L 3 AL 81/22 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 AL 286/22 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 81/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Wenn wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist in § 325 Abs. 3 SGB III ein Antrag auf Zahlung von Kurzarbeitergeld nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg gestellt werden kann, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerdeentscheidung über einen erstinstanzlichen Beschluss, mit dem die Agentur für Arbeit per einstweiliger Anordnung vorläufig verpflichtet worden ist, einen zeitlich bestimmten Arbeitsausfall anzuerkennen und der Antragstellerin einen entsprechenden Anerkennungsbescheid zu erteilen, entfallen. Denn weder der Fortbestand des zusprechenden Beschlusses des Sozialgerichtes noch eine gerichtliche Entscheidung im Beschwerdeverfahren, mit der dieser Beschluss bestätigt würde, würde weder gegenwärtig noch zukünftig die Stellung der Antragstellerin – aber auch nicht die ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – verbessern.

2. Sowohl ein positiver Bescheid im Sinne von § 99 Abs. 3 SGB III als auch ein negativer Anerkennungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt.

3. Zur Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Energiepreissteigerungen ein Grund im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III für die Anerkennung eines erheblichen Arbeitsausfalles sein können.

I.     Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichtes Dresden vom 7. November 2022 aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin vom 26. Oktober 2022 auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes wird in vollem Umfang abgelehnt.

 

II.    Die Antragsgegnerin hat die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Instanzen zu erstatten.

 

 

Gründe:

 

I.

 

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichtes, mit dem sie im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet wurde, den Arbeitsausfall von Dezember 2022 bis März 2023 anzuerkennen und der Antragstellerin einen entsprechenden Anerkennungsbescheid als Grundlage für Ansprüche auf Kurzarbeitergeld zu erteilen.

 

Die Antragstellerin, die ein Sport- und Freizeitzentrum in A.... mit acht Arbeitnehmer/innen betreibt, zeigte am 8. September 2022 bei der Antragsgegnerin für die Monate Dezember 2022 bis März 2023 Arbeitsausfall für den Gesamtbetrieb an. Zur Begründung gab sie an, dass sie aufgrund der explodierenden Gaspreise (bei ihr + 655 %, was Mehrkosten von 81.000,00 EUR netto entspreche) gezwungen sei, einen Betriebsteil (Schwimmbad und Sauna, sowie teilweise die Tennis-, Kletter- und Kinderland-Großraumhalle) für die Wintermonate zu schließen. Die genannten Mehrkosten seien nicht einfach schnell umzulegen. Für die mittelfristige Sicherung des Betriebes würden größere Investitionen in das Unternehmen folgen. Dies benötige aber Zeit. Von der Kurzarbeit sei sechs Mitarbeiter betroffen.

 

Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. September 2022 ab. Die Schließung eines Betriebsteils sei eine Entscheidung des Arbeitgebers aus organisatorischen Gründen, um die Finanzierung (größere Investitionen in Planung) zu bewerkstelligen. Eine Gewährung von Kurzarbeitergeld ausschließlich wegen aktueller Preissteigerungen, insbesondere beim Gas und anderen Energieträgern, sei nicht möglich. Preissteigerungen stellten kein unabwendbares Ereignis im Sinne des Kurzarbeitergeldes dar, weil es sich hierbei um ein übliches, allgemeines Marktrisiko handle.

 

Den Widerspruch der Antragstellerin vom 22. September 2022 wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2022 zurück.

 

Die Antragstellerin hat hiergegen am 26. Oktober 2022 Klage erhoben (Az.: S 5 AL 288/22), welche noch anhängig ist, und zugleich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.

 

Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 7. November 2022 im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, den Arbeitsausfall vom Dezember 2022 bis März 2023 anzuerkennen und der Antragstellerin einen entsprechenden Anerkennungsbescheid zu erteilen. Im Übrigen (bezüglich der Zeiten vom 28. bis zum 30. November 2022 und vom 1. bis zum 2. April 2023) hat es den Antrag abgelehnt. Es hat unter anderem ausgeführt, dass nach summarischer Prüfung ein erheblicher Arbeitsausfall im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) und das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzungen vorgetragen und glaubhaft gemacht sei. Die Antragstellerin sei von den Preissteigerungen, die durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine weltweit verursacht worden seien, in erheblichem Maße betroffen. Auch sei der Arbeitsausfall – nach jetzigem Sachstand – nur vorübergehend (bis März 2023).

