L 11 KA 60/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 174/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 60/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen, auch die Kosten im Berufungsrechtszug.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten über die Höhe der fallwertbezogenen Budgetierung der Vergütung der speziellen Laborleistungen nach Kapitel 32.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) nach Teil E der Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) – Beigeladene zu 1) – gemäß § 87b Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur Vergütung laboratoriumsmedizinischer Leistungen (KBV-Vorgaben) der Klägerin (letztlich noch) in den Quartalen 3/2013 bis 2/2015.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), der drei (später vier) Fachärzte für Dermatologie angehören und die in X. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Praxismitglied K. ist als einziger Vertragsarzt berechtigt, Speziallaborleistungen abzurechnen.

 

Bereits am 29. Juni 2012 beantragte die Klägerin die Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kapitel 32.3 EBM für das allergische Facharztlabor gemäß Beschluss der Beigeladenen zu 1) vom 26. April 2012. Es bestehe eine Praxisbesonderheit im Bereich der allergologischen Laborleistungen. Damit seien Zielaufträge zur Erbringung von Laborleistungen verbunden. Aus den Honorarabrechnungen der Vergangenheit ließen sich die Spezialität der Praxis und der erwartbare Verlust durch die Neuregelung ersehen.

 

Am 1. Februar 2013 beantragte sodann K., der als Leiter des Labors benannt wurde, unter Angabe der lebenslangen Arztnummer (LANR) 840545621 erneut jeweils die Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kapitel 32.3 EBM. Es liege zum einen eine Praxisbesonderheit im Bereich der Allergologie vor. Es würden überdurchschnittlich viele Allergiker diagnostische Leistungen benötigten. Entsprechend überschreite die Leistung nach Gebührenordnungsposition (GOP) 30130 EBM <spezifische Immuntherapie> im Quartal 3/2012 den Fachgruppendurchschnitt um 106%. Zum anderen werde ein Einsendelabor mit Auftragsüberweisung unterhalten.

 

Mit Bescheid vom 21. August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie folge diesbezüglich im Ergebnis den Empfehlungen des Arbeitsausschusses und des HVM-Ausschusses. Danach sei eine Ausnahme von den Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) nicht gerechtfertigt. Diesen lägen die für den Bereich der Beklagten ermittelten Durchschnittswerte zugrunde, die um einen Zuschlag von 50% zur Erfassung individueller Abweichungen erhöht worden seien. Eine darüberhinausgehende Ausnahme bedürfe einer nachvollziehbaren Begründung, die insbesondere in den Diagnosen ihre Grundlage finde. Diese sei aber nicht festzustellen gewesen. Insbesondere sei nicht feststellbar gewesen, dass der Abrechnungsbedarf jenseits der um 50% erhöhten Durchschnittswerte bestehe.

 

Die Klägerin erhob daraufhin am 12. September 2013 Widerspruch. K., der einzige mit der Berechtigung zur Abrechnung von Speziallaborleistungen ausgestattete Vertragsarzt, behandele ca. 40% der Patienten im Quartal (= Anteil der an das Speziallabor überwiesenen Patienten). Die Überweisungen erfolgten sowohl aus der eigenen BAG als auch aus benachbarten Praxen. Die überwiesenen Patienten erschienen bereits mit Anamnese und Allergietestung (GOPen 30110 und 30111), so dass diese Leistungen durch die BAG nicht erbracht würden. Auf diese Weise sei der Umfang eigener diagnostischer Leistungen reduziert. Während sich die Zuweisungen aus der benachbarten HNO-Praxis ausschließlich auf allergologische Patienten bezögen, würden aus der eigenen Praxis auch Patienten zur mykologischen Untersuchung überwiesen. Dem Widerspruch wurden neben den ausgefüllten Fragebogen zur technischen Durchführung von laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen in der Praxis auch eine Begründung des Antrages auf Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kapitel 32.3 EBM beigefügt. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück (Zugang am 23. April 2015). Nach den Vorgaben der beigeladenen KBV sei der Beschlussteil E im Benehmen mit dem gleichfalls beigeladenen GKV-Spitzenverband neu geregelt worden. Für Vertragsärzte, die zur Abrechnung von Laboratoriumsuntersuchungen berechtigt und nicht Fachärzte für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Transfusionsmedizin seien sowie aufgrund der Arztgruppenzugehörigkeit von der o.g. Regelung erfasst würden, unterliege die Kostenerstattung für spezielle Laboratoriumsleistungen des Abschnittes 32.3 EBM einer fallwertbezogenen Budgetierung (gemäß Ziff. 3.4.1). Nach Ziff. 3.4.2 der KBV-Vorgabe ergebe sich die Höhe der Budgets aus dem Produkt des für die Arztgruppe vorgegebenen Referenz-Fallwertes mit der Zahl der Behandlungsfälle (§ 21 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte <BMV-Ä> bzw. § 25 Abs. 1 Arzt/Ersatzkassenvertrag) des Abrechnungsquartals der Arztpraxis. Von den genannten Referenz-Fallwerten Bund könne nach Ziff. 3.4.3 (in der Vorgabe versehentlich mit Ziff. 3.5.3 benannt) für jede der genannten Arztgruppen dadurch abgewichen werden, dass eine KV einen KV-spezifischen Referenz-Fallwert festsetze. Von dieser Möglichkeit habe die Beklagte für die betroffene Arztgruppe Gebrauch gemacht. Von diesen Referenz-Fallwerten – unerheblich, ob Bund oder KV-spezifisch – könne nach Ziff. 3.4.5. der KBV-Vorgabe auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall in der Gestalt abgewichen werden, dass das sich ergebene fallwertbezogene Laborbudget erweitert, ausgesetzt oder bedarfsgerecht angepasst werde. Voraussetzung dafür sei ein konkret begründeter Antrag, in welchem dargelegt werde, aus welchen Gründen eine Abweichung von den KV-spezifischen Referenz-Fallwerten notwendig sei.

