Lässt sich wegen widersprüchlicher und unglaubhafter Angaben des Versicherten nicht klären, ob seine berufliche Tätigkeit als Handelsvertreter bestimmte körperliche Anforderungen (hier schweres Heben und Tragen) gestellt hat, kann Arbeitsunfähigkeit nicht festgestellt werden.
Landessozialgericht Baden-Württemberg
L 10 U 3148/21
S 17 U 722/19
Im Namen des Volkes
Urteil
Der 10. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat ohne mündliche Verhandlung am 14.12.2023 für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.05.2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht (noch) die Gewährung von Verletztengeld im Zeitraum 06.09.2018 bis 31.03.2020 im Streit.
Der 1962 geborene Kläger ist laut Gewerbeummeldung vom 30.04.2015 (S. 132 Senatsakte) als freier Handelsvertreter für die Vermittlung von Elektrogeräten und Zubehör bei der Beklagten im Rahmen der Unternehmerversicherung freiwillig unfallversichert (Versicherungssumme zum Unfallzeitpunkt: 84.000,- €, s. S. 150 ff. Senatsakte; seit dem 01.01.2020 beträgt die Versicherungssumme 120.000,- € mit einem monatlichen Verletztengeldanspruch von 8.000,- €, S. 149 Senatsakte).
Am 02.02.2017 stürzte er nach seinen eigenen Angaben im Unfallfragebogen (S. 29 ff. VA) und der Unfallanzeige (S. 41 VA) - jeweils vom 16.02.2017 - auf dem Weg zur Postfiliale, um die Geschäftspost wegzubringen und zog sich ausweislich des ersten D-Arztberichtes des S1 vom 03.02.2017 Handgelenksdistorsionen beidseits, multiple Schürfwunden, eine Knieprellung links und eine Ellenbogenprellung links zu (S. 1 VA). Im Rahmen der am 13.02.2017 stattgehabten Nachbehandlung diagnostizierte S1 zudem eine Thoraxprellung sowie eine Daumenprellung rechts (S. 20 VA). S1 stellte dem Kläger daraufhin fortlaufend ab dem 03.02.2017 bis (zunächst) 30.07.2017 (S. 317 VA) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus und die Beklagte gewährte ihm Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich 186,67 € (tägliches Regelentgelt in Höhe von 233,33 €, s. u.a. S. 70, 98 und 210 VA).
Am 15.03.2017 stellte sich der Kläger zur Heilverfahrenskontrolle bei dem Facharzt P1 vor (S. 73 ff. VA), der nach erfolgter Röntgenuntersuchung auch eine Rippenprellung links und eine nicht dislozierte, in Konsolidierung befindliche distale Sternumfraktur diagnostizierte und diese konservativ behandelte.
Am 29.03.2017 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, dass bei seinem Unfall auch ein Zahn (Krone) beschädigt worden sei (S. 90 VA). Der Zahnarzt H1 teilte der Beklagten sodann am 07.04.2017 mit (S. 102 ff. VA), dass es bei dem Unfall zu einer „Wurzelfraktur disto-buccal“ im Bereich des Obergebisses (Zahn 27) gekommen sei, die zu einer Extraktion des Zahnes geführt habe und nach Ausheilung eine Versorgung mittels Zahnersatzes erforderlich mache. Der Kläger habe sich deswegen erstmals am 17.03.2017 bei ihm vorgestellt. Mit Schreiben vom 19.05.2017 teilte H1 der Beklagten mit (S. 137 VA), der Kläger sei beim Laden/Entladen einer schweren Kiste gestürzt und mit dem Kopf und der Kiste in „unsanften“ Kontakt gekommen. Da jedoch seine Blessuren im Brustbereich eindrücklicher gewesen seien, habe der Kläger auf den Schmerz im linken Oberkiefer erst später reagiert. Im Rahmen eines sogenannten „Persönlichen Erstkontaktes“ zwischen dem Kläger, einem Beklagtenvertreter (Herr S2) und P1 am 22.05.2017 (S. 146 ff. VA) gab der Kläger an, am Unfalltag auch einen Karton mit einem Elektrogerät getragen zu haben, auf das er mit der linken Gesichtshälfte geprallt sei. Seine Zahnbeschwerden hätten sich erst im Laufe der Zeit verschlimmert, weshalb er schließlich seinen Zahnarzt aufgesucht habe. P1 untersuchte den Kläger (s. S. 164 ff. VA), beschrieb nach Durchführung einer Arthrosonographie im Bereich des rechten und linken Schultergelenkes eine beidseits intakte Rotatorenmanschette, jeweils ohne Erguss und einer Arthrosonographie im Bereich der rechten und linken Thoraxregion unauffällige Weichteile, beurteilte u.a. die Sternumfraktur anhand der Röntgenbilder als knöchern konsolidiert und dokumentierte im Bereich der linken Schulter einen vorführbaren Nacken- und Schürzengriff, eine Anteversion von 150°, eine Abduktion von 140° und eine Außen- und Innenrotation abgespreizt von 90-0-80°. Anschließend wurde beim Kläger zu Lasten der Beklagten vom 29.05.2017 bis zum 26.07.2017 eine EAP(Erweiterte Ambulante Physiotherapie)-Maßnahme durchgeführt (s. u.a. S. 349 VA). Im Rahmen der am 14.06.2017 durchgeführten ambulanten Heilverfahrenskontrolle (S. 217 ff. VA) erhob P1 denselben Befund wie bei seiner Untersuchung am 22.05.2017 und einen ähnlichen im Rahmen der am 06.07.2017 (S. 260 ff. VA) durchgeführten Heilverfahrenskontrolle (linke Schulter: Anteversion 150°, Abduktion 130°, Außen- und Innenrotation abgespreizt 90-0-80°), wobei der Kläger unter der laufenden EAP-Maßnahme rückläufige Beschwerden, insbesondere im Bereich des Brustkorbes und der linken Schulter angab. Im Rahmen einer weiteren von P1 durchgeführten Heilverfahrenskontrolle am 27.07.2017 (S. 303 ff. VA) gab der Kläger wiederum an, dass zwar immer noch eine eingeschränkte Beweglichkeit der linken Schulter bestünde, seine Beschwerdesymptomatik im Bereich des Rippenthorax und des Sternums jedoch weiter rückläufig sei. P1 dokumentierte in Bezug auf die linke Schulter einen vorführbaren Nacken- und Schürzengriff, eine Anteversion und Abduktion von jeweils 150° und eine Außen- und Innenrotation abgespreizt von 80-0-70°, hielt weder eine Weiterverordnung von EAP-Einheiten noch weitere medizinische Maßnahmen für erforderlich, empfahl eine bedarfsweise medizinische Trainingstherapie zur Kräftigung der Rumpf-Extremitätenmuskulatur und zur Mobilisation der linken Schulter an Seilzügen und hielt den Kläger ab dem 29.07.2017 wieder für vollschichtig arbeitsfähig im Rahmen seiner Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter. Auch der den Kläger fortlaufend behandelnde D-Arzt S1 sah den Kläger im Rahmen seiner Nachuntersuchung vom 28.07.2017 nicht mehr als arbeitsunfähig an und hielt ebenfalls keine weiteren Maßnahmen für erforderlich (S. 289 VA), stellte dennoch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 30.07.2017 aus (S. 317 VA).
Mit Bescheid vom 16.08.2017 (S. 318 ff. VA) verfügte die Beklagte, dass der Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 02.02.2017 keinen Anspruch auf Rente habe (Verfügungssatz 1) und auch ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Zahnbehandlung nicht bestehe (Verfügungssatz 2). Als Folgen des Versicherungsfalles würde ein ohne wesentliche Folgen ausgeheilter knöchern fest verheilter Bruch des Brustbeins anerkannt. Die Verstauchungen beider Handgelenke, die Prellungen im Bereich der linksseitigen Rippen, des linken Ellenbogens und des linken Kniegelenks sowie die Schürfwunden am linken Ellenbogen, an beiden Daumen und am linken Kniegelenk seien folgenlos verheilt. Alle Schäden im Mund- und Kieferbereich sowie die Rhizarthrose im rechten Daumensattelgelenk würden nicht als Folgen des Versicherungsfalles anerkannt. Es fehle der Nachweis, dass die beim Kläger bestehenden Gesundheitsschäden im Bereich von Kiefer und Zähnen auf das Unfallereignis vom 02.02.2017 zurückzuführen seien. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch (S. 332 VA), woraufhin die Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2017 (S. 406 f. VA) auch die Zahnfraktur des Pfeilerzahns 27 als Folgen des Versicherungsfalles anerkannte.
Am 04.09.2017 stellte sich der Kläger erneut bei S1 vor und klagte über vermehrt auftretende Beschwerden im Bereich des Hemithorax links, weshalb er die Arbeit habe abbrechen müssen. S1 beschrieb eine Druckempfindlichkeit an den „bekannten Stellen“, einstrahlend dorsal entlang des Rippenbogens und eine Schmerzhaftigkeit beim Heben und bei Abduktion des Armes. Er verordnete nochmals Krankengymnastik und bescheinigte dem Kläger (erneut) Arbeitsunfähigkeit (S. 321, 339 und 340 VA). Die Beklagte gewährte ihm daraufhin wieder Verletztengeld ab dem 04.09.2017 in Höhe von kalendertäglich 186,67 € (s. S. 359 VA).
