L 4 KR 3239/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 KR 53/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3239/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Der Rezepturzuschlag nach § 5 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 AMPreisV kann für eine vertragsärztliche Verordnung nur einmal in Ansatz gebracht werden und nicht für jede daraus resultierende Aplikationseinheit (hier: mehrere Fläschchen mit Augentropfen).
2. Zur Retaxierung und Aufrechnung durch die Krankenkasse.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. September 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 844,62 € festgesetzt.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Rezepturzuschlags für von der Klägerin hergestellte und an Versicherte der Beklagten abgegebene Augentropfen.

Die Klägerin ist Apothekerin und betreibt eine Apotheke. Sie ist Mitglied des Landesapothekerverbandes B1 sowie im Besitz einer Versandhandelserlaubnis. Sie stellt u.a. Augenarzneimittel nach ärztlichen Verordnungen her.

In 15 Fällen lösten Versicherte der Beklagten zwischen Januar und Oktober 2015 ausgestellte vertragsärztliche Verordnungen für jeweils mehrere Einheiten (Fläschchen) wässriger Ciclosporin-Augentropfen in der Apotheke der Klägerin ein. Verordnet wurden jeweils pro Verordnung sechs bis maximal 12 Fläschchen à 5 ml (hier beispielsweise Verordnung vom 12. Januar 2015, Bl. 12 der Verwaltungsakte: „wässrige Ciclosporin-AT 0,5 % mit Natriumhyaluronat 0,1 % konserviert mit Polihexanid 6x 0,5 ml“). Wegen der Verordnungen vom 12.Januar 2015, 19. Januar 2015, 23. Februar 2015, 18. Februar 2015, 10. März 2015, 10. März 2015, 18. März 2015, 11. Mai 2015, 18. Mai 2015, 22. Mai 2015, 15. Juli 2015, 18. Juni 2015, 29. Juni 2015, 25. September 2015 und 26. Oktober 2015 im Einzelnen wird auf Bl. 6, 7, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 24, 26, 28, 30, 35, 37, 39, 48, 50 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Klägerin rechnete gegenüber der Beklagten jeweils u.a. einen Rezepturzuschlag nach § 5 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) in Höhe von 7,00 € für jede hergestellte Einheit (Fläschchen) ab.

Die Beklagte zahlte zunächst die von der Klägerin in Rechnung gestellten Beträge. Mit Schreiben vom 11. September 2015 (Absetzungsbetrag 401,56 €), 8. Januar 2016 (Absetzungsbetrag 195,11 €), 4. März 2016 (Absetzungsbetrag 159,57 €) und 10. Juni 2016 (Absetzungsbetrag 88,38 €) beanstandete die Beklagte die Abrechnungen der Klägerin für die vier Quartale 2015 und machte insgesamt eine Rückforderung in Höhe von 844,62 € geltend. Die beanstandeten Verordnungen waren den Schreiben mit der durch die Beklagten durchgeführten Berechnung des Absetzungsbetrags beigefügt; hierauf wird Bezug genommen. Die Beklagte beanstandete die durch die Klägerin abgerechneten Rezepturzuschläge und berücksichtigte pro Verordnung lediglich einen Rezepturzuschlag in Höhe von 7,00 €.

Die hiergegen erhobenen Einsprüche, die die Klägerin damit begründete, dass der Arbeitspreis für eine aseptische Zubereitung in Höhe von 7,00 € pro zubereiteter Flasche und nicht pro Verordnung zu erheben sei, wies die Beklagte zurück. Der Rezepturzuschlag sei nur einmalig zu erstatten, wenn der Arzt lediglich ein Verordnungsblatt verwende, selbst dann, wenn der Apotheker mehrere Zubereitungen herstelle. Ein Arzneimittel hänge untrennbar mit der Verordnung zusammen, da nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ein Arzneimittel, das auf Grund einer Verordnung hergestellt werde, der Verschreibung entsprechen müsse. Erkenne der Apotheker, dass eine Herstellung in einem Arbeitsgang aus pharmazeutischen Gründen – insbesondere aus Haltbarkeitsgründen – nicht möglich sei, müsse er gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 ApBetrO Rücksprache mit dem Arzt halten. Weiterhin sei bei der Berechnung der Rezepturen der Einkaufspreis der von der Klägerin verwendeten Hyaluronsäure zu Grunde gelegt worden. In der Folge nahm die Beklagte die Retaxierung vor, indem sie die Erstattungsforderungen am 13. Mai 2016 in Höhe von 401,45 €, am 14. September 2016 in Höhe von 195,11 €, am 14. November 2016 in Höhe von 159,57 € und am 14. Februar 2017 in Höhe von 88,38 € gegen unstreitige Vergütungsforderungen der Klägerin gegen die Beklagte aus Arzneimittelabgaben aufrechnete.

Am 30. Dezember 2019 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) und führte zur Begründung aus, nach dem klaren Wortlaut des § 5 AMPreisV falle bei unter aseptischen Bedingungen hergestellten Augentropfen der Rezepturzuschlag in Höhe von 7,00 € einmal je hergestellter Zubereitung (hier: je Fläschchen) an, da sich der Wortlaut auf die einzelne Zubereitung beziehe. Für eine Auslegung der Regelung des § 5 AMPreisV dahingehend, dass der Rezepturzuschlag nur einmal je Rezept anfalle, sei aufgrund des klaren Wortlautes kein Raum, setze der Begriff Rezepturzuschlag doch eindeutig an der Rezeptur, also der Zubereitung als solcher, und nicht an dem Rezept an. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass der Rezepturzuschlag nur einmal je Rezept anfalle, so hätte er dies im Wortlaut des § 5 AMPreisV entsprechend formuliert. Dies zeige ferner ein Vergleich mit § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV, der die Apothekenzuschläge für Fertigarzneimittel regele. Hier werde ausdrücklich festgelegt, dass bei der Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen durch die Apotheken an Ärzte ein Zuschlag von 1,00 € je Einzeldosis zu erheben sei. Mit dem Rezepturzuschlag werde der Herstellungsaufwand der Apotheke bei der Herstellung einer Zubereitung vergütet. Falle der Herstellungsaufwand mehrfach an, müsse er auch mehrfach vergütet werden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.
 
