Für das Vorliegen einer Candidose (Infektionskrankheit durch Pilze der Gattung Candida) reicht eine Besiedlung mit dem genannten Keim nicht aus. Eine Wundinfektion kann (z.B. als Nebendiagnose B37.88) erst dann kodiert werden, wenn Infektionszeichen hinzukommen. Bei Nachweis von Bakterien auf Wunden ist zwischen Kontamination, Kolonisation und Infektion zu unterscheiden.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.09.2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 1.751,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses, das durch Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg nach § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen ist. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse.
Der 1961 geborene R1 (im Folgenden Versicherter) befand sich vom 16.02.2018 bis 22.02.2018 bei der Klägerin in stationärer Behandlung. Die Aufnahme erfolgte wegen Verdachts auf Pneumonie bei Fieber sowie eines - vermutlich infektgetriggerten - Krampfanfalls bei bekannter Epilepsie. Beim Versicherten lag bei Aufnahme eine PEG-Sonde (Perkutane endoskopische Gastrostomie), ein endoskopisch angelegter künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen, vor (vgl. Entlassungsbrief der Klägerin vom 29.03.2018). Für die erbrachten Leistungen rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten am 18.11.2019 unter Zugrundlegung der DRG-Fallpauschale E79A (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC, mehr als ein Belegungstag oder mit äußerst schweren CC mit bestimmten Infektionen oder Entzündungen) einen Betrag von insgesamt 4.576,77 € ab, welchen die Beklagte zunächst ausglich.
Die Beklagte beauftragte sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 22.11.2019 mit der Überprüfung der Abrechnung und zeigte dies der Klägerin an. Im Gutachten vom 10.07.2020 kam G1 zu dem Ergebnis, die Kodierung der Nebendiagnosen B37.88 (Kandidose an sonstigen Lokalisationen) und T85.74 (Infektion und entzündliche Reaktion durch perkutan-endoskopische Gastrostomie-Sonde) sei zu Unrecht erfolgt, weshalb nicht auf Basis des DRG E79A, sondern E79D (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC oder ein Belegungstag, Alter > 0 Jahre, außer bei Para-/Tetraplegie, ohne best. mäßig aufwendige Behandlung) hätte abgerechnet werden müssen. Bezüglich der Kandidose sei kein entsprechender Befund beschrieben und keine Beeinflussung des Patientenmanagements belegt worden. Es seien ausschließlich vereinzelt Candida albicans im PEG-Abstrich aufgetreten. Dies entspreche keiner Kandidose. Eine Infektion sei ebenfalls nicht anzunehmen, es habe lediglich eine Rötung an der Punktionsstelle vorgelegen. Es sei auch keine Beeinflussung des Patientenmanagements dokumentiert. Die Beklagte schloss sich in ihrer Mitteilung an die Klägerin vom 15.07.2020 der Auffassung des MDK an, teilte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.751,00 € mit und rechnete am 16.07.2020 den genannten Betrag mit anderen, zwischen den Beteiligten unstreitigen, Ansprüchen der Klägerin auf.
Die Klägerin bat mit Schreiben vom 21.07.2020 um ein Nachverfahren und teilte mit, sie könne der Einschätzung des Gutachters nicht folgen. Für die Wunde der PEG-Einstichstelle würden eindeutig entzündliche Veränderungen beschrieben, welche eine gezielte Diagnostik via Abstrich ausgelöst hätten. Der Abstrich habe eine Verkeimung mit Staphylokokken und Streptokokken als auch Candida ergeben. Entsprechend dem Ergebnis sei eine spezifische Wundversorgung und Wundkonditionierung erfolgt. Damit seien für die kodierten Diagnosen T85.74 und B37.88 die Nebendiagnosendefinition nach DKR D003 erfüllt. Mit Schreiben vom 03.08.2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, bei ihrer Entscheidung zu bleiben.
