Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.02.2022 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verlängerung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmer-Überlassung (AÜ).
Der in Polen ansässigen Klägerin war unter dem 02.01.2015 eine AÜ-Erlaubnis für längstens ein Jahr erteilt worden. Unter dem 27.01.2016 erfolgte eine neuerliche Erlaubnis für längstens ein Jahr. Unter dem 06.12.2016 wurde die Erlaubnis bis zum 27.01.2018 verlängert, unter dem 14.11.2017 erneut bis zum 27.01.2019.
Bereits am 26.02.2016 hatte sich ein ehemaliger Mitarbeiter der Klägerin telefonisch aus Polen bei der Beklagten gemeldet. Laut Aktenvermerk der Beklagten habe dieser Kenntnis von einer anstehenden Betriebsprüfung und wolle darauf hinweisen, dass von der Klägerin im Antragsverfahren vorgelegte Vertragsmuster bei der Überlassung der Leiharbeitnehmer nach Deutschland nicht genutzt würden, so dass Sozialversicherungsbeiträge (SV-Beiträge) nicht oder nicht in ausreichender Höhe geleistet würden. Gelebt würden ausschließlich die polnischen Verträge. Die Klägerin rechne im Übrigen mit dem Widerruf der bestehenden Erlaubnis, wolle aber weiterhin Arbeitnehmerüberlassung betreiben und plane, über ihren Sohn eine Erlaubnis zu erlangen.
Am 28.03.2018 wandte sich das Hauptzollamt Bielefeld an die Beklagte mit der Bitte um Vorlage aller Unterlagen über die Klägerin. Unter dem 09.07.2018 übersandte das Hauptzollamt der Beklagten Protokolle vom 22.06.2018 bzw. 25.05.2018 einer Vernehmung der überlassenen Arbeitnehmer S. H. und K. P. T.; einige Angaben in diesen Protokollen waren geschwärzt. In einer später vom Sozialgericht beigezogenen und in Auszügen als Kopie zurückbehaltenen Akte des Sozialgerichts Berlin S 91 BA 63/20 (Klägerin ./. Deutsche Rentenversicherung) sind diese Schwärzungen (bis auf eine Schwärzung des Beschuldigten im Protokoll vom 22.06.2018) nicht enthalten; im Protokoll vom 25.05.2018 ist ein „Strafverfahren … gegen W. C.“ (Restaurantbetreiber, bei dem die beiden Vernommenen tätig waren) ungeschwärzt benannt. Auf die (ungeschwärzten, den Beteiligten im Berufungsverfahren übersandten) Vernehmungsprotokolle wird Bezug genommen. Das Hauptzollamt übersandte der Beklagten ferner einen Aktenvermerk vom 19.06.2018. Danach waren am 10.11.2017 ein Gastronomiebetrieb nach dem SchwarzArbG überprüft und alle angetroffenen Arbeitnehmer befragt worden. Die dort tätigen Köche H. und T. hätten angegeben, als selbständige Köche für den polnischen Vermittlerbetrieb der Klägerin in Deutschland tätig zu sein. Im Nachgang sei gegen den Inhaber des geprüften Betriebes ein Ermittlungsverfahren (§ 266 StGB) eingeleitet worden, im Rahmen dessen der Betriebsinhaber und die beiden Köche vernommen worden seien. Mindestens einem der Köche sei durch die Klägerin suggeriert worden, in einem normalen Arbeitsverhältnis zu stehen, und dass damit einhergehenden SV-Pflichten in Polen nachgekommen werde; Letzteres sei jedoch teilweise ausgeblieben. Zum anderen sei teilweise unrichtig über Selbständigkeit und damit verbundene Verpflichtungen aufgeklärt worden. Es sei weitestgehend übereinstimmend angegeben worden, dass die Klägerin in der Vergangenheit unter Nutzung unlauterer Mittel versucht habe, bei dem deutschen Entleiher für sich bessere Vertragskonditionen im „Verleih“ durchzusetzen. So seien beide Köche aufgefordert worden, durch kurzfristige und unangekündigte Arbeitsniederlegungen das bedeutsame Weihnachtsgeschäft (2017) des Entleihers zu sabotieren. Auch sei versucht worden, durch unangekündigten Personalabzug kurzfristig weiteren Druck auf den Entleiher auszuüben. Weiter sollten Drohanrufe sowohl an den Entleiher als auch an mindestens einen der Köche erfolgt sein. Ergebnis der Ermittlungen sei eine Scheinselbständigkeit der beiden Köche gewesen, weshalb der Sachverhalt der für eine Nachberechnung von SV-Beiträgen zuständigen Deutschen Rentenversicherung (DRV) vorgelegt worden sei.
Am 05.10.2018 beantragte die Klägerin abermals die Verlängerung der AÜ-Erlaubnis. Im Zuge des Verwaltungsverfahrens wies sie die Beklagte darauf hin, dass nach dem deutsch-polnischen Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland keine Steuerpflicht des Lohnempfängers (überlassene Person) bestehe, solange dieser sich nicht länger als 183 Tage in Deutschland aufhalte, sich Sitz und Wohnort des Arbeitgebers nicht in Deutschland befänden und dieser in Deutschland keine feste Filiale habe. Sie sei deshalb von einer Abführung von Steuern in Deutschland befreit. Die Beklagte vertrat daraufhin die Ansicht (E-Mail vom 28.11.2018), diese 183-Tage-Regelung gelte nicht, wenn der in Polen ansässige Arbeitnehmer Zahlungen von einem deutschen Arbeitgeber erhalte und in Deutschland arbeite. Nach einem Erlass des deutschen Bundesfinanzministeriums nehme bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung grundsätzlich der Entleiher die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen wahr; der ausländische Verleiher müsse sich deshalb in Deutschland zur Steuerentrichtung anmelden und Steuern hier entrichten. Über die zutreffende Anwendung des deutsch-polnischen Doppelbesteuerungsabkommens verblieb in der Folge zwischen den Beteiligten Streit.
Nach Mitteilung eines Steuerberaters (E-Mail vom 08.01.2019), dass für die Klägerin eine Steuernummer beantragt worden sei, verlängerte die Beklagte unter dem 10.01.2019 die AÜ-Erlaubnis der Klägerin bis zum 27.01.2020.