 

Eine Abweichung sei vorliegend indes nicht gerechtfertigt gewesen, denn es fehle an einer nachvollziehbaren Begründung, die sich insbesondere auf Frequenzen und Diagnosen gründe. Am Beispiel der 100 häufigsten ICD-10-Schlüssel des Quartals 3/2014 erreichten Diagnosen aus dem Bereich Allergologie keine 40%. Auch die Anzahl der Zuweisungen (Laboraufträge) spiegelten den Anteil von überwiesenen Patienten in Höhe von 40% nicht wider:

Quartal

3/2013

4/2013

1/2014

2/2014

3/2014

Anteil der Laboraufträge

48

47

33

19

60

 

Ebenso könne anhand der geringen Anzahl überwiesener Fälle die vorgetragene Praxisbesonderheit nicht festgestellt werden:

Quartal

3/2013

4/2013

1/2014

2/2014

3/2014

Überweisungen

712

495

483

383

302

Gesamtfallzahl der Kl.

4718

4343

4635

4255

4357

Anteil in %

15,1

11,4

10,42

9

6,93

 

Die Erbringung und/oder Auftragserteilung zur Durchführung von Laborleistungen nach den GOPen 32426 bis 32429 setze grundsätzlich das Vorliegen der Ergebnisse vorangegangener Haut- und/oder Provokationstests voraus, ausgenommen bei Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr (Beschluss Nr. 823 der AG Ärzte/Ersatzkassen zu den GOPen 32426 bis 32429). Es könne eine Stufendiagnostik entsprechend den Regelungen und Hinweisen zur korrekten Beauftragung und Abrechnung von Laborleistungen im ambulanten vertragsärztlichen Bereich sowie den Empfehlungen für laboratoriumsmedizinischer Stufendiagnostik (Laborkompendium) nicht festgestellt werden.

 

Dagegen hat sich die Klägerin am 22. Mai 2015 mit ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf gewandt.

 

Zwar könnten im Grundsatz mengenbegrenzende Regelungen, wie sie die KVen auf der Rechtsgrundlage des § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V beschließen können, Vergütungsabschläge rechtfertigen, wenn die gesetzlichen Vorgaben beachtet würden. Das sei hier jedoch nicht geschehen. Der Bescheid der Beklagten sei letztlich ermessensfehlerhaft. Sie habe das Budget der Klägerin auf der Grundlage von Teil E Ziff. 3.4.5 der Vorgaben der Beigeladenen zu 1) gemäß § 87b Abs. 4 SGB V zur Vergütung laboratoriumsmedizinischer Leistungen (KBV-Vorgaben) anpassen müssen.

 

Im Quartal 4/2014 betrage die Laborquote lediglich 27,89%. Vergleichbar sehe dies in anderen Quartalen aus. Eine übermäßige Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit im Bereich der Speziallaborleistungen sei nicht gegeben und von der Beklagten auch nicht behauptet. Dabei sei zu beanstanden, dass das Laborbudget nur auf der Grundlage der eigenen quotierten Arztfallzahl K.s gewährt werde, obgleich die Leistungen für die Patienten der gesamten BAG erbracht würden. Die Auswirkungen zeigten sich beispielhaft im Quartal 4/2014:

(quotierte) Arztfallzahl

K.

Referenzfallwert

Referenzfallwert unter Anwendung der Laborquote

Laborbudget

927,14

4,00 €

3,71 €

3.439,69 €

 

Fallzahl BAG

Referenzfallwert

Referenzfallwert unter Anwendung der Laborquote

(hypothetisches)

Laborbudget

4.116

4,00 €

3,71 €

15.270,36 €

 

Vergütungsabschläge seien nur ausnahmsweise im Hinblick auf eine zu verhindernde übermäßige Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit gerechtfertigt. Dabei seien die Grenzen für die mengenbegrenzenden Maßnahmen im Bereich der Speziallaborleistungen durch die Abwertungen und Abstaffelungsregelungen gemäß EBM erschöpft (Verweis auf BSG, Beschluss vom 23. Mai 2007 – B 6 KA 61/06 B). Zudem dienten sowohl die KBV-Vorgaben als auch die HVM-Regelung nicht gemäß § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V dem Zweck der Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit, sondern der bundesweiten Vereinheitlichung der Vergütung von Leistungen und Kostenpauschalen der Labormedizin. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Budgetierung (auch) der Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit i.S.d. § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V diene, sei sie zur Zielerreichung ungeeignet und daher unverhältnismäßig. Sie führe nicht zur Leistungsreduzierung, sondern nur zur Leistungsverlagerung, indem die Untersuchungen dann durch Laborpraxen auf Überweisung durchgeführt würden und sich Nicht-Laborärzte aus dem Versorgungsbereich der Speziallaborleistungen zurückzögen. Darin dürfte das eigentliche Ziel der Regelung liegen. Für eine solche Verlagerung bestehe indes kein Grund. Da Speziallaborleistungen nur bei nachgewiesener Qualifikation erbracht werden dürften, könnten Erwägungen der Qualitätssicherung nicht stichhaltig sein. Ferner hebe auch das Positionspapier „Allergologie 2013“ die Vorteile der fachärztlichen Versorgung im Hinblick auf die Speziallabordiagnostik hervor.

 

Dazu sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihr Ermessen in Bezug auf die beantragte Aussetzung oder zumindest eine angemessene Anpassung des Laborbudgets sachgerecht auszuüben (Verweis auf Senat, Beschluss vom 14. Januar 2015 – L 11 KA 44/14 B ER). Dem sei sie nicht nachgekommen. Der Sachverhalt sei unvollständig ermittelt. Bei zwischenzeitlich vier Dermatologen sei K. weiterhin der einzige Vertragsarzt, der berechtigt sei, Speziallaborleistungen zu erbringen. Diese spezielle strukturelle Praxisbesonderheit habe die Beklagte nicht berücksichtigt.