Mit Urteil vom 6. September 2021 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 844,62 € für die Vergütung von Arzneimitteln zuzüglich Verzugszinsen. Die Beklagte habe zu Recht mit dem von ihr geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch i.H.v. 844,62 € aufgerechnet, da sie den von der Klägerin berechneten Rezepturzuschlag in Höhe von 7,00 € pro Fläschchen ohne hinreichenden Rechtsgrund gezahlt habe. Die Beklagte habe unter entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV zu Recht einen Rezepturzuschlag von 7,00 € pro Verordnung angenommen. Für die Auslegung der Klägerin, dass für jede Anfertigung einer Fertigspritze ein Rezepturzuschlag in Höhe von 7,00 € zu berechnen sei, ergebe sich kein Anhaltspunkt. Unter einer Rezeptur sei die Herstellung eines Arzneimittels durch den Apotheker nach Rezept bzw. die vom Arzt auf dem Rezept angegebene Verordnungsweise für die Zubereitung eines Arzneimittels in der Apotheke zu verstehen. Dass es hinsichtlich des Rezepturzuschlages auf die Herstellung eines Arzneimittels ankomme, ergebe sich aus § 5 Abs. 3 Nr. 1 AMPreisV. Der Bezug zwischen einem Arzneimittel und einer Verordnung werde aus § 7 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO deutlich, wo es heiße, dass ein Arzneimittel, das auf Grund einer Verordnung hergestellt werde, der Verschreibung entsprechen müsse. Diese apothekenrechtlichen Grundregelungen wiesen einen untrennbaren Zusammenhang zwischen der einzelnen Verschreibung und der einzelnen Rezeptur aus. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber der AMPreisV dieses arzneimittelrechtliche Grundverständnis der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 AMPreisV zugrunde gelegt habe. Daran ändere auch die Formulierung in § 5 Abs. 1 AMPreisV nichts, wonach sich der Rezepturzuschlag auf die „Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird" beziehe. Hierauf komme es nicht an, entscheidend sei vielmehr, ob eine oder mehrere Zubereitungen vorgelegen hätten. Wie diese dann abgegeben würden, sei nicht entscheidend. Dies zeige auch § 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 4 AMPreisV, der davon ausgehe, dass trotz gesondert angefertigter und dann auch so abgegebener Ampullen nicht für jede einzelne der Rezepturzuschlag anfalle. Zwar fehle in § 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV eine entsprechende Regelung zu einzeln abgegebenen Einheiten, durch die stattdessen festgelegte Grundmengenstaffelung der Zubereitung werde aber deutlich, dass es nicht entscheidend darauf ankommen könne, ob und wie diese Grundmenge auf etwaige (Einzeldosis-)Behältnisse aufzuteilen sei oder nicht. Die Ansicht der Klägerin hätte dagegen zur Folge, dass die vorgesehene Erhöhung des Rezepturzuschlages für jede über die Grundmenge hinausgehende Menge insoweit keinen Anwendungsbereich hätte. Die Art der Abfüllung, z.B. als Einzelverpackung, würde die Grundmenge immer auf 1 setzen. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass der Rezepturzuschlag nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV pro hergestellte Einheit anfalle, so wäre es an ihm gewesen, eine entsprechende Regelung zu treffen, wie beispielsweise für den Rezepturzuschlag für parenterale Zubereitungen in der Anlage 3 zum „Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen" (sogenannte „Hilfstaxe") geschehen. Anderes ergebe sich schließlich auch nicht aus dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken vom 9. Dezember 2020. Hierbei verkenne die Kammer nicht, dass - wie die Empfehlung der Ausschüsse in ihrer Begründung überzeugend dargelegt hätten und was durch die Angaben der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung untermauert worden sei -, die Herstellung aseptischer Zubereitungen einen ähnlichen Aufwand erfordere wie die Herstellung parenteraler Zubereitungen, für die in der Anlage 3 zur Hilfstaxe deutlich höhere Zuschläge vereinbart seien, so dass eine entsprechende Änderung der Arzneimittelpreisverordnung zu wünschen wäre, über die geltenden Bestimmungen vermöge sich das SG indes nicht hinwegzusetzen.

Gegen das ihr am 16. September 2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Oktober 2021, einem Montag, Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Berufungsbegründung hat sie vorgetragen, das angefochtene Urteil widerspreche der ständigen Rechtsprechung, dass Abrechnungsregeln stets eng nach ihrem Wortlaut auszulegen seien. Da § 5 Abs. 1 AMPreisV für den Rezepturzuschlag an eine Zubereitung anknüpfe, sei maßgebend, was unter einer Zubereitung bzw. Rezeptur zu verstehen sei. Entgegen der Auffassung des SG seien unter einer Zubereitung i.S.v. § 5 Abs. 1 AMPreisV nicht alle auf einem Rezept verordneten Augentropfen-Lösungen als ein Arzneimittel bzw. eine Rezeptur anzusehen, sondern das einzelne Behältnis bzw. die einzelne Einheit mit dem hergestellten Rezepturarzneimittel. Ein Fläschchen mit einer Augentropfen-Lösung stelle jeweils eine Rezeptur dar. Schon nach dem natürlichen Sprachgebrauch verstehe man unter einer Zubereitung das in einem Behältnis enthaltene Rezepturarzneimittel. Auf mehrere Fläschchen verteilte Augentropfen-Lösungen würden im natürlichen Sprachgebrauch als mehrere Zubereitungen und nicht als eine Zubereitung angesehen. Dies werde durch die naturwissenschaftliche Definition der Zubereitung untermauert, wonach eine Zubereitung das Ergebnis eines Zubereitungsvorganges bzw. eines Herstellungsvorganges darstelle. Der Begriff des Herstellens sei in § 4 Abs. 14 Arzneimittelgesetz (AMG) definiert. Die in § 4 Abs. 14 AMG genannten Tätigkeiten, die zum Herstellungsvorgang gehörten, fielen bei der Herstellung jedes Augentropfen-Fläschchens an. Sie habe die hergestellten Augentropfen-Lösungen jeweils unter aseptischen Bedingungen in die verordnete Anzahl von Primärpackmitteln (Fläschchen) abgefüllt. Das Abfüllen werde in § 4 Abs. 14 AMG ausdrücklich als Herstellung angesehen. Die einzeln abgefüllten Fläschchen seien jeweils mit einem Etikett versehen worden. Sodann sei jedes einzelne Fläschchen von ihr, der Klägerin, gemäß § 7 Abs. 1c ApBetrO organoleptisch geprüft und freigegeben worden. Da jedes Augentropfen-Fläschchen das Ergebnis eines Herstellungsvorganges sei, sei jedes Augentropfen-Fläschchen eine Zubereitung. Dass es für die Anzahl der Rezepturen auf die Anzahl der jeweils verordneten Menge bzw. Einheiten auf einem Rezept ankomme, werde durch die Gesetzesmaterialen zum Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken bestätigt. Würde der Rezepturzuschlag nach dem Willen des Verordnungsgebers nur einmal je Rezept anfallen, müsste die Formulierung in § 5 Abs. 1 AMPreisV ausdrücklich an ein Rezept anknüpfen. Das zeige ein Vergleich mit der Vorschrift in § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV, wo ausnahmsweise – unter der dort genannten Voraussetzung – der Zuschlag bei der Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen nur je Verordnungszeile abgerechnet werden könne. Anders als das SG meine, habe die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 2 AMPreisV auch dann einen Anwendungsbereich, wenn der Rezepturzuschlag je Zubereitung und nicht je Rezept anfalle. Überstiegen die verordneten Augentropfen-Fläschchen insgesamt die Grundmenge von 300 g nicht, betrage der Rezepturzuschlag gemäß der Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV i.V.m. § 5 Abs. 1 AMPreisV 7,00 € pro Fläschchen. Werde die Grundmenge von 300 g aber überschritten, erhöhe sich der Rezepturzuschlag für diejenigen Fläschchen, die über die Grundmenge hinausgingen, um jeweils 50 Prozent. Auch aus der Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 4 AMPreisV könne nicht gefolgert werden, dass der Rezepturzuschlag nur einmal je Rezept anfalle. Eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 4 AMPreisV auf die unter aseptischen Bedingungen hergestellten Augentropfen-Zubereitungen komme hier nicht in Betracht, da der Fall der aseptischen Zubereitungen in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV geregelt sei. Die Bezugnahme des SG auf § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMPreisV sowie auf § 7 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO sei nicht im Ansatz nachvollziehbar. Es sei schon nicht verständlich, warum sich das SG zur Verdeutlichung des Zusammenhangs zwischen einem Rezepturzuschlag und einem Arzneimittel auf § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMPreisV beziehe. Der Zusammenhang zwischen dem Rezepturzuschlag und einer Rezeptur bzw. Arzneimittel folge schon aus § 5 Abs. 1 AMPreisV. In § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMPreisV sei hingegen lediglich die Höhe des Rezepturzuschlages für Tees, Lösungen und generell für Arzneimitteln normiert. Zudem sei hier die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMPreisV gar nicht einschlägig, da die von der Klägerin hergestellten aseptischen Zubereitungen unter § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV fielen. Aus § 7 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO ergebe sich kein Bezug bzw. „untrennbarer Zusammenhang“ zwischen einem Arzneimittel und einem Rezept. Die ApBetrO enthalte auch keine Regelungen zur Abrechnung von Rezepturarzneimitteln. Die Abrechnung von in Apotheken hergestellten Arzneimitteln richte sich allein nach den Vorschriften der AMPreisV. Es sei daher ein grober Auslegungsfehler, dass sich das SG für die Auslegung der Abrechnungsregel in § 5 Abs. 1 - Abs. 3 AMPreisV auf Regelungen in der ApBetrO stütze. Die Gesetzeshistorie zum Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken belege ihre Auffassung. Zwar treffe es zu, dass der Vorschlag des Bundesrates § 5 Abs. 3 AMPreisV einen weiteren Satz hinzuzufügen, der den Rezepturzuschlag explizit an eine applikationsfertige Einheit angeknüpft hätte, nicht in das Gesetz übernommen worden sei. Bei dieser Ergänzung hätte es sich aber laut der Stellungnahme des Bundesrates vom 20. September 2019 lediglich um eine Klarstellung gehandelt. Auch eine Auslegung nach Sinn und Zweck, die hier wegen des eindeutigen Wortlauts in § 5 AMPreisV nicht vorgenommen werden könne, ergäbe, dass der Rezepturzuschlag einmal pro Zubereitung anfalle. Mit dem Rezepturzuschlag werde der Herstellungsaufwand der Apotheke bei der Herstellung einer Zubereitung vergütet. Falle der Herstellungsaufwand wie hier für jedes einzelne Fläschchen mehrfach an, müsse er auch mehrfach vergütet werden. Sinn und Zweck der Vergütungsregelung in § 5 Abs. 1 Abs. 3 AMPreisV sei es; den Apothekern für die Herstellung von Zubereitungen eine Vergütung zu gewähren, mit der ein wirtschaftlicher Apothekenbetrieb möglich sei. Die Herstellung von aseptischen Zubereitungen sei viel aufwändiger als die Herstellung von nicht aseptischen Zubereitungen; sie erfordere einen vergleichbaren Aufwand wie die Herstellung parenteraler Zubereitungen (Bezugnahme auf BT-Drs. 19/21732, S. 35), für die derzeit gemäß Anlage 3 Teil 2 Nr. 8 der Hilfstaxe mit 71,00 € bzw. 81,00 € ein deutlich höherer Zuschlag vorgesehen sei. Bereits mit einem Rezepturzuschlag von 7,00 € pro Zubereitung sei die Herstellung von aseptischen Augentropfen für Apotheken nicht wirtschaftlich. Eine Auslegung, wonach der Rezepturzuschlag nur einmal je Rezept abrechenbar wäre, würde eklatant die Zwecksetzung einer Vergütungsregelung verfehlen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. September 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 844,62 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 401,56 € für die Zeit vom 14. Mai 2016 bis 14. September 2016, aus 596,67 € für die Zeit vom 15. September 2016 bis 14. November 2016, aus 756,24 € für die Zeit vom 15. November 2016 bis 14. Februar 2017 und aus 844,62 € ab dem 15. Februar 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Auslegung der Klägerin, wonach die auf aseptische Zubereitung anwendbare Vorschrift in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV nicht festlege, worauf sich der Rezepturzuschlag beziehe, könne nicht gefolgt werden. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV beziehe sich auf eine Zubereitung. Dies ergebe sich sowohl aus § 5 Abs. 1 AMPreisV als auch aus § 5 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV zur aseptischen Zubereitung. Der ganze § 5 AMPreisV knüpfe an eine Zubereitung an. Der Rezepturzuschlag falle bis zu einer Grundmenge von 300 g nur einmal und nicht einmal pro Fläschchen an. Wäre eine solche Regelung gewünscht, so wäre angegeben worden, dass der Rezepturzuschlag gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV je Ampulle, Zäpfchen, Kapsel, Fläschchen oder ähnlichem anfalle. Der Verordnungsgeber sei hier jedoch erkennbar davon ausgegangen, dass der Rezepturzuschlag für die aseptische Zubereitung einmal bis zu einer Grundmenge von 300 g anfalle und erst, wenn über diese Grundmenge eine hinausgehende größere Menge angefertigt werde, ein weiterer Rezepturzuschlag um 50 % anfalle. Dabei werde nicht unterschieden, in wie viele Behältnisse diese 300 g gefüllt würden. Wie das SG weiter ausführe, setze die Art der Abfüllung als Einzelverpackung die Grundmenge immer auf 1, solange die Einzeldosis unter 300 g läge. Es sei leicht zu erkennen, dass diese Auslegung, wie die Klägerin die Norm ausgelegt wissen wolle, nicht gemeint sein könne. Zumal bei dieser Auslegung der letzte Satz des § 5 Abs. 3 AMPreisV leer liefe. Der von der Klägerin angeführte § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV spreche gerade gegen deren Auslegung. Denn dort werde der Zuschlag von 1,00 € eben gerade mit der Einzeldosis verknüpft. Wäre nun § 5 Abs. 3 Nr. 3 AMPreisV so zu verstehen, wie die Klägerin den Paragraphen verstehen möchte, so wäre dort nicht eine Grundmenge vom 300 g angegeben, sondern es wäre auf die Einzeldosis abzustellen gewesen. Die BT-Drs. 19/21732, S. 34 stütze die Ausführungen der Klägerin ebenfalls nicht. Bei den dort beispielhaft genannten Spritzen, die zu je 1 ml aufgezogen und mit Combi-Stoppern versehen würden, behandelten einen anderen Fall als die hier streitgegenständlichen Augentropfen. Die Begründung zeige auf, dass die Herstellung einer 1 ml Spritze, die mit Combi-Stopper verschlossen sei, wie parentale Zubereitungen zu behandeln sei. Es sei eben gerade nicht gemeint, dass normale aseptische Augentropfen bis zu einer Grundmenge von 300 g gleich wie parentale Zubereitungen zu vergüten sein sollen. Die Klarstellung betreffe nicht „normale“ Augentropfen, sondern ausdrücklich einzelne Spritzen zu je 1 ml, was insofern nicht verwundere, als in der Hilfstaxe für hergestellte Spritzen oder hergestellte Infusionsbeutel andere Abrechnungsmodalitäten gälten. In den streitgegenständlichen Verordnungen gehe es um 5 ml-Portionen. Somit gebe die Bundestagsdrucksache für den vorliegenden Fall nichts her. Darüber hinaus könnten die Ausführungen zu der Klarstellung dahinstehen, denn die geplante Änderung der AMPreisV sei nicht durchgeführt worden, so dass schon nicht klar sei, ob die genannte „Klarstellung“ überhaupt inhaltlich korrekt die Auslegung des § 5 AMPreisV erfasse. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Regierung im Jahr 2020 die Verordnung aus dem Jahr 1976 nicht korrekt interpretiere. § 5 Abs. 3 AMPreisV bestehe nach wie vor nur aus zwei Sätzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht (§ 64 Abs. 3 SGG) eingelegte und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 844,62 € und damit von mehr als 750,00 € begehrt.

2. Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren der Klägerin auf Zahlung einer weiteren Vergütung in Höhe von 844,62 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 401,56 € für die Zeit vom 14. Mai 2016 bis 14. September 2016, aus 596,67 € für die Zeit vom 15. September 2016 bis 14. November 2016, aus 756,24 € für die Zeit vom 15. November 2016 bis 14. Februar 2017 und aus 844,62 € ab dem 15. Februar 2017.

3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

a) Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt, denn es handelt sich bei der auf Zahlung des Vergütungsanspruchs für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der Beklagten gerichteten Klage um einen sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, ein Vorverfahren nicht durchzuführen und eine Klagefrist nicht einzuhalten ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. Februar 2023 – B 3 KR 7/21 R – juris, Rn. 8 m.w.N.; Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 16/11 R –  juris, Rn. 8; Urteil vom 25. November 2015 – B 3 KR 16/15 R – juris, Rn. 14). Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 253 Rn. 132 m.w.N.).

b) Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Vergütungsanspruch in Höhe von 844,62 € nicht zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin geltend gemachten Betrag aus den 15 hier streitigen ärztlichen Verordnungen gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen aus anderen unstreitigen Vergütungsforderungen aus Arzneimittelabgaben aufgerechnet. Der Vergütungsanspruch der Klägerin für die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte der Beklagten ist durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch erloschen.

aa) Der mit der erhobenen Leistungsklage verfolgte Vergütungsanspruch der Klägerin aus anderen Arzneimittelabgaben an Versicherte der Beklagten steht weder dem Grunde noch der Höhe nach im Streit. Darauf, welchen konkreten Vergütungsanspruch die Klägerin aufgrund welcher konkreten Arzneimittelabgabe die Klägerin geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 - B 3 KR 33/12 R - juris, Rn. 10), so dass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 26. Mai 2020 - B 1 KR 26/18 R - juris, Rn. 11 m.w.N.; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2019 - B 1 KR 19/19 R - juris, Rn. 9 m.w.N.; BSG, Urteil vom 27. November 2014 - B 3 KR 12/13 R - juris, Rn. 12).

Rechtsgrundlage des Zahlungsbegehrens der Klägerin gegen die Beklagte ist § 129 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem nach § 129 Abs. 2 SGB V zwischen den damaligen Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband abgeschlossenen Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung in der Fassung vom 15. Juni 2012 sowie dem nach § 129 Abs. 5 Satz 1 SGB V zwischen den baden-württembergischen Landesverbänden der Krankenkassen und dem Landesapothekerverband B1 für das Land Baden-Württemberg abgeschlossenen Arzneiliefervertrag (ALV) vom 1. April 1978 in der Fassung vom 1. April 2005 (für die Verordnungen bis 31. März 2015; seit 1. April 2015 gilt der Ergänzungsvertrag zum Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V in Baden-Württemberg [Arzneiversorgungsvertrag - AVV]). Die Klägerin ist als Mitglied des Landesapothekerverbandes B1 an diesen Vertrag gebunden. Die Beklagte ist nicht vertragsschließende Krankenkasse. Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 des Rahmenvertrages über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V ist jedoch der für den Sitz der Apotheke geltende Vertrag nach § 129 Abs. 5 SGB V der jeweiligen Kassenart (hier: Allgemeine Ortskrankenkassen und der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) anzuwenden.

Nach § 129 SGB V geben die Apotheken nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der GKV ab. § 129 SGB V begründet im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheken zur Abgabe von vertragsärztlich verordneten Arzneimitteln an die Versicherten. Danach sind die einbezogenen Apotheken nach Maßgabe der Verträge nach § 129 Abs. 2 und 5 SGB V öffentlich-rechtlich zur Abgabe vertragsärztlich verordneter Arzneimittel an die Versicherten als Sachleistung im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, §§ 31 und 34 SGB V) berechtigt und verpflichtet, wofür sie im Gegenzug einen in § 129 SGB V vorausgesetzten unmittelbaren gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkassen erwerben, der durch Normenverträge näher ausgestaltet ist (BSG, Urteil vom 22. Februar 2023 – B 3 KR 7/21 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Als Mitglied des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg gilt das auch für die von der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum geführte Apotheke. Inhaber des in § 129 SGB V vorausgesetzten Anspruchs auf Vergütung der zu Lasten der Krankenkassen in Apotheken abgegebenen Arzneimittel ist der Apotheker, dem berufsrechtlich die Erlaubnis zum Betrieb der jeweiligen Apotheke erteilt worden ist (§ 1 Abs 2, § 8 Satz 1 Apothekengesetz [ApoG]). Dies ist vorliegend bei der Klägerin der Fall.

bb) Der anderweitige Vergütungsanspruch für Arzneimittelabgaben erlosch vorliegend allerdings dadurch, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die abgegebenen Arzneimittel analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BSG) i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V die Aufrechnung erklärte (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 – B 1 KR 49/12 R – juris, Rn. 11). Voraussetzung ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung (Retaxierung) gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen.

Dies ist hier der Fall. Nach dem Ergebnis des Verfahrens hatte die Klägerin keinen (weiteren) Anspruch auf Vergütung in Höhe von 844,62€, da sie in dieser Höhe zu Unrecht Rezepturzuschläge abgerechnet hat. Die ursprüngliche Zahlung erfolgte insoweit ohne Rechtsgrund.

(a) Die Beklagte ist grundsätzlich zur Aufrechnung berechtigt. Bei rechtsgrundlosen Vergütungszahlungen der Krankenkasse an Apotheker folgt aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, der sich in weitgehender Analogie zu den §§ 812 ff. BGB entwickelt hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 13/08 R – juris, Rn. 10 m.w.N.). Das Recht zur Rechnungs- und Taxberichtigung und die damit verbundene Möglichkeit zur Aufrechnung gegen spätere Zahlungsansprüche aus Arzneilieferungen ist umfassend und betrifft nicht nur die Korrektur von sog. Abrechnungsfehlern (BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 – B 1 KR 49/12 R – juris, Rn. 11; Urteil vom 3. August 2006 – B 3 KR 7/05 R – juris, Rn. 16). Die in den Verträgen nach § 129 SGB V enthaltenen Regelungen für die Retaxierung sind allerdings zu beachten.

(b) Der Beklagten stand der geltend gemachte Erstattungsanspruch zu. Die hier streitigen Vergütungszahlungen in Höhe von insgesamt 844,62 € sind ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der Arzneilieferungen aus den Verordnungen vom 12. Januar 2015, 19. Januar 2015, 23. Februar 2015, 18. Februar 2015, 10. März 2015, 10. März 2015, 18. März 2015, 11. Mai 2015, 18. Mai 2015, 22. Mai 2015, 15. Juli 2015, 18. Juni 2015, 29. Juni 2015, 25. September 2015 und 26. Oktober 2015 unter Ansatz des Rezepturzuschlages nach § 5 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 AMPreisV für jede einzelne Applikationseinheit. Ein Rezepturzuschlag von 7,00 € kann für jede der streitigen Verordnungen nur einmal in Ansatz gebracht werden.

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Arzneimittelgesetz (AMG) wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (bis 7. September 2015: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates u.a. Preise für Arzneimittel, die in Apotheken hergestellt und abgegeben werden, festzusetzen. Von dieser Verordnungs-ermächtigung ist mit der AMPreisV Gebrauch gemacht worden. § 1 AMPreisV differenziert zwischen der Festlegung von Preisspannen und Preisen für „Fertigarzneimittel“ (Abs. 1) und für „in Apotheken hergestellte“, apothekenpflichtige Arzneimittel (Abs. 2). Ausgenommen von der Anwendbarkeit der AMPreisV sind die Preisspannen und Preise u.a. für die Abgabe von Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 AMPreisV eingefügt zum 23. Juli 2009 durch Art. 7 Nr. 1 Buchst. d AMGÄndG).

Bei den streitgegenständlichen Augentropfen handelt es sich um Arzneimittel im Sinne von § 1 Abs. 2 AMPreisV. Sie erfüllen die Voraussetzungen eines Arzneimittels (vgl. § 2 Abs. 1 AMG). Die Zubereitungen sind zur Anwendung im menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt. Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Augentropfen sind auch apothekenpflichtig, weil sie auf ärztliche Verordnung abgegeben werden (§ 43 Abs. 3 AMG). Sie werden außerdem in der Apotheke der Klägerin hergestellt. Es handelt sich um Rezepturarzneimittel im Sinne von § 7 ApBetrO, weil sie nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin nicht bereits im Voraus hergestellt werden, sondern individuell nach Vorlage der ärztlichen Verordnung. Für alle in der Apotheke hergestellten, apothekenpflichtigen Arzneimittel gilt § 1 Abs. 2 AMPreisV.

Für „in Apotheken“ hergestellte Arzneimittel gelten gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV die Bestimmungen der §§ 4 bis 7 AMPreisV. Nach § 5 Abs. 1 AMPreisV in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung des Art. 24 Nr. 5 Buchst. a Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I, S. 2190) sind bei der Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird, (1.) ein Festzuschlag von 90 Prozent auf die Apothekeneinkaufspreise ohne Umsatzsteuer für Stoffe und erforderliche Verpackung, (2.) ein Rezepturzuschlag nach § 5 Abs. 3 AMPreisV sowie die Umsatzsteuer zu erheben. Nach Abs. 2 ist von den Apothekeneinkaufspreisen der für die Zubereitung erforderlichen Mengen an Stoffen und Fertigarzneimitteln auszugehen, wobei (1.) bei Stoffen der Einkaufspreis der üblichen Abpackung und (2.) bei Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis nach § 3 Abs. 2 AMPreisV der erforderlichen Packungsgröße, seit 23. Juli 2009 (eingefügt durch Art. 7 Nr. 3 Buchst. a AMGÄndG) höchstens jedoch der Apothekeneinkaufspreis, der für Fertigarzneimittel bei Abgabe in öffentlichen Apotheken gilt, maßgebend ist. Die Rezepturzuschläge im Einzelnen werden in § 5 Abs. 3 AMPreisV näher bestimmt. Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 AMPreisV in der bis 12. Mai 2017 geltenden Fassung des Art. 33 Nr. 2 Buchst. b Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) gilt: Trifft die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen Vereinbarungen über die Höhe des Fest- oder Rezepturzuschlages nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AMPreisV, so sind die vereinbarten Zuschläge abweichend von § 5 Abs. 1 oder Abs. 3 AMPreisV bei der Preisberechnung zu berücksichtigen.

Solche Vereinbarungen haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (bis 30. Juni 2008 die Bundesverbände der Krankenkassen) und der Deutsche Apothekerverband im „Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen – §§ 4 und 5 der Arzneimittelpreis-verordnung“ (Vertrag zur Hilfstaxe) getroffen. Im Zeitraum bis 30. September 2009 galt der Vertrag zur Hilfstaxe vom 15. April 1998, gültig ab 1. Februar 1999. Ab dem 1. Oktober 2009 galt die im Haupttext unveränderte Fassung vom 10. September 2009. Nach § 1 des Vertrages zur Hilfstaxe ist Gegenstand des Vertrages die Bildung der Preise nach §§ 4 und 5 AMPreisV für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die in Apotheken angefertigt werden und deren Abgabe nach § 43 Abs. 1 AMG den Apotheken vorbehalten ist. Für bestimmte Rezepturen werden Fest- oder Rezepturzuschläge sowie Stoff- und Gefäßpreise nach § 5 Abs. 5 AMPreisV auf Vorschlag der technischen Kommission nach § 3 des Vertrages zur Hilfstaxe vereinbart (§ 2 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages zur Hilfstaxe). Die Regelungen zu diesen Rezepturen sind als Anlage 3 Bestandteil des Vertrages und der Abrechnung zugrunde zu legen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages zur Hilfs-taxe). Die Anlage 3 enthält Regelungen für die „Herstellung und Abrechnung bestimmter Rezepturen“. In Nr. 1 dieser Anlage sind die parenteralen Lösungen geregelt. Eine Regelung für die hier streitgegenständlichen Augentropfen wurde nicht getroffen, so dass für die Berechnung eines Zuschlags § 5 Abs. 1 und Abs. 3 AMPreisV maßgeblich bleibt.

Bei den hier streitbefangenen Verordnungen ist pro Verordnung ein Rezepturzuschlag von 7,00 € angefallen; entgegen der Auffassung der Klägerin kann nicht für jede einzelne Einheit („Fläschchen“) ein Rezepturzuschlag in Ansatz gebracht werden.

