abstrakten Verfügbarkeit ist unter Berücksichtigung der Produkttheorie des BSG vielmehr jeder zumutbare Wohnraum, dessen Bruttokaltmiete den Angemessenheitswert, resultierend aus einem angemessenen Nettokaltmietzins je m² addiert mit den angemessenen Betriebskosten je m² und multipliziert mit der angemessenen Wohnfläche nicht überschreitet. Nachdem der Beklagte bei der Auswertung der Mietspiegeldaten Wohnungen des Substandards bereits ausgeschieden hat, sind demnach alle durch die Mietspiegeldaten repräsentierten Wohnungen Leistungsbeziehern grundsätzlich zumutbar. Insoweit trägt der Einwand, es fehle an Verfügbarkeit, weil ein wohnungssuchender alleinstehender Leistungsempfänger nur eine grundsätzlich kleinere Wohnung als 45 m² erlangen könne, in dieser Allgemeinheit nicht.
Die Mietspiegeldaten bieten auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme des Sozialgerichts, dass Wohnraum mit angemessenem Nettokaltmietzins nur mit einer Fläche deutlich unter 45 m² anmietbar war. Es wird ersichtlich, dass zum Stichtag des 01.01.2016 mit 303 Datensätzen, die eine Nettokaltmiete bis zur Kappungsgrenze aufwiesen, Wohnraum mit Flächen von 20 m² bis über 45 m² in den für die Gesamtheit repräsentativen Mietspiegeldatensätzen ermittelbar war, der die Angemessenheitswerte einhielt.
Die damit begründete Vermutung hinreichender Verfügbarkeit ist weder durch die vom Sozialgericht herangezogenen Sozialreporte des Beklagten widerlegt, noch wird die Vermutung dadurch erschüttert, dass der Senat Angemessenheitswerte anhand der ermittelten lokalen Teuerungsrate fortgeschrieben hat und die allgemeinen Betriebskosten anhand der Betriebskostenbroschüre ermittelt wurden.
Die aus den Sozialreporten ablesbaren Mietentwicklungen betreffen allesamt den Median, also das rechnerische Mittel der Angebotsmieten und sind damit nicht geeignet, Aussagen zur abstrakten Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums für Leistungsempfänger nach dem SGB II zu treffen. In selber Weise kann die Vermutung nicht durch einen allenfalls grob möglichen, zahlenmäßigen Vergleich von mutmaßlichen Nachfragehaushalten mit der Gesamtanzahl von Wohnraum für Einpersonenhaushalte widerlegt werden. Dieser Vergleich spiegelt, worauf der Beklagte zutreffend verwiesen hat, zum einen nicht die tatsächliche Nachfrage nach verfügbarem Wohnraum wider. Zum anderen lässt dieser Vergleich die für die Angemessenheit maßgebliche Produkttheorie des BSG außer Acht.
Obwohl die Mietspiegeldaten keine Aussage über die für die Angemessenheit maßgebliche Bruttokaltmiete treffen, ist dieser Umstand ebenso nicht geeignet, die bestehende Vermutung ausreichend verfügbaren Wohnraums zu widerlegen. Aus der im vorliegenden Fall vorgenommenen Heranziehung von Betriebskostenwerten aus allen Mietverhältnissen folgt – weil er den gesamten Mietmarkt erfasst – in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Dies wirkt sich zugunsten der Leistungsberechtigten aus (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 31) und kann deshalb eine auf dem Nettokaltmietzins beruhende Verfügungsvermutung nicht maßgeblich zum Nachteil des Leistungsempfängers beeinflussen. Zwar mag es sein, dass bei erheblich größeren Wohnungen trotz angemessener Nettokaltgesamtmiete infolge geringeren Quadratmeterpreises die geschuldete Bruttokaltmiete aufgrund gesteigerter allgemeiner Betriebskosten unangemessen wird. Dies trifft aber aufgrund der vom Beklagten vorgenommenen Berechnungsmethode der angemessenen allgemeinen Betriebskosten einschließlich eines 10prozentigen Zuschlages zur Überzeugung des Senates jedenfalls nicht für die Fälle zu, in denen die angemessene Wohnfläche nur in geringem Umfang über dem Angemessenheitswert von 45 m² liegt. Selbst wenn daher ein Anteil der 116 Wohnungen mit einer Fläche größer als 45 m² bei einer Betrachtung der Bruttokaltmiete unangemessen wäre, würde die bestehende Vermutungswirkung unverändert nicht widerlegt.