Die Klägerin hat am 17.11.2020 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und geltend gemacht, der Anspruch auf Zahlung von 1.751,00 € aus den unstreitigen Abrechnungsfällen sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Voraussetzung einer Aufrechnung sei ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Ein solcher bestehe aber nicht, die Rechnung wegen der Behandlung des Versicherten sei zutreffend, die Kodierung sei korrekt und nicht zu beanstanden. Für die Wunde der PEG-Einstichstelle würden eindeutig entzündliche Veränderungen beschrieben, welche eine gezielte Diagnostik via Abstrich auslösten. Der Abstrich habe eine Verkeimung mit Staphylokokken und Streptokokken als auch Candida ergeben. Damit sei die Diagnose einer Kandidose gesichert. Entsprechend dem Ergebnis sei eine spezifische Wundversorgung und Wundkonditionierung erfolgt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung auf das Gutachten des MDK verwiesen. Hinsichtlich der Nebendiagnose B37.88 werde weder ein entsprechender Befund beschrieben noch sei eine Beeinflussung des Patientenmanagements erkennbar. Der erhobene Befund entspreche keiner Kandidose, sondern befinde sich wohl an jedem Stoma bei Patienten auf der Haut. Zudem wäre eine antibiotische Behandlung bei einem Pilzbefall sogar kontraindiziert. Diese fördere das Pilzwachstum eher und verhindere es nicht. Stattdessen wäre eine Behandlung mit einem Antimykotikum angezeigt. Aus den Unterlagen lasse sich eine spezielle Wundbehandlung der PEG-Einstichstelle nicht erkennen. Die Keime Staphylococcus epidermidis (ein Hautkeim) und Candida albicans seien hier als „abnorme Befunde“ einzuordnen, für die keinerlei Aufwand nachgewiesen worden sei. Auch der Verbandswechsel stehe dem nicht entgegen, da dies bloß eine sorgfältige Handhabung der Z43.1 (Versorgung eines Gastrostomas) darstelle. Eine Infektion könne darüber hinaus nur angenommen werden, wenn eine übermäßige Vermehrung der Sprosspilze vorliege und nicht nur eine Besiedelung. Bei einem derartigen Befund sei eine sorgfältige Reinigung der Einstichstelle erforderlich, damit sich keine übermäßige Keimvermehrung entwickeln könne, die sonst zu einer Infektion führen könnte. Auch die Kodierung der Nebendiagnose T85.74 sei mangels Beleges einer Entzündung („Einstichstelle gerötet“) und einer entsprechenden Beeinflussung des Patientenmanagements nicht nachvollziehbar.
Das SG hat zur Aufklärung des Sachverhalts M1, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 23.03.2021 zu dem Ergebnis gekommen, die Kodierung der Nebendiagnosen B37.88 und T85.74 sei zutreffend erfolgt. Bei dem Versicherten habe bei seinem Krankenhausaufenthalt vom 16.02.2018 bis 22.02.2018 sowohl eine Kandidose an sonstigen Lokalisationen als auch eine Infektion und entzündliche Reaktion durch eine perkutan-endoskopische Gastrostomie-Sonde (PEG-Sonde) vorgelegen. Beide Diagnosen seien durch eine anlassbezogene mikrobiologische Untersuchung verifiziert worden, die eine Mischinfektion aus Bakterien und Sprosspilzen nachgewiesen habe. In Folge dessen sei auch die Abrechnung der DRG E79A zutreffend. Aufgrund der Einwendungen der Beklagten hat M1 unter dem 27.06.2021 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28.09.2021 verurteilt, an die Klägerin 1.751,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2020 zu bezahlen. Der Vergütungsanspruch der Klägerin aufgrund stationärer Behandlung anderer Versicherter sei nicht durch einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Beklagten erloschen. Der Abrechnung sei die DRG-Fallpauschale DRG E79A zugrunde zu legen, nachdem die Nebendiagnosen B37.88 sowie T85.74 zu kodieren seien. Die Kammer schließe sich den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen M1 an. Die Klägerin habe eine diagnostische Maßnahme aufgrund der nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen M1 bestehenden Kandidose vorgenommen, die aus der PEG-Sonde resultiert habe. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Verzugszinsen aus der Klageforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz.