Die Höhe des Rezepturzuschlags beträgt nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AMPreisV für die Anfertigung von Pillen, Tabletten und Pastillen bis zur Grundmenge von 50 Stück (Var. 1), die Anfertigung von abgeteilten Pulvern, Zäpfchen, Vaginal-Kugeln und für das Füllen von Kapseln bis zur Grundmenge von 12 Stück (Var. 2), die Anfertigung von Arzneimitteln mit Durchführung einer Sterilisation, Sterilfiltration oder aseptischen Zubereitung bis zur Grundmenge von 300 g (Var. 3) und das Zuschmelzen von Ampullen bis zur Grundmenge von sechs Stück (Var. 4) jeweils 7,00 €. Für jede über die Grundmenge hinausgehende kleiner bis gleich große Menge erhöht sich der Rezepturzuschlag gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AMPreisV um jeweils 50 Prozent. Bei den durch die Klägerin hergestellten Augentropfen, die in Fläschchen zu je 5 ml abgefüllt wurden (vgl. beispielsweise das Rezept vom 10. März 2015: „12 Flaschen à 5ml“; Bl. 16 der Verwaltungsakte), handelt es sich nicht um das Zuschmelzen von Ampullen, sondern um die Anfertigung von Arzneimitteln mit der Durchführung einer aseptischen Zubereitung. Dies entnimmt der Senat dem Vortrag der Klägerin und ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 4 AMPreisV auf die unter aseptischen Bedingungen hergestellten Augentropfen-Zubereitungen kommt hier nicht in Betracht, da der Fall der aseptischen Zubereitungen in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV geregelt ist.

§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV ist zur Überzeugung des Senats dahingehend auszulegen, dass unabhängig von der konkreten Anzahl der hergestellten applikationsfertigen Einheiten bis zur Grundmenge von 300 g je Verordnung ein einmaliger Rezepturzuschlag von 7,00 € zu berücksichtigen ist. Ein Rezepturzuschlag fällt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht für jede einzelne applikationsfertige Einheit an.

Die Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 22. Februar 2023 – B 3 KR 7/21 R – juris, Rn. 15; vgl. für Krankenhausabrechnungen letztens nur BSG vom 20. Januat 2021 – B 1 KR 31/20 R – juris, Rn. 21; für den Arzneimittelbereich BSG, Urteil vom 3. August 2006 – B 3 KR 7/05 R – juris, Rn. 20; Senatsurteil vom 13. Oktober 2017 – L 4 KR 3408/15 – juris, Rn. 30). Raum für eine die Abrechnungsvoraussetzungen über den Wortlaut hinaus erweiternde Auslegung besteht danach nicht.

Grundlage des jeweiligen Herstellungsprozesses (und des Vergütungsanspruchs) ist dabei die jeweilige Verordnung, die die Gesamtmenge der herzustellenden Augentropfen und deren Aufteilung in einzelne Applikationseinheiten bestimmt (hier beispielsweise Verordnung vom 12. Januar 2015, Bl. 12 der Verwaltungsakte: „wässrige Ciclosporin-AT 0,5 % mit Natriumhyaluronat 0,1 % konserviert mit Polihexanid 6x 0,5 ml“). § 5 Abs. 1 AMPreisV knüpft den Rezepturzuschlag an die „Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird“ an. Maßgebend ist daher zunächst, was unter einer Zubereitung zu verstehen ist. Nach der Begriffsbestimmung in § 4 Abs. 14 AMG ist Herstellen das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe. Das Zubereiten stellt daher einen Teil des Herstellungsprozesses dar. Auch in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV wird (aseptische) „Zubereitung“ als Teil der Herstellung oder „Anfertigung“ von Arzneimitteln verwendet. Zugleich ist nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 AMPreisV die Zubereitung als Ergebnis des Herstellens zu verstehen, da nur dieses abgegeben werden kann. „Zubereitung“ wird in § 5 AMPreisV daher sowohl als Teil des Herstellungsvorgangs als auch als dessen Ergebnis verwendet. Versteht man „Zubereitung“ als Teil des Herstellungsprozesses, stellte – entgegen der Auffassung der Klägerin – bereits nach dem „natürlichen Sprachgebrauch“ eine auf einem Rezept verordnete Augentropfenlösung, die auf mehrere Fläschchen verteilt wird, eine Zubereitung im Sinne des § 5 Abs. 1 AMPreisV dar; sieht man „Zubereitung“ als das Ergebnis des Herstellungsprozesses, wäre der Wortlaut nicht eindeutig, es könnten dann – entsprechend der Auslegung der Klägerin – auch die einzelnen Applikationseinheiten, in die die Flüssigkeit abgefüllt wird, als einzelne Zubereitungen angesehen werden. In der Zusammenschau mit § 5 Abs. 3 AMPreisV wird allerdings deutlich, dass die Abgabe einer Zubereitung auch mehrere Applikationseinheiten umfassen kann. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV regelt ausdrücklich die Anfertigung von „Arzneimitteln“ (im Plural), was gemäß § 2 Abs. 2 AMG mehreren Gegenständen, die Arzneimittel enthalten, entspricht. Denn nach § 2 Abs. 2 AMG gelten als Arzneimittel Gegenstände, die ein Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 AMG enthalten oder auf die ein Arzneimittel aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden. Demgegenüber bezieht sich der Rezepturzuschlag gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMPreisV auf die Herstellung „eines Arzneimittels“ durch Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen und beträgt bis zur Grundmenge von 500 g 2,50 €. § 5 Abs. 3 Satz 1 AMPreisV unterscheidet mithin schon nach seinem Wortlaut zwischen der Herstellung von einem (Abs. 3 Nr. 1) und der Herstellung von mehreren (mindestens zwei) Arzneimitteln (Abs. 3 Nr. 3). Auch bei der Abfüllung in mehrere Applikationseinheiten (Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 2 AMG) ist nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV der Rezepturzuschlag nach der Grundmenge („bis zur Grundmenge von 300 g“) abzugrenzen und nicht nach der Anzahl der Applikationseinheiten. Demgemäß wird in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV auch nur ein Gesamtzuschlag geregelt, und nicht etwa ein Zuschlag in Höhe von „je“ (bezogen auf Applikationseinheiten) 7,00 €. Dass der Verordnungsgeber im Wortlaut der Norm bewusst entsprechende Differenzierungen vorgenommen hat, zeigt sich auch in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 4 AMPreisV, wonach „bis zur Grundmenge von 6 Stück“ (bezogen auf Ampullen) ein Zuschlag zu gewähren ist. Bei der Anfertigung von Arzneimitteln mit Durchführung einer aseptischen Zubereitung unterscheidet der Verordnungsgeber darüber hinaus gerade nicht – wie bei der Anfertigung der anderen in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AMPreisV genannten Varianten – nach der Applikationsform (Pillen, Tabletten, Pastillen, Pulvern, Zäpfchen, Vaginal-Kugeln, Ampullen), sondern nach der Grundmenge je Gramm. Werden in einem einheitlichen Herstellungsprozess mehrere Arzneimittel mit Durchführung einer aseptischen Zubereitung angefertigt, fällt der Rezepturzuschlag nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV bis zur Grundmenge von 300 g daher nur einmal an (vgl. auch Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 10. März 2022 – L 6 KR 1224/18 – juris, Rn. 21, das ebenfalls die Auffassung vertritt, dass § 5 Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 AMPreisV für bestimmte, konkret benannte Fälle in Abweichung zum Wortlaut der dort streitentscheidenden Anlage 3 der Hilfstaxe ausdrücklich vorsieht, dass der Rezepturzuschlag für mehrere auf einem Rezept verordnete Zubereitungen nur einmal zu berechnen ist).

