L 3 R 914/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 49 R 1018/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 914/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.10.2017 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten,

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten über den Beginn der Regelaltersrente der Klägerin.

 

Die am 00.00.0000 in Q. geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung und lebt in V..

 

In einem bei dem israelischen  Versicherungsträger „Y.“ am 28.05.2003 eingegangenen und an die Beklagte weitergeleiteten Fragebogen gab die Klägerin an, sie sei von 1941 bis 1944 als Kind im Alter von sieben bis acht Jahren in D., Transnistrien, im Ghetto mit ihren Eltern gewesen. Ihr Vater habe im Brückenbau für die Wehrmacht gearbeitet. Das Essen sei nicht genug für drei Personen gewesen, darum habe sie Essen in Mülleimern suchen müssen, dafür habe sie bis heute keine Entschädigung bekommen.

 

Die Beklagte wertete die Angaben der Klägerin als Rentenantrag und lehnte mit Bescheid vom 10.07.2003 die Bewilligung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) ab. Es seien keine für die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden. Das ZRBG finde keine Anwendung für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto, dass sich auf dem Gebiet des Deutschen Reiches (Stand 31.12.1937) oder eines mit dem ehemaligen Deutschen Reich verbündeten Staates befunden habe. D. liege in Transnistrien, das im beantragten Zeitraum dem rumänischen Staatsgebiet angegliedert gewesen sei. Rumänien sei ein mit dem Deutschen Reich verbündeter Staat gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin keine Angaben über eine eigene Arbeitsleistung in diesem Ghetto gemacht.

 

Dagegen legte die Klägerin am 20.02.2004 Widerspruch ein und führte aus, jeden Tag seien in V. Attentate und Selbstmörder. Für sie als Invalide aufgrund des Holocaust habe dies zur Verschlimmerung ihrer Krankheit geführt. Sie sei die ganze Zeit in ärztlicher Behandlung gewesen und habe den Widerspruch nicht erheben können. Sie habe im Ghetto D. aus eigenem Willensentschluss geholfen, der Familie Essen zu beschaffen. Ihre Arbeit habe ihre Eltern und auch sie gerettet. Das Ghetto sei von deutschen Wächtern bewacht worden. Transnistrien sei vom Deutschen Militär besetzt gewesen.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Region Transnistrien sei im Sommer 1941 von deutschen und rumänischen Truppen erobert und dann von rumänischen annektiert worden. Die in Transnistrien errichteten Ghettos hätten der Aufsicht der rumänischen Verwaltungsbehörden unterstanden. Außerdem sei aufgrund des Lebensalters der Klägerin eine aus eigenem Willensentschluss ausgeübte Tätigkeit nicht glaubhaft.

 

Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen übersandte der Beklagten am 27.05.2010 einen Auskunftsbogen der Klägerin vom 16.07.2008, da im Rahmen eines Datenabgleichs festgestellt worden sei, dass die Klägerin einen Antrag nach dem ZRBG gestellt habe. Hierin schilderte die Klägerin, sie sei im November 1941 nach Transnistrien gebracht und im Ghetto D.-O. untergebracht worden. Sie habe freiwillig, um nicht zu verhungern und ihrer Familie zu helfen, verschiedene Beschäftigungen wie Reinigungsarbeiten oder Schneeschaufeln ausgeführt und auch in der Landwirtschaft geholfen. Als Gegenleistung habe sie mehr Lebensmittel erhalten, die sie zum Teil selbst verzehrt, zum Teil an ihre Familie weitergegeben habe. Sie sei in D.-O. bis zur Befreiung im März 1944 verblieben.

