L 10 U 1430/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 3697/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1430/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine höhere Verletztenrente wegen der Verschlimmerung von Unfallfolgen ist nicht zu zahlen, wenn die nunmehr bestehende MdE der für die ursprüngliche Rentenbewilligung bestandskräftig zugrunde gelegten MdE entspricht. Dabei ist unerheblich, ob die MdE von Anfang an zu hoch festgesetzt war ("keine Addition von Verschlimmerungsanteilen").

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.03.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Streitig ist die Gewährung höherer Verletztenrente wegen einer wesentlichen Verschlechterung der Unfallfolgen.

Der 1966 geborene Kläger, gelernter Kfz-Mechaniker-Geselle und Berufskraftfahrer (Id 93 S. 1 VerwA), war ab Juli 2001 als (Tankzug-)Fahrer bei der Fa. H1 GmbH beschäftigt und verunfallte am Morgen des 17.01.2002 auf dem Weg zur Arbeit mit seinem Pkw. Dabei zog er sich neben einer Schädelprellung und einer Thoraxkontusion Frakturen im Bereich beider unterer Extremitäten zu.

Nach osteosynthetischer Versorgung der Frakturen, Durchführung stationärer Heilverfahren sowie einer Arbeitserprobung holte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die seinerzeitige Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (im Folgenden einheitlich Beklagte) bei dem Unfallchirurgen S1 (Kreiskrankenhauses B1) das Erste Rentengutachten vom 30.06.2003 (Id 156 VerwA) ein, der nach Untersuchung des Klägers am 23.06.2003 als verbliebene Unfallfolgen bei Zustand nach (Z.n.) bicondylärer Tibiakopffraktur links (zumindest Sprunggelenkskontusion bei außerhalb verspätet angegebener Fraktur von Talus und Cuboid), Sprunggelenksfraktur rechts sowie Schädel- und Thoraxprellung im Wesentlichen Narben, Missempfindungen im Bereich der Hautweichteildeckung lateraler Kniegelenkspalt links bzw. vom Außenknöchel über dem lateralen Fußrand bis zu den Zehen ziehend Fußrücken rechts, eine eingeschränkte Beweglichkeit beider oberer und unterer Sprunggelenke (Beweglichkeit OSG Heben/Senken: li. 25/0/40°, re. 20/0/45°, Beweglichkeit unteres Sprunggelenk - USG -: li.: 1/2, re.: 2/3), radiologisch sichtbare degenerative Veränderungen im rechten Tibiotalargelenk bei anatomiegerecht fest verheilten Frakturen nach vollständiger Metallentfernung und radiologisch beginnende umformende (posttraumatische, s. auch Id 186 S. 2 VerwA) Veränderungen im linken Talonaviculargelenk bei ansonsten knöchern regelrechtem Situs beschrieb; S1 dokumentierte zudem eine beidseitige Kniegelenksbeweglichkeit von 10/0/160°. Die geklagten Beschwerden seitens der Halswirbelsäule (HWS) stünden schon in keinem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall und seien chronifiziert vorbestehend, mithin keine Folgen des Ereignisses. Insgesamt zeige sich beim Kläger in Ansehung auch der aktenkundigen Unterlagen ein inkonsistentes Beschwerdebild. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei bis auf weiteres mit 20 v.H. einzuschätzen.

Mit Bescheid vom 12.09.2003 (Id 172 VerwA) erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall sowie als Folgen eine Bewegungseinschränkung des USG beidseits und des OSG rechts sowie Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich des linken Schienbeins und rechten Außenknöchels an; die degenerativen Veränderungen des linken USG seien nicht als Unfallfolgen anzuerkennen. Ferner bewilligte sie dem Kläger beginnend ab dem 17.07.2003 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H. Dagegen erhob der Kläger mit dem Begehren Widerspruch, ihm eine Rente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. zu gewähren und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die degenerativen Veränderungen im linken Sprunggelenk ebenfalls Folgen des Unfalls seien (Id 179 VerwA). Mit Schreiben vom 11.03.2004 (Id 194 VerwA) verlautbarte die Beklagte, dass die Feststellung im Bescheid, die degenerativen Veränderungen des linken Sprunggelenks seien keine Unfallfolge, unzutreffend und zu korrigieren sei.

Im Zweiten Rentengutachten vom 04.11.2004 (Id 234 VerwA) nannte S2 nach Untersuchung als noch bestehende Unfallfolgen eine beginnende posttraumatische Arthrose mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten OSG (Heben/Senken: 5/0/40°, li.: 5/0/30°), des linken USG (Beweglichkeit: 1/2 ggü. re. 2/3) sowie des linken Kniegelenks (Beweglichkeit Streckung/Beugung: 10/0/125°ggü. re. 10/0/150°). Die degenerativen HWS-Veränderungen seien unfallunabhängig. Er schätzte die MdE weiterhin auf 20 v.H. ein. J1 führte in seinem Gutachten vom 16.08.2005 (Id 249 VerwA) nach Untersuchung des Klägers aus, dass seitens seines Fachgebiets keine Unfallfolgen bestünden; den angegebenen Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich beider Beine komme keinerlei krankhafte Bedeutung bei, die Schädelprellung sei folgenlos ausgeheilt und die bildgebend sichtbaren degenerativen HWS-Veränderungen stünden in keinem Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfall.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 (Id 269 VerwA) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers, soweit nicht bereits durch den Verwaltungsakt vom 11.03.2004 abgeholfen, zurück. Die im Gutachten des S1 beschriebenen Unfallfolgen und die diesbezüglich erhobenen Funktionsbefunde rechtfertigten keine höhere MdE als 20 v.H.; aus den Gutachten der S2 und J1 ergebe sich nichts Abweichendes.

Die dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 10 U 1689/06) mit dem Begehren auf Rente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. unter Berücksichtigung von Zahn- und Kopfschmerzen sowie HWS-Beschwerden nahm der Kläger im April 2007 zurück.