Auch erschüttert der Umstand, dass der Senat die Fortschreibung der KdU-Richtlinie 2018 auf Grundlage der allgemeinen Teuerungsraten vorgenommen hat, nicht die Vermutung hinreichender Verfügbarkeit. Zwar wird aus der später erarbeiteten KdU-Richtlinie 2020 auf Grundlage der Datensätze des Mietspiegels 2018 erkennbar, dass die allgemeine Teuerungsrate hinter der Mietentwicklung in A.... um mehr als vier Prozent zurückgeblieben ist. Doch auch dieser Umstand lässt in Anbetracht der aus den zuvor erörterten, aus den Mietspiegeldatensätzen des Jahres 2016 erkennbaren Beständen angemessenen Wohnraums zum Stand 01.01.2016 nicht den gesicherten Schluss zu, dass nunmehr ausreichend angemessener Wohnraum nicht mehr zur Verfügung stünde. Gegenteiliges wird vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Der Beklagte hat auf Basis seines aus den oben genannten Gründen zu niedrigeren Kappungswertes zudem Daten der empirica-systeme Marktdatenbank zu den Angebotsmieten im Zeitraum von Juni 2017 bis August 2017 ausgewertet. Bereits aufgrund dieser Auswertung, wonach im vorgenannten Zeitraum 483 Wohnungen mit einer Nettokaltmiete bis zum Kappungswert und einer Fläche zwischen 20 m² und 45 m² zur Anmietung zur Verfügung gestanden haben und damit auch noch keine Wohnungsangebote einbezogen sind, die bei angemessener Nettokaltmiete mehr als 45 m² Wohnfläche aufwiesen, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, die die Vermutung widerlegen, dass ausreichend angemessener Wohnraum vorhanden war und zur Vermietung zur Verfügung stand. Für die vom Senat nunmehr ermittelten Angemessenheitswerte ist zudem von einem noch erhöhten Verfügbarkeitswert auszugehen, sodass auch der Umstand, dass die Angebotsmieten insbesondere im Jahr 2017 deutlich über den Bestandsmieten lagen, nicht geeignet ist, die abstrakte Verfügbarkeit von angemessenen Wohnraum grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch in diesem Zusammenhang wird mit den vorherigen Ausführungen des Senats nicht erkennbar, dass eine Einbeziehung der angemessenen allgemeinen Betriebskosten, also die Prüfung anhand der Bruttokaltmiete ein abweichendes Verfügbarkeitsbild ergeben würde.
Die räumliche Verteilung der Wohnungsangebote gibt keinen Anlass, eine Ghettoisierung zu befürchten. Allein der Umstand, dass sich in einem bestimmten Stadtteil, hier insbesondere das weitläufige Plattenbaugebiet A....-Grünau im Stadtteil West, Angebote häufen, begründet keine Gefahr der Ghettoisierung, solange auch in anderen Bereichen des Vergleichsgebietes in noch relevantem Umfang Wohnungsangebote festzustellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10.09. 2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 29, wonach bei Angeboten in 18 von 26 Stadtbezirken von München keine Ghettobildung zu befürchten sei). Bereits unter Berücksichtigung der vom Beklagten ursprünglich zugrunde gelegten Angemessenheitswerte waren Wohnungsangebote zum Angemessenheitswert in fast allen Stadtteilen A....s festzustellen. Unter Beachtung des Umstandes, dass durch die Berücksichtigung des Konfidenzintervalls und durch die Fortschreibung des Senats eine um 0,20 EUR/m² höhere Nettokaltmiete festgesetzt ist, ist der Senat überzeugt, dass entsprechende Wohnungsangebote überwiegend stadtweit verfügbar waren, sodass keine Gefahr der Ghettoisierung besteht (vgl. auch SächsLSG, Urteil vom 19.12.2013 – L 7 AS 637/12 – juris Rn. 192 <Dresden>).