Am 20.09.2017 stellte sich der Kläger auf Veranlassung der Beklagten in Anwesenheit des Reha-Managers K1 in der Sondersprechstunde der BG-Unfallklinik L1 (BGU) vor (S. 366 ff. VA). Im Rahmen der dortigen Untersuchung zeigte sich eine Schonhaltung mit Verkürzung im Pectoralis-major-Bereich, ein ausgeprägter Druckschmerz thoracosternal links sowie thoracovertebral auf gleicher Höhe und ein Muskelhartspann, außerdem gab der Kläger Beschwerden bei der tiefen Einatmung an. Es wurde eine berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung (BGSW) in der BGU empfohlen, die sodann vom 19.10.2017 bis 27.10.2017 und im Anschluss daran eine komplex-stationäre Rehabilitation (KSR) bis zum 24.11.2017 durchgeführt wurde (S. 605 ff. VA), aus der der Kläger weiterhin arbeitsunfähig (s.a. S. 472 VA) mit der Empfehlung einer (weiteren) EAP-Maßnahme - die auch durchgeführt wurde (s. u.a. S. 686, 775, 802 VA) - entlassen wurde. Als Entlassungsbefund wurde eine inspektorisch verbesserte Kopfhaltung sowie insgesamt eine gesteigerte Beweglichkeit (Schürzengriff bis zum LWS-Bereich und Nackengriff bis zum Ohr möglich, Anteversion/Retroversion mit 30-0-110°, Abduktion/Adduktion mit 100-0-30°, Handkraftmessung links bei 34,6 kg und rechts 44,6 kg, Finger-Boden-Abstand beim Vorneigen 20 cm, Drehbewegung nach links gut möglich, nach rechts noch eingeschränkt) beschrieben.
Am 04.01.2018 stellte sich der Kläger erneut im Beisein des Reha-Managers K1 in der Sondersprechstunde der BGU vor (S. 503 f. VA), in deren Rahmen der Kläger von Beschwerden beim Luftholen und Schmerzen im Bereich der linken Thoraxapertur mit Sensibilitätsstörungen im Bereich der ersten drei Finger der linken Hand berichtete, die seit dem Unfallereignis bestünden. Die körperliche Untersuchung ergab jedoch einen klinisch stabilen Thorax ohne Druckschmerz über dem Sternum. Seitens der BGU wurde die Durchführung einer stationären Reha-Abklärung (SRA) empfohlen, die vom 05.02.2018 bis 07.02.2018 im Reha-Zentrum der BGU durchgeführt wurde (S. 666 ff. VA). Ein dort erstelltes CT zeigte ein unauffälliges Sternum und ein MRT der Halswirbelsäule(HWS)/Brustwirbelsäule(BWS) zeigte degenerative Veränderungen betont im Übergangsbereich C5/6 mit breitbasiger Bandscheibenvorwölbung linksbetont und reaktiven knöchernen Veränderungen im Bereich der Hinterkante mit partieller Einengung des Neuroforamen C5/6 links. Ein Anhalt für eine frische oder ältere Fraktur oder ein Knochenmarködem zeigte sich nicht. Ebenfalls erstellte Röntgenaufnahmen des Thorax zeigten einen altersentsprechenden Herz-Lungenbefund ohne Zwerchfellhochstand und eine Röntgenaufnahme der gesamten Wirbelsäule zeigte neben altersentsprechenden degenerativen Veränderungen der gesamten Wirbelsäule zwar eine Fehlhaltung des Kopfes und des Oberkörpers nach links, erbrachte jedoch keinen Frakturhinweis. Im Rahmen der SRA stellte sich der Kläger am 06.02.2018 außerdem im Zentrum für Nervenheilkunde Standort L1 (ZNS) vor (S. 617 f. VA), wo eine radikuläre oder sonstige periphere Armnervenschädigung links als Ursache der beklagten Schmerzen und Sensibilitätsstörungen klinisch wie elektrophysiologisch nicht objektiviert werden konnte und ein chronisches Schmerzsyndrom thorakobrachial links nach Sternumfraktur sowie eine Dyspnoe diagnostiziert wurde. Insgesamt führten die Ärzte des Reha-Zentrums der BGU in ihrer abschließenden Einschätzung die HWS-Beschwerden und Dysästhesien der linken Hand auf die unfallunabhängig bestehende, degenerative, partielle Einengung des Neuroforamens C5/6 links zurück und sahen eine Schmerzüberlagerung der unfallunabhängigen HWS- bzw. Schulter-Arm-Schmerzen links und der unfallbedingten Thorax-/BWS-Schmerzen. Sie äußerten auch den Verdacht auf (V.a.) das Bestehen einer Schmerzverarbeitungsstörung bzw. einen sekundärer Krankheitsgewinn und empfahlen eine interdisziplinäre Schmerzdiagnostik (ISD).
Am 26.02.2018 stellte sich der Kläger in der Abteilung für Schmerzmedizin der BGU vor (S. 756 ff. VA) und klagte insbesondere über einen linksthorakalen Dauer- und Belastungsschmerz im Bereich der linken Thoraxwand mit Ausstrahlungen in den Schulter- und Rückenbereich und einen intermittierenden Belastungsschmerz im Bereich der linken oberen Extremität mit intermittierend auftretenden Kribbelparästhesien im Bereich des D1 bis D3 der linken Hand, wobei die dort untersuchenden Ärzte zwar einen Zusammenhang zwischen den sternal/thorakalen Schmerzen und dem Unfallereignis für möglich hielten, die Schmerzen im Bereich der linken oberen Extremität jedoch eher den unfallunabhängigen vorbestehenden degenerativen HWS-Veränderungen zuschrieben. Das Vorliegen eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) schlossen sie aus, hielten jedoch eine neuropathische Schmerzkomponente bezüglich der Schmerzen im Bereich des linken Armes für möglich, wohingegen sie eine solche für den Bereich des Thorax- und Sternumgebietes für wenig wahrscheinlich hielten. Es wurde eine vierwöchige stationäre Schmerztherapie mit ggfs. notwendigen invasiven schmerztherapeutischen Verfahren empfohlen.
Am 12.03.2018 stellte sich der Kläger außerdem bei dem Facharzt R1 vor (S. 695 ff. VA). R1 beschrieb eine leichte restriktive Ventilationsstörung sowie eine leichte periphere und zentrale Obstruktion mit Überblähung, die auf Bronchospasmolyse reversibel und unfallunabhängig sei.
Vom 23.05.2018 bis 20.06.2018 befand sich der Kläger in stationärer Schmerztherapie in der BGU (S. 837 ff. VA). Auch dort klagte er über linksthorakale Dauer- und Belastungsschmerzen mit Ausstrahlung in die linke Schulter und gab deren Intensität auf der numerischen Ratingskala (NRS) in Ruhe mit 1-2/10 und bei Belastung mit 4-5/10 an. Obwohl sich die Schulterbeweglichkeit in Folge der Anlage eines interskalenären Plexus-Katheters deutlich verbesserte, weshalb die behandelnden Ärzte davon ausgingen, dass die Schulterbeschwerden nicht auf die Beschwerdesymptomatik im Thoraxbereich zurückzuführen seien, und die passive Beweglichkeit zum Entlassungszeitpunkt im Wesentlichen frei war, gab der Kläger bei der Entlassung eine Schmerzintensität auf der NRS in Ruhe von 2-3/10 und unter Belastung von 6-7/10 an. Aus dem Abschlussbericht geht zudem hervor, dass der Kläger in den Einzeltherapien ein deutlich aggravierendes Verhalten zeigte. Abschließend wurde ein nozizeptiver Schmerz im Schulter-/Thoraxbereich linksseitig diagnostiziert.
Im unmittelbaren Anschluss an die stationäre Schmerztherapie befand sich der Kläger bis zum 11.07.2018 in einer weiteren BGSW in der BGU (S. 887 ff. VA). Hier gab der Kläger bei der Abschlussuntersuchung Schmerzen nach der NRS in Ruhe von 4/10, bei Bewegung von 5/10 und bei Belastung von 5-6/10 an und demonstrierte eine aktive Schultergelenksbeweglichkeit links für Ab-/Adduktion von 115-0-30°, Flexion/Extension 120-0-25° und Innen-/Außenrotation 90-0-45° sowie eine Handkraft von rechts 53,6 kg und links 30,7 kg. Dem Abschlussbericht ist zu entnehmen, dass die Durchführung der BGSW keine deutliche Besserung der vom Kläger geäußerten Beschwerden erbracht habe, sich insbesondere keine deutliche Bewegungsverbesserung der Schulter eingestellt habe. Die zuletzt geäußerten Schmerzen im Bereich des linken Brustbereiches könnten jedoch nicht durch die mittlerweile knöchern konsolidierte Sternumfraktur erklärt werden. Der Kläger wurde daher arbeitsfähig ab dem 16.07.2018 entlassen und das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Der Kläger nahm sodann seine berufliche Tätigkeit wieder auf (s. seine Angaben bei S1, 966 VA, und K2, S. 955 VA) und die Beklagte stellte die Zahlung von Verletztengeld zum 16.07.2018 ein.
