Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.02.2023 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) für die Tätigkeit des Beschwerdeführers als im Rahmen der Bewilligung von ratenfreier Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordneter Rechtsanwalt (Beschluss des Sozialgerichts vom 10.06.2022).
In dem Klageverfahren S 41 AS 1746/21 war Gegenstand dieses Klageverfahrens die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) (weitere Heizkosten in Höhe von 25,00 Euro sowie Mehrbedarf gem. § 21 Abs. 7 SGB II für dezentrale Warmwasseraufbereitung in Höhe von 11,94 Euro für den Monat Oktober 2020). Der Beklagte erkannte diesbezüglich nach Vorlage entsprechender Nachweise mit Schriftsatz vom 03.06.2022 einen Betrag in Höhe von 18,90 Euro als Heizkosten an und bat um Rückmeldung, ob das Teilanerkenntnis angenommen werde und das Klageverfahren auf dieser Basis (ohne Erlass eines Änderungsbescheides) seine Erledigung finden könne. Der Beschwerdeführer teilte mit Schriftsatz vom 17.06.2022 mit, dass er den Vergleichsvorschlag annehme und auf den Erlass eines Änderungsbescheides verzichte. Die weitergehende Klage nahm er zurück.
Der Beschwerdeführer beantragte sodann mit Schreiben vom 20.06.2022, gegen den Beschwerdegegner Gebühren für das gerichtliche Verfahren in Höhe von 925,40 Euro festzusetzen, und zwar im Einzelnen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 der Anlage 1 zu
§ 2 Abs. 2 RVG (Vergütungsverzeichnis – VV RVG) 252,00 Euro
Anrechnung nach Vorbemerkung
3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG - 48,75 Euro
Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG 75,60 Euro
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 226,80 Euro
Einigungsgebühr Nr.1005, 1006 VV RVG 252,00 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 Euro
Umsatzsteuer 147,75 Euro
Gesamt 925,40 Euro
Mit Beschluss vom 06.07.2022 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 355,63 Euro fest. Es sei nur eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102, 1008 RVG in der beantragten Höhe entstanden. Das Verfahren sei durch Klagerücknahme nach Teilanerkenntnis beendet worden. Eine fiktive Terminsgebühr entstehe in dieser Konstellation nicht. Auch eine Einigungsgebühr sei nicht angefallen. Die hierfür erforderliche qualifizierte Mitwirkung des Beschwerdeführers liege nicht vor.
Die gegen diese Festsetzung eingelegte Erinnerung des Beschwerdeführers hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 10.02.2023 zurückgewiesen. Eine fiktive Terminsgebühr sei zwar ebenso wie eine Einigungsgebühr angefallen, weil der für beide Gebührentatbestände erforderliche Vergleich vorliege. Das hierfür erforderliche Nachgeben sei darin zu sehen, dass die Kläger auf den Erlass eines Änderungsbescheides verzichtet hätten. Eine Änderung der mit Beschluss vom 06.07.2022 festgesetzten Gebühren ergebe sich hieraus jedoch nicht, weil lediglich eine Verfahrensgebühr in Höhe von 100,00 Euro angemessen sei. Unter Berücksichtigung einer Einigungsgebühr in entsprechender Höhe und einer Terminsgebühr von 90,00 Euro ergebe sich damit insgesamt nur ein Betrag von 346,59 Euro, der noch unter dem vom Urkundsbeamten festgesetzten Betrag liege. Es verbleibe aber wegen der insoweit bestehenden Bindungswirkung bei dem von diesem festgesetzten Betrag von 355,63 Euro.
Gegen den ihm am 23.02.2023 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 25.02.2023 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Eine Verfahrensgebühr von 100,00 Euro sei unangemessen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Begründung in dem angefochtenen Beschluss könne er sich jedoch nicht anschließen, sondern er gehe davon aus, dass weder eine Terminsgebühr, noch eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr angefallen seien.