Anfang Januar 2013 stellte der Kläger bei der Beklagten einen „Verschlimmerungs- bzw. Erhöhungsantrag“; die Unfallfolgen hätten sich verschlechtert (Id 328 VerwA). Die Beklagte holte bei H2 das Gutachten vom 01.04.2013 (Id 336 VerwA) ein, der nach Untersuchung des Klägers von einer deutlichen Verschlechterung des Gangbilds links mit etwas verstärkter Muskelminderung des Ober- und Unterschenkels gegenüber rechts und von einer radiologisch zunehmenden Arthrose des linken USG (bei unveränderter Arthrose im rechten OSG) ausging. Seitens des linken Kniegelenks bestünde gegenüber dem Vorbefund keine Abweichung. Der Gutachter bewertete die MdE mit 25 v.H., wobei er die „Röntgenveränderungen“ hervorhob (s. dazu auch seine ergänzende Stellungnahme vom 20.04.2013, Id 340 VerwA).

Mit Bescheid vom 27.05.2013 (Id 343 VerwA) lehnte die Beklagte eine Erhöhung der Rente ab. Es liege keine wesentliche Änderung der unfallbedingten Gesundheitsverhältnisse vor. Dagegen erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 14.03.2017 (Id 346 VerwA) stellte er bei der Beklagten erneut einen „Verschlimmerungs- bzw. Erhöhungsantrag“ und verwies zur Begründung auf den Radiologiebericht des S3 vom 01.03.2017 (MRT des rechten Kniegelenks, Id 347 VerwA: zarte Rissbildung des Innenmeniskus der Pars intermedia am Übergang zum Vorderhorn, kein Knochenmarködem, deutlicher Erguss insbesondere an der Bursa suprapatellaris bei bestehenden degenerativen Veränderungen, kein Nachweis ligamentärer Läsionen, Außenmeniskus intakt). Die Beklagte holte bei H2 das Gutachten vom 23.09.2017 (Id 353 VerwA) ein. Dieser gab nach Untersuchung des Klägers am 12.09.2017 als verbliebene Unfallfolgen eine schmerzhafte deutliche Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit links mit Streckdefizit von 10° (Streckung/ Beugung 10/0/90°, re. 10/0/110°) - die Veränderungen im Bereich des rechten Knies seien unfallunabhängig -, eine schmerzhafte Einschränkung der Fußbeweglichkeit im USG und der Zehen rechts sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken USG und der Zehengelenke an (USG: 1/3 li. ggü. 2/3 re., Zehengelenke beidseits 1/3, im Übrigen OSG Heben/Senken 0/0/40° li., 10/0/30° re.). Der Gutachter bewertete die MdE mit 30 v.H. und wies u.a. darauf hin, dass vom Versorgungsamt bereits eine „50%ige MdE“ eingeschätzt worden sei.

Der Beratungsarzt der Beklagten W1, führte in seiner Stellungnahme vom 11.10.2017 (Id 354 VerwA) aus, dass das Gutachten des H2 nicht zu überzeugen vermöge. Die Veränderungen des rechten Kniegelenks seien der unfallunabhängigen Gonarthrose geschuldet und was das linke Knie anbelange, habe der Gutachter klinisch allein eine endgradige Beugeeinschränkung beschrieben (s. Id 353 S. 5 VerwA), was nicht mit dem behaupteten Streckdefizit übereinstimme. Er ( W1) sehe insgesamt keine wesentliche Verschlimmerung, die MdE betrage weiterhin 20 v.H.

Mit Bescheid vom 04.01.2018 (Id 367 VerwA) lehnte die Beklagte es ab, die Rente des Klägers zu erhöhen. Eine wesentliche Verschlechterung der unfallbedingten Gesundheitsverhältnisse sei nicht eingetreten. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten des M1 (Universitätsklinikums W2) vom 04.09.2018 (Id 392 VerwA) ein. Der Gutachter diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers (10.07.2018) als Unfallfolgen eine posttraumatische Gonarthrose links mit Kniegelenksstreckdefizit (Streckung/Beugung: 0/20/90°, re.: 0/25/95°), eine posttraumatische Arthrose im rechten OSG mit eingeschränkter Beweglichkeit (Heben/Senken 10/0/30°, li.: 20/0/40°), eine verminderte Belastbarkeit, eine progrediente Varusfehlstellung und Schmerzen. Nicht unfallbedingt sei die Gonarthrose rechts sowie die Bandscheibenschäden der HWS und Lendenwirbelsäule (LWS). Die wesentliche Verschlechterung bestehe hauptsächlich wegen des progredienten Streckdefizits; die MdE sei auf 35 v.H. einzuschätzen.

In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.09.2018 (Id 395 S. 2 VerwA) wies W1 u.a. darauf hin, dass sich wegen der verschlechterten Kniegelenksbeweglichkeit links allenfalls eine (Gesamt-)MdE von 25 v.H. ergebe, wobei das dokumentierte Bewegungsmaß auch im Verlauf nur bedingt nachvollziehbar sei und auch unfallfremde Ursachen bestünden, zumal die Beweglichkeit auch rechts degenerativ eingeschränkt sei. Eine wesentliche Verschlimmerung liege jedenfalls nicht vor.

Darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2018 (Id 402 VerwA) zurück. Im Vergleich zu den Befunden, die dem Bescheid vom 12.09.2003 zugrunde gelegt worden seien, liege keine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Die MdE betrage nunmehr allenfalls 25 v.H.

Hiergegen hat der Kläger am 11.12.2018 Klage beim SG erhoben, mit der er die Gewährung seiner Verletztenrente ab dem 01.03.2017 nach einer MdE von 30 v.H. (statt 20 v.H.) begehrt hat. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf die Einschätzungen des H2 im Gutachten vom 23.09.2017 sowie auf die Einschätzung des M1 berufen.