Das Hauptzollamt Bielefeld übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 11.02.2019 seinen Schlussbericht an die Staatsanwaltschaft Bielefeld in dem „Ermittlungsverfahren gegen die polnische Staatsangehörige U. Q.“ sowie eine Anhörung der Klägerin durch die DRV vom 05.02.2019. Auf den Abschlussbericht wird Bezug genommen. In dem Anhörungsschreiben teilte die DRV der Klägerin mit, die Tätigkeit der Köche sei in der Zeit vom 01.10.2016 bis zum 31.03.2017 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt worden, so dass SV-Pflicht bestanden habe; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Anhörungsschreiben Bezug genommen. In der Folge forderte die DRV von der Klägerin mit Bescheid vom 22.03.2019 SV-Beiträge in Höhe von 4.210,21 € für den Zeitraum 01.10.2016 bis 31.03.2017 nach. Die Klägerin wies in ihrem dagegen eingelegten Widerspruch darauf hin, sie habe das Anhörungsschreiben nicht erhalten. Alle in ihrem Unternehmen mitarbeitenden Personen seien allerdings als Subunternehmer tätig; diese Personen – und nicht sie selbst – seien insofern zur Antragstellung auf sog. A1-Bescheinigungen (Entsendebescheinigungen) beim polnischen Sozialversicherungsträger verpflichtet, und sie selbst sei nicht zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für diese Personen verpflichtet. Die DRV wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2000 zurück. Einer der beiden Köche (T.) habe erst zum 01.04.2017 ein Gewerbe in Polen angemeldet. Der andere Koch (H.) habe zwar ein Gewerbe in Polen angemeldet gehabt. Die Gewerbeanmeldung sei jedoch kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Die beiden „entliehenen“ Köche seien in den Betrieb (des deutschen Arbeitgebers) eingegliedert gewesen, hätten keinerlei unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt, und eine Entsendebescheinigung aus Polen habe nicht vorgelegen. Hiergegen führt die Klägerin ein sozialgerichtliches Verfahren (Sozialgericht Berlin S 91 BA 63/20, derzeit in der Berufung anhängig beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 BA 11/23).
Mit Schreiben vom 25.03.2019 (richtig: 20.05.2019) hörte die Beklagte die Klägerin zu einem beabsichtigten Widerruf der Erlaubnis an. Die Klägerin habe eine mit Bescheid vom 10.01.2019 erteilte Auflage zur Vorlage einer Steuernummer eines deutschen Finanzamtes innerhalb der gesetzten Frist bis zum 15.03.2019 nicht erfüllt. Die Klägerin teilte (im Anschluss an E-Mail-Kontakt mit der Beklagten) mit E-Mail vom 20.05.2019 eine Steuernummer mit. Das Schreiben vom 25.03.2019 habe sie nie erhalten. Auf Nachfrage der Beklagten gab sie mit E-Mail vom 07.06.2019 ergänzend an, die Steuernummer sei durch das Finanzamt Kiel erteilt worden.
Das Finanzamt Kiel teilte der Beklagten am 16.09.2019 telefonisch mit, die Klägerin habe dort eine sog. Null-Meldung abgegeben; dies heiße, dass vorgeblich keine Leiharbeitnehmer überlassen worden seien. Das Finanzamt wolle weiter prüfen. Wegen der weiteren Korrespondenz der Beklagten mit dem Finanzamt wird auf den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Am 22.10.2019 beantragte die Klägerin eine weitere „befristete Verlängerung“ der AÜ-Erlaubnis.
Mit Bescheid vom 21.01.2020 lehnte die Beklagte eine Verlängerung der Erlaubnis ab. Eine Erlaubnis oder Verlängerung sei (u.a.) zu versagen, wenn der Arbeitgeber die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG). Zu dieser Zuverlässigkeit gehöre auch die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer. Das Hauptzollamt Bielefeld habe gegen die Klägerin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt (§ 266a Abs. 1 und 2 StGB) geführt. Im Zeitraum vom 26.10.2016 bis zum 29.03.2017 habe die Klägerin Sozialversicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer T. und H. nicht ordnungsgemäß in Deutschland abgeführt. Entsendebescheinigungen seien von der polnischen Sozialversicherung nicht ausgestellt worden, so dass Beiträge in Deutschland hätten abgeführt werden müssen (Territorialitätsprinzip). Dies habe die Klägerin bis heute nicht getan. Auch habe sie in der Vergangenheit keine Lohnsteuer für die Leiharbeitnehmer an das deutsche Finanzamt gezahlt. Sie sei im November 2018 ausführlich über die Rechtslage informiert worden, dass die sog. 183-Tage-Regelung für polnische Verleiher nicht gelte und Lohnsteuer bereits ab dem ersten Tag der Überlassung an das deutsche Finanzamt abzuführen sei. Eine deutsche Steuernummer habe sie erst im Zuge der Anhörung zu einem Widerruf der Erlaubnis mitgeteilt. Da die Klägerin bereits vom 03.01.2015 bis zum 02.01.2016 sowie seit dem 28.01.2016 eine Erlaubnis besessen habe, hätte sie sich bereits vor Beginn der Erlaubnis am 03.01.2015 über die geltenden Bestimmungen informieren müssen; dies habe sie allerdings bis heute nicht getan. Nach den Gesamtumständen besitze sie nicht die notwendige Zuverlässigkeit.