Zusammenfassend beträgt der Rezepturzuschlag für die Anfertigung von Arzneimitteln mit aseptischer Zubereitung auf Grundlage einer Verordnung unabhängig von der Anzahl der Applikationseinheiten bis zur Grundmenge von 300 g damit insgesamt 7,00 €.

Zwar hätte anders als das SG vertritt, § 5 Abs. 3 Satz 2 AMPreisV auch dann einen Anwendungsbereich, wenn der Rezepturzuschlag für jede einzelne Applikationseinheit und nicht je Rezept anfiele. Überstiegen die verordneten Augentropfen-Fläschchen insgesamt die Grundmenge von 300 g, würde sich der Rezepturzuschlag für diejenigen Fläschchen, die über die Grundmenge hinausgingen, um jeweils 50 Prozent erhöhen. Für den Rezepturzuschlag bei der Anfertigung von Arzneimitteln mit aseptischer Zubereitung stellt der Verordnungsgeber allerdings nicht auf Applikationseinheiten, sondern auf Grundmengen ab. Hätte der Verordnungsgeber hiervon abweichend gewollt, dass der Rezepturzuschlag nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV für jede hergestellte Einheit anfällt, wäre es an ihm gewesen, eine entsprechende Regelung zu treffen, wie beispielsweise für den Rezepturzuschlag für parenterale Zubereitungen in der Anlage 3 zum „Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen" (sogenannte „Hilfstaxe") geschehen. Dort ist für parenterale Lösungen ausdrücklich geregelt, dass der Rezepturzuschlag „pro applikationsfertiger Einheit" abrechnungsfähig ist. Eine solche Bestimmung fehlt in § 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV. Die durch den Bundesrat im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken vom 9. Dezember 2020 durch den Bundesrat vorgeschlagene Ergänzung des § 5 Absatz 3 AMPreisV um folgenden Satz 3 „Liegt kein Fall von Satz 2 vor, weil die einzelnen Zubereitungen nicht in einer in Satz 1 genannten Darreichungsform und jeweils in einer geringeren Menge als der in Satz 1 genannten Grundmenge hergestellt werden, fällt der Rezepturzuschlag pro applikationsfertiger Einheit an“ (Stellungnahme des Bundesrates vom 20. September 2019: BT-Drs. 19/21732, S. 34), ist nicht erfolgt. Soweit zur Begründung ausgeführt wurde, diese Ergänzung diene allein der Klarstellung, ist, wie die Beklagte zutreffend ausführt, schon nicht klar, ob die genannte „Klarstellung“ überhaupt inhaltlich korrekt die Auslegung des § 5 AMPreisV erfasst und daher die Änderung schon aus diesem Grund nicht aufgenommen wurde. Einen Anlass zur Änderung des § 5 Abs. 3 AMPreisV hat der Verordnungsgeber jedenfalls nicht gesehen.

Die Klägerin legt zwar nachvollziehbar dar, dass und welcher erhöhte Aufwand bei der Herstellung mehrerer aseptischer Arzneimittel entsteht. Es kann aber dahinstehen, ob und welche erhöhten Kosten entstehen, ob die Herstellung aseptischer Augentropfen bei einem Rezepturzuschlag von 7,00 € je Verordnung wirtschaftlich ist und ob der Aufwand vergleichbar mit der Herstellung parenteraler Zubereitungen, für die derzeit gemäß Anlage 3 Teil 2 Nr. 8 der Hilfstaxe mit 71,00 € bzw. 81,00 € ein deutlich höherer Zuschlag vorgesehen ist, ist. Wie bereits dargelegt, sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; die durch die Klägerin angeführten Bewertungen und Bewertungsrelationen müssen daher außer Betracht bleiben.

Nachdem die in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV von 300 g bei keiner der hier streitbefangenen Verordnungen überschritten wurde, war jeweils nur ein Rezepturzuschlag von 7,00 € pro Verordnung zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Höhe der retaxierten Beträge sind darüber hinaus Fehler der Beklagten zu Lasten der Klägerin weder vorgetragen noch ersichtlich.

cc) In Ermangelung eines Hauptanspruchs geht der geltend gemachte Antrag auf Verzinsung ins Leere.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. 

5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Neben-forderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.



 

Rechtskraft
Aus
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