Das SG hat von Amts wegen bei P1 das Sachverständigengutachten vom 13.05.2019 (Bl. 20 ff. SG-Akte) eingeholt, der nach klinischer und radiologischer Untersuchung des Klägers am 02.05.2019 sowie unter Berücksichtigung bildgebender Befunde (vgl. Bl. 21 SG-Akte) und vom Kläger zur Begutachtung mitgebrachter ärztlicher Befundunterlagen (s. im Einzelnen Bl. 60 ff. SG-Akte) zusammengefasst ausgeführt hat, dass beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen im Zusammenhang mit dem Unfall vom 17.01.2002 bestünden: endgradige Bewegungseinschränkung linkes Kniegelenk (Streckung/Beugung 0/0/130°, re.: 0/0/135°), Bewegungseinschränkung des OSG beidseits (Heben/Senken links 10/0/35° und rechts 10/0/40° bei 90° gebeugtem Knie; Heben/Senken links 5/0/25° und rechts 5/0/30° bei gestrecktem Knie) sowie Bewegungseinschränkung USG links (Fußaußenrand Heben/Senken 5/0/20° ggü. re. 10/0/30°). Höhergradige arthrotische Veränderungen in den Sprung- und Kniegelenken lägen nicht vor. Die beim Kläger bestehenden Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, der oberen Extremitäten, der Hüftgelenke sowie des rechten Kniegelenks seien nicht - auch nicht „mittelbar“ - auf den Arbeitsunfall zurückzuführen; dies gelte auch für die retropatellaren Knorpelschäden im linken Kniegelenk bei achsengerecht ausgeheilter Tibiakopffraktur und hinsichtlich der beidseitigen Spreizfußdeformierung. Auch die beim Kläger zwischenzeitlich diagnostizierte ausgeprägte Schmerzstörung mit Ganzkörperschmerzen auf dem Boden eines schwergradigen depressiven Geschehens habe keinerlei Bezug zu dem vorliegend in Rede stehenden Unfall.

Zwar sei nunmehr als weitere Unfallfolge gegenüber dem Bescheid vom 12.09.2003 eine (im Seitenvergleich nur endgradig objektivierbare) Beweglichkeitseinschränkung des linken Kniegelenks (bei nur leicht vermehrter Aufklappbarkeit des medialen Seitenbands und stabiler Bandführung in Streckstellung, Bl. 34 SG-Akte) - die dortigen Veränderungen beruhten freilich wesentlich auf unfallfremden retropatellaren Knorpelschäden - und des OSG links zu berücksichtigen, allerdings liege im Bereich des unteren rechten Sprunggelenks nur noch eine leichte Beweglichkeitseinschränkung vor und eine relevante Muskelminderung am linken Ober- und Unterschenkel bestehe überhaupt nicht mehr, ebenso wenig wie objektivierbare Empfindungsstörungen im ehemaligen Narbenbereich. Insgesamt ergebe sich damit in Ansehung der Funktionsbefunde, die dem Bescheid vom 12.09.2003 zugrunde gelegen hätten (insbesondere Gutachten des S1), keine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen. Unter Zugrundelegung der unfallmedizinischen Literatur (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 685, 712 f.) sei die MdE insgesamt (weiterhin) mit 20 v.H. zu bewerten.

Die in den Gutachten des H2 (Gutachten vom 23.09.2017) und M1 (Gutachten vom 04.09.2018) dokumentierten Bewegungsmaße der Sprung- und Kniegelenke stimmten mit dem übrigen klinischen Befund nicht überein und seien nicht nachvollziehbar. Dies gelte namentlich auch hinsichtlich der im Reha-Entlassungsbericht der Ärzte der Knappschafts-Klinik S4 vom 23.05.2018 (Bl. 65 ff. SG-Akte: stationäre Rehabilitation des Klägers zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung K1 vom 29.03. bis 19.04.2018) dokumentierten Kniegelenksbeweglichkeit von beidseits (Streckung/Beugung) 0/0/70°. Diese sei schon in Ansehung des dort ansonsten beschriebenen Befunds nicht plausibel; bei einer derart eingeschränkten Beweglichkeit könne aus anatomischen Gründen schon eine normal sitzende Position nicht mehr eingenommen werden. Bereits S1 habe dereinst auf ein inkonsistentes Beschwerdebild beim Kläger aufmerksam gemacht.

Ohnehin habe H2 seine MdE-Einschätzung nicht weiter begründet und er sei im Übrigen ersichtlich auch nicht von den unfallmedizinischen Maßstäben ausgegangen. Aus den Ausführungen im Gutachten des M1 lasse sich eine MdE von mehr als 20 v.H. ebenfalls nicht ableiten, zumal auch dort weder eine entsprechende Begründung abgegeben, noch überhaupt die Röntgendiagnostik ausgewertet, geschweige denn ein Vergleich mit den Voraufnahmen durchgeführt worden sei. Auch frage er sich bereits, wie die dort angenommenen erheblichen Streckdefizite der Kniegelenke überhaupt ermittelt worden seien, nachdem das Gutachten auch keine Antwort darauf liefere, woraus sich Derartiges klinisch nachvollziehbar ergeben sollte. Die Ausführungen des W1, dass und warum die beiden Gutachten nicht überzeugten, seien zutreffend.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.05.2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass seit dem Erlass des Bescheids vom 12.09.2003 keine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse eingetreten sei. Die beim Kläger verbliebenen Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.01.2002 rechtfertigten vielmehr (weiterhin) keine MdE von mehr als 20 v.H. Dabei hat es sich maßgeblich auf das Sachverständigengutachten des P1 gestützt, der insbesondere überzeugend dargelegt habe, dass die Beschwerdesymptomatik im Bereich des linken Kniegelenks des Klägers im Wesentlichen auf unfallfremden Ursachen beruhe, dass die lediglich um 5° im Seitenvergleich geminderte Knie-Beugefähigkeit nicht wesentlich sei und dass sich auch die Funktionseinschränkungen in beiden OSG nicht wesentlich anders darstellten als in 2003. Die Messwerte in den Gutachten des H2 und des M1 habe P1 gerade nicht zu bestätigen vermocht.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 16.04.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.05.2020 Berufung eingelegt und sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Zur Begründung in der Sache hat er vorgebracht, dass die Beurteilung des Sachverständigen nicht nachvollziehbar sei, da bereits die zwei Gutachter im Verwaltungsverfahren eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen bestätigt hätten.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.03.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheids vom 12.09.2003 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2006 ab dem 01.03.2017 seine Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.01.2002 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. statt 20 v.H. zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (s. S. 28 f. Senats-Akte).

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 04.01.2018 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2018
, mit dem sie es abgelehnt hat, dem Kläger wegen einer wesentlichen Verschlimmerung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.01.2002 eine höhere Rente nach einer höheren MdE als 20 v.H. zu gewähren.