Ab dem 06.09.2018 bescheinigte S1 dem Kläger erneut Arbeitsunfähigkeit (s. u.a. S. 973, 943 f., 990 f., 1000 f., 1010 f., 1021 f., 1041 f. VA). Seinem Nachschaubericht vom 10.09.2018 (S. 965 f. VA) ließen sich jedoch keine Befunde entnehmen. Vielmehr gab er darin lediglich die subjektiven Angaben des Klägers wieder, wonach er täglich fünf bis sechs Stunden arbeite, deutliche Beschwerden bei Überkopfarbeiten links sowie beim Tragen schwerer Lasten habe und täglich zwei Ibuprofen und vier Novalgintabletten sowie Magenschutz benötige, da ihm sonst die berufliche Tätigkeit nicht möglich sei. Verletztengeld zahlte die Beklagte ab dem 06.09.2018 nicht mehr (s. S. 999 VA).
Die Beklagte holte ein Gutachten bei K2 ein (S. 949 ff. VA, Untersuchungstag: 20.09.2018). Im Rahmen der Anamneseerhebung gab der Kläger an, seit der Entlassung aus der BGSW täglich fünf Stunden - inklusive Fahrzeiten - als Handelsvertreter zu arbeiten. K2 beschrieb erhebliche Verspannungen des Schultergürtels mit schmerzhaften Triggerpunkten im Trapezius-Verlauf, im Bereich der Schulterblattmuskulatur sowie im Bereich des großen Brustmuskels. Insgesamt teilte er einen deutlichen Seitenunterschied zur rechten Seite, sowohl was den Schultergürtel als auch die Brustmuskulatur angehe, mit, wobei er jedoch eine augenscheinliche Atrophie der Muskulatur nicht objektivieren konnte. Auch wies das Schultergelenk selbst keine lokalen Druckschmerzen auf. Die Beweglichkeit der linken Schulter beschrieb er zwar als deutlich eingeschränkt (Armhebung seitwärts/körperwärts 100-0-20°, Armhebung rückwärts/vorwärts 20-0-120°, Armdrehung auswärts/einwärts 45-0-L3). Einen das messtechnische Maß übersteigenden Seitenunterschied konnte er bei der Überprüfung der Umfangsmaße der oberen Extremitäten jedoch nicht finden. Auch fand er bei der neurologischen Untersuchung keine dermatombezogenen neurologischen Defizite. Die Muskeleigenreflexe waren seitengleich auslösbar. Sogar die Sonographie der Pectoralismuskulatur ergab eine regelrechte Fiederung der Muskulatur des großen Brustmuskels links wie rechts ohne relevante Seitendifferenz und ohne objektivierbaren strukturellen Befund am Schmerzort. Die durchgeführte Röntgenuntersuchung beider Schultergelenke zeigte hingegen seitengleich einen nach außenseitig abfallenden Rabenschnabelfortsatz, wodurch - laut K2 - eine Impingementkonstellation mit deutlicher Einengung des subakromialen Raumes entstehe, und einen leichten Oberarmkopfhochstand beidseits. K2 führte aus, dass es wegen der unfallunabhängigen Impingementkonstellation des linken Schultergelenkes durch die starken Muskelverspannungen zu einer Einengung des subakromialen Raumes mit sekundär erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit komme. Insgesamt sei es aufgrund der defizitären Verfahrenssteuerung seitens der Beklagten zu einem protrahierten Krankheitsverlauf und daher zu einer chronischen Schmerzstörung gekommen. Als noch bestehende Unfallfolgen diagnostizierte K2 schließlich eine schwere muskuläre Dysbalance der Pectoralismuskulatur links mit sekundärer Myogelose des Schultergürtels, eine chronisch nozizeptive Schmerzerkrankung (Stadium II nach Gerbershagen) und eine noch in Behandlung befindliche Fraktur des Pfeilerzahnes 27 im linken Oberkiefer. K2 empfahl die Fortführung des Heilverfahrens und sah den Kläger noch als arbeitsunfähig an. Die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) erübrige sich bei noch nicht abgeschlossenem Heilverfahren.
Die Beklagte holte daraufhin die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes K3 ein, der sich dem Abschlussbericht der BGSW anschloss, wonach das Heilverfahren zum 16.07.2018 zu beenden sei und jede weitere Arbeitsunfähigkeit nicht im Zusammenhang zum Unfall vom 02.02.2017 stehe.
Daraufhin verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2018 (S. 981 ff. VA), dass der Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls keinen Anspruch auf Rente habe (Verfügungssatz 1) und ein unfallbedingter Anspruch auf Verletztengeld sowie eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 15.07.2018 anerkannt werde (Verfügungssatz 2). Die erneute Arbeitsunfähigkeit ab dem 06.09.2018 werde nicht als Folge des Versicherungsfalles vom 02.02.2017 anerkannt. Als Folgen des Versicherungsfalles anerkannte sie zudem einen ohne wesentliche Folgen ausgeheilten knöchern fest verheilten Bruch des Brustbeins und einen Zahnschaden am Zahn 27 mit gelockertem Zahnersatz. Hingegen sei die Bandscheibenprotrusion C5/6 links mit partieller Einengung des Nervenwurzelloches C5/6 links, die Impingement-Konstellation an beiden Schultergelenken und die Rhizarthrose am rechten Daumensattelgelenk nicht Folge des Versicherungsfalles. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass der Kläger aus der zuletzt bis zum 11.07.2018 durchgeführten BGSW arbeitsfähig entlassen worden sei. Die knöchern und in achsengerechter Stellung verheilte Brustbeinfraktur sei folgenlos ausgeheilt und daher nicht geeignet, eine Arbeitsunfähigkeit über den 15.07.2018 hinaus zu verursachen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch (S. 985 VA), den der Kläger u.a. auf die Weitergewährung von Verletztengeld und Heilbehandlung beschränkte (S. 1006 ff. VA) - die Feststellung weiterer Unfallfolgen machte er nicht geltend -, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2019 zurück (S. 1030 ff. VA).
Hiergegen hat der Kläger am 14.02.2019 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) wegen der Gewährung von Verletztengeld erhoben und im Rahmen der mündlichen Verhandlung zusätzlich die Anerkennung weiterer Unfallfolgen - namentlich einer muskulären Dysbalance der linken Pectoralis- und Trapeziusmuskulatur mit muskulärem Hypertonus, endgradig eingeschränkter linksseitiger Schultergelenksbeweglichkeit und reaktiven Linksseitneigung des Kopfes auf Grund der muskulären Dysbalance sowie der chronisch nozizeptiven Schmerzerkrankung (Stadium II nach Gerbershagen) - neben der Zahlung von Verletztengeld vom 06.09.2018 bis 31.03.2020 in gesetzlicher Höhe gefordert.
Das SG hat S1 zweimal (schriftlich) als sachverständigen Zeugen befragt (Bl. 27 ff. und 144 f. SG-Akte). Er hat mitgeteilt, dass der Kläger an Schmerzen im Bereich der linken Thoraxapertur bei Zustand nach (Z.n.) alter Sternumfraktur im Rahmen eines berufsgenossenschaftlichen Unfalls leide, die bei Belastung, Bewegen des linken Armes sowie Liegen auf der linken Seite aufträten. Ebenso verstärke ein Heben von Lasten die Beschwerden. Zuletzt sei im Frühjahr 2018 eine Besserung eingetreten. Seit Juli 2018 liege eine Dauersituation ohne wesentliche Änderungen vor. Vom 06.09.2018 bis 31.03.2020 sei der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig gewesen. Sodann habe er eine neue Tätigkeit unter Vermeiden der im alten Beruf dauerhaft vorliegenden Belastungen begonnen.
