L 9 AS 683/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1044/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 683/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Bei Streitigkeiten über den Zeitpunkt der Auszahlung bewilligter Leistungen nach dem SGB II ist grundsätzlich die Leistungsklage statthafte Klageart. 2. Über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen und die Höhe der jeweils zustehenden Leistungen nach dem SGB II entscheidet der Leistungsträger in Form eines Verwaltungsakts, der die Rechtsgrundlage für den Erhalt der Leistungen darstellt. Die Auszahlung von Leistungen nach dem SGB II nur dem Grunde nach ist unmöglich. Auch wenn nach § 42 Abs. 1 SGB II die Leistungen monatlich im Voraus erbracht werden sollen, kann mit der Leistungsklage nicht zulässigerweise die Auszahlung von Leistungen zeitlich vor der Bewilligung der Leistungen begehrt werden.

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Kläger begehren die frühere vollständige Auszahlung der ihnen zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines dem Kläger Ziffer 1 vom Beklagten im Jahr 2018 erteilten Hausverbots.

Der 1971 geborene Kläger Ziffer 1 steht seit vielen Jahren im Leistungsbezug beim Beklagten. Am 05.04.2018 erteilte der Beklagte dem Kläger Ziffer 1 Hausverbot für die Diensträume des Jobcenter Stadt K1 sowie der Sozial- und Jugendbehörde Rathaus West in K1 mit sofortiger Wirkung für zwölf Monate ab Zustellung mit dem Hinweis auf das näher dargelegte Verhalten des Klägers bei persönlichen Vorsprachen im Jobcenter und seine E-Mail-Äußerungen, was von den Mitarbeitenden des Jobcenters als aggressiv und bedrohlich empfunden worden sei und den Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt habe. Den Widerspruch des Klägers Ziffer 1 hiergegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2018 als unbegründet zurück. Am 07.06.2018 erschien der Kläger Ziffer 1 in der Eingangszone des Jobcenters, verließ trotz Aufforderung hierzu nicht das Gebäude und wurde von mehreren hinzugerufenen Polizisten abgeführt. Nach Angaben des Klägers Ziffer 1 wurde ihm in der Folge und im Hinblick auf dieses Geschehen der Führerschein entzogen.

Seit Mai 2018 hält sich der Kläger Ziffer 3, der 2005 geborene Sohn des Klägers, im Rahmen des Umgangsrechts mit seinem Vater mehrere Tage im Monat im Haushalt des Klägers Ziffer 1 auf und bezieht in temporärer Bedarfsgemeinschaft mit diesem zeitanteilige Leistungen vom Beklagten. Außerdem gewährt der Beklagte als laufenden, unabweisbaren Mehrbedarf zur Wahrnehmung des Umgangsrechts dem Kläger Ziffer 1 Leistungen zur Deckung der Fahrtkosten zwischen der Wohnung der Kindsmutter des Klägers Ziffer 3 und der Wohnung des Klägers Ziffer 1.

Am 06.03.2021 zog die Klägerin Ziffer 2, eine mexikanische Staatsangehörige, in den Haushalt des Klägers Ziffer 1 ein, am 29.07.2021 heirateten die beiden. Nachdem ihr keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde, kehrte die Klägerin Ziffer 2 am 17.01.2022 nach Mexiko zurück und reiste nach Erteilung eines Visums am 02.06.2022 wieder nach Deutschland ein, zog wieder in den Haushalt des Klägers Ziffer 1 und bezieht nach Vorlage einer Aufenthaltsbescheinigung seit Juli 2022 in Bedarfsgemeinschaft mit ihm Leistungen vom Beklagten.

Zuletzt hatte der Beklagte auf den Weiterbewilligungsantrag vom 09.05.2021, mit dem der Kläger Ziffer 1 den Aufenthalt der Klägerin Ziffer 2 in seinem Haushalt nicht angegeben hatte, den Klägern Ziffer 1 und 3 Leistungen für Juli bis Dezember 2021 vorläufig weiterbewilligt und jeweils nach Vorlage der entsprechenden Fahrkarten nachträglich unter Berücksichtigung der entstandenen Fahrtkosten und der tatsächlichen Anwesenheitstage des Klägers Ziffer 3 in der temporären Bedarfsgemeinschaft die im Vormonat angefallenen Fahrtkosten übernommen (mit Bescheid vom 16.06.2021 für Mai 2021, mit Bescheid vom 12.07.2021 für Juni 2021, mit Bescheid vom 09.08.2021 für Juli 2021, mit Bescheid vom 14.09.2021 für August 2021, mit Bescheid vom 11.10.2021 für September 2021, mit Bescheid vom 16.11.2021 für Oktober 2021, mit Bescheid vom 02.12.2021 für November 2021, mit Bescheid vom 26.01.2022 für Dezember 2021). Hierbei erfolgte die Auszahlung jeweils in Höhe der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung an die I1 GmbH und die V1, im Übrigen an den Kläger Ziffer 1.

Erst am 06.09.2021 teilte der Kläger Ziffer 1 seine am 29.07.2021 erfolgte Eheschließung mit der Klägerin Ziffer 2 mit, worauf der Beklagte mit Bescheid vom 07.09.2021 zunächst die Zahlung der Leistungen vorläufig einstellte und zur Vorlage u.a. des Aufenthaltstitels der Klägerin Ziffer 2 aufforderte. Mit Änderungsbescheid vom 13.09.2021 bewilligte der Beklagte den Klägern Ziffer 1 und 3 vorläufige Leistungen für Oktober bis Dezember 2021 in geänderter Höhe weiter unter Berücksichtigung einer Gutschrift aus der Heizkostenabrechnung und geänderter Heizkostenabschläge. Nach Mitteilung des Klägers Ziffer 1, dass die Klägerin Ziffer 2 nach über acht Monaten noch über keinen Aufenthaltstitel verfüge, weil die Ausländerbehörde alle Termine abgesagt habe, forderte der Beklagte die Kläger zur Mitteilung der konkreten Einreisedaten der Klägerin Ziffer 2 auf und hob die bewilligten Leistungen mit Änderungsbescheid vom 07.10.2021 für Oktober bis Dezember 2021 teilweise auf unter Berücksichtigung nur noch der hälftigen Kosten der Unterkunft und des Partnerregelbedarfs beim Kläger Ziffer 1. Mit seinem Weiterbewilligungsantrag vom 10.11.2021 teilte der Kläger Ziffer 1 schließlich mit, dass die Klägerin Ziffer 2 bereits am 06.03.2021 bei ihm eingezogen war, er von ihr keine Miete verlange und er sie monatlich mit 250 Euro zum Lebensunterhalt unterstütze. Auch die Klägerin Ziffer 2 bestätigte, dass der Kläger Ziffer 1 sie aus der ihm vom Beklagten gewährten Regelleistung unterstütze.