 

Darüber hinaus seien die zugrundeliegenden Zahlen nicht nachvollziehbar, der Leistungsbedarf nicht reflektiert und nicht berücksichtigt worden, dass überwiegend voruntersuchte Patienten überwiesen worden seien. Soweit die Beklagte darauf verweise, dass keine Stufendiagnostik feststellbar sei, gelte, dass sich aus den Abrechnungsergebnissen der GOPen 30110 und 30111 EBM, da nur alle vier Quartale abrechenbar, diesbezüglich keine Rückschlüsse zur Diagnostik ziehen ließen. Zudem würden voruntersuchte Patienten einer benachbarten Praxis auf Überweisung untersucht.

 

Der unterschiedliche Genehmigungsstatus in einer BAG werde doppelt zu Lasten der Ärzte berücksichtigt, die Speziallaborleistungen erbrächten. Die Frage, ob ein Mehr an fachgruppenspezifischer Leistungen erbracht worden sei, sei nicht relevant. Die strukturellen Besonderheiten der Praxis seien vorgelagert und nicht in einem nachgelagerten Verfahren zu klären. Im Übrigen hat die Klägerin ihren bisherigen Vortrag wiederholt.

 

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 21. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

 

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Der Klägerin wende sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Aussetzung/Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Abschnitt 32.3 EBM und begehre eine Ausnahme von der für Nicht-Laborärzte geltenden fallwertbezogenen Budgetierung (Teil E Ziff. 3.5 der KBV-Vorgabe), hier für die Quartale 3/2013 und 4/2013.

 

Sie – die Beklagte – habe zunächst von der Ausnahmeregelung der Ziff. 3.5.5 der KBV-Vorgaben in der bis zum 31. Dezember 2013 anwendbaren Fassung in der Weise Gebrauch gemacht, dass sie die fallwertbezogene Budgetierung bei Nicht-Laborärzten nicht zur Anwendung gebracht habe. Erst im Quartal 3/2013 seien die Laborbudgets mit regionalen Referenz-Fallwerten eingeführt worden, § 7 Abs. 2 HVM. Der regionale Referenz-Fallwert differenziere nach Arztgruppen und weiche von dem bundesweiten Fallwert teilweise erheblich nach oben ab. Für die Arztgruppe der Dermatologen sei der Referenz-Fallwert von 4,00 € auf 4,48 € erhöht worden. Er enthalte einen allgemeinen Zuschlag von 50% zur Erfassung individueller Abweichungen. Unter Berücksichtigung dieses Aufschlages sei bereits fraglich, ob sie – die Beklagte – direkt in den ersten beiden Quartalen nach Einführung zu weiteren individuellen Anpassungen verpflichtet sei. Ihr sei insofern ein erweiterter Gestaltungsspielraum nach dem Gedanken der Anfangs- und Erprobungsregelung zuzugestehen.

 

Sofern die Klägerin einen darüberhinausgehenden Anpassungsbedarf geltend mache, müsse sie diesen konkret und nachvollziehbar darlegen. Anderenfalls sei die Ausnahmeregelung nicht erfüllt; mithin komme es auf eine Ermessensausübung nicht mehr an. Ein Mehr an arztgruppentypischen Leistungen (hier nach den GOPen 32426, 32427 und 32433 EBM sowie nach den GOPen 32687 und 32688 EBM) genüge nicht. Eine Ausnahme müsse aus Sicherstellungsgründen geboten sein. Hier jedoch sei eine besondere Ausrichtung der Praxis nicht erkennbar, denn der Fachgruppendurchschnitt werde weder in Bezug auf punktzahlbewertete Leistungen des Abschnitts IV EBM noch in Bezug auf Leistungen des Kapitels 32.3 EBM um mindestens 200% überschritten. Die Speziallaborleistungen – insbesondere Leistungen der Allergiediagnostik (GOPen 32426, 32427, 32433) sowie mykologische Untersuchungen nach Kapitel 32 3.9 (GOPen 32687, 32688) würden von vielen Ärzten der Fachgruppe erbracht und abgerechnet. Die Honoraranteile für Laborleistungen betrügen in den Quartalen 3/2013 und 4/2013 10,41% und 7,36%. Auch die Anzahl überwiesener Fälle spiegele keine Praxisbesonderheit wider; die Klägerin habe im streitbefangenen Zeitraum 47 (1,02%) bzw. 48 (1,08%) Zuweisungen erhalten. Der Überweisungsanteil betrage 15,9% und 11,4%.

 

Soweit die Klägerin darauf abstelle, dass sie nur einen einzigen Vertragsarzt mit der Berechtigung zur Abrechnung von Speziallaborleistungen in der BAG habe, so sei zu berücksichtigen, dass der Normgeber die Situation einer BAG mit unterschiedlichen Genehmigungsstatus gesehen habe. Er habe pauschalierend insoweit geregelt, dass der Referenz-Fallwert einer BAG als Summe der Produkte des relativen Anteils der Fälle eines Arztes in der Arztpraxis der arztgruppenbezogenen Referenz-Fallwerte der beteiligten Ärzte errechnet werde. Beteiligte Ärzte, die nicht zur Abrechnung von speziellen Laborleistungen des Abschnitts 32.3 EBM berechtigt seien oder der Fallwertsteuerung nicht unterlägen, würden mit einem Referenz-Fallwert von 0 € berücksichtigt (Ziff. 3.5.3). Daher seien bei der Umsetzung alle Fälle berücksichtigt worden, an denen K. als zur Leistungserbringung berechtigter Arzt beteiligt gewesen sei. Ob er nur „im Auftrag“ eines Praxispartners oder fremden Arztes tätig geworden sei, sei unerheblich. Allerdings erhöhe sich die für die Budgetfestsetzung relevante Anzahl der Arztfälle des K., wenn dieser als einziger in der BAG die Laborleistungen durchführen könne. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten im beantragten Ausnahmeverfahren die systematische Entscheidung des Normgebers in Frage zu stellen. Die Rechtmäßigkeit der Laborquotierung und der fallwertbezogenen Budgetierung sei im Übrigen nicht im hiesigen Verfahren, sondern im Zusammenhang mit den Abrechnungsbescheiden zu überprüfen.