Dagegen wendet sich der Kläger, der sein Begehren auf höhere Rente unter Zugrundelegung einer höheren MdE bereits mit seinem Widerspruch vom 29.01.2018 (Id 371 VerwA) auf die Zeit ab dem 01.03.2017 beschränkt hatte, statthaft und auch im Übrigen zulässig mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 56 SGG; dazu statt vieler nur Bundessozialgericht - BSG - 08.12.2021, B 2 U 10/20 R, in juris, Rn. 12 m.w.N., st. Rspr.), wobei die unechte Leistungsklage die Verpflichtungsklage in Gesetzeskonkurrenz konsumiert (vgl. BSG a.a.O., 18.09.2012, B 2 U 14/11 R, in juris, Rn. 19).

Die Anfechtungsklage ist dabei auf die Kassation der Ablehnungsentscheidung der Beklagten (Bescheid vom
04.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2018) gerichtet und die Verpflichtungsklage auf Abänderung des Bescheids vom 12.09.2003 in der Fassung des (Teilhabhilfe-)Bescheids (vgl. § 85 Abs. 1, § 86 SGG) vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2006 - mit dem die Beklagte dem Kläger Verletztenrente wegen des zugleich anerkannten Arbeitsunfalls vom 17.01.2002 und der dort, nach Verlautbarung im Schreiben vom 11.03.2004 allein noch positiv, festgestellten Unfallfolgen als vorläufige Entschädigung beginnend ab dem 17.07.2003 nach einer MdE von 20 v.H. bewilligte - (allein) hinsichtlich der Rentenhöhe und beschränkt auf die Zeit ab dem 01.03.2017; die (unechte) Leistungsklage zielt nach dem ausdrücklich artikulierten Begehren des Klägers auf die Zahlung der Rente nach einer MdE von 30 v.H. statt 20 v.H. ab diesem Zeitpunkt und zwar, nachdem die ursprüngliche Rentenbewilligung mit Ablauf des 17.01.2005 kraft Gesetzes von einer ursprünglich vorläufigen zu einer dauerhaften Entschädigung geworden ist (§ 62 Abs. 2 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -, s. dazu statt vieler nur BSG 16.03.2010, B 2 U 2/09 R, in juris, Rn. 19), auf unbestimmte Zeit.

Unter Zugrundelegung all dessen hat der Senat den Berufungsantrag des Klägers entsprechend seinem Begehren (§ 123 SGG) sachdienlich gefasst.  

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom
04.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Abänderung der ursprünglichen Rentenbewilligung ab dem 01.03.2017 und Gewährung einer höheren Rente als nach einer MdE von 20 v.H. Die verbliebenen Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 17.01.2002 haben sich nicht derart verschlechtert, dass ab dem 01.03.2017 oder zu einem späteren Zeitpunkt bis zur Entscheidung des Senats eine höhere MdE als 25 v.H. gerechtfertigt wäre.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vorliegend der Bescheid vom 12.09.2003 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 11.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2006, s.o.) mit Wirkung für die Zukunft (vorliegend nach dem klägerischen Begehren ab dem 01.03.2017) aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ergänzt § 73 Abs. 3 SGB VII diese Regelung dahingehend, dass bei der Feststellung der MdE eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich ist, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt und - bei Renten auf unbestimmte Zeit (wie vorliegend) - die Veränderung der MdE länger als drei Monate dauert.

Eine derartige wesentliche Änderung in den (vorliegend allein relevanten) tatsächlichen Verhältnissen ist jede - in den Grenzen des § 73 Abs. 3 SGB VII - eingetretene Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts, im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung also insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen (statt vieler nur BSG 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, in juris, Rn. 15 m.w.N.). Dabei ist der Eintritt einer solchen (wesentlichen) Änderung durch Vergleich der tatsächlichen Verhältnisse zu zwei maßgeblichen Zeitpunkten zu ermitteln. Bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung von Unfallfolgen kommt es zum einen auf die zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Feststellung (vorliegend der Bescheid vom 12.09.2003; zur Maßgeblichkeit des Ausgangsbescheids s. nur BSG 06.10.2020, B 2 U 10/19 R, in juris, Rn. 9) tatsächlich - also objektiv (s. dazu nur BSG 30.10.1989, 10 RKg 7/89, in juris, Rn. 12; Meibom in jurisPK-SGB VII, 3. Aufl. 2022, § 73 Rn. 48 m.w.N., Stand 15.01.2022) - bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse an, die ursächlich auf dem Unfall beruhen, wobei es nicht maßgeblich ist, ob neben der Feststellung einer rentenberechtigenden MdE auch Unfallfolgen förmlich festgestellt worden sind (vgl. dazu nur BSG 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, in juris, Rn. 23, 25 f.; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 73 Rn. 23a, Stand Februar 2017). Diese tatsächlich auf dem Unfall beruhenden gesundheitlichen Verhältnisse sind, wenn wie hier eine Verschlechterung geltend gemacht wird, mit den bestehenden unfallbedingten Gesundheitsverhältnissen zu vergleichen, die - ggf. gestaffelt ab dem vom Betroffenen konkret geltend gemachten Zeitpunkt - bis zur letzten Entscheidung des Tatsachengerichts vorliegen (s. nur BSG 08.12.2021, B 2 U 10/20 R, in juris, Rn. 15; 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, in juris, Rn. 16, beide m.w.N.). Die jeweils bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse kommen dabei insbesondere in den medizinischen Gutachten zum Ausdruck, die über die Unfallfolgen zum Zeitpunkt der maßgeblichen Bewilligung und vor der letzten Entscheidung des Tatsachengerichts eingeholt worden sind (vgl. dazu nur BSG 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, a.a.O. m.w.N.).

