S 30 KR 1356/22 KH

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 30 KR 1356/22 KH
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

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Sozialgericht Düsseldorf

 

 

Az.: S 30 KR 1356/22 KH

 

 

 

Verkündet am: 12.01.2023

 

 

 

 

 

 

Im Namen des Volkes

 

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

 

...


Klägerin

Proz.-Bev.:
 

gegen

...


Beklagte

 

In Sachen: ...

 

hat die 30. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2023 durch ...

 

für Recht erkannt: 

 

  1. Der Bescheid der Beklagten vom ...  in Gestalt des Widerspruchbescheides

vom ... wird aufgehoben.

 

  1. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

  1. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung einer Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

 

Die Klägerin behandelte die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patientin ... (Fallnr.: ...) vom ... bis ... vollstationär. Die Klägerin rechnete diesen Behandlungsfall gegenüber der Beklagten mittels Datenträgeraustausch (DTA) nach § 301 SGB V ab. Die Rechnung vom … (Rechnungs-Nr. …) ging am … bei der Beklagten ein. Da die Beklagte Zweifel an der ordnungsgemäßen Rechnungslegung hegte, beauftragte sie am ... den zuständigen Medizinischen Dienst (MD) mit der Überprüfung des Behandlungsfalls. Die Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes vom ... ging der Klägerin am ... zu. Im Rahmen der Prüfung gelangte der MD in seinem Gutachten vom ... zu dem Ergebnis, dass die Abrechnung der Klägerin hinsichtlich der Höhe des Abrechnungsbetrags unzutreffend war. Die Einzelheiten der Abrechnung sind zwischen den Beteiligten nicht streitig und - aufgrund der Festsetzung der Aufschlagszahlung in Höhe des Mindestbetrages i.S.v. § 275c Abs. 3 S. 2 a.E. SGB V - für das hiesige Verfahren auch nicht von Relevanz.

 

Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin in ihrer abschließenden Leistungsentscheidung einen Erstattungsanspruch mit, woraufhin die Klägerin das Gutachten akzeptierte und die Rechnung korrigierte. Mit - hier einzig streitgegenständlichem - Bescheid vom ... setzte die Beklagte ohne vorherige Anhörung der Klägerin eine Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. H. des Mindestbetrags von 300 € fest, wogegen sich der Widerspruch der Klägerin richtete.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom ... wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Aufschlagsberechnung aus ihrer Sicht, die überdies durch das Bundesministerium für Gesundheit geteilt werden, auf Fälle vor dem 01.01.2022 anwendbar sei. Es komme für die Berechtigung zur Erhebung des Strafaufschlages nur auf die leistungsrechtliche Entscheidung bzw. das Ende der Prüfung durch den MD an. Zur Stützung ihrer Rechtsansicht verwies die Beklagte auf unterschiedliche Entscheidungen von Sozialgerichten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

 

Die Klägerin hat sodann Klage vor dem erkennenden Gericht erhoben.

 

Sie ist der Auffassung, dass der Bescheid bereits formell rechtswidrig sei. Insoweit sei die Beklagte vor Erlass einer belastenden Entscheidung, die in die Rechte eines Beteiligten eingreife, gehalten, Gelegenheit zur Äußerung hinsichtlich der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu geben. Der Adressat solle vor einer Überraschungsentscheidung geschützt werden und günstige Umstände vorbringen können. Insoweit habe das Bundessozialgericht bereits in seiner Entscheidung vom 25.03.2021 (B 1 KR 16/20 R, Rn. 25, zit. nach juris) darauf hingewiesen, dass die Anhörungspflicht auch gegenüber Krankenhausträgern in einem vermeintlichen Gleichordnungsverhältnis gelte, wenn ein belastender Bescheid ergehe. Die Anhörung sei ferner auch nicht entbehrlich gewesen. Zwar könne gemäß § 24 Abs. 2 SGB X von der Anhörung abgesehen werden. Dieses Absehen stehe jedoch im Ermessen der Beklagten. Eine solche Ermessensentscheidung sei hier bereits nicht ersichtlich und darüber hinaus sei auch kein Tatbestand gegeben, welcher eine Abweichung von dem Grundsatz der vorherigen Anhörung zulasse.

 