 

Das SG hat die Abrechnungsbescheide, Frequenztabellen und Nachweise zum RLV für die Quartale 3/2013 bis 2/2014 angefordert und das Verfahren am 21. März 2018 mit den Beteiligten erörtert. Dort hat die Klägerin erklärt, dass sie eine Ausnahme vom Laborbudget unter Berücksichtigung der besonderen Situation ihrer Praxis, in der es nur einen Leistungserbringer gebe, begehre. Auf die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

 

Im Anschluss hat die Beklagte auf die KBV-Vorgaben verwiesen und eine Musterberechnung vorgelegt, welcher die Klägerin ihre eigenen Berechnungen gegenübergestellt hat.

 

Das SG hat mit Urteil vom 29. Mai 2019 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

 

Gegen das ihr am 16. September 2019 zugestellte Urteil hat sich die Klägerin mit ihrer am 16. Oktober 2019 eingelegten Berufung gewandt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag trägt sie vor: Der Tatbestand der Ausnahmeregelung sei erfüllt, denn er beziehe sich nur auf die Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen. Es stehe dann im Ermessen der Beklagten, dass Laborbudget zu erweitern, auszusetzen oder bedarfsgerecht anzupassen (Senat, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – L 11 KA 44/14 B ER und vom 28. Januar 2015 – L 11 KA 35/14 B ER). SG wie Beklagte würden den Tatbestand der Ausnahmevorschrift contra legem um die Erforderlichkeit einer Praxisbesonderheit i.S.d. § 6a HVM erweitern. Fehlerhaft sei ferner, dass das SG durchgehend von einem Fallwert von 4,48 € (Zuschlag von 50%) ausgegangen sei; jedenfalls ab dem Quartal 1/2014 betrage dieser nur noch 4,00 €.

 

Die Beklagte habe die Regelung im Übrigen falsch angewandt. Sie habe das Laborbudget nicht in der beschriebenen Art und Weise ermittelt (Fallzahl iSv Behandlungsfällen x Fallwert x Abstaffelungsquote Q). Statt die Behandlungsfälle der Praxis habe die Beklagte die des Arztes und eine quotierte Arztfallzahl genommen (quotierte Arztfallzahl x – nicht modifizierter – Fallwert x Abstaffelungsquote Q).

 

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29. Mai 2019 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2015 zu verurteilen, die bedarfsgerechte Anpassung ihres Laborbudgets in den Quartalen 3/2013 bis 2/2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

 

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Der Ausnahmenantrag sei im Februar 2013 gestellt worden. Das SG habe dementsprechend zu Recht die Rechtslage in 2013 berücksichtigt. Die – durch die Beklagte ab dem Quartal 3/2013 genutzte – Möglichkeit der regionalen Anpassung sei zum 1. Januar 2014 mit der Folge entfallen, dass der bundesweit geltende Referenz-Fallwert i.H.v. 4,00 € auch bei der Klägerin verbindlich anzuwenden war. In dem Zeitraum der Quartale 1/2014 bis 2/2018 seien nur bedarfsgerechte Erweiterungen/Anpassungen/Aussetzungen des Budgets im Einzelfall zulässig gewesen. Die Kriterien, die das BSG zur Auslegung des Begriffs „besonderer Versorgungsbereich“ unter Geltung der Praxis- und Zusatzbudgets für individuelle Anträge auf Budgeterweiterung und für RLV-Ausnahmen entwickelt bzw. fortgeführt habe, seien auch unter der Geltung der Laborbudgets geeignet, das Merkmal „Bedarf“ zu konkretisieren. Auch die Laborbudgets seien Maßnahmen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Leistungen in dem Sinn, dass sie eine „übermäßige“ Ausdehnung des vergütungsrelevanten Leistungsumfangs durch eine Facharztgruppe zu Lasten anderer Facharztgruppen verhinderten.

 

Die Beklagte hat zudem auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass sich eine ausdrückliche zeitliche Beschränkung weder aus dem Antrag der Klägerin noch aus den angefochtenen Bescheiden oder aus der Klageschrift ergebe. Es seien auch keine weiteren Anträge in der Folge durch die Klägerin gestellt worden. Es treffe indes zu, dass die anzuwendenden Regelungen sich zum 1. Januar 2014 geändert hätten. Die Klägerin habe gegen die Abrechnungsbescheide für die Quartale 4/2013, 1/2014 und 3/2014 (sowie nachfolgend gegen die Abrechnungsbescheide für die Quartale 1/2015 bis 3/2015, 1/2016, 3/2016 und 4/2016, 1/2017 und 4/2017 und 1/2018) Widerspruch eingelegt. Weshalb es im Quartal 1/2014 zu der Zuordnung des erhöhten Referenz-Fallwertes gekommen sei, sei derzeit noch nicht abschließend geklärt. Die Beklagte hat zudem die „Nachweise über die Festsetzung des Laborbudgets“ für die Quartale 3/2013 bis 1/2018 vorgelegt. Diese seien stets Bestandteile der jeweiligen Abrechnungsbescheide gewesen. Interne Verwaltungsrichtlinien habe sie nicht erlassen. Hinsichtlich der regionalen Anpassung der Referenz-Fallwerte bis zum 31. Dezember 2013 habe sie sich am Vergütungsvolumen und den Fallzahlen der jeweiligen Arztgruppe im Quartal 4/2011 orientiert. Nach den Berechnungen habe dieses Quartal die geringsten Verwerfungen gezeigt. Sie habe zudem (bisher) nicht für die klägerische Praxis in Frage gestellt, dass diese die Anforderungen der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen erfülle. Es könne allerdings nicht sein, dass damit der Tatbestand abschließend umschrieben werde, denn ansonsten wäre sie faktisch bei (fast) jedem Nicht-Laborarzt zur Anpassung/Aussetzung der Budgetierung verpflichtet.