Folglich beschränkte sich der Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung auf eine angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 290,25 EUR ((4,99 EUR/m² Nettokaltmiete + 1,46 EUR/m² allgemeine Betriebskosten) = 6,45 EUR/m² * 45 m²) zzgl. 46,64 EUR für Heizung- und Warmwasserkosten.
- Den Kläger traf auch die Obliegenheit, seine Kosten insoweit zu senken.
Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch erachtet, muss es ein Kostensenkungsverfahren durchführen und der leistungsberechtigten Person den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der bis zum 30.06.2022 gültigen Fassung; vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 22/20 R – juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 30.01.2019 – B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 15 unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R – und vom 15.06.2016 – B 4 AS 36/15 R –). Die rechtlichen Maßstäbe hat das BSG zuletzt wie folgt zusammengefasst (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2021 – B 14 AS 31/20 R – juris Rn. 43 - 51):
„(..) Sind die tatsächlich anfallenden Aufwendungen auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände im Einzelfall unangemessen hoch, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Obliegenheit zur Senkung der Kosten folgt (vgl. BSG vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 28). Dafür müssen Kostensenkungsmaßnahmen objektiv und subjektiv möglich sowie subjektiv zumutbar sein.
Die subjektive Möglichkeit der Kostensenkung setzt voraus, dass Leistungsberechtigte von der Obliegenheit zur Kostensenkung Kenntnis haben, die ihnen in der Regel durch eine Kostensenkungsaufforderung vermittelt wird (vgl. BSG vom 15.6.2016 – B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90 RdNr 25; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 137).
Dies ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf so lange anzuerkennen sind, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II folgte schon nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Jobcenters angemessenen Aufwendungen ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das Leistungsberechtigte in die Lage versetzt, ihren Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen (BSG vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 35 mwN; vgl auch § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II idF des RBEG vom 24.3.2011, BGBl I 453).
Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarfe anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch hält, muss es grundsätzlich das Kostensenkungsverfahren durchführen und den Leistungsberechtigten im Rahmen der einleitenden Kostensenkungsaufforderung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (vgl. schon BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 29; vgl letztens BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 90; vgl. auch BVerfG vom 10.10.2017 – 1 BvR 617/14 unter Hinweis auf die stRspr des BSG zum Inhalt einer Kostensenkungsaufforderung). Bei der Kostensenkungsaufforderung handelt es sich (lediglich) um ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion. Es stellt ein Angebot an den Leistungsberechtigten dar, in einen Dialog über die Angemessenheit der Unterkunftskosten einzutreten, ohne dabei aber den Leistungsträger zu verpflichten, im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gesenkt werden könnten (vgl. nur BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 90 RdNr 15 m.w.N.).
Inhaltlich richtet sich die Konkretisierungspflicht in der Kostensenkungsaufforderung auf die Information des Leistungsberechtigten über die nach Ansicht des Jobcenters angemessenen Aufwendungen für Unterkunft (vgl. schon BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 15). Ob daneben stets über die Höhe der angemessenen Aufwendungen für Heizung zu informieren ist (so wohl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 181 f, Stand Januar 2021; Šušnjar in Hohm, GK-SGB II, § 22 RdNr 184, Stand Dezember 2019; die Information als zweckmäßig bezeichnend Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 139), kann offenbleiben, weil der Beklagte die Kläger auch über die seiner Ansicht nach zu hohen Heizkosten und die von ihm für angemessen erachteten Werte informiert hat.
Dass die wegen der Unterkunftsaufwendungen in der Kostensenkungsaufforderung wiedergegebenen Angemessenheitswerte als Ergebnis des eingeleiteten Dialogs und ggf. eines anschließenden gerichtlichen Verfahrens in veränderter Höhe in die Anspruchsberechnung einfließen, ist grundsätzlich unschädlich (BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 44). Deshalb kommt es im Ausgangspunkt nicht auf die von den Klägern gerügte objektiv fehlerhafte Wiedergabe tatsächlich angemessener Aufwendungen an. Das BSG hat mehrfach entschieden, dass der Streit darüber, ob die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, grundsätzlich bei der Frage auszutragen ist, welche Aufwendungen i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind (BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr 34; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 44 und - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72 RdNr 16-17).