Darüber hinaus sei der Bescheid auch in materieller Hinsicht rechtswidrig. Die Regelung über die Aufschlagszahlung auf Behandlungsfälle aus den Jahren 2020 und 2021 sei nicht anwendbar, sondern erst für Krankenhausaufnahmen ab dem 01.01.2022. Der Wortlaut des Gesetzes benenne den maßgeblichen Anknüpfungspunkt - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nicht. Entgegen der Gründe des angegriffenen Bescheides komme es für den zeitlichen Anknüpfungspunkt der Aufschlagsregelung des § 275 Abs. 3 SGB V jedenfalls nicht auf das Datum des Zugangs der leistungsrechtlichen Entscheidung an. Vielmehr sei der zeitliche Anknüpfungspunkt das Datum der Krankenhausaufnahme ab dem 01.01.2022, hilfsweise das Datum des Rechnungszugangs ab dem 01.01.2022 und äußerst hilfsweise das Datum der Prüfeinleitung durch den Medizinischen Dienst ab dem 01.01.2022. Dies zeige sich daran, dass § 275c Abs. 3 SGB V in systematischer Hinsicht einen untrennbaren sachlichen Zusammenhang zwischen der Prüfquote und dem Aufschlag herstelle. § 275c Abs. 3 Satz 1 SGB V stelle auf einen Anteil unbeanstandeter Abrechnungen unterhalb von 60 Prozent ab. Diese Regelung resultiere aus der Einführung der quartalsbezogenen und gestaffelten Prüfquoten. Die quartalsbezogenen Prüfquoten mit unterschiedlichen Prozentsätzen würden jedoch gemäß § 275c Abs. 2 S. 2 SGB V erst ab dem 01.01.2022 gelten. Weiter sei das Datum der Krankenhausaufnahme auch in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der maßgebliche zeitliche Anknüpfungspunkt hinsichtlich der für den Behandlungsfall geltenden Rechtslage. Die Bevollmächtigten verweisen insoweit auf die Entscheidung des BSG vom 23.05.2017 (B 1 KR 24/16, Rn. 32 zit. nach juris), wonach die Neuregelung der Prüfungen gemäß § 275 Abs. 1c S 4 SGB V (nur) für Krankenhausbehandlungen gelte, die ab dem 1.1.2016 oder später beginnen. Der so definierte zeitliche Anwendungsbereich der Regelung ergebe sich aus den allgemeinen für das intertemporale Sozialrecht geltenden Grundsätzen, wie sie das BSG bereits bei Einführung der Regelung der Aufwandspauschale zugrunde gelegt hat (vgl. BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 13 ff mwN). Überdies würde sich aus der Entscheidung des BSG vom 16.07.2020 (B 1 KR 15/19 R, Rn. 14 ff., zit. nach juris) ergeben, dass mit Zugang der Prüfanzeige der Rechtsboden für die Entstehung des Anspruchs auf Zahlung einer Aufwandspauschale gelegt sei. Entsprechendes müsse sich für den in seiner Funktion vergleichbaren Strafaufschlag ergeben. Weiter hätten eine Vielzahl von Sozialgerichten vertreten, dass keinesfalls auf das Datum des Zugangs der leistungsrechtlichen Entscheidung abzustellen sei. Es werde insofern auf das SG Hannover, Beschluss vom 18.03.2022 – S 76 KR 112/22 ER KH –, juris; das LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.06.2022 – L 4 KR 198/22 B ER –, juris –; das SG Mannheim, Beschluss vom 07.04.2022 – S 15 KR 382/22 ER –, juris; das SG Duisburg, Beschluss vom 27.04.2022 – S 27 KR 340/22 KH ER –, juris sowie Beschluss vom 27.04.2022 – S 46 KR 343/22 KH ER –, juris; das SG Dortmund, Beschluss vom 07.06.2022 – S 8 KR 330/22 KH ER –, juris; das SG Berlin, Urteil vom 25.07.2022 – S 28 KR 1213/22 ER –, juris sowie das SG Freiburg, Beschluss vom 17.08.2022 – S 1 KR 845/22 –, juris verwiesen. Es sei nicht begründbar, warum sich der zeitliche Anknüpfungspunkt plötzlich und trotz fehlender gesetzlicher Anordnung, anderslautender bundessozialgerichtlicher Rechtsprechung und entgegenstehendem Willen der Selbstverwaltungspartner hin zum Datum der leistungsrechtlichen Entscheidung verschoben haben sollte. Die anderslautenden Stellungnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit vom 13.10.2021 und vom 24.11.2021 seien rechtsunverbindlich und würden der Auslegung der gesetzlichen Regelung des § 275 Abs. 3 SGB V durch die Sozialgerichtsbarkeit unterliegen. Weiter hätte die 30. und die 50. Kammer des SG Düsseldorf in ihren Hinweisen vom 13.09.2022 – S 30 KR 1326/22 KH – sowie vom 19.09.2022 – S 50 KR 1350/22 KH – deutlich gemacht, dass sie von einer materiellen Rechtswidrigkeit der Bescheide der Beklagten ausgehen würden.

 

Die Klägerin beantragt durch ihren Bevollmächtigten,

 

den Bescheid der Beklagten vom ... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... aufzuheben sowie die Sprungrevision zuzulassen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

                                               die Klage abzuweisen.

 