 

Die Antragsgegnerin hat am 24. November 2022 Beschwerde eingelegt. Am selben Tag hat sie in Ausführung des Beschlusses vom 7. November 2023 einen entsprechenden vorläufigen Bescheid erlassen.

 

Die Antragsgegnerin beantragt,

 

den Beschluss des Sozialgerichtes Dresden vom 7. November 2022 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

 

Die Antragstellerin beantragt,

 

die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2023 hat die Antragsgegnerin unter anderem mitgeteilt, dass die Antragstellerin innerhalb der Ausschlussfrist des § 325 Abs. 3 SGB III keine Leistungsanträge auf Kurzarbeitergeld für die Kalendermonate des streitbefangenen Zeitraums gestellt habe. Zwischenzeitlich seien alle Ausschlussfristen abgelaufen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheide aus. Auf Grund der Zweistufigkeit des Antrags-/Leistungsverfahrens für Kurzarbeitergeld erscheine es fraglich, ob die Antragstellerin noch ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Erteilung des hier streitigen Anerkennungsbescheides hat.

 

Die Antragstellerin hat im Schriftsatz vom 2. August 2023 bestätigt, dass zwischenzeitlich die Ausschlussfristen abgelaufen seien und sie keinen Leistungsantrag mehr stellen könne. Darauf komme es aber nicht an. Denn es sei zu beurteilen, ob sie zum Zeitpunkt der Antragstellung einen Anspruch auf Erlass eines positiven Anerkennungsbescheides gehabt habe.

 

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in beiden Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

 

 

II.

 

1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die vorläufige Anerkennung eines Arbeitsausfalles als Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist unzulässig geworden, weil das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist (a). Soweit die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren noch geklärt haben will, ob sie zum Zeitpunkt der Antragstellung einen Anspruch auf Erlass eines positiven Anerkennungsbescheides gehabt habe, fehlt es ihr zumindest an einem Anordnungsgrund (b).

 

a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

 

(1) Auch in einem Verfahren des vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ist ein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 17. Dezember 2015 – L 3 AS 710/15 B ER – juris Rdnr. 34 f.; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. Juli 2022 – L 3 AS 290/22 B ER – juris Rdnr. 21 ff.; Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG [2. Aufl., 2022], § 86b Rdnr. 355; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 86b Rdnr. 26b). Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, die bei jeder Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegeben sein muss. Der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet, dass nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 12. Mai 2022 – L 3 AS 243/20 – juris Rdnr. 20, m. w. N.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt unter anderem dann, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung weder gegenwärtig noch zukünftig die Stellung des Klägers oder Antragsstellers verbessern würde (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 2020 – B 14 AS 7/19 RBSGE 130, 132 ff. = SozR 4-7645 Art 17 Nr. 2 = juris Rdnr. 10, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 12. Mai 2022, a. a. O., m. w. N.; Keller, a. a. O., Vor § 51 Rdnr. 16a, m. w. N.).

 

(2) Gemessen hieran ist das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an einer vorläufigen Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr das Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalles und die Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen zu bestätigen, entfallen.

 

Nach § 95 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn

1.  ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,

2.  die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,

3.  die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und

4.  der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

 

Die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist in einem zweistufigen Verfahren geregelt.

 

In einem ersten Schritt ist nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB III der Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen. Die Anzeige kann nur vom Arbeitgeber oder der Betriebsvertretung erstattet werden (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Arbeitgeber macht allerdings nur Rechte von Arbeitnehmern seines Betriebes auf Kurzarbeitergeld im Wege der Prozessstandschaft geltend (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 2021 – B 11 AL 6/21 R – BSGE 133, 91 ff. = SozR 4-4300 § 106 Nr. 1 = juris Rdnr. 8, m. w. N.). Die eigentlichen Anspruchsinhaber für diese Leistung der aktiven Arbeitsförderung (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 5 SGB III) sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nach § 99 Abs. 3 SGB III hat die Agentur für Arbeit der oder dem Anzeigenden unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilen, ob auf Grund der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind.

 

In einem zweiten Schritt ist nach § 323 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 SGB III Kurzarbeitergeld vom Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch unter Beifügung einer Stellungnahme der Betriebsvertretung zu beantragen. Nach § 325 Abs. 3 Halbsatz 1 Alt. 1 SGB III ist Kurzarbeitergeld für den jeweiligen Kalendermonat innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten zu beantragen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Monats, in dem die Tage liegen, für die die Leistungen beantragt werden (vgl. § 325 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB III). Nach § 99 Abs. 2 Satz 1 SGB III wird Kurzarbeitergeld frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist.