Die Klägerin legte Widerspruch ein mit der Begründung, sie habe alle mit dem Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis verbundenen notwendigen formellen Anforderungen erfüllt. Hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit könne keine negative Zukunftsprognose gestellt werden. Es sei falsch anzunehmen, dass die Herren T. und H. Arbeitnehmer der Klägerin gewesen seien. Diese hätten für die Klägerin vielmehr lediglich Dienstleistungen erbracht. Der Vertrag mit dem deutschen Vertragspartner habe ebenfalls diese Form der Zusammenarbeit bestimmt und sei kein AÜ-Vertrag. Mit der Auffassung der DRV über eine Scheinselbständigkeit bestehe kein Einverständnis; deren Entscheidung werde angefochten. Solange das Verfahren gegen die DRV nicht rechtskräftig entschieden sei, dürfe die Beklagte nicht von einer Vorenthaltung von SV-Beiträgen ausgehen. Selbst wenn Scheinselbständigkeit bestanden hätte, hieße dies noch nicht, dass mangels Vorliegens einer Entsendebescheinigung das Territorialprinzip zur Anwendung gelange. Wenn die Beklagte auf das Ermittlungsverfahren des Hauptzollamtes Bielefeld verweise, so bedeute ein solches Verfahren noch nicht, dass auch eine Straftat verübt worden sei. Sie habe von diesem Verfahren bis heute keine Nachricht erhalten und gehe davon aus, dass es eingestellt worden sei. Der Ansicht der deutschen Finanzbehörden zum deutsch-polnischen Doppelbesteuerungsabkommen werde im Übrigen durch polnische Behörden und Steuerberater nicht gefolgt. Nach einem Gutachten eines Steuerberatungsbüros aus Stettin bestehe Lohnsteuerpflicht für die entliehenen Arbeitnehmer allein in Polen. Sie habe insofern beim polnischen Finanzministerium den Antrag auf eine verbindliche Auslegung gestellt. Jedenfalls habe sie vorsichtshalber Lohnsteuer an das Finanzamt Kiel gezahlt (Kontoauszug über eine Zahlung unter Vorbehalt vom 21.08.2019 für die Quartale 1 und 2 aus 2016 und das Quartal 4 aus 2018). Bei vorherigen Verlängerungen der Erlaubnis seien ihr auch keine entsprechenden Auflagen gemacht worden. Der Bescheid über die Versagung der Verlängerung verliere auch keinen einzigen Satz zu einer negativen Zukunftsprognose. Gehe es – allein – um die beiden Köche, werde auf Umstände zurückgegriffen, die drei Jahre vor diesem Bescheid lägen und nicht mehr entscheidungsrelevant seien. Die Versagung der Erlaubnisverlängerung stelle im Übrigen für sie – zumal im Rahmen der Coronapandemie – eine unbillige Härte dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruch der Klägerin Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2020 (der Klägerin in Polen bekanntgegeben) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Erlaubnis sei bereits dann zu versagen, wenn Tatsachen lediglich die Annahme rechtfertigten, dass ein Versagungstatbestand erfüllt sei (§ 3 Abs. 1 AÜG). Die Vorschrift enthalte insofern eine Beweiserleichterung für die Beklagte. Es müssten ausreichend sichere Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verleiher seine Arbeitgeberpflichten ordnungsgemäß erfüllen und die schützenswerten Interessen der Leiharbeitnehmer nicht verletzen werde. Eine solche positive Prognose sei für die Klägerin nicht möglich. Die Widerspruchsbegründung entkräfte nicht die im angefochtenen Bescheid erhobenen Vorwürfe. Die Klägerin sei bereits im November 2018 darüber informiert worden, dass die Lohnsteuer ihrer Arbeitnehmer ab dem ersten Tag der Überlassung an das deutsche Finanzamt abzuführen sei. Erst im August 2019 sei sie ihrer Verpflichtung zur Zahlung für die Jahre 2016 und 2018 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht nachgekommen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass sie auch künftig Lohnsteuer nicht oder nicht in richtiger Höhe abführe. Für zwei Köche habe sie zudem SV-Beiträge nicht abgeführt, weil sie diese für Subunternehmer halte. Das Hauptzollamt habe jedoch deren Scheinselbständigkeit festgestellt; der Widerspruch gegen die Entscheidung der DRV sei zurückgewiesen worden. Unabhängig davon habe das Finanzamt Kiel mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe keine Bereitschaft, Unterlagen und Auskünfte zur Sachverhaltsermittlung vorzulegen. Lägen Versagungsgründe vor, so bestehe kein Ermessen der Beklagten. Die erforderliche Zukunftsprognose falle für die Klägerin negativ aus. Es komme auch nicht darauf an, ob der Verleiher wiederholt oder schwerwiegend gegen Arbeitgeberpflichten verstoßen habe. Entscheidend sei, ob die Einhaltung der Arbeitgeberpflichten erwartbar erscheine. Zwar führe nicht jeder Verstoß zur Versagung der Erlaubnis. Angesichts der sozialpolitischen Zwecksetzung des AÜG sei ein schwerwiegender Verstoß jedoch stets dann anzunehmen, wenn durch die Handlungsweise des Verleihers der soziale Schutz der Leiharbeitnehmer nachteilig beeinträchtigt werde. Ein Verstoß gegen die Abführungspflicht von Lohnsteuer und SV-Beiträgen wiege schwer; die Versagung sei deshalb verhältnismäßig. Eine Erlaubnis unter Auflage komme nicht in Frage. Eine Auflage dürfe nicht lediglich eine allgemeine Pflicht wiederholen, deren Erfüllung ohnehin vom Gesetz vorausgesetzt oder erwartet werde. Eine Auflage an die Klägerin, die AÜ gesetzmäßig durchzuführen, komme deshalb nicht in Betracht.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.10.2020 Klage beim Sozialgericht Nürnberg erhoben. Dieses hat sich nach Anhörung der Klägerin mit Beschluss vom 04.11.2020 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei der Behauptung der Beklagten von fehlender Zuverlässigkeit mit ihrem Widerspruchsschreiben substantiiert entgegengetreten. Laut einem Vermerk im Verwaltungsvorgang habe dem Widerspruch aufgrund der umfangreichen und nachvollziehbaren Begründung abgeholfen werden sollen; allerdings sei diesem Vorschlag dann nicht gefolgt worden. Auf den Hinweis des Sozialgerichts, dass die einjährige Verlängerungsfrist (§ 2 Abs. 4 Satz 1 AÜG) ohnehin bereits abgelaufen sei, hat die Klägerin ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse geltend gemacht, weil ihr in einem erneuten Antragsverfahren wiederum die Ablehnung einer AÜ-Erlaubnis drohe. Ihr seien zudem wegen Nichterteilung der AÜ-Erlaubnis Gewinne und Verdienstmöglichkeiten entgangen. Es bestehe Wiederholungsgefahr, und neue Antragsverfahren seien mit hohen Kosten verbunden. Eine Entscheidung des Sozialgerichts Berlin im Verfahren gegen die DRV (S 91 BA 63/20) stehe noch aus; von ihr könne jedoch eine Doppelzahlung von SV-Beiträgen in Deutschland und in Polen nicht verlangt werden. Die Klägerin hat (in polnischer Sprache sowie in beglaubigter deutscher Übersetzung) eine „Individuelle Auslegung“ des Direktors der staatlichen Finanzinformationsstelle Piotrkow Trybunalski vom 10.07.2020 zum deutsch-polnischen Doppelbesteuerungsabkommen vorgelegt, der zufolge nach dem von der Klägerin zur Prüfung dargestellten Sachverhalt die Vergütungen ihrer nach Deutschland entsandten polnischen Leiharbeitnehmer nur in Polen besteuert würden. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorgelegte Dokument Bezug genommen. Die Klägerin macht sich die dort vertretene Auslegung des Doppelbesteuerungsabkommens zu eigen.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
festzustellen, dass die Ablehnung der von der Klägerin beantragten Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung im Bescheid vom 21.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2020 rechtswidrig war.
Die Beklagte hat schriftlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe weder einen Neu- noch einen weiteren Verlängerungsantrag eingereicht. Sie habe kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse; nach Ablauf der AÜ-Erlaubnis habe sie keinen weiteren entsprechenden Antrag gestellt. Die sog. 183-Tage-Regelung im deutsch-polnischen Doppelbesteuerungsabkommen gelte nicht, wenn ein in Polen ansässiger Arbeitnehmer von einem deutschen Arbeitgeber Zahlungen erhalte und der Arbeitnehmer in Deutschland arbeite.