Für die Zeit von Januar bis Juni 2022 bewilligte der Beklagte den Klägern Ziffer 1 und 3 zunächst vorläufige Leistungen mit Bescheid vom 18.11.2021 weiter. Hierbei wurde die Klägerin Ziffer 2 als nicht leistungsberechtigtes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft in der Weise berücksichtigt, dass ihr kein Leistungsanspruch zuerkannt wurde, dem Kläger Ziffer 1 der niedrigere Partnerregelsatz bewilligt und nur die hälftigen Kosten der Unterkunft und Heizung bei ihm berücksichtigt wurden.

Mit Schreiben vom 19.11.2021 legte der Kläger Ziffer 1 Widerspruch ein, ohne einen Bescheid zu nennen, gegen den er sich richtete. Er widerspreche dem Umstand, dass er und seine Ehefrau seit 06.03.2021 zu zweit von einer Regelleistung leben müssten. Dies gelinge mit Hilfe von Verwandten und Freunden, aber nicht mehr lange. Er habe bereits Schulden von mehr als 3.300 Euro. Er bitte um schnelle Antwort als Beweismittel, um eine einstweilige Verfügung beim Sozialgericht beantragen zu können. Nach einem Hinweis des Beklagten darauf, dass sich ein Widerspruch nur gegen einen bestimmten Bescheid richten könne, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2021 als unzulässig zurück.

Mit Änderungsbescheid vom 27.11.2021 bewilligte der Beklagte den Klägern Ziffer 1 und 3 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der erhöhten Regelleistung ab Januar 2022.

Mit Schreiben vom 29.11.2021 beantragte der Kläger Ziffer 1, ihm das Geld für die Fahrtkosten jeweils schneller zu überweisen. Nach Abbuchung der Tickets habe er fast kein Geld mehr auf dem Konto, von dem er den Lebensunterhalt aller Kläger bezahlen müsse. Hierauf wies die Beklagte den Kläger Ziffer 1 darauf hin, dass dem Kläger Ziffer 3 statt der Fahrt mit dem IC/EC auch die günstigere Nutzung z.B. von Fernbussen zumutbar sei. Die hierfür voraussichtlich anfallenden Kosten könnten auch im Voraus vorläufig übernommen werden, wenn im Voraus mitgeteilt werde, wieviele Fahrten monatlich anfallen würden.

Am 06.12.2021 beantragten die Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie hätten kein Geld zum Leben für zwei Personen. Sie müssten seit acht Monaten mit weniger als 480 Euro leben. Die Ausländerbehörde gebe der Klägerin Ziffer 2 keinen Aufenthaltstitel und das Jobcenter ignoriere ihre Anträge und beantworte ihre Briefe nicht. Mit Beschluss vom 07.01.2022 (S 18 AS 3247/21 ER) hat das SG den Antrag abgelehnt. Ein Aufenthaltsrecht der Klägerin Ziffer 2 als mexikanische Staatsangehörige sei nicht ersichtlich und die Voraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gemäß §§ 28, 5 Aufenthaltsgesetz lägen trotz der erfolgten Eheschließung mit einem Deutschen nicht vor, da die Klägerin Ziffer 2 ohne das erforderliche Visum nach Deutschland eingereist sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass im Rahmen einer noch ausstehenden Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung vorliege.

Mit Schreiben vom 11.01.2022 beantragte der Kläger Ziffer 1, die Regelleistung jeweils getrennt von den Fahrtkosten jeweils zum Monatsersten rechtzeitig ohne Verspätung zu überweisen. Jetzt sei wieder ohne Grund Unterhaltsgeld verspätet überwiesen worden. Er wolle nicht, dass wieder ein Polizeieinsatz oder das SG benötigt würden, um die Arbeit des Beklagten zu beschleunigen. Mit Schreiben vom 14.01.2022 teilte der Kläger Ziffer 1 mit, dass er und sein Sohn es bevorzugen würden, wenn es wie immer gehandhabt würde, dass sie die Ticketbelege einreichten und das Jobcenter dann so schnell wie möglich das Geld überweisen würde.

Mit
Änderungsbescheiden vom 26.01.2022 bewilligte der Beklagte für den gesamten Bewilligungsabschnitt von Januar bis Juni 2022 jeweils um 209,67 Euro höhere Leistungen unter Berücksichtigung der nach eingereichtem Kalender tageweisen Anwesenheit des Klägers Ziffer 2 in der Bedarfsgemeinschaft sowie geschätzter Fahrtkosten mit dem Fernbus.

Auf telefonische Nachfrage des Beklagten vom 03.03.2023 teilte der Kläger Ziffer 1 mit, dass seine Frau zwischenzeitlich wieder nach Mexiko zurückgekehrt sei und dort auf die Erteilung eines Visums warte. Hierauf forderte der Beklagte ihn auf, das genaue Ausreisedatum mitzuteilen.