 

Die Klägerin beantragte am 09.08.2010 – vertreten durch ihren damaligen Bevollmächtigten – die Gewährung von Regelaltersrente und gab an, von Oktober 1941 bis März 1944 mit Reinigungs- und Küchenarbeiten, sowie landwirtschaftlichen Arbeiten im Ghetto D. beschäftigt gewesen zu sein. Von Juni 1941 bis März 1944 sei sie durch die Verpflichtung zum Tragen des Judensterns verfolgt worden. Sie lebe seit November 1949 in V. und habe dort von 1954 bis 1996 Beiträge zu einem Versicherungsträger gezahlt. Auf Anfrage der Beklagten teilte der israelische Versicherungsträger (Y.) am 15.11.2010 mit, die Klägerin habe keine Monate in ihrem Versicherungsverlauf zurückgelegt, sie beziehe nur eine Witwenrentenleistung aus der Nationalversicherung seit dem 01.06.2001.

 

Mit Bescheid vom 20.09.2011 gewährte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente ab dem 01.02.2010 in Höhe von 65,17 € monatlich und eine Nachzahlung von 257,72 €. Dabei ging sie von einem fiktiven Überprüfungsantrag vom 04.06.2009 aus und legte Beitragszeiten vom 01.10.1941 bis zum 18.03.1948 sowie vom 10.08.1948 bis zum 31.12.1948 (NS-Verfolgung) und vom 01.01.1949 bis zum 31.12.1949 zugrunde. Für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.01.2010 berücksichtigte sie freiwillige Beiträge und führte in einem anliegenden Schreiben aus, dem Antrag entsprechend könne die Klägerin für diese Zeiten freiwillige Beiträge in Höhe von insgesamt 1.034,80 € entrichten, dieser Betrag werde mit der Rentennachzahlung verrechnet. Die Entrichtung freiwilliger Beiträge sei notwendig, da die Klägerin die für eine Rentennachzahlung notwendige Mindestversicherungszeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt habe. Für die Ghettoarbeitszeiten sowie die anschließenden Ersatzzeiten könnten 47 Kalendermonate angerechnet werden. Israelische Beitragszeiten lägen nicht vor, so dass ausschließlich die Zahlung von freiwilligen Beiträgen zur Wartezeiterfüllung übrigbleibe.

 

Dagegen legte die Klägerin am 02.11.2011 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass ihr verstorbener Ehemann für sie Beiträge zur „X. U.“, dem israelisch Rentenversicherungsträger gezahlt habe und entsprechend ab Juli 1997 die Rente zu zahlen sei. Die Beklagte wies am 02.12.2011 erneut darauf hin, dass nach Mitteilung des israelischen Versicherungsträgers keine Beiträge zur israelischen Sozialversicherung entrichtet worden seien. Daher sei die Rentengewährung frühestens mit der Entrichtung der freiwilligen Beiträge zur Erfüllung der Wartezeit ab dem 01.02.2010 möglich.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2012 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 02.12.2011 zurück.

 

Hiergegen hat die Klägerin am 10.05.2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Sie hat vorgetragen, die Beklagte habe die israelischen Versicherungszeiten irrtümlicherweise nicht berücksichtigt. Die Frage sei, ob Hausfrauen, die in Israel nicht am Arbeitsmarkt teilgenommen hätten, israelische Versicherungszeiten zurückgelegt haben könnten.

 

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.09.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 27.03.2012 sowie des Bescheides vom 17.09.2015 zu verurteilen, ihr Regelaltersrente ab Juli 1997, hilfsweise ab Februar 2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren; hilfsweise die dreizehn freiwilligen Beiträge auf die Monate Juni 1996 bis Juni 1997, hilfsweise auf die Monate Januar 2003 bis Januar 2004 umzubuchen.

 

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

 

Die Klägerin hat am 23.06.2014 bei der Beklagten beantragt, angesichts des ZRBG-Änderungsgesetzes 2014 den Rentenbeginn zu überprüfen.

 

Das SG hat darauf hingewiesen, dass es zu einer früheren Rentenzahlung nur kommen könne, wenn die Klägerin beantrage, die für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.01.2010 verbuchten freiwilligen Beiträge auf den frühestmöglichen Zeitpunkt umzubuchen. Begründet sei ein solcher Umbuchungsantrag dann, wenn zu Gunsten der Klägerin ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch geltend gemacht würde, der unter Umständen darauf gestützt werden könne, dass die Beklagte die Klägerin bei der ersten ZRBG-Antragstellung nicht auf die Möglichkeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit hingewiesen habe.