 

Der Senat hat die Beigeladenen zu 1) und 2) am Verfahren beteiligt (Beschluss vom 5. Oktober 2022). Die Beigeladene zu 1) hat auf Anfrage mitgeteilt, dass sie in Teil E der KBV-Vorgaben eine Leistungsbegrenzung für sog. Eigenerbringer durch eine Fallwertsteuerung vorgesehen habe. Ausgangspunkt sei gewesen, dass die Fallwerte von Eigenerbringern regelmäßig höher gewesen seien als von Laborärzten, die nur auf Überweisung tätig werden dürften. Die vorgegebenen Fallwerte seien aufgrund von Bundeswerten und als Durchschnitte verschiedener Arztgruppen ermittelt worden. Für den Fall, dass die Werte den regionalen Gegebenheiten nicht gerecht würden, sei den KVen ermöglicht worden, die Fallwerte dementsprechend zu adjustieren. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Adressat der KBV-Vorgaben die KVen seien und sie deshalb keine unmittelbaren Ansprüche von Vertragsärzten begründen könnten. Dies entspreche § 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V, wonach die Vorgaben „zu beachten“ seien. Das bedeute zudem, dass auch die „Kann“-Regelung in Ziff. 3.5.5. bzw. 3.4.5. der KBV-Vorgaben an die KVen adressiert sei. Insofern werde dem Vertragsarzt dadurch auch kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung eingeräumt, sondern die KV ermächtigt, von der Fallwertbudgetierung Ausnahmen zu machen.

 

Der Senat hat ferner alle Honorarbescheide samt sämtlicher Anlagen (insb. Frequenztabellen, Gesamtübersichten vor Prüfung und Nachweisen zur Festsetzung des Laborbudgets) für die Quartale 3/2012 bis 4/2018 angefordert. Die Beklagte hat die Unterlagen vorgelegt, wobei Nachweise zur Festsetzung des Laborbudgets nur für die Quartale 3/2012 bis 1/2018 vorliegen, da die Beklagte die entsprechende Regelung nur in diesem Zeitraum angewandt hat.

 

Der Senat hat den Beteiligten nach vorheriger Anhörung von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen (Beschluss vom 5. Februar 2023), wovon die Beteiligten Gebrauch gemacht haben.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

A. Die Anträge im Berufungsverfahren sind wirksam im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellt. Soweit die Beteiligten nicht persönlich im Gerichtssaal vertreten gewesen sind, sondern von ihren Praxis-, Kanzlei- bzw. Behördensitz aus per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen haben, ist dies gemäß § 110a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 5. Februar 2023 zulässig gewesen.

 

B. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 21. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2015. In diesen hat die Beklagte den Antrag der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erweiterung, Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach dem Kapitel 32.3 des EBM abgelehnt. Entsprechend dem Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist die Überprüfung der Bescheide in zeitlicher Hinsicht auf die Quartale 3/2013 bis 2/2015 begrenzt.

 

Nicht streitrelevant ist demgegenüber die richtige Berechnung des Laborbudgets der Klägerin. Diese wurde ausschließlich im Rahmen der sog. Nachweise der Festsetzung des Laborbudgets vorgenommen, die jeweils Bestandteil der entsprechenden Quartalsabrechnungsbescheide gewesen sind. Diese Frage ist demgemäß – so noch nicht bestandskräftig – im Rahmen der Überprüfung der jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheide zu erörtern.

 

C. Die so ausgelegte und am 16. Oktober 2019 bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 16. September 2019 zugestellte Urteil des SG Düsseldorf vom 29. Mai 2019 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG).

 

D. Die Berufung der Klägerin ist indes unbegründet, denn ihre Klage erweist sich als teilweise – nämlich hinsichtlich der Quartale 3/2013, 2/2014 und 4/2014 – unzulässig (dazu unter I.) und im Übrigen als unbegründet (dazu unter II.).

 

I. 1. Für das dem klägerischen Begehren entsprechende Rechtsschutzziel auf Aufhebung der streitigen Bescheide und Verpflichtung der Beklagten zur ermessensfehlerfreien Neubescheidung des Antrages auf Erweiterung, Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kapitel 32.3 EBM (vgl. zum eröffneten Ermessen der Beklagten sogleich) ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 3 SGG) in Gestalt einer Neubescheidungsklage (§ 131 Abs. 3 SGG) statthaft.

 

2. Die Klage ist fristgerecht am 22. Mai 2015 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2015 (§ 85 Abs. 3 SGG) beim SG Düsseldorf erhoben worden (§§ 90, 87 Abs. 1 Satz 1 SGG).

 

3. Die Klägerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auch beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG (BSG, Urteil vom 7. Februar 2007 – B 6 KA 6/06 R – juris).

