Eine videogestützte Türöffnungsanlage ist keine wohnumfeldverbessernde Maßnahme, sondern ein der Leistungszuständigkeit der Krankenversicherung zuzurechnendes Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich.
Die Revision wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I
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Im Streit stehen eine videogestützte Türöffnungsanlage als Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung sowie eine Entschädigung wegen Versäumnis der Bescheidungsfrist hierzu.
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Der 1958 geborene, beihilfeberechtigte und beim beklagten privaten Krankenversicherungsunternehmen pflegeversicherte Kläger leidet an den Folgen eines SchädelHirnTraumas, einer erheblichen Einschränkung der Gehfähigkeit mit erforderlicher Rollstuhlnutzung, einem zentralen Schwindel, einem hirnorganischen Psychosyndrom sowie einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit einem EinzelGdB für die beidseitige Schwerhörigkeit von 80 und die Merkzeichen B, G, aG, H, RF sowie Gl und der Pflegegrad 4 zuerkannt. 2018 war der Beklagte verurteilt worden, auf Antrag von Januar 2015 einen Zuschuss für den Einbau eines Treppenlifts vom Erdgeschoss in das Untergeschoss als wohnumfeldverbessernde Maßnahme zu zahlen, um dem Kläger das selbständige Verlassen des Hauses zu ermöglichen.
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Über den Ende 2018 gestellten Antrag auf Bezuschussung einer videogestützten Türöffnungsanlage mit zwei Videotürstationen, drei Monitoren sowie zwei Türöffnern zu Gesamtkosten in Höhe von gut 3800 Euro als weitere wohnumfeldverbessernde Maßnahme entschied der Beklagte nicht.
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Das SG hat die Klage auf anteilige Bezuschussung der videogestützten Türöffnungsanlage sowie auf Zahlung von 70 Euro für jede begonnene Woche ab Ablauf von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Zuschussantrags abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 5.11.2019), das LSG hat die Berufung hiergegen nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG zurückgewiesen (Urteil vom 21.5.2021): Die videogestützte Türöffnungsanlage und der 2015 beantragte Treppenlift seien als einheitliche Gesamtmaßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds des Klägers anzusehen, weshalb deren weitere Bezuschussung ausscheide. Aus der beigezogenen Schwerbehindertenakte ergebe sich, dass die hochgradige zentrale Schwerhörigkeit und ein stark belastender beidseitiger Tinnitus bereits im Januar 2015 vorgelegen habe. Ein Gutachten von Amts wegen sei nicht erforderlich, weil maßgebend die Gegebenheiten in 2014/2015 seien. Die Regelung zur Zahlungspflicht bei verzögerter Bescheidung finde auf Verfahren zur Zuschussgewährung für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen keine Anwendung.
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Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Beiziehung der Schwerbehindertenakte durch das LSG verletze Verfahrensrecht (§§ 117, 118 SGG, §§ 415 ff ZPO, Art 103 Abs 1 GG) und seine Rechte aus Art 9 Abs 1 DSGVO, Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG. Die Beweiswürdigung verletze § 128 SGG. Materiell seien § 4 Abs 7 MB/PPV, § 40 Abs 4 SGB XI sowie § 18 Abs 3b SGB XI verletzt. Maßgeblich für die Erforderlichkeit der begehrten Maßnahme sei die konkrete Pflegesituation, hier insbesondere die weiter hinzugetretene Mobilitätseinschränkung. Diese begründe die Erforderlichkeit der Bedienung vom jeweiligen Aufenthaltsort aus. Nach den Gesetzesmaterialien sei § 18 Abs 3b SGB XI auf sämtliche beantragten Leistungen der Pflegeversicherung anwendbar.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2021 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 5. November 2019 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm einen Zuschuss zum Einbau einer Gegensprechanlage mit Videofunktion als wohnumfeldverbessernde Maßnahme in Höhe von 1918,28 Euro und für jede begonnene Woche 70 Euro ab Ablauf von 25 Arbeitstagen nach Eingang seines Antrags vom 20. Dezember 2018 beim Beklagten zu zahlen.
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Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass dem Kläger Zahlungsansprüche gegen den Beklagten aus dem Pflegeversicherungsvertrag nicht zustehen. Einen Zuschuss für eine videogestützte Türöffnungsanlage hat er nicht zu leisten, weil sie keine Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung, sondern ein der Leistungszuständigkeit der Krankenversicherung zuzurechnendes Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist. Verzögerungszahlungen sind nicht zu erbringen, weil Entscheidungen zur Pflegebedürftigkeit oder zum Pflegegrad des Klägers nicht zu treffen waren. Ob Zahlungspflichten aus dem Krankenversicherungsvertrag mit dem Kläger bestehen, ist im Sozialgerichtsweg nicht zu entscheiden.
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1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die vorinstanzlichen Entscheidungen mit dem erfolglos gebliebenen Begehren des Klägers auf anteilige Bezuschussung der videogestützten Türöffnungsanlage sowie auf Zahlung von 70 Euro für jede begonnene Woche ab Ablauf von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Zuschussantrags. Dieses Begehren verfolgt der Kläger zutreffend mit der reinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG), weil der Beklagte in Bezug auf die privatversicherungsrechtlichen Ansprüche der leistungsberechtigten Versicherungsnehmer keine Verwaltungsakte erlässt.
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2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf anteilige Bezuschussung der videogestützten Türöffnungsanlage ist § 192 Abs 6 Satz 3 VVG iVm § 23 Abs 3 Satz 2, § 40 Abs 4 SGB XI sowie dem zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Vertrag über eine private Pflegeversicherung sowie den diesem zugrunde liegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen insbesondere mit § 4 Abs 7 (MB/PPV 2017) und dem Tarif PV mit Tarifstufen PVN und PVB. Danach können für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds der versicherten Person, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, gemäß Nr 4.3 des Tarifs PV subsidiär finanzielle Zuschüsse gezahlt werden, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung der versicherten Person wiederhergestellt wird.
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3. a) Bei der Auslegung des § 4 Abs 7 MB/PPV 2017 ist zu beachten, dass diese im Gleichklang mit der entsprechenden Regelung der sozialen Pflegeversicherung in § 40 Abs 4 SGB XI zu erfolgen hat. Gesetzlich festgelegt ist, dass sich der Leistungsumfang in der privaten Pflegeversicherung für Beihilfeberechtigte nach demjenigen in der sozialen Pflegeversicherung bestimmt (§ 110 Abs 1 Nr 1 SGB XI, § 23 Abs 3 iVm Abs 1 SGB XI). Nach § 23 Abs 1 Satz 2 SGB XI muss der entsprechende Vertrag mit der privaten Pflegeversicherung Vertragsleistungen vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XI gleichwertig sind (vgl BSG vom 10.11.2005 B 3 P 10/04 R SozR 43300 § 40 Nr 2 RdNr 16 zum gleichwertigen Mindestschutz in der privaten Pflegeversicherung; s auch BSG vom 10.9.2020 B 3 P 2/19 R SozR 43300 § 38a Nr 4 RdNr 21; BGH vom 15.7.2021 III ZR 225/20 VersR 2022, 173 ff juris RdNr 19 ff).
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b) Insofern hat der Senat bereits entschieden und hält daran fest, dass eine "Maßnahme" iS des § 40 Abs 4 SGB XI als Gesamtmaßnahme alle notwendigen bezuschussungsfähigen Einzelschritte von Umbauten und technischen Hilfen umfasst, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds des Pflegebedürftigen objektiv in ihrer Gesamtheit erforderlich sind. Maßgebend ist insoweit der Zeitpunkt der Durchführung der Umbauarbeiten, wenn der Zuschuss nachträglich beantragt wird, bzw der Zeitpunkt der Antragstellung, wenn die Umbauarbeiten erst danach durchgeführt worden sind oder werden sollen. Die Zusammenfassung mehrerer Einzelmaßnahmen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verbesserung des individuellen Umfeldes eines Pflegebedürftigen notwendig sind, zu einer Gesamtmaßnahme im Rechtssinne gilt auch dann, wenn die Einzelmaßnahmen nicht in einem Auftrag gemeinsam vergeben oder zeitlich nacheinander durchgeführt werden. Ein neuer Zuschuss kommt danach erst dann in Betracht, wenn sich die Pflegesituation objektiv ändert und dadurch im Laufe der Zeit weitere Schritte zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds erforderlich werden, die im Zuge der ersten Umbaumaßnahme noch nicht notwendig waren (vgl letztens nur BSG vom 25.1.2017 B 3 P 2/15 R BSGE 122, 239 = SozR 43300 § 40 Nr 14, RdNr 33 mwN).
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c) Bezweckt die weitere Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung wie vorliegend wiederum die Wiederherstellung einer möglichst selbständigen Lebensführung des Versicherten, setzt das regelmäßig voraus, dass die versicherte Person im Vergleich zur Lage bei der vorhergehenden Antragstellung oder Durchführung bis dahin noch vorhandene Fähigkeiten zur selbständigen Lebensführung noch weiter erheblich eingebüßt hat und dies die erneute Inanspruchnahme des Zuschusses rechtfertigt. In gleicher Weise wie bei der erstmaligen Bewilligung des Zuschusses ist die gesetzgeberische Zielrichtung zu berücksichtigen, durch eine grundsätzlich beschränkt auf den finanziellen Rahmen des § 40 Abs 4 SGB XI behinderungsgerechte Umgestaltung der Wohnung des Pflegebedürftigen die häusliche Pflege überhaupt erst zu ermöglichen oder erheblich zu erleichtern oder ein Verbleib des Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung und damit eine möglichst selbständige Lebensführung sicherzustellen (BTDrucks 12/5262 S 114).
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d) Ob eine solche Änderung hier zum Zeitpunkt des weiteren Antrags im Verhältnis zur objektiven Lage bei der ersten Antragstellung eingetreten ist, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen, weil es hierfür nicht allein auf die Reduzierung bzw den Verlust des Hörvermögens ankommt. Da bei einem Ausfall des Hörvermögens grundsätzlich die Krankenversicherung für die Installation einer Klingelleuchte aufzukommen hat (vgl BSG vom 29.4.2010 B 3 KR 5/09 R SozR 42500 § 33 Nr 30 RdNr 14 ff), könnte ein Anspruch auf eine zusätzliche videogestützte Türöffnungsanlage nur in Betracht kommen, wenn der Kläger aufgrund von (weiteren) Mobilitätsbeschränkungen die Fähigkeit verloren hat, sich in angemessener Zeit selbständig zur Tür zu bewegen und diese zu öffnen. Inwiefern diese Fähigkeit bei ihm im Januar 2015 noch vorhanden war und eine erhebliche Veränderung im Zeitpunkt des Antrags auf Bezuschussung einer videogestützten Türöffnungsanlage Ende 2018 vorgelegen hat, hätte weiterer Ermittlungen auch im Hinblick auf das Zusammenwirken von körperlichen, kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen bei dem Kläger bedurft.
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4. Indes kann die Frage, ob die videogestützte Türöffnungsanlage als Teil einer Gesamtmaßnahme mit dem durch Urteil des SG Nürnberg vom 22.3.2018 zugesprochenen Treppenlift anzusehen ist, dahinstehen, weil bei der Einordnung des Leistungsbegehrens von anderen rechtlichen Maßstäben auszugehen ist. Eine videogestützte Türöffnungsanlage ist nach dem Stand der technischen Entwicklung keine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds, sondern ein Hilfsmittel der Krankenversicherung.
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a) Ob eine technische Hilfe im Haushalt als eine grundsätzlich von der Pflegeversicherung zu bezuschussende Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds eines Pflegebedürftigen anzusehen ist, beurteilt sich nach der Rechtsprechung des Senats in Abgrenzung zur Hilfsmittelversorgung der Krankenversicherung vorwiegend danach, ob die Hilfe ihrem Zweck nach auf eine Anpassung der konkreten Wohnumgebung an die Bedürfnisse des Menschen mit Behinderungen zielt und deshalb in einer anderen Wohnumgebung nicht notwendig ebenso benötigt wird (vgl zuletzt BSG vom 25.1.2017 B 3 P 2/15 R BSGE 122, 239 = SozR 43300 § 40 Nr 14, RdNr 27). Von der konkreten Wohnumgebung unabhängige Hilfen sind der Wohnumfeldverbesserung danach ausnahmsweise nur dann zuzurechnen, wenn sie so fest in die konkrete Wohnumgebung einzubauen sind, dass sie bei einem Umzug nach der Verkehrsauffassung regelmäßig am alten Ort verbleiben, weil der Ausbau mit so erheblichen Substanzeinbußen verbunden wäre, dass die Mitnahme nicht sinnvoll erscheint (vgl BSG vom 12.6.2008 B 3 P 6/07 R BSGE 101, 22 = SozR 43300 § 40 Nr 8, RdNr 18).
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b) Ob eine von der konkreten Wohnumgebung grundsätzlich unabhängige technische Hilfe wie hier eine videogestützte Türöffnungsanlage zur Aufrechterhaltung der Kommunikation mit Besuchern nach diesem Maßstab wegen der besonderen Einbauanforderungen ausnahmsweise dennoch den wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zuzurechnen ist, beurteilt sich zum einen nach dem technischen Stand zum Versorgungszeitpunkt und zum anderen nach den Anforderungen, die bei einem durchschnittlichen Wohnstandard an eine solche Hilfe und eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 4 Abs 3, § 29 Abs 1 SGB XI) genügende Anpassung an die Wohnumgebung üblicherweise zu stellen sind (vgl BSG vom 26.4.2001 B 3 P 15/00 R SozR 33300 § 40 Nr 4 RdNr 15). Durch Besonderheiten der konkreten Wohnumgebung bedingte Anforderungen an den Einbau oder die Ausgestaltung der technischen Hilfe, die bei einem durchschnittlichen Wohnstandard so nicht bestehen, haben deshalb bei der Abgrenzung zwischen wohnumfeldverbessernder Maßnahme einerseits und Krankenversicherungshilfsmittel andererseits regelmäßig außer Betracht zu bleiben.
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c) Hieran gemessen sind videogestützte Türöffnungsanlagen zur Öffnung der Haustür nach dem gegenwärtigen Stand der Technik Hilfsmittel der Krankenversicherung zum mittelbaren Behinderungsausgleich und keine mit Mitteln der Pflegeversicherung zu bezuschussenden Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserung. Zwischenzeitlich werden Videotürklingeln von verschiedenen Herstellern als Teil von Smart Home Lösungen angeboten, die anders als bei der noch 2001 vom Senat der Wohnumfeldverbesserung zugerechneten Gegensprechanlage mit Türdrücker (vgl BSG vom 28.6.2001 B 3 P 3/00 R SozR 33300 § 40 Nr 6 RdNr 11 ff) weitgehend kabellos und teilweise auch mit Batterie betrieben werden können. Soweit gleichwohl Aufwand zu ihrer Installation anfällt, rechtfertigt das deshalb nicht mehr den Schluss, dass eine solche Anlage nach der Verkehrsauffassung typischerweise als mit der jeweiligen Wohnumgebung so fest verbunden anzusehen ist, dass sie bei einem Umzug nicht mitgenommen werden kann. Sofern Versicherte behinderungsbedingt nicht in der Lage sind, sich selbständig zu ihrer Wohnungs oder Haustür zu begeben, um auf ein Klingeln Besucher einzulassen, kann es nach dem zwischenzeitlich erreichten Stand der Technik nur in die Leistungsverantwortung der Krankenversicherung fallen, ihnen die erforderlichen Geräte im Rahmen des Notwendigen als Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich zur Verfügung zu stellen, wie es für Lichtsignalanlagen bei Gehörlosigkeit seit langem anerkannt ist (vgl BSG vom 29.4.2010 B 3 KR 5/09 R SozR 42500 § 33 Nr 30).
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d) Als Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung kann eine solche Anlage danach selbst dann nicht mehr angesehen werden, wenn was derzeit nicht anzunehmen sein dürfte ihre Verbreitung in der Bevölkerung so groß wäre, dass sie nicht mehr dem gehobenen Komfortanspruch zuzurechnen (vgl dazu BSG vom 25.6.2009 B 3 KR 4/08 R SozR 42500 § 33 Nr 26 RdNr 12 f) und deshalb als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens aus der Leistungsverantwortung auch der Krankenversicherung auszuscheiden wäre (vgl § 33 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Denn für eine deshalb aus der Leistungspflicht der Krankenversicherung ausgeschiedene Versorgung kann die Pflegeversicherung ebenfalls nicht in Anspruch genommen werden.
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e) In der privaten Pflegeversicherung gilt insoweit nichts anderes. Wegen des gesetzlich vorgegebenen Gleichlaufs des Leistungsumfangs in der privaten Pflegeversicherung mit demjenigen der sozialen Pflegeversicherung und der in § 4 Abs 7 MB/PPV 2017 in gleicher Weise wie in § 40 Abs 4 Satz 1 SGB XI angeordneten Subsidiarität der privaten Pflegeversicherung (vgl BSG vom 25.1.2017 B 3 P 2/15 R BSGE 122, 239 = SozR 43300 § 40 Nr 14, RdNr 25 mwN) findet diese Abgrenzung auch hier Anwendung. § 4 Abs 7 MB/PPV 2017 reicht hinsichtlich des vertraglichen Leistungsanspruchs nicht über denjenigen der sozialen Pflegeversicherung hinaus. Soweit der Kläger einwendet, dass für die begehrte videogestützte Türöffnungsanlage keine Leistungsverpflichtung seiner privaten Krankenversicherung bestehe, führt dies zu keiner Ausweitung der Leistungsverpflichtung der privaten Pflegeversicherung.
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f) Auf die Verfahrensrügen des Klägers kommt es hiernach nicht entscheidungserheblich an.
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5. Ob und ggf in welchem Umfang der Beklagte den Kläger als privates Krankenversicherungsunternehmen mit einer videogestützten Türöffnungsanlage auszustatten hat, kann der Senat wegen seiner insoweit beschränkten Zuständigkeit nicht entscheiden. Zwar entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit grundsätzlich unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten (§ 17 Abs 2 Satz 1 GVG). Bei einer Mehrheit prozessualer Ansprüche ist die Rechtswegzuständigkeit indes für jeden Anspruch gesondert zu prüfen (BGH vom 27.11.2013 III ZB 59/13 BGHZ 199, 159 RdNr 14 mwN). So liegt es hier, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der Wohnumfeldverbesserung einerseits und zum mittelbaren Behinderungsausgleich andererseits nach den aufgezeigten Maßstäben so unterschiedlich ausgestaltet sind, dass es sich um verschiedene Streitgegenstände handelt, obwohl der Kläger die begehrte Beteiligung des Beklagten an der videogestützten Türöffnungsanlage nur einmal beanspruchen kann (zum unterschiedlichen Streitgegenstand bei einem einheitlichen Klagebegehren vgl etwa BGH vom 16.9.2008 IX ZR 172/07 NJW 2008, 3570 RdNr 9; zum einheitlichen Klagebegehren vgl letztens etwa BGH vom 19.12.2022 VIa ZR 298/21 juris RdNr 12). Mangels Zuständigkeit für Angelegenheiten der privaten Krankenversicherung muss die Entscheidung im Verfahren hier deshalb auf den geltend gemachten Anspruch aus der privaten Pflegeversicherung beschränkt werden.
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Daran ändert nichts, dass die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Abgrenzung der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen der Pflegeversicherung von den Hilfsmitteln der Krankenversicherung auch für eine etwaige Leistungsverpflichtung des Beklagten als privates Krankenversicherungsunternehmen Bedeutung haben kann. Insofern kommt dem für den Streitgegenstand zuständigen Gericht auch dann die "Vorfragen" und "Nachfragenprüfungskompetenz" zu, wenn für diese Fragen als solche wie hier aufgrund der gesetzgeberischen Zuordnung allein der privaten Pflegeversicherung zur Sozialgerichtsbarkeit ein anderer Rechtsweg eröffnet wäre (vgl nur BSG vom 10.12.2015 B 12 SF 1/14 R SozR 41720 § 17a Nr 14 RdNr 11; BSG vom 5.5.2021 B 6 SF 1/20 R juris RdNr 24 mwN).
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6. Die Vorinstanzen haben auch einen Anspruch auf eine Verzögerungszahlung nach § 18 Abs 3b SGB XI zutreffend verneint, weil Entscheidungen zur Pflegebedürftigkeit oder zum Pflegegrad des Klägers nicht zu treffen waren.
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§ 18 Abs 3b Satz 1 SGB XI bestimmte in seiner hier anwendbaren, bis 30.9.2023 geltenden Normfassung (im Folgenden § 18 Abs 3b Satz 1 SGB XI aF; s seit 1.10.2023: § 18c Abs 5 SGB XI idF des Pflegeunterstützungs und Entlastungsgesetzes PUEG vom 19.6.2023, BGBl I Nr 155): Erteilt die Pflegekasse "den schriftlichen Bescheid über den Antrag" nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags oder wird eine der in § 18 Abs 3 SGB XI genannten verkürzten Begutachtungsfristen nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung unverzüglich 70 Euro an den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt nach § 18 Abs 3b Satz 3 SGB XI aF für die private Pflegeversicherung entsprechend.
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§ 18 Abs 3b SGB XI aF bezieht sich wie § 18 SGB XI insgesamt allein auf das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit, nicht jedoch auf die Bescheidung von Leistungsanträgen für einzelne Leistungen der Pflegeversicherung. § 18 Abs 3b SGB XI aF ist mit der Nichteinhaltung der in § 18 Abs 3 SGB XI ausschließlich bei den Anträgen zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit festgelegten Fristen verknüpft. Dies verdeutlicht, dass § 18 Abs 3b SGB XI aF die bereits in § 18 Abs 3 Satz 2 SGB XI aF erwähnte Frist von 25 Arbeitstagen wiederholt. Auch in den vom Kläger zitierten Materialien findet sich die Verknüpfung eines Anspruchs auf Verzögerungszahlung mit dem Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Es wird zum Ausdruck gebracht, dass die Pflicht zur Leistung einer Zusatzzahlung an die Nichteinhaltung einer Frist zur Bescheiderteilung in Verfahren zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit gekoppelt ist (BTDrucks 17/9369 S 36 ff; BTDrucks 17/9669 S 20).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.