Für die Frage, ob eine abgefundene Rente wegen wesentlicher Verschlimmerung wieder zu zahlen ist, kommt es auf einen Vergleich der tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Feststellung mit den im streitigen Zeitraum bestehenden Verhältnissen an. Ein Ausführungsbescheid zur Aufhebung eines Entziehungsbescheids stellt keine Rentenneufeststellung dar.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.05.2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die erneute Zahlung einer Verletztenrente ab dem 01.11.2018 nach erfolgter Rentenabfindung auf Lebenszeit wegen einer wesentlichen Verschlimmerung des Gesundheitszustands.
Der 1951 geborene Kläger, gelernter Industriekaufmann, war seit Anfang der 1970er Jahre als Sachbearbeiter bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) M1 beschäftigt, als er am Morgen des 10.06.1980 auf dem Weg zur Arbeit mit seinem Pkw verunfallte. Dabei erlitt er neben Schürfwunden und Prellungen eine dislozierte Patellatrümmerfraktur rechts. Die Beklagte holte D1 B1 das Erste Rentengutachten vom 13.10.1980 (Bl. 34 ff. VerwA) ein, der nach Untersuchung des Klägers als wesentliche Unfallfolgen eine Funktionsminderung (Muskelverschmächtigung) des rechten Beins (Umfang 20 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 36,0 cm ggü. links 41,5 cm, Umfang 10 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 35,0 cm ggü. links 33,5 cm, Umfang 15 cm unterh. inn. Gelenkspalt: 31,0 cm ggü. links 32,0 cm, kleinster Umfang Unterschenkel: beidseits 21,0 cm), eine Bewegungsbehinderung im (rechten) Kniegelenk (Streckung/Beugung 0/0/120° ggü. links 0/0/150°) und „glaubhafte subjektive Beschwerden“ bei Zustand nach in befriedigender Stellung knöchern fest verheiltem Kniescheibentrümmerbruch rechts und operativer Teilentfernung der Patella sowie osteosynthetischer Versorgung des verbliebenen Kniescheibenanteils mittels zweier Kirschnerdrähte beschrieb. Er schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bis 08.12.1980 auf 30 v.H. und sodann auf 20 v.H. ein. In seinem Zweiten Rentengutachten vom 27.04.1981 (Bl. 60 ff. VerwA) dokumentierte D1 eine (nur noch) „etwas“ verschmächtigte Oberschenkelmuskulatur rechts (Umfang 20 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 38,0 cm ggü. links 42,0 cm, Umfang 10 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 35,0 cm ggü. links 34,5 cm, Umfang 15 cm unterh. inn. Gelenkspalt: 32,5 cm ggü. links 33,0 cm, kleinster Umfang Unterschenkel: 21,5 cm ggü. links 22,0 cm) sowie eine „nicht wesentlich eingeschränkte“ Kniebeweglichkeit rechts (Streckung/Beugung 0/0/130° ggü. links 0/0/140°) bei festen Seiten- und Kreuzbändern und unbehindertem Gang. Er schätzte die MdE ab dem 09.12.1980 auf 20 v.H. ein.
Darauf gestützt bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02.06.1981 (Bl. 65 VerwA) „wegen der Folgen des Arbeitsunfalls“ vom 10.06.1980 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H. beginnend am 01.07.1981 bis auf weiteres. Zugleich anerkannte sie als Folgen des Unfalls eine Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk, eine Minderung der Muskulatur des rechten Beins sowie belastungsabhängige Beschwerden im rechten Kniegelenk nach Bruch der rechten Kniescheibe mit Teilentfernung bei noch liegenden Kirschnerdrähten. Unfallunabhängig bestehe ein Zustand nach Schien- und Wadenbeinbruch rechts im Jahr 1963.
In der Folge ging der A1 E1 zunächst noch davon aus, dass die MdE weiterhin 20 v.H. betrage (s. im Einzelnen Gutachten vom 16.04.1982, Bl. 95 ff. VerwA). In seinem weiteren Gutachten vom 13.06.1983 (Bl. 122 ff. VerwA) beschrieb er sodann nach erneuter Untersuchung des Klägers eine deutlich gebesserte Kniegelenksbeweglichkeit rechts sowie eine nur noch geringfügige Muskelminderung des rechten Oberschenkels; die MdE betrage lediglich noch 10 v.H. Nach Anhörung des Klägers entzog die Beklagte daraufhin die Rente mit Ablauf des Monats August 1983 wegen einer wesentlichen Besserung (Bescheid vom 21.07.1983, Bl. 131 VerwA). Im Widerspruchsverfahren holte sie das Gutachten R1 H1 vom 22.09.1983 (Bl. 147 ff. VerwA) ein, der die Einschätzung des A1 bestätigte. Im folgenden Klageverfahren (S 4 U 2908/83; vgl. § 85 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in der bis zum 28.02.1993 geltenden Fassung) beim Sozialgericht Mannheim (SG) holte das Gericht das Sachverständigengutachten S1 vom 05.04.1984 (Bl. 166 ff. VerwA) ein, der die Auffassung vertrat, dass seit dem Gutachten D1 vom 27.04.1981 eine wesentliche Besserung nicht eingetreten sei. Die Beklagte nahm der Sache nach daraufhin den Bescheid vom 21.07.1983 und der Kläger die Klage zurück (vgl. Bl. 192 f. VerwA; s. auch Ausführungsbescheid vom 29.08.1984, Bl. 203 VerwA).
Mit Bescheid vom 28.07.1987 (Bl. 255 VerwA) entzog die Beklagte die Rente nach Anhörung des Klägers erneut, dieses Mal zum Ablauf des Monats August 1987. Grundlage dessen war das zwischenzeitlich eingeholte Gutachten S1 vom 20.06.1987 (Bl. 245 ff. VerwA), der nach Untersuchung des Klägers nunmehr zu einer wesentlichen Befundverbesserung im Bereich des rechten Knies gelangt war (MdE nur noch 10 v.H.). Im folgenden Klageverfahren beim SG (S 4 U 1718/87), in dem der Kläger die Aufhebung des Bescheids vom 28.07.1987 begehrte (s. Bl. 263 VerwA), legte er (Privat-)Gutachten vor, nämlich seines behandelnden H2 vom 09.11.1987 (Bl. 274 ff. VerwA: „Behinderungsgrad 25 %“) sowie W1 vom 04.02.1988 (Bl. 285 ff. VerwA: MdE weiterhin 20 v.H.). Im Anschluss holte das SG von Amts wegen das Sachverständigengutachten S2 vom 13.05.1988 (Bl. 305 ff. VerwA) ein, der eine wesentliche Besserung nicht zu erkennen vermochte, zugleich aber fragend anmerkte, ob „aufgrund des seinerzeitigen Befunds die MdE tatsächlich 20 % betragen“ habe. Die Beklagte brachte die beratungsärztliche Stellungnahme M2 vom 06.09.1988 bei (Bl. 332 f. VerwA), der insbesondere meinte, dass die Gefahr einer Verschlimmerung nicht außer Acht gelassen werde dürfe und die Besserung („gute“ Beweglichkeit, Rückgang der Muskelminderung) „in Zahlen nicht ausgedrückt“ sei. Die Beklagte gab daraufhin schriftsätzlich gegenüber dem SG unter Hinweis auf § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Hauptsache ein „Anerkenntnis“ dahingehend ab, dass „weiterhin über den 31.08.87 hinaus eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 20 v.H. wegen des Unfalls vom 10.06.80 besteht“ und dass „der Bescheid vom 28.07.87 aufgehoben wird“ (Bl. 335 VerwA); dies nahm der Kläger an (Bl. 338 VerwA). Mit (Ausführungs-)Bescheid vom 27.10.1988 (Bl. 341 VerwA) verlautbarte die Beklagte, dass der Bescheid vom 28.07.1987 „durch das Anerkenntnis vom 23.09.1988“ vor dem SG aufgehoben und dass deshalb die Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 01.09.1987 weitergezahlt werde.