 

4. Hinsichtlich der streitrelevanten Quartale 3/2013, 2/2014 und 4/2014 fehlt es der Klägerin allerdings an einem Rechtschutzbedürfnis. Nach der Rechtsprechung des BSG ist für die gerichtliche Klärung von gesonderten Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelementen und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars nur solange Raum, wie die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig geworden sind. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Feststellungen durch gesonderten Verwaltungsakt erfolgt sind. Der Honorarbescheid würde seine Funktion einer abschließenden verbindlichen Regelung des Honoraranspruchs des Arztes verlieren, wenn er – trotz formeller Bestandskraft – und ohne ausdrückliche Kennzeichnung als vorläufig in der Sache kaum verlässlich Auskunft darüber gibt, wie hoch der Vergütungsanspruch des Arztes im jeweiligen Quartal ist (BSG, Urteil vom 15. August 2012 – B 6 KA 38/11 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 1, Rn. 13f.).

 

Dabei konnte die Beklagte zunächst eine Entscheidung über den Anspruch auf Erweiterung, Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kapitel 32.3 EBM in einem isolierten Bescheid treffen, da es sich um eine mehrere Quartale umfassende Vorfrage handelt, die sie so „vor die Klammer“ ziehen konnte. Da die Klägerin die Quartalsabrechnungsbescheide der Quartale 3/2013, 2/2014 und 4/2014 jedoch nicht angegriffen hat und diese mithin Bestandskraft erlangt haben, ist für eine weitergehende gerichtliche Klärung eingedenk der obigen Grundsätze in diesem zeitlichen Rahmen kein Raum.

 

II. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der Neubescheidungsklage ist unbegründet, denn der angefochtene Bescheid, so er noch durch den Senat zu überprüfen ist, beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da er sich als rechtmäßig erweist. Die Beklagte hat in diesem über den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Erweiterung, Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kapitel 32.3 EBM in den streitigen Quartalen in nicht zu beanstandender Weise entschieden.

 

Grundlage der hier anzuwendenden Verteilungsregelungen ist § 87b Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl I 2983). Nach dieser Vorschrift verteilt die KV die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Sie wendet dabei den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V hat der Verteilungsmaßstab Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Abs. 3 SGB V oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Gemäß § 87b Abs. 4 Satz 2, 3 SGB V hat die beigeladene KBV, die sich diesbezüglich ins Benehmen mit den beigeladenen GKV-Spitzenverband zu setzen hat, u.a. Vorgaben zu den Regelungen des § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V (HVM-Regelungen der KVen) zu bestimmen, die von den KVen zu beachten sind.

 

Solche Vorgaben hat die beigeladene KBV in Gestalt der KBV-Vorgaben beschlossen. Im Hinblick auf die vorliegend streitgegenständlichen Quartale hat die Klägerin ihren Anspruch auf Ziff. 3.4.5 der KBV-Vorgabe gestützt. In den hier relevanten Fassungen ab dem Quartal 4/2013 heißt es dort:

 

„3.4.5 Die Regelungen nach 3.4.1 bis 3.4.3 sind für alle Nicht-Laborärzte verbindlich anzuwenden, es sei denn, betroffene Ärzte weisen der Kassenärztlichen Vereinigung nach, dass sie die Anforderungen der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen erfüllen. In diesem Fall kann die Kassenärztliche Vereinigung das Budget nach 3.4.2 erweitern, aussetzen oder bedarfsgerecht anpassen5.“

Fn. 5 Sofern die Änderung von einer Kassenärztlichen Vereinigung nicht

mehr mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 berücksichtigt werden kann, ist die Regelung

Nr. 3.4.5 spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2014 umzusetzen

 

1. Während eine nähere Ausgestaltung zur Berechnung des Laborbudgets selbst in den jeweiligen HVMen der Beklagten erfolgt ist, hat sie weitergehende Regelungen zu dem vorliegenden Anspruch dort – jedenfalls ausdrücklich – nicht getroffen, sondern stattdessen die KBV-Vorgabe direkt im Verhältnis zu ihren Mitgliedern angewandt. Dieses Vorgehen – zumal es zugunsten der Klägerin wirkt – begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

 

2. Der Tatbestand der o.g. Ausnahmeregelung ist erfüllt. Es liegt ein Budget nach Ziff. 3.4.2 der KBV-Vorgabe ebenso vor, wie der Nachweis, dass der betroffene Vertragsarzt – hier K. – die Anforderungen der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen erfüllt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und insbesondere durch die Beklagte nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Auch der Senat hat keinen Hinweis, daran zu zweifeln.

 

3. Die Beklagte hat sodann das ihr eröffnete Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.

 

a) Die durch die Beklagte als Ersatz einer ausdrücklichen eigenen Regelung konkludent inkorporierte Ziff. 3.4.5 Satz 2 der KBV-Vorgabe gewährt ihr auf der Ebene zu ihren Mitgliedern Ermessen. An dieser bereits geäußerten Rechtsauffassung hält der Senat fest (vgl. mit eingehender Begründung: Senat, Beschluss vom 14. Januar 2015 – L 11 KA 44/14 B ER – juris, Rn. 44f. Senat, Beschluss vom 28. Januar 2015 – L 11 KA 35/14 B ER – juris, Rn. 40f).

 

b) Die Beklagte hat zunächst im Rahmen des "Ob" von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht, denn sie hat sich entschlossen, den Antrag zu bescheiden (Entschließungsermessen). Auch hinsichtlich der Ausübung des Auswahlermessens sind Ermessensfehler wie eine Ermessensunterschreitung, ein Ermessensfehlgebrauch und eine Ermessensüberschreitung nicht erkennbar. Dies gilt auch obgleich die Beklagte in ihren Bescheiden ihre Erwägungen nicht ausdrücklich als Ermessenserwägungen bezeichnet hat. Denn jedenfalls bleibt ersichtlich, dass durch das Ermessen eröffnete Entscheidungsspielräume erkannt, zur Entscheidung führende Kriterien entwickelt und angewandt werden, um so den eröffneten Entscheidungsraum auszufüllen.