Gegen das ihr am 13.10.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.10.2021 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Kodierung der beiden Nebendiagnosen sei nicht korrekt. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Korrektheit der Aussagen des Sachverständigen. Hinsichtlich der Kandidose beschreibe der Befund lediglich das „vereinzelte“ Vorliegen des Erregers Candida albicans an der PEG-Einstichstelle und sei am Stoma kein unüblicher Befund. Dort befänden sich im Normalfall verschiedene Erreger und Keime, ohne dass grundsätzlich die Notwendigkeit einer jeweiligen Behandlung bestünde. Wie der Sachverständige selbst formuliert habe, sei dies als bloße „Keimidentifizierung“ zu sehen. Auch ärztlicherseits sei nicht die Notwendigkeit gesehen worden, ein Antimykotikum zu geben. Stattdessen sei die Behandlung mit einem Antibiotikum durchgeführt worden, was bei tatsächlichem Vorliegen eines erheblichen und damit zu kodierenden Pilzbefalls kontraindiziert gewesen wäre. Selbst wenn diese Behandlung nicht primär der mutmaßlichen Kandidose gedient habe, fördere ein Antibiotikum einen Pilzbefall. Eine anderweitige Behandlung sei nicht erfolgt. Auch müsse der Kodierung einer Infektion und damit der T85.74 entgegengetreten werden. Eine spezielle Wundbehandlung habe nicht stattgefunden. Eine gerötete Einstichstelle stelle noch keine Infektion dar. Der in diesem Rahmen lediglich durchgeführte Verbandswechsel sei im Rahmen einer sorgfältigen Versorgung des Gastrostomas (Z43.1) zu erwarten gewesen. Maßnahmen zur Behandlung einer Infektion seien nicht erfolgt. Der Abstrich sei im Rahmen des MRSA-Screenings erfolgt. Es handele sich somit um einen Zufallsbefund, welcher nicht behandelt worden sei. Zudem habe das Labor nur ein Antibiogramm, jedoch kein Antimykogramm erstellt. Zudem hat die Beklagte ein weiteres Gutachten des MD vom 09.02.2022 vorgelegt, in welchem G1 ausführt, Hefepilze der Gattung Candida kämen regelhaft als Kommensale auf Haut und Schleimhäuten vor und seien speziesabhängig ubiquitär in der belebten und unbelebten Natur nachweisbar. Im vorliegendem Fall seien bei der körperlichen Untersuchung bei Aufnahme unauffällige Haut und Schleimhäute dokumentiert. Am Aufnahmetag sei im Rahmen der MRSA-Screening-Untersuchung ein Wundabstrich im Bereich der PEG-Sonde erfolgt, hier seien die genannten Keime mikrobiologisch nachgewiesen worden. Eine Wund-Dokumentation hinsichtlich der gewünschten Kodierung der Nebendiagnose T85.74 und B37.88 sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Ein Verbandwechsel sei lediglich einmal am 18.02. in der tabellarischen Dokumentation „Pflegeplanung und Leistungsnachweis“ und einmal laut Pflegebericht am 20.02. erfolgt, hier werde beim Verbandswechsel eine gerötete und verkrustete Einstichstelle beschrieben. Eine Kandidose der PEG-Einstichstelle oder Wundinfektion werde in den Unterlagen an keiner Stelle erwähnt. Bei Vorliegen einer Wundinfektion bzw. Kandidose an der PEG-Einstichstelle wäre eine antimykotische Therapie zu erwarten gewesen. Auch im Entlassbericht werde an den weiterbehandelnden Arzt keine Wundkomplikation/Kandidose oder Empfehlung einer Therapie als Information mitgeteilt. Somit seien die behandelnden Ärzte im Krankenhaus in der Gesamtbetrachtung des Einzelfalles korrekterweise zu keinem Zeitpunkt während des gesamten stationären Aufenthaltes von einer Kandidose oder Wundinfektion ausgegangen. Die ärztliche Behandlung und Darstellung im Arztbrief stehe in Einklang der gesamten Dokumentation mit einer Hautkolonisation und nicht mit einer Kandidose oder Wundinfektion. Eine Erkrankung mit festgestellten Keimen sei nicht erkennbar. Die im Widerspruchschreiben des Krankenhauses argumentativ angeführte spezifische Wundversorgung und Wundkonditionierung, die bei einer Wundinfektion oder Kandidose zu erwarten gewesen wäre, sei nicht dokumentiert. Der dokumentierte Verbandswechsel sei als regelmäßige PEG-Pflege im Rahmen der allgemeinen pflegerischen Versorgung zu sehen. Nach DKR (D003I, Beispiel 7) würden abnorme Befunde, abnorme Labor-, Röntgen-, Pathologie- und andere diagnostische Befunde nicht kodiert, es sei denn, sie hätten eine klinische Bedeutung im Sinne einer therapeutischen Konsequenz oder einer weiterführenden Diagnostik (nicht allein Kontrolle der abnormen Werte).