II.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat mit drei Berufsrichtern ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 2 und 3 RVG), weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden; auch wird der Beschwerdewert von 200,00 Euro, vgl. § 56 Abs. 2 iVm § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG, überschritten. Eine Nichtabhilfeentscheidung des Sozialgerichts liegt vor.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss im Ergebnis zu Recht die Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.07.2022 zurückgewiesen. Höhere Gebühren und Auslagen als die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzten sind für die anwaltliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in dem Verfahren S 38 AS 1746/21 nicht angefallen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist jedoch eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1005, 1000, 1002 VV RVG nicht angefallen. Hiernach entsteht eine solche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags (Einigungsgebühr Nrn. 1006, 1005, 1000 VV RVG) oder wenn sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtbehelf angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts durch anwaltliche Mitwirkung erledigt (Erledigungsgebühr Nrn. 1006, 1002 VV RVG). Die Mitwirkung erfordert dabei eine besondere anwaltliche Aktivität, die über die Abgabe verfahrensbeendender Erklärungen hinausgehen muss (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 07.11.2006 – B 1 KR 13/06 R, RdNr. 21 bei juris). Schon eine solche qualifizierte Mitwirkungshandlung des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich. Er hat lediglich das vom Beklagten mit Schriftsatz vom 03.06.2022 abgegebene Teilanerkenntnis angenommen und die weitergehende Klage zurückgenommen. Die Annahme eines Teilanerkenntnisses unter gleichzeitiger Rücknahme der Klage im Übrigen stellt aber keine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung dar. Es handelt sich dabei um eine Tätigkeit des Anwalts, die bereits mit der Verfahrensgebühr abgegolten wird (vgl. Landessozialgericht -LSG- Nordrhein-Westfalen -NRW-, Beschluss vom 01.03.2018 – L 20 SO 95/18 B, RdNr. 24 bei juris; LSG NRW, Beschluss vom 21.10.2013 – L 12 AS 1102/13 B, RdNr. 35 bei juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.07.2019 – L 10 SF 1298/19 E-B, RdNr. 22 bei juris). Daran ändert auch der gleichzeitig erklärte Verzicht auf den Erlass eines Änderungsbescheides nichts, weil dieser Änderungsbescheid für die Kläger keine rechtlichen Vorteile mit sich bringen würde und daher schon deshalb nicht ersichtlich ist, dass diesbezüglich ein besonderes Einwirken des Beschwerdeführers auf die Kläger erforderlich gewesen wäre.
Auch eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 3 VV RVG ist nicht angefallen. Nach dieser Vorschrift entsteht eine solche Gebühr, wenn das Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, reicht hierfür die Annahme eines Teilanerkenntnisses mit anschließender Erledigungserklärung nicht aus (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 01.03.2018 – L 20 SO 95/18 B, RdNrn. 30 ff. bei juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.01.2020 – L 39 SF 91/17 B E, RdNr. 19 bei juris mwN; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.07.2015 – L 7/14 AS 64/14 B, RdNrn. 32 ff bei juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.05.2022 – L 4 AS 63/20 B, RdNr. 28 bei juris). Gegen eine solche Erweiterung des Anwendungsbereichs spricht aus Sicht des Senates bereits der Wortlaut der Vorschrift, der ein Teilanerkenntnis gerade nicht erwähnt und vom Gesetzgeber im Zuge des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23.07.2013 (KostRMoG) auch in Kenntnis der bekannten Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte nicht dahingehend verändert worden ist, dass auch ein angenommenes Teilanerkenntnis als Entstehungsgrund für eine fiktive Terminsgebühr ausreicht (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.01.2020 – L 39 SF 91/17 B E, RdNr. 20 bei juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.07.2015 – L 7/14 AS 64/14 B, RdNrn. 33 ff bei juris). Auch im Zuge des Gesetzes zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) ist eine entsprechende Änderung des Wortlauts nicht erfolgt.
Zu Recht wird in der Rechtsprechung zudem darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dieser Gebühr honorieren will, dass ein Anerkenntnis unverzüglich angenommen und der Rechtsstreit frühzeitig einverständlich erledigt wird. Eine solche frühzeitige Erledigung das Verfahren durch das angenommene Anerkenntnis tritt aber nur ein, wenn es sich bei dem Anerkenntnis um ein vollständiges Anerkenntnis handelt, weil sich nur dann der Rechtsstreit nach § 101 Abs. 2 SGG erledigt. Diese Beendigungswirkung kraft Gesetzes tritt bei der Annahme eines Teilanerkenntnisses gerade nicht ein. Sie wird erst mit einer nachfolgenden weiteren Prozesshandlung (Klagerücknahme oder Erledigungserklärung) erreicht, so dass nicht das angenommene Teilanerkenntnis bestimmend für die Vermeidung der mündlichen Verhandlung gewesen ist. Die fiktive Terminsgebühr ist aber keine Belohnungsgebühr für eine Klagerücknahme oder Erledigungserklärung (vgl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.03.2018 – L 20 SO 95/18 B, RdNr. 30 bei juris mwN).
Insgesamt sind damit allenfalls die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 06.07.2022 festgesetzten Gebühren und Auslagen anzusetzen, da jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Beschwerdeführer beantragte und vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzte Höhe der Verfahrensgebühr zu niedrig festgesetzt worden ist. Ob der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Gebühr einen deutlich zu hohen Betrag angesetzt hat, kann dahinstehen, da die Beschwerde allein vom beigeordneten Rechtsanwalt eingelegt worden ist und insoweit das Verschlechterungsverbot gilt.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33
Abs. 4 S. 3 RVG).