 

Mit Bescheid vom 17.09.2015 hat die Beklagte die Umbuchung der von der Klägerin entrichteten dreizehn freiwilligen Beiträge für die Monate Juni 1996 bis Juni 1997, hilfsweise Januar 2003 bis Januar 2004 abgelehnt. Eine tatsächliche Entrichtung freiwilliger Beiträge sei nicht erfolgt. Unter Berücksichtigung der Umstände des Rentenverfahrens nach dem ZRBG sei auf die Überweisung der Beiträge vor Erlass des Rentenbescheides ausnahmsweise verzichtet und der fehlende Betrag aus dem Nachzahlungsbetrag des Rentenbescheides entnommen worden. Ausgehend von einem angenommenen Überprüfungsdatum vom 04.06.2009 zum früheren ablehnenden Rentenbescheid vom 10.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 seien die Beiträge für die Monate Januar 2009 bis Januar 2010 gebucht worden. Eine Vorverlegung auf die Monate Juni 1996 bis Juni 1997 sei nicht möglich, weil damals keine Entrichtung freiwilliger Beiträge erfolgt und auch kein Antrag auf Entrichtung gestellt worden sei. Auch die Rentenantragsfiktion aus  § 3 Abs. 1 ZRBG bewirke nicht, dass die Frist zur Entrichtung freiwilliger Beiträge noch nicht verstrichen sei, wie das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 30.04.2013 – B 12 R 12/11 R - dargelegt habe. Die Hemmung der Entrichtungsfrist durch den am 28.05.2003 gestellten Rentenantrag habe mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2004 geendet. Nichts Anderes ergebe sich aus dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen einer pflichtwidrig falschen Beratung im Jahre 2003 oder 2004. Auf Grundlage der damals vorliegenden historischen Gutachten und unter Berücksichtigung der damaligen Rechtsprechung seien für die Klägerin 2003 keine Beitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung festgestellt worden. Damit habe auch keine Zulassung zur freiwilligen Rentenversicherung erfolgen können. Mit dem Änderungsgesetz zum ZRBG habe der Gesetzgeber ausdrücklich nur die Begrenzung einer rückwirkenden Zahlung auf vier Kalenderjahre vor dem Datum eines Überprüfungsantrages nach § 44 Abs. 4 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) außer Kraft gesetzt. Es sei jedoch keine Regelung zur Abänderung des  § 198 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) aufgenommen worden. Daher bleibe es bei der allgemeinen Regelung, dass nach einem bindend abgeschlossenen Rentenverfahren erst der Überprüfungsantrag zum rechtswidrigen Rentenbescheid neu die Fristhemmung nach § 198 SGB VI bewirke. Dieser Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

 

Das SG hat am 14.12.2015 darauf hingewiesen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 17.09.2015 unzutreffend sei. Der Bescheid werde nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens, da dieses auf die Gewährung einer Regelaltersrente gerichtet sei, während durch den Bescheid vom 17.09.2015 die Umbuchung freiwilliger Beiträge abgelehnt worden sei.

 