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.09.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Behauptung der Beklagten, dass das Vorliegen des Erregers Candida albincans an der PEG-Einstichstelle und am Stoma ein üblicher Befund sei, habe bereits der Sachverständige deutlich zurückgewiesen. Auch habe dieser nicht formuliert, es habe lediglich eine Keimidentifizierung vorgelegen. Die Gabe des Antibiotikums habe der notwendigen und unumgänglichen Behandlung der Pneumonie und nicht der Therapie der Kandidose gedient. Bereits die Abstrichuntersuchung berechtige zur Kodierung der beiden streitgegenständlichen Nebendiagnosen. Die Beeinflussung des Patientenmanagements sei durch die mikrobiologische Untersuchung erfolgt und das Ergebnis der Untersuchung belege sowohl die Kandidose als auch die Entzündung. Für die Wunde der PEG-Einstichstelle seien eindeutig entzündliche Veränderungen beschrieben worden, welche eine gezielte Diagnostik via Abstrich ausgelöst hätten. Der Abstrich habe eine Verkeimung mit Staphylokokken und Streptokokken als auch Candida ergeben. Damit sei die Diagnose einer Kandidose gesichert. Entsprechend dem Ergebnis sei eine spezifische Wundversorgung und Wundkonditionierung erfolgt. Eine Rötung der Einstichstelle sei zwar erst der Pflegedokumentation am 20.02.2018 zu entnehmen, jedoch sei diese zu diesem Zeitpunkt „sehr gerötet“ gewesen, so dass hieraus der Schluss gezogen werden könne, dass die Stelle auch bereits am 16.02.2018 gerötet gewesen sei. Die mikrobiologische Untersuchung beweise die Entzündung an der Einstichstelle der PEG-Sonde. Auch seien bei Aufnahme alle Verbände gewechselt und die Wunde mit einem Antiseptikum gereinigt worden. Es sei vorliegend ein Abstrich auf MRSA (Multiresistenter Staphylokokkus aureus) durchgeführt worden. Hierfür sei im Labor jedoch nur ein Nasenabstrich angefordert worden. Der entsprechende PCR-Test sei negativ gewesen, so dass diesbezüglich keine mikrobiologische Aufarbeitung erfolgt sei. Der Wundabstrich sei nicht im Zusammenhang mit dem MRSA-Screening dokumentiert, hier sei eine direkte mikrobiologische Begutachtung zum Ausschluss bzw. Bestätigung einer Infektion erfolgt, mithin eine zielgerichtete Untersuchung der Abstrichstelle. Auch wäre keine Anzüchtung erforderlich gewesen, wenn es nur um den MRSA-Abstrich gegangen wäre. Aufgrund der angezüchteten Keime sei dann noch ein Antibiogramm mit Resistenzprüfung auf verschiedene Antibiotika, Antimykotika etc. durchgeführt worden. Spätestens dieses Antibiogramm mit Resistenzprüfung sei als zielgerichteter Aufwand für die streitgegenständlichen Nebendiagnosen zu werten. Auch der Sachverständige weise explizit darauf hin, dass eben nicht nur eine Keimidentifikation, sondern weiterführend das Antibiogramm mit Resistenzbestimmung durchgeführt worden sei und dass dies keine Routinediagnostik darstelle.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Patientenakte der Klägerin verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, da der maßgebliche Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750,00 € überschritten ist. Die Beklagte wendet sich vorliegend gegen die Verurteilung zur Zahlung einer weiteren Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten in Höhe von 1.751,00 €.
2. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 1.751,00 € aufgrund der notwendigen stationären Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 16.02.2018 bis 22.02.2018. Die Beklagte hat zu Recht in dieser Höhe gegen andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet.
a) Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG 17.12.2019, B 1 KR 19/19 R, juris, Rn. 8 m.w.N.). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG 13.11.2013, B 3 KR 33/12 R, juris, Rn. 9). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert.
b) Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht der vorliegend geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zu. Die Beklagte war zur Aufrechnung mit einer Gegenforderung aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch berechtigt, da der Klägerin kein (weiterer) Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung des Versicherten in Höhe von 1.751,00 € zustand.