Mit Schreiben vom 09.03.2022 beantragte der Kläger Ziffer 1 nochmals, das Geld für die Fahrtkosten getrennt von den Regelleistungen zu überweisen. Hierauf wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für jeden Monat im Voraus erbracht würden. Dies bedeute, dass die Leistungen, die er Ende des Monats erhalte, für den Folgemonat gedacht seien. Eine Trennung nach Zahlungsarten sei nicht vorgesehen. Aus dem Änderungsbescheid vom 26.01.2023 könne er erkennen, welche Leistungen erbracht würden. Außerdem sei er darauf hingewiesen worden, dass nicht mehr als 120 Euro Fahrtkosten pro Monat im Voraus gewährt werden könnten. Sollte er den gesamten Betrag nicht in Anspruch nehmen, werde um entsprechende Mitteilung gebeten. Der Kläger reichte Belege über die Übermittlung von Geld an seine Ehefrau in Mexiko ein und beantragte die Berücksichtigung der Weiterleitung von 200 Euro monatlich zur Sicherung des Lebensunterhalts an sie als Mehrbedarf.

Mit Änderungsbescheid vom 12.04.2022 erhöhte der Beklagte die vorläufige Leistungsbewilligung nach Mitteilung des Ausreisedatums der Klägerin Ziffer 2 nach Mexiko am 17.01.2022 unter Berücksichtigung der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung beim Kläger Ziffer 1 und der Regelleistung für Alleinstehende rückwirkend ab dem 17.01.2022. Gleichzeitig hörte er den Kläger Ziffer 1 dazu an, dass für die Zeit ab Aufnahme der Klägerin Ziffer 2 in seinen Haushalt die teilweise Rücknahme der Leistungsbewilligung und Erstattung zu viel erbrachter Leistungen vom Kläger Ziffer 1 beabsichtigt sei (Regelleistung für Alleinstehende anstatt für Partner und volle Kosten der Unterkunft und Heizung im 1-Personen-Haushalt statt kopfanteilige hälftige Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft und Heizung im 2-Personen-Haushalt), da der Kläger zumindest grob fahrlässig falsche Angaben über die Anzahl der Personen im Haushalt und verspätet die Eheschließung mitgeteilt habe.

Der Kläger Ziffer 1 forderte hierauf eine Erklärung, wie eine Familie mit 311 Euro überleben können solle, Flüchtlinge ohne Weiteres 510 Euro erhielten. Der Beklagte wies den Kläger Ziffer 1 darauf hin, dass die Leistungshöhe durch die jeweiligen Bescheide geregelt werde. Soweit er nicht einverstanden sei, bestehe die Möglichkeit zur Widerspruchseinlegung. Hierauf teilte der Kläger Ziffer 1 unter dem 27.04.2022 mit, er widerspreche der Willkür des Jobcenters, dass das Geld zu spät überwiesen werde und nicht in voller Höhe. Nach dem nochmaligen Hinweis, dass ein Widerspruch sich gegen einen konkreten Bescheid richten müsse, der Kläger aber keinen solchen benannte, verwarf der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2022 als unzulässig.


Am 19.04.2022 hat der Kläger Ziffer 1 unter Vorlage verschiedener Anlagen Klage zum SG erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Willkür des Beklagten ausgesetzt zu sein. Auf Aufforderung des Gerichts hat der Kläger Ziffer 1 sein Klagebegehren dahingehend konkretisiert, dass das Geld regelmäßig mit Absicht mit verschiedenen Ausreden zu spät und nicht in voller Höhe (480 Euro) überwiesen werde. Durch die verspätete Überweisung sei er im Jobcenter gewesen und aus dem Grund sei ihm der Führerschein entzogen worden, angeblich wegen eines Hausverbots. Er sei nur im Jobcenter gewesen wegen der verspäteten Überweisung. Wenn er mit einer Kamera ins Jobcenter gehe, bekomme er Hausverbot. Er wolle aber nur Beweise liefern, wie das Jobcenter Menschen behandle. Die Spätüberweisung erfolge fast um einen Monat. Erst nachdem er deswegen beim Jobcenter vorstellig gewesen sei und die Polizei ihn gewalttätig abgeführt habe, sei das Geld sofort überwiesen worden. Auch nach seiner letzten Bitte (zum SG) sei das Geld (wieder) sofort überwiesen worden. Im Klageverfahren hat der Kläger Ziffer 1 u.a. eine Zahlungsaufforderung bzw. -erinnerung von V1 vom 09.01. und 18.01.2023 hinsichtlich Mietrückständen i. H. v. insgesamt 307,11 Euro inklusive Mahngebühren eingereicht und vorgetragen, auch die Miete werde von dem Jobcenter verspätet überwiesen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten unter Mitteilung, dass die Leistungen grundsätzlich im Voraus an die Leistungsberechtigten ausbezahlt würden, damit der Lebensunterhalt gesichert sei. Die Zahlungsanordnungen für den Folgemonat würden immer am Ende des Vormonats in Gang gesetzt. So sei dies auch im Fall des Klägers Ziffer 1 geschehen. Soweit er die am Monatsende erfolgten Zahlungen als verspätet ansehe, dürfte er dem Irrtum unterliegen, dass diese jeweils den laufenden Monat betreffen. Hierzu hat der Beklagte dem SG u.a. Auszahlungsanordnungen vom 21.02.2022, 24.03.2022, 24.04.2022 und 23.05.2022 sowie eine Gesamtübersicht über Kassenanordnungen laut A1 für die Zeit vom 22.12.2021 bis 23.05.2022 vorgelegt. Zu den vom Kläger mitgeteilten Vorgängen im Jahr 2018 hat der Beklagte Kassenanordnungen für März 2018 sowie Juni 2018 dem SG übersandt und vorgetragen, das 2018 als verspätet zu entnehmende Anweisungsdatum habe den Hintergrund, dass der Kläger Ziffer 1 seinen Mitwirkungspflichten verspätet nachgekommen sei. Er habe den Weiterbewilligungsantrag für März 2018 erst am 05.03.2018 und auch im Juni 2018 die angeforderten Unterlagen ebenfalls verspätet eingereicht. Die regulären Zahlungsläufe für den Monat Juli 2018 seien zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossen gewesen.