In der Folge holte die Beklagte das Gutachten W1 vom 23.11.1991 (Bl. 390 ff. VerwA) ein, der weiterhin eine MdE von 20 v.H. für zutreffend erachtete.
Im März 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Abfindung seiner Rente auf Lebenszeit mit einem Betrag i.H.v. 100.477 DM (Bl. 423 f. VerwA). Die Beklagte entsprach dem Antrag mit Bescheid vom 18.05.2000 und verfügte einen Abfindungsbetrag von 100.477,21 DM (51.373,18 €) sowie den Wegfall der Rente mit Ablauf des Monats Mai 2000.
Aufgrund eines am 15.01.2002 stattgehabten Ereignisses (Ausrutschen auf Glatteis), nach Angabe (s. dazu einerseits die Unfallanzeige vom 05.09.2002, andererseits den „Widerruf“ des Arbeitgebers vom 14.04.2003) auf dem Nachhauseweg im Rahmen der vom Kläger ab dem 01.02.2001 bei der W2 A2 ausgeübten Beschäftigung als Kundendienstbetreuer im Außendienst - das Arbeitsverhältnis wurde später arbeitgeberseitig gekündigt -, zog sich der Kläger eine subcapitale Humerusfraktur links zu. Die Beklagte bewilligte dem Kläger nach Einholung eines ärztlichen Gutachtens „wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 15.01.2002“ eine Rente als vorläufige Entschädigung ab dem 17.04.2002 nach einer MdE von 30 v.H. (Bescheid vom 27.05.2002) und gewährte ihm später eine behindertengerechte Umrüstung seines Pkw. Aufgrund multipler orthopädischer (namentlich Wirbelsäulenleiden und die Oberarmbeschwerden links) sowie internistischer Erkrankungen bei beginnendem hirnorganischen Abbausyndrom und einer organischen affektiven Störung bei Angst und depressiver Störung gemischt (s. zu allem das Gutachten nach Untersuchung K1 vom 11.04.2003 für die vormalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA -) bezieht der Kläger seit dem 01.05.2003 eine Rente wegen (medizinisch) voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Mit Bescheid vom 15.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.03.2004 erhöhte die Beklagte nach Einholung von Gutachten die Rente wegen des Unfalls vom 15.01.2002 ab dem 01.05.2003 unter Zugrundelegung einer MdE von 40 v.H., nachdem es im Rahmen der Metallentfernung im Bereich der linken Schulter zu einer Schädigung des Nervus axillaris gekommen war; Leistungen bei Pflegebedürftigkeit wegen dieses Unfalls lehnte sie ab (Bescheid vom 11.02.2004). Im Klageverfahren beim SG (S 3 U 1059/04) hinsichtlich der Rentenhöhe einigten sich die Beteiligten vergleichsweise dahingehend - nachdem die Beklagte dem Kläger wegen des Unfalls vom 15.01.2002 zwischenzeitlich Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 40 v.H. bewilligte hatte (Bescheid vom 22.12.2014) -, dass die Rente ab dem 01.01.2004 auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 50 v.H. gezahlt wird (gerichtlicher Vergleich vom 11.05.2006, Ausführungsbescheid vom 24.05.2006).
Im September 2009 erlitt der Kläger bei einem privaten Sturz eine traumatische Hirnblutung, derentwegen bei ihm nach eigener Angabe ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt ist.
Mit Schreiben vom 18.09.2013 (Bl. 481 VerwA) machte der Kläger bei der Beklagten geltend, dass hinsichtlich seines rechten Knies eine Verschlimmerung „von 10 % oder mehr“ eingetreten sei. Er verwies u.a. auf die bei seiner behandelnden M3 vorhandenen Unterlagen. Diese bekundete in ihrer Auskunft gegenüber der Beklagten vom 08.10.2013 (Bl. 482 VerwA), den Kläger zuletzt Ende April 2009 behandelt zu haben; in ihrer weiteren Auskunft vom 14.10.2013 (Bl. 502 VerwA) teilte sie mit, den Kläger überhaupt nur einmal wegen des Unfalls vom 10.06.1980 untersucht zu haben und zwar am 14.10.2013. Die Beklagte holte bei dem M4 das Gutachten vom 30.10.2013 (Bl. 506 ff. VerwA) ein - der nach Untersuchung eine wesentliche Verschlimmerung der Kniestörungen rechts verneinte und eine diesbezügliche MdE weiterhin mit 20 v.H. einschätzte (im Übrigen: Streckung/Beugung 0/0/130° ggü. links 5/0/140°) - und lehnte darauf sowie auf eine beratungsärztliche Stellungnahme (Bl. 526 VerwA) gestützt eine „Rentenerhöhung“ mit Bescheid vom 27.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2013 (Bl. 515 ff., 528 ff. VerwA) ab. Im dagegen geführten Klageverfahren beim SG (S 16 U 103/14) holte das Gericht das Sachverständigengutachten des W3 vom 06.08.2014 (Bl. 571 ff. VerwA) ein, der nach Untersuchung des Klägers meinte, dass sich im Vergleich zum Gutachten des S2 vom 13.05.1988 keine wesentliche Änderung ergeben habe (im Übrigen: geringes Schonhinken rechts, Streckung/Beugung 0/0/150° rechts ggü. 3/0/150° links). Der Kläger nahm seine Klage im November 2014 zurück.