 

Die Antragstellerin hat keinen Antrag auf Zahlung von Kurzarbeitergeld gestellt. Wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist in § 325 Abs. 3 SGB III kann sie einen solchen Antrag auch nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg stellen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

 

Daraus folgt, dass weder der Fortbestand des zusprechenden Beschlusses des Sozialgerichtes vom 7. November 2022 noch eine gerichtliche Entscheidung im Beschwerdeverfahren, mit der dieser Beschluss bestätigt würde, weder gegenwärtig noch zukünftig die Stellung der Antragstellerin – aber auch nicht die ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – verbessern würde. Dies gilt nicht nur für das Recht des Kurzarbeitergeldes, sondern auch für einen etwaigen Amtshaftungsanspruch der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin. Denn der Bescheid vom 19. September 2022 enthielt eine Belehrung über die Ausschlussfrist in § 325 Abs. 3 SGB III. Zudem erließ die Antragsgegnerin am 24. November 2022 in Ausführung des Beschlusses vom 7. November 2023 einen vorläufigen Bescheid im Sinne von § 99 Abs. 3 SGB III. Damit lag es nicht im Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin später nicht innerhalb der Ausschlussfrist Anträge auf Zahlung von Kurzarbeitergeld stellte.

 

b) Soweit die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren des vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes noch geklärt haben möchte, ob sie zum Zeitpunkt der Antragstellung einen Anspruch auf Erlass eines positiven Anerkennungsbescheides gehabt hatte, ist hierfür jedenfalls nicht der erforderliche Anordnungsgrund gegeben.

 

Für eine einstweilige Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.

 

Ein Bescheid im Sinne von § 99 Abs. 3 SGB III enthält, wie sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, die Feststellung des Vorliegens eines erheblichen Arbeitsausfalls und der betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (vgl. Bay. LSG, Beschluss vom 4. Juni 2020 – L 9 AL 61/20 B ERNZA-RR 2020, 469 ff. = juris Rdnr. 184; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. September 2020 – L 20 AL 109/20 B ERZInsO 2020, 2397 ff. = juris 29; LSG Hamburg, Urteil vom 18. Januar 2023 – L 2 AL 17/22 – juris Rdnr. 26; Müller-Grune, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [3. Aufl., 2023], § 99 Rdnr. 46). Statthafte Klageart im Falle eines negativen Anerkennungsbescheides ist die kombinierte Anfechtung- und Verpflichtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG; für lediglich eine Verpflichtungsklage: Müller-Grune, a. a. O., Rdnr. 53; für eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage [§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG], wenn schon bereits während des Vorverfahrens Leistungsanträge für bestimmte Monate gestellt worden sind: Bay. LSG, Urteil vom 9. August 2023 – L 10 AL 130/21 – juris Rdnr. 17).

 

Nach § 39 Abs. 2 Alt. 5 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht auf andere Weise erledigt ist. Sowohl ein positiver Bescheid im Sinne von § 99 Abs. 3 SGB III als auch ein negativer Anerkennungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt, der in die Zukunft gerichtet und damit ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist (vgl. zu feststellenden Verwaltungsakten als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung: Schneider-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X [2. Aufl., 2017], § 39 Rdnr. 54; vgl. auch Siewert, in: Diering/Timme/Stähler, SGB X [6. Aufl., 2022], § 31 Rdnr. 39). Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung erledigt sich auf andere Weise unter anderem, wenn der sich aus dem Bescheid ergebende Ausspruch erkennbar keine Wirkung mehr entfaltet, weil Bestand oder Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes für den Adressaten erkennbar an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden waren, die nicht mehr besteht (vgl. Steinwedel, in: Rolfs/Körner/Krasney/Mutschler, beck-online.Großkommentar [Kasseler Kommentar] [Stand: 01.05.2021], § 39 Rdnr. 26, m. w. N.; ähnlich: Schneider-Danwitz, a. a. O., § 39 Rdnr. 50, m. w. N....; zum Begriff des "erledigenden Ereignisses": Sächs. LSG, Beschluss vom 9. März 2009 – L 3 B 840/08 AS-ER – juris Rdnr. 16).

 

Danach hat sich das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin auf Erlass eines positiven Anerkennungsbescheides im Sinne von § 99 Abs. 3 SGB III erledigt, weil ein solcher Bescheid aus den unter Buchstabe a genannten Gründen keine Wirkung mehr für sie entfalten kann.