Die Aufschlagszahlung sei rechtmäßig erhoben worden. In formeller Hinsicht seien der Klägerin zum Zeitpunkt der leistungsrechtlichen Entscheidung alle zur Aufschlagserhebung erheblichen Tatsachen bekannt gewesen und sie habe bereits im Prüfverfahren Gelegenheit zur Äußerung gehabt. Der Zweck des § 24 Absatz 1 SGB X, vor belastenden Überraschungsentscheidungen zu schützen, greife im fehlenden typischen Ober- und Unterordnungsverhältnis nicht. Weiter könne bei Erlass gleichartiger Verwaltungsakte in größerer Zahl gemäß § 24 Absatz 2 Nr. 4 SGB X auf eine Anhörung verzichtet werden. Gerade in Massenverfahren wie mit Einführung der Aufschlagszahlungen gemäß § 275c Absatz 3 SGB V sei die Verfahrenseffizienz gegenüber den Individualinteressen zu priorisieren. Zudem könne die Anhörung gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Weiter sei der Aufschlagsbescheid materiell rechtmäßig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung des Strafaufschlages sei die leistungsrechtliche Entscheidung der Krankenkasse. Dies entspräche dem Wortlaut der Regelung. Denn eine Rechnung werde erst mit einer finalen leistungsrechtlichen Entscheidung der Krankenkasse beanstandet. Das BSG-Urteil aus dem Jahr 2017 - B 1 KR 24/16 R - zum zeitlichen Geltungspunkt der Aufwandspauschale betone die schutzwürdigen Interessen der Versichertengemeinschaft und sei nicht auf den hiesigen Fall der Aufwandspauschale anzuwenden. Es seien keine schutzwürdigen Interessen auf Seiten des Krankenhauses - etwa die Berechtigung zur falschen Rechnungslegung - ersichtlich. Ferner sei das MDK-Reformgesetz bereits am 01.01.2020 in Kraft getreten, das Covid-19-KrankenhausentlastungsG indes erst im Laufe des Jahres 2020. Insoweit habe in einem nicht unwesentlichen Zeitraum im Jahre 2020 die Rechtslage existiert, Aufschläge im Jahr 2020 aufgrund der beanstandeten Abrechnungen erlassen zu dürfen. Entsprechend sei bereits im Jahr 2020 ein Anreiz für eine regelkonforme Rechnungsstellung durch die Krankenhäuser geschaffen worden. Das Argument der Klägerin, eine Sanktionierung könne nur an einen Zeitpunkt anknüpfen, auf den die Klägerin Einfluss habe, sei hinfällig. Es könne nicht sein, dass das Absehen von Aufschlagszahlungen zu Lasten der Krankenkassen und damit einhergehend der Versichertengemeinschaft gehe. Auch die Krankenkassen sowie die Versichertengemeinschaft würden dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vertrauensschutz beanspruchen dürfen. Der Gesetzgeber habe mit dem Entwurf des MDK-Reformgesetzes vorgesehen, dass die finanzielle Wirkung bereits ab dem Jahr 2021 bei den Krankenkassen zu Mehreinnahmen aufgrund der Einführung der zu zahlenden Aufschläge führen solle. Das Bundesgesundheitsministerium habe sich ausdrücklich im Hinblick auf die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung positioniert. Dieser Einschätzung seien das SG Duisburg, Beschluss vom 03.05.2022 – S 39 KR 34/22 KH ER– als auch das SG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 30.03.2022 – S 33 KR 274/22 KH ER – gefolgt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die als Anfechtungsklage gemäß § 54 Absatz 1 Satz 1 1. Var. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.

 

Der Bescheid der Beklagten vom ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte war nicht berechtigt, für die Abrechnung des stationären Aufenthaltes der Versicherten ... (Fallnr.: ...) vom ... bis ... einen Strafaufschlag gemäß § 275c Absatz 3 SGB V zu erheben.

 

1.

Rechtsgrundlage für die Erhebung des sogenannten Strafaufschlags ist § 275c Absatz 3 SGB V:

 

Ab dem Jahr 2022 haben die Krankenhäuser bei einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen unterhalb von 60 Prozent neben der Rückzahlung der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag einen Aufschlag auf diese Differenz an die Krankenkassen zu zahlen.

 

Nach Satz 2 des § 275c Absatz 3 SGB V ist die Höhe des Aufschlags abhängig von einer quartalsbezogenen Prüfquote, welche wiederum - für Einleitungen von Prüfungen ab dem 01.01.2022 (vgl. § 275c Abs. 2 S. 3 SGB V) - von dem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen abhängig ist:

 

„1. 25 Prozent im Falle des Absatzes 2 Satz 4 Nummer 2,

 2. 50 Prozent im Falle des Absatzes 2 Satz 4 Nummer 3 und im Falle des Absatzes 2 Satz 6,

jedoch mindestens 300 Euro und höchstens 10 Prozent des auf Grund der Prüfung durch den Medizinischen Dienst geminderten Abrechnungsbetrages, wobei der Mindestbetrag von 300 Euro nicht unterschritten werden darf.“

 

Insoweit ist zunächst - trotz der letzten Änderung der Regelung des § 275c Abs. 3 i. d. F. vom 20.12.2022 - von einer VA-Befugnis der Beklagten im hiesigen Fall auszugehen. Die Änderung in § 275c Abs. 3 SGB V durch Art. 1 Nr. 7 lit. b und c des Gesetzes zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung v. 20.12.2022 (BGBI. 1 S. 2793) ist ausweislich Art. 9 Abs. 1 erst am 30. Dezember 2022 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt wurde folgender Satz 4 eingefügt:

 

„Die Geltendmachung des Aufschlags erfolgt im Wege elektronischer Datenübertragung; das Nähere vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft.“

 

Gleichsam wurde § 275c Abs. 5 S. 1 SGB V modifiziert:

 

„Widerspruch und Klage gegen die Ermittlung der Prüfquote nach Absatz 4 haben keine aufschiebende Wirkung.“

 

Daraus kann man schließen, dass der Gesetzgeber die Geltendmachung der Aufschlagszahlung durch Bescheid ausschließen wollte und nunmehr eine Geltendmachung im Wege des DTA vorschreibt. Aus der Gesetzbegründung lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass diese Regelung rückwirkend („tatbestandliche Rückanknüpfung“) erfolgen sollte. Vielmehr wollte der Gesetzgeber ein erleichterndes Abrechnungssystem implementieren.

 

2.

Allerdings ist der angegriffene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids bereits formell rechtwidrig.

 

 

a)

Das Gericht ist zunächst der Überzeugung, dass der Bescheid an einem Begründungsmangel i.S.v. § 35 Abs. 1 SGB X leidet. Zweck der Begründungspflicht ist vor allem, zugunsten des Bürgers die erforderlichen Rahmenbedingungen für einen effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gegen den Verwaltungsakt zu schaffen; denn ohne Begründung kann er nicht wissen, ob die Verwaltung fehlerhaft gehandelt hat. Aus der Begründung muss ersichtlich sein, welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung wesentlich waren. Anzugeben sind nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 S. 2 SGB X die wesentlichen Gründe. Dies sind grundsätzlich die entscheidungserheblichen Gründe. Eine jedes Detail aufgreifende Begründung ist nicht erforderlich. Die Begründungsanforderungen sind jedoch von Fall zu Fall verschieden und richten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekanntgegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann (vgl. Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 35 SGB X (Stand: 21.05.2021), Rn. 13).