Mit Schreiben vom 24.10.2018 (Bl. 595 VerwA) - Anlass des hiesigen Verfahrens - wandte er sich erneut an die Beklagte und machte geltend, dass eine „wesentlich aktuelle funktionelle Einschränkung“ an seinem rechten Knie eingetreten sei. Es solle bei seinen behandelnden K4 - namentlich „L1 - bei denen er seit Jahren Patient sei, ein neues Gutachten eingeholt werden. Gegenüber der Beklagten gaben die Ärzte der K4 an, den Kläger seit 2014 nicht mehr wegen der Unfallfolgen behandelt zu haben (Bl. 601 VerwA). In Folge übersandte der L1 seinen D-Arztbericht vom 13.12.2018 (Bl. 605 VerwA: leicht rechtshinkendes Gangbild, deutlicher Patelladruck-, anpress- und -verschiebeschmerz, Beweglichkeit 0/0/150°, bandstabil). Die Beklagte holte bei dem R2 das Gutachten vom 10.05.2019 (Bl. 624 ff. VerwA) ein. Dieser befundete nach Untersuchung des Klägers am 25.04.2019 eine endgradige Beugeeinschränkung im rechten Kniegelenk (Streckung/Beugung 0/0/130°, links 0/0/140°) bei diskretem Schonhinken, seitengleich normaler Fußsohlenbeschwielung, gut verschieblicher Patella und nur geringer retropatellarer Krepitation; Schubladenzeichen lagen ebenso wenig vor wie eine Überwärmung oder ein Erguss. Die Umfangmaße der unteren Extremitäten ergaben ein im Wesentlichen seitengleiches Bild. Der Gutachter wies darauf hin, dass eine kaum messbare funktionelle Einschränkung seitens des rechten Knies vorliege, die allenfalls mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten sei. In Ansehung des Vergleichsgutachtens des S2, der die MdE mit 20 v.H. eingeschätzt habe, ergebe sich mithin keine wesentliche Änderung (Bl. 630 VerwA).
Darauf gestützt lehnte die Beklagte eine „Rentenerhöhung“ mit Bescheid vom 05.06.2019 (Bl. 634 ff.) ab. Es liege im Vergleich zum Gutachten S2 vom 13.05.1988 (Grundlage des „letzten maßgeblichen Bescheids über Verletztenrente vom 27.10.1988“) keine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 73 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) vor, da die MdE weiterhin 20 v.H. betrage. Im Widerspruchsverfahren befragte sie den S3, der in seiner Stellungnahme vom 18.06.2019 darauf aufmerksam machte, dass eine Kniebeweglichkeit von 0/0/130° einem Normalbefund entspreche, dass keine Instabilität des Kniegelenks vorliege, dass keine muskulären Schonzeichen zu erkennen seien und dass die MdE damit eher mit unter 10 v.H. zu bewerten sei. Darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2019 (Bl. 658 ff. VerwA) zurück.
Dagegen hat der Kläger beim SG am 16.09.2019 mit dem Begehren einer Rentengewährung wegen der Folgen des Unfalls vom 10.06.1980 nach einer MdE von wenigstens 30 v.H. Klage erhoben (S 13 U 2650/19). Es liege eine Verschlimmerung des Zustands seines rechten Kniegelenks vor, die jetzt eine MdE von mindestens 30 v.H. und nicht mehr nur von 20 v.H. bedinge. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf massive Schmerzen verwiesen. Er müsse sich beim Treppensteigen immer am Geländer festhalten, um nicht zu stürzen. Außerdem habe er ein „Klammergefühl“ nach längerer Belastung und eine deutlich eingeschränkte Gehstrecke. Die von allen Vorgutachtern und M2 beschriebene Gefahr einer Verschlimmerung der posttraumatischen Arthrose sei eingetreten. Auch habe die Beklagte dem Kläger einen Handlauf für sein Treppengeländer bewilligt.
Mitte März 2020 erstattete der K3 einen D-Arztbericht über die Untersuchung des Klägers am 07.02.2020 (Bl. 681 f. VerwA: „li. Knie: GK o.B., F/E 120-0-0, erhebliche Krepitationen. Bänder stabil, DMS o.B.“).
Das SG hat bildgebendes Material beigezogen und sodann von Amts wegen das Sachverständigengutachten C1 vom 24.06.2020 (Bl. 38 ff. SG-Akte) eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung (22.06.2020) beim Kläger eine Muskelminderung am rechten Oberschenkel (Umfang 20 cm ob. Kniegelenk: 39,5 cm ggü. links 42 cm, Umfang 10 cm ob. Kniegelenk: 34,5 cm ggü. links 35 cm, Umfang auf Höhe Kniegelenk, 35 cm ggü. links 34,5 cm, Umfang 15 cm unterh. Kniegelenk: 32,5 cm ggü. links 33,5 cm, Umfang auf Höhe der Knöchelgabel 22,5 cm ggü. links 23,5 cm), eine reizlose Narbe über der Kniescheibe, Druckschmerzangaben und eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Kniegelenks (Streckung/Beugung 0/5/135° ggü. links 0/0/145°) befundet. Die Kreuz- und Seitenbänder hat er als stabil beschrieben, eine Rötung, Überwärmung und Ergussbildung hat nicht vorgelegen, ebenso wenig Hinweise auf motorische Schwächen. Die MdE sei aktuell mit 10 v.H. zu bewerten. Eine rechtlich wesentliche Änderung „im Vergleich zum Gutachten vom 13.05.1988“ liege nicht vor. Auch S2 habe eine Muskelminderung am rechten Oberschenkel beschrieben, diese habe allenfalls geringgradig zugenommen. Die von ihm ebenfalls schon beschriebenen Schmerzen beim Anpressen und Verschieben der Kniescheiben seien weiterhin vorhanden. Es bestehe zusammenfassend gegenüber dem Gutachten von S2 allenfalls eine geringgradige und funktionell unbedeutende Verschlechterung. Damit betrage die MdE weiterhin 20 v.H.