Das Sozialgericht hat die Steuerakte der Klägerin (N01) vom Finanzamt Kiel beigezogen; aus dieser lässt sich nicht ersehen, dass die Klägerin auch für die beiden Köche H. und T. Steuern entrichtet hat. Das Sozialgericht hat ferner die Akte S 91 BA 63/20 des Sozialgerichts Berlin beigezogen und nach Fertigung von auszugsweisen Kopien nach Berlin zurückgesandt.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.02.2022 hat das Sozialgericht (nach entsprechender vorheriger Anhörung der Beteiligten) die Klage abgewiesen. Sie sei wegen Fehlens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. Schadensersatzansprüche habe die Klägerin nicht weiter beziffert oder konkretisiert; es sei völlig unklar, ob sie bestünden. Es reiche nicht aus, allgemein auf eine erleichterte Geltendmachung solcher Ansprüche hinzuweisen. Anhaltspunkte für eine konkrete Wiederholungsgefahr gebe es nicht. Denn die Klägerin habe es versäumt, eine neue Erlaubnis nach § 2 Abs. 4 Satz 1 AÜG zu beantragen. Im Falle eines Neuantrags wäre nunmehr ein neues Verwaltungsverfahren durchzuführen, was aufgrund der aktuellen Tatsachen zu beurteilen wäre. Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das Sozialgericht den Streitwert auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gegen den ihr am 14.02.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10.03.2022 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich zum einen aus der Möglichkeit, künftig wegen Verdienstausfalls und der geschäftsschädigenden Wirkung des angefochtenen Bescheides Schadensersatz geltend zu machen. Auf Anforderung könne sie den Verlust von Vertragspartnern und Gewinnen glaubhaft machen. Sie habe ein Interesse, weiterhin im Rahmen des AÜG Arbeitnehmer zu „entsenden“. Ihr gehe es auch darum, ggf. Schadensersatz für eine erlittene Rufschädigung zu erreichen; im zivilgerichtlichen Verfahren müsste dafür ein Anspruch nicht beziffert werden. Zum anderen bestehe die Gefahr einer Wiederholung, da sich die Umstände nicht wesentlich geändert hätten. Einen neuen Antrag zu stellen, sei für sie nicht zumutbar, wenn doch der ablehnende Ausgang eines solchen Antrags vorhersehbar wäre. Ein solcher Antrag wäre auch mit erheblichen Kosten verbunden (tatsächlich erhebt die Beklagte eine Gebühr von 1.000,00 € pro Antrag). Der sich ergebende Teufelskreis könne nur durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Versagung durchbrochen werden. Steuern i.H.v. 1.921,61 € habe sie unter Vorbehalt an das Finanzamt Kiel gezahlt, damit keine evtl. Rückstände entstünden. Auf Nachfrage des Senats trägt sie weiter vor, gegen den unter dem 28.01.2020 erfolgten Widerruf einer Bescheinigung in Steuersachen vom 18.10.2019 des Finanzamts Kiel (sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung) sei kein Rechtsbehelfsverfahren anhängig; eine solche Bescheinigung sei auch nicht Voraussetzung für eine AÜ-Erlaubnis. Die jetzt widerrufene Bescheinigung habe sie aus freien Stücken vorgelegt. Im Übrigen sei der Widerruf der Bescheinigung unbegründet, wenn doch gar keine Steuerrückstände bestünden; eine Steuerrückerstattung habe sie nicht beantragt. Als polnische Steueransässige habe sie alle gebotene Sorgfalt gewahrt, wenn sie sich für eine rechtliche Auslegung an den dortigen Direktor der Staatlichen Finanzinformationsstelle gewandt habe. Wenn die Beklagte Entsprechendes bei einer deutschen Stelle nicht getan habe, könne sie dieses Versäumnis nicht auf die Klägerin abwälzen. Vom Verfahren beim Hauptzollamt Bielefeld habe sie weder aktuelle Kenntnis, noch habe sie in der Vergangenheit Kenntnis davon gehabt. Zum Verfahren gegen die DRV sei anzumerken, dass die beiden Köche nicht ihre Arbeitnehmer gewesen seien. Weder eine deutsche noch eine polnische Stelle habe Klage auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses erhoben, und beide Herren seien nach wie vor als Unternehmer tätig. Die polnische Sozialversicherungsanstalt (ZUS) habe 2020 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt, welche der Beklagten vorliege; wenn es im vorliegenden Verfahren um SV-Beiträge für einen Zeitraum vor 2020 gehe, hätte die ZUS eine solche Bescheinigung nicht erteilt (in dieser „Unbedenklichkeitsbescheinigung in der Beitragszahlung“ vom 26.02.2020 wird bescheinigt, dass die Klägerin – mit für sie angegebener Firmennummer – zu Beitragszahlung an die Sozialversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und den Fond für Arbeiterleistungen verpflichtet sei und aktuell keine Beitragsrückstände bestünden). Sie fühle sich wegen ihrer Herkunft diskriminiert und hilflos, weil von ihr beigebrachte Beweise und Fakten nicht berücksichtigt würden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.02.2022 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2020 rechtswidrig die von der Klägerin beantragte Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung abgelehnt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Widerspruchsbescheid sowie auf den angefochtenen Gerichtsbescheid. Insbesondere reiche die bloße Möglichkeit einer Schadensersatzklage für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus. Die Klägerin habe weder vorgetragen, dass eine solche Klage beabsichtigt sei, noch sei erkennbar, dass sie mit hinreichender Sicherheit noch zu erwarten sei. Hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr widerspreche sich die Klägerin, wenn sie einerseits die Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides für nötig halte, andererseits aber die neue Antragstellung gerade wegen des Bescheides unterlasse, auch wenn für sie ein Kostenrisiko bestehe. Mit der Steuerzahlung unter Vorbehalt an das Finanzamt Kiel sei die streitige Besteuerungsfrage nicht beantwortet; sie befreie die Klägerin nicht vom Vorwurf der Unzuverlässigkeit. Dieser gründe sich insbesondere darauf, dass die Klägerin in der Vergangenheit Lohnsteuer – zu deren Entrichtung sie seit Beginn ihrer Tätigkeit in der AÜ verpflichtet gewesen wäre – nicht abgeführt habe und ihre diesbezügliche Verpflichtung auch nach wie vor anzweifle. An dem Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin sei sie nicht beteiligt. Das Gutachten des Direktors der Staatlichen Finanzinformationsstelle Polens beruhe auf der Angabe der Klägerin, sie trage die Verantwortung für die Arbeitsergebnisse der Leiharbeitnehmer; dies sei jedoch – wie sich auch aus einem Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 03.05.2018 ergebe, wonach der Entleiher grundsätzlich die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen wahrnehme – unzutreffend. Trotz Aufforderung durch den Senat habe die Klägerin im Übrigen nicht nachgewiesen, dass für die beiden Köche in Polen SV-Beiträge entrichtet worden seien; dies werde auch durch die allgemeine Bescheinigung der ZUS, dass keine Beitragsrückstände bestünden, nicht belegt.