 

Zur Begründung hat die Beklagte lediglich darauf verwiesen, dass sie den Aufschlag „unter Berücksichtigung der Prüfquote“ des Krankenhauses in Gemäßheit vom § 275c Absatz 3 SGB V in Höhe von 300,00 € festgesetzt hat. Insoweit sind dem Aufschlagsbescheid ansonsten nur die Versichertennummer der Versicherten zu entnehmen. Es fehlen allerdings Ausführungen zur ursprünglichen und zur korrigierten Rechnungshöhe und insbesondere dazu, welche konkrete Nummer des § 275c Abs. 3 S. 2 (Nr. 2 oder Nr. 3) SGB V die Beklagte für die Berechnung des Aufschlagbetrags festgesetzt hat. Zwar ergab sich vor dem Hintergrund des objektiven Empfängerhorizontes unter Berücksichtigung der in Bezug genommen gesetzlichen Regelung der behördliche Wille, den Strafaufschlag in Höhe des Mindestbeitrags festzusetzen. Die Begründung, warum der Mindestbeitrag festgesetzt wurde (also der konkrete Rechenweg in Abhängigkeit vom abgerechneten Betrag und des Anteils der beanstandeten Rechnungen) wurde jedoch nicht offengelegt und ist im hiesigen Verfahren von entscheidender Bedeutung. So ist bei Rentenbescheiden von der Rechtsprechung angenommen worden, dass die Berechnung der Entgeltpunkte als Grundlage der Berechnung der Rentenhöhe zum notwendigen Begründungserfordernis gehört (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 35 SGB X (Stand: 21.05.2021), Rn. 13_2).

 

Die Begründung war auch nicht entbehrlich. Insoweit verweist das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen des SG Duisburg in seinem Urteil vom 19.12.2022 (S 17 KR 1434/22 KH), die sich die hiesige Kammer vollumfänglich zu eigen macht:

 

Auch ist zur Überzeugung der Kammer eine Begründung nach § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil der Klägerin die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder ohne weiteres erkennbar war. Es handelt sich bei § 35 Abs. 2 SGB X um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift (Recht in: Hauck/Noftz, § 35 SGB X, Rn. 17). Die Begründung muss „ohne weiteres erkennbar'' sein mit der Folge, dass derjenige, an den sich der Verwaltungsakt richtet, ohne besondere Vorkenntnisse und ohne besondere Anstrengungen die Gründe erkennen kann (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 35 SGB X (Stand: 21.05.2021). Vorliegend richtet sich der Verwaltungsakt an die Klägerin als Krankenhaus. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Klägerin von der generellen Möglichkeit der Erhebung von Aufschlagszahlungen nach § 275c Abs. 3 SGB V ab dem Jahre 2022 durch die Verbände Kenntnis hatte. Allerdings liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Klägerin, im Gegensatz zu dem von ihr beauftragten Prozessbevollmächtigten, vertiefte Kenntnisse zur Art und Weise der Festsetzung des Aufschlages hatte, insbesondere da gerichtsbekannt ist, dass es sich um die ersten Bescheide nach § 275c Abs. 3 SGB V gehandelt hat. Für eine fehlende vertiefte Kenntnis spricht auch, dass die Klägerin sich bereits im Widerspruchsverfahren anwaltlich vertreten lassen hat. Zwar ist es korrekt, dass der abstrakte Rechenweg zur Berechnung der Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 SGB V dem Gesetz entnommen werden kann; dies ersetzt allerdings nicht die Begründung, warum im vorliegenden Behandlungsfall der Versicherten eine Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 SGB V festgesetzt und weshalb die Aufschlagszahlung in Höhe von 25 Prozent des Differenzbetrages angesetzt worden ist.

 

Darüber hinaus wäre eine konkrete Begründung auch vor dem Hintergrund wünschenswert gewesen, dass es ja im hiesigen Verfahren um die Frage der konkreten (rechtmäßigen) Berechnungsweise geht, die sich dem angegriffenen Bescheid aber in keiner Form entnehmen lässt.

 

b)

Darüber hinaus leidet das Verfahren auch am einem Anhörungsmangel i.S.v. § 24 Abs. 1 SGB X. Unstreitig hat die Beklagte die Klägerin vor Erlass des Aufschlagsbescheids nicht zu ihrer Rechtsauffassung angehört. Eine derartige Anhörung ist bei einer Zahlungsfestsetzung im Wege des Bescheids – trotz des ansonsten bestehenden Gleichordnungsverhältnisses zwischen den Beteiligten – auch nicht entbehrlich (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 2021 – B 1 KR 16/20 R –, BSGE 132, 55-66, SozR 4-2500 § 136b Nr 1, SozR 4-1300 § 24 Nr 9, Rn. 25, zit. nach juris).