Das SG hat von Amts wegen ein Sachverständigengutachten bei dem Facharzt G1 (Bl. 100 ff. SG-Akte, Untersuchungstag: 10.12.2019) sowie eine - nachdem die Beklagte dem Gutachten entgegengetreten ist (Bl. 132 f. SG-Akte) - ergänzende Stellungnahme (Bl. 136 ff. SG-Akte) eingeholt. Im Rahmen der Anamneseerhebung hat der Kläger - zum Unfallhergang befragt - entgegen früherer Angaben nunmehr ausgeführt, beim Überqueren der Straße an einer erhöhten Straßenbahnkante mit dem rechten Fuß abgerutscht und nach vorne gefallen zu sein. Er sei dabei mit der linken Brustkorbseite auf die Straßenbahnkante und mit der linken Gesichtshälfte auf einen Karton angeschlagen. Zu der von ihm bis zum Unfall ausgeübten Tätigkeit hat er angegeben, ab 2011 bzw. 2012 als freier Handelsvertreter Klein- bzw. Groß-Elektrogeräte vorgeführt, aufgebaut und zugeliefert zu haben und bei verschiedenen Firmen tätig gewesen zu sein. Auch gegenüber dem Sachverständigen hat der Kläger Schmerzen im linken oberen Brustkorbbereich mit Ausstrahlungen in die linke Nacken- und Schulterregion, teilweise auch ein Taubheitsgefühl an Daumen-, Zeige- und Mittelfinger links verbunden mit Kraftlosigkeit beim Zupacken und nächtliche Schmerzen geklagt. In Spitzenzeiten betrügen die Schmerzen auf der Schmerzskala bis acht bzw. neun, die täglichen Dauerschmerzen hat er mit sechs auf der Schmerzskala angegeben. Der Sachverständige hat u.a. einen Schulterhochstand links, eine hypertone mäßig druckdolente Pars descendens des Muskulus trapezius beidseits - die übrige Betastung des Trapezius, des Latissimus dorsi, der Infra- und Supraspinatus- und teres major-Muskulatur ist seitengleich unauffällig gewesen -, eine seitengleich uneingeschränkte Mobilität der Scapula auf dem Brustkorb, eine endgradige Einschränkung der Rotationsbeweglichkeit der HWS links von 70° (rechts 80°), eine seitengleiche Ober- und Unterarmbemuskelung, einen diskreten Druckschmerz am Tuberkulum majus, eine im Bereich des linken Schultergelenkes endgradig eingeschränkte Beweglichkeit (Arm seitw./körperw. links: 150-0-40°, rechts: 180-0-40°; Arm rückw./vorw. links: 30-0-160°, rechts: 40-0-180°; Arm ausw./einw. Drehen bei anliegendem Oberarm links: 40-0-90°, rechts: 50-0-90°), die mit einem hauptsächlich die Pectoralis-Muskulatur links betreffenden Dehnungsschmerz einhergehe, eine Hyposensibilität im Bereich des beugeseitigen Unterarmes bei ansonsten seitengleicher Sensibilität und eine seitengleiche Kraft der einzelnen Muskelgruppen der oberen Gliedmaßen dokumentiert und als Unfallfolgen (noch) eine muskuläre Dysbalance der linken Pectoralis- und Trapeziusmuskulatur (Pars descendens) mit muskulärem Hypertonus, eine endgradig eingeschränkte linksseitige Schultergelenksbeweglichkeit, eine reaktive Linksseitneigung des Kopfes aufgrund der muskulären Dysbalance der Pectoralis- und Schultergürtelmuskulatur links und eine chronisch-nozizeptive Schmerzerkrankung (Stadium II nach Gerbershagen) diagnostiziert. Aufgrund dieser Unfallfolgen sei der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt für seine zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit nicht leistungsfähig, weshalb weiter von einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei.
Im Rahmen der beim SG stattgehabten mündlichen Verhandlung hat der Kläger - zu seiner Tätigkeit befragt - angegeben, dass er im Unfallzeitpunkt Handelsvertreter für Großgeräte, d.h. Dampfstrahler, Bohrmaschinen, Werkzeuge aller Art für gewerbliche Kunden gewesen sei. Seine Tätigkeit habe darin bestanden, diese Werkzeuge und Maschinen zu im Voraus vereinbarten Terminen bei seinen Kunden vorzuführen. Hierzu habe er Termine machen, das Vorführmaterial in sein Fahrzeug, einen Mercedes B-Klasse, verladen und dann bei dem jeweiligen Kunden vorsprechen und die Geräte vorführen müssen. Ab April 2020 habe er Promotion-Tätigkeiten in Supermärkten ausgeübt. Aufgrund der Pandemiesituation habe sich diese Tätigkeit jedoch dahingehend gewandelt, dass er Lagerarbeiten habe verrichten sollen, wozu er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei. Er habe die Tätigkeit dann nach ca. drei Monaten aufgeben müssen. Zwischenzeitlich sei er aus psychischen Gründen dauerhaft arbeitsunfähig.
Mit Urteil vom 07.05.2021 hat das SG unter Abänderung des Bescheides vom 24.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2018 (gemeint: 28.01.2019) festgestellt, dass es sich bei der muskulären Dysbalance der linken Pectoralis- und Trapeziusmuskulatur mit muskulärem Hypertonus, der endgradig eingeschränkten linksseitigen Schultergelenksbeweglichkeit, der reaktiven Linksseitneigung des Kopfes und der chronisch nozizeptiven Schmerzerkrankung im Stadium II nach Gerbershagen um Folgen des Arbeitsunfalls vom 02.02.2017 handele und hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 06.09.2018 bis 31.03.2020 Verletztengeld in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Gegen das ihr am 09.09.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Facharztes S3 (S. 1492 ff. VA) am 06.10.2021 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt, dass bereits K2 nicht weiter begründet habe, aus welchem Grund eine in achsgerechter Stellung knöchern fest verheilte unverschobene Sternumfraktur sowie Prellungen im Bereich der linksseitigen Rippen im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit für eine anhaltende muskuläre Dysbalance im Bereich der Pectoralismuskulatur sowie des Schultergürtels ursächlich sein könnten. K2 habe auch nicht kritisch geprüft, weshalb es trotz umfangreicher Behandlungsmaßnahmen (neben stationären Behandlungen insgesamt 90 Einheiten EAP und 45 Einheiten Physiotherapie) nicht zu einer Besserung, sondern eher einer Verschlechterung der Beschwerdesymptomatik gekommen sei. Auch habe er die degenerativen Veränderungen im Sinne einer Impingementsymptomatik in beiden Schultergelenken sowie Bandscheibenprotrusionen C5/6 mit Einengung des Nervenwurzelloches C5/6 im Bereich der HWS ohne erkennbare Begründung als mögliche Ursache der anhaltenden Beschwerden ausgeschlossen. Er habe auch nicht berücksichtigt, dass die Sternumfraktur sowie die Rippenprellung links im Rahmen der stationären Schmerztherapie gerade als Ursache der Schmerzen im Bereich der linken Schulter ausgeschlossen worden seien. Überdies lägen sehr wohl und entgegen der Auffassung des K2 Anhaltspunkte für einen sekundären Krankheitsgewinn in Form der laufenden Zahlung von Verletztengeld in nicht unerheblicher Höhe und Aggravation vor, worauf im Abschlussbericht der Schmerzklinik hingewiesen worden sei. Außerdem setze eine chronische Schmerzstörung als Unfallfolge anhaltende strukturelle Unfallfolgen voraus, die als wesentliche Ursache dieser Schmerzstörung in Betracht kommen müssten. Ein CRPS sei jedoch ausgeschlossen worden und die knöchern fest verheilte Sternumfraktur und die Prellungen kämen als Ursache der geklagten anhaltenden Schmerzen über den 16.07.2018 hinaus gerade nicht in Betracht. Auch der Sachverständige G1 habe einen Kausalzusammenhang nicht überzeugend herzustellen vermocht. Im Übrigen gehe es bei der Frage, welche Gesundheitsstörungen Folge des Gesundheitserstschadens seien nicht darum, ob eine andere Ursache für die Beschwerden festgestellt werden könne, sondern allein darum, ob der Zusammenhang der anhaltenden Beschwerden mit den zweifelsfrei festgestellten Körpererstschäden hinreichend wahrscheinlich gemacht werden kann. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Nach Hinweis des Senats (S. 42 f. Senatsakte), dass das Urteil des SG jedenfalls insoweit rechtswidrig sein dürfte, als damit (förmlich) feststellend über (weitere) Unfallfolgen entschieden worden ist, obwohl der Kläger dieses Begehren erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung artikuliert hat, hat der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen (S. 46 Senatsakte).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.05.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung beruft er sich auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie die Gutachten der K2 und G1.
Im Rahmen des am 08.11.2022 stattgehabten Erörterungstermins vor der Berichterstatterin des Senats hat der Kläger angegeben, dass er zum Zeitpunkt seines Sturzes auch zwei Pakete in der Hand gehabt habe, in denen sich Prospekte und Verkaufsmaterial befunden habe, das er zu Werbezwecken an Kunden habe verschicken wollen. Er habe zwischenzeitlich am 30.09.2022 seine Tätigkeit als Handelsvertreter wieder aufgenommen, habe jedoch direkt am Folgetag bei einer Aufführung bzw. im Anschluss daran einen weiteren Unfall gehabt, den er auch der Beklagten gemeldet habe. Aktuell habe er einen Handelsvertretervertrag mit V1 abgeschlossen und dürfe nur V1-Produkte vertreiben. Zum Unfallzeitpunkt sei das nicht so gewesen. Damals habe er u.a. auch große Dampfstrahler, z.B. von K4, die man z.B. auch an Waschanlagen benutze, vertreten. Diese seien ihm als Vorführobjekt zur Verfügung gestellt worden und er habe diese dann in seinem Auto transportiert. Es sei hauptsächlich so gewesen, dass seine Kunden, es habe sich sowohl um Privat- als auch um Geschäftskunden gehandelt, auf ihn zugekommen seien, wenn sie ein bestimmtes Produkt benötigt hätten. Er habe sich dann daran gemacht, einen Anbieter zu finden, der dieses Produkt in der gewünschten Qualität vertreibe und habe dieses dann ausgeliehen und seinen Kunden vorgeführt. Ab dem 06.09.2018 sei er völlig arbeitsunfähig gewesen und hätte auch nicht Autofahren können. Vor seinem Unfall sei er auch nicht in psychiatrischer Behandlung gewesen. Diese habe erst im Jahr 2020 begonnen. Er sei vor dem Unfall - abgesehen von einer Hodenkrebsbehandlung - ohnehin nicht groß ärztlich behandelt worden.