Der Einschätzung des Sachverständigen ist die Klägerseite entgegengetreten (s. im Einzelnen Bl. 52 ff. SG-Akte), hat erneut auf die Schmerzen und Beschwerden des Klägers, die sich seit dem Jahr 1988 verschlimmert hätten, verwiesen und wiederum geltend gemacht, dass die Beklagte Kosten für einen Handlauf i.H.v. rund 900 € übernommen habe und zwar gerade wegen der Kniebeschwerden.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.05.2021 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die letzte verbindliche Feststellung der MdE auf dem (Ausführungs-)Bescheid der Beklagten vom 27.10.1988 beruhe, diese wiederum auf dem Gutachten S2. Im Vergleich dazu ergebe sich aus dem Gutachten C1 nur eine geringfügige Verschlechterung der Beuge- und Streckfähigkeit. Die Schmerzangaben des Klägers seien nicht objektiviert und begründeten nach C1 und R2 auch keine weiteren funktionellen Einschränkungen. Der Kläger habe mithin nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 73 Abs. 3 SGB VII keinen Anspruch auf die begehrte „höhere Rente“.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 20.05.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 01.06.2021 Berufung eingelegt, mit der er einen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.06.1980 nach einer MdE von 30 v.H. ab Verschlimmerungsantragstellung im Oktober 2018 (s. S. 22, 39 Senats-Akte) geltend gemacht hat. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er auf das „Ärztliche Attest“ K3 K4 vom 17.03.2021 (S. 25 Senats-Akte: wegen posttraumatischer Gonarthrose sei ein Treppenlift dringend indiziert) verwiesen. Außerdem ist der D-Arzt-Bericht K3 vom 22.03.2022 (S. 40 f. Senats-Akte: „Rechtes Knie: Gelenkkontur o.B. Flex/Ex 110-0-0°, massive Krepitationen. DS medialer Gelenkspalt. Bänder stabil. DMS o.B.“, Diagnose: posttraumatische Gonarthrose rechts) zur Akte gelangt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.05.2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.06.1980 abgefundene Verletztenrente ab dem 01.11.2018 in Höhe einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v.H. nach einer Verschlimmerung von 20 v.H. auf 30 v.H. wieder zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Objektivierbare Funktionseinschränkungen, die eine MdE von 30 v.H. begründen könnten, lägen nicht vor. Eine solche MdE sei erst bei einer Beweglichkeitseinschränkung auf 0-30-90° vorgesehen, die Beweglichkeit des rechten Knies des Klägers sei deutlich besser. Das „Attest“ vom 17.03.2021 könne im Zusammenhang mit dem vorliegend in Rede stehenden Unfall nicht nachvollzogen werden. Vielmehr habe der Kläger im Rahmen der Unfallsache betreffend den Unfall vom 15.01.2002 hinsichtlich der Gewährung eines Zuschusses (von der Pflegekasse) zum behindertengerechten Umbau seines Badezimmers selbst Steh- und Gehprobleme infolge von Schwindel durch die stattgehabte Hirnblutung angegeben; letztlich hätten die unfallunabhängigen Einschränkungen auch dazu geführt, dass die Krankenkasse (gemeint: Pflegekasse) den Zuschuss doch bewilligt habe.
Der Senat hat K3 die dortigen Patientenunterlagen für die Zeit seit Ende Juni 2020 (Zeitraum nach Begutachtung des Klägers C1) angefordert. Der hat dem Senat seinen Krankenblattauszug vom 09.08.2022 übersandt (S. 46 Senats-Akte), auf den hier wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird.
Die Beklagte hat dazu u.a. ausgeführt, dass schon in Ansehung der aktuellen Beweglichkeit (s. auch bereits D-Arzt-Bericht vom 17.02.2021, Bl. 721 VerwA) keine MdE von 20 v.H. begründbar sei, erst recht nicht auf der Grundlage C1 dokumentierten (insgesamt besseren) Beweglichkeit von 0/5/135° bei stabiler Gelenkführung.
Die Klägerseite hat im Anschluss an Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der Beklagten zum Unfall vom 15.01.2002 insbesondere zum dortigen Sachverhalt und namentlich zur „Genehmigung“ des (Treppen-)Handlaufs vorgetragen (vgl. dazu namentlich Aktenvermerk vom 30.01.2018 und „Attest“ des L1 vom 23.02.2018: „Hiermit wird bescheinigt, dass das Anbringen eines Geländers bzw. Handlaufs an der Treppenwand vom Erdgeschoss in das erste Obergeschoß aus medizinischen und Sicherheitsgründen dringend erforderlich ist.“), es könne keine Rede davon sein, dass der Handlauf ausschließlich wegen der Folgen des Unfalls vom 15.01.2002 genehmigt worden sei. Im Übrigen hat die Klägerseite mitgeteilt, dass beim Kläger vor rund zwei Jahren auf der Grundlage des „Attests“ K3 vom 17.03.2021 (s.o.) ein Treppenlift eingebaut worden sei und dass unter keinem Gesichtspunkt davon ausgegangen werden könne, dass sich jemand einen Treppenlift einbauen lasse, wenn es dafür keine dringenden gesundheitlichen Gründe gebe. Solche seien vorliegend vielmehr fachärztlich bestätigt. Auch müsse berücksichtigt werden, dass dem Kläger weiterhin wegen der Folgen des Unfalls vom 10.06.1980 ärztlich eine krankengymnastische Behandlung verordnet worden sei; wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf S. 54 ff. Senats-Akte Bezug genommen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (auch zum Unfall vom 15.01.2002) sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 05.06.2019 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2019, mit dem es die Beklagte der Sache nach abgelehnt hat, die mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.05.2000 auf Lebenszeit abgefundene Verletztenrente des Klägers wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.06.1980 nach einer MdE von 20 v.H. im Hinblick auf eine - von ihr verneinte - wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen erneut zu zahlen. Der Kläger hat sein diesbezügliches (sinngemäßes, § 123 SGG) prozessuales Begehren auf (Wieder-)Zahlung der Rente sowohl in zeitlicher Hinsicht, ab dem Verschlimmerungsantrag mit Schreiben vom 24.10.2018, wobei ein Wiederzahlungsanspruch von vornherein von Gesetzes wegen im Hinblick auf das allgemeine Monatsprinzip (vgl. dazu nur Jung in jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 77 Rn. 10 m.w.N., Stand 15.01.2022) entsprechend § 214 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 73 Abs. 1 SGB VII erst ab 01.11.2018 bestehen kann, als auch in Höhe eines Verschlimmerungsgrads von 10 v.H. eingegrenzt, nachdem er in Ansehung der geltend gemachten Verschlimmerung eine MdE von 30 v.H. anstelle der der abgefundenen Rente zu Grunde gelegten MdE von 20 v.H. für gegeben erachtet (vgl. zu allem Senatsurteil vom 15.12.2022, L 10 U 1328/19, in juris, Rn. 28).
Ausgehend davon hat das SG die statthafte und auch im Übrigen zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 05.06.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat für die Zeit ab dem 01.11.2018 bis zur Entscheidung des Senats keinen Anspruch auf erneute Zahlung der abgefundenen Rente wegen einer wesentlichen Verschlimmerung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.06.1980.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 76 Abs. 3 SGB VII. Danach ist eine abgefundene Rente (s. dazu § 76 Abs. 1 SGB VII) - vorliegend die dem Kläger mit Bescheid vom 02.06.1981 nach einer MdE von 20 v.H. gewährte (kraft Gesetzes mit Ablauf des 10.06.1982 als Dauerrente, § 622 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung - RVO - in der ab dem 22.11.1981 geltenden Fassung; s. dazu nur Bundessozialgericht - BSG - 23.06.1983, 5a RKnU 2/82, in juris, Rn. 13) und mit Bescheid vom 18.05.2000 auf Lebenszeit abgefundene Rente - „insoweit“ (wieder) zu zahlen, als dass nach der Abfindung eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen des Versicherungsfalls eingetreten ist; die Regelung gilt kraft ihrem Verweis auf § 73 Abs. 3 SGB VII (dazu sogleich) gemäß der Übergangsbestimmung des § 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten sind (Senatsurteil vom 15.12.2022, L 10 U 1328/19, a.a.O. Rn. 30 m.w.N.), hier also auch für den Arbeitsunfall des Klägers vom 10.06.1980. Eine derartige wesentliche Verschlimmerung, die von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Senatsurteil a.a.O.; Jung in jurisPK-SGB VII, 3. Aufl. § 76 Rn. 27, Stand 15.01.2022; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 Rn. 22, Stand August 2018), liegt ob der Bezugnahme auf § 73 Abs. 3 SGB VII in § 76 Abs. 3 SGB VII vor, wenn sich die MdE um mehr als 5 v.H. erhöht hat und - bei Renten auf unbestimmte Zeit (nach der RVO: „Dauerrente“) - diese Veränderung der MdE länger als drei Monate andauert.
Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gemäß dem ebenfalls durch § 76 Abs. 3 SGB VII in Bezug genommenen § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts. In Betracht kommen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich zwischen den tatsächlichen Verhältnissen zur Zeit der letzten verbindlichen Rentenfeststellung und den aktuellen Verhältnissen zu ermitteln (vgl. dazu nur BSG 20.12.2016, B 2 U 11/15 R, in juris, Rn. 10 f. m.w.N.; dazu noch später im Einzelnen).
Liegt danach eine wesentliche Verschlimmerung (s. noch sogleich) vor, lebt die abgefundene Rente (ausgenommen in dem vorliegend mangels entsprechendem Antrag des Klägers und einer damit korrespondierenden Entscheidung der Beklagten nicht einschlägigen Fall des § 77 Abs. 1 SGB VII) indes nicht mehr auf - der Rentenanspruch ist in der Höhe der abgefundenen Rente auf Lebenszeit erloschen (Senatsurteil a.a.O. m.w.N., u.a. unter Hinweis auf BSG 28.09.1999, B 2 U 32/98 R, in juris, Rn. 35 zu § 604 RVO) -, sondern sie ist vielmehr in Höhe des Verschlimmerungsgrads („insoweit“, § 76 Abs. 3 SGB VII) zu zahlen (statt vieler nur Senatsurteil a.a.O. m.w.N.). Ist demnach z.B. eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. abgefunden worden und beträgt die MdE nach Verschlimmerung 30 v.H., wird die Rente nach einer MdE von 10 v.H. (erneut) gezahlt (Senatsurteil a.a.O. m.w.N.). Demgegenüber besteht kein Anspruch auf eine (erneute) Rentenzahlung, wenn die Verschlimmerung nach Abfindung einer nach einer MdE von 20 v.H. bemessenen Rente lediglich eine MdE von 25 v.H. begründet, weil die eingetretene Änderung um 5 Prozentpunkte rechtlich nicht „wesentlich“ ist (vgl. BSG 19.11.2013, B 2 U 17/12 R, in juris, Rn. 18; Senatsurteil a.a.O.).
Die Frage des Eintritts einer wesentlichen Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X (i.V.m. § 73 Abs. 3 und § 76 Abs. 3 SGB VII) ist anhand eines Vergleichs der tatsächlichen Verhältnisse zu zwei maßgeblichen Zeitpunkten zu ermitteln. Bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung von Unfallfolgen kommt es zum einen auf die zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Feststellung tatsächlich - also objektiv (s. dazu nur BSG 30.10.1989, 10 RKg 7/89, in juris, Rn. 12; Meibom in jurisPK-SGB VII, 3. Aufl. 2022, § 73 Rn. 48 m.w.N., Stand 15.01.2022) - bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse an, die ursächlich auf dem Unfall beruhen, wobei es nicht maßgeblich ist, ob neben der Feststellung einer rentenberechtigenden MdE auch Unfallfolgen förmlich festgestellt worden sind (vgl. dazu nur BSG 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, in juris, Rn. 23, 25 f.; Kranig in Hauck/Noftz, a.a.O., § 73 Rn. 23a, Stand Februar 2017). Diese tatsächlich auf dem Unfall beruhenden gesundheitlichen Verhältnisse sind, wenn wie hier eine Verschlechterung geltend gemacht wird, mit den bestehenden unfallbedingten Gesundheitsverhältnissen zu vergleichen, die - ggf. gestaffelt ab dem vom Betroffenen konkret geltend gemachten Zeitpunkt - bis zur letzten Entscheidung des Tatsachengerichts vorliegen (s. nur BSG 08.12.2021, B 2 U 10/20 R, in juris, Rn. 15; 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, in juris, Rn. 16, beide m.w.N.). Die jeweils bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse kommen dabei insbesondere in den medizinischen Gutachten zum Ausdruck, die über die Unfallfolgen zum Zeitpunkt der maßgeblichen Bewilligung und vor der letzten Entscheidung des Tatsachengerichts eingeholt worden sind (vgl. dazu nur BSG 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, a.a.O. m.w.N.).
Im Rahmen dessen ist eine tatsächliche Änderung indes namentlich dann nicht wesentlich, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich erlassen wurde, auch noch nach der neuen Sach- und Rechtslage ergehen dürfte. Maßgebend ist dabei das jeweilige materielle Recht (BSG 08.12.2021, B 2 U 10/20 R, a.a.O. Rn. 17 f. m.w.N.). D.h., wenn die unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen auch nach den zum Zeitpunkt der letzten Entscheidung des Tatsachengerichts objektiv bestehenden tatsächlichen Verhältnissen materiell-rechtlich weiterhin nur eine MdE in der Höhe bedingen, die bereits festgestellt ist, liegt allein aus diesen Gründen (rechtlich) keine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor. Der Bestandsschutz der ursprünglichen Rentenbewilligung erfordert auch im Falle einer Verschlimmerung von Unfallfolgen keine zusätzliche Erhöhung einer Verletztenrente, wenn die nunmehr bestehende MdE der für die ursprüngliche Rentenbewilligung bestandkräftig zugrunde gelegten MdE entspricht (BSG a.a.O. Rn. 19 ff., 24 f. m.w.N.); dies gilt erst Recht, wenn der aktuelle Funktionszustand nach den aktuellen MdE-Erfahrungswerten nur (noch) eine geringere MdE bedingt.
Unter Zugrundelegung dessen ist vorliegend als Vergleichsmaßstab zunächst der ursprüngliche Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 02.06.1981 respektive das diesem zugrunde gelegte Gutachten D1 vom 27.04.1981 heranzuziehen und nicht der wie von der Beklagten und ihr folgend dem SG rechtsirrig herangezogene Bescheid vom 27.10.1988 bzw. das dem vorausgegangene Gutachten S2 vom 13.05.1988 im Klageverfahren S 4 U 1718/87.