 

Es liegt – entgegen des Vorbringens der Beklagten – auch kein Fall des § 24 Absatz 2 Nr. 4 SGB X vor, nach der ausnahmsweise vom Anhörungserfordernis abgewichen werden kann, wenn eine „größere Zahl gleichartiger Verwaltungsakte“ zu erlassen ist. Denn diese als Ausnahmevorschrift eng auszulegende Norm findet nur Anwendung, wenn die Behörde „zu einem bestimmten Zeitpunkt schematische Regelungen gegenüber einer Vielzahl von Adressaten treffen muss; wenn die VAe also nach Art, Form und Inhalt im Wesentlichen gleich sind und die Rechte der Beteiligten ausschließlich nach einer für alle gleichen Rechtsänderungsformel berühren (BSG 26.9.1991 – 4 RK 4/91, BSGE 69, 247 = SGb 1992, 259; BSG v. 25.6.1985 – 9a RVs 11/84, BSGE 58, 72 = SGb 1986, 80)“ (BeckOGK/Mutschler, 01.06.2019, SGB X § 24 Rn. 28). Dies ist bei der Einführung des Strafaufschlags gerade nicht der Fall, da eine Individualisierung auf den konkret geprüften Abrechnungsfall sowie – entsprechend der Regelung des § 275c Absatz 3 Satz 2 SGB V – auf das konkret geprüfte Krankenhaus zu erfolgen hat und sich die Situation erheblich von den typischen Anwendungsfällen der Vorschrift wie den Rentenanpassungen oder der Dynamisierung des Arbeitslosenentgeltes unterscheidet. Insoweit wird auf die Ausführungen zu a) verwiesen. Der Klägerin wurde so die Möglichkeit genommen, durch die Bekanntgabe ihrer – nicht abwegigen – Rechtsauffassung zum maßgeblichen Anknüpfungspunkt der Geltendmachung der Aufschläge noch Einfluss auf den Ablauf des Verfahrens zu nehmen.

 

Darüber hinaus hat die Beklagte zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass der Anhörungsmangel gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz geheilt werden kann.  Das BSG verlangt für die Nachholung indes ein „förmliches Verwaltungsverfahren“, das den Betroffenen in angemessener Weise die Möglichkeit zur Äußerung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen einräumt und in dem die Verwaltungsbehörde zu erkennen gibt, ob sie nach erneuter Prüfung dieser Tatsachen am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält (BSG v. 9. 11. 2010 - B 4 AS 37/09 R SGb 2011, 482). Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG, dass in dem nachgeholten Anhörungsverfahren die Verwaltungsbehörde ein gesondertes Anhörungsschreiben erlässt, in dem die Haupttatsachen mitgeteilt werden, sie dem Beteiligten eine angemessene Frist zur Äußerung setzt, sein Vorbringen würdigt und ihm das Ergebnis dieser Prüfung mitteilt (vgl. Vogelgesang in: Hauck/Noftz SGB X, § 24 Anhörung Beteiligter, Rn. 39). Ein solch förmliches Verfahren hat vorliegend nicht stattgefunden und wurde seitens der Beklagten auch nicht beantragt (vgl. zur Notwendigkeit der Antragstellung einer Aussetzung nach § 114 Abs. 2 S. 2 SGG, Franz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 24 SGB X, Rn. 77, 78). 

 

Eine Heilung im Rahmen der Durchführung des Widerspruchsverfahrens ist zwar auch nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung möglich, aber nur dann, wenn der Ausgangsbescheid bereits ordnungsgemäß begründet war, was im hiesigen Fall – wie unter a) dargestellt – nicht der Fall war.

 

3.

Zur Überzeugung der Kammer war die Beklagte auch in materieller Hinsicht nicht berechtigt, für das Behandlungsjahr ... einen Strafaufschlag zu erheben.

 

Zwar ist der Wortlaut in § 275c Absatz 3 Satz 1 SGB V, der eine Erhebung des Strafaufschlags „ab dem Jahr 2022“ vorsieht, weitgehend unergiebig, da sich aus ihm nicht ergibt, ob diesbezüglich auf die Krankenhausaufnahme, das Datum der Rechnungserstellung, des Rechnungszugangs bei der Krankenkasse, die Beauftragung des MD durch die Krankenkasse, die Einleitung des Prüfverfahrens durch den MD, die Bekanntgabe des MD-Gutachtens oder die abschließende Leistungsentscheidung (und ggf. deren Zugang bei dem Krankenhaus) abzustellen ist (so bereits SG Hannover, Beschluss vom 18.03.2022 – S 76 KR 112/22 ER KH –, juris, Rn. 20; SG Düsseldorf, Beschlüsse vom 16.03.2022 – S 33 KR 182/22 KH ER – und 30.03.2022 – S 33 KR 274/22 KH ER –, beide nicht veröffentlicht; SG Mannheim, Beschluss vom 07.04.2022 – S 15 KR 382/22 ER –, juris, Rn. 25; SG Dresden, Beschluss vom 22.03.2022 – S 18 KR 290/22 ER –, nicht veröffentlicht; SG Duisburg, Beschlüsse vom 27.04.2022 – S 27 KR 340/22 KH ER –, juris, Rn. 31 und – S 46 KR 343/22 KH ER –, juris, Rn. 23 sowie Beschluss vom 03.05.2022 – S 39 KR 342/22 KH ER –, nicht veröffentlicht; SG Fulda, Beschluss vom 19.05.2022 – S 4 KR 120/22 ER –, juris, Rn. 18; SG Dortmund, Beschluss vom 07.06.2022 – S 8 KR 330/22 KH ER –, juris, Rn. 19; SG Berlin, Urteil vom 25.07.2022 – S 28 KR 1213/22 ER –, juris, Rn. 34).

 

a)

Bereits die Gesetzesbegründung des MDK-Reformgesetzes liefert im Rahmen einer teleologischen Auslegung indes ein gewichtiges Argument für die Rechtsauffassung der Klägerin und zumindest gegen den Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung durch den MD (so bereits SG Berlin, Urteil vom 25.07.2022 – S 28 KR 1213/22 ER –, juris, Rn. 39; ausdrücklich offen gelassen LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.06.2022 – L 4 KR 198/22 B ER –, juris, Rn. 37; angedeutet und im Ergebnis gleichfalls offen gelassen SG Duisburg, Beschluss vom 03.05.2022 – S 39 KR 342/22 KH ER –, nicht veröffentlicht).

 

Ziel des Gesetzes war es insbesondere „Anreize für eine regelkonforme Abrechnung des einzelnen Krankenhauses“ zu stärken (BT-Drs. 359/19, S. 43). Die Abrechnungsqualität sollte in Zukunft den Umfang der zulässigen Prüfungen bestimmen. „Durch den Quartalsbezug“ sollten sich „Veränderungen in der Abrechnungsqualität zeitnah auf den zulässigen Prüfumfang“ auswirken (BT-Drs. 359/19, S. 43). Mit dem Strafaufschlag sollte „neben der gestaffelten Prüfquote ein weiterer Anreiz für Krankenhäuser geschaffen werden, einer regelkonformen Rechnungsstellung eine hohe Aufmerksamkeit zu widmen“ (BT-Drs. 359/19, S. 69).

 

Sinn und Zweck des § 275c Abs. 3 SGB V ist nach der Gesetzesbegründung offensichtlich die Schaffung eines Anreizes für eine ordnungsgemäße Rechnungsstellung. Denn durch die Regelung soll das Krankenhaus „ab dem Jahr 2022“ dazu angehalten werden, eine regelkonforme Kodierung und Abrechnung vorzunehmen, die nicht zu einer Beanstandung durch die Krankenkassen führt. Da ein Verhalten des Krankenhauses belohnt bzw. sanktioniert werden soll, ist ein zeitlicher Anknüpfungspunkt, auf den das Krankenhaus keinen Einfluss mehr hat, weder zielführend noch angemessen. Ein mangelnder Einfluss auf die Berechnung der Aufschlagszahlung läge aber vor, wenn es dafür maßgeblich auf den Abschluss der Prüfung durch den MD ankommen würde.

 

b)

Darüber hinaus spricht auch eine historische und systematische Auslegung gegen das Abstellen auf den Zeitpunkt des Zugangs der leistungsrechtlichen Entscheidung.

 

So sah die ursprüngliche Fassung des § 275c Abs. 2 S. 1 SGB V vom 14.12.2019 noch eine feststehende Prüfquote i.H.v. 12,5 % für das Jahr 2020 vor. Für das Jahr 2021 gab es in der ursprünglichen Fassung in § 275c Abs. 2 S. 2 SGB V bereits eine dynamisierte Regelung, welche eine quartalsbezogene Prüfquote je Krankenhaus in Abhängigkeit von dem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 normierte. Diese Regelung ging „Hand in Hand“ mit der – insoweit systematisch verknüpften – Regelung des § 275c Abs. 3 S. 2 SGB V a.F., wonach ab dem Jahr 2021 die Krankenhäuser bei einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen unterhalb von 60 Prozent neben der Rückzahlung der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag einen Aufschlag auf diese Differenz an die Krankenkassen zu zahlen haben. Für die Berechnung des Aufschlags wurde wiederum § 275c Abs. 2 S. 4 SGB V in Bezug genommen, welcher dynamische Regelungen zu der quartalsbezogenen Prüfquote in Abhängigkeit von dem Prozentsatz unbeanstandeter Abrechnungen enthielt. Es zeigte sich mithin bereits in der ursprünglichen Fassung eine systematische Verbindung zwischen der flexiblen Prüfquote und der Festsetzung der Aufschlagszahlung.

 

Das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz (v. 27.3.2020, BGBl. I S. 580) verschob das durch das MDK-Reformgesetz vorgesehene Gesamtregelungskonzept in seiner Gesamtheit – durch die Änderung des § 275c Abs. 3 SGB V – sodann von 2020 auf 2022 (so bereits SG Berlin, Urteil vom 25.07.2022 – S 28 KR 1213/22 ER –, juris, Rn. 43 f.). Darüber hinaus erfolgte eine Änderung des § 275c SGB V in der Fassung vom 19.05.2020 durch die Einführung einer festen Prüfquote für das Jahr 2021 i. H. v. 12,5 Prozent (welche ursprünglich für das Jahr 2020 galt). Gleichsam wurde der ursprüngliche § 275c Abs. 3 S. 1 SGB V, welcher noch eine feste Aufschlagzahlung i. H. v. 10 % und mindestens 300,00 € in der Summe vorsah, ersatzlos gestrichen. Hierdurch wurde klargestellt, dass die Erhebung einer Aufschlagszahlung i.S.v. § 275c Abs. 3 maßgeblich an die Geltung einer dynamisierten Prüfquote gekoppelt sein sollte. Dies spricht nach Auffassung der Kammer eindeutig gegen den Willen des Gesetzgebers für Prüfungen aus dem Jahr 2021 – in denen nunmehr keine dynamische Quote mehr besteht – Aufschläge zu erheben.

 

Unterstellt man aber – wie die hiesige Kammer – eine systematisch konnexe Verbindung zwischen § 275c Abs. 2 und Abs. 3 SGB V im Hinblick auf die dynamisierte Prüfquote, so kommt als Anknüpfungspunkt für die Erhebung des Aufschlags nur noch der Zeitpunkt der Einleitung der Prüfung durch die Krankenkasse in Betracht. Dieser Zeitpunkt ist für die quartalsbezogene Prüfquote des § 275c Abs. 2 SGB V durch die Einführung des § 275c Abs. 2 S. 3 SGB V in der Fassung ab dem 23.09.2020 nämlich konkret durch den Gesetzgeber bestimmt worden. Während es zuvor gemäß § 275c Abs. 2 S. 2 SGB V auf den Eingang der Schlussrechnung ankam (Fassung gültig ab dem 23.05.2020 bis zum 22.09.2020), ist nunmehr (in der ab dem 23.09.2020 gültigen Fassung) das Datum der Einleitung der Prüfung maßgeblich. Wenn dieses Datum aber im Rahmen des § 275c Abs. 2 SGB V maßgeblich ist, muss dieses – aufgrund der dargestellten systematischen Verbindung des § 275c Abs. 2 und 3 – auch für die Aufschlagszahlung des § 275c Abs. 3 SGB maßgeblich sein, der in § 275c Abs. 3 S. 2 SGB V ja auch explizit auf § 275c Abs. 2 SGB V verweist.