aa) Der mit der erhobenen Leistungsklage verfolgte Vergütungsanspruch der Klägerin aus späteren anderweitigen Krankenhausbehandlungen anderer Versicherter der Beklagten ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Darauf, welchen Vergütungsanspruch die Klägerin auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, juris Rn. 10), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG 14.10.2014, B 1 KR 34/13 R, juris, Rn. 8; 25.10.2016, B 1 KR 9/16 R, juris Rn. 8; 17.12.2019, B 1 KR 19/19 R, juris Rn. 9).
bb) Der anderweitige Vergütungsanspruch der Klägerin für die Krankenhausbehandlung erlosch dadurch, dass die Beklagte wirksam mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten die Aufrechnung erklärte.
Es bestand eine zur Aufrechnung erforderliche Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufrechnen konnte (vgl. hierzu BSG 08.10.2019, B 1 KR 2/19 R, juris Rn. 9; 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, juris Rn. 9). Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Der Beklagten stand als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 1.751,00 € zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten: BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, juris Rn. 10), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte insoweit ohne Rechtsgrund. Die Klägerin hatte keinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Behandlung des Versicherten in dem hier streitigen Umfang.
(1) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 5 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), der Pflegesatzvereinbarung und dem für Baden-Württemberg gültigen nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V geschlossenen Vertrag. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (BSG, 17.12.2019, B 1 KR 19/19 R, juris Rn. 10; BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R, jeweils juris Rn. 8). Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
(2) Die Grundvoraussetzungen des Vergütungsanspruches liegen vor. Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Plankrankenhaus. Der Versicherte war zum Zeitpunkt der stationären Behandlung Mitglied der Beklagten. Bei ihm bestand auch eine behandlungsbedürftige Krankheit in Form einer Pneumonie links und eines infektgetriggerten Krampfanfalls bei bekannter Epilepsie. Dies entnimmt der Senat dem Entlassungsbrief der Klägerin vom 29.03.2018. Weder das Krankheitsbild noch die Behandlungsbedürftigkeit werden von Seiten der Beklagten oder des MDK in Zweifel gezogen.
(3) Für den stationären Aufenthalt des Versicherten ist vorliegend die DRG-Fallpauschale E79D (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC oder ein Belegungstag, Alter > 0 Jahre, außer bei Para-/Tetraplegie, ohne best. mäßig aufwendige Behandlung) zugrunde zu legen.
(a) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragspartner (§ 11 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 KHG - Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten - dem ICD-10 - in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIM-DI, nunmehr Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung („Kodierung“) haben die Vertragspartner auf Bundesebene „Kodierrichtlinien“ beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG 18.07.2013, B 3 KR 7/12 R, juris Rn. 12). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R, juris Rn. 12 m.w.N.).
Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben; dabei gibt es grundsätzlich keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen (z.B. BSG 08.10.2019, B 1 KR 35/18 R, juris Rn. 13; 09.04.2019, B 1 KR 27/18 R, juris Rn. 14; 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R, juris Rn. 13 m.w.N.; ferner LSG Baden-Württemberg 22.03.2022, L 11 KR 597/21, juris Rn. 29; LSG Baden-Württemberg 30.11.2021, L 11 KR 977/20, juris Rn. 34). Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG 18.07.2013, B 3 KR 7/12 R, juris Rn. 13 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg 21.03.2014, L 4 KR 5233/12 n.v., 24.04.2020, L 4 KR 3159/18, juris).
(b) Unstreitig sind die Hauptdiagnose (J18.0† [J91*]; Bronchopneumonie, nicht näher bezeichnet [Pleuraerguss bei anderenorts klassifizierten Krankheiten]), weitere Nebendiagnosen und die durchgeführten Prozeduren zu kodieren. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Klägerin zu Recht die Nebendiagnosen B37.88 (Kandidose an sonstigen Lokalisationen) und T85.74 (Infektion und entzündliche Reaktion durch perkutan-endoskopische Gastrostomie-Sonde) kodiert hat, denn das Vorliegen dieser Nebendiagnosen entscheidet darüber, ob die von der Klägerin angesetzte DRG E79A (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC, mehr als ein Belegungstag oder mit äußerst schweren CC mit bestimmten Infektionen oder Entzündungen) im Groupierungsvorgang angesteuert wird oder die von der Beklagten angenommene DRG E79D (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC oder ein Belegungstag, Alter > 0 Jahre, außer bei Para-/Tetraplegie, ohne best. mäßig aufwendige Behandlung), was zu der hier streitigen Entgeltdifferenz von 1.751,00 € führt. Die Klägerin hat die Nebendiagnosen B37.88 und T85.74 vorliegend zu Unrecht kodiert.