Über die (rentenberechtigende) MdE wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.06.1980 wurde entgegen der Beklagten und dem SG nicht zuletzt im Bescheid vom 27.10.1988 entschieden, denn dabei handelte es sich lediglich um einen (deklaratorischen) Ausführungsbescheid zu dem im Prozess S 4 U 1718/87 von der Beklagten abgegebenen und vom Kläger angenommenen Anerkenntnis. In jenem Verfahren ging es allein um das dortige prozessuale Begehren des Klägers auf Aufhebung des Rentenentziehungsbescheids (im Rahmen einer reinen Anfechtungsklage, § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) und nur darauf konnte sich das Anerkenntnis der Beklagten in der Hauptsache überhaupt beziehen, also auf die Aufhebung des angefochtenen Entziehungsbescheids.
Unabhängig davon, dass das BSG bereits im Jahr 1958 zur Rentenentziehung entschieden hat (dort nach § 1293 Abs. 1 RVO in der bis zum 01.01.1964 geltenden Fassung), dass „die Verhältnisse zur Zeit der Rentengewährung für diesen Vergleich auch dann als Ausgangspunkt maßgebend [sind], wenn zwischenzeitlich eine rechtskräftige Verurteilung zur Weiterzahlung der vom Versicherungsträger entzogenen Rente erfolgt ist“ (BSG 03.06.1958, 4 RJ 15/57, in juris, Rn. 12) - nichts anderes gilt, wenn nicht das Gericht die Entziehung kassiert, sondern sie die Behörde selbst zurücknimmt -, besteht für eine irgendwie geartete (positive) Neufeststellung einer (rentenberechtigenden) MdE in einer solchen Konstellation auch weder ein Bedürfnis, noch überhaupt eine Grundlage. Denn mit Rücknahme des Entziehungsverwaltungsakts lebt die ursprüngliche Rentenbewilligung eo ipso wieder auf. Es gab seinerzeit schlicht nichts mehr, was noch festzustellen gewesen wäre, denn die ursprüngliche Rentenbewilligung mit der dort festgestellten rentenberechtigenden MdE von 20 v.H. hatte gerade weiterhin unverändert Bestand.
Zwar kann namentlich auch in einem Anerkenntnis oder im einem Vergleich eine Renten(neu)feststellung respektive MdE-Neufeststellung enthalten sein, gleichwohl muss diese aber gerade inhaltlich-konstitutiv sein. Dies ist freilich bei einer Entziehung/Herabsetzung der Rente, wenn der Herabsetzungs-/Entziehungsbescheid - aus welchen Gründen auch immer - keinen Bestand hat, gerade nicht der Fall, denn dann verbleibt es bei der ursprünglichen Rentenfestsetzung und für den erforderlichen Vergleich kommt es dann auf den früheren Zeitpunkt der Erstfeststellung an, da sich an dem Ergebnis der Erstfeststellung durch das zwischenzeitliche Verfahren nichts geändert hat (BSG 01.03.1963, 2 RU 114/61, in juris, Rn. 17; Kranig in Hauck/Noftz, a.a.O. Rn. 24). Gleiches gilt im Übrigen auch dann, wenn sich eine als vorläufige Entschädigung gewährte Rente kraft Gesetzes in eine Rente auf unbestimmte Zeit (früher: „Dauerrente“, s.o.) wandelt, selbst wenn der Unfallversicherungsträger vorher ein ärztliches Gutachten eingeholt hat; maßgebliche Vergleichsgrundlage sind auch in diesem Fall nicht die gesundheitlichen Verhältnisse des Versicherten zum Zeitpunkt der gesetzlichen Umwandlung, sondern diejenigen, die für die letzte Feststellung der vorläufigen Rente maßgebend gewesen sind (BSG 23.06.1983, 5a RKnU 2/82, a.a.O. Rn. 13). Anders ist es hingegen, wenn es in einem zwischenzeitlichen Verfahren zu einer inhaltlichen Neufeststellung gekommen ist (z.B. ursprüngliche MdE 40 v.H., Herabsetzung durch Bescheid auf 20 v.H., Abänderung des Herabsetzungsbescheids durch gerichtliches Urteil und Feststellung einer MdE mit 30 v.H.), dann ist als Vergleichsmaßstab der spätere Zeitpunkt der Neufeststellung im Gerichtsverfahren maßgeblich (Kranig a.a.O. unter Hinweis auf BSG 29.4.1967, 2 RU 223/63, in juris).
Vorliegend wiederholte die Beklagte im Ausführungsbescheid vom 27.10.1988 lediglich deklaratorisch, was im Zuge der von ihr verlautbarten Aufhebung des Entziehungsbescheids vom 28.07.1987 sowieso auf Grundlage des damit weiterhin wirksamen Rentenbewilligungsbescheids vom 02.06.1981 galt, nachdem sie auch den (ersten) Rentenentziehungsbescheid vom 21.07.1983 im Prozess S 4 U 2908/83 aufgehoben hatte, sodass es auf die dem wiederum zugrunde gelegten Gutachten A1 und. R1 sowie das im gerichtlichen Verfahren seinerzeit eingeholte Gutachten S1 vorliegend nicht ankommt.
Nämliches gilt im Übrigen auch bei Ablehnung eines Verschlimmerungsantrags. Soweit in einem solchen nämlich zum Ausdruck gebracht wird - ebenso wie bei der Aufhebung eines Herabsetzungs- oder Entziehungsbescheids -, dass es bei der bisherigen MdE verbleibt, ist damit ebenfalls eine (positive) Neufeststellung der MdE nicht verbunden, eine Änderung findet ja gerade nicht statt (s. dazu schon die obigen Nachweise; vgl. auch Meibom in jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 73 Rn. 49 m.w.N., Stand 15.01.2022). Damit ist für die vorliegende Betrachtung mithin auch der Erhöhungsablehnungsbescheid vom 27.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2013 und das darauf bezogene Gutachten M4 vom 30.10.2013 ohne Bedeutung, ebenso wie das im Prozess S 16 U 103/14 eingeholte Gutachten des W3 vom 06.08.2014.
In Ansehung all dessen kommt es damit für den vorliegend vorzunehmenden Vergleich maßgeblich auf das (urkundsbeweislich verwertbare) Gutachten D1 vom 27.04.1981 sowie auf das zuletzt eingeholte Sachverständigengutachten C1 an. Der Hinweis der Klägerseite auf die zeitlich dazwischen eingeholten Gutachten geht von vornherein am einschlägigen Prüfungsmaßstab vorbei.
Materiell-rechtlich richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. nur BSG 22.06.2004, B 2 U 14/03 R, in juris, Rn. 12): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründen-den Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (s. nur BSG 06.05.2021, B 2 U 15/19 R, in juris, Rn. 20; 30.04.1985, 2 RU 43/84 in juris, Rn. 16, beide m.w.N.). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG 06.05.2021, B 2 U 15/19 R, a.a.O. Rn. 13 m.w.N., st. Rspr.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG a.a.O.; 06.09.2018, B 2 U 10/17 R, in juris, Rn. 13, beide m.w.N., st. Rspr.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (s. nur BSG 05.08.1993, 2 RU 34/92, in juris, Rn. 16 m.w.N.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG 20.12.2016, B 2 U 16/15 R, in juris, Rn. 23 m.w.N.); dies gilt namentlich dann, wenn der Versicherte auf Grundlage des § 48 Abs. 1 SGB X eine wesentliche Verschlimmerung geltend macht (BSG 27.10.2022, B 9 SB 4/21 R, in juris, Rn. 41 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verneint der Senat wie auch das SG und die Beklagte den Eintritt einer wesentlichen Verschlimmerung der Unfallfolgen beim Kläger im streitigen Zeitraum ab 01.11.2018. Denn in den maßgebenden Verhältnissen, nämlich in Bezug auf die durch die Unfallfolgen verursachten funktionellen Einschränkungen bei der Verrichtung von Tätigkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens, ist keine wesentliche Änderung im oben dargelegten Sinne eingetreten.