 

Hieraus folgt, dass ein Aufschlag in rechtmäßiger Weise nur für solche Behandlungsfälle erhoben werden kann, die die Einleitung einer Prüfung durch die Krankenkasse ab dem Kalenderjahr 2022 zum Gegenstand haben. Zeitlicher Anknüpfungspunkt für eine beispielsweise im ersten Quartal 2022 eingeleitete Prüfung ist dann gemäß § 275c Abs. 2 S. 4 SGB V die aus Zahlen des 3. Quartals 2021 (vorvergangenes Quartal) ermittelte Prüfquote. Da der Gesetzgeber durch die Regelung des § 275c Abs. 3 S. 2 SGB V die Höhe der Aufschlagszahlung mit der jeweiligen Prüfquote verknüpft hat, ist es folgerichtig, dass die aus den Zahlen des 3. Quartals 2021 für das 1. (Anwendungs-) Quartal 2022 ermittelte zusätzliche Aufschlagszahlung nur in denjenigen Behandlungsfällen erhoben werden kann, die auch Gegenstand der Prüfung in diesem 1. (Anwendungs-) Quartal 2022 waren.

 

Indem man auf den Zeitpunkt der Einleitung der Prüfung (bzw. bis zum 22.09.2020 auf den Eingang der Schlussrechnung) durch die Krankenkasse abstellt, ist dem Problem der „willkürlichen Steuerung“ der Entstehung des Aufschlagsbetrags auch Einhalt geboten. Durch § 275c Abs. 1 S. 1 SGB V wird nach Eingang des Rechnungsdatensatzes bei der Krankenkasse eine Ausschlussfrist von vier Monaten in Gang gesetzt, innerhalb derer die Krankenkasse die Prüfung einzuleiten und der MD dem Krankenhaus die Prüfung anzuzeigen hat. Im Falle der nicht fristgemäßen Anzeige braucht das Krankenhaus keine Unterlagen an den MD zu übermitteln. Die Beauftragung des MD sowie die Anzeige beim Krankenhaus müssen kumulativ innerhalb der Vier-Monats-Frist erfolgen. Nach enger Auslegung des Gesetzestextes hat die Anzeige durch den MDK zu erfolgen (vgl. dazu Scholz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 275c SGB V, Rn. 14).


Da die Einleitung der Prüfung nicht im Jahr 2022 lag, kommt die Erhebung eines Aufschlags vorliegend nicht in Betracht. 

 

 

 

c)

Soweit das BMG in seiner Stellungnahme vom 13.10.2021 von einer „schnellstmöglichen“ Erhebung des Strafaufschlags und die Beklagte gleichfalls unter Hinweis auf den Sinn und Zweck der Regelung betont haben, dass das MDK-Reformgesetz bereits ab dem Jahr 2021 bei den Krankenkassen zu Mehreinnahmen führen solle, konnte sich die Kammer dieser finalausgerichteten Argumentation nicht überzeugen. Das SG Hannover hat diesbezüglich in seinem bereits in Bezug genommen Beschluss vom 18.03.2022 – S 76 KR 112/22 ER KH –, juris, Rn. 24 (vgl. dazu LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 13.06.2022 – L 4 KR 198/22 B ER –, juris, Rn. 32 und 37) und ihm folgend das SG Mannheim in seinem Beschluss vom 07.04.2022 – S 15 KR 382/22 ER –, juris, Rn. 29 und SG Duisburg, Beschluss vom 27.04.2022 – S 27 KR 340/22 KH-ER –, juris, Rn. 35 überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt:

 

Für „diese Argumentation [gibt es] weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung Belege […]. Auch die Verschiebung der Erhebung der Aufschläge vom Jahr 2020 auf das Jahr 2022 aufgrund der Corona-Pandemie ist kein schlüssiges Argument für eine frühestmögliche Erhebung von Aufschlägen. Auch bei einem Inkrafttreten der Regelung im Jahr 2020 wäre eine Debatte um den richtigen zeitlichen Anknüpfungspunkt entstanden. Durch eine Verschiebung des Inkrafttretens kann jedoch nicht die Intention des Gesetzgebers umgangen werden, für welches Verhalten der Krankenhäuser die Regelung vorgesehen ist. Auf die leistungsrechtliche Entscheidung der Krankenkassen kann es daher nicht ankommen. Da ein Verhalten des Krankenhauses belohnt bzw. sanktioniert werden soll, ist ein zeitlicher Anknüpfungspunkt, auf den das Krankenhaus keinen Einfluss mehr hat, weder zielführend noch angemessen. Denn dann läge es - wie im vorliegenden Fall - in der Sphäre der Krankenkassen und des MD, ob es bei einer im Jahr 2021 gestellten Rechnung noch zu einer leistungsrechtlichen Entscheidung im Jahr 2021 oder zu einer Entscheidung im Jahr 2022 mit entsprechender Festsetzung eines Aufschlages kommt.“

 

Dem schließt sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung an. Darüber hinaus wäre nach der ursprünglichen gesetzlichen Fassung ja auch die Erhebung eines (fixen) Aufschlagsbetrags i. H. v. 10 % bzw. mindestens 300,00 € gemäß § 275c Abs. 3 S. 1 SGB V i. d. F. vom 19.12.2019 in Betracht gekommen. Diese Regelung wurde jedoch - wie bereits erwähnt - seitens des Gesetzgebers ersatzlos gestrichen und die dynamisierte Regelung im Zuge des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz auf das Jahr 2022 verschoben. Hier könnte sich der gesetzgeberische Wille zur „schnellstmöglichen Erhebung“ des Strafaufschlags aufgrund der Belastungen durch die COVID-19 Pandemie geändert haben.