Mit Bescheid vom 16.05.2022 hat der Beklagte die vorläufige Leistungsbewilligung für März bis September 2021 teilweise aufgehoben, vom Kläger Ziffer 1 die Erstattung der überzahlten Leistungen gefordert und die Aufrechnung der Erstattungsforderung mit der laufenden Leistung in Höhe von 134,70 Euro erklärt.

Mit Schreiben vom 17.05.2022 hat der Kläger den Beklagten aufgefordert, das ihm für drei Personen zustehende Geld zum Lebensunterhalt rechtzeitig ohne Ausreden zu überweisen. Durch falsche Handlung des Beklagten sei ihm sein Führerschein entzogen worden ohne Grund, angeblich wegen seiner Aggressivität. Dass die Polizei damals gerufen worden sei, habe er selbst gewünscht. Sein Geld habe er nach Ankunft der Polizei dann auch überwiesen bekommen.

Nach Mitteilung des Klägers Ziffer 1, dass seine Ehefrau am 02.06.2022 wieder nach Deutschland eingereist sei, hat der Beklagte mit Bescheid vom 09.06.2022 dem Kläger Ziffer 1 vorläufige Leistungen für Juli bis Dezember 2022 unter Berücksichtigung nur noch des Regelsatzes für Ehepartner und der hälftigen Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt. Gleichzeitig hat er den Kläger Ziffer 1 zur Vorlage eines Kalenders mit Angaben zu den Anwesenheitstagen und Anzahl der Fahrten für die Monate Juli bis Dezember 2022 aufgefordert. Hierauf hat der Kläger Ziffer 1 mit Schreiben vom 12.06.2022 gerügt, dass der Beklagte es sich erlaube, zu spät, gar nicht oder 3 bis 4 Wochen verspätet die Leistungen zum Lebensunterhalt zu überweisen. Danach beschuldige man ihn, dass er ins Jobcenter komme und die Mitarbeiter Nazis nenne. Der Beklagte provoziere einen Konflikt und sage dann, eine Person sei aggressiv. Das Jobcenter K1 sei eine Lügenbehörde.

Nach Einreichung des Kalenders hat der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 20.06.2022 für Juli bis September 2022 und mit Änderungsbescheid vom 30.06.2022 für Oktober bis Dezember 2022 zeitanteilige Leistungen auch für den Kläger Ziffer 3 sowie Fahrkosten bewilligt.

Unter dem 22.07.2022 wurde das Aufenthaltsrecht der Klägerin einschließlich der Erlaubnis zur Arbeitstätigkeit bescheinigt. Am 19.07.2022 hat die Klägerin Ziffer 2 ein befristetes Gewerbe angemeldet. Eine deshalb zunächst erfolgte vorläufige Zahlungseinstellung vom 09.08.2022 hat der Beklagte mit Bescheid vom 22.08.2022 wieder zurückgenommen und mit Änderungsbescheid vom 22.08.2022 Leistungen auch für die Klägerin Ziffer 2 für Juli bis Dezember 2022 bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 29.08.2022 hat der Beklagte die Leistungsbewilligung unter Berücksichtigung der Heizkostenabrechnung 2021 erhöht. Mit Bescheid vom 10.01.2023 hat der Beklagte die Leistungen für den Kläger Ziffer 1 und die Klägerin Ziffer 2 und mit Änderungsbescheid vom 16.01.2023 auch für den Kläger Ziffer 3 zeitanteilig für Januar bis Juni 2023 vorläufig weiter bewilligt. Mit Bescheid vom 14.02.2023 ist die abschließende Leistungsfestsetzung gegenüber den Klägern für die Zeit von Juli bis Dezember 2022 erfolgt.


Mit Gerichtsbescheid vom 21.02.2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Es verstehe die Klageerhebung des Klägers Ziffer 1 als Klage auch im Namen und in Vertretung der Klägerin Ziffer 2 und des Klägers Ziffer 3 und das Rechtsschutzbegehren neben allgemeinen Unmutsbekundungen als darauf gerichtet, dass die gerichtliche Verpflichtung des Beklagten zur zukünftigen rechtzeitigen Überweisung der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bis spätestens zum Ersten eines jeden Leistungsmonats begehrt werde bzw. die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, die Gutschrift der bewilligten Leistungen auf das Konto des jeweiligen Zahlungsempfängers (Kläger Ziffer 1 bzw. Vermieter) bis spätestens zum Ersten eines jeden Leistungsmonats sicherzustellen. Hierfür fehle aber das erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis bzw. Feststellungsinteresse. Insbesondere liege eine Wiederholungsgefahr nicht vor. Eine konkrete Gefahr, dass der Beklagte die bedarfssichernden Leistungen zukünftig nicht zu Monatsanfang erbringen werde, liege nicht vor. Bei den Zahlungen gegen Ende des jeweiligen Monats handle es sich nicht um verspätete Zahlungen für den jeweiligen Monat, sondern um Vorauszahlungen für den nächsten Monat. Dies ergebe sich eindeutig aus den in den Auszahlungsanordnungen des Beklagten vermerkten Fälligkeitsmonaten. Offensichtlich liege hier ein Missverständnis zwischen den Beteiligten vor. Dass der Beklagte Leistungen verzögert mit Ausreden überwiesen habe, wie vom Kläger Ziffer 1 vorgetragen, sei nicht ersichtlich. Aus dem vom Beklagten dem SG übersandten Auszug aus der Gesamtübersicht der Kassenanordnungen für die Zeit vom 22.12.2021 bis 23.05.2022 würden sich regelmäßige Auszahlungsanordnungen zum Ende des jeweiligen Monats für den Folgemonat sowohl an den Kläger als auch I1 GmbH und V1 ergeben. Kontoauszüge, aus denen sich entgegen dieser Übersicht unregelmäßige oder verspätete Gutschriften auf dem Konto des Klägers Ziffer 1 ergeben würden, lägen nicht vor. Auch die Zahlungsaufforderungen von V1 belegten keine verspätete Überweisung der bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung durch den Beklagten, da sich den aufgeführten Zahlungseingängen in der Auflistung der Forderungen eine Gutschrift jeweils in den letzten drei Tagen des jeweiligen Monats, mithin im Voraus und entsprechend den Bewilligungsbescheiden entnehmen ließen. Sofern der Kläger verspätete Zahlungen im Jahr 2018 im Zusammenhang mit einem Hausverbot, Polizeigewahrsam und einer Betriebskostenabrechnung anführe, sei Hintergrund der nachweislich verspäteten Auszahlungen im März und Juni 2018 nach den plausiblen Angaben des Beklagten unter Vorlage der damaligen Aktenvorgänge, dass der Kläger Ziffer 1 den Weiterbewilligungsantrag ab März 2018 erst am 05.03.2018 ordnungsgemäß und Unterlagen hinsichtlich angeforderter Nachweise zur Kostensenkung der Mietkosten erst am 30.05.2018 beim Beklagten eingereicht habe. Eine Zahlung im Voraus sei demnach nicht möglich gewesen, da die regulären Zahlungsanweisungen für die betreffenden Monate zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt gewesen seien. Es bestehe keine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass bei unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen auch in Zukunft eine verspätete Zahlung der bewilligten Leistungen zu erwarten sei. Soweit die Klage auf höhere Leistungen für die Kläger gerichtet sein sollte, habe sie ebenfalls keinen Erfolg. Die Klage wäre unzulässig, da alle Bewilligungsbescheide für die Zeit seit September 2019 bestandskräftig geworden seien. Sofern die Kläger im Hinblick auf die Einreichung von Zahlungsaufforderungen von V1 Mietrückstände geltend machen wolle, sei er auf die Möglichkeit zur Antragstellung beim Beklagten nach § 22 Abs. 8 SGB II zu verweisen.