Ob darüber hinaus, was die Kläger wegen der Aufnahme des Umgangs mit dem Kind geltend machen, Änderungen der Sachlage in einer abgeänderten Kostensenkungsaufforderung mit neuen Angemessenheitswerten Rechnung getragen werden muss, ist nicht losgelöst von den Vorgaben an eine "erste" Kostensenkungsaufforderung zu beurteilen. Daher gehört es zur Dialogförmigkeit des Kostensenkungsverfahrens, dass das Jobcenter auf aus seiner Sicht bedeutsame Änderungen der Sachlage reagiert und daraufhin angepasste Werte mitteilt (ebenfalls auf die Veränderungen aus Sicht des Jobcenters abstellend Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 187, Stand Januar 2021). (..)
Ausgenommen von der Unbeachtlichkeit der objektiv fehlerhaften Angabe vom Jobcenter für konkret angemessen gehaltener Aufwendungen nach den oben genannten Maßstäben sind Fälle, in denen Leistungsberechtigte durch die Falschangabe ihre Suche nach angemessenem Wohnraum in wesentlichem Umfang beschränken (vgl. schon BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40). Diesen Ausnahmefall hat das LSG nicht geprüft, weil es wegen des nach der Kostensenkungsaufforderung aufgenommenen Umgangs der Kläger mit dem Kind in der Wohnung davon ausgegangen ist, dass es auf einen - hier nicht zu erhebenden - Vorwurf an den Beklagten ankommen könne, zeitnah keine geänderte Kostensenkungsaufforderung veranlasst zu haben. Es hat dabei außer Acht gelassen, dass es wegen möglicher Beschränkungen bei der Suche nach einer konkret angemessenen Unterkunft auf das Ausmaß der objektiven Fehlerhaftigkeit der Angaben in der Kostensenkungsaufforderung ankommen kann. Insoweit sind auch Veränderungen während des Kostensenkungsverfahrens zu beachten. Denn Maßstab in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II und einer Obliegenheit zur Kostensenkung sind nicht in der Vergangenheit liegende, sondern aktuell zu berücksichtigende Bedarfe im maßgeblichen Leistungszeitraum (vgl. zur Bedarfsermittlung zuletzt BSG vom 8.5.2019 - B 14 AS 20/18 R - BSGE 128, 121 = SozR 4-4200 § 22 Nr 102).
Im Übrigen sind Gründe, die den Klägern eine Kostensenkung objektiv nicht möglich oder subjektiv unzumutbar machen könnten (vgl. BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr. 32 ff; BSG vom 16.6.2015 – B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 85 RdNr 36-37), nach den Feststellungen des LSG nicht ersichtlich. (..)“
Die hieraus folgenden Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 12.09.2017 unter Darlegung der zu diesem Zeitpunkt gültigen Richtwerte laut der KdU-Richtlinie 2014 über die Unangemessenheit seiner Aufwendungen für Unterkunft eingehend informiert. Ihm wurde dargelegt, dass die angemessene Bruttokaltmiete für einen Einpersonenhaushalt maximal 269,57 EUR betragen dürfe. Angemessen sei eine Wohnfläche von 45 m² und eine Nettokaltmiete i.H.v. 207,01 EUR. Die angemessenen kalten Betriebskosten betrügen 62,56 EUR. Der Kläger wurde zur Senkung seiner Unterkunftskosten aufgefordert. Die Heizkosten seien demgegenüber angemessen, sodass insofern die tatsächlichen Kosten, mithin die geschuldeten Vorauszahlungen, weiter übernommen würden.
Auf die materielle Richtigkeit der in der Kostensenkung genannten Obergrenze für Unterkunftskosten kommt es nach der zitierten Rechtsprechung des BSG im vorliegenden Fall nicht an. Es liegt kein Fall vor, in dem der Leistungsberechtigte durch eine Falschangabe in der Kostensenkungsaufforderung in seiner Suche nach angemessenem Wohnraum in wesentlichem Umfang beschränkt worden wäre. Der Kläger hat nämlich schon gar nicht nach anderem Wohnraum gesucht. Ohne Suche kann auch keine durch falsche Werte beeinflusste, beschränkte Suche unterstellt werden. Wenn der Kläger auf eine Suche gänzlich verzichtet, weil er entgegen der mitgeteilten Angemessenheitswerte der Meinung ist, angemessen zu wohnen, trägt er hierfür das Risiko. Auch in den persönlichen Verhältnissen des Klägers liegen keine Umstände vor oder haben sich keine Änderungen ergeben, die eine Kostensenkung, insbesondere durch Umzug, unter Beachtung der angegebenen Angemessenheitswerte unmöglich gemacht hätten. Relevante persönliche Kostensenkungshindernisse hat der Kläger nicht benannt. Insbesondere die von ihm angeführten Umzugshindernisse sind allesamt unmaßgeblich.