 

Wenn sich eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erledigt hat, kann die Klage in analoger Anwendung von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 1976 – 7 RAr 107/75BSGE 42, 212 ff. = SozR 1500 § 131 Nr. 3 = juris Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 11/19 R – SozR 4-2500 § 103 Nr. 30 = juris Rdnr. 17 f.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 131 Rdnr. 7c, m. w. N.; Schütz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG [2. Aufl., 2022], § 131 Rdnr. 34, m. w. N.).

 

Eine solche Umstellung ihres Rechtsschutzbegehrens hat die Antragstellerin im Schriftsatz vom 2. August 2023 zum Ausdruck gebracht.

 

Für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, im Rahmen derer auch vorläufige Feststellungen getroffen werden können (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 3. März 2008 – L 3 B 187/07 AS-ER – juris Rdnr. 5, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2012 – L 3 AS 618/12 B ER – juris Rdnr. 18), bedeutet dies, dass in der Regel kein berechtigtes Interesse für eine vorläufige Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes besteht. Denn ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht nur im Falle einer Wiederholungsgefahr, einer Präjudizialität oder eines Rehabilitierungsinteresses (vgl. Keller, a. a. O., Rdnr. 10, m. w. N.). Dass eine entsprechende Fallgestaltung bei der Antragstellerin vorliegen könnte, ist weder von ihr vorgetragen noch nach Aktenlage zu erkennen.

 

Unabhängig davon ist ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich, aus welchen Gründen es der Antragstellerin nicht zumutbar sein soll, eine Entscheidung über ihren Fortsetzungsfeststellungsantrag im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

 

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 193, 183 SGG. § 197a SGG findet keine Anwendung, weil der Arbeitgeber in Streitigkeiten über Kurzarbeitergeld nur Prozessstandschafter für seine Arbeitnehmer ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 3/08 RBSGE 104, 83 ff. = SozR 4-4300 § 170 Nr. 2 = juris Rdnr. 22).

 

Bei der Kostenentscheidung hat der Senat zum einen berücksichtigt, dass der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 325 Abs. 3 SGB III aus den genannten Gründen keinen Erfolg mehr haben konnte, die Antragstellerin das Verfahren aber gleichwohl weiter betrieben hat.

 

Für die Zeit davor hält der Senat eine Kostenquotelung für sachgerecht, einen Teil der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für erstattungsfähig zu erklären. Denn es ist bislang in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Energiepreissteigerungen ein Grund im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III für die Anerkennung eines erheblichen Arbeitsausfalles sein können.

 

So vertritt zwar zum Beispiel die Bundesagentur für Arbeit in ihrem FAQ "Informationen für Unternehmen zum Kurzarbeitergeld" die Auffassung, dass eine Gewährung von Kurzarbeitergeld ausschließlich wegen aktueller Preissteigerungen, insbesondere beim Gas und anderen Energieträgern, nicht möglich sei. Preissteigerungen stellten kein unabwendbares Ereignis im Sinne des Kurzarbeitergeldes dar, weil es sich hierbei um ein übliches, allgemeines Marktrisiko handele. Allerdings lässt sich auch die Auffassung vertreten, dass ein solches allgemeines Marktrisiko nicht mehr vorliegt, wenn die Preissteigerungen erheblich von den üblichen Schwankungen abweichen und die Betriebe einem Wirtschaftssektor angehören, in dem erhebliche energieaufwendige Betriebsabläufe üblich sind. Ansonsten wären diese Betriebe darauf verwiesen, ihre Geschäfte auch auf das Risiko, ihre wirtschaftliche Existenz und damit Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter zu gefährden, weiter zu betreiben.

 

Sofern unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Fallkonstellationen auch bei erheblichen Energiepreissteigerungen ein unabwendbares Ereignis im Sinne des Kurzarbeitergeldes zu bejahen sein sollte, wäre weiter unter anderem zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange die Schwierigkeiten des betroffenen Betriebes im Einzelfall durch betriebsinterne Gründe, zum Beispiel dem Abschluss eines erkennbar ungünstigen Energieliefervertrages, mitverursacht sein könnten (vgl. § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SGB III: "betriebsorganisatorische Gründe"). Ferner wäre zu prüfen, ob der Arbeitsausfall nicht vermeidbar im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 SGB III ist.

 

Eine Klärung dieser Punkte ist im vorliegenden Verfahren nicht mehr möglich, weil das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin aus den eingangs genannten Gründen keinen Erfolg mehr hat.

 

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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