Hiergegen richtet sich die am 01.03.2023 eingelegte Berufung der Kläger, mit der sie – neben dem Verweis auf weitere beim SG erhobene Klagen – u.a. Belege des Klägers Ziffer 1 über eine Überweisung vom 19.04.2022 in Höhe von 1.325,83 Euro (laut Verwendungszweck 159,60 Euro und 1.166,23 Euro) vorgelegt haben mit den handschriftlichen Zusätzen: „unbegründet spät mit Ausrede auf Mitwirkung“ und „Unordnung offensichtlich sehr spät überwiesen 2018 war das gleiche unbegründete spätüberweisung Verstoß gegen § 185, § 37“ sowie vom 13.01.2023 über 763,04 Euro mit dem handschriftlichen Zusatz „Unbegründete Überweisung Spätzahlung so wie 2018 Als Beweis für weitere Institute“ und vom 28.02.2023 über 301,67 Euro mit dem handschriftlichen Zusatz „Wo ist die Lebensunterhaltssumme? Es fellen Mindestens ca. 200,- EU…“  sowie eine Umsatzanzeige des Kontos der Klägerin Ziffer 2 mit einer Gutschrift der Bundesagentur für Arbeit-Service-Haus vom 28.02.2023 über 461,37 Euro und dem handschriftlichen Zusatz „Das war für meine Frau überwiesen. Wo ist Lebensunterhaltssumme? Es soll nach neue Berechnungen Minimum 500,- sein“. Weiter haben sie vorgetragen, sie hätten ein Jahr lang vom Regelbedarf des Klägers Ziffer 1 leben müssen, obwohl sie alle Dokumente zusammengeschrieben und vorgelegt hätten, dies sei eine Diskriminierung und Beleidigung. Zum Beweis für das bereits in der Vergangenheit erfolgte Fehlverhalten des Beklagten haben die Kläger um Einsicht in die Akten des Beklagten der Jahre 2017 und 2018 gebeten. Der Beklagte habe auf seine Aufforderungen hierzu nicht reagiert. Zu den vom Beklagten dem SG vorgelegten Kassenanordnungen für den Zeitraum 22.12.2021 bis 23.05.2022 haben die Kläger angemerkt: „Es kann nur über Diskriminierung und Missachtung handeln was zu Beleidigung Nichtachtung gezählt wird“.

Auf Aufforderung des Senats an die Kläger zur Klarstellung des Berufungsbegehrens haben diese auf die eingereichten Unterlagen verwiesen und sinngemäß vorgetragen, sie hätten unverschuldet ein Jahr lang von den dem Kläger Ziffer 1 bewilligten Leistungen leben müssen, ohne auch für die Klägerin Ziffer 2 Leistungen zu erhalten. Der Beklagte sowie andere Behörden hätten sich insoweit ignorant verhalten, sie diskriminiert, ihre Briefe nicht beantwortet. Schon seit Jahren verhalte sich der Beklagte so. 2017 habe der Kläger Ziffer 1 deshalb eine Kamera zum Jobcenter mitgenommen, um Beweise für die Diskriminierung seiner Person zu erhalten. Wegen der Kamera habe er Hausverbot bekommen. Dann seien ihm keine Leistungen mehr überwiesen worden mit der Ausrede, er sei einer Aufforderung zur Mitwirkung nicht nachgekommen. Nur um nicht vor Hunger sterben zu müssen, habe er trotz des Hausverbots beim Jobcenter persönlich vorgesprochen und sei von der Polizei abgeführt worden. Hierbei seien von Seiten des Beklagten und der beteiligten Polizisten falsche Aussagen erfolgt, er benötige Einsicht in die Aktenvorgänge von April bis Juni 2018 zum Beweis hierfür.

Der Senat hat die Kläger mehrfach schriftlich zur Klarstellung des konkreten Berufungsbegehrens aufgefordert und ihnen die Möglichkeit zur Akteneinsicht in die Verwaltungsakte des Beklagten betreffend den Zeitraum ab 2017 durch Übermittlung von Zugangsdaten über das Akteneinsichtsportal gewährt, die Kläger haben diese aber nach Angaben des Klägers Ziffer 1 nicht wahrgenommen, da es sich um falsche Zugangsdaten gehandelt habe.

Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 05.09.2023 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt, um den Klägern die Möglichkeit zu geben, ihr Berufungsbegehren dazulegen. Hierzu wird auf das Protokoll vom 05.09.2023 Bezug genommen. Im Nachgang hierzu hat der Kläger Ziffer 1 darauf hingewiesen, dass die deutsche Justiz auch 2023 noch immer eine Nazi-Justiz sei, die Gesetze beuge, zugunsten von hiesigen Deutschen lüge und von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus durchsetzt sei. Es sei eine Lüge des Beklagten und des SG, dass Leistungen im Voraus gezahlt würden. Tatsächlich würden sie nachträglich gezahlt.

Die Kläger beantragen teilweise sinngemäß und sachdienlich gefasst,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2023 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen jeweils monatlich im Voraus die Ihnen zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in voller Höhe zu gewähren sowie

festzustellen, dass das dem Kläger Ziffer 1 vom Beklagten erteilte Hausverbot vom 5. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. April 2018 rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf die seines Erachtens zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. Auf das erst im Erörterungstermin vom 05.09.2023 geäußerte Begehren zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Hausverbots hat der Beklagte sich nicht eingelassen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die nach §§ 151, 153 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist aber unbegründet.

1. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem Gerichtsbescheid des SG vom 21.02.2023 das von den Klägern gegenüber dem SG und auch dem Senat zum Ausdruck gebrachte Begehren, die ihnen nach dem SGB II zustehenden Leistungen vom Beklagten monatlich im Voraus ausgezahlt zu erhalten.

Zu diesem Begehren haben die Kläger weder im Klageverfahren noch im Berufungsverfahren einen konkreten Antrag formuliert und keine Bescheide des Beklagten benannt, gegen die sie sich wenden. Wie das SG zutreffend dargestellt hat, entscheidet das Gericht nach § 123 SGG über die vom jeweiligen Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen und unklarem Vorbringen ohne Antragstellung muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Im Übrigen muss dann, wenn der Wortlaut eines Antrags nicht eindeutig ist, im Wege der Auslegung festgestellt werden, welches das erklärte Prozessziel ist. In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften; die Auslegung von Anträgen richtet sich vielmehr danach, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass ein Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (st.Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 49/10 R -, juris Rn. 12 m. w. N.).

Auf dieser Grundlage hat das SG die vom Kläger Ziffer 1 erhobene Klage unter Heranziehung des gesamten Vorbringens dahingehend ausgelegt, dass sie auch im Namen und in Vertretung seiner Ehefrau, der Klägerin Ziffer 2, und seines minderjährigen, sich temporär bei ihm aufhaltenden Sohnes, des Klägers Ziffer 3, erhoben wurde. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin Ziffer 2 hat das Berufungsschreiben zusammen mit dem Kläger Ziffer 1 unterschrieben und der Kläger Ziffer 1 hat im Termin vom 05.09.2023 ausdrücklich erklärt, auch im Namen der Klägerin Ziffer 2 und des Klägers Ziffer 3 zu handeln.

Selbst bei sachdienlicher Auslegung stellt das Vorbringen der Kläger aber kein zulässiges Klagebegehren dar, so dass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat. Das SG hat das Klagebegehren dahingehend ausgelegt, dass es im Sinne einer Leistungsklage auf eine Verpflichtung des Beklagten zur zukünftigen rechtzeitigen Überweisung der bewilligten Leistungen bis spätestens zum Ersten eines jeden Leistungsmonats bzw. im Sinne einer Feststellungsklage auf die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Gutschrift der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auf sein Konto bzw. das Konto der Vermieter bis spätestens zum Ersten eines jedes Leistungsmonats sicherzustellen, gerichtet ist.

Eine so verstandene Klage ist bereits unzulässig, wie das SG im Ergebnis ebenfalls zutreffend dargelegt hat.

Zwar ist dann, wenn der Streitgegenstand nicht die Höhe der bewilligten Leistungen betrifft, sondern den Zeitpunkt ihrer Auszahlung, die Leistungsklage statthafte Klageart. Denn der konkrete Auszahlungsvorgang stellt eine Verwaltungsmaßnahme dar, die nicht auf einen Rechtserfolg, sondern einen tatsächlichen Erfolg gerichtet ist; damit stellt er einen mit der Leistungsklage zu erreichenden Realakt da, der im Unterschied zum Verwaltungsakt keine Regelung beinhaltet (vgl. zum Auszahlungsmodus: BSG, Urteil vom 16.02.2022 - B 8 SO 3/20 R -, juris Rn. 11). Sie setzt aber eine Klagebefugnis und ein Rechtschutzbedürfnis voraus (Keller a.a.O. Rn. 41a). Die Klagebefugnis ist grundsätzlich gegeben, wenn der Kläger mit seinem Antrag im Verwaltungsverfahren nicht oder nicht voll durchgedrungen ist. An der Klagebefugnis fehlt es, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann (Keller a.a.O. Rn. 41a und 22). Dies ist vorliegend der Fall.

Die echte Leistungsklage ist dann gegeben, wenn der Leistungsträger eine durch Verwaltungsakt bewilligte Leistung nicht erbringt oder eingestellt hat (BSG, Urteil vom 11.07.2017 - B 1 KR 26/16 R -, juris Rn. 8, Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rn. 41). Vorliegend hat der Beklagte aber die bewilligten Leistungen tatsächlich erbracht. Die Kläger rügen auch nicht, dass sie die ihnen bewilligten Leistungen nicht erhalten hätten, sondern, dass sie die ihnen zustehenden Leistungen verspätet und nicht in voller Höhe erhalten hätten.