Im Rahmen dessen ist eine tatsächliche Änderung indes namentlich dann nicht wesentlich, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich erlassen wurde, auch noch nach der neuen Sach- und Rechtslage ergehen dürfte. Maßgebend ist dabei das jeweilige materielle Recht (BSG 08.12.2021, B 2 U 10/20 R, a.a.O. Rn. 17 f. m.w.N.). D.h., wenn die unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen auch nach den zum Zeitpunkt der letzten Entscheidung des Tatsachengerichts objektiv bestehenden tatsächlichen Verhältnissen materiell-rechtlich weiterhin nur eine MdE in der Höhe bedingen, die bereits festgestellt ist, liegt allein aus diesen Gründen (rechtlich) keine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor. Auch der Bestandsschutz der ursprünglichen Rentenbewilligung erfordert im Falle einer Verschlimmerung von Unfallfolgen keine zusätzliche Erhöhung einer Verletztenrente, wenn die nunmehr bestehende MdE der für die ursprüngliche Rentenbewilligung bestandkräftig zugrunde gelegten MdE entspricht (BSG a.a.O. Rn. 19 ff., 24 f. m.w.N.: „keine Addition von Verschlimmerungsanteilen“).

Materiell-rechtlich richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. nur BSG 22.06.2004, B 2 U 14/03 R, in juris, Rn. 12): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründen-den Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (s. nur BSG 06.05.2021, B 2 U 15/19 R, in juris, Rn. 20; 30.04.1985, 2 RU 43/84 in juris, Rn. 16, beide m.w.N.). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG 06.05.2021, B 2 U 15/19 R, a.a.O. Rn. 13 m.w.N., st. Rspr.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG a.a.O.; 06.09.2018, B 2 U 10/17 R, in juris, Rn. 13, beide m.w.N., st. Rspr.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (s. nur BSG 05.08.1993, 2 RU 34/92, in juris, Rn. 16 m.w.N.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG 20.12.2016, B 2 U 16/15 R, in juris, Rn. 23 m.w.N.); dies gilt namentlich dann, wenn der Versicherte auf Grundlage des § 48 Abs. 1 SGB X eine wesentliche Verschlimmerung geltend macht (BSG 27.10.2022, B 9 SB 4/21 R, in juris, Rn. 41 m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verneint der Senat wie auch das SG und die Beklagte den Eintritt einer wesentlichen Verschlimmerung der Unfallfolgen beim Kläger. Denn in den maßgebenden Verhältnissen, nämlich in Bezug auf die durch die Unfallfolgen verursachten funktionellen Einschränkungen bei der Verrichtung von Tätigkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens, ist keine wesentliche Änderung im oben dargelegten Sinne eingetreten.

Beim Kläger ist im Rahmen der MdE-Neubewertung zunächst von den mit Bescheid vom 12.09.2003 in der Fassung des (Teilabhilfe-)Bescheids vom 11.03.2004 von der Beklagten maßgeblich auf der Grundlage des Gutachtens des S1 vom 30.06.2003 - aus den Gutachten des S2 (04.11.2004) und J1 (16.08.2005) ergibt sich im Übrigen nichts Abweichendes, nachdem dort die Beurteilung des S1 insgesamt jeweils bestätigt wurde - bindend anerkannten Unfallfolgen auszugehen, nämlich von einer Bewegungsstörung der USG beidseits (von S1 dokumentierte Gesamtbeweglichkeit in Bruchteilen der physiologischen Normalbeweglichkeit: 1/2 li., 2/3 re.), einer Bewegungsstörung des rechten OSG (von S1 dokumentierte Beweglichkeit: Heben/Senken 20/0/45°, ggü. links 25/0/40°, physiologische Normalbeweglichkeit: 20/0/40°, Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 714), von Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich des linken Schienbeins und des rechten Außenknöchels sowie von (posttraumatischen) arthrotischen Veränderungen im linken USG.

Zugunsten des Klägers ist auf der Grundlage der entsprechenden schlüssigen und nach nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen P1 in seinem Gutachten als weitere Unfallfolge eine (leichte, s. dazu noch unten) Beweglichkeitseinschränkung des linken USG ( P1: Fußaußenrand heben/Senken 5/0/20°, ggü. re. 10/0/30°; physiologische Normalbeweglichkeit: 10-15/0/20-30°, Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 715) zu berücksichtigen - eine solche ergibt sich im Übrigen dem Grunde nach bereits aus dem Gutachten des S1 (s.o.) -, ebenso wie eine sich in Folge der stattgehabten (achsengerecht ausgeheilten) Tibiakopffraktur entwickelte (im Seitenvergleich) endgradig verminderte Beugefähigkeit des linken Kniegelenks (P1: Streckung/Beugung 0/0/130° ggü. re. 0/0/130°, physiologische Normalbeweglichkeit: 5-10/0/120-150°, s. nur Arlt in Pschyrembel online, Stichwort „Kniegelenk“, Stand Januar 2019; Streicher/Pretterklieber in Anderhuber/Streicher, Waldeyer - Anatomie des Menschen, 19. Aufl. 2012, S. 331) aufgrund verbliebener leicht ausgeprägter Inkongruenz der Gelenkflächen im Femorotibialgelenk und leichter posttraumatischer Arthrose; die übrigen beim Kläger bestehenden Kniebinnenschäden links (s. dazu im Einzelnen die gut nachvollziehbare Darstellung des Sachverständigen Bl. 34, 38 f., 43, 51, 53, 55 SG-Akte), insbesondere die retropatellaren Knorpelschäden, sind keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.01.2002, was P1 ausführlich und in jeder Hinsicht überzeugend, namentlich auf Grundlage der MRT des linken Kniegelenks vom 15.03.2017 (Radiologiebericht Bl. 62 SG-Akte) sowie nach Auswertung der von ihm selbst erhobenen Bildgebung und der aktenkundigen Radiologiebefunde seit dem 18.01.2002 (insgesamt über 150 Aufnahmen, s. Bl. 43 SG-Akte), dargelegt und abgegrenzt hat, insbesondere auch unter Hinweis auf entsprechende (schicksalhafte) Binnenschädigungen im Bereich auch des rechten Knies des Klägers. Gegen diese Beurteilung hat auch die Klägerseite nichts erinnert.