Nachdem die Beteiligten sich am 06.04.2017 (Beklagte) bzw. am 21.07.2017 (Klägerin) mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben, hat das SG mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 13.10.2017 die Beklagte verurteilt, die dreizehn freiwilligen Beiträge auf die Monate Januar 2003 bis Januar 2004 umzubuchen und der Klägerin Regelaltersrente ab Februar 2004 zu bewilligen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Bescheid vom 17.09.2015 sei gem. § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in das Klageverfahren einzubeziehen. Eine Vorverlegung (der Entrichtung freiwilliger Beiträge) für die Monate Juni 1996 bis Juni 1997 komme nicht in Betracht. Die Frist zur Entrichtung freiwilliger Beiträge für diesen Zeitraum sei bereits verstrichen gewesen, als die Klägerin im Mai 2003 bei der Beklagten einen Rentenantrag gestellt habe. Der Rentenantrag vom 28.05.2003 habe zu einer Hemmung der Entrichtungsfrist bis zum Abschluss des Rentenverfahrens mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2004 geführt. Jedoch bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch mit der Folge, dass die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen auf die Jahre 2003 und 2004 zu buchen sei. Es liege eine fehlerhafte Auskunft oder Beratung der Klägerin durch die Beklagte vor, da die frühere Auffassung der Beklagten, dass in einem Ghetto in Transnistrien verrichtete Arbeit keinen Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG begründen könne, objektiv unrichtig gewesen sei. Insoweit liege auch keine ständige Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts vor. Diese falsche Beratung sei auch kausal für den eingetretenen Rechtsnachteil der Klägerin gewesen, die erst ab 2009 freiwillige Beiträge habe nachentrichten können. Die Klägerin sei so zu stellen, als ob sie bereits in den Jahren 2003/2004 die Nachentrichtung vorgenommen hätte. Die Kammervorsitzende hat das Urteil mit vollem Rubrum nicht unterschrieben, sondern nur ein als „Urteil“ überschriebenes Schriftstück mit Angabe des Aktenzeichens und hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung der Bezeichnung „RMB: Berufung“. Eine Zustellung des Urteils an die Klägerin ist nicht erfolgt.

 

Gegen das ihr am 03.11.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.11.2017 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das SG verkenne, dass die Ablehnung der Rentenzahlung im Jahre 2003 sich nicht allein auf die Gebietsproblematik Transnistrien gegründet habe. Vielmehr sei auch auf die Angaben der Klägerin abgestellt worden, die in ihrem Antrag ausschließlich Angaben zur Arbeitsleistung ihres Vaters gemacht habe. Auf dieser Grundlage seien aber keine Ghetto-Beitragszeiten für die Klägerin anzuerkennen gewesen. Auch im Widerspruchsbescheid aus dem Jahre 2004 sei neben der Gebietsproblematik Transnistrien zusätzlich darauf abgestellt worden, dass die Voraussetzungen für das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht gegeben seien, da keine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss glaubhaft gemacht sei und auch das Lebensalter der Klägerin im Zeitpunkt der behaupteten Beschäftigung gegen eine solche Beschäftigung spreche. Die Beklagte sei der noch bis 2007 bestehenden Rechtsprechung des BSG gefolgt, nach der ein Anspruch nach dem ZRBG die Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit der Beschäftigung voraussetze, so dass sie auch keine Pflichtverletzung begangen habe. Auch sei die weitere Begründung für die Ablehnung des Anspruchs aufgrund der damaligen Auffassung der Beklagten, dass in einem Ghetto in Transnistrien verrichtete Arbeit keinen Anspruch nach dem ZRBG begründen könne, nicht unrichtig gewesen. So habe das Landessozialgericht (LSG) NRW noch in seinen Entscheidungen vom 27.01.2006 und 03.02.2006 (L 4 RJ 126/04 und L 4 RJ 57/05) die Auffassung vertreten, dass Transnistrien nicht in das Deutsche Reich eingegliedert oder vom Deutschen Reich besetzt gewesen sei. Das BSG habe im Urteil vom 19.05.2009 (B 5 R 26/06) den völkerrechtlichen Status Transnistrien in den Jahren 1941 bis 1944 offengelassen. Es habe weder 2003/2004 noch später eine gefestigte sozialrechtliche Rechtsprechung gegeben, die der Auffassung der Beklagten zur Einordnung des Gebiets Transnistrien in Bezug auf das ZRBG widersprochen habe. Die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten in Transnistrien im Rahmen des ZRBG sei lediglich aufgrund einer geänderten Ansicht der Beklagten zum Status dieses Gebietes erfolgt. Im Übrigen habe das SG auch nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil die Zustimmung der Beklagten gem. § 124 Abs. 2 SGG ihre Wirksamkeit verloren habe, da das SG noch mit Verfügung vom 14.12.2015 die Ansicht vertreten habe, dass der Bescheid vom 17.09.2015 nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei. Diese Rechtsansicht habe das SG, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergebe, zwischenzeitlich komplett geändert. Damit habe sich die Prozesslage gegenüber Dezember 2015 wesentlich geändert. Es hätte für die Abgabe einer wirksamen Zustimmungserklärung einer vorherigen Klarstellung des SG bedurft, dass es nunmehr von einer anderen Prozesslage ausgehe.