Soweit diese Rüge sich darauf bezieht, bewilligte Leistungen erst verspätet erhalten zu haben, ist diese Behauptung eindeutig widerlegt. Eine verspätete Auszahlung der bewilligten Leistungen in zu großem Abstand nach der erfolgten Bewilligung lässt sich gerade nicht feststellen. Vielmehr ergibt sich aus den vorliegenden Bewilligungs- und Änderungsbescheiden sowie den vom Beklagten dem SG vorgelegten Auszahlungsanordnungen, dass die Kläger die ihnen bewilligten Leistungen jeweils zeitnah zu der erfolgten Bewilligung auch auf dem von ihnen benannten Konto bzw. an die Vermieter ausgezahlt erhalten haben, wie das SG bereits zutreffend dargestellt hat. Hierzu verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des SG und schließt sich ihnen vollumfänglich nach eigener Prüfung an. Nichts anderes ergibt sich aus dem Berufungsvorbringen der Kläger und den zur Berufungsbegründung vorgelegten Überweisungsbelegen, die nach Angaben der Kläger eine verspätete Überweisung von Leistungen durch den Beklagten belegen sollen. So setzt z. B. die vom Kläger vorgelegte Überweisung in Höhe von 1.325,83 Euro vom 19.04.2022, dem Tag der Klageerhebung, den Änderungsbescheid vom 12.04.2022 um, wonach den Klägern 1 und 3 für Januar 2022 um 178,48 Euro und für Februar bis Juni 2022 um 382,45 Euro monatlich höhere Leistungen bewilligt wurden, woraus sich eine fällige Nachzahlung an den Kläger Ziffer 1 für die Monate Januar bis April 2022 in Höhe von insgesamt 1.325,83 Euro (178,48 Euro + 3 x 382,45 Euro) ergibt. Da die Überweisungsgutschrift am 19.04.2023 nur sieben Kalendertage nach dem Bescheiddatum vom 12.04.2022 liegt, ist nicht ersichtlich, inwieweit hier eine verspätete Auszahlung der bewilligten Leistungen vorliegen sollte, sondern gerade eine zeitnahe Gutschrift auf dem Konto der Kläger belegt. Die weiter vorgelegten Unterlagen, die aus der Zeit nach der Klageerhebung stammen, können insoweit bereits nicht Anlass zur Klageerhebung gewesen sein.

Zwar sollen nach § 42 Abs. 1 SGB II Leistungen nach dem SGB II monatlich im Voraus erbracht werden. Die grundsätzliche Pflicht zur Vorauszahlung ergibt sich auch bereits aus dem existenzsichernden Charakter der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Denn das SGB II dient der Deckung einer aktuellen Bedarfslage im jeweiligen Zeitpunkt (vgl. Löcken in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 42 Rn. 7). Auch hat der Beklagte entgegen dieses Grundsatzes die den Klägern zustehenden Leistungen vor Klageerhebung nicht insgesamt monatlich im Voraus erbracht. Vielmehr hatte der Beklagte in dem von Juli bis Dezember 2021 umfassenden Bewilligungsabschnitt nicht alle den Klägern zustehende Leistungen monatlich im Voraus bewilligt und damit zwangsläufig auch nicht im Voraus zur Auszahlung gebracht. Hintergrund dafür war, dass die zeitanteiligen Leistungen für den Regelbedarf des Klägers Ziffer 3 und der laufende, unabweisbare Mehrbedarf zur Ausübung des Umgangsrechts zwischen dem Kläger Ziffer 1 und dem Kläger Ziffer 3 jeweils erst nach Mitteilung der konkreten Anzahl der Anwesenheitstage des Klägers Ziffer 3 im klägerischen Haushalt und Vorlage der Belege über die konkret angefallenen Fahrtkosten im Folgemonat rückwirkend für den vorhergehenden Monat vorläufig bewilligt und zur Auszahlung gebracht wurden. Dies hatte der Beklagte zunächst auch in dem die Monate Januar bis Juni 2022 umfassenden Bewilligungsabschnitt, in dem die Klageerhebung am 19.04.2022 erfolgt ist, ebenso gehandhabt und auch erst mit Änderungsbescheid vom 12.04.2022 den Klägern 1 und 3 rückwirkend ab Januar 2022 höhere Leistungen unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin Ziffer 2 am 17.01.2022 nach Mexico zurückgekehrt war, bewilligt.

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Auszahlung dieser nachträglich bewilligten und ausgezahlten Leistungen bis spätestens zum Ersten des jeweiligen Monats, für den die Leistungen erbracht wurden, und damit noch vor dem Zeitpunkt, zu dem die Verwaltungsakte mit der jeweiligen Regelung über das Bestehen des Leistungsanspruchs in der jeweiligen Höhe erlassen wurden, scheidet aber von vornherein aus. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Erbringung der Leistungen monatlich im Voraus kann nicht auf dem Wege durchgesetzt werden, dass ein Leistungsträger verpflichtet wird, bewilligte Leistungen zu einem bestimmten (früheren) Zeitpunkt zur Auszahlung zu bringen, oder die Verpflichtung des Leistungsträgers hierzu festzustellen.

Die Verpflichtung zur frühzeitigeren Überweisung bewilligter Leistungen kann sich zwangsläufig nicht auf einen Zeitpunkt beziehen, der vor Erlass der (vorläufigen) Bewilligungsentscheidung liegt. Auf die Leistungen nach dem SGB II besteht zwar bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ein Anspruch. Über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen und die Höhe der jeweils zustehenden Leistungen hat der Leistungsträger aber in Form eines Verwaltungsakts zu befinden, der die Rechtsgrundlage für den Erhalt der Leistungen darstellt. Soweit eine zumindest vorläufige Bewilligungsentscheidung nicht vor dem Ersten des jeweiligen Leistungsmonats vorliegt, kann auch keine Verpflichtung zur Auszahlung von Leistungen vor dem Ersten des jeweiligen Leistungsmonats erfolgen. Eine Auszahlung nur dem Grunde nach ist unmöglich.

Das Ziel der Kläger, eine frühere höhere Auszahlung der gesamten ihnen für einen Monat zustehenden Leistungen – einschließlich des Mehrbedarfs für die Fahrtkosten und der anteiligen Regelleistung – spätestens zum Ersten des Monats, für den die Leistungen zu erbringen sind, kann daher mit einer reinen Leistungs- oder Feststellungsklage nicht erreicht werden.