 

Davon ist vorliegend zur Überzeugung des Senats auszugehen. So hat die Beklagte zunächst einen ermessensgerechten Ansatz herangezogen. Sie hat dabei den Ausnahmecharakter der Ziff. 3.4.5 der KBV-Vorgabe und die daraus resultierende Einzelfallbezogenheit sowie die dort geregelte Folge einer „bedarfsgerechten“ Anpassung, wobei die Anpassung begrifflich als Oberbegriff des „Dreiklangs“ (erweitern – aussetzen – anpassen) zu verstehen ist, berücksichtigt und in ihre Ermessenserwägungen mit der Konsequenz eingestellt, dass sich das gewährte Laborbudgets „atypisch“ als nicht bedarfsgerecht erweisen soll.

 

aa) Zu Recht hat die Beklagte darauf aufbauend den klägerischerseits angeführten Aspekt, dass lediglich ein Mitglied der BAG ein entsprechendes Laborbudget erhält, nicht berücksichtigt. Die KBV-Vorgabe sieht in Ziff. 3.5.3 diese Konstellation bereits bei der Berechnung des Laborbudgets vor, so dass sie nicht zur Begründung einer atypischen Fallkonstellation geeignet ist. Das sich unterschiedliche Laborbudgets ergeben, je nachdem, wie viele Ärzte zur Abrechnung des Speziallabors berechtigt sind, liegt somit in der Natur der Sache und ist offensichtlich so gewollt.

 

bb) Die im Ergebnis gerügte, niedrige Laborquote ist gleichfalls im Berechnungssystem der KBV-Vorlage so angelegt und von der Beklagten zutreffend als zur Begründung einer anpassungsbedürftigen Atypik gleichfalls als untauglich angesehen worden. So zeigt sich deutlich in dem für das Quartal 4/2014 exemplarisch angeführte Rechenbeispiel der Klägerin, wie weit K. über dem Referenzfallwert von 4,00 € liegt (Schriftsatz vom 14. September 2015; Leistungsbedarf von 12.333,80 € bei 1.147 Arztfällen = Fallwert von 10,75 €). Der Referenzfallwert beträgt 37,2% seines Fallwertes, weshalb ein entsprechend geringes Laborbudget nach den Berechnungsvorgaben folgerichtig ist. Die Laborquote liegt – bereinigt um die bundeseinheitliche Laborquote – bei 30,1% (27,89% ./. 0,9269).

 

cc) Die Beklagte hat sich stattdessen ermessensfehlerfrei für die erforderliche Atypik daran orientiert, ob bei der Klägerin eine Praxisbesonderheit anzuerkennen wäre und insofern eine Parallele zu § 6a HVM gezogen, in dem es heißt (exemplarisch – bei in der Folge im Wesentlichen vergleichbaren Regelungen - für das Quartal 4/2013):

 

„§ 6a Praxisbesonderheiten

Zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs kann im Einzelfall auf Antrag eine Anpassung des arztgruppenspezifischen Fallwertes gewährt werden, wenn der Antragsteller aus objektiven Gründen gehindert ist, mit dem durchschnittlichen arztgruppenspezifischen Fallwert eine an § 12 Abs. 1 SGB V orientierte Versorgung der GKV-Versicherten zu gewährleisten.

 

Voraussetzung ist eine im Leistungsumfang der Praxis zum Ausdruck kommende Spezialisierung sowie eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung mit auffallendem und messbarem signifikanten Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zum Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis.

Ein signifikanter Anteil des Spezialisierungsbereichs liegt vor, wenn hierauf in vier aufeinander folgenden Quartalen mindestens 20% des Gesamtpunktzahlvolumens entfallen. Für die Ermittlung des Punktzahlanteils im jeweiligen Spezialisierungsbereich sind ggf. einzelne GOP additiv zu betrachten, wenn ein Sachzusammenhang besteht.

Indiz für die Atypik der Praxisausrichtung im Vergleich zur Arzt-/Fachgruppe ist, wenn im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit in einem Spezialgebiet vorliegt. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genügt es nicht, lediglich ein „Mehr“ an arzt-/fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung muss entweder auf arztgruppenübergreifend erbrachten speziellen Leistungen nach dem EBM beruhen, die eine besondere (Zusatz-) Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern, oder auf arztgruppentypischen Leistungen nach dem EBM, die im Verhältnis zur Arzt-/Fachgruppe mit mindestens 5-facher Häufigkeit im Anwendervergleich zur Sicherstellung erbracht werden müssen.

 

Die Berücksichtigung als Praxisbesonderheit ist ausgeschlossen, wenn die Spezialisierung ganz oder teilweise in einem leistungsfallbezogenen QZV Ausdruck gefunden hat. Nach Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, steht der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ein Ermessen bei der Höhe der Festsetzung eines Fallwertzuschlages zu. Über den Fallwertzuschlag wird für vier Quartale entschieden; ein erneuter Antrag ist erst für einen Anschluss-zeitraum zulässig.“

 

Danach ist zu unterscheiden zwischen solchen Leistungen, die arztgruppenübergreifend eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern oder fachgruppentypischen Leistungen, die im Verhältnis Arzt-/Fachgruppe mit mindestens fünffacher Häufigkeit im Anwendungsbereich zur Sicherstellung erbracht werden müssen. Dieser Ansatz ist mangels entgegenstehender Anforderungen in den KBV-Vorgaben nicht zu beanstanden und folgt der Logik der Beklagten, eine Anpassung durch eine Erhöhung des Referenzfallwertes – parallel zu § 6a HVM – zu gewähren und nicht den Weg eines z.B. fixen Aufschlages zu wählen.