Nach DKR 2018 D003I sind Nebendiagnosen definiert als eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt. Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist: therapeutische Maßnahmen, diagnostische Maßnahmen oder ein erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand.
Der ICD-Kode B37.88 beschreibt eine „Kandidose an sonstigen Lokalisationen“. Definitionsgemäß ist eine Kandidose eine Sammelbezeichnung für Infektionskrankheiten durch Pilze (Sprosspilze) der Gattung Candida, wobei Candida albicans am häufigsten anzutreffen ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Candidose; https://www.pschyrembel.de/Kandidose/K04FH/doc/). Das Suffix ‑ose bezeichnet in der Medizin meist eine nicht-entzündliche, auch parasitäre Erkrankung oder eine Zustandsveränderung, wie beispielsweise eine Degeneration (https://de.wikipedia.org/wiki/-ose; https://www.pschyrembel.de/-ose/K18E5/doc/). Verortet ist der Kode B37.88 im Kapitel I „Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten“ (A00 bis B99) in der Gruppe Mykosen (B35 bis B49), Untergruppe Kandidose (B37.-). Aus dem Begriff und der systematischen Stellung des hier streitigen Kodes ergibt sich, das eine infektiöse oder parasitäre Krankheit/Erkrankung vorliegen muss. Der ICD-Kode T85.74 setzt eine Infektion und entzündliche Reaktion durch eine perkutanendoskopische Gastrostomie-Sonde (PEG-Sonde) voraus.
Eine Kandidose oder Infektion lag hier jedoch nicht vor.
Eine Infektion ist das (passive) Eindringen von Krankheitserregern in einen Organismus, wo sie verbleiben und sich anschließend vermehren. Eine Infektion unterscheidet sich von einer „Ansiedlung“ oder „Besiedlung“ (Kolonisation) durch kommensale Bakterien und Pilze, welche auf deren Haut bzw. Schleimhäuten leben, ohne in den Organismus einzudringen (https://de.wikipedia.org/wiki/Infektion). In der Rechtsprechung wurde hierzu bereits entschieden, dass eine Wundinfektion nicht bereits dann kodiert werden kann, wenn eine Wunde mit Keimen besiedelt ist, sondern nur dann, wenn Infektionszeichen vorliegen. Bei Nachweis von Bakterien auf Wunden ist zwischen Kontamination, Kolonisation und Infektion zu unterscheiden. Dabei ist unter Kontamination die bloße Anwesenheit von Bakterien, die sich nicht vermehren, auf der Wunde zu verstehen. Eine Kolonisation (Besiedelung) liegt vor, wenn sich die Bakterien auf der Wunde vermehren, ohne zu einer Wirtsreaktion zu führen. Eine Infektion setzt eine Vermehrung von Mikroorganismen im Gewebe mit entsprechender Wirtsreaktion voraus. Klinische Zeichen einer lokalen Infektion sind Eiterung, Rötung, Schmerz, Überwärmung oder Verhärtung. Zeichen einer systemischen Infektion sind Fieber, Schüttelfrost, Tachykardie, Hypertonie, Verwirrtheit, Leukozytose oder Stoffwechselentgleisungen (Sächsisches LSG 15.12.2021, L 1 KR 260/16, juris Rn. 26; 08.02.2022, L 9 KR 264/19, juris Rn. 33; LSG Mecklenburg-Vorpommern 05.08.2021, L 6 KR 116/16, juris Rn. 51 ff.).
Vorliegend ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass beim Versicherten eine Kandidose bzw. eine Infektion/entzündliche Reaktion durch eine perkutanendoskopische Gastrostomie-Sonde (PEG-Sonde) vorgelegen hat. Zwar lag an der PEG-Einstichstelle eine (sehr geringe) Besiedelung mit dem Keim Candida albicans („vereinzelt“) sowie ferner den Keimen Streptococcus oralis („einige“) und Staphylococcus epidermidis („vereinzelt“) vor, eine Pilzerkrankung bzw. Infektion ist hiermit jedoch nicht nachgewiesen. Dies entnimmt der Senat der von der Klägerin vorgelegten Patientenakte sowie den Gutachten des MDK.