Vielmehr würde das eine vorrangig zu erhebende kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) voraussetzen. Denn die Bewilligung von Leistungen für einen Monat in einer bestimmten Höhe beinhaltet die Ablehnung der Gewährung darüber hinausgehender höherer Leistungen für diesen Monat. Gleichzeitig mit der Geltendmachung des höheren Leistungsanspruchs für diesen Monat müsste insoweit die Abänderung des entgegenstehenden Verwaltungsakts verfolgt werden, als dieser die Ablehnung der Gewährung höherer Leistungen beinhaltet. Eine solche Klage haben die Kläger aber ebenfalls nicht zulässig erhoben. Sie haben nach dem Vortrag des Beklagten, der nach Aktenlage nachvollziehbar ist, vor Klageerhebung am 19.04.2022 keinen der den aktuellen oder vorherigen Bewilligungsabschnitt betreffenden Bewilligungs- oder Änderungsbescheide mit Widerspruch angegriffen, so dass diese bestandskräftig wurden und die Zulässigkeitsvoraussetzung der Anfechtungsklage, die Durchführung eines ordnungsgemäßen Widerspruchsverfahrens, nicht vorliegt. Soweit die Klageerhebung am 19.04.2022 und damit noch innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist gegen den Änderungsbescheid vom 12.04.2022 erfolgt ist, ist darin auch keine Widerspruchseinlegung gegen den Änderungsbescheid vom 12.04.22 zu sehen und wäre die Klage auch nicht zur ordnungsgemäßen Durchführung eines Widerspruchsverfahrens auszusetzen. Denn mit dem Änderungsbescheid vom 12.04.2022 wurden den Klägern Ziffer 1 und 3 lediglich höhere Leistungen als mit dem zuvor bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 18.11.2021 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27.11.2021 und 26.01.2022 bewilligt, was im Verfügungssatz des Änderungsbescheids eindeutig geregelt ist. Die einzigen aktenkundigen Widersprüche hat der Kläger trotz der Hinweise des Beklagten unter Aufforderung ggf. zur Konkretisierung nicht auf einen oder mehrere Bescheide oder zumindest Bewilligungsabschnitte bezogen, sondern nur allgemein seinen Unmut über die Arbeit des Beklagten zum Ausdruck gebracht. Überdies hat der Kläger seine vorliegend streitgegenständliche Klage vom 19.04.2022 auch nicht gegen die diese Widersprüche vom 19.11.2021 und vom 27.04.2022 als unzulässig verwerfenden Widerspruchsbescheide vom 10.01.2022 und vom 02.06.2022 gerichtet.

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Vorliegen einer zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die niedrigere ursprüngliche vorläufige Bewilligung vom 18.11.2021, gerichtet auf die Gewährung höherer vorläufiger Leistungen für die Monate Januar bis Juni 2022 durch die nachträgliche Bewilligung und Auszahlung höherer Leistungen für diese Monate durch die jeweiligen Änderungsbescheide insoweit Erledigung eingetreten wäre. Soweit die Kläger die Auszahlung höherer Leistungen als nachträglich mit den jeweiligen Änderungsbescheiden bewilligt begehren sollten, würde dem ebenfalls die Bestandskraft der ergangenen Bescheide entgegenstehen.

Überdies hatte der Beklagte bereits vor Klageerhebung seine Bewilligungspraxis umgestellt und nach Mitteilung der voraussichtlichen Anzahl der Anwesenheitstage des Klägers Ziffer 3 im klägerischen Haushalt und der voraussichtlichen Fahrten mit Änderungsbescheid vom 26.01.2022 für Januar bis Juni 2022 und auch in der Folge mit Änderungsbescheid vom 20.06.2022 für Juli bis September 2022 und mit Änderungsbescheid vom 30.06.2022 für Oktober bis Dezember 2022 Leistungen bereits unter Berücksichtigung dieser Angaben vorläufig einschließlich der anteiligen Regelleistung des Klägers Ziffer 3 und von Fahrtkosten bewilligt und ausgezahlt.

Damit ist die Klage unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unzulässig und wurde zu Recht vom SG als unzulässig abgewiesen. Die Berufung hat insgesamt keinen Erfolg.

2. Soweit der Kläger Ziffer 1 nunmehr im Termin vom 05.09.2023 sein Begehren ausdrücklich auf die Feststellung bzw. Erklärung des Beklagten ausgeweitet hat, dass das im Jahr 2018 ihm erteilte Hausverbot rechtswidrig gewesen sei, er mithin am 07.06.2018 nicht gegen ein bestehendes Hausverbot verstoßen habe und er sich mit einer solchen Feststellung bzw. Erklärung des Beklagten gegen seinen Führerscheinentzug wenden möchte, liegt eine unzulässige Klageänderung im Sinn des § 99 SGG vor.

Denn dieses Begehren war zuvor nicht Gegenstand des Klageverfahrens und des Berufungsverfahrens. Die Kläger hatten zwar bereits im Klageverfahren auf die Vorgänge im Jahr 2018 Bezug genommen, allerdings nur zur Begründung ihrer Klage darauf hingewiesen, dass ihres Erachtens der Beklagte bereits 2018 Leistungen verspätet ausgezahlt habe, was sich nun wiederhole und weswegen Klage geboten sei. Eine Ausweitung der Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Hausverbots vom 05.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2018 bzw. Verpflichtung des Beklagten zu einer entsprechenden Erklärung stellt eine Änderung des Klagegrundes dar. Diese Erweiterung der Klage in zweiter Instanz ist aber weder sachdienlich noch hat der Beklagte im Termin oder im Nachgang dem zugestimmt. Das Hausverbot stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen den grundsätzlich die Anfechtungsklage gegeben war. Bei Erklärung der Klageerweiterung im Termin vom 05.09.2023 war die einmonatige Klagefrist nach Zustellung des Widerspruchsbescheids längst verstrichen. Das Hausverbot hatte angesichts dessen Gültigkeitsdauer von 12 Monaten nach Zugang des Verwaltungsakts bereits seit April 2019 seine Erledigung durch Zeitablauf gefunden. Auch eine am 05.09.2023 erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage wäre aber unzulässig, da für sie ebenfalls die einmonatige Klagefrist nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids gegolten hätte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.




 

Rechtskraft
Aus
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