Der Kläger hat nach Aufforderung des Senats außerdem Provisionsabrechnungen der V1 Deutschland Stiftung & Co. KG vom 24.10.2016 bis 19.02.2017 (S. 120 ff. Senatsakte) vorgelegt und behauptet, über keine weiteren Provisionsabrechnungen zu verfügen und auch keine Nachweise darüber, welchen konkreten Kunden er Elektrogeräte im Zeitraum vom 01.02.2016 bis 01.02.2017 vorgeführt habe, erbringen zu können. Er sei gelernter Elektriker und habe auch einige Zeit als Kundendienstmonteur für die Firma K4 gearbeitet. Zum Nachweis hierfür hat er u.a. eine Urkunde der Firma K4 vom 02.03.1989 vorgelegt (S. 159 Senatsakte), wonach er vom 20.02. bis zum 21.02.1989 an einer Service-Schulung für HD/HDS-Geräte teilnahm. Weiter hat er ausgeführt, seit dem 14.10.2013 als Handelsvertreter für die Firma V1 tätig zu sein (s. Handelsvertretervertrag S. 165 ff. Senatsakte) und bei Kunden und Interessenten Elektro-Groß- und Kleingeräte vorgeführt, ausgeliefert und in Betrieb genommen zu haben. Die Gewichte der Geräte einschließlich der Vorführtaschen hätten zwischen 1 kg und 28 kg gelegen, wobei er bei den Vorführungen immer alle Geräte habe dabeihaben müssen. Er habe insgesamt über den Tag verteilt Gewichte „zwischen 1/2 und 1 Tonne“ bewegen müssen. Zusätzlich habe er sich vor dem Unfall noch ein weiteres Standbein schaffen wollen, indem er Geräte für Industriekunden und Landwirte wie z.B. Dampfstrahler, Industriestaubsauger usw. habe vertreiben wollen. Aufgrund des Unfalls habe er dies nicht mehr verwirklichen können. Er sei auch weiterhin - im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten - für die Firma V1 als Handelsvertreter tätig. Die Vorführgeräte habe er bei V1 ausgeliehen. Außerdem hat er u.a. seine Gewerbeanmeldungen (S. 82 ff. Senatsakte) und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 (138 ff. Senatsakte) und 2017 (S. 143 ff. Senatsakte) vorgelegt. Zu den Einzelheiten seiner Einlassungen und den vorgelegten Unterlagen wird auf die Senatsakte (S. 129 f., 155 ff. und 184 f. Senatsakte) verwiesen.
Die Beklagte hat außerdem ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK vom 24.11.2022 vorgelegt (S. 68 ff. Senatsakte), aus dem sich u.a. ergibt, dass der Kläger bis kurz vor dem streitgegenständlichen Unfall, nämlich vom 07.09.2015 bis 31.01.2017 und davor vom 08.09.2014 bis zum 10.08.2015 und auch vom 30.05.2012 bis zum 03.01.2014 u.a. wegen schwerer depressiver Episoden und Anpassungsstörungen ohne psychotische Symptome arbeitsunfähig war und vom 25.07.2016 bis zum 19.08.2016 u.a. wegen einer depressiven Episode im Zentrum für Ambulante Psychosomatische Rehabilitation G3 behandelt wurde (S. 68 ff. Senatsakte), umfassend zu den schriftlichen Einlassungen des Klägers und den vorgelegten Unterlagen Stellung genommen und auf Widersprüchlichkeiten seines Vortrags hingewiesen (S. 186 ff. Senatsakte).
Der Senat hat daraufhin von Amts wegen das Sachverständigengutachten nach Aktenlage bei dem Facharzt, Universitätsklinikums H2 S4 vom 19.06.2023 eingeholt (S. 198 ff. Senatsakte). Der Sachverständige hat nach Auswertung des Aktenmaterials ausgeführt, dass sich die durch die Gesundheitserstschäden - insbesondere die Sternumfraktur und die Rippenprellungen - verursachte Beschwerdesymptomatik nach dem Unfallgeschehen ausweislich des Untersuchungsberichts des P1 bis zum 27.07.2017 gebessert habe und die Schultergelenksbeweglichkeit links nahezu frei gewesen sei (Nacken- und Schürzengriff vorführbar, Anteversion 150°, Abduktion 150°, Außen- und Innenrotation abgespreizt 80-0-70°), so dass der Kläger auch wieder arbeitsfähig gewesen sei. Während dieser Phase der Arbeitsfähigkeit sei es schließlich wieder zu einer Verschlechterung der Schultergelenksbeweglichkeit gekommen. Die dann aufgetretenen Schmerzen seien jedoch vom morphologischen Körperbefund unabhängig entstanden und die Entwicklung des Schmerzerlebens habe sich vom physiologischen Heilungsprozess vollständig abgekoppelt. Sie seien auch nicht auf eine unfallverursachte psychische Beeinträchtigung zurückzuführen, da eine solche zu keinem Zeitpunkt festgestellt und auch nicht dokumentiert worden sei. Allerdings ergebe sich aus dem Vorerkrankungsverzeichnis, dass beim Kläger - entgegen seiner ausdrücklichen Einlassung im Rahmen der mündlichen Anhörung - bereits vor dem stattgehabten Unfall von Mai 2012 bis Januar 2017 eine erhebliche psychische Betroffenheit durch eine schwere affektive Störung - u.a. in Form von Gelenkschmerzen und sonstigen chronischen Schmerzen, Anpassungsstörungen und depressiven Episoden - bestanden habe, weshalb ein Zusammenhang zwischen den nach Juli 2017 wieder geklagten Schmerzen und dem Unfallgeschehen nicht wahrscheinlich zu machen sei. Die vom 06.09.2018 bis 31.03.2020 attestierten Arbeitsunfähigkeitszeiten seien daher nicht auf Unfallfolgen zurückzuführen.
Der Kläger hat einen (weiteren) Bericht des S1 vom 03.08.2023 (S. 228 Senatsakte) und einen Bericht des behandelnden M1 vom 09.08.2023 vorgelegt (S. 229 Senatsakte), aus dem sich ergibt dass sich der Kläger von 2015 bis 2017 wegen einer schweren depressiven Störung in seiner Behandlung befunden hat, er seines (des M1) Wissens jedoch vor dem Arbeitsunfall zu „100 %“ arbeitsfähig und beschwerdefrei gewesen sei.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erteilt (S. 220 und 227 Senatsakte).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld in gesetzlicher Höhe im Zeitraum vom 06.09.2018 bis 31.03.2020.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 24.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2019, mit dem die Beklagte lediglich einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztengeld bis zum 15.07.2018 anerkannte (Verfügungssatz 2) und es ausdrücklich ablehnte, die ab dem 06.09.2018 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit als Folge des Versicherungsfalles anzuerkennen. Hiermit brachte die Beklagte - auch für jeden objektiven Empfänger (entsprechend §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) und folglich auch für den Kläger, der diese Verfügung auch erkennbar derart verstand, da er bereits im Rahmen seiner Widerspruchsbegründung die Weitergewährung von Verletztengeld beantragte - unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie dem Kläger über den 15.07.2018 hinaus kein Verletztengeld (mehr) gewähren wird, folglich also auch nicht ab dem 06.09.2018. Der Kläger hat sein Begehren im Rahmen des Berufungsverfahrens - nach Hinweis des Senats - schließlich auch auf die Gewährung von Verletztengeld vom 06.09.2018 bis 31.03.2020 beschränkt und die Klage, soweit sie auch auf die Anerkennung von (weiteren) Unfallfolgen gerichtet gewesen ist, zurückgenommen. Das angefochtene Urteil des SG ist damit bezogen auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen bereits durch die Klagerücknahme wirkungslos geworden (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
Das SG hat die Beklagte zu Unrecht auf die zulässige und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 SGG) statthafte (vgl. dazu Bundessozialgericht - BSG - 20.01.2021, B 13 R 13/19 R, zitiert - wie alle nachfolgenden Entscheidungen - nach juris) und auf die Gewährung von Verletztengeld im Zeitraum 06.09.2018 bis einschließlich 31.03.2020 gerichtete Klage des Klägers verurteilt, ihm in diesem Zeitraum Verletztengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren, da die Voraussetzungen für die Gewährung von Verletztengeld beim Kläger im streitigen Zeitraum nicht vorlagen.
Nach § 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII, in der bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung) wird Verletztengeld erbracht, wenn ein Versicherter infolge eines Versicherungsfalles arbeitsunfähig ist oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann, unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Pflegeunterstützungsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch oder Mutterschaftsgeld hatten und kein Beendigungstatbestand im Sinne des § 46 Abs. 3 SGB VII vorliegt. Außerdem besteht nach § 45 Abs. 2 SGB VII unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf sogenanntes Übergangs-Verletztengeld, wenn Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind. Nach § 46 Abs. 1 Alt. 1 SGB VII wird Verletztengeld von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Dabei erfordert auch eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit zum einen das Vorliegen eines Gesundheitsschadens sowie eines hierfür ursächlichen Unfallereignisses und zum anderen einen Kausalzusammenhang zwischen der durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörung und einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit. Für diesen ursächlichen Zusammenhang gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG 12.04.2005, B 2 U 27/04 R; s. auch Senatsurteile vom 23.04.2015, L 10 U 495/14 und vom 24.03.2022, L 10 U 3002/20). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG 30.04.1985, 2 RU 43/84). Dies gilt auch für den inneren Zusammenhang und damit die Handlungstendenz (BSG a.a.O.). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG 30.04.1985, 2 RU 24/84). Das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG 02.11.1999, B 2 U 47/98 R; 02.05.2001, B 2 U 16/00 R). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG 28.06.1988, 2/9b RU 28/87). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG 27.06.1991, 2 RU 31/90).
Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles liegt - nach ständiger Rechtsprechung (s. u.a. BSG 30.10.2007, B 2 U 31/06 R) - anknüpfend an die Rechtsprechung zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, wenn ein Versicherter auf Grund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (vgl. zur ständigen Rechtsprechung in der gesetzlichen Krankenversicherung nur BSG 12.03.2013, B 1 KR 7/12 R; 08.02.2000, B 1 KR 11/99). Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist unerheblich. Bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind weder die Unfallversicherungsträger noch die Gerichte an ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gebunden. Diesen kommt lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachtlichen Stellungnahme zu (BSG 16.12.2014, B 1 KR 37/14 R; 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R; Senatsurteil vom 24.03.2022, L 10 U 3002/20).
Vorliegend ist der Senat weder davon überzeugt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum überhaupt arbeitsunfähig gewesen ist, noch dass eine eventuelle Arbeitsunfähigkeit auf den stattgehabten Arbeitsunfall vom 02.02.2017 zurückzuführen ist. Ob überhaupt ein Arbeitsunfall vorliegt, muss der Senat aufgrund der bereits mit Bescheid vom 16.08.2017 erfolgten und bestandskräftig gewordenen Anerkennung des Ereignisses vom 02.02.2017 als Arbeitsunfall („wegen der Folgen Ihres Arbeitsunfalls“, s. hierzu BSG 28.06.2022, B 2 U 9/20 R) durch die Beklagte nicht entscheiden und geht daher - trotz Unklarheiten im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Unfallhergang aufgrund der unterschiedlichen Unfalldarstellungen des Klägers (zunächst Sturz auf den Boden nach Ausrutschen auf Kies und Stolpern über Bordsteinkante beim Wegbringen von Geschäftspost; dann Aufschlagen mit dem Gesicht auf ein ebenfalls getragenes Paket mit einem Elektrogerät; dann Sturz beim Laden/Entladen einer schweren Kiste und „unsanfter“ Kontakt mit dem Kopf; dann Sturz nach Ausrutschen auf einer Straßenbahnschiene und Aufprall auf Straßenbahnkante; dann Aufprall mit Gesicht auf ein Paket, in dem sich Prospekte und Verkaufsmaterial befanden) und auch im übrigen widersprüchlicher und unwahrer Angaben des Klägers (s. hierzu noch sogleich) und damit einhergehender Zweifel, ob sich der Sturz überhaupt im Rahmen einer versicherten Tätigkeit ereignete - davon aus, dass es sich bei diesem Ereignis um einen Arbeitsunfall handelte.
Hingegen vermag der Senat aufgrund der widersprüchlichen und zum Teil unwahren Angaben des Klägers und mangels Vorlage entsprechender Belege - trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens des Senats - nicht festzustellen, welche konkrete Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter der Kläger vor dem stattgehabten Unfall in welchem Umfang überhaupt ausübte. Im Rahmen des Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger stets angegeben, Handelsvertreter für Klein- und Groß-Elektrogeräte (u.a. Dampfstrahler, Waschmaschinen und Küchengeräte, s. u.a. Angaben bei P1, im Rahmen der Vorstellung in der BGU und G1) zu sein und bis zu 80 kg schwere Geräte - gegenüber P1 gab er an, bis zu 50 kg schwere Geräte (Bl. 77 VA) - habe ausliefern müssen, wofür er (Transport-)Schienen in seinem Kfz (Mercedes B-Klasse, Bl. 156/RS SG-Akte) gehabt habe und die er z.T. mit einem Hubwagen habe schieben und ziehen müssen (s. Angaben des Klägers in der BGU, S. 667 VA). Im Rahmen der vor dem SG stattgehabten mündlichen Verhandlung hat er behauptet, Handelsvertreter (nur) für Großgeräte, nämlich Dampfstrahler, Bohrmaschinen und Werkzeuge aller Art für gewerbliche Kunden gewesen zu sein (Bl. 156/RS SG-Akte). Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat er im Rahmen seiner mündlichen Anhörung ausgeführt (s. Niederschrift S. 60 ff. Senatsakte), aktuell die Vertretung für V1-Produkte übernommen zu haben. Zum Unfallzeitpunkt sei das nicht so gewesen. Bis dahin habe er auch große Dampfstrahler, z.B. der Firma K4, die man z.B. auch an Waschanlagen benutze, vertreten. Seine Kunden - es habe sich sowohl um Privat- als auch um Geschäftskunden gehandelt - seien auf ihn zugekommen, wenn sie ein bestimmtes Produkt benötigt hätten. Er habe sich dann auf den Weg gemacht, einen Anbieter zu finden, der dieses Produkt in der gewünschten Qualität auch vertreibe, habe dieses dann ausgeliehen und dem Kunden vorgeführt. Im Rahmen seiner schriftlichen Einlassung - im Nachgang zur mündlichen Anhörung - hat der Kläger jedoch vorgetragen, dass er zwar gelernter Elektriker sei und in der Vergangenheit einige Zeit als Kundendienstmonteur für die Firma K4 gearbeitet habe - zum Nachweis hierfür hat er eine Urkunde vom 02.03.1989 vorgelegt, wonach er vom 20.02. bis 21.02.1989 erfolgreich an einer Service-Schulung für HD/HDS-Geräte teilgenommen hatte (S. 159 Senatsakte) - und Elektro-Groß- und Kleingeräte habe vorführen und ausliefern müssen. Seit dem 14.10.2013 sei er jedoch als Handelsvertreter für die Firma V1 tätig, wobei die Gewichte der von ihm vertriebenen Geräte (u.a. folgende Großgeräte: VR300 V1 Saugroboter, VK7 Akku Staubsauger, EB7 Akku Automatik Elektrobürste, SP7 Akku Saugwischer, PB7 Akku Polsterbürste, AC7 Zubehör Komplett-Set) einschließlich Vorführtaschen bis zu 28 kg betragen hätten. Er hat einen mit der Firma V1 am 11.10.2013 abgeschlossenen Handelsvertretervertrag vorgelegt (S. 165 ff. Senatsakte). Außerdem hat er (nur) Provisionsabrechnungen für die Zeit vom 24.10.2016 bis einschließlich 19.02.2017 vorgelegt (S. 169 ff. Senatsakte), denen sich jedoch weder entnehmen lässt, welche Geräte er vorgeführt, noch was er genau verkauft hat. Auch hat er - entgegen der gerichtlichen Anforderung - keine sonstigen Unterlagen vorgelegt, aus denen sich nachvollziehen lässt, wie viele Kunden er vor seinem Arbeitsunfall besucht und/oder betreut und welche Geräte er ihnen vorgestellt hat, so dass auch hieraus keine Rückschlüsse auf die Schwere der von ihm zu tragenden Geräte möglich sind. Zudem hat er nunmehr vorgetragen, dass er sich vor dem Unfall noch ein zweites Standbein habe schaffen wollen und noch Geräte für Industriekunden und Landwirte wie z.B. Dampfstrahler, Industriestaubsauger usw. habe vertreiben wollen. Dabei habe er schon geplant gehabt, wie der Vertrieb, die Vorführung und Auslieferung der Geräte hätte erfolgen sollen. Aufgrund des Unfalls habe er dies jedoch nicht mehr verwirklichen können. All diese vom Kläger gemachten Angaben widersprechen sich eklatant, so dass für den Senat nicht nachvollziehbar ist, für welche Kunden bzw. Firmen er überhaupt tätig gewesen ist und welche Geräte er vor seinem Unfall in welchem Umfang vertrieben hat, geschweige denn, was diese gewogen haben. Nicht ansatzweise nachvollziehbar ist daher seine Behauptung, er habe pro Tag Gewichte „zwischen 1/2 und 1 Tonne“ bewegen müssen. Hinzu kommt, dass sich aus dem seitens der Beklagten im Anschluss an die mündliche Anhörung des Klägers vorgelegten Vorerkrankungsverzeichnis der AOK ergibt, dass der Kläger in den letzten ca. zweieinhalb Jahren vor dem stattgehabten Unfall am 02.02.2017, nämlich vom 08.09.2014 bis 10.08.2015 und vom 07.09.2015 bis 31.01.2017, lediglich mit einer nicht einmal einen ganzen Monat währenden Unterbrechung vom 11.08.2015 bis 06.09.2015, u.a. wegen schwerer depressiver Episoden ohne psychotische Symptome und Anpassungsstörungen arbeitsunfähig war - vom 25.07.2016 bis 19.08.2016 ist er auch im Zentrum für Ambulante Psychosomatische Rehabilitation G2 behandelt worden -, was er weder gegenüber den ihn behandelnden, noch den ihn begutachtenden Ärzten, noch gegenüber dem SG und auch nicht gegenüber dem Senat erwähnt hat. Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung hat er vielmehr ausdrücklich behauptet, erst nach dem Arbeitsunfall erstmals psychiatrisch behandelt worden zu sein und ohnehin lediglich selten - abgesehen von der Behandlung seines Hodenkrebses - in medizinischer Behandlung gestanden zu haben. Diese Einlassung des Klägers entspricht nachweislich nicht den tatsächlichen Umständen, so dass der Senat auch aus diesem Grund erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers und damit auch an der Glaubhaftigkeit seiner Auskünfte hat. Der Senat kann daher lediglich feststellen, dass der Kläger zwar ein Gewerbe als freier Handelsvertreter offiziell angemeldet hatte (s. S. 132 Senatsakte), am 11.10.2013 einen Handelsvertretervertrag mit der Firma V1 abgeschlossen hatte und auf Provisionsbasis für diese jedenfalls vom 24.10.2016 bis 19.02.2017 tätig war. Hingegen vermag der Senat nicht festzustellen, wie diese Tätigkeit genau ausgestaltet war, welche Geräte er vertrieb und verkaufte, welchen zeitlichen Rahmen diese Tätigkeit beanspruchte und mit welchen körperlichen Anforderungen sie einherging. Ohne jedoch zu wissen, welche Tätigkeit der Kläger tatsächlich ausübte, kann der Senat auch nicht prüfen, ob die von ihm demonstrierten und geklagten Beschwerden zu Arbeitsunfähigkeit führten. Soweit die den Kläger behandelnden Ärzte dennoch Arbeitsunfähigkeit bescheinigten, stützten sich diese ausschließlich auf die vom Kläger im Rahmen der jeweiligen Untersuchung gemachten, nur pauschalen Angaben ohne diese zu hinterfragen, weshalb deren Beurteilungen nicht zugrunde gelegt werden können.