Beim Kläger ist im Rahmen der MdE-Neubewertung zunächst von den mit Bescheid vom 02.06.1981 auf der Grundlage des Gutachtens des D1 vom 27.04.1981 bindend anerkannten Unfallfolgen auszugehen, nämlich von einer (im Seitenvergleich) Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk (D1 Streckung/Beugung 0/0/130° ggü. links 0/0/140°), einer Minderung der Muskulatur des rechten Beins (D1 Umfang 20 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 38,0 cm ggü. links 42,0 cm, Umfang 10 cm ob. inn. Kniegelenkspalt: 35,0 cm ggü. links 34,5 cm, Umfang 15 cm unterh. inn. Gelenkspalt: 32,5 cm ggü. links 33,0 cm, kleinster Umfang Unterschenkel: 21,5 cm ggü. links 22,0 cm) sowie belastungsabhängige Beschwerden im rechten Kniegelenk nach Bruch der rechten Kniescheibe mit Teilentfernung bei noch liegenden Kirschnerdrähten.
Diese verbliebenen Unfallfolgen decken sich dem Grunde nach mit dem, was C1 in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar auf Grund des klinischen Befunds beschrieben hat (s. Bl. 45 SG-Akte). Auch er ist von einer Muskelminderung am rechten Oberschenkel des Klägers (Umfang 20 cm ob. Kniegelenk: 39,5 cm ggü. links 42 cm, Umfang 10 cm ob. Kniegelenk: 34,5 cm ggü. links 35 cm, Umfang auf Höhe Kniegelenk, 35 cm ggü. links 34,5 cm, Umfang 15 cm unterh. Kniegelenk: 32,5 cm ggü. links 33,5 cm, Umfang auf Höhe der Knöchelgabel 22,5 cm ggü. links 23,5 cm), einer endgradig eingeschränkten Beweglichkeit des rechten Kniegelenks (Streckung/Beugung 0/5/135° ggü. links 0/0/145°) sowie von einer Schmerzhaftigkeit am inneren Kniegelenkspalt, über der Kniescheibe und in der Kniekehle bei reizlosen Narbenverhältnissen ausgegangen.
Auf der Grundlage dessen richtet sich die MdE-Bewertung ausweislich der unfallmedizinischen Literatur - der Senat legt seiner ständigen Rechtsprechung regelmäßig das unfallmedizinische Standardwerk von Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017) zugrunde - bei Knieverletzungen maßgeblich nach der unfallbedingten Beweglichkeitseinschränkung und der verbliebenen Belastbarkeit; bildgebenden Befunden kommt dabei nur eine nachrangige Bedeutung zu, die MdE richtet sich vielmehr maßgeblich nach den objektiv-klinischen funktionellen Defiziten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 685).
Vergleicht man die dem Gutachten D1 zugrundeliegenden Funktionsparameter mit denen, C1 befundet hat, hat sich hinsichtlich der Muskelminderung schon keine relevante Änderung ergeben. Auch haben beide Gutachter keine Instabilität beschrieben (im Gegenteil, C1 Kreuz- und Seitenbänder stabil). Hinsichtlich der Beweglichkeit des rechten Kniegelenks ist es im Vergleich ebenfalls nicht zu einer klinisch-pathologisch relevanten Verschlechterung gekommen, beide Gutachter haben übereinstimmend nur eine endgradige Beweglichkeitseinschränkung dokumentiert, wobei eine Kniegelenksbeweglichkeit von 5-10/0/120-150° ohnehin einer physiologisch normalen Beweglichkeit entspricht (s. nur Arlt in Pschyrembel online, Stichwort „Kniegelenk“, Stand Januar 2019; Streicher/Pretterklieber in Anderhuber/Pera/Streicher, Waldeyer - Anatomie des Menschen, 19. Aufl. 2012, S. 331).
Demgemäß hat sowohl C1 als auch R2 (dessen Gutachten vom 10.05.2019 im Wege des Urkundsbeweises verwertbar ist) und S3 (Stellungnahme vom 18.06.2019, ebenfalls urkundsbeweislich verwertbar) vollkommen zutreffend und in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur darauf hingewiesen, dass funktionelle Defizite seitens des rechten Knies des Klägers insgesamt - insbesondere sowohl hinsichtlich der Beweglichkeit als auch hinsichtlich der Muskulatur - klinisch nur geringfügig ausgeprägt sind.
Nach den MdE-Erfahrungswerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 685 f.) ist eine MdE von 10 v.H. erst bei einer Beweglichkeit von 0/0/120° vorgesehen, eine MdE von 15 v.H. bei einer Beweglichkeit von 0/0/90°, eine MdE von 20 v.H. bei einer Beweglichkeit von 0/0/80° bzw. 0/10/90° und eine MdE von 30 v.H. bei einer Beweglichkeit von 0/30/90°; eine muskulär nicht kompensierbare Instabilität (Aufklappbarkeit am Seitenband und/oder einer Schublade von jeweils ≥ 3 mm) bedingt eine MdE von 20 v.H. und bei ständiger Erforderlichkeit einer Knieführungsschiene eine MdE von 30 v.H. Nichts dergleichen liegt nach den oben dargestellten Funktionsbefunden beim Kläger vor, sodass allein aus diesem Grund von einer wesentlichen, MdE-relevanten Verschlimmerung nicht ansatzweise die Rede sein kann (so zu Recht auch noch S3).
Auch unter Zugrundelegung der K3 mitgeteilten Befunde (07.02.2020: Gelenkkontur ohne Befund, Streckung/Beugung 0/0/120°, Bänder stabil; 17.02.2021: Gelenkkontur ohne Befund, Streckung/Beugung 0/0/110°, Bänder stabil; 22.03.2022: Gelenkkontur ohne Befund, Streckung/Beugung 0/0/110°, Bänder stabil) ergibt sich nichts wesentlich anderes. Zwar hat sich danach zuletzt die Kniegelenksbeweglichkeit auf (Streckung/Beugung) 0/0/110° verschlechtert, dies rechtfertigt aber nach den Erfahrungswerten keine MdE von mehr als 10 v.H. Gänzlich nicht nachvollziehbar ist im Übrigen - auch und gerade in Ansehung der K3 selbst mitgeteilten Befunde - die (nur pauschale und nicht weiter begründete) Behauptung deses in seinem „Attest“ vom 17.03.2021, der Kläger benötige wegen der posttraumatischen Gonarthrose einen Treppenlift.