Dem am 16.02.2018 erhobenen kulturellen Befund nach Wundabstrich an der PEG-Einstichstelle sind nur vereinzelte Candida albicans zu entnehmen. Im Entlassungsbrief der Klinik vom 29.03.2018 ist zusätzlich „Kein Pilzwachstum.“ festgehalten. Eine Pilzerkrankung oder auch nur der Befall mit solchen wurde in dem Bericht nicht dokumentiert. Eine Pilzerkrankung bzw. Infektion ist - entgegen der Auffassung des Gutachters M1 - auch nicht aufgrund einer - mutmaßlichen - Rötung der Einstichstelle, welche in der Patientenakte erstmals am 20.01.2018 festgehalten wurde, anzunehmen. Aus der Akte ergibt sich zunächst bereits nicht, dass die mikrobiologische Untersuchung tatsächlich aufgrund einer geröteten Einstichstelle vorgenommen wurde. So umfasst laut „Checkliste Aufnahmescreening auf MRSA und MRGN“ das Screening einen Nasenabstrich und - sofern vorhanden - auch zusätzliche Abstrichstellen bei Wunden oder Einstichstellen invasiver Devices. Der Risikofaktor „Liegende Devices“ (z.B. Gefäßkatheter, Harnblasenkatheter, PEG- Sonde, Trachealkanüle) wurde auf der Checkliste für den Versicherten explizit bejaht. Neben dem Stempel MRSA-Screening, auf dem ein Kreuz bei „Nase“ gesetzt wurde, ist zudem handschriftlich „PEG Einstichstelle Wundabstrich“ (Bl. 362 der beigezogenen Unterlagen) vermerkt, was dafür spricht, dass entsprechend der genannten Checkliste verfahren wurde. Dies kann letztlich aber dahingestellt bleiben, da eine Rötung der Einstichstelle nicht mit einer Infektion gleichzusetzen ist.
Nicht jede Entzündung stellt bereits eine Infektion dar. Während eine Entzündung eine Abwehrreaktion des menschlichen Körpers auf einen Reiz darstellt, die meist mit einer Rötung einhergeht, bedeutet eine Infektion die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus (Definition in § 2 Nr. 2 Infektionsschutzgesetz; so auch Sächsisches LSG 30.10.2019, L 1 KR 197/15, juris Rn. 32). Mit nachvollziehbarer Begründung hat der MD vorliegend eine Infektion verneint. Zwar kann eine Rötung je nach Ausprägung eines von mehreren Infektionszeichen sein. Durch die vorliegend beschriebene Rötung allein wird jedoch nicht bewiesen, dass Keime im Sinne einer Infektion im menschlichen Organismus aufgenommen wurden. Der Senat folgt dieser nachvollziehbaren Einschätzung. Der Patientenakte kann nicht entnommen werden, dass die Klägerin selber von einer Pilzinfektion ausgegangen ist. Es erfolgte - worauf der MD hinweist - keine entsprechende systemische Behandlung durch Antimykotika, und das Vorliegen einer Infektion wird an keiner Stelle der Patientenakte erwähnt. Im Entlassungsbericht findet eine Pilzinfektion keine Erwähnung, auch erfolgten diesbezüglich keinerlei Informationen an den weiterbehandelnden Arzt. Die vorgenommenen Verbandswechsel sind hierbei nicht als ausreichendes Indiz einer Wundinfektion zu werten, sondern im Rahmen der regelmäßigen PEG-Pflege zu sehen. Somit ist der Beklagten zuzugeben, dass es sich vorliegend lediglich um einen Zufallsbefund handelt, der auch zu keinerlei besonderen Behandlungsmaßnahmen führte. Insbesondere stellt auch das durchgeführte Antibiogramm keine solche Maßnahme dar, da hiermit die Resistenz von Bakterien - und nicht von Pilzen -gegenüber diversen Antibiotika durch in-vitro-Untersuchungen für einen Erreger bestimmt wird (https://www.pschyrembel.de/Antibiogramm/K02HA/doc/). Insgesamt ist somit festzuhalten, dass die Diagnosen B37.88 und T85.74 ausscheiden, da weder eine Pilzerkrankung noch eine Infektion bzw. entzündliche Reaktion mit den festgestellten Keimen nachgewiesen ist.