Doch selbst wenn der Senat davon ausgeht, dass jedenfalls die zuletzt vom Kläger gemachten Angaben stimmten, er die von ihm zuletzt in seinen schriftlichen Einlassungen beschriebenen Elektrogeräte (s. u.a. die oben beschriebenen Großgeräte) mit einem Gewicht von bis zu 28 kg vertrieb und hierzu aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht mehr in der Lage, mithin also arbeitsunfähig, war, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die zur Arbeitsunfähigkeit führenden Beeinträchtigungen mit der im Unfallversicherungsrecht erforderlichen Wahrscheinlichkeit (s.o.) auf den Arbeitsunfall vom 02.02.2017 zurückzuführen waren. Der Senat ist nämlich schon nicht davon überzeugt, dass überhaupt ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang zwischen den durch den Unfall hervorgerufenen Gesundheitserstschäden und den ab dem 06.09.2018 bestehenden Beschwerden besteht.
Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen S4 an. Der Sachverständige hat nach umfassender Auswertung der Aktenlage im Rahmen seines Gutachtens namentlich unter Hinweis auf die bei P1 am 27.07.2017 stattgehabte Untersuchung ausgeführt, dass die vom Kläger bis dahin geklagte und auf den Unfall zurückzuführende Beschwerdesymptomatik rückläufig war, die Sternumfraktur röntgenologisch mit deutlicher Kallusbildung ohne Fehlstellung verheilt war und lediglich noch eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit der linken Schulter (Nacken- und Schürzengriff vorführbar, Anteversion und Abduktion jeweils 150°, Außen- und Innenrotation abgespreizt 80-0-70°) ohne Nervendehnungszeichen und mit intakter Sensomotorik bestand. Auch die durchgeführte Arthrosonographie erbrachte weder im Bereich des rechten noch des linken Schultergelenkes einen Erguss, die Rotatorenmanschetten waren beidseits intakt und im Bereich der rechten und linken Thoraxregion bestanden beidseits unauffällige Weichteile. Psychische und auf den Unfall rückführbare Auffälligkeiten bestanden beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt nicht. Die Gesundheitserstschäden waren somit laut dem Sachverständigen Ende Juli 2017 nahezu vollständig ausgeheilt, so dass beim Kläger ab dem 28.07.2017 keine Gründe für eine irgendwie geartete Arbeitsunfähigkeit vorlagen. Auch S1 erhob im Rahmen seiner Untersuchung am 28.07.2017 keinen krankhaften Befund (mehr), sondern hielt vielmehr fest, dass sich die Beweglichkeit verbessert hatte und die Durchblutung, Motorik und Sensibilität (DMS) intakt waren. Noch bestehende Schmerzen dokumentierte S1 nicht und hielt den Kläger ebenfalls ohne Einschränkungen für arbeitsfähig.
Erst am 04.09.2017 - mithin also fünf Wochen nach (Wieder-)Eintritt der Arbeitsfähigkeit - stellte sich der Kläger erneut bei S1 vor und klagte über eine Schmerzhaftigkeit des Armes beim Heben und bei der Abduktion. S1 dokumentierte jedoch lediglich eine Druckempfindlichkeit „an den bekannten Stellen“, einstrahlend dorsal entlang des Rippenbogens. Weitere Befunde erhob er nicht. Der Sachverständige hat gut nachvollziehbar herausgearbeitet, dass der Kläger in der Folgezeit trotz Heilung der körperlichen Primärschäden und Feststellung nahezu freier Funktion der linken Schulter durch P1 Ende Juli 2017 sowie intensiver Therapiemaßnahmen verschlimmerte belastungsabhängige Schmerzen mit Schonung (insbesondere der linken Schulter und des Brustkorbs) und eine Verschlechterung der Beweglichkeit des linken Schultergelenks (zum Zeitpunkt der Entlassung aus der KSR: Anteversion/Retroversion 30-0-110°, Abduktion/Adduktion 100-0-30°) demonstrierte. Es traten außerdem weitere Beschwerden in Form von Missempfindungen im Bereich der Finger I bis III der linken Hand (Bericht BGU vom 05.01.2018) sowie Probleme mit der Kopfdrehung, Nackenschmerzen (Bericht BGU vom 22.03.2018) und Nackenverspannung mit Druckschmerzhaftigkeit über der mittleren und unteren HWS (Gutachten G1) hinzu. Der Sachverständige hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Schmerz- und Beweglichkeitsverschlechterung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den stattgehabten Unfall zurückzuführen ist, da die körperlichen Erstschäden vollständig ausgeheilt waren, im Juli 2017 die Beweglichkeit weitgehend wieder hergestellt war, Brückensymptome der danach einsetzenden Verschlechterung von Schmerzerleben und Schonungsverhalten nicht vorlagen, eine Generalisierung der Schmerzen in Bereichen eintrat, die nicht primär durch den Unfall geschädigt worden waren, das chronische Schmerzerleben keine hinreichende körperliche Ursache in den Gesundheitserstschäden hatte und beim Kläger bereits vor dem stattgehabten Unfall - ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses - ein chronisches Schmerzerleben ohne hinreichende körperliche Ursache und eine erhebliche psychische Betroffenheit durch eine schwere affektive Störung vorlag.
Die Einschätzung des Sachverständigen steht auch im Einklang mit den seitens der behandelnden Ärzte - insbesondere im Rahmen der umfangreichen schmerzmedizinischen Untersuchungen und Therapien in der BGU - erhobenen Befunde und Einschätzungen. So zeigte ein bereits im Rahmen der durchgeführten SRA am 06.02.2018 erstelltes MRT von HWS und BWS degenerative Veränderungen betont im Übergangsbereich C5/6 mit breitbasiger Bandscheibenvorwölbung linksbetont und reaktiven knöchernen Veränderungen im Bereich der Hinterkante mit partieller Einengung des Neuroforamens C5/6 links. Ein traumatischer Schaden zeigte sich hingegen nicht. Im Rahmen eines ebenfalls am 06.02.2018 abgehaltenen Neurologischen Konsils wurde eine radikuläre oder sonstige periphere Arm-Nerven-Schädigung links als Ursache der beklagten Schmerzen und der sporadisch auftretenden Sensibilitätsstörungen klinisch wie elektrophysiologisch ausgeschlossen. Ein Zusammenhang zwischen dem Unfall und den geklagten Schulterschmerzen sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich der linken Hand wurde nicht gesehen. Vielmehr wurden diese auf die degenerativen, unfallunabhängigen HWS-Veränderungen zurückgeführt. Auch wurde ein Zusammenhang zwischen den geklagten Schmerzen im Brustbereich und der Sternumfraktur lediglich für möglich - und gerade nicht für wahrscheinlich - gehalten. Insgesamt äußerten sie den Verdacht auf eine Schmerzverarbeitungsstörung und einen sekundären Krankheitsgewinn. Im Rahmen der weiteren am 26.02.2018 - ebenfalls in der BGU - stattgehabten schmerzmedizinischen Diagnostik wurde auch das Vorliegen eines CRPS ausdrücklich ausgeschlossen und die Schmerzen im Bereich der linken oberen Extremität ebenfalls auf die unfallunabhängigen vorbestehenden degenerativen HWS-Veränderungen zurückgeführt. Auch hier wurde ein Zusammenhang zwischen den sternal/thorakalen Schmerzen und dem Unfallereignis lediglich als möglich angesehen. Ebenso wenig ergab die am 12.03.2018 durchgeführte pulmologische Diagnostik einen Anhalt auf eine traumatische Schädigung, sondern lediglich eine unfallunabhängige leichte periphere und zentrale Obstruktion mit Überblähung sowie eine leichte restriktive Ventilationsstörung. Schließlich konnte auch im Rahmen der vom 23.05.2018 bis 20.06.2018 durchgeführten stationären Schmerztherapie und der daran anschließenden und bis zum 11.07.2018 andauernden BGSW ein Kausalzusammenhang zwischen den geklagten Schmerzen und den demonstrierten Bewegungseinschränkungen einerseits und dem Unfallereignis andererseits nicht wahrscheinlich gemacht werden. Vielmehr trat im Rahmen der Schmerztherapie ein deutlich aggravierendes Verhalten des Klägers in den Einzeltherapien zu Tage und das Anlegen eines interskalenären Plexus-Katheters erbrachte eine deutliche Verbesserung der Schulterbeweglichkeit, weshalb seitens der behandelnden Ärzte schließlich auch ein Zusammenhang zwischen der Beschwerdesymptomatik im Bereich der linken Schulter und derjenigen im Thoraxbereich ausdrücklich nicht als wahrscheinlich angesehen wurde. Diese Einschätzung vertraten schließlich auch die den Kläger im Rahmen der BGSW behandelnden Ärzte und hielten den Kläger folglich ab dem 16.07.2018 (erneut) für arbeitsfähig. Somit ergab auch die auf Kosten der Beklagten durchgeführte ausführliche medizinische Diagnostik und Therapie keine im Zusammenhang mit dem am 02.02.2017 stattgehabten Unfall stehende Ursache für die vom Kläger ab dem 04.09.2017 geklagten und demonstrierten Beschwerden.