Ebenfalls keine Unfallfolgen sind die sonstigen beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen seitens des rechten Kniegelenks - das im Zuge des angeschuldigten Ereignisses überhaupt nicht verletzt wurde, worauf P1 zutreffend aufmerksam gemacht hat - sowie seitens des übrigen Bewegungs- und Haltungsapparats, insbesondere der (Hals-)Wirbelsäule und der oberen Extremitäten. Dies haben sämtliche der mit der Unfallsache des Klägers befassten Gutachter übereinstimmend so gesehen und der Sachverständige hat dazu ergänzend schlüssig und nachvollziehbar auch darauf hingewiesen, dass ausgehend von den verbliebenen Unfallfolgen (s.o.) namentlich eine medizinische Indikation für die Nutzung von Gehstützen nicht nachvollziehbar ist. Ebenso hat er überzeugend dargelegt, dass die vom Kläger zwischenzeitlich geklagten (Ganzkörper-)Schmerzzustände schon zeitlich und darüber hinaus auch sachlich-inhaltlich keinerlei Bezug zu dem Unfallereignis und den daraus verbliebenen Beeinträchtigungen aufweisen, was für den Senat schon im Hinblick auf die übrigen beim Kläger bestehenden unfallunabhängigen somatischen und psychischen Leiden in jeder Hinsicht schlüssig und nachvollziehbar ist.

Unter Zugrundelegung dessen richtet sich die MdE-Bewertung ausweislich der unfallmedizinischen Literatur - der Senat legt seiner ständigen Rechtsprechung regelmäßig ebenfalls das unfallmedizinische Standardwerk von Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O.) zugrunde - bei Knie- bzw. Sprunggelenks-/Fußverletzungen maßgeblich nach der unfallbedingten Beweglichkeitseinschränkung und der verbliebenen Belastbarkeit; bildgebenden Befunden kommt dabei nur eine nachrangige Bedeutung zu, die MdE richtet sich vielmehr maßgeblich nach den objektiv-klinischen funktionellen Defiziten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 685, 714).

Ausgehend davon ist es beim Kläger seit der erstmaligen Rentenfeststellung zwar zu einer unfallbedingten Verschlechterung seiner gesundheitlichen Verhältnisse im Bereich des linken Kniegelenks gekommen, weil nunmehr (wie oben bereits dargelegt) eine Beugeeinschränkung hinzugetreten ist, nachdem S1 dereinst keinerlei Funktionseinschränkung dokumentierte, P1 hingegen eine (freilich nur endgradig) eingeschränkte Beugefähigkeit (0/0/130° ggü. re. 0/0/135°) befundet hat. Diese tatsächliche Veränderung ist indes bereits deshalb nicht wesentlich im oben dargelegten Sinne, weil nach den MdE-Erfahrungswerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 685 f.) eine messbare MdE erst bei einer Beweglichkeit von 0/0/120° (MdE 10 v.H.) bzw. bei einer - von P1 klinisch verneinten (vgl. Bl. 34 SG-Akte) - Aufklappbarkeit am Seitenband und/oder einer Schublade von jeweils
3 mm vorgesehen ist; eine (Teil-)MdE liegt insoweit hier also nicht vor.

Soweit H2 (Gutachten vom 23.09.2017) eine deutlich schlechtere Kniegelenksbeweglichkeit links (Streckung/Beugung 10/0/90°) bei nur behaupteter stärkerer Gonarthrose angenommen hat, hat bereits W1 in seiner (urkundsbeweislich verwertbaren) Stellungnahme vom 11.10.2017 darauf hingewiesen, dass dies in Ansehung des übrigen klinischen Befunds nicht nachvollziehbar ist, was der gerichtliche Sachverständige überzeugend unter Darlegung im Einzelnen - worauf hier Bezug genommen wird (Bl. 55 ff. SG-Akte) - bestätigt hat; bereits S1 beschrieb im Übrigen ein inkonsistentes Beschwerdebild beim Kläger. Unabhängig davon, dass die für die Bewertung der MdE maßgebenden objektivierbaren Funktionsdefizite nicht allein aus dokumentierten Bewegungsmaßen abgeleitet werden können, wenn diese anhand der klinischen Befunde inhaltlich nicht nachvollziehbar sind (Senatsurteil vom 15.12.2022, L 10 U 1328/19, in juris, Rn. 36 ff.), hat H2 zum einen ausdrücklich ein Streckdefizit von lediglich 10° für richtungsweisend erachtet - das bei der Untersuchung durch P1 indes gar nicht vorgelegen hat -, zum anderen hat er nicht einmal ansatzweise abgegrenzt oder gar begründet, dass und inwiefern die von ihm angenommene stärkere Kniegelenksbeweglichkeitseinschränkung links bei ebenfalls geminderter Beweglichkeit rechts (die auch H2 nicht als unfallbedingt angesehen hat) in einem naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang mit dem Unfallereignis stehen soll. Insoweit hat P1 vielmehr überzeugend herausgearbeitet (s.o.), dass lediglich ein geringer Anteil der Veränderungen im linken Knie in einen hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis gebracht werden kann und dass die Veränderungen im Wesentlichen auf unfallfremden retropatellaren Knorpelschäden beruhen. Allein deswegen kann die MdE-Einschätzung des H2 nicht überzeugen, zumal er diese auch überhaupt nicht begründet und zudem ersichtlich Maßstäbe zugrunde gelegt (Hinweis auf die Bewertung des Versorgungsamts) hat, die für die unfallmedizinische Beurteilung vollkommen irrelevant sind (s. zu den unterschiedlichen Bewertungsmaßstäben nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung und dem Versorgungs-/Entschädigungs- bzw. Schwerbehindertenrecht bereits BSG 23.06.1982, 9b/8/8a RU 86/80, in juris, Rn. 15; Senatsurteil vom 12.05.2022, L 10 U 4041/18, in juris, Rn. 45). Schließlich hat H2 (nur pauschal) auch den röntgenologischen Veränderungen insgesamt eine überragende Bedeutung beigemessen, die ihnen entsprechend der obigen Ausführungen im Rahmen der MdE-Bewertung indes gerade nicht zukommt; ungeachtet dessen hat P1 schlüssig und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass bildgebend im Bereich des linken Knies lediglich eine leichte posttraumatische Arthrose zu erkennen ist.

Die nämlichen Erwägungen gelten ebenfalls hinsichtlich des Gutachtens des M1. Auch darauf haben übereinstimmend W3 (beratungsärztliche Stellungnahme vom 26.09.2018, ebenfalls im Wege des Urkundsbeweises verwertbar) und der Sachverständige hingewiesen.