 

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Düsseldorf vom 13.10.2017 abzuändern und die Klage abzuweisen.

 

Der Senat hat, nachdem er vergeblich versucht hat, die Klägerin postalisch zu erreichen, bei der Beklagten hinsichtlich der Anschrift der Klägerin angefragt sowie die Deutsche Botschaft in Tel Aviv um Nachforschung der Adresse der Klägerin ersucht, die die bisher bekannte Anschrift der Klägerin in V. bestätigt hat. Nachdem auch Zustellversuche mit Einschreiben/Rückschein nicht erfolgreich gewesen sind, hat der Senat Zustellungsersuchen an die „Administration of Courts“, H. unter Beifügung des erstinstanzlichen Urteils, der Berufung und Berufungsbegründung der Beklagten - auch in englischer Sprache – gerichtet, die ebenfalls erfolglos geblieben sind, da die Klägerin an der angegebenen Adresse unbekannt sei. Anschließend hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2023 die öffentliche Zustellung dieses Beschlusses, des Urteils des SG vom 13.10.2017, der Schriftsätze der Beklagten vom 06.11.2017 und 04.01.2018 sowie der Ladung der Klägerin zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.10.2023 angeordnet, welche durch Aushang an der Gerichtstafel vom 18.08.2023 bis zum 19.09.2023 bewirkt worden ist.

 

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Senat kann in Abwesenheit der Klägerin aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden, da dieser diese Möglichkeit mit der öffentlich zugestellten Terminsnachricht rechtzeitig mitgeteilt worden ist (§§ 110 Abs. 1, 124 ff SGG).

 

Der Bescheid vom 17.09.2015 ist gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Das SG hat insoweit zu Recht hierüber entschieden. Denn im angefochtenen Bescheid vom 20.09.2011 hat die Beklagte auch über die zeitliche Zuordnung der streitigen freiwilligen Beiträge für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.01.2010 entschieden. Diese Zuordnung ist auch Gegenstand des Bescheides vom 17.09.2015, wobei auch bei einer erneuten Ablehnung die Voraussetzungen von § 96 SGG erfüllt sind (vgl. BSG, Beschluss vom 21.10.2020 – B 13 R 59/19 B –, Rn. 11).

 

Soweit die Beklagte mit der Berufung vorträgt, das Urteil des SG leide an einem Verfahrensmangel, da dieses zunächst darauf hingewiesen habe, dass der Bescheid vom 17.09.2015 nicht gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, während es die gegenteilige Auffassung im angefochtenen Urteil vom 13.10.2017 vertreten habe, so dass ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung vom 06.04.2017 wegen einer wesentlichen Änderung der Prozesslage nicht mehr wirksam gewesen sei, folgt hieraus nicht, dass die Sache gem. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das SG zurückzuverweisen wäre. Denn jedenfalls ist aufgrund des gerügten Mangels keine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme i.S.d. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG erforderlich. Entsprechendes gilt für die fehlende Unterzeichnung des Urteils mit vollständigem Rubrum und zutreffender Rechtsmittelbelehrung durch die Kammervorsitzende des SG, die lediglich ein Urteil ohne vollständiges Rubrum, jedoch noch mit Angabe des Aktenzeichens unterzeichnet hat mit dem Zusatz für die erforderliche Rechtsmittelbelehrung „RMB: Berufung“ (vgl. §§ 66, 134 SGG) und die fehlende Zustellung des erstinstanzlichen Urteils an die Klägerin durch das SG, die im Berufungsverfahren durch den Senat nachgeholt worden ist.

 

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

 

Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin Regelaltersrente ab Februar 2004 zu bewilligen und Beitragszeiten für freiwillige Beiträge auf die Monate Januar 2003 bis Januar 2004 umzubuchen. Die Klägerin, die ausweislich der Auskunft des israelische Versicherungsträgers (Y.) vom 15.11.2010 dort keine versicherungsrechtlichen Zeiten zurückgelegt hat, hat keinen Anspruch auf Gewährung von Regelaltersrente vor dem 01.02.2010, da sie erst im Januar 2010 unter Berücksichtigung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen für die Zeit von Januar 2009 bis Januar 2010 die für die Regelaltersrente erforderliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten (§§ 35, 50 SGB VI) erfüllt hat, so dass sich gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ein Rentenbeginn mit dem 01.02.2010 ergibt.

 

Wie das SG insoweit zu Recht ausgeführt hat, kann eine Berücksichtigung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen für die Monate Juni 1996 bis Juni 1997 nicht erfolgen, da die Frist zur Entrichtung freiwilliger Beiträge nach § 197 Abs. 2 SGB VI bei erstmaliger Rentenantragstellung durch die Klägerin im Mai 2003 bereits verstrichen gewesen ist. Auch eine Hemmung der Entrichtungsfrist kommt nach bindendem Abschluss des Rentenverfahrens mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2004 nicht in Betracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

 

Die Klägerin war auch bei Rentenantragstellung im Mai 2003 nicht aufgrund der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, wonach ein Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bereits am 18.06.1997 als gestellt gilt, zur Entrichtung von freiwilligen Beiträgen nach § 7 SGB VI befugt. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 ZRBG führt im Kontext mit § 198 Satz 1 SGB VI nicht zu einer speziellen Regelung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Beginns von Rentenverfahren mit ZRBG-Bezug, sondern enthält einzig Regelungen zum Rentenbeginn mit der Folge, dass bei Verstreichen der Entrichtungsfrist nach § 197 Abs. 2 SGB VI mangels Erfüllung der allgemeinen Wartezeit ein Rentenanspruch nicht besteht (BSG, Urteil vom 30.04.2013 – B 12 R 12/11 Rn. 33 und Beschluss vom 16.05.2019 – B 13 R 222/18 B sowie LSG NRW, Urteil vom 24.11.2021 – L 3 R 886/18).

 