Dem Gutachten des M1 kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden. So kann der Patientenakte zunächst - entgegen der Behauptung des Gutachters - gerade nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass eine Rötung der PEG-Einstichstelle bereits am 16.01.2018 vorlag (siehe oben). Auch die Behauptung, der Nachweis einer Infektion sei durch die mikrobiologische Untersuchung belegt, kann vor den obigen Ausführungen keinen Bestand haben. Das vereinzelte Vorliegen eines Erregers ohne Wirtsreaktion reicht nicht für die Annahme einer Infektion aus. Zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen sah sich der Senat, obwohl er sich dem Gutachten des M1 nicht anschließt, nicht veranlasst, da sich der Sachverhalt vollständig der vorliegenden Patientenakte entnehmen lässt.
Die Klägerin durfte die B37.88 und T85.74 auch nicht als Verdachtsdiagnosen kodieren. Verdachtsdiagnosen sind nach DKR 2018-D008b Diagnosen, die am Ende eines stationären Aufenthaltes weder sicher bestätigt noch sicher ausgeschlossen sind. Verdachtsdiagnosen werden unterschiedlich kodiert in Abhängigkeit davon, ob der Patient nach Hause entlassen oder in ein anderes Krankenhaus verlegt wurde. Bei Entlassung nach Hause - oder wie hier ins Pflegeheim - ist die Verdachtsdiagnose zu kodieren, wenn eine Behandlung eingeleitet wurde und die Untersuchungsergebnisse nicht eindeutig waren. Die DKR D008b ermöglicht zwar die Kodierung von Diagnosen, die nicht bewiesen werden können, nicht aber von Diagnosen, die ausgeschlossen werden können. Als Verdachtsdiagnose kann vom Krankenhaus nicht jede vermutete oder befürchtete Erkrankung eines Patienten kodiert werden. Vielmehr verlangt die DKR D008b mit den „nicht eindeutigen Untersuchungsergebnissen“, dass das Krankenhaus zumutbare Untersuchungen zur Erhärtung oder Verwerfung des Verdachts durchgeführt hat. Dabei ist keine erschöpfende Untersuchung erforderlich. Untersuchungen, die medizinisch nicht vertretbar sind, ein zu hohes Gesundheitsrisiko für den Patienten bergen oder in keinem sinnvollen Verhältnis zu den therapeutischen Konsequenzen stehen, können nicht verlangt werden (vgl. Senatsurteil 15.10.2019, L 11 KR 4112/18, juris Rn. 42 f.; LSG Mecklenburg-Vorpommern 05.08.2021, L 6 KR 116/16, juris Rn. 56). Verzichtet das Krankenhaus auf eine zumutbare Diagnostik, so schließt dies die Kodierung als Verdachtsdiagnose aus. Hat das Krankenhaus dagegen - wie hier - Untersuchungen durchgeführt, so ist eine Verdachtsdiagnose nur dann gerechtfertigt, wenn auch im Ergebnis dieser Untersuchungen hinsichtlich der Diagnose ein non liquet besteht. Denn die DKR D0008b verlangt nach ihrem klaren Wortlaut, dass die betreffende Diagnose am Ende des stationären Aufenthaltes „weder sicher bestätigt noch sicher ausgeschlossen“ werden kann. Daher liegt eine Verdachtsdiagnose nicht dann vor, wenn zwischen Krankenhaus und Krankenkasse über eine Diagnose Streit besteht, sondern nur dann, wenn sich die streitige Tatsache (Vorliegen der Diagnose) nicht aufklären lässt (Sächsisches LSG 15.12.2021, L 1 KR 260/16, juris Rn. 29). Ein solcher Fall ist vorliegend aber gerade nicht gegeben, da - wie bereits ausgeführt - keine Kandidose oder Infektion/entzündliche Reaktion durch eine perkutanendoskopische Gastrostomie-Sonde (PEG-Sonde) vorlag.
Nach alledem ist die Kodierung von B37.88 und T85.74 durch die Klägerin zu Unrecht erfolgt mit der Folge, dass der stationäre Aufenthalt mit der DRG-Fallpauschale E79D abzurechnen war und die Beklagte daher zu Recht mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.751,00 € aufgerechnet hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.