L 9 SO 47/23 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 30 SF 148/22 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 47/23 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

 

Auf die Beschwerde des Erinnerungsführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 26.01.2023 geändert.

Die dem Erinnerungsführer zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 646,17 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

 

Gründe

 

 

I.

 

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung streitig.

 

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens begehrte höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII für Juli 2019. Sie machte geltend, die Nachforderung aus einer Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2018 sei als zusätzlicher Unterkunftskostenbedarf zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Unterkunftskosten für das Jahr 2018 waren bereits zwei weitere Verfahren bei dem Sozialgericht Detmold anhängig (S 11 SO 261/18 und S 11 SO 266/18), die jeweils durch einen Vergleich endeten. Nachdem die vollständigen Unterlagen zur Prozesskostenhilfe am 06.12.2021 vorgelegt worden waren, bewilligte das Sozialgericht der Klägerin mit Beschluss vom 10.01.2022 Prozesskostenhilfe „ab dem 06.12.2021“ und ordnete den Erinnerungsführer bei. Das Sozialgericht schlug am 01.06.2022 im schriftlichen Verfahren einen Vergleich vor, der von den Beteiligten zur Erledigung des Verfahrens schriftlich angenommen wurde.

 

Der Erinnerungsführer beantragte am 29.08.2022 die Festsetzung der Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse iHv 956,76 €. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:

 

Verfahrensgebühr 3102 VV RVG                           360,00 €

Terminsgebühr 3106 VVG RVG                              324,00 €

Einigungsgebühr 1006 VV RVG                             360,00 €

Auslagenpauschale 7002 VV RVG                           20,00 €

Umsatzsteuer 7008 VV RVG                                   202,16 €

Zwischensumme                                                     1.266,16 €

abzgl. Vorschuss                                                     - 309,40 €

Zahlbetrag                                                                   956,76 €

 

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die Vergütung des Erinnerungsführers am 05.09.2022 auf 542,64 € fest. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:

 

Verfahrensgebühr 3102 VV RVG                           240,00 €

Terminsgebühr 3106 VVG RVG                              216,00 €

Einigungsgebühr 1006 VV RVG                             240,00 €

Auslagenpauschale 7002 VV RVG                           20,00 €

Umsatzsteuer 7008 VV RVG                                   136,04 €

Zwischensumme                                                        852,04 €

abzgl. Vorschuss                                                     - 309,40 €

Zahlbetrag                                                                   542,64 €

 

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei unterdurchschnittlich gewesen, so dass die Verfahrensgebühr in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr festzusetzen sei. Die Einigungsgebühr entstehe in Höhe der Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr in Höhe von 90% der Verfahrensgebühr.

 

Hiergegen hat der Erinnerungsführer am 22.09.2022 Erinnerung eingelegt und die Festsetzung in der beantragten Höhe geltend gemacht.

 

Mit Beschluss vom 26.01.2023 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG handele es sich um einen leicht unterdurchschnittlichen Fall, der die Zuerkennung einer Verfahrensgebühr iHv 240 € rechtfertige. Daraus ergebe sich dann die Höhe der Termins- und der Einigungsgebühr.

 

Gegen diese am 01.02.2023 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 14.02.2023 eingegangene Beschwerde des Erinnerungsführers, mit der er weiterhin die beantragten Gebühren geltend macht. Bei einem leicht unterdurchschnittlichen Fall sei eine Kürzung um ein Drittel nicht gerechtfertigt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

 

II.

 

Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

 

Die Beschwerde ist zulässig.

 

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 € und die Zwei-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist gewahrt.

 

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

 

Das Gericht kann über die Festsetzung befinden, ohne zuvor nach § 14 Abs. 2 Satz 1 RVG ein Gutachten beim Vorstand der Rechtsanwaltskammer einholen zu müssen. Die Regelung ist nur im Rechtsstreit zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten anwendbar, nicht dagegen im Rahmen der Vergütungsfestsetzung eines beigeordneten Anwalts und eines eventuellen Streits hierüber mit der Staatskasse (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R).

 

Die Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG, ist auf 270 € festzusetzen. Der sich aus Nr. 3102 VV RVG in der ab dem 01.01.2021 gF ergebende Rahmen der Verfahrensgebühr beträgt 60 € bis 660 €. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Beschwerdeführer als beigeordneter Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers und seines besonderen Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG). Die von einem beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach § 55 RVG getroffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Deshalb sind der Urkundsbeamte bzw. das Gericht verpflichtet, die Billigkeit der Gebührenbestimmung zu prüfen. Bei Angemessenheit der angesetzten Gebühr haben der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. das Gericht den Kostenansatz zu übernehmen, bei Unbilligkeit die Höhe der Betragsrahmengebühr festzusetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit der angesetzten Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20% zu, wenn es sich nicht um einen Durchschnitts-/Normalfall handelt (BSG Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R).

Der Ansatz der Verfahrensgebühr durch den Erinnerungsführer in Höhe der Mittelgebühr von 360 € entspricht nicht billigem Ermessen.