Soweit die Gutachter K2 und G1 zu anderen Einschätzungen gelangt sind, vermag der Senat diesen nicht zu folgen.
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb K2 trotz röntgenologisch gesicherter vollständig knöcherner Durchbauung der körperfernen Brustbeinfraktur mit lediglich noch darstellbarer Vergröberung dieser Region im Sinne einer Kallusreaktion, sonografisch gesicherter regelrechter Fiederung der Muskulatur des großen Brustmuskels links wie rechts, ohne relevante Seitendifferenz und ohne objektivierbaren strukturellen Befund am Schmerzort sowie seitengleicher Umfangmaße im Bereich der oberen Extremitäten und nicht objektivierbarer Atrophie der Brustmuskulatur überhaupt zu der Einschätzung gelangte, dass beim Kläger eine schwere muskuläre Dysbalance der Pectoralismuskulatur links vorliege. Des Weiteren erschließt sich dem Senat nicht, aufgrund welcher medizinisch gesicherten Erkenntnisse er zu der Einschätzung gelangte, dass diese Folge eines protrahierten Krankheitsverlaufs aufgrund einer auf eine defizitäre Verfahrenssteuerung durch die Beklagte zurückzuführende unzufriedenstellende Behandlung sein soll. Beim Kläger wurden unmittelbar nach Objektivierung der nicht dislozierten, sich bereits in Konsolidierung befindlichen distalen Sternumfraktur umfangreiche engmaschige physiotherapeutische Maßnahmen eingeleitet, die über viele Wochen hinweg durchgeführt und auch nach erneuter Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit am 04.09.2017 wieder aufgenommen worden waren. Im Oktober und November 2017 wurden beim Kläger mehrwöchige BGSW- und KSR-Maßnahmen in der BGU durchgeführt und im Anschluss daran wiederum physiotherapeutische Maßnahmen. Anfang Februar 2018 begann zudem eine ausführliche schmerzmedizinische Diagnostik mit SRA und pulmologischer Abklärung und schließlich befand sich der Kläger vom 23.05.2018 bis insgesamt 11.07.2018 in schmerzmedizinischer Therapie mit anschließend erneuter BGSW. Begleitet wurden diese physiotherapeutischen, stationären und diagnostischen Maßnahmen durch regelmäßige Vorstellungen in der Sondersprechstunde der BGU. Weshalb all diese Maßnahmen zu einem protrahierten Krankheitsverlauf beim Kläger geführt haben sollen, begründet K2 nicht. Vielmehr legte er ganz offensichtlich lediglich die Angaben des Klägers zugrunde, der sich mit den seitens der Beklagten erbrachten Maßnahmen unzufrieden zeigte. Zudem hatte auch K2 - ebenso wenig wie die den Kläger zuvor behandelnden Ärzte - Kenntnis davon, dass der Kläger bis unmittelbar vor dem stattgehabten Unfall am 02.02.2017 - nämlich bis zum 31.01.2017 - über fast durchgehend zweieinhalb Jahre hinweg u.a. wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome und Anpassungsstörungen arbeitsunfähig war und konnte diesen Umstand folglich auch nicht in seine Kausalitätsbewertung aufnehmen. Sind jedoch die vom Kläger im Bereich der linken Pectoralismuskulatur beklagten Beschwerden nicht nachvollziehbar und auch nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen, so kann auch dahinstehen, ob beim Kläger tatsächlich ein Impingementsyndrom im Bereich beider Schultergelenke vorliegt, das in Verbindung mit den im Bereich der linken Pectoralismuskulatur beklagten Beschwerden zu den demonstrierten Bewegungseinschränkungen im Bereich der linken Schulter führt.
Auch vermag der Senat die vom Sachverständigen G1 als unfallabhängig gestellten Diagnosen nicht nachzuvollziehen. So hat er u.a. eine muskuläre Dysbalance der linken Pectoralis- und Trapeziusmuskulatur (Pars descendens) mit muskulärem Hypertonus und eine aufgrund dieser muskulären Dysbalance bestehenden reaktiven Linksseitneigung des Kopfes diagnostiziert, obwohl er eine solche linksseitig hypertone Dysbalance gar nicht dokumentiert hat. So hat er nämlich nicht nur links, sondern beidseits eine hypertone mäßig druckdolente Pars descendens des Muskulus trapezius beschrieben und ausgeführt, dass die übrige Betastung des Trapezius, des Latissimus dorsi, der Infra- und Supraspinatus- und teres major-Muskulatur seitengleich unauffällig gewesen ist. Zudem hat er eine seitengleich uneingeschränkte Mobilität der Scapula, eine lediglich linksseitig endgradig schmerzhaft eingeschränkte Rotationsbewegung der HWS, eine seitengleiche Ober- und Unterarmbemuskelung und lediglich bei der Untersuchung des linken Schultergelenkes einen diskreten Druckschmerz am Tuberkulum majus bei lediglich endgradig schmerzhafter - im Sinne eines Dehnungsschmerzes im Bereich der Pectoralis-Muskulatur links - Bewegungseinschränkung (Elevation 150°, seitliche Abduktion 160°) beschrieben. Außerdem hat auch G1 eine röntgenologisch unter kallöser Anlagerung knöchern fest verheilte distale Sternumfraktur und degenerative Veränderungen im Segment C5/6 u.a. mit Osteochondrose und einer Steilstellung der HWS bestätigt. Vor diesem Hintergrund erschließt sich dem Senat auch nicht, weshalb die endgradig eingeschränkte linksseitige Schultergelenksbeweglichkeit auf die muskuläre Problematik zurückzuführen sein soll. Gleiches gilt schließlich auch für die diagnostizierte chronisch nozizeptive Schmerzerkrankung (Stadium II nach Gerbershagen). Schließlich hat G1 bei seiner Kausalitätsabwägung auch nicht beachtet, dass die beim Kläger durch den Unfall entstandenen Gesundheitserstschäden Ende Juli 2017 ausgeheilt gewesen sind, sich jedoch trotz intensiver therapeutischer sowie diagnostischer Maßnahmen immer weiter verschlechterten. Darüber hinaus hat G1 - ebenfalls mangels Kenntnis - die lange durch psychische Erkrankungen verursachte Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht bei seiner Kausalitätseinschätzung beachtet.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der ärztlichen Bescheinigung des M1 vom 09.08.2023. Darin hat M1 eingeräumt, den Kläger - entgegen seiner (des Klägers) eigenen Angaben im Rahmen der mündlichen Anhörung - von 2015 bis 2017 wegen einer schweren depressiven Störung behandelt zu haben. Gleichzeitig hat M1 ausgeführt, dass diese damals durch eine psychosomatische Rehabilitation im Jahr 2016 nur teilweise habe gelindert werden können. Weshalb er dann jedoch davon ausgeht, dass der Kläger vor dem Arbeitsunfall „zu 100 % arbeitsfähig und beschwerdefrei“ gewesen sei, obwohl er tatsächlich bis einschließlich 31.01.2017 und somit bis kurz vor dem Unfall arbeitsunfähig war, erschließt sich dem Senat nicht ansatzweise.
Vor diesem Hintergrund ist es für den Senat schon nicht wahrscheinlich, dass das am 02.02.2017 stattgehabte Unfallgeschehen hinweggedacht werden kann und die beim Kläger bereits ab dem 04.09.2017 gegenüber S1 geklagten Beschwerden, wegen denen S1 bereits ab dem 04.09.2017 Arbeitsunfähigkeit bescheinigte, entfielen. Der Senat sieht daher bereits keinen naturwissenschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den ab dem 04.09.2017 geklagten und demonstrierten Beschwerden, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Verletztengeld ab dem 06.09.2018 auch aus diesen Gründen nicht vorliegen.
Das Urteil des SG ist daher unter Klageabweisung aufzuheben gewesen.
Die Kostenentscheidung für beide Rechtszüge beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.