Ausgehend davon konnte der Beklagte die Leistungsgewährung für Kosten der Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum vom 01.04.2018 bis 31.03.2019 gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X aufheben, soweit diese ursprüngliche Leistungsbewilligung über den Betrag von 336,89 EUR hinausgegangen ist.
Dies gilt auch unter Beachtung des Umstandes, dass dem Kläger am 27.09.2018 die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2017 zugegangen ist, mit welcher der Vermieter bis zum 05.11.2018 eine Betriebskostennachforderung von 224,56 EUR erhoben hat.
Zwar begründen solche Nachforderungen im Grundsatz einen Bedarf für Kosten der Unterkunft i.S.d. § 22 SGB II im Monat der Fälligkeit. Bei formeller Richtigkeit der Abrechnung wird eine Betriebskostennachforderung im Regelfall gemäß § 271 BGB auch mit Zugang der Abrechnung fällig (vgl. BeckOK MietR/Pfeifer, 33. Ed. 01.08.2023, BGB, § 556 Rn. 1627, 1628 unter Verweis auf BGH in NJW 2005, 1499 und Oberlandesgericht Düsseldorf in BeckRS 2011, 25211). Die Übernahmeverpflichtung des SGB II-Leistungsträgers setzt darüber hinaus nach Ansicht des Senats auch voraus, dass die Forderung des Vermieters unbestritten oder im fortbestehenden Streitfall rechtskräftig festgestellt ist und der Mieter keine Zurückbehaltungsrechte geltend macht. Andernfalls besteht kein aktueller Bedarf, der einen Ausgleich der unterkunftsbezogenen Forderung des Vermieters durch den Leistungsträger im Bewilligungsmonat der Fälligkeit notwendig macht. So steht dem Mieter beispielsweise gegenüber der Nachforderung des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht zu, „solange der Vermieter ihm keine Überprüfung der Abrechnung ermöglicht“ (vgl. BGH in NZM 2006, 340). In selber Weise widerspräche es dem Konzept des SGB II, die Bedarfe zur Deckung der Unterkunftskosten durch Zurverfügungstellung entsprechender Geldleistungen seitens des Jobcenters zu decken, wenn sicher ist, dass der Leistungsempfänger diese nicht zweckentsprechend einsetzt, weil er Einwendungen gegen die Forderungen erhebt. Widerspricht der Leistungsbezieher daher der Nachforderung des Vermieters und bringt er damit zum Ausdruck, die Forderung aktuell nicht zu erfüllen, besteht trotz Fälligkeit der Nachforderung kein aktueller Unterkunftsbedarf.
Bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraum war die Nachforderung des Vermieters weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt. Vielmehr teilte der Kläger noch am 26.02.2019 mit, dass er der Forderung widersprochen habe und diese nicht begleichen werde. Auch der Vermieter hatte nichts zur Durchsetzung der Forderung veranlasst, sodass jedenfalls im hier streitigen Bewilligungszeitraum kein weiterer Bedarf bestand.
Eine Berücksichtigung der zwischen dem Kläger und dem Vermieter erst am 20.06.2019 in einem gerichtlichen Mietstreit rückwirkend ab 01.02.2019 erhöhten Grundmiete kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die angemessene Bruttokaltmiete bereits in vollem Umfang berücksichtigt ist.
Ausgehend davon ist der Kläger gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zur Erstattung überzahlter Leistungen verpflichtet. Die Erstattungssumme reduziert sich jedoch auf 212,52 EUR (354,60 EUR ursprünglich bewilligte Leistungen – 336,89 EUR tatsächlicher Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung = 17,71 EUR * 12 Monate).
Nach alledem ist entsprechend des Tenors zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das gegenseitige Unterliegen in beiden Rechtszügen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind.