S 25 KR 298/21

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 25 KR 298/21
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze


Bezüge aus dem britischen Teachers Pension Scheme stellen eine einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rente vergleichbare Rente aus dem Ausland dar.


Die Bescheide der Beklagten vom 11. Mai 2020, 12. November 2020 und 30. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2021 werden aufgehoben, soweit die Beklagte aus der vom Kläger bezogenen britischen Teachers Pension höhere Versicherungsbeiträge verlangt hat als 7,3 %.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge des Klägers.

Der Kläger war vom 21. August 2009 bis zum 3. Juli 2020 als Beschäftigter und ist seit dem 1. Juli 2020 als Rentenbezieher versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.

Seit 1. Februar 2020 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund, zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides i.H.v. 346,41 €. Die Krankenversicherungsbeiträge aus der Rente werden von der Deutschen Rentenversicherung Bund direkt an die Beklagte entrichtet. Mit Schreiben vom 18. März 2020 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass seine Versicherung bestehen bleibe. Falls er neben der gesetzlichen Rente weiteres Einkommen habe, z.B. Betriebsrente, Auszahlung von Direktversicherungen, Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, könne sich dies auf den Versicherungsbeitrag auswirken. Der Kläger wurde deshalb aufgefordert, sich immer bei der Beklagten zu melden, wenn er zusätzliches Einkommen habe.

Mit bei der Beklagten am 31. März 2020 eingegangenem Schreiben informierte der Kläger die Beklagte über seine Renteneinkünfte aus England und übersandte eine Tabelle mit den monatlich erhaltenen Beträgen des Jahres 2018, wie er sie auch beim Finanzamt Darmstadt eingereicht habe. Er erhalte eine Teachers Pension seit dem 29. Mai 2014 i.H.v. 1.521,47 € monatlich. Zudem erhalte er seit 6. Januar 2020 eine staatliche Grundrente von umgerechnet etwa 573,00 € pro Monat. Außerdem übe er eine selbstständige Tätigkeit aus, mit der er jährlich Einkünfte in Höhe von 3.937,00 € erziele.

Mit Schreiben vom 31. April 2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie seine Beiträge noch nicht berechnen könne. Es würden alle Seiten seines vollständigen Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2018 sowie die Bewilligung- und Änderungsbescheide seiner ausländischen Rente seit Mai 2014 benötigt.

Mit Schreiben vom 1. Mai 2020 legte der Kläger den Steuerbescheid für das Jahr 2018 sowie Unterlagen zu seinen Renteneinkünften seit dem Jahr 2014 vor.

Mit Bescheid vom 11. Mai 2020 forderte die Beklagte vom Kläger Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. Dezember 2015 bezogen auf die Bezüge des Klägers aus der Teachers Pension aus dem Vereinigten Königreich. Der Kläger erhalte seit dem 29. Mai 2014 einen Versorgungsbezug aus dem Vereinigten Königreich. Dies sei der Beklagten bisher nicht bekannt gewesen. Die Beiträge seien im Rahmen der Verjährung ab 1. Dezember 2015 vom Kläger anzufordern. Für die Zeit vom 29. Mai 2014 bis zum 30. November 2015 würden keine Beiträge nachgefordert. Das beitragspflichtige Einkommen habe die Beklagte anhand der ihr vorliegenden Unterlagen ermittelt. Der ausländische Versorgungsbezug des Klägers werde in der Zeit vom 1. Dezember 2015 bis zum 31. März 2017 in Höhe von monatlich 1.671,71 €, vom 1. April 2017 bis zum 31. März 2018 i.H.v. 1.688,03 €, vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2019 i.H.v. 1.738,14 € und seit dem 1. April 2019 bis laufend i.H.v. 1.780,26 € berücksichtigt. Seit dem 4. Februar 2020 beziehe der Kläger außerdem eine Rente aus dem Vereinigten Königreich i.H.v. 630,59 € bzw. seit 7. April 2020 i.H.v. 663,59 € monatlich. Insgesamt ergebe sich für die Zeit von Dezember 2015 bis Mai 2020 ein Beitrag i.H.v. 17.164,79 € und für die Zeit Januar 2018 bis April 2020 ein Beitrag i.H.v. 1.674,00 €, insgesamt 18.838,79 €. Ab Juni 2020 betrage der Beitrag 457,89 € monatlich.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2020 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2020 und bat die Beklagte, den Beitragssatz von 14,6 % auf seine englische Rente auf den üblichen Satz von 7,3 % zu reduzieren. Die Beklagte habe ihm schon telefonisch mitgeteilt, dass die englische Rente als Versorgungsbezug gewertet werde. Allerdings handle es sich nicht um eine Rente/Pension wie man sie z.B. in Deutschland bei Diplomaten oder Beamten kenne. Es würden immer nur die gearbeiteten Jahre gewertet, Ausbildung, Kinderjahre etc. würden nicht hinzugezogen. Ihm sei bewusst, dass sein Krankenkassenbeitrag das britische Renteneinkommen angemessen reflektieren müsse, aber nicht in dieser unverhältnismäßigen Höhe.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2020 teilte die Beklagte dem Kläger bezogen auf seinen Widerspruch mit, dass sie seinem Wunsch, die Beiträge aus der Teachers Pension mit 7,3 % zu berechnen nicht entsprechen könne. Die Rentenversicherung in England sei, ähnlich wie in anderen Ländern Europas, in drei Systemen aufgebaut. Die erste Säule setzte sich zusammen aus einer obligatorischen Grundrente und staatlichen Zusatzrente. Bei der zweiten Säule handele es sich um eine betriebliche Altersversorgung (Versorgungsbezug). Bei der dritten Säule handele es sich um eine private Zusatzrente. Der Kläger erhalte seit dem 4. Februar 2020 Grundrente vom Part of the Department for Work and Pension. Diese Rente sei der gesetzlichen Rente in Deutschland gemäß § 228 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – vom 20. Dezember 1988 (SGB V) gleichzusetzen. Die Beiträge zur Krankenversicherung würden zurzeit aus 7,3 % (§ 247 SGB V) berechnet. Bei der Rente der Teachers Pension handle es sich um die zweite Säule. Sie sei einem Versorgungsbezug (§ 229 SGB V) gleichzusetzen. Die Beiträge würden zurzeit aus 14,6 % (§ 248 SGB V) berechnet. Bei Pensionen von Deutschen Beamten handle es sich ebenfalls um Versorgungsbezüge. Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Vorgaben könne die Beklagte nicht anders entscheiden.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2020 erklärte der Kläger, dass er seinen Widerspruch vom 10. Juni 2020 aufrechterhalte. Als Anlage übersandte er ein Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Hessen. Darin wird formuliert, dass die Zusatzrente nicht als sonstiger Versorgungsbezug zu werten sei, sondern als Bestandteil der allgemeinen Rentenversicherung. Damit würde die Rente nur mit 7,3 % verbeitragt werden. Die Regelungen des SGB V seien durch die Krankenkasse zunächst zutreffend wiedergegeben worden. Aus Sicht der Verfasserin des Schreibens handle es sich aber bei der „Zusatzrente“ (additional State Pension) nicht um eine Betriebsrente und natürlich niemals um eine Beamtenpension. In dem Schreiben werden Ausführungen der Bundeszentrale für politische Bildung zum Rentensystemen Großbritannien zitiert. Zu Einzelheiten wird auf die Akte des Beklagten (Seite 82) verwiesen.

Mit Bescheid vom 12. November 2020 setzte die Beklagte die Beiträge aus dem Arbeitseinkommen für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018 endgültig fest. Für die Zeit nach Ausstellung des Einkommenssteuerbescheides setzte sie die Beträge vorläufig fest.

Mit Bescheid vom 30. März 2021 korrigierte die Beklagte die Beiträge des Klägers aufgrund dessen nebenberuflicher selbstständiger Tätigkeit. Mit Schreiben vom 28. April 2021 widersprach der Kläger gegen den Bescheid vom 30. März 2021 und bat die Beklagte darum, den Beitragssatz auf seine englische Rente von 14,6 % auf den üblichen Satz von 7,3 % zu reduzieren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2021 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers vom 10. Juni 2020 und 28. April 2021 gegen die Bescheide vom 11. Mai 2020, berichtigt durch den Bescheid vom 12. November 2020 und vom 30. März 2021 zurück. Die Beitragsbemessung für den Kläger als versicherungspflichtiges Mitglied rückwirkend zum 1. Dezember 2015 sei rechtmäßig. Bei der Beitragsbemessung aus der Teachers Pension sei der allgemeine Beitragssatz zuzüglich des Zusatzbeitrag heranzuziehen. Gemäß § 226 Abs. 1 SGB V würden bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt werde, zugrundegelegt. Gemäß § 237 SGB V würden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen zugrundegelegt. Gemäß § 228 Abs. 1 S. 1 SGB V gölten als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung Renten der allgemeinen Rentenversicherung sowie Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich der Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung. S. 1 gelte auch, wenn vergleichbare Renten aus dem Ausland bezogen würden. Seit dem 1. Juli 2011 seien Renten von ausländischen Rentenversicherungsträgern auch für in Deutschland krankenversicherungspflichtige Rentner beitragspflichtig. In § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 - 4 SGB V sei geregelt, welche Einnahmen als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten. Die Versorgungsbezüge unterlägen auch dann der Beitragspflicht, wenn sie aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen würden, § 229 Abs. 1 S. 2 SGB V. Für Versicherungspflichtige finde gemäß § 247 S. 1 SGB V für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz nach § 241 SGB V Anwendung. Abweichend davon gelte bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus ausländischen Rente nach § 228 Abs. 1 S. 2 SGB V die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes, ab dem 1. Januar 2019 abweichend von § 242 Abs. 1 S. 2 SGB V die Hälfte des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes (§ 247 S. 2 SGB V). Nach § 248 S. 1 SGB V i.V.m. § 240 Abs. 2 S. 5 SGB V sei bei der Beitragsbemessung aus Versorgungsbezügen der allgemeine Beitragssatz anzuwenden. Ab Januar 2015 betrage der allgemeine Beitragssatz 14,6 % der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder (§ 241 SGB V). Ansprüche auf Beiträge verjährten nach § 25 Abs. 1 SGB IV in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind.

Der Kläger habe die Bewilligungsbescheide über die Teachers Pensionsrente der Beklagten erstmalig im Juni 2020 weitergeleitet. Die Beklagte sei daher verpflichtet gewesen, Beiträge aus den laufenden englischen Versorgungsbezügen im Rahmen der Verjährung rückwirkend seit dem 1. Dezember 2015 zu berechnen. Soweit der Kläger vortrage, dass es sich bei der Rentenzahlung der Teachers Pension um eine gesetzliche Rente handle und daher bei der Beitragsbemessung der ermäßigte Beitragssatz für ausländische Renten zu berücksichtigen sei, könne dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Beurteilung, ob es sich bei den monatlichen Renten Zahlungen der Teachers Pension um beitragspflichtige Versorgungsbezüge handle, richte sich nach deutschem Recht. Das maßgebliche Kriterium für die Vergleichbarkeit mit der deutschen betrieblichen Altersversorgung sei die Anknüpfung an ein bestimmtes Arbeitsverhältnis, welche im Falle des Klägers gegeben sei. Auch die deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) habe Leistungen der Teachers Pension als Versorgungsbezüge beurteilt, so dass die Beitragsberechnung der Krankenversicherungsbeiträge hieraus zutreffend mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz und Zusatzbeitragssatz erfolgt sei. Seit dem 1. Januar 2020 sei bei der Beitragsbemessung der in der Krankenversicherung geltende Freibetrag einnahmemindernd berücksichtigt worden.

Der Kläger hat am 5. Juli 2021 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Der Kläger hält die Beitragseinstufung der britischen Teachers Pension mit dem vollen Beitragssatz von 14,6 % für unzutreffend. Zutreffenderweise hätte die Beklagte den geringeren Beitragssatz von 7,3 % ansetzen müssen. Bei der Teachers Pension handle es sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V sondern um eine ausländische Rente im Sinne des § 228 SGB V. Es werde auf das Schreiben der Gewerkschaft des Klägers vom 29. Juni 2020 (Bl. 82 der Verwaltungsakte) verwiesen. Der dortigen Rechtsauffassung schließe sich der Kläger vollumfassend an. Durch den zu hohen Beitragssatz verletzten die genannten Bescheide den Kläger in seinen Rechten und seien daher aufzuheben.

Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 11. Mai 2020, 12. November 2020 und 30. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2021 aufzuheben, soweit die Beklagte aus der vom Kläger bezogenen britischen Teachers Pension höhere Versicherungsbeiträge verlangt hat als 7,3 %.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Klageabweisungsantrags verweist die Beklagte auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2021.

Mit Beiladungsbeschluss vom 17. November 2021 hat die Kammer die Techniker Krankenkasse – Pflegeversicherung gemäß §§ 75 Abs. 2 Alt. 1, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2022 hat die Kammer die Beklagte gebeten, die Beurteilung der DVKA, auf welche sie sich in ihrem Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2021 Berufe, zu den Akten zu reichen. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2022 hat die Beklagte die Beurteilung der DVKA übersandt. Zu den Einzelheiten wird auf Bl. 31 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2022 hat die Klägerseite die Auffassung vorgebracht, dass es sich bei der von der Beklagten übersandten Übersicht der DVKA lediglich um eine tabellarische Übersicht ohne konkrete Begründung und ohne Überprüfbarkeit handle, deren Aussagegehalt als gering angesehen werde. An der klägerischen Einschätzung ergäben sich keine Änderungen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte im hiesigen Verfahren sowie auf die Akte der Beklagten (ein Band) verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 11. Mai 2020, 12. November 2020 und 30. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2021 sind rechtswidrig und beschweren den Kläger gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte aus der vom Kläger bezogenen britischen Teachers Pension höhere Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung verlangt hat, als 7,3 %. Die vom Kläger bezogene Teachers Pension ist mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar, sodass darauf lediglich Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 7,3 % entfallen. Der allgemeine Beitragssatz findet, anders als die Beklagte meint, keine Anwendung.

Bei Personen, die, wie der Kläger, in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig sind, werden der Beitragsbemessung gemäß § 237 S. 1 SGB V neben dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen zugrundegelegt. Grundsätzlich haben die Zahlstellen der Versorgungsbezüge die Beiträge aus den Versorgungsbezügen einzubehalten an die Krankenkasse weiterzuleiten, § 256 Abs. 1 S. 1 SGB V. Bei Bezügen aus dem Ausland kann das Zahlstellenverfahren jedoch nicht zur Anwendung gelangen, so dass der Versicherte die Beiträge aus diesen Bezügen entsprechend §§ 250 Abs. 1 Nr. 1, 252 Abs. 1 S. 1 SGB V selbst zu entrichten hat.

Gemäß § 228 SGB V stellen auch Renten beitragspflichtige Einnahmen dar. Gemäß § 228 Abs. 1 S. 1 gelten als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung Renten der allgemeinen Rentenversicherung sowie Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich der Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung. Gemäß § 228 Abs. 1 S. 2 SGB V gilt S. 1 auch, wenn vergleichbare Renten aus dem Ausland bezogen werden. Gemäß § 247 S. 1 findet für Versicherungspflichtige für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz nach § 241 SGB V Anwendung. § 247 S. 2 SGB V bestimmt, dass abweichend von S. 1 bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus ausländischen Renten nach § 228 Abs. 1 S. 2 SGB V die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes und abweichend von § 242 Abs. 1 S. 2 SGB V die Hälfte des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes gilt.

Gemäß § 229 SGB V stellen auch Versorgungsbezüge beitragspflichtige Einnahmen dar. Gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 des Einkommenssteuergesetzes sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat. Gemäß § 229 Abs. 1 S. 2 SGB V gilt S. 1 auch, wenn Leistungen der in S. 1 genannten Art aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen werden. Gemäß § 248 S. 1 SGB V gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der allgemeine Beitragssatz.

Bei Anwendung der genannten Normen ergibt sich, dass bei einer Einstufung der vom Kläger bezogenen Teachers Pension als vergleichbare Rente aus dem Ausland gemäß § 228 Abs. 1 S. 2 SGB V nur die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes anfällt, während bei Einstufung als Rente der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V der allgemeine Beitragssatz in voller Höhe anfällt. Gemäß § 241 SGB V beträgt der allgemeine Beitragssatz 14,6 % der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes beträgt 7,3 % der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder.

Ob § 228 Abs. 1 S. 2 SGB V und in der Folge die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes zur Anwendung gelangt oder ob § 229 Abs. 1 S. 1 Nr, 5, S. 2 SGB V und in der Folge der allgemeine Beitragssatz in voller Höhe anfällt, hängt davon ab, ob die vom Kläger bezogene britische Teachers Pension mit einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist. Die maßgeblichen Parameter für die Vergleichbarkeitsprüfung sind dem innerstaatlichen Sozialrecht zu entnehmen.

In seiner ständigen Rechtsprechung zum Arbeitsförderungsrecht hat das Bundessozialgericht (BSG) Kriterien für die Vergleichbarkeit ausländischer und inländischer Sozialleistungen aufgestellt. Vergleichbarkeit nimmt es an, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht. Da eine völlige Identität der Leistungen kaum denkbar sei, müsse sich die Beurteilung auf bestimmte Eigenschaften der beiden Leistungsarten beschränken, während andere Eigenarten als für den Vergleich unwesentlich ausscheiden könnten. Vergleichbarkeit komme insbesondere in Betracht, wenn die ausländische Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze anknüpfe und wenn sie Lohnersatz nach einer im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption darstelle (BSG, Urteil vom 18. 12. 2008 - B 11 AL 32/07 R, Rn. 12). Der 12. Senat des BSG hat in einer Entscheidung zum Rentenversicherungsrecht an die für das Arbeitsförderungsrecht herausgearbeiteten Kriterien angeknüpft und ebenfalls formuliert, dass Vergleichbarkeit mit einer deutschen Altersrente insbesondere in Betracht komme, wenn die ausländische Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze anknüpft und wenn sie Lohn-/Entgeltersatz nach einer im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption darstellt (BSG (12. Senat), Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 22/14 R, Rn. 40).

Bei Anwendung dieser Kriterien stellen sich die Bezüge des Klägers aus der Teachers Pension als mit einer der Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente dar.

Bei der Anstellung des Klägers als Lehrer handelte es sich nicht um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis nach beamtenrechtlichen Vorschriften i.S.d. § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V. Der Kläger hat nachvollziehbar erläutert, dass Lehrer im Vereinigten Königreicht nicht verbeamtet sind. Dies deckt sich mit den Recherchen der Kammer und mit der Tatsache, dass der Kläger regulär im Rentenversicherungssystem des Vereinigten Königreichs versichert ist.

Im britischen Rentenversicherungssystem gibt es eine Basisalterssicherung, die State Pension/New State Pension. Diese bezieht auch der Kläger. Nach ihrer Konzeption ist diese Basisalterssicherung vergleichsweise niedrig und ist nicht darauf ausgelegt, den vollständigen Lebensbedarf sicherzustellen (vgl. bpb.de/themen/soziale-lage/rentenpolitik/292889/laenderbeispiele-niederlande-grossbritannien-schweiz-und-oesterreich/#node-content-title-0). Auch die New State Pension des Klägers ist mit knapp 600,00 € entsprechend niedrig. Hinzu kommen die so genannten Workplace Pensions. Diese sind obligatorisch. Alle Arbeitgeber müssen ein Workplace Pension Scheme haben, in welches sie ihre Angestellten automatisch anmelden (https://.gov.uk/workplace-pensions/joining-a-workplace-pension). So gibt es Pensionssysteme verschiedener Berufsgruppen, beispielsweise das NHS Pension Scheme, das Civil Service Persion Scheme und das vorliegend relevante Teachers Pension Scheme.

Im Rahmen des Teachers Pension Scheme zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in das Versorgungssystem ein. Die Beiträge bestimmen sich als Prozentsatz des erzielten Einkommens. Die nach Eintritt des Rentenalters bezogene Rente ist abhängig von den eingezahlten Beiträgen. Das Renteneintrittsalter beträgt 60 oder 65 Jahre, je nachdem, wann die betreffende Person ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Bei Aufnahme der Tätigkeit vor dem 1. Januar 2007, wie im Falle des Klägers, beträgt das Renteneintrittsalter 60 Jahre. Sinn und Zweck des Teachers Pension Scheme ist die Absicherung im Alter. Jede Person, die als Lehrerin oder Lehrer arbeitet wird obligatorisch ab dem ersten Tag der Tätigkeit im Teachers Pension Scheme angemeldet (https://teacherspensions.co.uk/ members/new-starter.aspx). Die Modalitäten des Teachers Pension Scheme haben Gesetzesform und sind in dem Gesetzeswerk „The Teachers Pensions Regulations 2010“ niedergelegt. Es erfolgen jährliche Änderungen (Amendments), welche ebenfalls in Gesetzesform vorgenommen werden (vgl. https://www.legislation.gov.uk/uksi/2010/990/contents/made; https://www.teacherspensions.co.uk/public/legal.aspx mit Links zu sämtlichen Änderungen). 

Das Kriterium, dass der Bezug der Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze anknüpft, ist erfüllt. Die Teachers Pension kann erst ab dem 60. bzw. dem 65. Lebensjahr bezogen werden. Mit Eintritt des Rentenalters ist es möglich, sich einen Teil der Rentensumme direkt auszahlen zu lassen. Vor Erreichen des Rentenalters ist eine Auszahlung jedoch nicht möglich.

Die Teachers Pension hat auch Lohn-/ Entgeltersatzfunktion. Dies ergibt sich aus den ausdrücklichen Angaben auf der Internetseite des Teachers Pension Scheme. Es ergibt sich auch daraus, dass die Anmeldung in das System mit Aufnahme der Erwerbstätigkeit als Lehrerin oder Lehrer obligatorisch ist und dass das System detailliert durch gesetzliche Vorgaben geregelt ist, um es abzusichern und so sicherzustellen, dass das Ziel der Alterssicherung der Versicherten auch tatsächlich erreicht wird. Eine weitere Ähnlichkeit zum System der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ist es, dass es auch eine Form der Hinterbliebenenrente gibt (https://teacherspensions.co.uk/members/once-retired/death-benefits.aspx). 

Dieses System ähnelt viel mehr den für alle Arbeitnehmer gleichen gesetzlichen Vorgaben im deutschen Sozialversicherungsrecht, als einer Betriebsrente oder einer privaten Altersvorsorge. Bei Betriebsrenten oder privater Altersvorsorge gibt es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die Regelungen können individuell an den jeweiligen Versicherten angepasst werden. Die gesetzlichen Regeln, die der Absicherung im Alter dienen sind hingegen dadurch gekennzeichnet, dass sie gleichermaßen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten. Die Regelungen des britischen Teachers Pension Scheme sind nicht Gegenstand privater Verträge, die sich je nach privaten Interessen und Verhandlungsgeschick aushandeln lassen, sondern die Rahmenbedingungen sind dieselben für sämtliche Lehrerinnen und Lehrer. Insoweit ähneln die Regelungen denen des deutschen gesetzlichen Rentenversicherungssystems. 

Um zur Vergleichbarkeit eines ausländischen Rentensystems mit einer deutschen gesetzlichen Rente zu gelangen, ist nicht zu verlangen, dass die ausländische Rente in sämtlichen Modalitäten einer deutschen gesetzlichen Rente entspricht. Würde man dies verlangen, so könnte Vergleichbarkeit nie angenommen werden, da bei den gesetzlichen Systemen verschiedener Länder davon auszugehen ist, dass sich die Regelungen unterscheiden. In den nach der Rechtsprechung des BSG wesentlichen Punkten ähnelt die britische Teachers Pension einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung jedoch so weitgehend, dass die Kammer die vom Kläger bezogene Teachers Pension für mit einer deutschen Rente vergleichbar hält.

Dieser Rechtsauffassung steht die Einstufung in der von der Beklagten übersandten Tabelle der DVKA, die die Teachers Pension als Versorgungsbezug einstuft, nicht entgegen. Der Tabelle lässt sich nicht entnehmen, wie die Kategorisierung zustande kommt. Der Tabelle kommt auch keine die Kammer in ihrer Rechtsanwendung bindende Wirkung zu, es handelt sich lediglich um eine interne Einschätzung, auf die Krankenversicherungen zurückgreifen können. Die Rechtsauffassung der Kammer weicht von der in der Tabelle niedergelegten Einschätzung ab.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
 

Rechtskraft
Aus
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