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zulassung der Beitragszahlung für Zeiten vor dem 01.01.2009 wegen des Vorliegens einer besonderen Härte gem. § 197 Abs. 3 SGB VI. In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist gem. § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in § 197 Abs. 1 und 2 SGB VI genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann gem. § 197 Abs. 3 Satz 2 SGB VI nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Für das Vorliegen einer besonderen Härte ist erforderlich, dass die nachteiligen Folgen einer unzulässigen Beitragszahlung für den Versicherten über die üblichen Folgen fehlender Beiträge hinausgehen und im Einzelfall außer Verhältnis zu der durch eine Nachzahlung von Beiträgen außerhalb der gesetzlichen Fristen entstehenden Rechtsunsicherheit und zusätzlichen Risikobelastung der Versichertengemeinschaft stehen (BSG, Urteil vom 06.06.2023 – B 12 R 14/21 R –, Rn. 17 ff). Soweit im Falle der Klägerin ein späterer Rentenbeginn überhaupt als besondere Härte angesehen werden könnte, hat die Klägerin jedenfalls keinen Antrag auf Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gem. § 197 Abs. 3 Satz 2 SGB VI gestellt. Als Hinderungsgrund kommt hier allenfalls eine mögliche Unkenntnis der Klägerin in Betracht über die Möglichkeit der freiwilligen Beitragszahlung zur Erfüllung der Wartezeit. Jedoch hat die Beklagte bereits sowohl in dem als Anlage zum Rentenbescheid vom 20.09.2011 beigefügten Schreiben als auch im Hinweisschreiben vom 02.12.2011 auf die Notwendigkeit der Entrichtung von freiwilligen Beiträgen – auch unter Beifügung der Mitteilung des israelischen Versicherungsträgers vom 04.11.2020, wonach keine Beiträge zur israelischen Sozialversicherung für die Klägerin entrichtet worden seien – hingewiesen, ohne dass anschließend eine Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen durch die Klägerin beantragt worden wäre. Vielmehr ergibt die Auslegung der Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin, dass allenfalls und frühestens eine Beantragung der Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen in den Schriftsätzen vom 15.06.2014 (hinsichtlich der Überprüfung des Rentenbeginns) bzw. vom 19.08.2015 (hinsichtlich des Wunsches nach einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch) zu sehen sein könnte. Zu diesen Zeitpunkten war jedoch die Drei-Monats-Frist nach § 197 Abs. 3 Satz 2 SGB VI, die mit Erhalt der Anlage zum Rentenbescheid vom 20.09.2011 begonnen hatte, bezüglich einer Nachentrichtung von freiwilligen Monaten für die Zeit von Januar 2002 bis Januar 2004 bereits abgelaufen.

 

Zu Unrecht hat das SG das Vorliegen der Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bejaht mit der Folge einer Umbuchung von freiwilligen Beiträgen auf die Jahre 2003 und 2004. Zur Überzeugung des Senats besteht im Hinblick auf die Härtefallregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI kein Raum mehr für eine diesbezüglich weitergehende Korrektur durch das richterrechtliche Instrument des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2021 – L 3 R 886/18 – Rn. 48 ff m.w.N.). Vielmehr ist die Härtefallregelung nach § 197 Abs. 3 SGB VI abschließend.

 

Selbst wenn neben § 197 Abs. 3 SGB VI noch Raum für die Anwendung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verbliebe (offen gelassen in BSG, Urteil vom 30.04.2013 – B 12 R 12/11 R -, Rn. 41 m.w.N.), liegen jedoch dessen Voraussetzungen entgegen der Auffassung des SG nicht vor.

 

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung (vgl. u. a. BSG, Urteile vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R -, Rn. 13 ff; und vom 31.10.2007 – B 14/11b AS 63/06 R –, Rn. 12 ff, jeweils m.w.N.), dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil [SGB I]), verletzt hat. Eine umfassende Beratungspflicht des Sozialversicherungsträgers bzw. des Sozialleistungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Leistungsberechtigten (vgl. BSG, Urteil vom 17.08.2000 - B 13 RJ 87/98 R -, Rn. 38). Ausnahmsweise besteht nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Leistungsträgers (Spontanberatung), wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter/Leistungsberechtigter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteile vom 08.02.2007 - B 7a AL 22/06 R – Rn. 18; und vom 18.01.2011 – B 4 AS 29/10 R –, Rn. 14, jeweils m.w.N.). Eine günstige Gestaltungsmöglichkeit muss ersichtlich sein und sich offenkundig aufdrängen (BSG, Urteil vom 26.10.1994 – 11 Rar 5/94 -, Rn. 28). Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen.

 

 

Vorliegend hat die Klägerin an die Beklagte kein Auskunfts- und Beratungsbegehren nach §§ 14, 15 SGB I gerichtet. Im Laufe des Rentenverfahrens, das mit Stellung des Rentenantrages im Mai 2003 begonnen und mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2004 geendet hatte, hat für die mit der konkreten Sachbearbeitung befassten Mitarbeiter der Beklagten auch keine spontane Hinweis- und Beratungspflicht vorgelegen, da eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit der Klägerin – hier der Beantragung der Zulassung zur freiwilligen Beitragszahlung nach § 197 SGB VI -, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre, nicht ersichtlich gewesen ist.