Der Senat hat versucht, die beiden seinerzeit als Koch in Deutschland tätigen Herren H. und T. ausfindig zu machen. Herr H. war mittlerweile von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet worden. Für Herrn T. war eine Anschrift in Hille/Nordrhein-Westfalen registriert; die Ladung als Zeuge zu einem Erörterungstermin am 05.07.2023 war unter dieser Anschrift jedoch nicht möglich. Ein Erörterungstermin wurde im Anschluss daran nicht durchgeführt. Im Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin S 91 BA 63/20 sind beide Köche im März 2021 mangels Zustellbarkeit an eine bekannte Anschrift durch öffentliche Zustellung beigeladen worden. Der Senat hat der Klägerin Kopien der Vernehmungsprotokolle für beide Köche des Hauptzollamts Bielefeld übersandt und mitgeteilt, es sei nunmehr beabsichtigt, diese Protokolle im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten, sofern angesichts des Inhalts der Protokolle noch Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung bestehe. Die Klägerin trägt im Anschluss daran weiter vor, die Protokolle beträfen den früheren deutschen Arbeitgeber der Köche W. C. und nicht sie. Sie sei am Verfahren des Hauptzollamtes Bielefeld nicht beteiligt gewesen; dennoch habe die Beklagte dieses Verfahren zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogen, wofür es keine Rechtsgrundlage gebe. Ihr sei insoweit kein rechtliches Gehör gewährt worden, und sie habe auch keine Einsicht in die Akten des Hauptzollamtes gehabt.
Beide Beteiligten haben sich abschließend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Vorgänge (Verwaltungsakte der Beklagten, Steuerakte des Finanzamts Kiel, vom Sozialgericht gefertigte Kopien aus Gerichtsakte und Verwaltungsvorgängen zum Verfahren der Klägerin gegen die DRV vor dem Sozialgericht Berlin S 91 BA 63/20) Bezug genommen. Der Inhalt liegt der vorliegenden Entscheidung zugrunde.
Entscheidungsgründe:
A. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung über die Berufung der Klägerin entscheiden, weil die Beteiligten sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
B. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat es mit Bescheid vom 21.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2020 zu Recht abgelehnt, die zuletzt bis zum 27.01.2020 erteilte AÜ-Erlaubnis für ein weiteres Jahr zu verlängern.
I. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob die Klage (entgegen der Ansicht des Sozialgerichts) als sog. Fortsetzungsfeststellungklage zulässig ist.
1. Der Bescheid vom 21.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2020 versagte die Fortsetzung der bis zum 27.01.2020 reichenden AÜ-Erlaubnis der Klägerin für die Folgezeit, also ab dem 28.01.2020. Da eine Erlaubnis zur AÜ auf ein Jahr befristet wird (§ 2 Abs. 4 Satz 1 und 3 AÜG), hätte die Erlaubnis nur bis zum 27.01.2021 verlängert werden können. Eine (von diesem Regelfall abweichende) unbefristete Verlängerung (§ 2 Abs. 5 AÜG) kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin am 22.10.2019 ausdrücklich eine „befristete Verlängerung“ der AÜ-Erlaubnis beantragt hat.
Die von der Klägerin angefochtene Versagung hatte sich deshalb mit Ablauf des 27.01.2021 durch Zeitablauf erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Klägerin hätte anschließend allenfalls eine Neuerteilung einer AÜ-Erlaubnis beantragen können; eine Verlängerung der bisherigen Erlaubnis kam indes nicht mehr in Betracht. Mit dieser Erledigung der Versagung war der von der Klägerin erhobenen Anfechtungsklage ab dem 28.01.2021 die Grundlage entzogen.
2. Ob deshalb die bisherige Anfechtungsklage als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden kann und die Klägerin insbesondere – etwa weil eine sog. Wiederholungsgefahr besteht, d.h. eine hinreichend bestimmte konkrete Gefahr, dass die Beklagte wegen im Wesentlichen unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Umstände bei neuerlicher Beantragung einer AÜ-Erlaubnis eine gleichartige Entscheidung treffen werde (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 131 Rn. 10b m.w.N.) – i.S.v. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung hat, ob der von ihr angefochtene (sich zwischenzeitlich erledigt habende) Verwaltungsakt rechtswidrig ist, kann schon deshalb offenbleiben, weil der angefochtene Bescheid vom 21.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2020 rechtmäßig ist.
II. Die Fortsetzungsfeststellungklage ist jedenfalls unbegründet. Die von der Klägerin begehrte Feststellung kann auch im Falle der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungklage nicht getroffen werden. Denn der Bescheid vom 21.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2020 lehnte zu Recht eine Verlängerung der AÜ-Erlaubnis der Klägerin ab.
1. Nach § 1 Abs. 1 AÜG (Erlaubnispflicht) bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, der Erlaubnis (Satz 1). Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen (Satz 2). Die Überlassung und das Tätigwerdenlassen von Arbeitnehmern als Leiharbeitnehmer ist nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht (Satz 3). Gemäß § 2 Abs. 4 AÜG ist die Erlaubnis auf ein Jahr zu befristen (Satz 1). Der Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis ist spätestens drei Monate vor Ablauf des Jahres zu stellen (Satz 2). Die Erlaubnis verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn die Erlaubnisbehörde die Verlängerung nicht vor Ablauf des Jahres ablehnt (Satz 3). Gemäß § 3 Abs. 4 AÜG erhalten Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der „Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ (heute also der Europäischen Union) die Erlaubnis unter den gleichen Voraussetzungen wie deutsche Staatsangehörige.
2.a) Nach diesen Vorschriften kommt die Klägerin als Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (Polen) grundsätzlich für eine AÜ-Erlaubnis bzw. für die Verlängerung der ihr bis zum 27.01.2020 erteilten Erlaubnis in Betracht.
b) Die Klägerin war auch als Verleiherin i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG tätig.
aa) Die Köche T. und H. waren nach ihren nachvollziehbaren Angaben gegenüber dem Hauptzollamt Bielefeld am 25.05. bzw. 26.08.2018 durch Vermittlung der Klägerin im Restaurantbetrieb des Herrn W. C. als abhängig Beschäftigte tätig, Herr T. etwa seit Ende Oktober 2016, Herr H. ab Anfang März 2017. Beide haben als Zeugen übereinstimmend bekundet, dort nach einer bereits vorhandenen Speisekarte gekocht zu haben. Herr T. hat angegeben, dass die Dienstpläne ebenfalls vorgegeben gewesen seien, Herr H., dass die Öffnungszeiten vorbestimmt gewesen seien und Herr T. und er sich die Arbeitszeiten (in diesem Rahmen) frei eingeteilt hätten. Beide Köche waren dort nach ihren Angaben in einem Stundenumfang beschäftigt, der auf eine Vollzeittätigkeit für einen einzigen Arbeitgeber schließen lässt (T.: monatlich zwischen 160 und 170 Stunden; H.: monatlich zwischen 160 und maximal 230 Stunden). Beide erhielten dafür einen Stundenlohn von der Klägerin (10,00 € netto); Herr H. hat angegeben, erfahren zu haben, dass der Restaurantbetreiber 17,00 € pro Stunde an die Klägerin habe zahlen müssen. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Polen seien durch die Klägerin entrichtet worden (H.) bzw. hätten von ihr dort entrichtet werden sollen, was jedoch abredewidrig nicht geschehen sei (T.). Beide hätten 2017 einen Urlaub genommen, und beide hätten sich selbst als Angestellter des Herrn C. (H.) bzw. als „ganz normalen Arbeiter“ (T.) angesehen.