 

(1) Zunächst ist davon auszugehen, dass der Begriff „arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen nach dem EBM i.S.d. Sprachgebrauch des EBM zu verstehen ist (vgl. zur Auslegung des EBM: Freudenberg in: jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 87 Rn. 151 m.w.N.). Alle Leistungen der Abschnitte 30 und 32 EBM stehen unter dieser Überschrift.

 

(2) Insoweit liegt eine deutliche Überschreitung im Bereich der Hyposensibilisierungsbehandlung (GOP 30130 EBM zzgl. Zuschlagsziffer GOP 30131 EBM) vor, wie bereits nachfolgende Auswertung exemplarisch für die u.a. streitigen Quartale 4/2013, 1/2014 und 3/3014 zeigt:

Quartal

GOP

Fallzahl

Häufigkeit

Abweichung von Vergleichsgruppe in %

4/2013

30130

4343

679

132,59

 

30131

4343

157

135,06

 

1/2014

30130

4635

721

163,28

 

30131

4635

179

196,92

 

3/2014

30130

4357

545

178

 

30131

4357

168

348,84

 

Allerdings hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass weder erkennbar noch durch die Klägerin substantiiert vorgetragen worden ist, inwiefern aus der Erbringung dieser Leistungen die Notwendigkeit eines höheren Laborbudgets folgt. Dies wäre aber bereits deshalb erforderlich, da die weiteren allergologischen Leistungen (GOP 30110, 30111 EBM) demgegenüber im Grundsatz unterdurchschnittlich erbracht wurden, wie gleichfalls eine exemplarische Auswertung für die u.a. streitigen Quartale 4/2013, 1/2014 und 3/3014 zeigt:

Quartal

GOP

Fallzahl

Häufigkeit

Abweichung von Vergleichsgruppe in %

4/2013

30110

4343

26

-45,95

 

30111

4343

73

-28,21

 

1/2014

30110

4635

30

-51,85

 

30111

4635

40

-63,09

 

3/2014

30110

4357

14

-65,59

 

30111

4357

148

46,55

 

Die Überweisungsquote – wie die Klägerin meint – erklärt dies nicht (dazu sogleich).

 

(3) Weitere den Fallgruppendurchschnitt überschreitende Leistungen bestehen hinsichtlich der GOP 32687 EBM (kulturelle mykologische Untersuchung) und GOP 32688 EBM (Morphologische Differenzierung gezüchteter Pilze außer Hefen).

 

(a) Zunächst ist hier darauf zu verweisen, dass die GOP 32687 EBM grundsätzlich mit 4,60 € und die GOP 32688 EBM mit 2,70 € bewertet wird, so dass bereits durch die Klägerin darlegungsbedürftig gewesen wäre, weshalb ein arztgruppenspezifischer Fallwert von 4,00 € im Durchschnitt hier der „Aufstockung“ bedarf.

 

(b) Es handelt sich ferner in beiden Fällen um mykologische Untersuchungen und damit arztgruppenspezifische Leistungen für einen Dermatologen, die im Grundsatz keine abweichende Praxisausrichtung belegen (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 20/10 R – juris, Rn. 17). Dies wird bereits durch die Anzahl der Betriebsstätten belegt, die die GOP 32687 erbringen und in den Quartalen 3/2012 bis 4/2017 zwischen der Zahl von 263 (3/2012) bis 210 (4/2017) variieren.

 

Gleichzeitig folgt aus der zu beobachtenden stetig sinkenden Anzahl an Betriebsstätten, die diese Leistung erbringen, ebenso wie aus den gleichfalls sinkenden Häufigkeiten der GOP 32687 EBM in der klägerischen Praxis, dass es möglich gewesen ist, so sich die Leistung aus klägerischer Sicht finanziell als nicht auskömmlich erwiesen haben sollte, sie deutlich zurückzuführen (z.B. Häufigkeit Praxis Klägerin Quartal 3/2012: 1.126; Quartal 4/2013: 866; Quartal 1/2014: 857; Quartal 3/2014: 692; Quartal 1/2015: 453; Quartal 2/2015: 511 und Quartal 4/2017: 254). Die sinkenden Häufigkeiten widersprechen demzufolge der These der Klägerin, dass es der Aufstockung des Laborbudgets aufgrund einer in diesem Bereich objektiv erhöht bestehenden Versorgungsnotwendigkeit bedarf.

 

(3) Auch die Anzahl überwiesener Fälle spiegelt keine Praxisbesonderheit wider; die Klägerin hat z.B. in dem Quartal 4/2013 48 (1,08%) Zuweisungen erhalten. Der Überweisungsanteil beträgt 11,4%. Ähnlich verhält es sich in den exemplarisch zu betrachtenden Quartalen 1/2014 und 3/2014:

 

Quartal

4/2013

1/2014

3/2014

Überweisungen

495

483

302

Gesamtfallzahl der Kl.

4343

4635

4357

Anteil in %

11,4

10,42

6,93

 

cc) Entgegen der Ansicht war die Beklagte auch nicht verpflichtet weitere Aspekte in ihre Ermessenserwägungen einzustellen. Stattdessen hat sie zu Recht die Anhaltspunkte, die sich nach Aktenlage ergeben haben, in ihre Überlegungen einbezogen und ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass eine weitergehende Prüfung einer Ausnahme einer nachvollziehbaren Begründung bedarf. Diese entsprechend substantiiert vorzutragen, um ggf. die Beklagte zu weiteren Ermittlungen und/oder Überlegungen zu veranlassen, wäre Angelegenheit der Klägerin gewesen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Da die Beigeladenen keinen Sachantrag gestellt und sich so keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, ihre Kosten für nicht erstattungsfähig zu erachten (§ 162 Abs. 3 VwGO).

 

Gründe zur Zulassung der Revision i.S.d. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.

 

 

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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