L 5 KR 496/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 947/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 496/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.06.2020 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die (stationäre) Versorgung des Klägers mit einer Kieferumstellungsoperation zur Behandlung eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms im Streit.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen das Risiko Krankheit versichert. Mit am 29.06.2016 bei der Beklagten eingegangenen Unterlagen (ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin M. vom 26.06.2016, Arztbrief der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums P. vom 18.06.2016, ärztliche Bescheinigung des Lungenfacharztes A. vom 27.08.2015) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Versorgung mit einer Kieferverlagerungs-Operation. A. bescheinigte das Vorliegen eines hochgradigen obstruktiven Schlafapnoesyndroms; die erforderliche CPAP-Therapie werde nicht toleriert. K. (Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums P.) attestierte (nach Vorstellung des Klägers am 03.05.2016) die Notwendigkeit einer operativen Kieferumstellung. Er führte aus, mit einer solchen Operation könne durch Umstellung und Vorverlagerung der Kiefer eine Verbreiterung der Atemwege erreicht und so die Schlafapnoe behoben werden. „Neue Daten“ zeigten, dass Patienten, welche eine nächtliche Maskenbeatmung nicht tolerierten, von einer Kiefervorverlagerung profitierten. Bisher sei in allen operierten Fällen eine Heilung mit Normalisierung der Sauerstoffsättigung im Blut erreicht worden. Es sei auch darauf zu verweisen, dass die Maskenbeatmung eine rein symptomatische Behandlungsmethode darstelle, die nicht die Ursache des Leidens beseitige. Die positiven Auswirkungen einer Operation bestünden darin, dass keine Atemaussetzer und kein Schnarchen mehr vorlägen. Außerdem sei der Schlaf erholsamer. Die Leistungsfähigkeit im Alltag werde gestärkt und eine Normalisierung des Blutdrucks werde erreicht. M. wies darauf hin, dass die andauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers Anlass dazu gebe, über operative Behandlungsalternativen nachzudenken. Die bereits zur Anwendung gekommene Maskenüberdruckbeatmung werde durch den Kläger „absolut nicht akzeptiert mit Panikattacken unter der Maske, was ein dauerhaftes Tragen schlichtweg unmöglich“ mache.

Mit Schreiben vom 29.06.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung C. (MDK) einzuholen. Mit (Kurz-)Gutachten vom 04.07.2016 führte X. (MDK) aus, dass zwar in einzelnen Fällen ein kieferchirurgisches Vorgehen die Schlafapnoe beseitigen könne. Wissenschaftlich geeignete Langzeitdaten seien aber nicht vorhanden. Es müsse weiterhin an einer Optimierung der Maskentherapie gearbeitet werden. Gegebenenfalls komme ein Wechsel von einer kontinuierlichen Überdruckbeatmung (CPAP = Continuous Positive Airway Pressure) zur APAP, wobei bei dieser Methode der Algorithmus des Beatmungsgeräts über einen Sensor den jeweils notwendigen therapeutischen Druck für jeden Atemzug individuell ermittele (Automatic-PAP), in Betracht. Durch Bescheid vom 11.07.2016 lehnte die Beklagte dem folgend den Antrag des Klägers ab. Ausweislich der Ausführungen des MDK bestehe keine medizinische Indikation. Alternativ zu einem operativen Eingriff seien eine CPAP-Therapie oder ggf. eine APAP-Therapie möglich.

Mit am 20.07.2016 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 18.07.2016 legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen ausführte, die angeführten Therapien (CPAP / APAP) seien nicht geeignet, die notwendige Heilung herbeizuführen. Die Maskentherapie setze allein bei den Symptomen und nicht bei den Ursachen der Erkrankung an. Nach Anforderung durch die Beklagte führte N. (MDK) unter dem 05.08.2016 gutachterlich aus, eine Osteotomien von Ober- und Unterkiefer komme bei anatomischen Besonderheiten, die vorliegend nicht beschrieben würden, in Betracht. Die Aussage, die beantragte Therapie sei der neue „Goldstandard“ zur Behandlung des obstruktiven Schlafapnoesyndroms sei wissenschaftlich nicht zu begründen. Die nächtliche Überdruckbeatmung bleibe weiterhin das Mittel der Wahl. Ein nachvollziehbarer medizinischer Grund für die beschriebene Intoleranz sei nicht erkennbar. Sofern der Kläger unter Panikattacken leide, müsse zunächst eine fachpsychiatrische Diagnostik und Therapie einer möglichen Panikstörung erfolgen. Zu verweisen sei der Kläger auch auf eine noch mögliche Gewichtsreduktion sowie auf einen dauerhaften Nikotinverzicht. N. verwies dabei auf die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin. Die Möglichkeiten zur Umsetzung einer dauerhaften nächtlichen Überdruckbeatmung seien noch nicht in dem erforderlichen Umfang umgesetzt worden.

 

Der Kläger setzte sich hiermit kritisch auseinander (Schreiben vom 26.08.2016) und vertrat weiterhin die Auffassung, er habe einen Anspruch auf die zur Heilung notwendige Operation. Bereits seit Jahren versuche er vergeblich, eine Reduzierung seines Körpergewichts zu erreichen. Dieses sei auch auf die durch die Schlafapnoe verursachten Krankheiten zurückzuführen. Da eine absolute Unverträglichkeit der Maskenbeatmung vorliege, und es nur bei Nutzung einer Maske mit Nasenbeatmung einmalig zu einer Panikattacke gekommen sei, sei eine fachpsychiatrische Diagnostik nicht erforderlich. Aufgrund seiner anatomischen Besonderheiten könne ihm nur die operative Vorverlagerung des Kiefers helfen. Er nahm Bezug auf einen Ausdruck der Internetpräsenz http://www.schlafapnoe.com/de/studien.html (24.02.2013) mit dem Titel „Wissenschaftlicher Nachweis der Heilung von obstruktiver Schlafapnoe mittels Rotation Advancement“.

Nach Anforderung durch die Beklagte führte N. (MDK) unter dem 12.10.2016 gutachterlich aus, die von dem Kläger in Bezug genommene Publikation betreffe eine retrospektive Analyse von 17 Patienten (11 voroperiert) mit einem typischen Zurückweichen der unteren Gesichtsregion (Unterkiefer/Kinn). Dass bei dem Kläger eine derartige Physiognomie vorliege und dadurch eine signifikante Verengung seiner oberen Luftwege resultiere, sei bislang nicht belegt. Insgesamt seien retrospektive Studien ungeeignet zum Nachweis eines patientenrelevanten Nutzens bzw. der Heilung einer Erkrankung. Die nächtliche Überdruckbeatmung bleibe zu empfehlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2016 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers den Ausführungen des MDK folgend als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Kostenübernahme seien nicht gegeben. Ein chirurgisches Verfahren werde nur bei anatomischen Besonderheiten empfohlen, die bei dem Kläger nicht vorlägen. Dass der Kläger bei Durchführung der Standardtherapie unter Panikattacken leide, sei nicht objektiviert. Im Übrigen seien eine Gewichtsnormalisierung und dauerhafter Nikotinverzicht erforderlich, um das Behandlungsziel zu erreichen.

Mit seiner am 15.11.2016 vor dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend geltend gemacht, es sei zu berücksichtigen, dass das Übergewicht Folge der Schlafapnoe sei und nicht Ursache. Er bemühe sich seit Jahren vergeblich um eine Reduzierung des auch auf einer Stoffwechselstörung, die ihrerseits Folge der Schlafapnoe sei, beruhenden Übergewichts. Eine nächtliche Überdruckbeatmung scheitere an der bestehenden Maskenintoleranz. Diese sei auch nicht durch fachpsychiatrische Behandlung zu beseitigen. Soweit die von der Beklagten in Bezug genommene Leitlinie bei anatomischen Besonderheiten zur Heilung ein chirurgisches Verfahren empfehle, so müsse dies auch bei einer wachstumsbedingten Rücklage des Unter- bzw. Oberkiefers berücksichtigt werden. Diese Situation bestehe bei dem Kläger. Der Kläger hat ergänzend Bezug genommen auf Ausdrucke der Internetpräsenz http://www.schlafapnoe.com (17.06.2016) mit den Titeln „Ursachen, Symptome, Folgen“ sowie „Schlafapnoe und Diabetes“.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2016 zu verurteilen, dem Kläger eine operative Kieferumstellung als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten. Ergänzend hat sie Bezug genommen auf ein sozialmedizinisches Gutachten des Y. (MDK) vom 07.03.2017. Dieser führe aus, nach der aktuellen Leitlinie von 2017 der Deutschen Gesellschaft für Somnologie sei eine operative Vorverlagerung bei entsprechenden anatomischen Befunden mit kleinem Unterkiefer und engem Gesichtsschädelaufbau möglich. Diese Verhältnisse seien im Fall des Klägers nicht bestätigt. Nachweise über eine Kieferanomalie lägen nicht vor. Eine medizinisch begründete Intoleranz für die Behandlung mit einer Atemmaske sei nicht bestätigt.

Das Gericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung von Befund- und Behandlungsberichten des Pneumologen A. vom 07.06.2017, des Arztes und Zahnarztes K. (Universitätsklinikum P.) vom 09.06.2017 und des Allgemeinmediziners M. aus Juni 2017. A. beschreibt eine subjektive Intoleranz gegen die CPAP-Therapie. Die operative Maßnahme sein „eine Option“, die Erfolgsaussichten seien seines Erachtens nach unklar. K. beschreibt u.a. eine skelettale Normokklusion bei eingeschränktem hinterem Luftweg („laut Aussage des Patienten“). Während sich der Kläger bestätigt gesehen hat, hat die Beklagte Bezug genommen auf eine gutachterliche Stellungnahme des X. (MDK) vom 10.10.2017, wonach weiterhin keine anatomischen Besonderheiten oder Bestätigungen für das Vorhandensein der Voraussetzungen für ein gesichtskelettverlagerndes Verfahren nachvollzogen werden könnten. Vertragsärztliche Alternativen seien weiterhin vorhanden. Hierzu hat der Kläger Stellung genommen (Schriftsatz vom 20.12.2017) und auf die Veröffentlichungen „Non-CPAP therapies in obstructive sleep apnoea, European Respiratory Journal 2011; 37: 1000-1028“ und „CPAP for Prevention of Cardiovascular Events in Obstructive Sleep Apnoea, The New England Journal of Medicine, Vol. 375 No. 10, September 8, 2017, 919 ff.“ Bezug genommen. Die Beklagte hat dies zum Anlass genommen, erneut den MDK zu beauftragen. X. (MDK) hat hierzu im Rahmen einer gutachterlichen Stellungnahme vom 17.01.2018 ausgeführt, dass die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) von 2017 weiterhin dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse entsprächen. Es bleibe bei der bisherigen Leistungsempfehlung. Hierzu hat der Kläger ausgeführt (Schriftsatz vom 27.03.2018), dass auch nach der in Bezug genommenen Leitlinie in Fällen, wie seinem, in denen eine CPAP-Therapie nicht möglich sei bzw. nicht toleriert werde, die begehrte operative Behandlung als geboten angesehen werde.

Das Sozialgericht hat sodann Beweis erhoben zu den Gesundheitsstörungen des Klägers und den Behandlungsoptionen durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (nach Lage der Akten) des Internisten, Pneumologen und Schlafmediziners R. vom 31.08.2018. Dieser hat auf Grundlage der vorliegenden Befunde zusammenfassend ausgeführt: Bei dem Kläger lägen eine schwergradige, gemischtförmige, führend obstruktive Schlafapnoe (RDI 101/h, AHI 100,8/h, minimale Sauerstoffsättigung 84%), nächtliche periodische Beinbewegungen (PLMS-Index von 114/h), eine Adipositas (BMI 38,9 kg/m2), eine Nikotinabhängigkeit, arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus Typ 2 (Insulinresistenz), eine Glykogenose (Typ V), ein Z.n. bifrontalem Schädel-Hirn-Trauma und ein Z.n. parietooccipitalen Endstrominfarkten 2010 vor. Für die Behandlung der Schlafapnoe stehe insbesondere eine pneumatische Schienungstherapie (CPAP, BiPAP, APAP), ggf. mit individuell angefertigter Maske, zur Verfügung. Andere Maßnahmen, wie eine alleinige Verhinderung der Rückenlage oder eine Unterkieferprotrusionsschiene, seien aufgrund der Schwere der Erkrankung bei dem Kläger nicht hinreichend. Evtl. könnten solche Maßnahmen aber ergänzend zur pneumatischen Schienungstherapie erfolgen. Ein „Zungenschrittmacher“ mit atemsynchroner Stimulation des Nervus hypoglossus werde aufgrund der Datenlage nur bei Patienten ohne Adipositas angewandt und komme somit für den Kläger nicht infrage. Die operative Umstellung (Vorverlagerung) der Kiefer stelle ein mögliches Verfahren zur Therapie der obstruktiven Schlafapnoe dar, das nach aktueller Datenlage infrage komme, wenn die Modalitäten der pneumatischen Schienungstherapie keine Besserung gebracht hätten bzw. nicht toleriert worden seien und/oder eine Anomalie der Kieferanatomie (z.B. Rückverlagerung des Unterkiefers) bestehe. Als weitere Voraussetzungen würden ein normales bis leicht erhöhtes Körpergewicht, Nikotinkarenz und das Fehlen von Begleiterkrankungen, die das Operationsrisiko erhöhen, angesehen. Bei dem Kläger sei als pneumatische Schienungstherapie bisher nur die CPAP-Therapie zur Anwendung gekommen. Eine erste Einstellung auf eine CPAP-Therapie sei 2013 erfolgt. Im vorliegenden Arztbrief sei dokumentiert, dass diese CPAP-Therapie die Schlafapnoe gut habe bessern können; die Therapie sei von dem Kläger jedoch subjektiv nicht gut vertragen worden, so dass er diese abgebrochen habe. Eine zweite Einstellung auf eine CPAP-Therapie sei im April 2016 erfolgt. Auch dabei habe wieder nachgewiesen werden können, dass die CPAP-Therapie grundsätzlich bei dem Kläger funktioniere und die obstruktive Schlafapnoe stark bessern könne. Sie sei allerdings nur für eine Nacht angewandt worden; weitere Versuche einer Therapieoptimierung mit der Umstellung auf einen möglicherweise besser verträglichen Behandlungsmodus (BiPAP, APAP) oder auf andere Maskentypen seien nicht dokumentiert. Eine strukturiert durchgeführte, nachhaltige Gewichtsreduktion sei ebenfalls noch nicht zum Einsatz gekommen. Grundsätzlich sei eine operative Kieferverlagerung geeignet, den regelwidrigen Zustand einer obstruktiven Schlafapnoe zu heilen, zu bessern oder zu lindern. Dies sei an verschiedene Voraussetzungen gebunden, insbesondere an das Vorliegen entsprechender Kieferanomalien, ein maximal gering erhöhtes Körpergewicht, Fehlen von Begleiterkrankungen, die das Operationsrisikos erhöhen, Nikotinkarenz. Das Verfahren solle nur zum Einsatz kommen, wenn andere, weniger invasive Therapieverfahren nicht zum Erfolg geführt hätten bzw. nicht toleriert worden seien. Eine operative Kieferverlagerung könne notwendig werden, wenn die Erkrankung nachgewiesenermaßen nicht mit einem der anderen, weniger eingreifenden Therapieverfahren oder einer Kombination dieser Verfahren ausreichend behandelt werden könne und die weiteren Voraussetzungen einer nachhaltigen Gewichtsreduktion und einer Nikotinkarenz erfüllt seien. Bei dem Kläger stelle – auch unter Abwägung der Risiken des Eingriffs, insbesondere beim Vorliegen von Begleiterkrankungen, gegenüber dem Nutzen – aufgrund seiner Gesamtsituation eine operative Kieferverlagerung lediglich eine Ultima Ratio nach Versagen aller anderen Therapieoptionen und nach Schaffen der Voraussetzungen (Gewichtsreduktion, Nikotinkarenz) dar und sei in der derzeitigen Situation nicht notwendig. Bei Nachweis, dass eine pneumatische Schienungstherapie trotz Anwendung aller zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten, trotz optimaler Maskenanpassung und Gewichtsreduktion nicht toleriert werde, bestehe bei einer operativen Kieferverlagerung eine vernünftige Relation zwischen den Kosten und dem konkreten Heilerfolg. Auch insoweit seien eine vorherige Reduktion des Operationsrisikos und eine Erhöhung der Erfolgschancen des Eingriffs durch eine nachhaltige Gewichtsreduktion und eine Nikotinkarenz zu fordern. Nach derzeitigem Erkenntnisstand müsse bei dem Kläger davon ausgegangen werden, dass das Therapieziel durch die Anwendung einer pneumatischen Schienungstherapie in einem optimierten Modus durchaus erreichbar sei. Die Wirksamkeit der pneumatischen Schienungstherapie sei bei den CPAP-Therapie-Einstellungen 2013 und 2016 nachgewiesen worden. Es gelte nun, ein pneumatisches Schienungsverfahren zu finden, das für den Kläger auch verträglich sei und die weiteren genannten begleitenden Therapien, hier insbesondere eine nachhaltige Gewichtsreduktion, anzustreben. Weitere Voruntersuchungen für eine operative Verlagerung der Kiefer seien erst indiziert, wenn diese Methode konkret infrage komme. Die Voraussetzungen hierfür seien aktuell nicht gegeben.

Das Sozialgericht hat sodann auf Antrag des Klägers (Schriftsatz vom 24.10.2018) nach § 109 SGG weiter Beweis erhoben zu den Gesundheitsstörungen des Klägers und den Behandlungsoptionen durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (nach Lage der Akten) des T. (Spezialklinik für Ästhetische Gesichts-, Kiefer- und Oralchirurgie, D.) vom 05.03.2019. Dieser hat auf Grundlage der vorliegenden Befunde zusammenfassend ausgeführt: Bei dem Kläger zeigten sich ein hochgradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS; RDI 64/h; Zeugnis A. von 2017, S. 1; Gutachten MDK S. 24), eine CPAP-Maskenintoleranz (Zeugnis M., S. 6), ein Nikotinabusus, eine Adipositas Grad I (BMI 34) sowie ein metabolisches Syndrom (S. 23), arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Glykogenose Typ V, ein Z.n. Schädel-Hirn-Trauma und ein Z.n. parietoocipitalen Endstrominfarkten 2010. Bei relevanter OSAS stelle die Therapie mit einer Überdruckmaske (continuous positive airway pressure; CPAP) die aktuelle Standardtherapie dar. Durch einen permanenten positiven Druck werde hier ein Kollaps der Atemwege verhindert (sog. pneumatische Schienung). Obschon die CPAP-Therapie aktuell als Standard angesehen werde, zeigten aktuelle Studien, dass diese Therapiemodalität das Auftreten cardiovaskulärer Risikofaktoren nicht verhindern könne (McEvoy 2016). Des Weiteren komme es bei vielen Patienten zu einer sogenannten Maskenintoleranz, die verschiedenste Ursachen haben könne. Alternative Behandlungen (Schienen, Operation des weichen Gaumens) kämen vorliegend nicht in Frage. Als optimale alternative Variante bestehe die Umstellungsosteotomie von Ober- und Unterkiefer (sog. Rotation-Advancement). Hierdurch komme es bei fachgerechter Durchführung zur permanenten Erweiterung der oberen Atemwege und somit in der Regel zu einer Beseitigung des OSAS. Die Methode des Rotation-Advancement sei von T. vor ca. 20 Jahren entwickelt worden; es seien in seiner Klinik seither ca. 600 Patienten dementsprechend versorgt worden. Langzeitstudien (Metanalysen) zeigten, dass es in 98.8% der Fälle durch die Operation zu einer signifikanten Verbesserung des OSAS in Bezug auf RDI, Epworth Score sowie Sauerstoffsättigung komme (Zaghi 2016). Hieraus folge, dass die Kieferverlagerung absolut dazu geeignet sei, den regelwidrigen Zustand (Verengung der Atemwege) zu beseitigen, und somit das OSAS zu heilen. Bei dem bei dem Kläger vorliegenden schweren OSAS sei eine Therapie zwingend notwendig, um Folgeschäden (Herzinfarkte, Schlaganfälle etc.) zu vermeiden. Nachdem sich gezeigt habe, dass die CPAP-Therapie keine cardiovaskulären Ereignisse verhindere (McEvoy 2016), sei davon auszugehen, dass die permanente operative Erweiterung der oberen Atemwege als kurativer Ansatz zur Beseitigung der Ursache des OSAS führe, da postoperativ die pathologischen anatomischen Verhältnisse beseitigt seien. Somit sollten die Risiken der Patienten denen des Normalkollektives entsprechen. Langzeitstudien in Bezug auf die Lebenszeitverlängerung stünden zwar noch aus, allerdings sei davon auszugehen, dass Patienten, bei denen die Ursache des OSAS beseitigt worden sei, die gleichen Voraussetzungen in Hinblick auf die Lebenserwartung hätten, wie das Normalkollektiv. Die Operation sei in Abhängigkeit vom Lebensalter die wirtschaftlichste und kostengünstigste Alternative. Überdies sei die Operation unabhängig von der Mitarbeit des Patienten. Somit könne es hier nach erfolgreicher Durchführung nicht zu Risiken durch Nichteinhalten der Therapie kommen. Das Therapieziel könne auch mit einer optimalen CPAP-Therapie erreicht werden. Hier handele es sich jedoch um eine nicht kurative Option und es erfolge keine Minimierung von kardiovaskulären Risiken. Die Ursache der Schlafapnoe bei dem Patienten (Atemwegsverengung) werde nicht dauerhaft adressiert, wie es durch eine Umstellung der Kiefer bewirkt werden würde. Dem MDK-Gutachten vom 04.07.2016 werde widersprochen. Bei dem Kläger zeige sich im Bereich des Zugengrundes ein kompletter Verschluss der Atemwege sowie eine deutliche Einschränkung der Nasen-Luft-Passage durch eine Septumdeviation. Die cephalometrische Auswertung zeige zudem eine dezente Rücklage des Oberkiefers in Relation zur Schädelbasis, die zu einer Verengung der Atemwege führe. Dies berücksichtige der MDK nicht. Den Vorgutachtern werde dahingehend zugestimmt, dass strenggenommen Alternativen zur Operation im Sinne einer zu optimierenden CPAP-Therapie mit ggf. Umstellung auf APAP existierten. Inwiefern die Maskenintoleranz durch den Kläger belegt werden könne, sei von mund-, kiefer- gesichtschirurgischer Seite aus nicht beurteilbar. Es bestehe jedoch ein hoher glaubhafter Leidensdruck. Bezüglich des MDK-Gutachtens vom 05.08.2016 könne gutachterlich nicht „besprochen werden“, ob eine begründete Intoleranz für die CPAP-Therapie vorliege. Sicherlich habe, wie in der DGSM S3-Leitlinie beschrieben, das Körpergewicht einen gewissen Einfluss auf den RDI/AHI. Angegeben würden 50% für eine 10-50% Gewichtsreduktion. Bei dem Kläger mit einem RDI/AHI von über 60/h bliebe aber somit noch immer ein therapiebedürftiger RDI/AHI erhalten. Ferner sei es für den Kläger aufgrund der ausgeprägten Tagesmüdigkeit (Epworth-Index 15) recht herausfordernd, adäquat an Körpergewicht abzunehmen, zumal der Kläger anamnestisch ca. 18 von 24 Stunden schlafend verbringe. Bezüglich der notwendigen Vermeidung von Alkohol sowie Nikotin werde den Gutachtern unbedingt zugestimmt. Dieses sei sogar Voraussetzung für die Durchführung der Operation. Falsch hingegen sei, dass der Stellenwert der Osteotomien lediglich bei anatomischen Besonderheiten liege, zumal die Cephalometrie eine milde Oberkieferrücklage bestätigt habe. Der einzig relevante anatomische Parameter sei die Weite der oberen Atemwege. Bei dem Kläger liege hier ein radiologisch kompletter Verschluss vor (DVT Befund). Eine Schlafapnoe könne grundsätzlich bei allen skelettalen Gesichtsmustern auftreten (KVG-Atlas). Das MDK-Gutachten vom 12.10.2016 enthalte wenige neue Argumente. Soweit kontrollierte prospektive Vergleichsstudien gefordert würden, sei den Gutachtern insofern Recht zu geben, dass bis anhin lediglich retrospektive Studien existierten. Allerdings könne aufgrund der vorliegenden großen Fallserien in Metaanalysen von einer signifikanten Erfolgsquote ausgegangen werden. Zu dem MDK-Gutachten vom 10.10.2017 sei auszuführen, dass die Beurteilung der Computertomographie vom 09.07.2015 im Befund keine Aussage zur Atemwegsweite enthalte. Weiterhin sei eine CT nur bedingt zur Aussage über das Gesichtsschädelwachstum geeignet. Der Standard sei hier die cephalometrische Auswertung, die bei dem Kläger eine dezente Oberkieferrücklage ergebe. K. bestätige in der Anfrage vom 09.06.2017 die auch von dem Sachverständigen beschriebene klinische Enge der unteren Atemwege. Der MDK stelle fest, dass keine anatomischen Besonderheiten vorlägen, obgleich ihm ein Cephalogramm (FRS, Fernröntgen seitlich) vorgelegen habe, auf dem sich die Oberkieferrücklage zeige. Des Weiteren sollte auf diesen Aufnahmen (sowohl OPT als auch FRS) die ausgeprägte Enge der Atemwege deutlich sichtbar sein. Die anatomischen Voraussetzungen für ein Rotation-Advancement seien somit fraglos gegeben. Soweit der Sachverständige R. gutachterlich auf die entsprechende S3-Leitlinie (S3-Leitlinie nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen), wonach bei entsprechendem anatomischen Befund (Posterior Airway Space <10mm) eine Vorverlagerung des Ober-/Unterkiefers erwogen werden solle; dies insbesondere dann, wenn eine andere Therapie nicht möglich sei bzw. diese nicht ausreichend toleriert werde, Bezug nehme, sei festzustellen, dass bei dem Kläger ein Komplettverschluss im DVT und ein PAS von 5mm im FRS gegeben sei. Somit seien die anatomischen Voraussetzungen eindeutig leitlinienkonform gegeben. Weshalb im CT-Befund vom 09.07.2015 dieses nicht beschrieben worden sei, sei nicht beurteilbar. Geteilt werde die Meinung des Gutachters, dass die Möglichkeiten der pneumatischen Schienungstherapie vor einem operativen Eingriff ausgeschöpft werden sollten. Ob dieses bei dem Kläger erfolgt sei, lasse sich MKG-Chirurgisch nicht beurteilen. Insgesamt werde für den Kläger das operative Verfahren des Rotation-Advancement empfohlen, sofern die Möglichkeiten der pneumatischen Schienungstherapie ausgeschöpft seien und der Patient diese nicht toleriere.

Das Sozialgericht hat sodann weiter Beweis erhoben zu den Gesundheitsstörungen des Klägers und den Behandlungsoptionen durch Einholung einer ergänzenden Stellungnahme (nach Lage der Akten) des Sachverständigen R. vom 24.06.2019. Dieser hat auf Grundlage der vorliegenden Befunde zusammenfassend ausgeführt: Schwierigkeiten bei der Anpassung einer pneumatischen Schienungstherapie im Sinne von Panikattacken unter der Maske könnten auch bei Personen auftreten, die nicht an einer psychiatrischen Grunderkrankung litten. Derartige Probleme seien besonders in der Anfangsphase der Therapie keineswegs ungewöhnlich. Diesen Schwierigkeiten könne durch eine Optimierung des Therapieverfahrens (APAP, SiPAP, Nutzung der Rampenfunktion, Anpassung einer optimal sitzenden Maske, etc.) häufig erfolgreich begegnet werden. Dies solle unbedingt zeitnah nochmals versucht werden. Soweit der Kläger geltend mache, an einer Angst- und Panikstörung zu leiden, die ihm auch derartige Versuche einer Therapieoptimierung unmöglich mache, könne dies nicht beurteilt werden. Richtig sei, dass die schlafbezogenen Atemstörungen nun schon seit über 6 Jahren nicht adäquat behandelt seien und dies eine gesundheitliche Gefährdung des Klägers darstelle. Vor diesem Hintergrund müsse, wenn aus psychiatrischer Sicht tatsächlich eine definitive Unverträglichkeit der Maskentherapie auf dem Grund einer Angst- und Panikstörung vorliege, in Abwägung aller Risiken ein operatives Vorgehen diskutiert werden. Es müsse dann aber sowohl dem Operateur, als auch dem Kläger klar sein, dass in der gegebenen Gesamtsituation ein erhöhtes perioperatives Risiko von Komplikationen bestehe und für die Operation zunächst die Voraussetzungen (Nikotinkarenz, Gewichtsreduktion) zu schaffen seien.

Mit Urteil vom 17.06.2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zusammenfassend ausgeführt, bei dem Kläger bestehe eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V, denn das bei ihm schon 2013 diagnostizierte Schlafapnoesyndrom mit häufigen nächtlichen Atemaussetzern verursache vielfältige Beeinträchtigungen und sei behandlungsbedürftig. Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Kieferverlagerungsoperation gegenüber der Beklagten zur Behandlung der Erkrankung, da nicht nachgewiesen sei, dass die Maskentherapie nicht erfolgversprechend angewendet werden könne. Das Sozialgericht hat insoweit Bezug genommen auf die eingeholten Gutachten und die Berichte der behandelnden Ärzte. Nach der S3-Leitlinie „Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen“ in der Version von August 2017 komme einer operativen Kiefervorverlagerung ein hoher Empfehlungsgrad nur dann zu, wenn einerseits ein Zungengrund-Rachenhintergrund-Abstand von weniger als 10 mm festgestellt sei und eine andere Therapie (CPAP, UPS) nicht möglich sei bzw. nicht ausreichend toleriert werde. Eine besondere Kieferanomalie, deren anatomische Verhältnisse bereits aus sich heraus eine operative Behandlung rechtfertigen würden, liege bei dem Kläger nicht vor. Eine möglicherweise dennoch infrage kommende operative Vorverlagerung des Kiefers sei jedenfalls deshalb nicht notwendig, weil nicht nachgewiesen sei, dass die Maskenbeatmung zur Behandlung der Schlafapnoe unzureichend sei bzw. nicht toleriert werde. Zwar seien die Angaben des Klägers Hinblick auf die Schwierigkeiten im Umgang mit der nächtlich zu tragenden Atemmaske verständlich, konkrete Nachweise dazu, welche Schwierigkeiten im Einzelnen mit der Maske aufgetreten seien, ließen sich den Befunden jedoch nicht entnehmen. Die vorliegenden Berichte über die jeweiligen Behandlungen des Klägers im Schlaflabor ließen vielmehr den Schluss zu, dass die Nutzung einer Atemmaske gegebenenfalls nach exakten und engmaschigen Kontrollen zu einem Behandlungserfolg führen könne. Aus welchen Gründen gemeinsam mit dem Kläger keine weiteren Versuche unternommen worden seien, die gesamte Bandbreite der zur Verfügung stehenden Überdruckbeatmungsgeräte mit gegebenenfalls individueller Maskenanfertigung zu nutzen, erschließe sich der Kammer nicht. Die gegebenenfalls erneut durchzuführende Maskentherapie sei dem Kläger gerade vor dem Hintergrund zumutbar, dass nach inzwischen mehr als vier Jahren kein erneuter Therapieversuch durchgeführt worden sei.

Gegen das dem Kläger am 30.06.2020 zugestellte Urteil hat er am 27.07.2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf sein bisheriges Vorbringen. Vertiefend führt er aus, dass ihm lediglich die begehrte Kieferumstellung die erstrebte Heilung erbringen könne, auf die er einen Anspruch habe. S. (U., O.) habe eine Kieferumstellungsosteotomie nach computergestützter 3-D-Planung entwickelt. Dazu sei im Vorwege erforderlich „herauszufinden, wo genau und wie stark die oberen Atemwege verengt seien“. Im Rahmen einer Atemwegsanalyse durch eine dreidimensionale Volumentomographie (3D-DTV) könne dies geschehen. Insoweit sei durch die Beklagte die Zusage für die Übernahme des Aufwandes einer durch S. (U., O.) vorgesehenen 3D-DTV zu erteilen. Da diese Voruntersuchung den Beweis für die Notwendigkeit der beantragten Sachleistung liefern werde, beantrage er eine Beweisanordnung des Gerichts, wonach der Kläger durch S. in der U., O. mittels 3D-DTV zu untersuchen sei. Der Kläger nimmt Bezug auf von ihm ohne Quellenangaben vorgelegte Ausführungen der U., O. und des S..

Auf Nachfragen des Senats hat der Kläger erklärt, im Hinblick auf das bestehende Schlafapnoesyndrom weiterhin nicht versorgt zu sein. Er begehre eine operative Behandlung nach dem von S. etablierten Verfahren. Der BMI des Klägers betrage aktuell 44,9 kg/m² (157 kg bei 187 cm). Eine Gewichtsreduktion sei erfolglos versucht worden. Der Kläger befinde sich nicht in psychotherapeutischer oder psychiatrischer Behandlung, eine solche sei auch in der Vergangenheit nicht erfolgt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.06.2020 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2016 zu verurteilen, dem Kläger die beantragte Kostenübernahme für eine Kieferumstellungsoperation unter stationären Bedingungen zur Behandlung eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.06.2020 zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und nimmt im Wesentlichen darauf sowie auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

A. I. Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers und seines anwaltlichen Bevollmächtigten entscheiden, da dieser in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§§ 69 Nr. 3, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG) und der Sachverhalt geklärt ist. Abgesehen davon hat der Kläger selber die Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens beantragt und sein anwaltlicher Bevollmächtigter sich damit einverstanden erklärt, dass der Senat in seiner Abwesenheit verhandelt und entscheidet.

 

II. Der Rechtsstreit ist auch entscheidungsreif. Der Senat sieht sich nicht veranlasst, weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. Der von dem Kläger schriftsätzlich formulierte „Beweisantrag“, ihn durch S. in der U., O. mittels 3D-DTV zu untersuchen, ist weder hinreichend konkretisiert (vgl. z.B. BSG vom 28.02.2023 – B 5 R 191/22 B Rn. 9) noch sachdienlich. Der Kläger begehrt die Durchführung einer Voruntersuchung (3D-DTV) mit dem Ziel der Ausforschung. Beweisanträge, die so unbestimmt bzw. unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll bzw. die allein den Zweck haben, dem Kläger, der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte Tatsachenbehauptungen zu verschaffen, sind als Beweisausforschungs- bzw. -ermittlungsanträge auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (BSG vom 16.11.2022 – B 5 R 112/22 B Rn. 19 m.w.N.). Gleiches gilt für weitere Beweiserhebungen auf psychiatrischem Fachgebiet. Es sind keinerlei Anhalte für eine psychiatrische oder psychische Erkrankung des Klägers (hier ggf.: Angst- oder Panikstörung) erkennbar.

B. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhobene Berufung ist nicht begründet.

I. Gegenstand der Berufung ist bei verständiger Auslegung des Vortrags des Klägers dessen behaupteter Anspruch auf Sachleistungsverschaffung für eine Kieferumstellungsoperation zur Behandlung eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms unter stationären Bedingungen. Soweit der Kläger zuletzt eine operative Behandlung (ausschließlich) nach dem durch S. etablierten Verfahren begehrt, stellt sich dies als Klageänderung (§ 99 SGG) dar, der die Beklagte nicht zugestimmt hat. Die Beklagte hat sich auch insoweit nicht rügelos eingelassen (vgl. BSG vom 14.02.2013 – B 14 AS 62/12 R Rn. 14). Die Beklagte hat lediglich ausgeführt, die begehrte Beweiserhebung sei nicht zweckdienlich. Zu dem geänderten Klagebegehren hat sie sich hingegen nicht eingelassen. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich.

II. Das Sozialgericht Detmold hat die zulässig erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) des Klägers zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2016, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger die beantragte Kostenübernahme für eine Kieferumstellungsoperation unter stationären Bedingungen zur Behandlung eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms zu gewähren, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten stationären Behandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.

1. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V), die zahnärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Dabei bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (vgl. BSG vom 16.12.2008 – B 1 KR 11/08 R; BSG vom 07.05.2013 – B 1 KR 44/12 R; LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.09.2022 – L 16 KR 61/21 Rn. 25; Senatsurteil vom 19.01.2023 – L 5 KR 345/19). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Behandlung. Ein solcher ergibt sich weder im Hinblick auf eine Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V (dazu a), noch im Hinblick auf eine Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V (dazu b).

a) Es mag dahinstehen, ob der Kläger einen Anspruch auf eine kombinierte kieferorthopädische und kieferchirurgische Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V hätte; eine solche Behandlung begehrt er nach seinem Vortrag nicht. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob die Beschränkung der Rückausnahme des § 28 Abs. 2 Satz 7 SGB V i.V.m. § 29 Abs. 4 SGB V auf die in den KFO-RL geregelten Indikationsgruppen abschließend ist (LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.10.2021 – L 11 KR 561/17 Rn. 68 ff.) oder in Fällen, in denen kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen ergänzend zu einer kieferchirurgischen Behandlung, die ihrerseits zur Behandlung einer Schlafapnoe notwendig ist, erforderlich sind, außer Kraft gesetzt wird (vgl. ausführlich LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.10.2021 – L 11 KR 561/17 Rn. 68 ff.). Bei der von dem Kläger begehrten operativen Behandlung handelt es sich nicht um eine "kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie" (vgl. zu dieser Behandlungsoption LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.10.2021 – L 11 KR 561/17 Rn. 68 ff.). Vielmehr begehrt der Kläger eine isolierte (kieferchirurgische) Operation (Umstellungsosteotomie).

b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Umstellungsosteotomie aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V.

aa) Bei dem Kläger besteht mit dem Schlafapnoesyndrom mit häufigen nächtlichen Atemaussetzern eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Der Senat verweist auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

bb) Der Anspruch des Klägers auf die begehrte Behandlung scheitert daran, dass die begehrte vollstationäre Leistungserbringung nicht erforderlich (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V) und die Leistung insgesamt nicht wirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 SGB V) ist. Der Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung erfordert insbesondere die Beachtung eines in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V speziell geregelten Aspekts des Wirtschaftlichkeitsgebots. Die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung nachrangig (vgl. BSG vom 26.04.2022 – B 1 KR 5/21 R Rn. 12 m.w.N.). Können die Behandlungsziele durch ambulante Behandlung erreicht werden, besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung und damit kein Vergütungsanspruch des Krankenhauses (vgl. BSG vom 26.04.2022 – B 1 KR 5/21 R Rn. 13). Eine vollstationäre Aufnahme zur Durchführung einer kieferchirurgischen Umstellungsoperation ist damit nur dann erforderlich, wenn das Behandlungsziel nicht durch ambulante Behandlungsmaßnahmen erreicht werden kann.

Es ist jedenfalls nicht nachgewiesen, dass das angestrebte Behandlungsziel (Behandlung der Schlafapnoe) vorliegend nicht durch eine ambulante Behandlung (Überdruckbeatmung) erreicht werden kann.

(1) Der Kläger leidet bereits nicht unter einer schweren Kieferanomalie, deren anatomische Verhältnisse schon aus sich heraus eine operative Behandlung rechtfertigen würden. Der Senat verweist auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

(2) Auch eine sogenannte mittelbare Therapie kann Gegenstand des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung sein. Maßgeblich sind die jeweiligen Qualitätsmaßstäbe. Für chirurgische Eingriffe hat das BSG folgende Einschränkungen vorgenommen: Wird durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BSG vom 19.02.2003 – B 1 KR 1/02 R Rn. 6).

Dabei ist der Begriff der ultima ratio als rechtlicher Aspekt der Erforderlichkeit i. S. von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht in dem Sinne zu verstehen, dass zunächst stets alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sein müssen und als einzige Therapieoption dann noch eine, ein gesundes Organ betreffende Operation verbleibt. Das Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) fordert, dass nach dem gesicherten Stand der medizinischen Erkenntnisse, also der bestverfügbaren Evidenz, in medizinischen Fachkreisen Konsens über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Operation bestehen muss. Sofern Nutzen und Zweckmäßigkeit einer Methode im Grunde anerkannt sind, gebieten es Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot, den Weg des gesicherten Nutzens zu wählen und Gesundheitsgefahren für die Versicherten soweit wie möglich auszuschließen (vgl. BSG vom 16.08.2021 – B 1 KR 18/20 R Rn. 19). Das erfordert eine Abwägung von Chancen und Risiken der in Rede stehenden Operation. Diese dem Patientenschutz dienende Einschränkung gilt in besonderer Weise bei einem Eingriff in ein gesundes Organ, der mit dem Ziel erfolgt, Schäden an anderen Organen oder Körperteilen oder Funktionsstörungen zu beheben, zu lindern oder deren Verschlimmerung zu vermeiden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Unter Berücksichtigung der besonderen Risiken und Folgen eines solchen Eingriffs bedeutet ultima ratio, dass die irreversible, zielgerichtete Schädigung eines gesunden Organs durch eine vollstationär durchzuführende Operation nur dann als i. S. des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderliche Krankenhausbehandlung anzusehen ist, wenn die voraussichtlichen Ergebnisse dieses Eingriffs den voraussichtlichen Ergebnissen anderer Behandlungsoptionen eindeutig überlegen sind. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass sämtliche andere Therapieoptionen zuvor tatsächlich ausgeschöpft sind. Ausreichend ist, wenn unter Berücksichtigung des gesicherten Standes der medizinischen Erkenntnisse und unter Abwägung von Nutzen und Risiken ausgehend von den Behandlungszielen im konkreten Behandlungsfall von einem chirurgischen Eingriff ein deutlich größerer Nutzen für den gesundheitlichen Zustand des Patienten insgesamt zu erwarten ist. Es kommt hierbei insbesondere auf die Erfolgsaussichten der nicht-invasiven Therapieoptionen, die voraussichtliche Dauer bis zu einem spürbaren Erfolg, das Ausmaß der bereits bestehenden Folge- und Begleiterkrankungen der Schlafapnoe und die dadurch bedingte Dringlichkeit der Behandlung an. Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer solchen Operation im Sinne der ultima ratio sind die Leitlinien der betreffenden medizinischen Fachgesellschaft zu berücksichtigen.

Nach der S3-Leitlinie „Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Erwachsenen“ (Erstveröffentlichung 08/2001, Überarbeitung 12/2016, Teil-Aktualisierung 06/2020), herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), werden unter Punkt 4.2.2 „Chirurgische Therapieverfahren“ zur Behandlung schlafbezogener Atemstörungen diskutiert. Unterschieden wird dabei zwischen resektiven und nicht resektiven Verfahren, von denen erstere zum Ziel haben, durch Resektionen im Bereich der oberen Atemwege Obstruktionen bzw. Behinderungen des Luftflusses zu beseitigen bzw. zu korrigieren. Osteotomien zur Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer gehören zu den nicht resektiven Operationsmethoden und werden von der Leitlinie ebenso wie beispielsweise eine Tracheotomie als ultima ratio in Erwägung gezogen. Allerdings wird vor dem Hintergrund der Schwierigkeit der Evaluation solcher chirurgischer Therapieverfahren auf einem hohen Evidenzniveau darauf verwiesen, dass allgemeine Aussagen kaum möglich sind, da die jeweiligen operativen Techniken immer in Abhängigkeit zu der Anatomie und der Funktion der oberen Atemwege individuell auszuwählen sind. Bei entsprechendem anatomischen Befund mit kleinem Unterkiefer und engem Gesichtsschädelaufbau soll eine Vorverlagerung des Ober- und/oder Unterkiefers (bimaxilläres Advancement) erwogen werden, insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, UPS) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird.

Der Kläger ist zumutbar auf eine pneumatische Schienung zur Erreichung des Behandlungsziels zu verweisen. Weder bestehen anatomische Hinderungsgründe, noch ist nachgewiesen, dass diese Therapie durch den Kläger nicht hinreichend toleriert wird.

(2.1) Es ist bereits nicht gesichert, dass eine dauerhafte Enge der Atemwege bei dem Kläger besteht. Der Senat verweist auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

(2.2) Darüber hinaus ist nicht nachgewiesen, dass die Überdruckbeatmung zur Behandlung der Schlafapnoe unzureichend ist bzw. nicht toleriert wird. Es liegt kein medizinisch nachvollziehbarer Nachweis dazu vor, dass es dem Kläger unter Aufbringung einer ihm zumutbaren Willensanstrengung nicht möglich wäre, die Maskenbehandlung – ggf. unter Nutzung einer individuell angefertigten Maske – zu nutzen. Dass der Kläger Unannehmlichkeiten schildert, ist nachvollziehbar. Dass der Kläger nicht in der Lage wäre, eine Maske zu tolerieren, ist hingegen für den Senat nicht erkennbar.

A. verweist insoweit lediglich auf eine subjektive Intoleranz gegen die CPAP-Therapie (Befundbericht vom 09.06.2017). M. verweist auf Panikattacken, die beim Tragen der Maske aufgetreten seien, wobei der Kläger selbst angibt, lediglich einmalig bei Verwendung einer Nasenbeatmung eine Panikattacke erlitten zu haben. Die vorliegenden Berichte und Gutachten belegen, dass die Nutzung einer Atemmaske bei dem Kläger geeignet ist, die Folgen der Schlafapnoe wirksam zu behandeln, ohne dass es einer operativen Vorverlagerung des Kiefers bedarf. Ärztliche Befunde, die die Ineffektivität der Maskentherapie bei dem Kläger belegen könnten, liegen nicht vor. Selbst T. (Gutachten vom 05.03.2019) führt aus, dass Alternativen zur Operation im Sinne einer zu optimierenden CPAP-Therapie mit gegebenenfalls Umstellung auf APAP existieren. Auch er weist darauf hin, dass das operative Verfahren für den Kläger empfohlen wird, sofern die Möglichkeiten der pneumatischen Schienungstherapie ausgeschöpft sind und der Patient diese nicht toleriert. Die fehlende Toleranz für eine Maskentherapie im Falle des Klägers lässt auch er offen.

Im Übrigen erfüllt der Kläger auch die weiteren – insoweit von allen Sachverständigen übereinstimmend geforderten – Voraussetzungen für die begehrte Behandlung nicht. Es ist weder ersichtlich, dass er sein Gewicht reduziert hätte, noch dass er eine Nikotinkarenz einhält.

(3) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch weder aus § 39 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 137c SGB V noch aus § 2 Abs. 1a SGB V.

(3.1) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Behandlung aus § 39 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 137c SGB V. Nach § 137c Abs. 3 Satz 1 SGB V (in der seit 01.01.2020 geltenden Fassung) dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der G-BA bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 SGB V getroffen hat, im Rahmen der Krankenhausbehandlung angewandt und von den Versicherten beansprucht werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach § 137c Abs. 1 SGB V noch nicht abgeschlossen ist (§ 137c Abs. 3 Satz 2 SGB V).

(3.1.1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) dürfen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und über die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG vom 02.09.2014 – B 1 KR 11/13 R Rn. 13; BSG vom 17.02.2010 – B 1 KR 10/09 R Rn. 21; BSG vom 16.12.2008 – B 1 KR 2/08 R Rn. 20; BSG vom 07.11.2006 – B 1 KR 24/06 R Rn. 12 m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.09.2022 – L 16 KR 61/21 Rn. 26; Senatsurteil vom 19.01.2023 – L 5 KR 345/19).

Bei der begehrten Behandlung handelt es sich um eine NUB, für die der G-BA noch keine Empfehlung in einer Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V abgegeben und noch keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 SGB V getroffen hat.

(3.2.2) Voraussetzung für einen Anspruch im Rahmen von § 39 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 137c Abs. 3 Satz 1 SGB V ist nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG das Vorliegen einer schwerwiegenden, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung und das Fehlen verfügbarer Standardtherapien (BSG vom 25.03.2021 – B 1 KR 25/20 R Rn. 41; BSG vom 18.08.2022 – B 1 KR 29/21 R Rn 19; BSG vom 18.08.2022 –B 1 KR 38/21 R Rn. 17). Eine lebensbedrohliche oder seltene Erkrankung liegt bei dem Kläger nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten nicht vor. Auch eine sich durch Schwere und Seltenheit vom Durchschnitt abhebende Erkrankung liegt nicht vor. Letztlich kann dahinstehen, ob bei dem Kläger eine schwerwiegende Erkrankung im oben benannten Sinne vorliegt. Jedenfalls steht noch eine Standardtherapie (Überdruckbeatmung) zur Verfügung. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger eine Behandlung der Schlafapnoe mittels Überdruckbeatmung ausgeschöpft hätte. Hierauf weisen die Sachverständigen übereinstimmend hin.

(3.2) Der Kläger kann einen Anspruch auch nicht auf § 2 Abs. 1a SGB V stützen. Hiernach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Bei einem Schlafapnoesyndrom der bei dem Kläger vorliegenden Ausprägung und Schwere handelt es sich zwar um eine möglicherweise schwerwiegende, jedenfalls aber nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung. Gemeint ist insoweit eine notstandsähnliche Lage mit einer sehr begrenzten Lebensdauer (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.09.2022 – L 16 KR 61/21 Rn. 65 m.w.N.). Das Schlafapnoesyndrom ist auch nicht wertungsmäßig mit einer solchen Erkrankung vergleichbar. Mit diesem Kriterium ist noch eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa – wie oben ausgeführt – mit dem Erfordernis einer „schwerwiegenden“ Erkrankung formuliert ist (BSG vom 16.12.2008 – B 1 KR 11/08 R Rn. 15). Einen solchen Schweregrad erreicht ein Schlafapnoesyndrom nicht.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

D. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Rechtskraft
Aus
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