Beide Aussagen machen deutlich, dass die Köche nicht selbständig (als „Subunternehmer“) tätig waren, sondern als abhängig Beschäftigte (vgl. zur Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen Brand in ders., SGB III, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 11 f.). Sie konnten sich selbst keine betriebliche Ordnung auswählen, sondern waren ganz in die Betriebsorganisation des Restaurants eingebunden. Der Geschäftsablauf und die Geschäftsentscheidungen wurden maßgeblich vom Inhaber des Restaurants bestimmt, der damit auch das unternehmerische Risiko für das Restaurant trug (während die Klägerin das unternehmerische Risiko eines Verleihers trug). Sie unterlagen dem Weisungsrecht des Herrn C.. Ihre Tätigkeit konnten sie allenfalls in puncto Aufteilung der vorgegebenen Arbeitszeiten untereinander absprechen, nicht jedoch grundsätzlich über Arbeitskraft, Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen. Sie arbeiteten nicht auf eigenen Unternehmensgewinn hin, sondern gegen Stundenlohn.
bb) Die Angaben dieser beiden Köche gegenüber dem Hauptzollamt erscheinen glaubwürdig. Die Vernehmungen erfolgten zu einem Zeitpunkt, als beide Zeugen nicht mehr für die Klägerin tätig waren. Die Angaben beider decken sich im hier relevanten Aussagegehalt, obwohl die Vernehmungen getrennt und in zeitlichem Abstand voneinander durchgeführt wurden (25.05.2018 T., 22.06.2018 H.). Der Eindruck einer gegenseitigen Absprache, um der Klägerin zu schaden, kommt weder punktuell noch im Gesamtzusammenhang auf; es ist vielmehr keinerlei unredliche Belastungstendenz erkennbar.
Zwar wollte die Klägerin nach den Angaben des Herrn H. diesen von Anfang an als Subunternehmer einsetzen und dafür ein von diesem in Polen noch für ein zuvor von ihm selbständig geführtes Restaurant angemeldetes Gewerbe heranziehen. Sie habe dann jedoch Stundenlohn an ihn gezahlt, ohne dass er eigene Rechnungen hätte erstellen müssen, habe in Polen Steuern und Sozialversicherungsabgaben und „alles“ für ihn organisiert. Herr H. begann seine Tätigkeit im Restaurant nach seinen Angaben Anfang März 2017. Etwa zu diesem Zeitpunkt (Anfang 2017) verlangte die Klägerin nach der Aussage des schon seit Ende Oktober 2016 aufgrund eines „normalen“ Arbeitsvertrages dort tätigen Herrn T. von diesem, seinen Arbeitsvertrag nicht weiterzuführen und stattdessen in Polen ein Gewerbe anzumelden, um dann weiterhin in dem Restaurant zu arbeiten. Diese Gewerbeanmeldung sei dann zum 01.04.2017 erfolgt. Sozialabgaben in Polen hätten von der Klägerin (dennoch) weiter abgeführt werden sollen; er habe aber später bemerkt, von der Klägerin darum „betrogen“ worden zu sein. Für ihn habe sich nach dem 01.04.2017 nichts geändert. Er habe weiterhin von der Klägerin je nach geleisteten Stunden Geld erhalten. Er habe keine Rechnungen schreiben müssen; das habe alles die Klägerin direkt mit dem Restaurantinhaber erledigt.
cc) Gleichviel, wie die polnischen oder deutschen Verträge zwischen der Klägerin und den beiden Köchen gestaltet gewesen sein mögen, zeigt dies allein, dass die Klägerin die Köche als Scheinselbständige eingesetzt, sie tatsächlich aber abhängig beschäftigt hat. Ob sie dies aus unlauteren Absichten (etwa zum Ersparen von SV-Beiträgen oder Lohnsteuern) tat oder aus irrtümlichen Ansichten zum deutschen Recht, kann der Senat letztlich offenlassen.
dd) Ohne Bedeutung ist auch, dass das Hauptzollamt Bielefeld das dortige Verfahren zunächst gegen den Betreiber des Restaurants geführt haben mag. Hierauf deutet hin, dass sein Name aus einem der beiden aus der Akte der DRV entnommenen Vernehmungsprotokolle als Beschuldigter in einem „Strafverfahren“ ersichtlich ist; später allerdings ergibt sich aus dem Abschlussbericht des Hauptzollamtes an die Staatsanwaltschaft Bielefeld, dass nunmehr die Klägerin als Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens benannt wurde.
Den Ausgang oder Stand dieses Verfahrens muss der Senat nicht klären; insbesondere kann offenbleiben, ob mit Rücksicht auf das Verfahren gegen die DRV das Ermittlungs- oder Strafverfahren ruht, oder ob es aus anderen Gründen eingestellt wurde. Ebenfalls kann offenbleiben, ob die Klägerin von jenem Verfahren – wie sie vorträgt – nicht einmal Kenntnis erhalten hat.
ee) Denn jedenfalls kann der Senat die beiden Zeugenaussagen T. und H. vor dem Hauptzollamt Bielefeld vom 25.05. bzw. 22.06.2018 verwerten. Möglich ist dies (allein) durch Heranziehung der Vernehmungsprotokolle im Wege des Urkundenbeweises. Eine ergänzende Vernehmung beider Zeugen konnte nicht stattfinden, da deren jetziger Aufenthalt nicht ausfindig gemacht werden konnte; schon im Verfahren gegen die DRV konnten beide nur im Wege öffentlicher Zustellung (im März 2021) beigeladen werden. Beide Vernommenen sind ausweislich der Protokolle des Hauptzollamtes über ihre Wahrheitspflicht sowie über eine ggf. eintretende Strafbarkeit nach §§ 164, 258 oder 257 StGB bei falschen Angaben informiert worden. Die Vernehmungsprotokolle verschaffen dem Senat deshalb eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für das vorliegende Verfahren.
Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, ihr sei insoweit kein rechtliches Gehör gewährt worden. Der Senat hat ihr eigens die hinsichtlich der Aussagen ungeschwärzten Vernehmungsprotokolle übersandt, und die Klägerin hat hierzu auch tatsächlich Stellung genommen.
2. Die Klägerin erfüllte ab dem 28.01.2020 gleichwohl nicht die Voraussetzungen, die für eine Verlängerung der ihr bis zum 27.01.2020 bestandskräftig erteilten Erlaubnis hätten erfüllt sein müssen.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG ist die Erlaubnis oder ihre Verlängerung zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Ausübung der Tätigkeit nach § 1 AÜG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere weil er die Vorschriften des Sozialversicherungsrechts, über die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, über die Arbeitsvermittlung, über die Anwerbung im Ausland oder über die Ausländerbeschäftigung, über die Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG, die Vorschriften des Arbeitsschutzrechts oder die arbeitsrechtlichen Pflichten nicht einhält.
a) Der Senat kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage offenlassen, ob die Klägerin die Vorschriften über die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer eingehalten hat, oder ob jedenfalls die nachträgliche Entrichtung von Lohnsteuer an das Finanzamt Kiel unter Vorbehalt am 21.08.2019 diese Voraussetzung als erfüllt unterstellen lässt. Insbesondere muss der Senat nicht klären, ob die Klägerin – entsprechend der von ihr unter Beibringung einer gutachterlichen Äußerung des Direktors der polnischen staatlichen Finanzinformationsstelle vertretenen Ansicht – in Polen Lohnsteuer entrichten musste, oder ob dies – entsprechend dem von der Beklagten unter Hinweis auf einen Erlass des Bundesfinanzministeriums eingenommenen Standpunkt – in Deutschland zu erfolgen hatte. Der Klägerin steht es indes frei zu prüfen, ob sie vom Finanzamt Kiel eine Rückzahlung der unter Vorbehalt (und ohnehin nur für andere Arbeitnehmer als die Köche H. und T.) gezahlten Lohnsteuer fordern und im Falle einer Ablehnung diese einer finanzgerichtlichen Prüfung zuführen will.
Ebenso kann für das vorliegende Verfahren offenbleiben, ob die Klägerin für die Tätigkeit der Köche H. und T. in Deutschland SV-Beiträge zu entrichten hatte bzw. noch zu entrichten hat. Diese Frage wird derzeit nach Angaben der Klägerin im Berufungsverfahren gegen die DRV vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 BA 11/23 gerichtlich geklärt. Auch die Frage, ob eine Entrichtung in Polen an die ZUS für die beiden Köche tatsächlich stattgefunden hat (aus der Unbedenklichkeitsbescheinigung der ZUS geht nicht hervor, für welche konkreten Arbeitnehmer die Klägerin dort Beiträge entrichtet hat), kann für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens dahinstehen.
b) Denn die erforderliche Zuverlässigkeit der Klägerin für eine Tätigkeit in der AÜ lässt sich schon aus anderen Gründen nicht feststellen.
aa) Der Begriff der Unzuverlässigkeit ist ein unbestimmter, gerichtlich voll überprüfbarer Rechtsbegriff. Die Tatbestände, die § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG für eine Unzuverlässigkeit anführt, sind lediglich Regelbeispiele (Höpfner in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Auflage 2022, § 3 AÜG Rn. 8 m.w.N.). Aus dem Gesetzeswortlaut („insbesondere“) folgt vielmehr, dass es sich nicht um einen abschließenden Katalog von Unzuverlässigkeits-Tatbeständen handelt. Unzuverlässigkeit kann sich vielmehr auch aus anderen Umständen ergeben (a.a.O. Rn. 14). Maßgeblich ist, ob im Einzelfall aufgrund der Schwere des jeweiligen Verstoßes eine Unzuverlässigkeit des Antragstellers angenommen werden kann (a.a.O. Rn. 15).
Dabei ist die Erlaubnisbehörde nicht verpflichtet, den Sachverhalt vor ihrer Entscheidung vollständig aufzuklären oder das Vorliegen eines Versagungsgrundes zu beweisen. Vielmehr genügt der Nachweis von Tatsachen, aus denen mit hinreichender Sicherheit auf das Vorliegen von Versagungsgründen geschlossen werden kann. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung der Erlaubnisbehörde ergeht. In diesem Zeitpunkt ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Antragsteller unter Berücksichtigung seines bisherigen Verhaltens auch in Zukunft die Pflichten des § 3 Abs. 1 AÜG beachten wird (a.a.O. Rn. 6 m.w.N.); bei länger zurückliegendem Fehlverhalten des Antragstellers nimmt die Bedeutung dieses Verhaltens für die Zuverlässigkeitsprognose mit wachsendem zeitlichen Abstand ab (a.a.O. Rn. 14).
bb) Nach Ansicht des Senats begründet sich eine fehlende Zuverlässigkeit auch darin, wenn der Verleiher seine nicht (allein) gegenüber den Arbeitnehmern, sondern auch gegenüber dem Entleiher eingegangenen Verpflichtungen unzureichend erfüllt oder sie gar konterkariert. Auch dann ist – außerhalb der Regelbeispiele des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG – eine Versagung der Erlaubnis bzw. der Verlängerung einer Erlaubnis begründet. Bei der Erlaubnispflicht zur AÜ handelt es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Henssler, a.a.O. Rn. 2). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass derjenige, der eine Erlaubnis beantragt, seine Pflichten als Verleiher auch erfüllt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG werden Arbeitnehmer „zur Arbeitsleistung“ überlassen (Hs. 1); dazu müssen sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sein und dessen Weisungen unterliegen (Hs. 2). Auch wenn das AÜG den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Schutz der überlassenen Arbeitnehmer sicherstellen soll (a.a.O., § 1 Rn. 1), ist – schon wegen möglicher negativer Rückwirkungen auf die Interessen der beim Entleiher tätigen Leiharbeitnehmer – eine Unzuverlässigkeit etwa dann anzunehmen, wenn der Verleiher ganz oder teil- bzw. zeitweise die Leiharbeitnehmer dazu auffordert, gerade keine bzw. nur eine unzureichende Arbeitsleistung für den Entleiher zu erbringen und damit dessen Arbeitsorganisation bewusst zu sabotieren.
Für ein solches konterkarierendes Verhalten der Klägerin bestanden im Zeitpunkt der von der Beklagten zu treffenden Zuverlässigkeitsprognose hinreichende und gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte, welche die zwischen den Beteiligten streitige Versagung der Verlängerung der AÜ-Erlaubnis rechtfertigten. Im Übrigen gibt es solche Anhaltspunkte auch hinsichtlich einer Verletzung von schützenswerten Interessen der beiden Köche T. und H..