 

Die Klägerin hat in dem Fragebogen aus Mai 2003, den die Beklagte zum Anlass der Einleitung eines Rentenverfahrens nach dem ZRBG genommen hat, lediglich auf ein Beschäftigungsverhältnis ihres Vaters Bezug genommen sowie auf den Umstand, dass – da das Essen nicht genug gewesen sei – sie in Mülleimern nach Essen habe suchen müssen, als Zusatz zum Essen. Aus diesem Vortrag ergibt sich bereits nicht das Vorliegen eines auch nur möglichen rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin. Da das Vorliegen von weiteren Versicherungszeiten für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht ersichtlich gewesen ist, ist eine freiwillige Beitragszahlung nach § 197 SGB VI für die Klägerin auch keine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit gewesen, die ein verständiger Versicherter in Anspruch genommen hätte, um eine Rentengewährung aufgrund bereits vorliegender Beitragszeiten zu erreichen. Nach Ablehnung der Rentengewährung durch die Beklagte mit Bescheid vom 10.07.2003 – auch wegen der Nichtangabe einer eigenen Arbeitsleistung im Ghetto – hat die Klägerin im Widerspruchsschreiben vom 12.02.2004 weiter geltend gemacht, dass sie als Kleinkind ebenfalls habe helfen müssen, der Familie Essen zu beschaffen, dies habe sie aus eigenem Willensentschluss gemacht. Soweit die Klägerin weiter ausgeführt hat, ihre Arbeit habe ihre Eltern und sie gerettet, folgt hieraus ebenfalls noch nicht die Angabe oder Glaubhaftmachung eines rentenversicherungspflichtigen eigenen Beschäftigungsverhältnisses. Die Klägerin hat diese Angaben in Zusammenhang mit der ablehnenden Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 10.07.2003 und ihren Angaben im Fragebogen aus Mai 2003 gesetzt. Im Kontext mit der dort geltend gemachten Suche nach Essensresten in Mülleimern bei Rentenantragstellung, die ebenfalls weitestgehend als „Arbeit“ verstanden werden kann, hat die Klägerin jedenfalls nicht vorgetragen, dass sie als Kind im Alter von sieben Jahren im Jahre 1941 ein rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei einem Arbeitgeber eingegangen wäre. Demzufolge hat sich für den zuständigen Sachbearbeiter auch zu diesem Zeitpunkt eine günstige Gestaltungsmöglichkeit durch freiwillige Beitragszahlung nach § 197 SGB VI nicht offenkundig aufgedrängt, da weiterhin nach dem ZRBG anzuerkennende Beschäftigungszeiten nicht glaubhaft gemacht gewesen sind.

 

Eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit durch freiwillige Beitragszahlung nach § 197 SGB VI zusätzlich zur Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten nach dem ZRBG hat sich vielmehr erst aufgrund des im Mai 2010 bei der Beklagten eingegangenen Auskunftsbogens des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ergeben, in dem die Klägerin erstmalig angegeben hat, im Ghetto D.-O. in den Jahren 1941 bis 1944 Reinigungsarbeiten, Schneeschaufeln und landwirtschaftliche Arbeiten verrichtet zu haben. Zu diesem Zeitpunkt ist jedoch eine frühere Zuordnung von freiwilligen Beiträgen als vor Januar 2009 – wie von der Beklagten im angefochtenen Rentenbescheid vom 20.09.2011 vorgenommen - nach § 197 Abs. 2 SGB VI, wonach freiwillige Beiträge wirksam sind, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, nicht mehr möglich gewesen.

 

Da schon kein Anlass für eine Spontanberatung der Klägerin in den Jahren 2003 und 2004 bestanden hat, kommt es auf den bis heute durch höchstrichterliche Rechtsprechung nicht geklärten Status der Region Transnistrien in der Zeit von November 1941 bis März 1944 im Zusammenhang mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht an.

 

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.

Rechtskraft
Aus
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