 

Keine Rolle für die Bemessung der Verfahrensgebühr (anders als für die Frage der Entstehung eines Gebührentatbestandes) spielt der Umstand, dass das Sozialgericht die am 19.07.2021 beantragte Prozesskostenhilfe mit dem Beschluss vom 10.01.2022 erst „für die Zeit ab dem 06.12.2021“ bewilligt hat. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG erstreckt sich die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstehen, auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Hier hat das Gericht eine abweichende Bestimmung getroffen, so dass grundsätzlich nur die Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Bewilligung berücksichtigt werden können. Nach § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG erstreckt sich die Beiordnung ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeiten. Wird der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe – wie hier – gleichzeitig mit der Einreichung der Klage gestellt, dient die Fertigung der Klageschrift auch der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags und ist daher bei der Bemessung der Gebühr zu berücksichtigen. Auch die Tätigkeit in dem Klageverfahren nach Stellung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bis zur Bewilligung soll grundsätzlich in die Bemessung der Gebühr einbezogen werden (BT-Drs. 17/11471, S. 270). Die nach § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG bestehende Möglichkeit einer abweichenden Bestimmung bezieht sich nicht auf die nach § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG zu berücksichtigenden Tätigkeiten (LSG Bayern Beschluss vom 05.02.2021 – L 12 SF 172/18 mit Nachweisen zur Gegenansicht). Damit ist insbesondere der Aufwand für die Erstellung der Klagebegründung zu berücksichtigen, da diese regelmäßig zugleich der Begründung des Antrags auf Prozesskostenhilfe dient.

 

Offenbleiben kann, ob bei der Verfahrensgebühr generell alle Tätigkeiten des Beigeordneten zu berücksichtigen sind, unabhängig von dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beiordnung (so LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 22.01.2018 – L 20 AL 224/17 B mwN). Dafür könnte sprechen, dass sich die zeitliche Grenze der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, die für die Gebührenbemessung verbindlich ist, nur auf „Tätigkeiten“ iSd § 48 Abs. 4 Satz 1 RVG, d.h. auf gebührenauslösende abgrenzbare Verfahrenshandlungen, wie zB die Teilnahme an einem Termin oder den Abschluss eines Vergleichs, nicht jedoch auf die Bemessung der Verfahrensgebühr iSd § 14 RVG bezieht. Bei dieser handelt es sich um eine Pauschalgebühr, mit der gem. § 15 Abs. 1 RVG die gesamte prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwaltes abgegolten wird, für die das RVG keine sonstige Gebühr vorsieht. Sie entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information des Mandaten und umfasst u. a. die Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage oder des Rechtsmittels bzw. von dessen Abwehr durch den Rechtsanwalt – ggf. auch unter Auswertung von Rechtsprechung und Literatur –, die im Zusammenhang mit dem Verfahren notwendigen Besprechungen und den Schriftwechsel des Rechtsanwaltes mit dem Auftraggeber und dem Gericht sowie ggf. mit Dritten, ferner die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln, die Sammlung und den Vortrag des aus der Sicht des Rechtsanwaltes rechtlich relevanten Stoffs sowie das Anbieten von Beweismitteln (eingehend BT-Drs. 15/1971). Damit wäre es unvereinbar, die jeweiligen anwaltlichen Teilbetätigungen danach zu trennen, ob sie vor oder nach der Beiordnung erfolgt sind, und die Verfahrensgebühr allein danach zu bemessen, welcher Tätigkeitsanteil erst ab Wirksamkeit der Beiordnung erfolgt ist (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 22.01.2018 – L 20 AL 224/17 B; abweichend LSG Hessen Beschlüsse vom 17.06.2019 – L 2 AS 241/18 B und vom 10.07.2015 – L 2 SF 11/15 E). Die abweichende Rechtsprechung würde dem Rechtsanwalt gebührenrechtlich einen Anreiz geben, erst ab dem Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe substantiiert und ausführlich vorzutragen und zu argumentieren. Dies ist weder mit den Interessen der Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahren noch denen des Gerichts zu vereinbaren.

 

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war unterdurchschnittlich. Hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste. Bezugspunkt der anwaltlichen Tätigkeit ist das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zur Bestimmung des notwendigen Umfangs der Tätigkeit kommt es nicht nur auf die Zahl der gefertigten Schriftsätze an. Von Bedeutung ist darüber hinaus ua, welchen Einsatz der Rechtsanwalt im Einzelnen zur Erstellung dieser Ausführungen notwendigerweise erbringen muss. Zu berücksichtigen sind dabei zB das Lesen der Verwaltungsentscheidung, die Beratung des Mandanten, das Aktenstudium, die Anfertigung von Notizen, mithin bei Geltendmachung eines Anspruchs die Darlegung, wie sich dieser rechnerisch ermittelt, und zwar unter Eingehung auf die streitigen Rechtsvorschriften sowie der Heranziehung von Kommentarliteratur und, soweit vorhanden, einschlägiger Rechtsprechung (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R). Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit lässt sich daher nicht allein anhand der Anzahl und der Länge der anwaltlichen Schriftsätze bestimmen. Auch die Dauer des Verfahrens ist allein kein geeignetes Kriterium, da sich der Aufwand des Anwaltes dadurch kaum ändert. Dementsprechend wäre im vorliegenden Verfahren mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich von einem durchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit auszugehen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann jedoch der für den Anwalt arbeitserleichternde Umstand, dass er die Klägerin bereits in mehreren Parallelverfahren vertreten hat, die ebenfalls die Unterkunftskosten für das Jahr 2018 zum Gegenstand hatten, zu berücksichtigen sein. Der dadurch bedingte Rationalisierungseffekt kann zu einer Reduzierung der Gebühr führen, wenn er Auswirkungen auf den objektiven Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hat, der nach der Gesetzesfassung neben der Schwierigkeit der Sache gleichermaßen von Bedeutung ist (BSG Beschluss vom 22.02.1993 – 14b/4 REg 12/91). Von einem durchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit könnte daher vorliegend nur dann ausgegangen werden, wenn sich in diesem Verfahren rechtliche und/oder tatsächliche Fragen gestellt hätten, die nicht bereits Gegenstand der vorangegangenen Verfahren waren. Das ist jedoch nicht der Fall.

 

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit, wobei ausgehend von einem objektiven Maßstab auf einen Rechtsanwalt abzustellen ist, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, ggf unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten (BSG Urteil vom 12.12.2019 – B 14 AS 48/18 R). Es handelt sich vorliegend um ein Verfahren aus dem Bereich der Grundsicherung nach dem SGB XII mit durchschnittlicher Schwierigkeit. Ob und ggf in welcher Höhe Nebenkostennachforderungen einen zusätzlichen Bedarf auslösen, ist ein Standardproblem im Bereich der Grundsicherung, das jedoch zahlreiche rechtliche und tatsächliche Fragen aufwirft. Dies wird aus dem Vergleichsvorschlag des Sozialgerichts mit den darin genannten Nachweisen deutlich.

 

Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin ist überdurchschnittlich. In Bezug hierauf kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an. Sind – wie hier – Leistungen zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums im Streit, ist grundsätzlich von einer überdurchschnittlichen Bedeutung auszugehen. Eine (nur) durchschnittliche Bedeutung kommt allenfalls bei monatlichen Euro-Beträge im einstelligen Bereich und für einen nur kurzen streitigen Zeitraum von längstens sechs Monaten in Betracht (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R; dem folgend BSG Urteil vom 12.12.2019 – B 14 AS 48/18 R). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

 

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin sind unterdurchschnittlich. Die Klägerin war auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII angewiesen. Dieser Umstand würde es allein zwar rechtfertigen, eine Herabbemessung der Mittelgebühr vorzunehmen. Denn die Kriterien nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. In den allermeisten Fällen gehen jedoch – wie hier – schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit einher, sodass eine Kompensation dieser Kriterien eintritt (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R).

 

Es besteht ein durchschnittliches Haftungsrisiko, ein besonderes Haftungsrisiko iSd § 14 Abs. 1 Satz 2 RVG ist vorliegend nicht zu erkennen.

 

Weitere unbenannte, neben denen des § 14 Abs. 1 RVG heranzuziehende Bemessungskriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung der Gebühr zu führen, sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

Insgesamt liegt damit eine grundsätzlich durchschnittliche Angelegenheit bei unterdurchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit vor. In einer solchen Konstellation, in der nur eines der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Kriterien als unterdurchschnittlich zu bewerten ist, ist die Mittelgebühr nach der Rechtsprechung des BSG um ein Viertel zu mindern (BSG Urteil vom 12.12.2019 – B 14 AS 48/18 R). Sie beträgt damit im vorliegenden Verfahren 270 €. Die beantragte Mittelgebühr von 360 € ist daher auch unter Berücksichtigung des Toleranzrahmens von bis zu 20% nicht mehr billig. Denn sie überschreitet diesen Rahmen und kann daher nicht zugrunde gelegt werden.

 

Die Einigungsgebühr ist ebenfalls in Höhe von 270 € festzusetzen, denn nach Nr. 1006 VV RVG ist maßgebend für die Höhe der Gebühr die im Einzelfall bestimmte Verfahrensgebühr in der Angelegenheit, in der die Einigung erfolgt.

 

Die Terminsgebühr beträgt nach Nr. 3106 VV RVG 90% der Verfahrensgebühr, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, mit oder ohne Mitwirkung des Gerichts ein Vergleich geschlossen wird. Das ist hier der Fall, so dass sich die Terminsgebühr auf 243 € beläuft.

 

Unter Beachtung der im Übrigen zutreffend festgesetzten Gebühren errechnet sich ein Gesamtbetrag iHv 646,17 €:

 

Verfahrensgebühr 3102 VV RVG                           270,00 €

Terminsgebühr 3106 VVG RVG                              243,00 €

Einigungsgebühr 1006 VV RVG                             270,00 €

Auslagenpauschale 7002 VV RVG                           20,00 €

Umsatzsteuer 7008 VV RVG                                   152,57 €

Zwischensumme                                                        955,57 €

abzgl. Vorschuss                                                     - 309,40 €

Zahlbetrag                                                                   646,17 €

 

Die Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG; die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.

 

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

 

 

 

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