 

Der begründeten Klage war mithin stattzugeben.

 

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.

 

5.

Die Sprungrevision war gemäß § 160 Absatz 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Streitsache wirft die bislang nicht geklärte Rechtsfrage auf, auf welchen Zeitpunkt der Begriff „ab dem Jahr 2022“ in § 275c Absatz 3 Satz 1 SGB V für die Erhebung des Strafaufschlages abstellt. Hierfür kommen mehrere Anknüpfungspunkte in Betracht: die Krankenhausaufnahme, das Datum der Rechnungserstellung, des Rechnungszugangs bei der Krankenkasse, die Beauftragung des MD durch die Krankenkasse, die Einleitung des Prüfverfahrens durch den MD und der Zugang der Prüfanzeige bei dem Krankenhaus, die Bekanntgabe des MD-Gutachtens oder die abschließende Leistungsentscheidung (und ggf. deren Zugang bei dem Krankenhaus). Der Wortlaut in § 275c Absatz 3 Satz 1 SGB V ist diesbezüglich unergiebig (so bereits SG Düsseldorf, Beschlüsse vom 16.03.2022 – S 33 KR 182/22 KH ER – und 30.03.2022 – S 33 KR 274/22 KH ER –, beide nicht veröffentlicht; SG Hannover, Beschluss vom 18.03.2022 – S 76 KR 112/22 ER KH –, juris, Rn. 20; SG Dresden, Beschluss vom 22.03.2022 – S 18 KR 290/22 ER –, nicht veröffentlicht; SG Mannheim, Beschluss vom 07.04.2022 – S 15 KR 382/22 ER –, juris, Rn. 25; SG Duisburg, Beschlüsse vom 27.04.2022 – S 27 KR 340/22 KH-ER –, juris, Rn. 31 und – S 46 KR 343/22 KR ER, juris, Rn. 23 sowie Beschluss vom 03.05.2022 – S 39 KR 342/22 KH ER –; SG Fulda, Beschluss vom 19.05.2022 – S 4 KR 120/22 ER –, juris, Rn. 18 f.; SG Dortmund, Beschluss vom 07.06.2022 – S 8 KR 330/22 KH ER –, juris, Rn. 19; SG Berlin, Urteil vom 25.07.2022 – S 28 KR 1213/22 ER –, juris, Rn. 34). Von den Krankenkassen und Krankenhäusern sowie in der Rechtsprechung werden diesbezüglich unterschiedliche maßgebliche Zeitpunkte vertreten (siehe etwa die Übersicht bei Makoski, Aufschlagzahlung nach § 275c Absatz 3 SGB V, NZS 2022, 767 (769) m. w. N.; Zeitpunkt ausdrücklich offengelassen: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.06.2022 – L 4 KR 198/22 B ER –, juris, Rn. 37 und SG Speyer, Beschluss vom 08.06.2022 – S 7 KR 192/22 ER – nicht veröffentlicht), weshalb Klärungsbedürftigkeit besteht. Es besteht zudem Klärungsfähigkeit, da im konkreten Fall die Krankenhausaufnahme, Rechnungsstellung, Rechnungszugang, Einleitung des Prüfverfahrens und Prüfanzeige im Jahr ... erfolgten, wogegen (die Bekanntgabe) des MD-Gutachtens und die abschließende Leistungsentscheidung in ... erfolgten. Die Klärung ist auch vor dem Hintergrund der Vielzahl zu dieser Rechtsfrage vor diesem und anderen Gerichten anhängigen Verfahren im allgemeinen Interesse.

 

Die gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 SGG notwendige schriftliche Zustimmung der Umgehung der Berufungsinstanz wurde von den Beteiligten bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung protokolliert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Dieses Urteil kann mit der Berufung oder mit der Revision angefochten werden.

 

I. Berufung

 

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen

 

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

 

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

 

Sozialgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf

 

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

 

Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

 

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

 

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

 

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

 

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.

 

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.

 

 

II. Revision

 

Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

 

Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 Kassel
oder
Bundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

 

einzulegen.

 

Die Revisionsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

 

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

 

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

 

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

 

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

 

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

 

  • jeder Rechtsanwalt,
  • Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
  • selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
  • berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
  • Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
  • Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
  • juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

 

Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

 

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

 

Ein Beteiligter, der zur Vertretung als Prozessbevollmächtigter vor dem Bundessozialgericht berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; auch hierbei müssen die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

 

Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die schriftliche Zustimmung des Gegners ist der Revisionsschrift beizufügen.

 

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

 

Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Auf Mängel des Verfahrens kann die Revision nicht gestützt werden.

 

Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung.

 

Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

 

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

 

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten und ggfs. durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

 

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - ggfs. nebst entsprechenden Belegen - müssen bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Revision (ein Monat nach Zustellung des Urteils im Inland, drei Monate nach Zustellung des Urteils im Ausland) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

 

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

 

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

 

Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

 

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

 

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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