Gänzlich unplausibel ist schließlich - auch darauf hat P1 zutreffend aufmerksam gemacht - die Beweglichkeitsangabe im Reha-Entlassungsbericht der Ärzte der Knappschafts-Klinik S4 von beidseits 0/0/70°. Unabhängig davon, dass auch hier kein Streckdefizit vorlag, beschrieben die Ärzte insoweit als auffälligen klinischen Befund lediglich beidseitige Druckschmerzen im medialen und lateralen Kniegelenkspalt ohne Schwellungen, Rötungen und Überwärmungen. Der Schwerpunkt der dort durchgeführten Ergotherapie lag gleichwohl im Bereich der oberen Extremitäten (vgl. S. 5 des Entlassungsberichts) und die Kniegelenksbeweglichkeit soll sich ausweislich des Entlassungsberichts auch bei Abschluss der Rehabilitation nicht verändert haben (s. S. 6 des Berichts). Dies ist für den Senat schlechterdings nicht nachvollziehbar, nachdem P1 darauf hingewiesen hat, dass bei einer derart eingeschränkten Beugefähigkeit (die für sich gesehen eine MdE von mehr als 20 v.H. bedingen würde, Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 685) das Einnehmen einer normalen Sitzposition gar nicht mehr möglich ist; eine derartige hochgradige Einschränkung lässt sich dem Entlassungsbericht nicht einmal auch nur ansatzweise entnehmen, geschweige denn dem klinischen Befund (s.o.).

In Ansehung all dessen kann sich der Senat mithin nicht davon überzeugen, dass beim Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem 01.03.2017 eine unfallbedingte Kniebeweglichkeitseinschränkung links für die Dauer von länger als drei Monaten (§ 73 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VII) vorgelegen hat, die eine (Teil-)MdE von wenigstens 10 v.H. begründen würde. Unter diesem Gesichtspunkt liegt daher eine wesentliche Verschlechterung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 73 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VII nicht vor.

Was den funktionellen Zustand der USG anbelangt, ergibt sich aus den gutachtlich dokumentierten Funktionsparametern ebenfalls keine wesentliche Verschlechterung, das Gegenteil ist vielmehr der Fall, der funktionelle Zustand hat sich wesentlich gebessert. S1 beschrieb in seinem Gutachten vom 30.06.2003 noch eine Gesamtbeweglichkeit von 1/2 links und 2/3 rechts; auch H2 (Gutachten vom 23.09.2017) dokumentierte nämliche Werte. Demgegenüber zeigte sich schon bei M1 (Gutachten vom 04.09.2018) keine Einschränkung mehr (Gesamtbeweglichkeit der USG bds. 1/1) und bei P1 hat sich lediglich noch eine leichte Einschränkung beim Heben des Fußaußenrands links gezeigt (5/0/20°, re. 10/0/30°, Normalmaß: 10-15/0/20-30°, s.o.). Dass daraus eine MdE überhaupt nicht mehr abgeleitet werden kann, liegt angesichts der Normalmaßigkeit rechts und der annähernden Normalmaßigkeit links auf der Hand. Nach den MdE-Erfahrungswerten kommt eine MdE überhaupt nur dann in Betracht, wenn eine Versteifung des USG bzw. ein damit vergleichbarer Funktionsbefund vorliegt (s. im Einzelnen Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 713). Davon kann beim Kläger angesichts der von P1 sorgfältig erhobenen Beweglichkeitsparameter keine Rede sein.

Hinsichtlich der Beweglichkeit der OSG (Heben/Senken) ergibt sich in funktioneller Hinsicht folgendes Bild:

 

 

rechts

links

Normalbeweglichkeit

 S1
(Gutachten vom 30.06.2003

20/0/45°

25/0/40°




20/0/40°

 H2
(Gutachten vom 23.09.2017

10/0/30°

0/0/40°

M1
(Gutachten vom 04.09.2018)

10/0/30°

20/0/40°

P1
(Gutachten vom 13.05.2019)

10/0/40°

10/0/35°


Die daraus ersichtliche Beweglichkeitsverschlechterung rechts wie links ist klinisch nur leicht ausgeprägt und rechtfertigt ohnehin jedenfalls keine MdE von mehr als 20 v.H., sodass auch insoweit eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 73 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VII nicht eingetreten ist. Nach den MdE-Erfahrungswerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 712 f.) bedingt eine Bewegungseinschränkung des OSG auf 0/0/30° eine MdE von 10 v.H., eine Versteifung des OSG in Funktionsstellung (Neutral-Null-Stellung bis 10° Spitzfuß) eine MdE von 20 v.H., eine Versteifung des OSG und (sic!) USG in Funktionsstellung eine MdE von 25 v.H., ein Sprungbeinbruch mit Verformung desselben und erheblicher Sekundärarthrosis eine MdE von 20 bis 30 v.H., eine Versteifung des OSG in ungünstiger Stellung (Spitzfuß von > 20°, Hackenfuß von > 10°) eine MdE von 30 v.H. und ein Fersenbeinbruch mit erheblicher Deformierung des Fersenbeins (Aufhebung der Tubergelenkwinkels, gravierende Deformierung des Rückfußes), Wackelsteife des USG, Anschlussarthrose des OSG und/oder der Fußwurzel mit deutlicher Funktionsbeeinträchtigung des Fußes) eine MdE von ebenfalls 30 v.H.

Wie bereits dargelegt, kommt den bildgebend sichtbaren arthrotischen Veränderungen im Bereich der Sprunggelenke des Klägers für sich gesehen schon keine maßgebende Bedeutung zu; sie sind ohnehin nur leicht bis mäßiggradig ausgeprägt (s. dazu zusammenfassend und überzeugend P1 Bl. 51 SG-Akte).