Wie bereits oben dargelegt, müsste sich für eine wesentliche Änderung in Ansehung der abgefundenen Rente nach einer MdE von 20 v.H. für eine Wiederzahlung nunmehr eine MdE von 30 v.H. ergeben. Dies ist aber gerade nicht der Fall, da die MdE - wie dargelegt - mit 10 v.H. zu bewerten ist. Dabei spielt es keine entscheidende Rolle, ob die MdE bereits zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung (nach den damals geltenden unfallmedizinischen Erfahrungswerten) zu hoch angesetzt worden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass nach dem gegenwärtigen Funktionszustand und der aktuellen Sach- und Rechtslage eine Rentenbewilligung mangels rentenberechtigender MdE nicht mehr rechtmäßig erfolgen dürfte und dass eine davon losgelöste „Addition von Verschlimmerungsanteilen“ im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht in Betracht kommt (BSG 08.12.2021, B 2 U 10/20 R, a.a.O. Rn. 19 ff., 24 f. m.w.N); es verleibt vielmehr bei der auf Lebenszeit abgefundenen Rente nach einer MdE von 20 v.H. In diesem Sinne ist im Übrigen auch C1 zu verstehen, indem er gemeint hat, dass mangels rechtlich wesentlicher Änderung der medizinischen Verhältnisse die MdE weiterhin 20 v.H. betrage.
Eine MdE von nunmehr 30 v.H. (nach Abfindung) lässt sich auch nicht mit der Gonarthrose begründen. Wie oben bereits dargelegt, kommt den radiologischen Veränderungen keine weitergehende Bedeutung zu. Entscheidend ist der Funktionsbefund, der seinen Ausdruck insbesondere und maßgeblich in der vorhandenen Beweglichkeit und Stabilität findet. Die funktionellen Defizite im klägerischen rechten Knie sind aber - gerade auch in Ansehung der radiologischen Veränderungen - nur geringfügig.
Gänzlich irrelevant ist, ob sich die Gonarthrose in Zukunft verschlimmern wird oder nicht. Bei der MdE-Bewertung kommt es auf den gegenwärtigen Zustand und die gegenwärtigen Funktionsdefizite an; dies hat bereits M2 in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.09.1988 grundlegend verkannt.
Keine Rolle spielt auch, dass K3 eine Indikation für eine Knietotalendoprothese beim Kläger sieht (vgl. S. 46 Senats-Akte). Dies ändert schon nichts an den für die MdE-Bewertung entscheidenden, oben dargelegten, Funktionsbefunden. Ohnehin führt das Erfordernis einer Heilbehandlungsmaßnahme nicht automatisch zu einer irgendwie gearteten MdE-Erhöhung, zumal eine Maßnahme der Heilbehandlung ihrer Natur nach gerade dazu dient, den durch einen Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).
Demgemäß liegt auch das Vorbringen des Klägers, er bekomme weiterhin wegen der Unfallfolgen eine krankengymnastische Behandlung verordnet, gänzlich neben der Sache. Dass bei ihm Gesundheitsstörungen mit Funktionsbeeinträchtigungen in Folge des Arbeitsunfalls verblieben sind, steht außer Frage; deswegen wurde ihm auch eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. bewilligt worden, die auf Lebenszeit abgefunden wurde.
Eine wesentliche Verschlimmerung ergibt sich auch nicht aus den Beschwerdeangaben des Klägers. Diese stimmen gerade nicht mit den C1 und R2 erhobenen und objektivierten klinischen Befunden überein, die gerade keine höhergradigen Einschränkungen erbracht haben, und sie lassen sich auch nicht auf der Grundlage der K3 mitgeteilten Befunde plausibilisieren. Auch hier verkennt der Kläger im Übrigen, dass die verbliebenen Unfallfolgen bereits mit einer abgefundenen Rente nach einer MdE von 20 v.H. entschädigt worden sind.
Nämliches gilt hinsichtlich der Schmerzbehauptungen des Klägers. Unabhängig davon, dass weder C1 noch R2 irgendwelche höhergradigen Schmerzzustände beschrieben (im Übrigen Angabe des Klägers gegenüber C1: Ibuprofen nach Bedarf), geschweige denn zu objektivieren vermocht haben und unabhängig davon, dass auch keiner der jemals mit dem Unfall des Klägers befassten Gutachter und Ärzte (auch in den vorangegangenen Verfahren) eine eigenständige Schmerzerkrankung auch nur in Erwägung gezogen hat, sind die üblichen Schmerzen als Begleitsymptome einer körperlichen Schädigung in den MdE-Bewertungstabellen für die jeweilige Schädigung bereits berücksichtigt (s. nur Senatsurteile vom 15.12.2022, L 10 U 1783/18, in juris, Rn. 57 und vom 15.11.2018, L 10 U 1969/17, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 244), vorliegend also konkret im Rahmen der dem Kläger abgefundenen Rente nach einer MdE von 20 v.H.
Schließlich rechtfertigt auch das übrige Vorbringen des Klägers keine andere Beurteilung, nachdem es größtenteils bereits außerhalb des vorliegenden Streitgegenstands und des rechtlichen Prüfungsmaßstabs liegt. Namentlich ist es für die MdE-Bewertung gänzlich irrelevant, aus welchen Gründen die Beklagte - bei der auch der hier nicht streitbefangene und entschädigte Unfall des Klägers vom 15.01.2002 versichert gewesen ist - gegenüber dem Kläger Kosten für einen Treppenhandlauf übernommen hat. Dies sagt nichts über die Höhe einer MdE aus. In diesem Zusammenhang ist auch noch darauf hinzuweisen, dass sich aus dem „Attest“ des L1 vom 23.02.2018 schon nichts zur Ursächlichkeit des dort behaupteten Bedarfs ergibt, zumal sich der Kläger in Folge des Unfalls vom 15.01.2002 und der stattgehabten traumatischen Hirnblutung im Jahr 2009 erhebliche Schädigungen zuzog und er wegen multipler anderer somatischer und psychischer Erkrankungen seit dem 01.05.2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht (s. dazu die Darstellung im Tatbestand). Demgegenüber stellen sich die objektivierbaren funktionellen Einschränkungen im Bereich des rechten Knies in Folge des Unfalls vom 10.06.1980 auch nach über 40 Jahren nachgerade als geringfügig dar.
Damit ist insgesamt eine wesentliche Verschlechterung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 76 Abs. 3 und § 73 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VII nicht zu erkennen, sodass es die Beklagte in der Sache zu Recht abgelehnt hat, dem Kläger nach erfolgter Abfindung ab dem 01.11.2018 eine Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls vom 10.06.1980 wieder zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.