(a) Allerdings reicht hierfür eine telefonische Mitteilung vom 26.02.2016 eines ehemaligen Mitarbeiters der Klägerin aus Polen nicht aus. Dieser hatte der Beklagten gemeldet, er habe Kenntnis von einer anstehenden Betriebsprüfung und wolle darauf hinweisen, dass von der Klägerin im Antragsverfahren vorgelegte Vertragsmuster bei der Überlassung der Leiharbeitnehmer nach Deutschland nicht genutzt würden, so dass SV-Beiträge nicht oder nicht in ausreichender Höhe geleistet würden. Gelebt würden ausschließlich die polnischen Verträge. Die Klägerin rechne im Übrigen mit dem Widerruf der bestehenden Erlaubnis, wolle aber weiterhin Arbeitnehmerüberlassung betreiben und plane, über ihren Sohn eine Erlaubnis zu erlangen. Die Beklagte ist – soweit aus ihrem Verwaltungsvorgang ersichtlich – diesem Hinweis nicht weiter nachgegangen; ob er ganz oder teilweise zutraf, kann deshalb vom Senat von vornherein nicht beurteilt werden. Auf die Frage, ob die geschilderten Umstände bei der von der Beklagten Anfang 2020 zu treffenden Prognose noch hinreichende Aktualität besaßen, kommt es deshalb nicht an.
(b) Eine Zuverlässigkeit der Klägerin zum Prognosezeitpunkt Anfang des Jahres 2020 lässt sich jedoch wegen der Zeugenaussagen nicht feststellen, welche die beiden in Deutschland tätigen, von der Klägerin hierher vermittelten Köche T. und H. am 25.05.2018 bzw. am 22.06.2018 bei ihrer Vernehmung als Zeugen durch das Hauptzollamt Bielefeld gemacht machen.
Aus den Angaben der beiden Zeugen vor dem Hauptzollamt folgt, dass eine Zuverlässigkeit der Klägerin i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG nicht feststellbar ist.
(aa) Bereits das Ansinnen der Klägerin, die beiden Köche als Scheinselbständige statt als abhängig Beschäftigte tätig werden zu lassen, begründet eine Unzuverlässigkeit. Zumindest im Fall des Kochs T. führte dies nach dessen Angaben zudem dazu, dass abredewidrig keine SV-Beiträge abgeführt wurden (ob diese ohnehin statt in Polen in Deutschland hätten abgeführt werden müssen – was sie ersichtlich nicht wurden –, ist im Verfahren der Klägerin gegen die DRV zu klären). Beide Köche gaben darüber hinaus an, während ihres Urlaubs kein Entgelt erhalten zu haben; zumindest den Angaben des Herrn T. ist zu entnehmen, dass dies eigentlich „hätte passieren müssen“. Dem Koch H. wurde zunächst der Lohn für Dezember 2017 vorenthalten. Die Klägerin wollte ihn auf diese Weise zwingen, eine neue Stelle in Berlin anzutreten, statt weiterhin im Restaurant des Herrn C. tätig zu sein. Erst nach Unterschreiben eines neuen Vertrages für eine Stelle in Berlin (die er dann aber nicht angetreten hat) wurde ihm der zustehende Lohn ausgezahlt.
(bb) Schwer wiegt zudem, dass die Klägerin versucht hat, die beiden Köche in der Weihnachtszeit 2017 – in der das Restaurant, wie allgemein üblich, besonders gut gebucht war – zum Verweigern der Arbeitsleistung zu veranlassen. Sie wollte so den Betreiber des Restaurants unter Druck setzen und letztlich eine Erhöhung der von den Köchen zu leistenden Arbeitsstunden erreichen, welche aber im Dauerbetrieb des Restaurants nicht anfielen. Denn die Klägerin rechnete (vgl. die Angaben des Zeugen H. zu den Netto-Stundenlöhnen im Vergleich zu dem vom Inhaber an die Klägerin zu zahlenden Stundenlohn) mit dem Betreiber nach der Anzahl der von den Köchen geleisteten Stunden ab und hatte daher ein eigenes wirtschaftliches Interesse an möglichst hohen Stundenzahlen. Ein solches Unterdrucksetzen des Entleihers durch den Verleiher (das zudem auch die Leiharbeitnehmer im Verhältnis zu Ersterem zumindest in eine unangenehme Situation bringt) begründet die Unzuverlässigkeit des Verleihers zur AÜ.
c) Diese Geschehnisse – im Wesentlichen im Laufe und zum Ende des Jahres 2017 – waren im Zeitpunkt der von der Beklagten zu treffenden Zuverlässigkeitsprognose Anfang 2020 nicht etwa schon so lange her, dass darauf nicht mehr abgestellt werden könnte. Denn zum einen zeugt das Unterdrucksetzen des Entleihers im Dezember 2017 – als denkbar unakzeptables Gebaren – von einer tiefgreifenden Fehlvorstellung der Klägerin davon, was in der (von den jeweiligen nationalen Behörden naturgemäß schwerer zu überwachenden) transnationalen AÜ ein hinnehmbares geschäftliches Verhalten sei. Der Senat geht davon aus, dass es sich bei dieser Fehlvorstellung der Klägerin nicht um einen kurzfristigen Verlust des Redlichkeitsempfindens handelt, welcher von ihr alsbald als inakzeptabel erkannt und bedauert worden wäre. Entsprechendes gilt für das Vorenthalten von Lohn für Urlaubszeiten oder bis zur Unterschrift unter einen von der Klägerin gewünschten neuen Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit an einem anderen Ort. Zum anderen hält die Klägerin selbst aktuell an Rechtsstandpunkten fest, die eine redliche Tätigkeit der AÜ ausschließen, wenn sie die beiden Köche nach wie vor nur als selbständige Subunternehmer betrachten will.
3. Was im Falle eines etwa künftigen Neuantrags der Klägerin auf Erlaubnis zur AÜ angesichts des dann weiteren zeitlichen Abstands anzunehmen wäre, muss der Senat nicht klären. Jedenfalls im Zeitpunkt der Prognoseentscheidung der Beklagten Anfang bzw. Mitte 2020 stand fest, dass die Klägerin die zur AÜ notwendige Zuverlässigkeit nicht besaß. Zusammenfassend hat deshalb die Beklagte die Verlängerung der bis zum 27.01.2020 bestehenden Erlaubnis für ein weiteres Jahr zu Recht abgelehnt; ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse an einer Rechtswidrigkeit dieser Ablehnung kann deshalb von vornherein nicht bestehen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2
VwGO.
D. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
E. Die Festsetzung des Streitwertes auf 5.000,00 € beruht auf 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 und 3 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKBerlin Der Sach- und Streitstand bietet für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so dass der sog. Auffangstreitwert von 5.000,00 € anzunehmen ist.