Unter Berücksichtigung all dessen hat P1 - im Übrigen hier der einzige Gutachter, der die MdE-Erfahrungssätze überhaupt genannt und darunter auch subsumiert hat - schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass weder seitens der OSG allein, noch seitens der unteren Extremitäten insgesamt beim Kläger ein Zustandsbild vorliegt, dass geeignet wäre, eine höhere MdE als 20 v.H. zu begründen. In Ansehung der oben dargelegten Voraussetzungen für eine MdE bei einer Fuß(gelenk)verletzung und der oben tabellarisch aufgeführten - maßgeblichen - Beweglichkeitsparameter hat dem der Senat nichts hinzuzufügen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger geklagten Schmerzen, soweit diese überhaupt den Unfallfolgen zugeordnet werden können. Die üblichen Schmerzen sind
als Begleitsymptome einer körperlichen Schädigung in den MdE-Bewertungstabellen für die jeweilige Schädigung bereits berücksichtigt (s. nur Senatsurteile vom 15.12.2022, L 10 U 1783/18, in juris, Rn. 57 und vom 15.11.2018, L 10 U 1969/17, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 244), vorliegend also konkret im Rahmen der dem Kläger bereits zuerkannten MdE von 20 v.H.; außergewöhnliche Schmerzen in Gestalt eines CRPS bzw. eines zentralen neuropathischen Schmerzsyndroms liegen beim Kläger nicht vor, was auch bereits der Gutachter J1 ausgeschlossen hat.

Nämliches gilt hinsichtlich der noch von S1 beschriebenen Sensibilitätsstörungen, die ohnehin nicht mehr vorliegen, worauf P1 hingewiesen hat. Ohnehin erschließt sich dem Senat auch nicht, welche zusätzlichen, MdE-relevanten Funktionsdefizite neben einer beweglichkeitsbedingten Gebrauchseinschränkung „auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens“ (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) durch Missempfindungen im unteren Bein- bzw. Fußbereich erwachsen sollen; auch darauf hat schon J1 vollkommen zu Recht hingewiesen.

Soweit H2 schließlich noch Einschränkungen der Zehenbeweglichkeit beschrieb, kommt dem hinsichtlich einer MdE von vornherein keinerlei Bedeutung zu, was der Gutachter ebenfalls verkannt hat. Nach den MdE-Erfahrungswerten bedingt nur eine Versteifung eines Großzehengrundgelenks in Neutralstellung bzw. leichter Beugestellung oder eine Versteifung alle Zehengrundgelenke in leichter Streckstellung eine MdE von 10 v.H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 714). Nichts dergleichen liegt beim Kläger vor.

Auf der Grundlage all dessen ergibt sich zugleich, dass und warum der MdE-Einschätzung des H2 und des M1 nicht gefolgt werden kann. Diese entspricht schon nicht ansatzweise den unfallmedizinischen Maßstäben und Erfahrungswerten.

Damit ist insgesamt eine wesentliche Verschlechterung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 73 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VII nicht zu erkennen, sodass die Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, die Rente des Klägers nach einer höheren MdE als bereits bewilligt zu zahlen. Keiner Erörterung bedarf angesichts des Streitgegenstands, ob die Annahme des P1, die MdE betrage weiterhin 20 v.H., zutreffend ist; ebenfalls ist entsprechend der obigen Darlegungen unerheblich, ob die MdE beim Kläger von Anfang an zu hoch angesetzt worden ist, denn auch dies würde seinem Erhöhungsbegehren gerade nicht zum Erfolg verhelfen.

Der entscheidungserhebliche medizinische Sachverhalt ist hinreichend geklärt. Namentlich das Sachverständigengutachten des P1 hat dem Senat die erforderlichen Grundlagen für seine Überzeugungsbildung vermittelt. Insbesondere hat das Rechtsmittelvorbringen auch keinerlei Veranlassung gegeben, noch weiter zu ermitteln respektive von Amts wegen ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen. Einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG unter Angabe des Arztes, der gutachtlich gehört werden soll, hat der rechtskundig vertretene Kläger auf die Aufforderung des Senats (Verfügung vom 24.08.2022, S. 22 f. Senats-Akte unter Fristsetzung bis zum 30.09.2022) nicht gestellt, sondern stattdessen Einverständnis mit der Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt (S. 29 Senats-Akte).

Soweit der Kläger noch thematisiert hat, dass der angefochtene Gerichtsbescheid keine Entscheidungsgründe enthalte, weil - ersichtlich in der ihm zugestellten Abschrift (vgl. dazu § 105 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 317 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 14. Aufl. 2023, § 137 Rn. 2, s. noch sogleich) - „ein Baustein/Entscheidung zu Verschlimmerungsfällen, § 73 Abs. 3 SGB VII „siehe Seite 4 des Gerichtsbescheides) als Entscheidungsgrund genannt“ sei (S. 6 Senats-Akte), vermag der Senat dies in Ansehung der maßgeblichen Urschrift des vom Kammervorsitzenden unterschriebenen Gerichtsbescheids (vgl. 105 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 134 Abs. 1 und § 136 Abs. 1 SGG) in der Prozessakte (Bl. 77 ff. SG-Akte), der sieben Seiten umfasst und vollständige Entscheidungsgründe enthält, sowie der dem Senat elektronisch vom SG übersandten Abschrift (S. 13 ff. Senats-Akte) nicht nachzuvollziehen. Ohnehin hat der Kläger nicht einmal auch nur behauptet, dass der Gerichtsbescheid, genauer: die ihm zugestellte Abschrift, lediglich vier Seiten umfasst habe; die bloße „Auslassung“ einer einleitenden Darstellung der materiell-rechtlichen gesetzlichen Grundlagen („Baustein“) führt für sich gesehen schon nicht dazu, dass die Entscheidung keine Gründe enthält. Unabhängig davon liegt das diesbezügliche Klägervorbringen von vornherein neben der Sache, weil ein Mangel einer den Beteiligten zugestellten Abschrift nicht die Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung selbst betrifft, sondern lediglich die Zustellung und damit den Lauf der Rechtsmittelfrist (s. nur BSG 07.12.2022, B 4 AS 167/22 BH, in juris, Rn. 6; 24.07.2019, B 5 R 31/19 B, in juris, Rn. 18 m.w.N.), die vorliegend indes unproblematisch eingehalten worden ist.

Letztlich hat das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers aber sowieso auch wegen prozessualer Überholung keinerlei weitere Relevanz, nachdem der Senat über den Streitfall aufgrund eigener Prüfung und Würdigung als Tatsachengericht entschieden hat (§ 157 SGG).


Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



 

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